Katalog 53
2019
GUCKK ASTEN
Katalog 53 2019
KU NST H A N DLU NG
H E L M U T H . RU M B L E R I N H A BE R I N: PET R A RU M BL E R
6 0 31 3 F R A N K F U R T A M M A I N · G O E T H E S T R A S S E 2 T E L E F O N + 4 9 (0 ) 6 9 - 2 9 11 4 2 · FA X + 4 9 (0 ) 6 9 - 2 8 9 9 7 5 d r w e i s @ b e h a m 3 5 . d e · w w w . h e l m u t r u m b l e r. c o m
ANNE ALLEN
Um 1749/50 London – (?) nach 1808
1 Nouvelle Suite de Cahiers arabesque chinois a l’usage des Dessinateurs et des Peintres. Um 1798 Nach J. Pillement
Folge von 4 Blättern (ohne den Titel). Radierung in Farben „à la poupée“ gedruckt. Je ca. 19,3 x 14,0 cm Guilmard pag. 189; Inventaire du Fonds Français. Graveurs du XVIIIeme siècle, tome I, pag. 153, Nr. 3; M. Gordon-Smith, >Pillement<, Krakau 2006, Abb. 291– 29 (die vorliegenden Exemplare) Provenance: Maria Gordon-Smith
Certainly the most visual, colorful and imaginative series of Pillements new chinoiseries. (M. Gordon-Smith) Die bis auf das Titelblatt komplette Folge der zweifelsohne charmantesten C hinoiserien, die A. Allen nach Entwürfen ihres späteren Ehegatten radiert und kongenial in Farben von „à la poupée“ eingefärbten Platten gedruckt hat, ganz im Geiste seiner duftig zarten, aquarellierten Farbkreide-Skizzen. Drei Blätter mit den noch unbeschnittenen, breiten Papierrändern und alten Heftspuren im Oberrand; ein Blatt knapp innerhalb der Plattenkante ges chnitten, jedoch noch mit der vollen Darstellung, rückseitig an den Rändern mit R esten einer ehemaligen Montierung. Allens Radierungen sind selbst als Einzelblätter von größter Seltenheit. Sämtlich aus der Privatsammlung von Maria Gordon-Smith, der Autorin der jüngsten Monographie zu J. Pillement, in der die Blätter sämtlich abgebildet sind, und dadurch besonders qualifiziert. Im Unterschied zu den drei von Allen radierten Nouvelle Suite de Cahiers chinois, die deutlich von Pillements Entwürfen der 1770er Jahre geprägt sind, nehmen die Kompositionen der vorliegenden Suite de Cahiers arabesque chinois deutlich Bezug auf die frühen, vom Künstler noch selbst in London radierten Chinoiserien, die unter dem Titel A New Book of Chinese Designs 1756 von John June bzw. unter dem Titel A New Book of Chinese Ornaments 1757 durch Robert Sayer publiziert worden waren. They show Pillement at his most outageously imaginative best; witty and funny, more joyful and charming, and, if possible, even more skilful than ever before. For her part, Anne Allen’s masterful profiency in the art of etching ‘à la poupée’ created small jewel-like masterp ieces with brilliant choices and associations of colors…(M. Gordon-Smith)
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ANON YM. DEUTSCHLAND. XVI. JAHRHUNDERT
2 Die große Kreuzigung. Um 1570 –1600 Kupferstich. 31,4 x 22,4 cm Passavant 109/I (von II); Dodgson 107. Second Plate/II; Meder 225. 2. Platte/II; Hollstein 25. Copy/II; Schoch-Mende-Scherbaum A3. Kopie/II Wasserzeichen: Doppeladler mit Reichsapfel und angehängtem Schild mit Buchstabe E (Meder Wz. 236) Provenienz: Doublette der Albertina (Lugt 5e und 5h)
Die in der Dürerforschung lange kontrovers diskutierte, seltene Komposition in einem sehr schönen, tonigen Abzug der zweiten Platte. Ohne das Künstlermonogramm rechts unter dem Kreuz. Wie von Meder speziell erwähnt, gedruckt auf Papier mit dem Doppeladler- Wasserz eichen (Meder Wz. 236). Mit hauchfeinem Rändchen um die Plattenkante. Makellos in der Erhaltung. Erste Erwähnung findet die >Große Kreuzigung< als ein eigenhändiges Werk Dürers durch Sandrart 1679 und war seither immer wieder Gegenstand eines wissenschaftlichen Disputs. Von Bartsch nicht erwähnt, fand die Komposition durch Passavant Aufnahme in das Œuvre des Meisters. Meder folgte ihm darin mit Hinweis auf die Ähnlichkeit mit den Probedrucken von Adam und Eva …, sowie die genaue Verwendung der vorhandenen Zeichnungen. Panofsky galt sie gar als one of the most complex of Dürers compositions. Demgegenüber hat J. Springer bereits 1887 ( Jahrbuch der Königlich Preußischen Kunstsammlungen, 8. Bd. 1887, pp. 56 –66) den Stich als das Werk eines Kompilators identifiziert, der in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter Verwendung von damals noch in Nürnberg greif baren Dürerzeichnungen die Umrißkomposition entworfen habe. Springer war es auch, der anhand des Berliner Exemplars erstmals die Existenz einer zweiten Kupferplatte nachgewiesen hat, die der von Passavant beschriebenen Version vorausging. Unter den verschiedenen geringfügigen Abweichungen ist der Punkt im Zentrum der konzentrischen Kreise auf dem Kirchturm links das markanteste Unterscheidungskriterium. Er fehlt bei der ersten Version, bei der die Kreise auch nicht geschlossen sind. Zuletzt hat M. Mende die Argumentation Springes bestätigend aufgegriffen und kommt zu dem Schluß: Die »Große Kreuzigung« gehört zu einer Reihe druckgraphischer Dürer-Paraphrasen, die ab 1530 für einen aufnahmefähigen europäischen Markt gefertigt wurden. Dürers Platten, mitunter schon zu Lebzeiten ausgedruckt, konnten die wachsende Nachfrage nach Stichen nicht befriedigen. Kopisten hatten Konjunktur. Geschickte unter ihnen erfanden »Dürer-Stiche« neu… Die Annahme einer sogenannten Dürer-Renaissance um 1600, mit Zentren an den Höfen in Prag und München ist überholt. In Wahrheit zeigt sich bei der Dürer-Rezeption eine verblüffende Kontinuität, beginnend mit dem Tod Dürers, endend mit dem Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Zentrum der Dürer-Kopisten war Nürnberg. Die in die Komposition eingearbeiteten Dürer-Zeichnungen befanden sich in der Kunstsammlung Willibald Imhoffs des Älteren (1519 –1580), in die Dürer-Bestände seines Großvaters Willibald Pirckheimer inkorporiert waren.
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ANON YM. NIEDERLANDE. XVI. JAHRHUNDERT
3 Allegorie der Vergänglichkeit – QUIS EVADET? Um 1590 Nach H. Goltzius, nach Ag. Caracci (?)
Kupferstich. 21,8 x 16,0 cm Bartsch III, 98, 11; Hollstein (after Goltzius) 488; T.I.B. 3 commentary, pag. 346, Nr. 0302.011; New Hollstein (Prints after inventions by Goltzius) 529/I (von II) Wasserzeichen: Adler (New Hollstein [Muller] Wz. Eagle 6) Provenienz: K önig Friedrich August II. von Sachsen (Lugt 971) R. Weigel, Dresden, Auktion am 17. November 1856 und folgende Tage, Nr. 476
Das eindrucksvolle Memento Mori in einem exzellenten Frühdruck vor der späteren Adresse von Visscher. Mit 5 mm Papierrändchen um die Plattenkante. Bis auf vereinzelte blasse Braunf leckchen, tadellos und unberührt. Bartsch vermutete hinter der von Goltzius publizierten, von einem seiner Schüler gestochenen Komposition, eine druckgraphische Vorlage von Agostino Carracci, die jedoch bis anhin nicht hat identifiziert werden können. Die charakteristisch gespreizte Beinstellung des Seife-blasenden Putto ließ Hirschmann gar an eine Anregung durch Tizians kleinen Tamburinspieler denken, der um 1595 durch J. Matham gestochen wurde (New Hollstein 165). Der Entwurf dürfte jedoch auf Goltzius selbst zurückgehen. Im Unterschied zu Goltzius‘ Seifenbläser von 1594 (New Hollstein 128) ruht der Knabe hier nicht auf einen Totenkopf gestützt und sinnt dem Schicksal der irisierenden Seifenkugeln nach, die er soeben geblasen hat. Es hat fast den Anschein als wolle er voller Energie den halbverwesten, makabren Schädel reiten oder gar überspringen, um seinen in der Luft davontreibenden Produkten nachzujagen. Daß diese, als ‚nihel‘ bezeichnet, in Wirklichkeit Nichts sind, erkennt er nicht, noch will er etwas von der warnenden Mahnung der Verse im Unterrand wissen: Wer wird entrinnen? In einem Augenblick vergeht, dem sicheren Tod unterworfen, dies Leben, gleich Rauch, Seifenblase und Blüte. Warum also vertrauen wir – wir Dummköpfe! – den jungen Jahren, warum lernen wir nicht, aus eigenem Antrieb vor der Zeit zu sterben! Wenn die Fußfessel des schmeichelnden Fleisches abgeschüttelt ist, solange das Leben noch währt, wird der Geist nach dem Tod freieren Schrittes zu den Sternen eilen, wo ihm schon zuvor ein Wohnsitz erbaut worden war und die himmlische Schar ihren Bürger anerkennen wird.
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ANON YM. NIEDERLANDE. XVII. JAHRHUNDERT CAES JANSZ. VISSCHER (?)
1586 Amsterdam 1652
4 Judith mit dem Haupt des Holofernes. Um 1610 Nach C. van Sichem I nach H. Goltzius
Radierung. 13,4 x 10,1 cm Bartsch III, 126, 1, Kopie(ohne das Monogramm von Goltzius); Hollstein /C. van Sichem I 131 copy 2; Bialler, Chiaroscuro Woodcuts 58, copy d/I (von IIb); New Hollstein (Prints after inventions by Goltzius) 396, copy c/II Provenienz: C hevallier J. Camberlyn (Lugt 514) Gustave Francotte (Lugt 3196)
Ausgezeichneter, homogen tiefschwarz gedruckter Abzug. Mit der der Bezeichnung l. 3. am oberen Rand der Komposition, die in dieser Form in >DEN GROOTEN EMBLEMATA SACR A …< figurierte, die Jan Philipsz. Schabaelje 1654 in Amsterdam publizierte. Auf der Plattenkante geschnitten bzw. mit hauchfeinem Rändchen darüber hinaus. Die im Metropolitan Museum, New York Claes Jansz. Visscher zugeschriebene Radierung gilt seit Bartsch als gegenseitige Kopie nach C. van Sichems I Holzschnitt nach einer verloren Goltzius-Zeichnung, wobei Bartsch einen heute nicht mehr nachweisbaren Zustand vor dem Monogramm des Meisters erwähnt. Allein N. Bialler, die erstmals zwei Zustände unterschied - mit zwei Bezeichnungen ‚l.z.‘ und ‚HG‘ als ersten bzw. nur mit ‚HG‘ als zweiten Etat, von dem Abzüge auch auf blauem Papier existieren - vermutete, der anonyme Radierer habe selbst unmittelbar auf die Vorlage von Goltzius zurückgegriffen. Gleichwohl betont sie, wie schon Bartsch, den holzschnittartigen Charakter der Radierung: The relationship between the woodcut and the etching in reverse is particularly intriguing. The etching is well executed and the impressions on blue paper look deceptively like van Sichem’s and Goltzius’s woodcuts on blue paper. Jüngst hat M. Leesberg die Abfolge der beiden Zustände überzeugend revidiert, verzeichnet das Blatt jedoch irrtümlich als Kopie nach der im Ausschnitt etwas enger gefassten groben Holzschnitt-Kopie, die C. van Sichem II nach dem Blatt des Vaters fertigte. Goltzius hat sich verschiedentlich mit dem Judith und Holofernes Sujet auseinandergesetzt, wie die Zeichnungen in Amsterdam (R. 19) und Sacramento (R. 20), sowie der Stich Saenredams (Hollstein 7) von etwa 1600 belegen. Die vorliegende Komposition jedoch is quite different in style and relates to a group of works modeled on Lucas van Leyden… (N. Bialler)
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HANS BALDUNG GRIEN
1484/85 Gmünd (Schwaben) – Straßburg 1545
5 Der Leichnam Christi, von Engeln gen Himmel getragen. Um 1515/17 Holzschnitt. 22,1 x 15,5 cm Bartsch 43; Hollstein 56; Ausst. Kat. >Hans Baldung Grien<, Karlsruhe 1959, Nr. 15; G eisberg/Strauss 82; Mende 39 Wasserzeichen: K leines geschweiftes Augsburger Wappen mit Pinienzapfen und angehängtem Buchstaben ‚A‘ (vgl. Briquet 2117ff.) Provenienz: Südwestdeutsche Privatsammlung
H. Baldungs kühne Vision von der Wehklage des Himmels über den toten Erlöser in einem ganz ausgezeichneten Abzug, der, wie häufig, bereits die kleinen Randausbrüche und, links in der Gloriole Gottvaters, einen beginnenden Sprung im Druckstock zeigt. J. Lauts zufolge kommen von Baldungs Holzschnitten völlig tadelfreie Exemplare der einzelnen Kompositionen… anscheinend nur selten vor… Die seit 1510 geschaffenen Holzschnitte zeigen bereits bei offenbar verhältnismäßig frühen Exemplaren Sprünge, Ausbrüche und andere Verletzungen… Die verhältnismäßig gute Druckqualität vielfach mit Wurm löchern vorkommenden Exemplare mancher Kompositionen lassen darauf schließen, daß eine Anzahl von Holzstöcken Baldungs erst nach längerem Liegen wieder abgedruckt worden ist. Gedruckt auf dem gleichen Papier wie das Exemplar im Augustinermuseum, Freiburg. Mit der voll sichtbaren Einfassungslinie und hauchfeinem Rändchen darüber hinaus. In makelloser Frische. Die vielleicht revolutionärste Andachsbildschöpfung des Künstlers. Ikonographisch ohne direkten Vorläufer, nimmt die von Engeln bewerkstelligte ‚Himmelfahrt‘ des toten Christus zweifelsohne Bezug auf traditionelle Typen wie die Engelspietà oder den Gnadenstuhl. Bereits Dürrer hatte in seinem Dreifaltigkeits-Holzschnitt von 1511 (Meder 187) beide Themen großartig kombiniert. B aldung jedoch läßt mit der vorliegenden Komposition jede künstlerische K onvention hinter sich. Dramatisch und voller Drastik inszeniert er in wilden Verkürzungen und ungewohnter Perspektive den mühevollen Transport des geschundenen Leichnams durch die kleinen gef lügelten Wesen gen Himmel, wo Gottvater in der Glorie den toten Sohn erwartet. Fast scheint es als wolle ihnen der schwere leblose Körper mit dem weit in den Nacken gefallenen Kopf wieder entgleiten und zur Erde sinken. Ein Bild irdischen Jammers und der Himm lischen Herrlichkeit zugleich. This unresolved juxtaposition of the vision of a cosmic heaven and the harsh reality of Christ’s ignominious death constitutes the expressive core of the print; by boldly accentuating the inherent contradiction between Christ’s divine nature and his suffering humanity, Baldung gives visual form to one of the central mysteries of the Christian faith. (L. Jacobs)
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HANS BALDUNG GRIEN
1484/85 Gmünd (Schwaben) – Straßburg 1545
6 Der Heilige Hieronymus als Büßer in der Schlucht. Um 1511 Holzschnitt. 22,1 x 15,5 cm Bartsch 35; Hollstein 118; Ausst. Kat. >Hans Baldung Grien<, Karlsruhe 1959, Nr. 52; Geisberg/Strauss 106; Mende 23 Wasserzeichen: K leines geschweiftes Augsburger Wappen mit Pinienzapfen und angehängtem Buchstaben ‚A‘ (vgl. Briquet 2117ff.) Provenienz: C . G. Boerner, Düsseldorf, Neue Lagerliste 43, 1966, Nr. 29 Südwestdeutsche Privatsammlung
Ausgezeichneter Abzug des seltenen Blattes. Wie meist bereits mit kleinen Randausbrüchen und beginnenden Wurmlöchern im Druckstock, die bei dem vorliegenden Exemplar sorgsam retuschiert sind. E. Brochhagen und J. Lauts zufolge kommen von Baldungs Holzschnitten völlig tadelfreie Exemplare der einzelnen Kompositionen… anscheinend nur selten vor… Die seit 1510 geschaffenen Holzschnitte zeigen bereits bei offenbar verhältnismäßig frühen Exemplaren Sprünge, Ausbrüche und andere Verletzungen… Die verhältnismäßig gute Druckqualität vielfach mit Wurmlöchern vorkommenden Exemplare mancher Kompositionen lassen darauf schließen, daß eine Anzahl von Holzstöcken Baldungs erst nach längerem Liegen wieder abgedruckt worden ist. Gedruckt auf dem gleichen Papier wie das Exemplare im Augustinermuseum, Freiburg. Mit 2– 3 mm Papierrand um die Einfassung. Bis auf zwei kurze unauffällige E inrißchen in sehr schöner unberührter Erhaltung. Der größte unter den drei, dem Heiligen Hieronymus gewidmeten Holzschnitten des Künstlers aus der Zeit um 1511. Im Unterschied zu den beiden kleineren Blättern setzt Baldung hier bewußt auf dramatisch übersteigerte Landschaftsformationen mit eng gruppierten zerklüfteten Felsen und wild überhängenden, vom Wind gepeitschten Bäumen, um die Bedrängnis des Kirchenvaters eindrucksvoll im Bild anschaulich werden zu lassen. Wild gestikulierend kasteit sich der von quälenden Versuchungen Heimgesuchte im Angesicht des an der Felswand aufgehängten Kruzi fixes, während der Löwe im Vordergrund seinen Durst am sprudelnden Bergbach stillt – ein typisches Beispiel der expressiven Kunst der Zeit um 1500.
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FEDERICO BAROCCI
Um 1535 Urbino 1612
7 Madonna in den Wolken. Um 1581 Radierung und Kupferstich. 15,4 x 10,9 cm Bartsch 2; Ausst. Kat. >Italian Etchers of the Renaissance & Baroque<, Boston, 1989, Nr. 43 Provenienz: D uke of Devonshire, Chatsworth Settlement Christie’s, London, Auktion am 5. Dezember 1985, Nr. 126 C. G. Boerner, Neue Lagerliste 85, 1986, Nr. 47 Deutsche Privatsammlung
Die sehr seltene Komposition in einem superben Frühdruck von herausragender Schönheit. Brillant in den tiefen Schwärzen, die namentlich in den überätzten Schattenpartien eindrucksvolle, geradezu gratige Akzente setzen. Die Fehlätzungen in den unteren beiden Ecken markant zeichnend als zusätzliche, deutliche Indizien für einen frühen Abzug. Mit 3– 4 mm Papierrand um die rauh zeichnende Plattenkante. Eine der gesamthaft nur 4 eigenhändigen Radierungen des Künstlers. In ihrer konzeptionellen und technischen Stringenz setzten sie neue, wesentliche Maßstäbe für die italienische Druckgraphik des XVI. Jahrhunderts. The design, lighting concept, and modeling of the figures are excellent, and the suggestion of space and atmosphere is well conveyed. The free and joyous draftsmanship of the print is never codified or uniform. The light stippling of the flesh is delicate and effective. Barocci was suggestive rather than explicit; for example, in the contours of the right hand of the Child, raised in blessing, he employed dots as well as line. The overall effect is painterly and suggests color. (S. Welsh Reed)
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CORNELIS BEGA
1631/32 Haarlem 1664
8 Junge Mutter in einem Wirtshaus. Um 1660 Radierung. 15,3 x 12,0 cm Dutuit und Hollstein 31/I (von II)
Brillanter Frühdruck der in ihrem unvollendeten Status besonders reizvollen Komposition. Vor der Überarbeitung der hellen Stellen im rechten Auge und auf dem Mieder der Mutter sowie vor den Haaren des Kindes. Die Ätzf lecken auf dem Bein des sitzenden Bauern und im Vordergrund noch markant sichtbar. Mit 4 mm Rand um die unverpresst bewahrte Plattenkante. In makelloser Frische. Selten so schön. Coenen zufolge, die einzige unvollendet gebliebene größere Radierung des Künstlers, bei der die obere Hälfte der Komposition abgeschlossen ist, der untere Teil aber nur die groben Umrisse und Konturen der Figuren und Objekte aufweist. Unvollendete und unfertige Radierungen wie diese geben interessante Aufschlüsse über die Vorgehensweise Begas. Wie üblich arbeitete er sich vom Hintergrund zum Vordergrund vor, zeichnete zunächst die Konturen, radierte sie anschließend systematisch und fügte schließlich noch Schraffuren in den Schattenbereichen ein. (B. Coenen in: Ausst. Kat. >Cornelisa Bega. Eleganz und raue Sitten<, Aachen/Berlin 2012, pag. 55)
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HANS SEBALD BEHAM
9 Nessus und Dejanira.
1500 Nürnberg – Frankfurt am Main 1550
Um 1531– 55
Kupferstich. 7,2 x 5,2 cm Bartsch 108 Kopie (Bartsch verwechselt Original und Kopie); Pauli und Hollstein 110 Provenienz: Karl Krauskopf (nicht bei Lugt)
Brillanter Abzug der extrem seltenen, erotischen Komposition. Von schönster Klarheit und Transparenz, so daß die von Pauli eigens betonte glänzende Weichheit der Grabstichelführung Behams perfekt zur Geltung kommt. Mit höchster Effizienz der graphischen Mittel ist Dejaniras nackter Körper subtil modelliert im genau beobachteten Spiel von Licht und Schatten. Der ganz reine Papierton läßt die unbehandelt gebliebenen, hell be leuchteten Partien ihrer Haut besonders verführerisch aufleuchten in scharfem Kontrast zur tief verschatteten Gestalt des animalischen Nessus. Auf der Plattenkante geschnitten, bzw. mit hauchfeinem Papier r ändchen. In der linken unteren Ecke mit einer kleinen unauffälligen Federretusche - ohne Belang angesichts der überragenden Qualität und Schönheit dieses Abzuges. Behams Nessus und Dejanira bricht radikal mit der ikonographischen Tradition der der griechischen Mytologie entnommenen Geschichte vom gewaltsamen Raub der Frau des Herakles durch den Kentaur. Unter Verzicht auf jede An spielung eines Gewaltaktes interpretiert Beham das Beisammensein des ungleichen Paares als arkadisch-bukolische Liebesszene, in der Nessus folgerichtig die Gestalt eines Satyrs angenommen hat, dem sich Dejanira liebevoll zuwendet.
STEFANO DELLA BELLA
1610 Florenz 1664
10 Divers Paysages. Um 1643/46 Folge von 12 Blätter. Radierung. Je 11,2–12,2 x 25,7–25,9 cm De Vesme – Massar 757–768/II Wasserzeichen: Wappen mit 3 Lilien und angehängtem Malteserkreuz; Nebenmarke Herz zwischen ‚A‘ und ‚M‘ (vgl. Ausst. Kat. Jacques Callot…<, Washington 1975, pag. 330, dort datiert Nancy oder Paris 1625–1635)
Die komplett höchst selten vorkommende Folge in einem homogenen Set prachtvoller Abzüge höchster Qualität. Durchgehend mit 2– 5 cm breiten Papierrändern. Die von Israel Henriet verlegte umfangreichste Landschaftsfolge della Bellas entstand während dessen Aufenthalt in Paris (1639– 50), zeigt jedoch unverkennbar italienische, den sanften Formationen der Campagna verwandte Gegenden. Von Hirten, Wanderern, Jägern oder Fischern sowie baulichen Zeugnissen menschlicher Zivilisation und Geschichte belebt, öffnen sich die Landschaften auf eine Weite und Nähe ruhig ausgewogen verknüpfende Weise und vermitteln so variationsreich den Eindruck beschaulicher Helligkeit und sommerlich-friedvoller Stimmung. In schöner Weise äußert sich hierbei der für della Bella charakteristische, mit Callot vergleichbare Radierstil (vgl. dessen >Diverse Vedute…<). Ebenso federleicht wie minutiös, erweckt er verschiedentlich den Eindruck einer f lüchtigen Pinselzeichnung und bewirkt mit seiner zierlichen Art zumal in der Gestaltung der Bäume, daß deren Sich-Wiegen im Wind und teils von tiefen Schatten, teils von strahlendem Sonnenlicht erfüllte Blattkronen in höchst sinnlicher Weise vor Augen treten.
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WILLEM VAN BEMMEL
1630 Utrecht – Wöhrd bei Nürnberg 1708
11 Der Angler. 1654 Radierung. 19,2 x 13,2 cm Wurzbach und Hollstein 1/II Wasserzeichen: HK unter einem Wappen (?) Provenienz: König Friedrich August II. von Sachsen (Lugt 971)
Die erste Komposition einer Folge von sechs Landschaften, die W. van Bemmel 1654 publizierte. Mit der Einfassung, wie von Wurzbach und Hollstein für den 2. Etat beschrieben, wobei bis anhin kein Exemplar vor der Einfassungslinie nachgewiesen werden konnte. Von größter Seltenheit, wie alle Radierungen van Bemmels, dessen druckgraphisches Œuvre lediglich 9 radierte Landschaften umfaßt, fehlt sie selbst in Amsterdam. Auf der Plattenkante geschnitten. In makelloser Frische. In ihrem skizzenhaft-luftigen Radierduktus zeigt die atmosphärisch reizvolle Landschaft mit dem Angler, wie die übrigen Blätter der Folge, deutliche Bezüge zum Werk von H. Saftleven, als dessen Schüler van Bemmel gemeinhin gilt. In der Funktion eines Titelblattes ist sie – im Unterschied zu den anderen Blättern – im Unterrand spiegelbildlich mit dem Namen des Künstlers bezeichnet und datiert 1654. Zu diesem Zeitpunkt stand der Künstler vermutlich noch in Diensten des Landgrafen Ernst. I. von Hessen-Rheinfels-Rotenburg. Kurz darauf scheint er sich auf eine ausgedehnte Reise nach Italien begeben zu haben, bevor er sich 1662 schließlich in Nürnberg als ein fürtrefflicher Landschafts-Maler (Sandrart) niederließ.
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JAN DE BISSCHOP
1628 Amsterdam – Den Haag 1671
12 Joseph verteilt Korn in Ägypten. Vor 1648? Nach B. Breenbergh
Radierung. 40,4 x 69,3 cm Hollstein 1/II (by III); Roethlisberger 204, Engravings 2 Wasserzeichen: Gekröntes Straßburg Lilienwappen Provenenz: P. Mariette 1669 (Lugt 1789 und 1790)
Exzellenter Frühdruck der monumentalen Komposition, vor der späteren Adresse von P. Schenck. Brillant tiefschwarz und, durch den prononcierten Plattenton, von schönstem atmosphärischem Reiz. Mit 4– 5 mm Papierrand um die tonig abgesetzte Plattenkante. Bis auf gering fügige unauffällige Randläsuren in – angesichts der Größe des Blattes – bemerkenswert schöner Erhaltung. Dank ihrer dramaturgischen Spannung und inszenatorischen Möglichkeiten war die in der Genesis überlieferte Episode der Verteilung des Korns während der sieben Hungerjahre in Ägypten aus der Josephslegende eines der beliebten Sujets der biblischen Historienmalerei des 17. Jahrhunderts. Breenberghs 1644 entstandene Fassung des Themas, ein 1945 in Dresden den Bomben zum Opfer gefallenes Gemälde, gehört zu den einf lußreichsten Bildschöpfungen des Künstlers, zu deren Ruhm er selbst durch seine Radierung (Hollstein 30) beigetragen hat. Bisschops gleich große Radierung dürfte, Roethlisberger zufolge, bereits vor 1648 entstanden sein, als der noch junge Künstler möglicherweise zur Werkstatt des Meisters gehörte. Im Unterschied zu Breenbergh, verwendete Bisschop jedoch für seine Radierung nicht zwei, sondern nur eine Kupferplatte und meisterte die damit verbundene technische Herausforderung mit Bravour. Die Bildlegende zitiert in aufschlussreich propagandistischer Gegenüberstellung sowohl das 42. Kapitel der Genesis mit den Sätzen „denn es war auch im Lande Kanaan Hungersnot. Aber Joseph war der Regent im Lande und verkaufte Getreide allem Volk“, als auch eine Sentenz aus J. Lipsius‘ >De una religione Liber< von 1591, derzufolge der Fürst als Bild und Beispiel Gottes auf Erden zu gelten habe, in dessen Händen als höchster Instanz alles Wohl und Leben liege. Joseph wird damit zum Prototyp des guten Herrschers stilisiert, der in weiser Voraussicht während der sieben fetten Jahre genügend Korn gespeichert hat, um es während der mageren Jahre an die darbende Bevölkerung verteilen zu können.
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FERDINAND BOL
1616 Dordrecht – Amsterdam 1680
13 Der Heilige Hieronymus. 1644 Radierung und Kaltnadel. 28,4 x 24,5 cm Bartsch, Rovinski 3; Dutuit 3/I (von II) und Hollstein 3/I-II (von III) Wasserzeichen: Bekröntes Straßburger Lilienwappen Provenienz: R . Dighton (Lugt 727) Dr. A. Edler von Marenzeller (Lugt 790) Albert Kende, Wien, Auktion 25. April 1905 u. die folgenden Tage, Nr. 229
Ausgezeichneter, früher Abzug mit den noch ungesäuberten oberen Platten zwickel, die hier zwar nur noch in einem 3 mm schmalen Rand um die oben halb rund geführte Einfassung erhalten sind, gleichwohl noch die markanten anfänglichen Unebenheiten der Platte zeigen. Mit der nur schwach gerissene Datierung ‚1644‘ hinter der Signatur ‚f Bol fe‘. Subtil in der Wiedergabe der fein differenzierten Lichtref lexe insbesondere in den beleuchteten Hautpartien des Heiligen, wo feinste Pünktchen eines porösen Ätzgrundes die Kontraste mildern und der Komposition eine unübertreff lich schöne atmosphärische Wirkung verleihen. Bis auf ein sorgsam geschlossenes Rißchen oben in der Mitte, in tadelloser Erhaltung. Rembrandesk nicht nur in der Komposition, die Rembrandts Hieronymus von 1632 (B. 101) eng verwandt erscheint, sondern auch im Hell-Dunkel, im breiten Spektrum der Schraffuren und der dynamischen Strichführung: The contours of Saint Jerome’s head and upper body are very lightly etched and meld with the lightly shaded wall of the cave behind him, evoking a soft pool of light. On the unworked areas of the saint’s body a fine, irregular tone is visible, apparently resulting from the porosity of the etching ground. This granular tone forms an integral part of the delicate gradations of greys and the concentration on tone rather than on line that characterizes the print. Hercules Segers frequently used a porous ground that left an irregular tone on the plate, which he retained and which furthered the painterly aims of his etchings. In the 1640s Rembrandt repeatedly made use of such a granular bitten tone in a surprisingly controlled manner. (C. S. Ackley)
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FR ANÇOIS BONVIN
1817 Vaugirard – Saint-Germain-en-Laye 1887
14 Graveur, effet de lampe. 1861 Radierung und Kaltnadel. 21,6 x 16,2 cm Béraldi 2.4; IFF, Après 1800, Bd. III, pag. 137; Nr. 9 Wasserzeichen: ARC…
Reizvolle Atelierszene mit einem Radierer bei der Arbeit. Sehr schöner, kontrastreicher Abzug. Die Kaltnadelarbeiten im Schirm der Lampe noch deutlich sichtbar. Vollrandig (Blattmaß: 44,3 x 30,9 cm). Im äußersten Randbereich links oben mit einer leichten Knickspur und einer rötlichen Verfärbung, weit außerhalb der Darstellung. Unmittelbar vor der Gründung der Société des Aquafortistes entstanden, wurde die Komposition erstmals als viertes Blatt einer Serie von sechs Radierungen des Künstlers 1861 von Delâtre publiziert.
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RODOLPHE BRESDIN
1822 Montrelais – Sèvres 1885
15 La Baigneuse et le Temps. 1857 Lithographie. 16,0 x 11,1 cm Van Gelder 89; Préaud, Ausst. Kat. >Rodolphe Bresdin…<, Paris 2000, Nr. 134
Grandioser, herrlich tiefschwarz gedruckter Abzug von unvergleichlicher Qualität. Auf weißem chine collé, das die starken Gegensätze von Licht und Dunkel in der Komposition unterstreicht und insbesondere die Gestalt der Badenden effektvoll akzentuiert. Mit dem vollen, ca. 4 cm breiten Papierrand. Unberührt frisch, in perfekter Erh altung. Cette lithographie constitue, sur le plan technique, un des dessins à la plume sur pierre les plus raffinés de Bresdin. (D. van Gelder)
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RODOLPHE BRESDIN
1822 Montrelais – Sèvres 1885
16 La Baigneuse et la Mort. 1857 Lithographie. 15,9 x 11,1 cm Van Gelder 90; Préaud, Ausst. Kat. >Rodophe Bresdin…<, Paris 2000, Nr. 135
Ebenso unvergleichlich schöner, tiefschwarz gedruckter Abzug. Auf weißem chine collé, das die starken Kontraste der Komposition herrlich unterstreicht. Mit dem vollen, ca. 4 cm breiten Papierrand. Unberührt frisch, in absolut perfekter Erhaltung. Dieses und das vorhergehende Blatt, trotz des makabren Themas eher lichtdurchflutete und heitere Darstellungen, in denen eine junge blühende Frau im strahlenden Licht der Frühe vom Tod mit Sanduhr und Sense bedroht und schließlich auf dem zweiten Blatt dahingerafft wird, bilden nach dem Willen Bresdins… ein Diptychon… Sie gehören zu den feinsten, technisch zu den raffiniertesten Federzeichnungen auf Stein (wie Bresdin seine Lithographien genannt wissen wollte) überhaupt. (A. Peters)
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FÉLIX-HILAIRE BUHOT
1847 Valonges – Paris 1898
17 Un Grain à Trouville. 1874 Radierung, Kaltnadel und Aquatinta. 15,9 x 23,8 cm Bourcard 122/II–III (von IV); Bourcard-Goodfriend 122/IV (von VII) Wasserzeichen: ARC Provenienz: Paul Sachs (Lugt 2113)
Exzellenter, gratiger Abzug eines Bourcard noch unbekannt gebliebenen Druckzustandes mit der Nr. ‚276‘ rechts oben. Vor der Publikation des Blattes durch A. Cadart in >L’llustration Nouvelle< am 1. Februar 1875. Köstliche Impression einer am Strand von Trouville am 4. August 1874 von Buhot miterlebten Wetterkapriole. Der Dramatik des Geschehens entsprechend, konzentriert Buhot in seiner Moment aufnahme die in wildem Duktus vorgetragenen Liniensysteme zum einen in der Gruppe der Flüchtenden, wo sie sich zu einem Gespinst scharf kontrastierender Licht- und Schattenflecken verdichten, aus dem sich Individuen kaum mehr ausmachen lassen, zum anderen aber in den Wolkenformationen des von rechts sich nähernden Unwetters. Das Wechselhafte, das von einem Augenblick zum anderen zu beobachtende Umschlagen der sommerlich heiteren Stimmung, wird – wie bei dieser Komposition besonders erwünscht – durch den auf der Platte belassenen Ton glänzend unterstützt. Fast unmerklich von links nach rechts sich verdichtend, verleiht er hier dem noch gleißenden Sonnenlicht eine duftig leichte Atmosphäre, während er dort unter den subtil mit Aquatinta unterlegten bedrohlich dunklen Wolken effektvoll die Kontraste zusätzlich dämpft. Vollrandig, mit dem an drei Seiten erhaltenen Büttenrand eines nur zur Hälfte benutzten Papierbogens. Makellos frisch und strahlend.
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HANS BURGKMAIR
1473 Augsburg 1531
18 Die Heilige Elisabeth als Spinnerin. Um 1510 Holzschnitt 17,3 x 12,3 cm Bartsch 28; Dodgson II, pag. 80, Nr. 24; Burkhard 90.3; Hollstein 278; Falk >H ans Burgkmair. Das Graphische Werk< Ausst. Kat. Augsburg, 1973, Nr. 45 mit Abb. 63 Provenienz: C . G. Boerner, Düsseldorf, Neue Lagerliste 64, 1974, Nr. 18 Südwestdeutsche Privatsammlung
Ausgezeichneter, ganz gleichmäßig gedruckter Abzug. Wie immer mit rückseitigem Text Die gaistlich Spinnerin nach dem Exempel der h ailigen wittib Elizabeth / wie sy an ainer gaistigen gunckel / flachs und woll gespunnen hat Geprediget durch den wirdigen Doctor Johannem Gayler von Kaiserßberg. Mit ca. 5 mm Papierrand um die Einfassung. In makellos frischer Erhaltung. Burgkmair schuf die Komposition als Titelholzschnitt zum dritten Teil des >Buch Granatapfel<, einer Predigtsammlung des Straßburger Predigers Johann Geiler von Kaysersberg, die 1510 in der ersten Auf lage bei Johann Ottmar gedruckt wurde. Er zeigt die Heilige Elisabeth mit neun ihrer Dienerinnen am Spinnrocken. Diese Tätigkeit nimmt Bezug auf die Angabe der Legende, wonach Elisabeth von Thüringen als Zeichen ihrer Demut Ordensgewänder gewoben habe. Handwerkliche Arbeit galt bei Mitgliedern des Adels als etwas Ehrenrühriges, und das Wappen zu ihren Füßen verweist auf ihren adeligen Stand… Geiler konzentriert sich in seinem 1502 den Straßburger Nonnen von St. Katharina gehaltenen achtteiligen Predigtzyklus auf das was Elisabeth „aber gaitlich gespunnen hatt innwendig in irer sell, und wie ein andechtige sell spinnen“, d.h. „ain ernstliche betrachtung göttlicher und gaystlicher ding“ vornehmen soll. Geiler unterscheidet dreierlei Menschen, die an drei Spinnrocken („gunckeln“) arbeiten, und meint damit drei Arten der Lebensführung: die weisen Jung frauen ergeben sich in Gott vollständig und spinnen an einer geweihten Kunkel Flachs. Den anderen, den Todsünden verfallenen Menschen, ist die Fastnachtskunkel zugeordnet. Die dritte Gruppe bemüht sich, ihre menschlichen Bedürfnisse soweit wie möglich zugunsten der Askese einzuschränken: sie verarbeiten an der „gemainen gunckel“ Hanf. Die Kunkel selbst wird auf Christus hin ausgedeutet, über dessen Leiden zu meditieren Geiler besonders empfiehlt. (T. Schwarz in: A usst. Kat. >Zu Dürers Zeiten<, Freiburg 1991, pag. 43)
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WILLEM PIETERSZ. BUY TEWECH
1591/92 Rotterdam 1624
19 Ruinen von Huys te Kleef in der Nähe von Haarlem. Um 1616 Radierung. 8,9 x 12,3 cm Van der Kellen und Hollstein 37/wohl II (von III); Haverkamp Begemann vG 23/wohl II (von III) Wasserzeichen: Schellenkappe (Fragment) Provenienz: A. P. van den Briel (Lugt 407a)
Eine der nur drei Ruinenlandschaften aus Buytewechs berühmt gewordenen >Verscheyden Lantschapjes< in einem ausgezeichneten, tonigen Abzug, von schönster atmosphärischer Wirkung. Mit dem Monogramm und der Nummer ‚3‘. Selten, wie alle Landschaften des Künstlers, die auf charakteristische Weise seine frische Naturbeobachtung mit dem ihm eigenen Gespür für den ornamentalen Wert der Linie verbinden. Mit ca. 1,5 cm breiten Papierrändern. Makellos und unberührt. Buytewech’s vision of the ruins of the Huys te Kleef is simpler and more dramatic than Visscher’s animated view in the “Pleasant Places” series. The horizon line is low, on the viewer’s eye level, and we enter directly into a continuously flowing landscape space that extends to the distant dunes. The dramatic silhouetting of the ruins against the sky, with its subtle suggestion of a sunset atmosphere, is intensified by the low horizon line. Buytewech has chosen to see the ruins from another angle than Visscher, emphasizing their desolation by isolating them and reducing the living human presence to a single, small anonymous figure at the lower left, a peasant with his burden trudging homeward. This figure is so well integrated into the fabric of the landscape as to be almost invisible on first viewing. One of the most quietly radical aspects of Buytewech’s series is that landscapes are either totally devoid of human figures or, more frequently, populated by only a single figure so unified with the landscape as to seem part of it. (C. S. Ackley)
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MARCUS DE BY E
Um 1639 Den Haag c. 1690
20 Schafendes Schwein vor einem Bretterverschlag. 1657 Nach P. Potter
Radierung. 11,5 x 13,7 cm Bartsch Supplement und Hollstein 32h/vor I (von III) Provenienz: Karl Eduard von Liphart (Lugt 1687)
Bis anhin unbeschriebener, allererster Zustandsdruck: vor der Verstärkung der Einfassungslinie und vor den Azurlinien im fensterartigen Durchbruch der Bretter wand mit dem Fresstrog dahinter. Ein unmittelbar vergleichbares Exemplar be findet sich im British Museum (Museums number 1871,0812.1933), während die beiden Abzüge des I. Etats in Amsterdam (RP-P-1893-A-18155 und RP-P-BI-5377) bereits die verstärkte Einfassungslinie und die Horizontalen im ‚Fenster‘ zeigen. Vor der späteren Nummer 8 links oben. Mit 4–5 mm Papierrändchen um die tonig abgesetzte Plattenkante. De Bye hat sich bereits in jungen Jahren als Radierer von Tierstücken einen Namen gemacht. Zumeist dienten ihm Zeichnungen von P. Potter als Vorlage. Die vor liegende, im Alter von 18 Jahren radierte Komposition basiert auf einer Zeichnung Potters, die sich im British Museum (Museums number 1895,0915.1247) befindet. Um die Mitte der 1640er Jahre entstanden, ref lektiert sie möglicherweise bereits Potters Kenntnis von Rembrandt’s Radierung von 1643 mit der Darstellung eines gefesselt liegenden Schweines, das jeden Moment geschlachtet werden soll (B. 157). Bei Potter jedoch fehlt jede Anspielung auf das gewaltsame Ende der Kreatur. Das im Licht der mittäglichen Sonne schlafende Tier ist Inbegriff einer friedvollen, ländlichen Idylle, die de Bye durch die Hinzufügung des Fress troges hinter der Bretterwand noch weiter, sozusagen erzählerisch ausgemalt hat. De Byes Komposition dürfte ihrerseits Inspirationsquelle für K. Dujardins wenige Jahre später entstandenen Schweinedarstellungen (Hollstein 15 und 16) gewesen sein.
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JACQUES CALLOT
1592 Nancy 1635
21 Piazza Santa Croce. – Einzug der Festwagen und Parade der Kavallerie und Infanterie. 1616 Radierung. 22,5 x 30,0 cm Lieure 182//I (von II) Wasserzeichen: Königskopf im Kreis (Lieure Wz. 21)
Superber Frühdruck. Noch mit den markant zeichnenden Spuren der drei von Callot in der Platte getilgten Reitern am Ende der Kavallerieparade, die bei nur wenig späteren Abzügen sich gänzlich verlieren. Ein erstmals von J. Blanchard erwähntes signifikantes Unterscheidungskriterium der allerersten Abzüge, welches weder Meaume noch Lieure bekannt gewesen zu sein scheint. Gedruckt auf Papier mit dem Wasserzeichen ‚Königskopf im Kreis‘, wie von Lieure für die Drucke der ersten Auflage speziell erwähnt. Die größte der gesamthaft sechs Kompositionen, in denen Callot den Höhepunkt der Festivitäten im Oktober 1616 anläßlich des Einzuges des Verlobten von Claudia de Medici, des Prinzen Federigo von Urbino, in Florenz dokumentierte: The culminating event of the visit was >The war of Beauty< on October 16, 1616, a great public display of princely wealth and power. The court diarist Cesare Tinghi estimated that twenty-fife tousand people witnessed the event from balconies and rooftops encircling Piazza Croce as well as from the amphitheater… The festival book for the >War of Beauty< may have served as a program distributed to guests of rank during the festivities themselves. The dedication to the Prince of Urbino by the poet Salvatori, dated October 8, suggests this interpretation. Conceivably Callot also made his prints before the performance, since the floats, costumes and formations had been planned in advance. But it is more likely that the etchings were issued afterwards and inserted as illustrations in some of the festival books… ( J. Blanchard)
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JACQUES CALLOT
1592 Nancy 1635
22 Balli di Sfesania. 1621 Folge von 24 Blättern. Radierung. Je ca. 7,0 x 9,4 cm Lieure 379/I (von III), 380–399/I (von II), 400/II (von III), 401–402/I (von III) Provenienz: John Evelyn Christie’s, London, Auktion 29. Juni 1977, Nr. 49 Kunsthandlung Helmut H. Rumbler, Katalog 9, 1978, Nr. 28 Brandenburgische Privatsammlung
Das im Zenit der Schaffenskraft entstandene, an Bizarrerie und Groteske unübertroffene Meisterwerk des Künstlers. Durchgehend in ausgezeichneten, tiefschwarzen Abzügen, sämtlich in höchst raren frühen Zuständen, vor der Nummerierung und der Adresse von Silvestre. Die Folge – von der gelegentlich einzelne Blätter auf dem Markt angeboten werden – liegt hier komplett vor. Der Erwerb durch den englischen Sammler John Evelyn (1620–1706) in Paris um 1645, also fast zeitgenössisch ist darüber hinaus von besonderem Interesse. Evelyn war Zeichner, Kupferstecher und Liebhaber der schönen Wissenschaften. Evelyn begann mit dem Sammeln von Graphik bereits als junger Mann auf der Universität. Die übliche Bildungsreise führte ihn 1644/45 nach Rom und Neapel, wo er auf die Graphik von Bellange, della Bella und Callot aufmerksam wurde. Für seine Studien reiste er mehrfach nach Paris. In der vorliegenden Form wurde die Folge in einem Klebeband von Evelyn zur Dokumentation gesammelt und von den Erben auf bewahrt. Teilweise sind die Blätter auf der Plattenkante bzw. etwas innerhalb geschnitten. Bei vier Darstellungen sind die Ecken minimal ausgebessert, sonst tadellos. Die vom Künstler angestrebte Wirkung, bei der sich die Gestalten des Vordergrundes mit ihrer differenzierten Mimik, die lebhafte Mittelgrundszenerie, sowie die fein und zart geätzten Hintergründe zu einer harmonischen Einheit verbinden, kommt nur in so brillanten Frühdrucken, wie hier vorliegend, voll zur Geltung. Die Balli di Sfesania wurden lange als Darstellungen von Gestalten aus der Commedia dell’Arte, der in italienischen Stegreifkomödie, angesehen. Posener hat demgegenüber den Titel neu als Neapolitanischen Moriskentanz gedeutet.
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JACQUES CALLOT
1592 Nancy 1635
23 Der Überfall auf den Postwagen. 1633 Radierung. 7,8 x 18,6 cm Lieure 1346/I (von III)
Blatt 8 der Folge >Grand Misères de la Guerre< Superber Frühdruck vor dem Text und der Nummer. Mit feinem Rändchen um die Einfassungslinie bzw. unten mit dem freien Unterrand. Tadellos. Von großer Seltenheit. Angesichts der Schrecken des Dreißig jährigen Krieges, die seit dem Einfall der Truppen Ludwigs XIII. 1631 auch in Lothringen spürbar geworden waren, widmete sich Callot scheinbar aus eigenem Antrieb – ein Auftraggeber ist nicht bekannt – dem Kriegselend. Während die sogenannte >Kleine Kriegsfolge< erst posthum 1636 erschien, publizierte Israel Henriet die >Grand Misères de la Guerre< 1633 in Paris. In diesem Jahr erlag Nancy den Truppen des Kardinal Richelieu und der König konnte seinen feierlichen Einzug in die Stadt halten. …there is a focus in the >Large Miseries< on specific aspects of the lives and functions of some soldiers; namely, the depredations and consequent punishments of marauding soldiers and the injury and reduction to penury of soldiers in general, both represented in contrast to the more positive prefatory images of >The recruitment< and >The Battle<. The horrific devastation of the Thirty Years’ War, which embroiled Europe in far greater destruction of civilians and their property than had ever been seen, provoked Callot and his audience to address issues of the conduct of war and the discipline of soldiers that had been gaining increased attention… Callot goes beyond the issue of military discipline, however, by addressing the plight of injured and destitute soldiers, the human jetsam of war. ( J. Clifton)
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JACQUES CALLOT
1592 Nancy 1635
24 La petite Passion. 1624 Folge von 12 Blättern. Radierun . Je ca. 7,8 x 5,5 cm Lieure 537/I (von III), 538–541/I (von II), 542/I (von III), 543–548/I (von II) Provenienz: K unsthandlung Helmut H. Rumbler, Katalog 23, 1988, Nr. 17 Brandenburgische Privatsammlung
Die komplette Folge – extrêmement fine et spirituelle ( J. Lieure) – in einem Prachtexemplar von überragender Qualität. Wie von Lieure speziell erwünscht, durchgehend im ersten Zustand, denn pour juger cette série, il faut la voire seulment dans les belles épreuves du 1er état contenant toutes les finesses. Partiell noch mit spitzen Plattenecken bzw. gratig-rauh zeichnenden Platten kanten. So einheitlich und als ausgewiesene Frühdrucke von extremer Seltenheit (Lieure 542 z.B. ist mit ‚RRRR‘ [De la plus grande rareté] ausgezeichnet). Von Mariette als „une série des plus parfaites que Callot ait produites“ bezeichnet, unterscheidet sich Callots Kleine Passion von der Großen durch Vertiefung und Konzentration, auch in der Komposition. Eigenartig und schon wiederholt beachtet die Rückgriffe auf die deutsche Spätgotik und Renaissance (Dürer, Altdorfer und Beham) und den niederländischen Manierismus, wobei Callot aber jeweils eine neue selbständige Gestaltung gelang. Meisterhaft auch die lebendige Figurenfülle im kleinen Format. (E. Knab)
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ANTONIO CANAL gen. CANALETTO
1697 Venedig 1768
25 Der Portikus mit der Laterne. Um 1744 Radierung. 30,1 x 43,1 cm De Vesme 10/II (von III); Bromberg 10/III; Montecuccoli degli Erri 10/3 o stato Provenienz: C . G. Boerner, Neue Lagerliste 67, 1976, Nr. 52 Deutsche Privatsammlung
One of the most stunning etchings in the suite. (B. Wallen) Prachtvoller Abzug eines der Hauptblätter der Folge. Mit der Bezeichnung‚F F 4 in der Darstellung unten links. Mit 3,3 – 9,0 cm breiten Papierrändern, die links noch Spuren der alten Heftung zeigen. In unberührter Frische. Das eindrucksvolle Architekturcapriccio zählt zu den reifsten Kompositionen aus der 1744 erstmals unter dem Titel >Vedute / Altre prese da Luoghi altre ideata< erschienenen Folge des Hauptmeisters der Venezianischen Vedute. Canaletto dedizierte diese, sein gesamtes druckgraphisches Werk umfassende Publikation dem in Venedig lebenden Handelsbankier Joseph Smith, der seit 1744 auch Botschafter der englischen Krone war. Als Sammler wie Vermittler von Werken Canalettos stand er bis zum Tode des Künstlers mit diesem in für beide Teile vorteilhafter Verbindung. Die seit 1735 möglicherweise auf Anregung Smiths entstandenen Ansichten sind, wie der Titel der Folge besagt, nicht getreue Abbilder venezianischer Lokalitäten, sondern vielmehr aus freier Phantasie und nach Plätzen in Venedig gestaltete Imaginationen der Serenissima. In für Canaletto charakteristischer Weise durchdringen sich in der hier vorliegenden Darstellung venezianische und römisch-antike Elemente zu einem atmos phärisch aufgeladenen ‚Bild‘ der Lagunenstadt. In his relatively short career as a painter-etcher, Canaletto developed a highly original graphic style that extended his artistic vision into unforeseen dimensions. Experimenting with informal approaches and new subjects, he evolved a lyrical view of Venice and the Veneto charged with tender nostalgia. The imaginary scenes waft us through a charming world freed from the restrictions of space and time. The etchings continue to seduce us with a rare essence distilled from the faded beauty of “La Serenissima” by one of her most talented native sons. (B. Wallen)
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UGO DA CARPI ANDREA ANDREANI
1479 (?) Bologna 1532 Um 1558/59 Mantua 1629
26 Der wundersame Fischzug. Um 1525/1609 Nach Raphael
Clair-obscur-Holzschnitt von drei Druckstöcken. 23,9 x 34,7 cm Bartsch Bd. XII, pag. 37, Nr. 13/II; T.I.B., Bd. 48, pag. 39
Die ungemein malerisch aufgefaßte Komposition in einem vorzüglichen Abzug von drei Druckstöcken in zwei Grautönen und Schwarz. Mit der Verlegeradresse von A. Andreani und dem Datum 1609. Der nach Raphaels Entwurf für einen der Wandteppiche der Sixtinischen Kapelle geschaffene Clair-obscur-Holzschnitt gilt traditionell als ein Werk von Ugo da Carpi. Obwohl von J. Johnson nicht in ihr Verzeichnis der Farbholzschnitte da Carpis aufgenommen, figuriert die Komposition noch im von A. Gnann bearbeiteten Ausstellungskatalog >In Farbe! Clair-obscur-Holzschnitte der Renaissance<, Wien 2013 unter dessen Arbeiten und nicht, wie gelegentlich in der neueren L iteratur, unter dem Namen N. Vicentino. Andreani erwarb die drei Druckstöcke zum Wundersamen Fischzug und fügte für die Neuauf lage von 1609 sein eigenes Monogramm und den Hinweis auf Raphael als Inventor der Komposition im schwarzen Linienblock unten links hinzu. Den Tonblock schnitt er an dieser Stelle aus, so daß das Monogrammt äfelchen im Druck weiß erscheint. Sukzessive ergänzte er ihn dann oben um einen s chmalen Streifen bevor er den Bereich des Himmels neu strukturierte, indem er im Druck hell erscheinende Linien aus ihm herausschnitt. Im schwarzen Linienblock ergänzte er zudem die bei da Carpi noch fehlende hintere Konturlinie des Bootes, in dem Jesus sitzt. Mit hauchfeinem Rändchen. Eine beim Druck entstandene vertikale Quetschfalte kaum störend, das tief eingeprägte Relief der Druckstöcke völlig unverpresst bewahrt.
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GIOVANNI BENEDETTO CASTIGLIONE
1609 Genua – Mantua 1665
27 Ein sitzender Satyr vor einer Priapusstele. Um 1645 Radierung. 11,7 x 21,5 cm Bartsch 17/III; Bellini 11/II (von III); Percy E9; T.I.B. 46 Commentary, 017. S2 Provenienz: S ammlerinitiale ‚S‘ (Lugt 2331) Kunsthandlung Helmut H. Rumbler, Katalog 17, 1986, Nr. 21 Brandenburgische Privatsammlung
Das schöne bukolisch-lyrische Blatt in einem ausgezeichneten Abdruck, vor dem späteren Nachlassen der diagonalen Azurlinien. Mit feinem Papierrändchen um die Plattenkante. Ehemals entlang der Ränder montiert in einem alten, englischen Sammelband und entsprechend in makel loser Erhaltung. Bei den chiaroscuroartigen Schatteneffekten und den malerisch eingesetzten Parallelschraffuren verweist A. Percy zu Recht auf die Nähe zu Radierungen von Rembrandt.
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GIOVANNI BENEDETTO CASTIGLIONE
1609 Genua – Mantua 1665
28 Pan bei einer großen Amphore ruhend. Um 1645 Radierung. 11,5 x 21,2 cm Bartsch 18/III; Bellini 12; Percy E10; T.I.B. 46 Commentary, 018
Ausgezeichneter Abzug der lyrisch-bukolischen Komposition. Mit 5 mm Papierrändchen um die Plattenkante. Tadellos. Die Radierung entstand als Gegenstück zu Castigliones >Ein sitzender Satyr vor einer Priapusstele<. Die große Vase und die Priapusstele sind als Symbole der weiblichen und männlichen Fruchtbarkeit zu deuten, wobei die Panf löte, auf der der liegende Hirtengott in der vorliegenden Komposition seine Hand ruhen läßt, beziehungsreich anspielt auf seine unerwiderte Liebe zu der Nymphe Syrix. Auf der Flucht vor dem trunkenen Gott verwandelte sie sich am Ufer des Flusses Ladon in Schilfgras, aus dem Pan daraufhin seine nach ihr benannte Flöte formte.
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GIOVANNI BENEDETTO CASTIGLIONE
1609 Genua – Mantua 1665
29 Mann mit langem Bart und federgeschmückter Kopfbedeckung.
Um 1645/50
Radierung. 18,8 x 13,4 cm Bartsch 48; Bellini 41; TIB 46 Commentary 048 Ausgezeichneter, tiefschwarzer Abzug von schönster Qualität. Mit 2– 3 mm Rand um die Plattenkante. Tadellos. Die virtuose Studie gehört zu der Serie von orientalischen Charakterköpfen, die Castiglione möglicherweise noch in Genua, zum überwiegenden Teil aber während seines zweiten Rom-Aufenthaltes in den Jahren 1647– 51 radierte. Ent sprechend findet sich die stolze Herkunftsbezeichnung ‚GENOVESE‘, die nur bei einem in der Fremde Weilenden sinnvoll zu interpretieren ist. Castiglione greift hier thematisch wie radiertechnisch unmittelbar auf niederländische Vorbilder zurück. Unverkennbar ist die Kenntnis der sogenannten ‚Tronjen‘ von Rembrandt und Lievens aus den 30er Jahren. Als modellhafte C harakterstudien von effektvoll orientalisch Kostümierten gelangten sie schon bald auch nach Italien. Rembrandts Radierungen wurden bekanntermaßen seit dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts in Italien bewundert. Sein Einf luß auf das Werk Castigliones wird vor allem in den 50er Jahren eindrucksvoll sichtbar, weshalb S. Welsh Reed eine Datierung erst um 1650 vorgeschlagen hat.
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GIOVANNI BENEDETTO CASTIGLIONE
1616 Genua – Mantua 1665
30 Die Auffindung der Körper der Heiligen Petrus und Paulus in den Katakomben. Um 1650 Radierung und Kaltnadel. 39,7 x 20,4 cm Bartsch 14; Percy E. 21; Bellini 57; T.I.B. 46 Commentary 014 Wasserzeichen: Lilie Provenienz: B ibliothèque Nationale, Paris [aus dem geplünderten Besitz der Jesuiten in Köln] (Lugt 612)
Prachtvoller Abzug mit bemerkenswert schöner Gratwirkung und einem seltenen Reichtum an vertikalen Wischspuren, die das spärliche, nur von Fackeln aus gehende Licht der nächtlichen Szene zusätzlich dämpfen. Im Vergleich mit anderen Exemplaren fällt auf, daß die Fehlätzung am linken Rand in der Mitte bei dem vorliegenden Exemplar deutlicher als üblich hervortritt, was darauf hindeuten könnte, daß diese Partie vom Künstler später noch leicht überarbeitet wurde. Mit zwei anderen Darstellungen gehört die Darstellung zu einer Reihe von Kompositionen, bei der Castiglione den Versuch unternahm, Nachtstimmungen, gedämpftes Licht darzustellen. Was sich darbietet, wird hier zu einer Tonalität der Masse der radierten Linien. Except for the torch flames and the lower draperies of the martyrs, the entire surface of the print is covered with fine lines. Organized scribbles, zigzags, crosshatchings, and curved and straight combinations of lines summon up dimly seen stone walls and vegetation. After biting the plate, the artist added pale tones by scratching fine drypoint lines into it, particularly noticeable on the lighter patch of the arch above smoke of the torch. Rembrandts etching ‘The Good Samaritan’ (1633, Bartsch 90) may have served as a model for the stone textures. (S. Welsh Reed)
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ALBRECHT DÜRER
1471 Nürnberg 1528
31 Der junge Bauer und seine Frau. Um 1497 Kupferstich. 10,7 x 7,6 cm Bartsch 83; Meder 86/a (von f); Schoch-Mende-Scherbaum 14 Provenienz: S tefan Jancsy (Lugt 1529 d) Rheinische Privatsammlung
Kraftvoll tiefschwarzer Frühdruck vor dem Kritzer am rechten Fuß der Frau, wie von Meder für die a-Variante beschrieben. Vor den späteren Kratzern rechts der Frau. Mit 2 mm Papierrändchen um die partiell rauh zeichnende Plattenkante. In ausgezeichneter Erhaltung, entsprechend der Provenienz aus der Sammlung von S . Jancsy, in der Lugt speziell die Blätter von Dürer en épreuves de première qualité et en parfait état erwähnt. Die Komposition gehört zu einer Gruppe von kleinformatigen Genre szenen mit satirischem Unterton. Bauerndarstellungen waren durch Kupferstiche des Haus buchmeisters oder auch Martin Schongauer seit der Mitte des 15. Jahrhunderts populär. Dürer zielt weniger auf eine reale Milieuschilderung als vielmehr auf eine Charakterisierung bäuerlichen Verhaltens. Das un beholfene Liebeswerben des Bauern standes bringt Dürer auf den Punkt, indem er das großsprecherische Imponiergehabe des tölpelhaften Burschen mit dem Zögern der Frau konfrontiert. (M. Haas)
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ALBRECHT DÜRER
1471 Nürnberg 1528
32 Drei Bauern im Gespräch. Um 1497 Kupferstich. 10,7 x 7,7 cm Bartsch 86; Meder 87/a (von d); Schoch-Mende-Scherbaum 15 Wasserzeichen: Ochsenkopf (Fragment) Provenienz: P. Mariette1692 (Lugt 1789) Rheinische Privatsammlung
Prachtvoller Frühdruck, vor der Vertikalen rechts neben dem Kopf des mittleren Bauern. Mit hauchfeinem Rändchen um die Plattenkante. Bis auf wenige blasse Braunf leckchen und rücks eitig Reste alter Falze, in ausgezeichneter Erhaltung. Die Dreierkonstellation gab Anlass zu widersprüchlichen Interpretationen. So wollte man in den drei unterschiedlichen Männern eine Allegorie auf die Stände sehen, oder man deutete das Dreiergespräch im historischen Zusammenhang des Bauernkrieges von 1525 als konspirative Zusammenkunft. Die meisten Argumente sprechen jedoch für eine Variante der spätmittelalterlichen Bauernsatire. (M.Haas)
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ALBRECHT DÜRER
1471 Nürnberg 1528
33 Der Marktbauer und sein Weib. 1519 Kupferstich. 11,4 x 7,2 cm Bartsch 89; Meder 89/b (von c); Schoch-Mende-Scherbaum 88
Ausgezeichneter, ganz reiner Frühdruck. Nachdem Schoch-Mende-Scherbaum nur ein einziges eindeutiges Exemplar für die von Meder beschriebene a-Variante im Louvre, Paris (Collection Rotschild) nachweisen konnten, hier der früheste im Handel erreichbare Zustand mit den beiden, schon bei den ersten Abzügen auftretenden kleinen schwarzen Flecken auf dem Ei und dem Rocksaum des Bauern. Wie üblich ohne Wasserzeichen. Mit hauchfeinem Rändchen. Makellos frisch. In dieser unmittelbar vor der Niederländischen Reise entstandenen Komposition greift Dürer ein letztes Mal im Medium des Kupferstichs das seit etwa 1496 immer wieder thematisierte Bauerngenre auf. Im Unterschied zu den Bauerndarstellungen von 1496 sind die Körper hier durch eine Vielzahl unterschiedlicher Helligkeitswerte und Graustufen vor dem dunklen Hintergrund plastisch hervorgehoben. Durch den eng gesetzten Bildausschnitt und eine leichte Untersicht monumentalisiert er die Figuren und verleiht ihrer groben Physiognomie den Ein d ruck lastender Schwere. Eine Empfindung, die durch die massive Mauer sowie eine Steinplatte zu Füßen des Bauern, auf der Dürer sein Monogramm angebracht hat, noch unterstützt wird. (A. B. Eiling, in: >Albrecht Dürer. Die Druckgraphiken<, Ausst. Kat. Frankfurt 2007)
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ALBRECHT DÜRER
1471 Nürnberg 1528
34 Der Dudelsackpfeifer. 1514 Kupferstich. 11,5 x 7,3 cm Bartsch 91; Meder 90/a (von c); Schoch-Mende-Scherbaum 76 Hervorragender Frühdruck, vor den vielen vertikalen Kratzern im Himmel. Wie immer, ohne Wasserzeichen.Mit hauchfeinem Rändchen bzw. auf der Plattenk ante geschnitten. In ausgezeichneter Erhaltung. Mit dem Dudelsackpfeifer greift Dürer nach einer fast zwanzigjährigen Pause erstmals wieder ein Thema aus dem Bauerngenre auf, dem er um 1496 eine Reihe von Kupferstichen gewidmet hatte. Herausgelöst aus dem Kontext spätmittelalterlicher Bauerntanzdarstellungen, ist der Musikant bei Dürer erstmals als eigenständiges Bildmotiv begriffen, wobei jeder spöttische Unterton, wie er sonst der zeitgenössischen Bauernsatire eigen ist, fehlt. Die Kleidung und Physiognomie ist differenziert geschildert im nuancen reichen Spiel von Licht und Schatten. A. B. Eiling zufolge steht >Der Dudelsackpfeifer< hinsichtlich Originalität und technischer Ausführung in der Nachfolge der ber ühmten Meisterstiche.
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ALBRECHT DÜRER
1471 Nürnberg 1528
35 Pilatus wäscht sich die Hände. Um 1509 Holzschnitt. 12,9 x 9,8 cm Bartsch 36; Meder 145/II (von III d); Schoch-Mende-Scherbaum 206 Wasserzeichen: Hohe Krone (Meder Wz. 20) Provenienz: Osbert Howard Barnard (Lugt 2007b)
Blatt 21 der Folge >Die kleine Holzschnitt Passion< Lateinische Textausgabe von 1511 Superber, tiefschwarzer, klar leuchtender Abzug. Wie von Meder speziell für die Lateinische Textausgabe von 1511 erwähnt, auf Papier mit dem Wasserzeichen ‚Hohe Krone‘. Besonders eindrucksvoll durch d ie unangetastete Reinheit des feinen Büttenpapiers, das die strahlenden Hell- Dunkel-Kontraste noch besonders schön hervorhebt. Mit ungewöhnlich breiten Papierrändern (Blattmaß: 19,8 x 14,6 cm). Selten so schön.
88
35
ALBRECHT DÜRER
1471 Nürnberg 1528
36 Johannes vor Gottvater und den Ältesten. Um 1496–98 Holzschnitt. 39,1 x 27,8 cm Bartsch 63; Meder 166/III (von IV); Schoch-Mende-Scherbaum 114 Wasserzeichen: Turm mit Krone und Blume (Meder Wz. 259)
Blatt 4 der Folge: >Die Apokalypse< Lateinische Textausgabe von 1511 Exzellenter, ungewöhnlich gleichmäßig gedruckter Abzug. Mit voll sichtbarer Einfassungslinie, die lediglich rechts unten minimal angeschnitten ist. Makellos frisch. Die still und friedlich daliegende Landschaft zählt zu Dürers schönsten Schilderungen auf diesem Gebiet. As in the case of >St. Michael Fighting the Dragon<, here the serene landscape heightens the sense of proximity and explosiveness of the visionary scene. The high vantage point, which developed from Dürer’s alpine landscapes, suspends the observer somewhere between earth and the celestial revelation. (G. F. Ravenel, J. A. Lenenson)
90
36
37
GEORG PAUL ERMELS
1666 Nürnberg – Hildburghausen 1711
37 Die Hirtenfamilie. 1697 Der Stier. 1697 2 Blätter. Radierung. 11,9 x 15,5 cm bzw. 12,0 x 15,7 cm Nagler ( J. F. Ermels) 5 und 6; Nagler Monogrammisten III, Nr. 268.3 und 4; Andresen und Hollstein 1 und 2 Provenienz: Fürsten zu Liechtenstein
Prachtvolle Abzüge der beiden höchst seltenen Gegenstücke. Herrlich tiefschwarz, geradezu gratig in der Wirkung und von kaum zu über bietender Brillanz. Jeweils mit der voll sichtbaren Einfassungslinie. In den Ecken montiert auf der originalen Sammlungsunterlage der Fürsten zu Liechtenstein und entsprechend in unberührt tadelloser Erhaltung. Die beiden Viehstücke in der Art von H. Roos sind die einzigen Radierungen des Künstlers. Nachdem er seine künstlerische Ausbildung durch seinen Vater Johann Franz in Nürnberg erfahren hatte, ging er über Coburg nach Thüringen und wirkte dort zumeist in verschiedenen kleineren Residenzstädten als Hofmaler Herzog Ernst von Sachsen-Hildburghausen.
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PETER FLÖTNER
Um 1485 Thurgau/Schweiz – Nürnberg 1546
38 Die Groteske mit den Füchsen. 1546 Holzschnitt. 17,9 x 12,0 cm Passavant III, pag. 256, Nr. 29; Röttinger 66; Nagler Monogrammisten 2935; Hollstein 78
Die berühmte, virtuos geschnittene Ornamentgroteske in einem brillanten Abdruck, noch mit der Jahreszahl 1546. Rückseitig – wie üblich - mit einem von Wyssenbach geschnittenen Portraitfragment (Hollstein VI, pag. 202). Mit schmalem Rändchen um die Einfassung. Bis auf einen winzigen Tuschspritzer, tadellos. Flötners Groteske lebt vor allem durch das Hervortreten der hellen Motive aus dem dunklen Hintergrund. Die einzelnen Gegenstände und Figuren bilden ein für die Groteske typisches fragiles Gerüst, sind aber noch bis auf wenige Ausnahmen, wie das Tuch über der Querstange, auf einer Ebene nebeneinander angeordnet. (A. N. Holzförster)
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38
39
GAETANO GANDOLFI
1734 San Matteo della Decima – Bologna 1802
39 Streit im Wirtshaus. Um 1785 Radierung. 12,1 x 15,8 cm De Vesme 15
Ganz ausgezeichneter Abzug der seltenen Komposition - die einzige Genreszene unter den von de Vesme aufgeführten 14 Blättern des Künstlers nach eigenem Entwurf. Aus einer Bologneser Künstlerfamilie stammend, erhielt er seine erste Aus bildung durch seinen älteren Bruder Ubaldo. Prägend waren jedoch vor allem die Eindrücke, die er während eines einjährigen Venedigaufenthaltes 1760 durch das Schaffen von G. B. Tiepolo erfuhr. Dies gilt insbesondere auch für seinen lockeren, skizzenhaft-dynamischen Zeichen- und Radierstil. Den >Streit im Wirtshaus<, bei dem man sich sprichwörtlich in den Haaren liegt und an die Gurgel geht, hat der Künstler in einer summarisch angelegten Skizze im Gegensinn (Christie’s, sale 8582, Old Master Drawings, 30. Januar 1997, Nr. 102) vorbereitet. Bis auf den hilf los die Arme ausbreitenden Wirt im Hintergrund sind hier noch alle um den Tisch versammelten Gäste an dem wilden Handgemenge beteiligt, das sich wohl aus einem gemeinsamen Kartenspiel entwickelt hat. In der ausgeführten Radierung jedoch hat Gandolfi den einen Mitstreiter, der über den Tisch an die Hüfte des auf der Bank knienden Rauf bolds greift, ersetzt durch eine Gruppe von zwei Zechern, die scheinbar gänzlich unberührt von den neben ihnen ausgetragenen Handgreif lichkeiten ihren Wein genießen - eine geschickte kompositorische Modifikation, die zusammen mit der prononcierten Lichtregie die dynamische Dramatik der Rauferei besonders akzentuiert.
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CLAUDE GELLÉE Genannt LE LORR AIN
1600 Chamagne (Lothringen) – Rom 1682
40 L‘ Enlèvement d‘ Europe. 1634 Radierung und Kaltnadel. 19,9 x 26,2 cm Robert-Dumesnil 22/III (von V); Blum 9/II (von V); Russell 22/III (von V); Mannocci 14/III (von VII) Wasserzeichen: Buchstaben ‚PDM‘ Provenienz: A .-P.-F. Robert Dumesnil (Lugt 2200) Collection Defer-Dumesnil (Lugt 739)
Das Hauptblatt unter Claudes frühen Radierungen. Ganz ausgezeichneter, kraftvoll tiefschwarzer und herrlich transparenter Abzug. Mit abgerundeten Plattenecken, jedoch vor den späteren Werkzeugspuren am oberen Rand, vor der Verstärkung der Einfassungslinie und vor der späteren Beschriftung im Unterrand ‚42 p 4‘, bzw. deren Löschung. Mit ungewöhnlichen, bis zu 5,3 cm breiten, unbeschnittenen Büttenrändern. Makellos. Besonders qualifiziert durch die Herkunft aus der bedeutenden Lorrain-Kollektion von Robert-Dumesnil, die unter der Expertise von P. Defer am 3.– 5. April 1843 in Paris versteigert wurde. Dieser erwarb das vorliegende Blatt für seine Privatsammlung und vermachte es 1870 zusammen mit seiner umfangreichen Sammlung an seinen Schwiegersohn Henri Dumesnil. The etching, the most sophisticated composition in any medium before 1635, records in reverse a painting, presumably executed in the same year, entitled >Coast scene with Europa and the Bull< (Roethlisberger 1977, no. 48), which is in the Kimbell Art Museum collection at Fort Worth. (L. Mannocci)
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41
HENDRICK GOLTZIUS
1558 Mühlbracht – Haarlem 1617
41 Homo Bulla – Allegorie der Vergänglichkeit. 1594 Kupferstich. 21,2 x 15,4 cm Bartsch III, 97, 10; Hollstein 110; Strauß 323; T.I.B. 3 commentary pag. 158, Nr. 160j; New Hollstein 128 Wasserzeichen: WH Provenienz: K önig Friedrich August II. von Sachsen (Lugt 971) R. Weigel, Dresden, Auktion am 17. November 1856 und folgende Tage, Nr. 475
Die vielleicht berühmteste Darstellung des von Erasmus populär gemachten antiken Vanitas-Sprichwortes homo bulla est – Der Mensch ist eine Luftblase, ebenso fragil und vergänglich. Prachtvoller Abzug, von schönster Klarheit und Brillanz. Mit gleichmäßigem 3 mm Papierrand um die tonig abgesetzte Plattenkante. Makellos. Von Bartsch noch als Produkt eines anonymen Stechers der Goltzius-Schule angesehen, gilt der Kupferstich heute gemeinhin als eigenhändiges Werk des Meisters, das mit nicht weniger als 16 von M. Leesberg katalogisierten Kopien wohl als eine seiner einf lußreichsten Bildschöpfungen angesehen werden kann. Sie verbindet den erstmals durch Varro (de re rustica 1,1,1) verbalisierten Vergleich des menschlichen Lebens mit einer Luftblase mit dem auf einem Totenschädel rastenden Putto als Sinnbild der Vergänglichkeit, das Goltzius aus der humanistisch geprägten emblematischen Literatur geläufig gewesen sein dürfte. A nude child, a Herculean putto, ponders with a puzzling expression. He is seated on the ground resting one arm on a skull and bones, holding a scalloped shell with water and soap in one hand. With the other hand, the curly-haired putto plays with the bubbles formed from the water and soap. As he watches the formation of the beautiful clear bubbles floating in the air, he also sees them bursting, evaporating, and disappearing on their contact with natural air. He also experiences the fumes emerging from a burning urn, which is located on a marble pedestal behind him; they too vanish in mid air. Metaphysically, the open sky or the air becomes recipient of the water bubbles and fumes or smoke. Goltzius’s humanistic awareness combined the physical elements of air, water, fire and earth (the landscape, flowers, trees and the putto), forming natural aspects of the cosmos with metaphysical notions about human life and death. (L. De Girolami Cheney in: Cultural and Religious Studies, May 2018, Bd. 6, Nr. 5 pag. 277) Goltzius betitelt seine Komposition auf dem zu Füßen des Puttos gelagerten Quaderfragment mit der Frage QVIS EVADET? – Wer wird entrinnen? und fügt im Unterrand die Verse seines Freundes F. Estius hinzu gleichsam als literarische Rückübert ragung seiner Bildschöpfung: Die junge silbrige Blüte und die frühlingshaft duftende Luft erschlaffen schnell; es vergeht, oh weh, es vergeht jede Schönheit, so auch das Leben der Menschen, schon bei den Neu geborenen, oh weh, vergeht es wie eine Seifenblase und ist entglitten wie flüchtiger Rauch.
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HENDRIK GOUDT
Um 1580 Den Haag (?) – Utrecht 1648
42 Tobias und der Engel. – Der große Tobias. 1613 Nach A. Elsheimer
Kupferstich. 25,4 x 25,8 cm Bartsch und Hollstein 2; Andrews 25, Engravings (a) Wasserzeichen: Straßburger Bindenschild unter Fleur de Lis Provenienz: C . G. Boerner, Neue Lagerliste 67, 1976, Nr. 32 Deutsche Privatsammlung
Superber Frühdruck von unvergleichlicher Schönheit. Brillant in samtigem Tiefschwarz gedruckt, so daß die dichten, parallell geführten Linien ein Höchstmaß an Chiaroscuro-Effekten erzielen, wie sie erst der 30 Jahre später entwickelten Schabkunst-Technik eigen sind. Zugleich von herrlichster Transparenz und Klarheit, die selbst in den dichtesten Schattenpartien des Mittel g rundes die Binnenstrukturen und Konturen des kleinen Gehölzes d ifferenziert sichtbar werden läßt. Noch mit den fein gerissenen Hilfslinien für die kalligrafischen Verse im Unterrand und mit feinsten Wischkritzeln ebendort. Mit gelegentlich hauchfeinem Rändchen um die Darstellung bzw. mit dem vollständigen Schriftrand unter der Darstellung. Makellos. Das Hauptblatt unter den gesamthaft 7 nach Entwürfen Elsheimers entstandenen Kupferstichen Goudts, der als one of the most influential printmakers of the Dutch seventeenth-century…the pivotal figure in quest for dark tonalities in seventeenth-century Dutch printmaking (C. S. Ackley) gilt. Das unter dem Titel >Der große Tobias< bekannte Gemälde Elsheimers befand sich in Goudts Besitz, als er die famose Kompositon 1613 kongenial auf die Kupferplatte übertrug. Er hatte es zusammen mit anderen Werken Elsheimers nach dem Tod des Freundes 1610 aus Rom mit nach Utrecht gebracht. Das Original ist seit 1673 verschollen. Kopien existieren in Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, und London, National Gallery. This…is the latest dated piece and also the most developed. The four centuries of engraver’s art can have produced few things more unforgettable than these figures stalking mysteriously through a fantastic world. (H. S. Reitlinger)
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42
43
LUDWIG HA ACH
1813 Dresden – Rom 1842
43 Erinnerung an das Cervarofest. 1841 Radierung. 27,3 x 22,5 cm W. Loose, Lebensläufe Meißner Künstler (Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meissen, 1889) Nr. 9; Andresen Nachträge, in: Mitteilungen der Gesellschaft für vervielfältigende Kunst, 1906, pag. 40; Thieme Becker XV, pag. 382
Die seltene, Andresen zunächst unbekannt gebliebene, köstliche Radierung E. Sigismund) in einem ganz ausgezeichneten Abzug. Mit ca. 3 cm Papierrand um die unverpresst erhaltene Plattenkante. Tadellos. Die überaus phantasievoll-poetische, in Gestalt einer Bildgrotteske gefaßte Darstellung des berühmten Künstlerfestes der deutschen Künstlerkolonie in Rom, das Haach 1841 miterlebte, dürfte auf Anregung von R. Reinick entstanden sein, der in diesem Jahr als General der Ponte Molle Gesellschaft die sogenannte ‚Cerara-Partie‘ leitete. Jeweils zur Eröffnung der Sommersaison, während der die Landschaftsmaler Rom verließen, um auf Reisen zu gehen, zog man in abenteuerlicher Kostümierung hinaus zu den antiken Steinbrüchen von Cervaro, gefolgt von einem umfangreichen Troß sowie mit Proviant und Weinfässern gefüllten Wagen. In den Steinbrüchen fanden feierliche Zeremonien statt, die damit eröffnet wurden, daß der ‚Hof bildhauer‘ das Signum der jeweiligen Partie, die in Anlehnung an die antiken Olympiaden gezählt wurden, in die Felswand meißelte. Anschließend versammelten sich alle Teilnehmer in einer der hinteren Grotten, um die Sibylle nach Prognosen für das kommende Jahr zu befragen. Ein festliches Mahl wurde eingenommen und dem Wein kräftig zugesprochen. Zu den sich anschließenden „Olympischen Spielen“ waren unklassische Disziplinen wie das Lanzenwerfen nach Kritikerfiguren und Sackhüpfen zugelassen. Ein ausgelassenes Treiben, das den jungen Künstler zu seinem bis in jedes Detail der vegetabil-ornamentalen Einfassung, die die einzelnen Szenen zu einem symphonischen Bildreigen verbinden, einfallsreichen graphischen Hauptwerk inspirierte.
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NICOLAS WALR AVEN VAN HAEFTEN
c. 1663 Gorkum – Paris 1715
44 Selbstbildnis. Um 1700 Schabkunst. 14,4 x 9,7 cm Bartsch, Dutuit und Wurzbach 1; Hollstein 1/II Provenienz: V it van Berkels verk. 1761 König Friedrich August II von Sachsen (Lugt 971) C. G. Boerner, Leipzig, Auktion 183, 1933, Nr. 349
Ausgezeichneter, nuancenreicher Frühdruck des zweiten Zustandes. Mit den noch deutlich sichtbaren Hilfslinien für den Text im Unterrand. Hollstein konnte den ersten Etat – vor der Verlegeradresse von Gilles de Mortain – nur in einem einzigen Exemplar in Amsterdam nachweisen. Mit feinem Rändchen um die Plattenkante. In makelloser Frische. Ausweislich der Künstleradresse Se ipse Pinxit et sculpsit hat van Haeften das vorliegende Schabkunstblatt mit seinem eindrucksvollen Selbstportrait noch selbst nach einem Gemälde, das sich bis 1816 in der Sammlung Richard de Ledan, Paris befand, geschaffen. Publiziert wurde es jedoch, wie der Text im Unterrand vermuten läßt, erst nach seinem Tod 1715, denn er rühmt den Dargestellten bereits in der Vergangenheitsform: Nicolas van Haeften aus Gorkum hat wie Keiner gewusst Raucher und Trinker darzustellen. Wahrscheinlich aus Antwerpen kommend hatte sich der Künstler um 1694 in Paris niedergelassen und hier vor allem mit seinen Genregemälden in der Art Brakenburgs einen Namen gemacht. Sein druckgraphisches Werk umfasst 43 Nummern, darunter 17 Schabkunstblätter, die sämtlich selten sind.
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44
45
WILLIAM HOGARTH
1697 London 1764
45 The laughing Audience – Das lachende Publikum. 1733 Radierung 18,9 x 17,0 cm Paulson 130/IV
Eines der sogenannten ‚Subscription Tickets‘, die den Käufer als Zahlungsbeleg berechtigten in diesem Fall einen Abzug der >Southwark Fair< bzw. ein Exemplar der Folge >A Rake’s Progress< zu beziehen. Auf der Plattenkante geschnitten. Makellos. Die kühn konzentrierte Komposition im Charakter einer f lüchtigen Federzeichnung zeigt im Ausschnitt das Innere eines Theaters: Auf die im Vordergrund mit tiefernsten Mienen spielenden Musiker reagiert das einfache Publikum mit hemmungslosem Gelächter während die eleganten Aristok raten in der Loge darüber überhaupt kein Interesse an der Darbietung zeigen. Sie geben sich lieber ihren galanten Vergnügungen hin. Hogarth wollte hier, im Sinne einer »Annonce«, demonstrieren, über welche Fähigkeiten er im Hinblick auf die abgestufte Wiedergabe des Physiognomischen verfügte und wie genau und schonungslos zupackend er dabei zu verfahren pflegte, ohne »Karikaturen«, das heißt Übertreibungen, zu beabsichtuigen. Denkbar ist, daß er zugleich die Reaktion auf seine eigene Kunst anzudeuten suchte: Zustimmung aus dem Bürgergtum, die sogenannten Kenner, das heißt die Liebhaber der traditionellen Kunst, ausgenommen, und die Gleichgültigkeit bei der Aristokratie. Unabhängig davon aber gilt: »Wir lachen über die Lacher, was sich auch in guter Gesellschaft, wenn ein allgemeines Gelächter entsteht, nicht selten ereignet.« (K. Arndt in: Ausst. Katalog >William Hogarth. Der Kupferstich als moralische Schaubühne<, Hannover 1987) Gleichsam als Frontispiz für >Southwark Fair<, aber besonders für >A Rake’s P rogress< ist die vorliegende Darstellung eine glückliche Übertragung der Redewendung ‚Die ganze Welt, das ganze Leben ist ein Theater‘.
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WENZEL HOLLAR
1607 Prag – London 1677
46 Stillleben mit einer Gruppe von Muffen, Handschuhen, Tüchern, Fächern und einer Maske. 1647 Radierung. 11,0 x 20,4 cm Parthey und Pennington 1951; New Hollstein 799 Provenienz: J. Thorel (Lugt 1542) J. A. Boerner (Lugt 269) H. F. de la Motte-Fouquet (Lugt 778) L. A. Lindsay (Lugt 3388)
Das reichste unter den einzigartigen Muff-Stilleben des Künstlers, die als justly the best loved and admired of all Hollar’s prints gelten, they constitute his most original contribution to the history of printmaking. (R. T. Godfrey) Brillant, herrlich tiefschwarz gedruckt. Von schönster Transparenz und Klarheit, so daß sowohl die f lauschig-weiche Stoff lichkeit des seidig glänzenden Pelzwerks, als auch die ganz andersartigen textilen Strukturen der Spitzentücher, der seidenen Handschuhe, der schwarz-samtenen Maske oder des Federfächers geradezu haptische Präsenz gewinnen. Die höchst delikaten, unglaublich dicht gefügten Liniensysteme, mit denen Hollar hier arbeitete, erlaubten nur ganz wenige voll befriedigende Abzüge, wie hier vorliegend. Mit hauchfeinem Rändchen um die Plattenkante. In ausgezeichneter, tadelloser Erhaltung. Selten so schön.
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WENZEL HOLLAR
1607 Prag – London 1677
47 Kreiselschnecke – Trochus Nilodicus L. Um 1644/52 Radierung. 9,5 x 14,3 cm Parthey und Pennington 2222; New Hollstein 1307 Provenienz: A . Alferoff (Lugt 1727) E. Geller (Lugt 1126) R. Gutekunst (Lugt 2213a) P & D Colnaghi, London, Lagernummer C.12279 Deutsche Privatsammlung Superber Abzug. Von schönster Brillanz und Klarheit. Die Hilfslinien für die Zerteilung einer ehemals größeren Kupferplatte markant zeichnend am rechten und unteren Rand, wie von S. Turner speziell erwähnt. Auf der Plattenkante geschnitten. Bis auf wenige winzige Braunf leckchen, in ganz ausgezeichneter Erhaltung. Eine der berühmten Muschel-Radierungen, die seit jeher mit Hollar in Verbindung gebracht worden sind und als wahre Meisterwerke der Radiernadel (G. Parthey) gelten – Technically, the etchings reveal Hollar at the height of his powers… (T. Godfrey). Sämtlich – selbst als Einzelblätter – von letzter Seltenheit, sind die bis anhin 39 bekannt gewordenen Kompositionen nur in Windsor komplett vorhanden. Sie haben, obwohl sicher ursprünglich als Folge konzipiert, nie eine Auf lage erlebt und blieben wohl darum unbezeichnet, weshalb Godfrey die wenigen erhaltenen Abzüge als proofs (Probeabzüge) bezeichnet. It seems unlikely that Hollar would have embarked on such an ambitious project or labored on it with such evident intensity unlike there was the firm prospect of some commercial outlet. The likeliest scenario is that a commission existed from a print or book publisher and that negotiations failed or that funding was not forthcoming. In any event, the unfortunate Hollar seems to have lost possession of the plates. (T. Godfrey)
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MORITZ KELLERHOVEN
1758 Altenrath – München 1830
48 Mann mit Pelzmütze. 1794 Radierung und Aquatinta. 19,5 x 15,2 Fehlt bei Nagler, Boetticher und Heller-Andresen
Prachtvoller in braunschwarz gedruckter Abzug der in der Literatur bis anhin unbeschriebenen Aquatintaradierung Kellerhovens mit der Darstellung eines Mannes mit Pelzmütze, das sich insbesondere durch sein rembrandteskes Chiaroscuro auszeichnet. Bezeichnet in Hintergrund links mit dem Monogramm des Künstlers und datiert 1794, wie eine Reihe ähnlicher Kompositionen Kellerhovens, die im Verlag von D. Artaria in Mannheim publiziert wurden. Wir konnten nur ein einziges weiteres Exemplar im British Museum (Museum number 1976,0131.9) nachweisen. Kellerhoven, der seine erste Ausbildung an der Düsseldorfer Akademie erfahren hatte, entschied sich unter dem Eindruck der Kunst van Dycks für das Portraitfach. In Wien, wohin er 1779 übersiedelte, um sich unter Füger weiterzubilden, erwarb er sich bald schon den Ruf eines glänzenden Porträtisten, so daß Kurfürst Karl Theodor ihn 1784 als Hofmaler an seine Residenz in München berief. Seine Bildnisse waren insbesondere wegen ihrer getreuen Auffassung und täuschenden Nachbildung des Stoff lichen geschätzt. Kellerhovens schmales druckgraphisches Œuvre entstand, laut dem im Kunstbaltt Nr. 44 am 2. Juli 1831 erschienenen Nekrolog, in den Nebenstunden, in denen der Künstler auf eine geistreiche Weis kleine Portraits in Rembrandt’scher Manier radierte, welche von Kunstsammlern noch jetzt sehr geschätzt und gern aufbewahrt werden.
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JOSEPH ANTON KOCH
1768 Obergiblen – Rom 1839
49 Streit des Heiligen Franziskus mit dem Teufel um die Seele des Mönches Guida da Montefeltro. Um 1808/09 Radierung. 37,6 x 30,3 cm Nagler 3; Andresen und Lutterotti 23
Einer von vermutlich nur sehr wenigen Probedrucken, die vor der Einstellung der Arbeiten Kochs an seinem groß angelegten Illustrationsprojekt zu Dantes >Divina Commedia< abgezogen wurden. …perhaps the clearest example among the five Dante prints of what Koch meant when he talked of their being made ‚in the manner of Dürer’s woodcuts‘. (Ausst. Kat. German Printmaking in the Age of Goethe<, London 1994, Nr. 104) Mit feinem Rändchen um die Einfassung. Bis auf wenigfe Braunf leckchen und rückseitig minimale Spuren von Druckerschwärze, tadellos und unberührt. Koch gilt als der herausragendste Danteinterpret unter den deutschen Künstlern der Goethezeit (G. Lammel). Angeregt durch den Ästhetiker und Kunstschriftsteller C. L. Fernow, der den deutschen Künstlern in Rom Dantes >Göttliche Kommödie< in der Teilübertragung von W. Schlegel nahegebracht hatte, reifte in Koch der Plan zu einem umfangreichen Zyklus. Doch alle Versuche, einen Verleger für das Projekt zu gewinnen, schlugen fehl, und als sich 1809 auch der aus München stammende F. X. Dall‘ Armi, der Koch zur Ausführung von immerhin fünf Radierungen mit Schatten und Licht in der Weise der Dürerschen Holzschnitte veranlasst hatte, ebenfalls – in Reaktion auf die wenig günstige Resonanz aus der Heimat – zurückzog, legte Koch die Arbeit bei Seite. Die fünf radierten Platten, von denen nur wenige Probea bzüge genommen wurden, verblieben bei ihm in Rom. Die vorliegende Darstellung illustriert eine Szene des XXVII. Gesangs aus dem Inferno: auf seiner Wanderung durch die Hölle trifft der Dichter auf den Mönch Guido da Montefeltro, der ihm seine Geschichte erzählt. Der Mönch war ehemals ein eifersüchtiger Feldherr gewesen, der sich auf das von Papst Silvester gegebene Versprechen der Absolution hin überreden ließ, die belagerte Stadt Palestrina zu verraten. Als er starb, konnte selbst die Fürsprache des Heiligen Franziskus nichts gegen den ‚schwarzen Cherub‘ ausrichten, der kam, um den Verräter zu holen. Koch setzte den Text jedoch sehr frei um. Nicht die Begegnung Dantes mit dem Mönch, sondern die Todesstunde Guidos ist dargestellt. Auch der Trauerchor der Mönche und der Streit der Engel mit einem weiteren Teufel sind eine eigene Erfindung des Künstlers. In den Texten der Schriftrollen gibt Koch die altitalienischen Passagen des Gesangs wieder, die für die Handlung der S zene grundlegend sind. Beim toten Mönch ist es das falsche Versprechen des Papstes, beim Teufel und den Engeln ist es die Rechtfertigung, warum die Seele ihm gehöre. Der ausdrucksvolle ‚schwarze Cherub‘ geht auf einen Entwurf B. Thorwaldsens zurück, dem Koch dazu selbst Modell gestanden hat, als er mit ihm in Rom zusammen wohnte.
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CARL AUGUST LEBSCHÉE
1800 Schmiegel – München 1877
50 Maria, das Kind stillend. 1843 Nach A. Dürer
Original-Kupferplatte. 13,4 x 9,4 cm Vgl. Nagler Monogrammisten Bd. 2, pag. 122, Nr. 333; fehlt bei Huber; Vgl. Meder 39; noch nicht bei Heller; fehlt in T.I.B. Bd. 10, commentary 036
Bis anhin unbeschriebene getreue Kopie nach Dürers Kupferstich von 1511, die mithin erst nach Hellers 1827 publiziertem Verzeichnis der Kupferstiche und Holzschnitte des Meisters nebst den bis dahin bekannt gewordenen Kopien entstand. Strauss gleichfalls noch unbekannt, der neben den 8 von Heller erwähnten Kopien nur noch zwei weitere Kupferstiche anführt. Die originale Kupferplatte zeigt (schwer sichtbar) rechts neben der Maria auf dem oberen Brett der Rasenbank das ligierte Monogramm von Carl August L ebschée ‚CL‘ mit dem Datum ‚1843‘. Im Œuvre des Münchener ‚Architektur- und Landschaftsmalers‘ erscheint die außerordentlich täuschende Kupferstich-Kopie singulär. ‚Auf der Suche nach historischer Wahrheit‘ hat Lebschée sein zeichnerisches und druckgraphisches Talent vorwiegend in den Dienst der mitunter rekonstruierenden Dokumentation vom Verfall oder Abriß bedrohter Architektur Münchens, Oberbayerns und Frankens gestellt. Die Kupferplatte entstand sicher als kleines Virtuosenstück unter dem Eindruck der Bekanntschaft mit Joseph Heller in Bamberg. Vielleicht als eine persönliche Reverenz an den bedeutenden Kunstgelehrten und Dürerforscher. Zwar ist ein direkter Kontakt der Beiden erst durch einen Brief vom 28. August 1845 belegbar, in dem Lebschée seinen Besuch in Bamberg ankündigt, doch erscheint es nicht zufällig, daß der Künstler die Komposition des Meisters just in dem Jahr maßstabsgetreu in eine etwas größer dimensionierte Kupferplatte gestochen hat, in dem er erstmals Franken bereiste. Die Technik des Kupferstichs, war Lebschée seit seiner Ausbildung an der Königlichen Akademie der Bildenden Künste in München vertraut. Auf Empfehlung seines Lehrers C. E. Hess (1755 –1828) hatte er als 16 -Jähriger verbrauchte Stichplatten überarbeitet. Ansonsten scheint er aber neben der Radier- und Aquatinta technik vor allem die Lithographie meisterhaft angewandt zu haben. Selbst der neu aufkommenden Photographie stand er offen gegenüber und betrieb in einem eigens in seinen Arbeitsräumen eingerichteten Photolabor eigene Versuche, um seine aquarellierten Architekturzeichnungen zu vervielfältigen. Umso bew undernswürdiger erscheint die Bravour, mit der Lebschée sich gleichsam auch in technischer Hinsicht auf einen Wettstreit mit dem Meister einließ. Ein moderner Abzug liegt bei.
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JEAN-LAURENT LEGEAY
um 1710 Paris – Rom nach 1788
51 Monumentalgrab mit drei angelehnten Frauengestalten Um 1768 Radierung. 19,5 x 16,5 cm Guilmard, pag. 238 ; Katalog der Ornamentstichsammlung der Staatlichen Kunst bibliothek Berlin, aus 4182; vgl. Inventaire du Fonds Français, Graveurs du XVIIIe siècle, tome XIII, pag. 513; Erouart 135/I
Einer der bizarren Grabmalsentwürfe aus der selbst in der Bibliothèque Nationale, Paris nicht komplett vorhandenen Folge >TOMBEAUX INVENTIONE DI G IOVANNI LORENZO LE GEAY…<. Höchst seltener erster Druckzustand vor den zusätzlichen Schattierungen namentlich im Sockelbereich des Grabmonuments. Mit bis zu 8,7 cm breiten, unbeschnittenen (?) Papierrändern mit den Spuren einer ehemaligen Fadenheftung unten. Inspiriert durch G. B. Piranesis phantastische Dekorationsentwürfe, entstanden diese Kompositionen vermutlich noch während des Aufenthaltes des Künstlers in England um 1768. Nach seiner Rückkehr nach Paris publizierte er sie 1770 zusammen mit drei weiteren Folgen von ebenfalls je 6 Blättern unter dem Titel >Collection de Diverse Sujects de Vases, Tombeaux, Ruines et Fontaines, Utile aux Artistes, Inventée et Gravé par G. L. Le Jeay, Architecte à Paris, chez Mond‘hare<. Today, these are Legeay’s most celebrated graphic works, imaginary projects for monuments or scenes of ancient ruins where fantasy has run riot. Highly personal, eccentric visions, they bring to mind Cochin fils’ description of Legeay as an architect of great inspiration and genius, admitted by his students, but flawed by his megalomaniac ambitions. (V. I. Carlson)
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MELCHIOR LORCK
Um 1526/27 Flensburg – Kopenhagen (?) nach 1583
52 Der Maulwurf. 1548 Kupferstich. 7,1 x 10,6 cm Bartsch 5; Harbeck pag. 33–34; Hollstein 18; Fischer 1548,3 Provenienz: H . S. Theobald (Lugt 1375) H. G. Gutekunst, Stuttgart, Auktion 68, 1910, Nr. 437 Sotheby’s, London, Auktion 6. Dezember 2001, Nr. 53 Deutsche Privatsammlung
Exzellenter Abzug des eminent seltenen Blattes. Mit dem häufig abgeschnittenen Unterrand. Die Ecken links oben und unten minimal angeschnitten, sonst mit der voll sichtbaren Plattenkante bzw. mit hauchfeinem Rändchen darüber hinaus. Mit vereinzelten blassen Braunf leckchen. Unberührt. Die ikonographisch singuläre Darstellung eines Maulwurfes entstand 1548, als der erst 21 jährige Künstler auf Wanderschaft in Süddeutschland unterwegs war. Durch den im Unterrand beigefügten lateinischen Vers entschlüsselt sich die Darstellung eines Maulwurfes, der an einem Flußufer vor der Kulisse einer dörflichen Ansiedlung zu Fuße einer im Bau befindlichen Burg liegt, als Sinnbild der Vergeblichkeit menschlichen Tun und Strebens ohne den wahren Glauben: So schnell Vergessen zu einem sich nährenden Maulwurf kommt, so folgt Deinen Gebeten Vergeblichkeit, Gottloser!
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JACOB MATHAM
1571 Haarlem 1631
53 Venus, Bacchus und Ceres. Um 1600–1602 Folge von 3 Blättern. Kupferstich. 19,6 –19,8 cm im Durchmesser Bartsch III, 139, 18–20; Hollstein 223–225; New Hollstein 196 –198 Wasserzeichen: Adler bzw. Basilisk (ähnlich Heawood 840)
Die komplette Folge in einem homogenen Set exquisiter Abzüge von schönster Brillanz. Noch mit den vollen Papierrändern der jeweils ca. 39,9 x 26,5 cm Papierbögen. In unberührter Frische. Selten so schön. Die vermutlich nach eigenem Entwurf gestochene Folge von Rundbildern illustriert das auf Terenz zurückgehende Sprichwort Sine Cerere et Baccho friget Venus (ohne Ceres und Bacchus friert Venus), das auch Goltzius wenige Jahre zuvor in einer vielfach kopierten Folge von Ovalkompositionen in rechteckigen Ornament rahmen (New Hollstein 144–146) thematisiert hatte. Fast scheint es als habe sich Matham - kurz nach der Übernahme der GoltziusWerkstatt – mit diesen geradezu klassisch strengen Kompositionen bewußt von den manieristischen Schöpfungen des Stiefvaters absetzen wollen, von denen er, sozusagen als verbales Bindeglied, nur die Verse des Schoneus weitestgehend wörtlich entlehnte. Selbst die innere Struktur der Folge bildet einen absichtsvollen Kontrast. Zunächst plante Matham seine Blätter wie Goltzius zu ordnen und mit Bacchus beginnen zu lassen, gefolgt von der Liebesgöttin Venus und Ceres, der Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit. Dies belegen die unter der endgültigen Nummerierung noch sichtbaren Nummern der ersten beiden Blätter. Aus Gründen der Symmetrie hat er sie jedoch neu arrangiert und positionierte Bacchus zwischen den beiden Göttinnen, Venus links als Blatt 1 und Ceres rechts als Blatt 3.
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FR ANZ ANTON MAULBERTSCH
1724 Langenargen – Wien 1796
54 Der Guckkastenmann. Um 1785 Radierung und Kaltnadel. 33,3 x 40,9 cm Nagler 9; Le Blanc 10; Knab 42; Garas 1974, pag. 259; Ausst. Kat. >Franz Anton Maulbertsch und sein schwäbischer Umkreis<, Langenargen 1996, pag. 266, 267, Nr. A8
Ausgezeichneter Abzug der bereits von Nagler als selten klassifizierten Komposition. Mit 5 mm Plattenrand um die Einfassungslinie. Rechts, außerhalb der Darstellung mit einer winzigen hinterlegten Stelle, sonst in sehr schöner Erhaltung. >Der Guckkastenmann< gehört, zusammen mit seinem Gegenstück, dem 1785 datierten >Quacksalber<, zu den wenigen Genremotiven im Werk des Künstlers. Maulbertsch hat die eindrucksvolle Komposition in zwei Ölskizzen akribisch vorbereitet – zunächst in einer als Grisaille (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg) mit der zentralen Gruppe des Bänkelsängers, ohne die sich balgenden Knaben im Vordergrund und dann in einer farbigen Ölskizze (Staatsgalerie, Stuttgart), in der die Komposition schon ausgereift erscheint. Wie schon in den englischen Vorbildern, also zum Beispiel bei Hogarth, ist das zentrale Ikonogramm des „Guckkastenmannes“, daß er etwas zur Schau stellt, was der Betrachter nicht sehen kann. Diese Verborgenheit, die nicht selten erotische oder pikante Szenen betraf und vor dem neugierigen Auge des Jedermann verstecken sollte, drückt sich im hämischen Gesicht des Guckkastenmannes aus, der mit seinem Guckkasten das Zentrum der Darstellung ausmacht. Der Guckkasten ist Spiegel der Zeit, und die Darstellung führt uns in das Reich der niederländischen, englischen und österreichischen Jahrmarktsszenen, die der Nährboden für diese Art von Darstellung und Zur-Schau-Stellung solcher Inhalte waren. Daneben bildete das zeitgenössische Theater in Wien den Nährboden für erotisches Genre. (K. Seltzer)
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54
CHARLES MERYON
55 Le Pont au Change.
1821 Paris 1868
1854
Radierung. 15,3 x 33,4 cm Delteil-Wright 34/V (von XII); Schneiderman 40/V (von XII) Wasserzeichen: HUDELIST Provenienz: H. M. Petiet (Lugt 5031)
Ausgezeichneter Druck des V. Etats mit dem Ballon im Hintergrund, aber vor der Veränderung des Wagens auf der Brücke und den einschneidenden Veränderungen im Himmel. Delteil-Wright kannte 13 Abzüge dieses Zustandes, davon 5 in öffentlichen Samm lungen. Mit außerordentlich fein gewischtem Plattenton, wie er typisch ist für die in Zusammenarbeit mit A. Delâtre vor 1855 genommenen Abzüge auf Papieren höchster Qualität. Im vorliegenden Fall auf dem von Meryon besonders geschätzten Bütten mit leicht bräunlicher Tönung mit Wasserzeichen ‚HUDELIST‘. Bis auf eine minimale Bräunung und ein winziges Fleckchen im 5 cm breiten Papierrand in tadelloser Erhaltung. Im Gegensatz zu seiner bisherigen Neigung zu räumlicher Verschachtelung hat Meryon in diesem Blatt die Wirkung breit gedehnter Räumlichkeit angestrebt […] Während sich Meryon bisher auf die intensive Durchforstung der Architektur konzentrierte, liegt hier der Hauptakzent auf der Gestaltung des Himmels. Die mehrfache, sehr weitreichende Veränderung der einzelnen Zustände, das hier benutzte Vokabular sind […] als andeutende Zeichen von Meryons psychischer Problematik zu verstehen. […] Typisch hierfür ist die gedankliche Verknüpfung der Begriffe >Ballon< - >Hoffnung< - <menschliche Existenz< wie sie sich in Meryons anschließendem Gedicht bestätigt.
DIE HOFFNUNG Leichtes Luftschiff, oh Göttliche Hoffnung, Gleich dem zerbrechlichen Schiffchen, das die Dünung wiegt Im trägen Hauch der lauen Südwinde, Flieg! Und im Dunst, der die Lüfte durchzieht, Zeig Dich manchmal unseren sehnsüchtigen Blicken, In heiteren Regionen, wo auf dem blauen Grund des Himmels Die Sonne mit Leben spendenden Strahlen In goldenen Linien all die glänzenden Träume uns ausmalt Mit unsicherem Ausgang; gib neuen Mut Dem harten Matrosen, den der Sturm erschöpft hat; Dem tapferen Krieger, der im Kampf um ein besseres Los Unter den Schlägen der Feinde dem Schmerz zu trotzen versteht; Dem armen verwundeten Herzen, das vergeblich umhersucht auf Erden Nach dem unbekannten Glück, das es fühlt und erhofft.
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Jedoch Träumer! Warum traurig In den Wolken schweifen? Das sind doch nur Bilder! Komm, kehr zur Erde zurück und überlaß den anderen die Sorge, Den allzu beschwerlichen Aufstieg zum Himmel zu meistern; Hüte Dich, die seltsamen Launen des Schicksals herauszufordern: Stets geizt es mit seiner Gunst. Da ein neues Geschick Dich mit der Nadel betraut, Zum armen Stecher den zu schmächtigen Seemann gemacht hat, Sie zu, daß auf der schwarzen Fläche, die Dein Kupfer bedeckt, Deine Hand die Spuren zurückläßt, die jedes Boot nach sich zieht Auf der Fahrt durch das stürmische Meer, Das man das >Leben< nennt; harter bitterer Ozean, Wo nur zu oft die Hoffnung, trügerisches Bild, Das uns lockte, am Ufer zerrinnt!
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CHARLES MERYON
1821 Paris 1868
56 La Morgue. 1854 Radierung und Kaltnadel. 22,9 x 20,5 cm Delteil-Wright 36/IV (von VII); Schneiderman 42/IV (von VIII) Wasserzeichen: HUDELIST
Eines der Hauptblätter des Künstlers. Vor der Entfernung der Schrift im Unterrand und dem neuen Titel, sowie vor dem späteren Druckvermerk von A. Delâtre. Superber Abzug von ungewöhnlich suggestiver Wirkung, noch zusätzlich unterstützt durch die Verwendung eines zart elfenbeinfarbigen chine collé. Während die meisten Abzüge nur braun-schwarz gedruckt sind, hier in eindrucksvollem Tiefschwarz und von schöner Gratwirkung. Gänzlich rein gewischt, so daß die mitunter extrem dichten Schraffierungen bis in die tiefsten Schattenpartien hinein völlig transparent bleiben. Auf dem von Meryon gerne benutzten creme-farbigen Papier mit dem Wasser zeichen ‚HUDELIST‘. Der Bogen nahezu unbeschnitten (31,8 x 46,5 cm). Bis auf vereinzelte, nahezu nicht wahrnehmbare Braunf leckchen, tadellos frisch. In the eyes of some amateurs, this print is perhaps the most remarkable of all his works. It would be impossible to extract a more moving treatment of a corner of houses, which, in reality, were far from producing a similar impression on the soul. These bizarre, superimposed roofs, these colliding angles, this blinding light which renders the contrasts of the masses of shadow so striking, this monument which acquires a vague resemblance to an antique tomb under the burin of the artist, offers to the spirit some unknown enigma about which the characters speak a sinister word; the massed crowds hanging on the parapet of the quay look upon a drama which unfolds on the back: a corps has just been dragged from the Seine; a little girl sobs; a woman turns her back, distraught, chocked by despair; the policeman gives the order to the sailors to carry this derelict of misery or debauchery to the Morgue. (P. Burty)
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CHARLES MERYON
1821 Paris 1868
57 L’Abside de Notre Dame. 1854 Radierung. 16,7 x 29,8 cm Delteil-Wright 38/IV (von VIII); Schneiderman 45/IV (von IX) Provenienz: Dr. S. W. Pelletier (Lugt 4193)
Die als Abschluß und Höhepunkt der >Eaux-fortes sur Paris< entstandene, be eindruckende Ostansicht von Notre-Dame in einem prachtvollen Abzug des IV. Zustandes. 1854 publiziert, mit dem Namen des Künstlers, dem Datum und der Adresse im Unterrand, aber vor dem Titel und weiteren Überarbeitungen. Wie alle bis 1855 in Zusammenarbeit mit A. Delâtre gedruckten Exemplare mit feinem, dezidiert eingesetzem Plattenton, so daß etwa auf der Quaimauer oder dem Apisdendach der Kathedrale, wo der zarte Film der Druckfarbe entfernt ist, das gedämpfte Tageslicht wunderbar ref lektiert wird. Die vorbereitenden Arbeiten Meryons stammen aus den Jahren 1853 – 54, in denen Violet-le-Duc seine Arbeit an dem riesigen Restaurierungsprojekt der P ariser Kathedrale wieder aufnahm. Mit detaillierter Genauigkeit und betonter Monumentalisierung ist die bauliche Situation nach der Fertigstellung der Südfassade mit dem Schatzhaus und vor der Errichtung des spitzen Vierungsturmes wiedergegeben. P. Burty hat mit Meryons Einverständnis Victor Hugos Roman >Notre-Dame de Paris< von 1831 als geistige Parallele angeführt: Cette vue de Notre-Dame, – dit-il, – est un aspect magistral. L’église de Notre-Dame semble d’aillleurs avoir exercé une grande attraction sur l’esprit rêveur de l’artiste. Elle avait dicté à un poète un des plus beaux livres de notre génération, elle a inspiré à Meryon sa plus belle planche.
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JAN HARMENSZ. MULLER
1571 Amsterdam 1628
58 Pyramus und Thisbe. Um 1587 Nach H. Goltzius
Kupferstich. 21,5 x 15,4 cm Bartsch III, 103, 29; Hollstein (after Goltzius) 506; T.I.B. 3 commentary, pag. 352, Nr. 030; fehlt in New Hollstein (Muller Dynasty); New Hollstein (prints after inventions by Goltzius) 585/III Wasserzeichen: Doppelturm-Stadttor (ähnlich New Hollstein [Muller] Wz. Tower 1) Provenienz: F. Bernstein (Lugt 982b)
Einer der ersten Kupferstiche Mullers aus der Zeit seiner Tätigkeit in der Werkstatt von H.Goltzius. Von Bartsch noch unter den Pièces gravées d’après des dessins de H. Goltius par différens graveurs anonymes geführt, wurde der Stich erst jüngst durch M. Leesberg J. Muller als ein Frühwerk zugeschrieben und fehlt daher noch in den der Muller Dynastie gewidmeten New Hollstein Bänden von J. P. Filedt Kok. Der früheste im Handel erreichbare Zustand, nachdem die beiden vorausgehenden Probedrucke jeweils nur als Unikate in Amsterdam bekannt sind, einer davon, worauf M. Leesberg zuerst hingewiesen hat, mit der Markierung, die belegt, daß er aus dem Nachlaß Mullers stammt. Die tragische Geschichte von Pyramus und Thisbe stammte ursprünglich aus dem Orient und wird ausführlich in Ovids Metamorphosen erzählt: Als Kinder verfeindeter Nachbarn verabreden die beiden Liebenden ein abendliches Stelldichein vor der Stadt unter einem Maulbeerbaum. Thisbe, die zuerst am Treffpunkt ist, sucht vor einer sich nahenden Löwin Schutz in einer Höhle und verliert dabei ihren Schleier, über den sich das von der Jagd kommende Tier mit noch blutigem Maul hermacht. Den blutbef lecken, zerrissenen Schleier findet wenig später der liebestrunkene Pyramus und rammt sich sogleich sein Schwert in den Leib in der Annahme, die Geliebte sei einer wilden Bestie zum Opfer gefallen. Er liegt in den letzten Zügen unter dem Maulbeerbaum, als Thisbe den Treffpunkt ein zweites Mal erreicht. In maßlosem Schmerz ergreift auch sie das Schwert und tötet sich selbst mit der an die Götter gerichteten Bitte, die Früchte des Maulbeerbaumes möchten sich zukünftig dunkel wie das vergossene Blut der Liebenden färben.
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FR ANZ NADORP
1794 Anholt – Rom 1876
59 Der Verrat des Judas. Um 1828 Radierung. 18,9 x 26,9 cm Andresen 3
Prachtvoller Probedruck der großartigen Komposition, die das dramatische Geschehen des Verrates im Garten Gethsemane psychologisch ebenso eindrucksvoll erfasst wie die Angst der Jünger, die die Gefangennahme ihres Meisters mit Schrecken aus der Distanz miterleben müssen. Vor der weiteren Überarbeitung namentlich in den Gewändern und im Gesicht Christi. Vor der späteren Adresse ‚F Nadorp inu et inc‘ in Spiegelschrift, wie sie das Exemplar im Thorwaldsen Museum in Kopenhagen zeigt, und noch mit der markanten Ätzprobe im linken Plattenrand. Mit der alten handschriftlichen Bleistift-Notiz ‚Cornelius radiert von Nadorp‘ im breiten Papierrand oben. Makellos. Aus Anholt stammend, hat sich Nadorp nach Abschluß seiner Ausbildung an der Prager Akademie unter J. Bergler 1828 in Rom niedergelassen, wo er sich sogleich dem Kreis der Nazarener anschloss. Insbesondere P. Cornelius mit seinem intensiven Streben nach Dramatik und ausdrucksstarker Gestik und Mimik seiner P rotagonisten hat den jungen Künstler, der sich besonders zur Historienmalerei hingezogen fühlte, hier so stark beeindruckt, daß er sich gelegentlich gar als Cornelius-Schüler bezeichnet hat. Gleichwohl erscheint die handschriftliche Bleistift-Notiz ‚Cornelius radiert von Nadorp‘ auf dem vorliegenden Probedruck der vermutlich schon bald nach der Ankunft des Künstlers in Rom entstandenen Komposition irreführend. Die spätere Adresse weist Nadorp eindeutig auch als Autor der Bilderfindung aus und entspricht damit ganz der handschriftlichen Bezeichnung ‚F. Nadorp inv. del & inci. Romae‘ des von Andresen zitierten E xemplares.
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JAN VAN OSSENBEECK
Um 1624 Rotterdam – Wien 1674
60 Der Mann beim Beladen des Ochsenkarrens. Um 1645 Radierung. 9,1 x 13,8 cm Bartsch 20; Bartsch Supplement und Hollstein 20/I (von II) Provenienz: E. Fabricius (Lugt 847a und 919bis) Eine der von Bartsch unter den von ihm verzeichneten Radierungen van Ossenbeecks als celles qui réunissent le plus de goût dans le dessin et de la facilité de pointe besonders herausgestellten sechs Kompositionen in einem ausgezeichneten Frühdruck vor dem Namen des Künstlers links unten. Zumeist auf der Plattenkante geschnitten, unten minimal knapp, links mit hauch feinem Papierrändchen darüber hinaus. In alter ‚Fenstermontage‘, sonst un berührt. Von großer Seltenheit wie schon Bartsch bemerkte: Les estampes de Jean van O ssenbeeck sont difficiles à trouver, les bonnes épreuves en sont même rares. Aus Rotterdam stammend, empfing van Osssenbeeck seine künstlerische Prägung in Rom. Bei seiner Ankunft 1645 war sein Landsmann P. van der Laer zwar schon seit Jahren nicht mehr in der Heiligen Stadt. Gleichwohl scheint sich der junge Künstler hier speziell an dessen Bambocciaden, Genrebildern aus dem einfachen römischen Volksleben, geschult zu haben, wie schon Sandrart berichtet. Als Ossenbeeck 1647 die Ewige Stadt in Richtung Brüssel wieder verließ nahm er, wie Houbraken es formulierte, Rom sozusagen mit sich. In der vorliegenden Radierung, die vermutlich noch in Rom entstand, schildert er in bewußt unprätentiösem Duktus das Beladen eines Ochsenkarrens am R ande des seinerzeit als Viehweide genutzten Forum Romanum. Wie ein Wahrzeichen ragen die drei Säulen des antiken Dioskurentempels im Mittelgrund der Komposition auf, daneben die als Viehtränke genutzte Granitbrunnenschale.
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ADRIAEN VAN OSTADE
1610 Haarlem 1685
61 Kleine Büste eines fröhlichen Bauern. Vor 1647 Kleine Büste einer Bäuerin. Vor 1647 2 Gegenstücke. Radierung. 3,4 x 3,0 cm und 3,2 x 2,9 cm cm Davidsohn, Godefroy und Hollstein 1/I (von IV) und Davidsohn, Godefroy und Hollstein 2/II (von V) Provenienz: S otheby’s, London, Auktion am 29. Juni 1987, Nr. 224 Deutsche Privatsammung
Exzeptionelles Prachtexemplar der beiden als Pendants konzipierten Kopfstudien. Zusammen auf einem Stück Papier mit bemerkenswert viel Plattenton gedruckt und durch die noch extrem rauh zeichnenden Plattenränder eindeutig als Frühdrucke charakterisiert. Die >Kleine Büste eines fröhlichen Bauern< vor der diagonalen Strichlage auf dem Haar links unter der Mütze. Die >Kleine Büste einer Bäuerin< noch mit spitzen Plattenecken und mit dem Stichel-Glitsch auf dem Kinn. Beides frühe Zustände, die von Godefroy als très rare klassifiziert wurden. Mit schönem Rand um die sich in markantem Relief im Papier abzeichnenden Kanten der beiden Platten. Unberührt und tadellos.
Godefroy hatte seine extrem frühe Datierung um 1636 - mit einem Fragezeichen versehen – zur Diskussion gestellt. Während Schnackenburg und S. W. Pelletier, der die beiden kleinen Charakterstudien als mature works anspricht, eine Ent stehung in den Jahren 1647–52 für wahrscheinlich halten und L. J. Slatkes den Zeitraum auf 1650–52 noch näher einschränkte, hat zuletzt T. Rassieur erneut die beiden Tronjen wieder ganz an den Anfang des druckgraphischen Schaffens von Ostade gerückt: As a pair, the woman in full-face and the man in profile appear to constitute a test of how to handle modeling in a unfamiliar medium; thus, they exhibit skill and tentativeness at the same time. Bäuerliche Charakterköpfe >têtes de caractère< waren seit dem 16. Jahrhundert bildwürdig geworden und hatten sich im 17. Jahrhundert zu einer speziellen G attung der sogenannten ‚Tronjen‘ entwickelt.Versehen mit Spottnamen wie ‚Koen Slockspeck‘ (Schluckspecht) oder ‚Listighe Jorden‘ (Listiger Jorden), gerieten sie leicht zur beißenden Bauernsatire hochmütiger Städter. Bei den Darstellungen von Ostade sind es eher liebevoll typisierte Figuren, frei von jeder satirischen Übertreibung.
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ADRIAEN VAN OSTADE
1610 Haarlem 1685
62 Der Messerkampf. 1653 Radierung. 12,6 x 14,6 cm Davidsohn, Godefroy und Hollstein 18/V (von VIII)
Brillanter Abzug des von Godefroy mit rare klassifizierten V. Zustandes. Mit der senkrechten Begrenzungslinie am linken Fensterf lügel, jedoch vor den zusätzlichen für die späteren Picart-Ausgaben hinzugefügten feinen Arbeiten in den Schatten. Mit feinem Rändchen um die tonig abgesetzte Plattenkante. Die harsche Szene ist einzigartig im druckgraphischen Werk von Ostade. Ähnliche Motive sind jedoch von seinen Ölbildern und denen seiner Zeitgenossen, wie z.B. A. Brouwer und J. Steen, bekannt. Sie sind nicht ungewöhnlich, vielmehr Momentaufnahmen vom Alltag in den niederländischen Wirtschaften der Zeit.
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ADRIAEN VAN OSTADE
1610 Haarlem 1685
63 Der Quacksalber. 1648 Radierung. 14,8 x 12,2 cm Davidsohn 43/I (von VIII); Godefroy 43/II (von IX); Hollstein 43/III (von X) Provenienz: P. Davidsohn (Lugt 654) S. Barden (Lugt 218) C. G. Boerner, Leipzig, Auktion 136, Nr. 490
Delikater Ätzdruck. Der von Godefroy mit Extrêmement rare klassifizierte II. Zustand, wobei er den I. Etat nur als Unikat in der Sammlung M. P. Mathey nachweisen konnte (heute in der National Gallery, Washington). Der von Hollstein mittlerweile neu beschriebene Zwischenzustand ist allein in Haarlem nachgewiesen. Mit der Signatur rechts unten und dem büschelartigen Laubwerk im Geäst des Baumes, jedoch vor der Hinzufügung der Kindergruppe links anstelle der sich im Hintergrund entfernenden beiden Gestalten, sowie vielen weiteren Über arbeitungen. Mit feinem Rändchen um die Plattenkante. In tadelloser Erhaltung und besonders qualifiziert durch seine Provenienz aus der Sammlung Davidsohn. Dem alten Thema »Quachsalber«… gibt Ostade in seiner Radierung ein neues Element. Er kleidet den Arzneiverkäufer in ein Theaterkostüm. Mit seiner flachen Kappe, dem Umhang und dem Rüschenkragen ist er durch die überall in Europa gespielte »Commedia dell‘ arte« als Doktor typisiert und unterscheidet sich von den Dorfbewohnern in Alltagskleidung… Die Verkleidung… zeigt, daß Ostade gegenüber den früheren Darstellungen des Themas eine andere Absicht verfolgt. Nicht mehr der Betrug der Welt wird moralisch angeklagt, sondern der jedermann bekannte Komödiant soll zum Schmunzeln anleiten. (K. Renger in: Ausst. Kat. >Graphik in Holland<, München 1982)
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63
CRISPIN DE PASSE
Um 1565 Arnemuiden – Utrecht 1637
64 Die vier Kontinente. Um 1589 –1611 Europa Asien Afrika Amerika Folge von 4 Blättern. Kupferstich. 18,6 – 9,4 x 22,1 – 22,8 cm Franken 1198 – 1202; Hollstein 597 – 600 Wasserzeichen: Adler mit angehängten Buchstaben ‚CN‘ (Briquet 2096, datiert Aachen 1585 – Köln 1598)
Die komplette Folge in einem homogenen Set brillanter Frühdrucke. Noch mit den deutlich sichtbaren Hilfslinien für die Verse im Unterrand. Sämtlich auf breitrandigen Papierbögen (ca. 29,0 x 36,5 cm). In ausgezeichneter Erhaltung. Eine der im Kölner Exil entstandenen allegorischen Folgen des Künstlers, die die Phänomene der Welt im pythagoräisch-platonischen Tetraden-Modell zu be schreiben suchen. Mit der Entdeckung Amerikas ließen sich nun auch die Kontinente nach dem Viererschema ordnen. Unter Verzicht auf jede kosmologische Anspielung hat Passe in seinen nach eigenem Entwurf entstandenen Kompositionen die Kontinente aus eurozentristischem Blickwinkel charakterisiert nach der jeweiligen ‚Zivilisiertheit‘: Europa als gekrönte Herrscherin der Welt, der Schild und Helm aber auch ein Füllhorn als Zeichen des Überf lusses gereicht werden, umgeben von Symbolen der Wissenschaften und Künste. Asien als elegante Dame mit einem Kamel und Drachen, sowie einem Gefäß mit geschliffenen Edelsteinen zu ihren Füßen. Afrika als Nackte auf einem Reptil-artigen Wesen reitend inmitten der Schätze der Natur, die ihr auch durch einen Faun dargebracht werden. Schließlich Amerika als nur mit einem Lendenschurz aus Federn bekleidete Indianerin, der von ihrem Partner abgeschlagene Menschenköpfe gereicht werden, während andere Gliedmaßen menschlicher Körper in einem Bottich sieden - als Hinweis auf den im neu entdeckten Kontinent angeblich üblichen Kannibalismus.
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GERRIT PIETERSZ
566 Amsterdam vor 1616 (?)
65 Die Ruhe auf der Flucht nach Ägypten. 1593 Radierung. 21,3 x 26,2 cm Wurzbach 1; Burchard 4; Hollstein 4/II; TIB 53, pag. 330, Nr. 003 S2 Wasserzeichen: Wappen von Braunschweig-Lüneburg (ähnlich Briquet 1987 und 1989, datiert 1593 bzw. 1596)
Das unbestrittene Hauptblatt unter den gesamthaft nur sechs Radierungen des Künstlers, der ähnlich wie vielleicht nur B. Spranger, den fiebrig übersteigerten Manierismus des späten 16. Jahrhunderts gleichsam experimentell im zeichnerischen Duktus der Radierung auf die Kupferplatte zu bannen suchte. Superbes Exemplar von kaum zu überbietender Schönheit. In brillantem Tiefschwarz gedruckt, mit intensiven meist vertikal verlaufenden Polierspuren der offenbar nur unvollständig geglätteten Kupferplatte und darin unmittelbar vergleichbar dem einzigen Abzug des ersten Zustandes – vor der Verlegera dresse von Johannes Staterus – in Amsterdam. Zusammen mit dem prononcierten Plattenton dämpfen sie das Licht der tief stehenden Sonne besonders effektvoll namentlich im Schatten des über das knorrige Geäst eines B aumes geworfenen großen Tuches, unter dem sich die Heilige Familie niedergelassen hat, um das Jesuskind zu stillen. Mit bis zu 4 cm breiten Papierrändern, die links noch Spuren einer ehemaligen Heftung zeigen. Bis auf ein winziges Wurmlöchlein, unberührt, mit harmonischer, warmtoniger Papierpatina. The six etchings by Gerrit Pietersz, five of which are dated 1593, occur a unique place in late 16 th -century Dutch graphic art. They were made at a time when drudging printmakers in Goltzius’s workshop and elsewhere were producing very elaborate engravings that in execution were far removed from these freely rendered etchings. The free treatment is reminiscent of three etchings by Bartholomeus Spranger from around 1589, although the latter handling of line is far tauter. The etchings by Spranger and Pietersz exemplify the kind of work done by a painter as a means of exploring an unfamiliar technique. Given their scarcity, it is questionable whether such prints were ever printed in an edition of any magnitude. (G. Luijten)
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GIOVANNI BATTISTA PIR ANESI
1720 Venedig – Rom 1778
66 Sepolco di Metella detto Capo di Bove. Um 1748 Radierung. 13,5 x 27,1 cm Focillon 62; Hind pag. 76, Nr. 29; Salamon 22/II (von III); Wilton-Ely 124 Wasserzeichen: Schrift (Robison 78)
Blatt 20 der Folge >ALCUNE VEDUTE DI ARCHI TRIONFALI< Ausgezeichneter, leuchtend tiefschwarz gedruckter Abzug. Bereits mit der abgeänderten Nr. ‚22‘ (in brauner Tusche überschrieben mit der alten Nr. ‚20‘), aber vor der späteren Nummerierung ‚374d‘ bei deren Ausgabe von 1825/39 durch Firmin-Didot. Eine jener exquisite plates, based on sketches made during Piranesi’s travels in Italy, c. 1743–47… may be considered among the artist’s graphic masterpieces ( J. Wilton-Ely). Erstmals 1748 unter dem Titel >ANTICITA ROMANE DE’ TEMPI DELLA R EPUBLICA, E DE’ PRIMI IMPER ATORI< publiziert, erhielt sie nach dem Erscheinen der >ANTICITA ROMANE OPERA IMPERATORI DI GIANBATTISTA PIR ANESI…< 1756 den bis heute geläufigen Titel >ALCUNE VEDUTE…<. Mit schönen, 6 – 8 cm breiten Papierrändern um die in markantem Relief ganz unverpresst bewahrte Plattenkante. Taufrisch Gegenüber den Darstellungen der >PRIMA PARTE< von 1743 zeigen sich deutliche Veränderungen in Piranesis Radierstil: Sein Strichbild ist nach dem Venedigaufenthalt unter dem Einfluß Giovanni Battista Tiepolos leichter, freier und vielfältiger geworden. Die Wiedergabe von üppig wuchernder Natur ist nun unwiederbringlich mit der Dar stellung von Ruinen verbunden, ihr Verfall wird malerisch interpretiert. Noch ist es P iranesis Ziel, „Bilder“ wiederzugeben, die archäologische Dokumentation, wie später in den ANTICITA ROMANE [OPERA DI GIANBATTISTA PIRANESI] steht im Hintergrund. Auch ist nicht das isolierte Bauwerk Thema, sondern dessen Eingliederung in die Umgebung. Piranesis Blick geht in diesen Ansichten stets von einem niedrigen Augenpunkt aus, so daß die Ruinen hoch aufragen und damit Monumentalität verdeutlichen… Offenbar hat Piranesi ab 1748 gleichzeitig oder auch nach Abschluß dieser Folge, direkt damit begonnen, seine künstlerischen Vorstellungen von der Vedute ins Großformat zu übertragen und so den Grundstock zu einer Aufgabe gelegt, die ihn sein Leben lang in den VEDUTE DI ROMA begleitete. (C. Höper)
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GIOVANNI BATTISTA PIR ANESI
1720 Venedig – Rom 1778
67 Tempio detto volgarmte di Giano – Der Janusbogen und der Bogen der Geldwechsler. 1771 Radierung. 47,4 x 70,9 cm Hind 96/I (von IV) Wasserzeichen: Lilie im Doppelkreis
Prachtvoller Abzug des I. Zustandes vor den späteren Nummern. Mit bis zu 3 cm Papierrand um die Plattenkante. Die übliche Mittelfalte kaum in Erscheinung tretend, alt hinterlegt. Ein kleines Braunf leckchen links im H immel, sonst in ausgezeichneter Erhaltung. Large scale and dark handling lend this image its power and eeriness as do subtle distortions, like those of a wide-angle camera lens, in which receding orthogonal lines promise to converge nearer than seems natural. This distortion is most evident in the entablature of the Arch of the Moneychangers. The inhabitants of the scene also contribute to the spooky effect. All are alone. None engages our gaze, even though the figure at the lower right acknowledges our existence by directing our attention to the caption, which occupies his space like some ancient tablet… (A. G. Weinstein in: Ausst. Kat. >Piranesi. Rome recorded<, New York, Rom 1990, pag. 108)
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MARIA K ATHARINA PRESTEL
1739 Nürnberg – London 1794
68 Les Chanteurs rustiques. Um 1775 Nach J. A. Dietzsch
Radierung und Aquatinta und Lavisätzung. 35,3 x 27,1 cm Nagler ( J. T. Prestel) 21; Le Blanc ( J. T. Prestel) 109; nicht bei Weigel; Schwaighofer 15; Kiermeier-Debre/Vogel 2200a, b Provenienz: Fürsten zu Liechtenstein
Prachtvoller in Schwarz gedruckter Abzug. Mit feinem Rändchen um die Einfassung bzw. mit dem Titel sowie den Künstlerund Verlegeradressen im Unterrand. An den Rändern punktuell montiert auf der originalen Sammlungsunterlage der Fürsten zu Liechtenstein. Eines der ersten von Maria Katharina Prestel 1775 für den Verlag von J. G. Hertel in Aquatinta radierten Blätter nach Entwürfen von J. A. Dietzsch, der C. G. Murr zufolge, insbesondere wegen seiner lavierten Figurenstücke in holländischem Geschmack Berühmtheit erlangt hatte. Schwaighofer vermutete, daß Maria Katarina Höll vor ihrer Eheschließung mit J. T. Prestel Zeichenunterricht bei einer der Schwestern von Dietzsch erhielt und von daher ein enger Kontakt zu der Nürnberger Künstlerfamilie Dietzsch bestand. Nagler und Le Blanc schrieben die Komposition irrtümlich J. T. Prestel zu, vermutlich auf der Grundlage eines um den Unterrand beschnittenen Exemplares, wie es auch im Städel, Frankfurt vorliegt.
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REMBR ANDT HARMENSZOON VAN RIJN
1609 Leiden – Amsterdam 1669
69 Christus in Emmaus. 1654 Radierung. 21,2 x 16,0 cm Bartsch und Rovinski 87/II; Seidlitz 87/II (von IV); White-Boon 87/II (von III); Hind 282/II (von III); Biörklund-Barnard 54-H/II (von III); Hinterding-Rutgers 283/II (von V) Wasserzeichen: Fünfzackige Schellenkappe (Hinterding variante F. a.) Provenienz: D oublette der Kupferstichsammlung der königlichen Museen, Berlin (Lugt 1606 und Veräußerungsstempel 234)
Exzellenter Frühdruck der von Rembrandt mit der Kaltnadel intensiv überarbeiteten Komposition. Mit noch reichem Grat und delikatem Plattenton, der die kraftvollen Kontraste des Lineaments harmonisch in die luzide Atmosphäre einbindet. Gedruckt auf Papier mit dem von Hinterding speziell für die um 1645 gedruckten Exemplare erwähnten Schellenkappen-Wasserzeichen. Mit 5–8 mm Papierrand um die noch rauh zeichnende Plattenkante. Makellos frisch. Rembrandt hat sich in seinem druckgraphischen Werk zweimal mit dem Thema Christus in Emmaus auseinandergesetzt. Gegenüber der eher anekdotischen und informellen Konzeption der ersten Radierung von 1634 ist die hier vorliegende Komposition von 1654 charakterisiert durch viel ruhigere, geradezu feierliche Stimmung. In >Christ at Emmaus… Rembrandt combines the light of the day that lends credence to Christ’s physical resurrection with the light of divine revelation. The ritual of the Eucharist takes place in a stagelike setting in an upper room accessed by stairs in the immediate foreground. The figure of the curious innkeeper who pauses to look acts as an intermediary between the viewer’s everyday world and the sacred mystery of the symbolic transformation of bread and wine. (C. S. Ackley)
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REMBR ANDT HARMENSZOON VAN RIJN
1606 Leiden – Amsterdam 1669
70 Christus in Emmaus, klein. 1634 Radierung und Kaltnadel. 10,3 x 7,4 cm Bartsch, Rovinski, Seidlitz und White-Boon 88; Hind 121; Biörklund-Barnard 34-K; New Hollstein 129 Provenienz: J. Cantacuzène (Lugt 4030 Hotel Drouot, Auktion vom 4. bis 6. Juni 1969, Nr. 215
Rembrandts erste radierte Version des Emmaus-Themas in einem ganz ausgezeichneten, transparenten Abzug. Mit hauchfeinem Rändchen um die Plattenkante. Bis auf einen kleinen Leimspritzer und Reste alter Falze auf der Rückseite in tadelloser Erhaltung. The small 1634 etching is anecdotal and informal in conception, almost a vignette from everyday life. At left traveler’s stick and satchel lie on the floor and at right a mangy undernourished dog begs for scraps from the table, while one of the disciples slices meat. There is a sense of action interrupted: Christ grasps the loaf of bread vigorously, and, in an explosive burst of light, reveals himself to his followers’ startled eyes. The patterns of light and shadow are stark and dramatic in their contrasts. (C. S. Ackley)
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REMBR ANDT HARMENSZOON VAN RIJN
1606 Leiden – Amsterdam 1669
71 Der Kanal mit den Schwänen. 1650 Radierung und Kaltnadel. 8,3 x 10,8 cm Bartsch 235, Rovinski, Seidlitz und White-Boon 235/II; Hind 238/II; Biörklund-Barnard 50-A/II; New Hollstein 253/II Wassereichen: Straßburger Lilienwappen (Hinterding Variante H.a.) Provenienz: Deutsche Privatsammlung
Eines der radierten Landschaftscapricci vom Beginn der 50er Jahre, in denen sich Rembrandts intensive Beschäftigung mit italienischen Landschaftszeichnungen, etwa von Tizian, ihren markanten Niederschlag gefunden hat. Elemente der Gebirgslandschaft, wie sie Rembrandt aus eigener Anschauung nicht kannte, verschmelzen hier mit Komponenten aus dem vertrauten Umfeld des Künstlers zu stimmungsvollen Pantasielandschaften von gleichwohl durchaus niederländischem Charakter: For Rembrandt, however, the imaginary scenery provides the backdrop for a typically Dutch landscape, with a canal and polder. Rembrandt’s method of shading the water with parallel vertical lines also resembles that of Titian. (C. P. Schneider) Ausgezeichneter, nuancenreicher Abzug der durch Hinzufügung von zusätz lichen Strichlagen vorwiegend im Mittelgrund vollendeten Komposition. Die Kaltnadelarbeiten noch mit feinem Grat. Mit feinem Rändchen um die rauhe Plattenkante. Makellos frisch.
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KER-XAVIER ROUSSEL
1867 Lorry-lès-Metz – L’Étang-la-Ville 1944
72 La Source. Um 1900 Lithographie in fünf Farben gedruckt. 31,2 x 41,1 cm (Darstellung), 35,9 x 48,9 cm (Blattmaß) Heusinger 21; Salomon 20
Makellos farbfrisches Exemplar der luziden Komposition. Eines von 100 auf ‚chine volant‘ geduckten Exemplare. Vollrandig und unberührt. Tadellos. Die reizende bukolische Idylle, die den Betrachter in eine poetische Welt entführt, entstand im Auftrag von A. Vollard für eine 1897 geplante Folge von 12 Farblithographien von Roussel, die als 3. >Album des Peintre-Graveurs< publiziert werden sollte. Nachdem die beiden zuvor erschienenen Suiten von Bonnard und Vuillard aber nahezu unverkäuflich waren, sagte Vollard die Publikation kurzfristig ab. Sechs Kompositionen wurden um 1900 als >L’Album de Paysage< (Salomon 14–19) in einer Auflage von 100 Exemplaren von A. Clot, dem Meisterdrucker von Vollard, gedruckt, von fünf weiteren wurden nur 1–3 Probeabzüge genommen. >La Source< wurde als einzige separat in einer Auf lage von 100 Exemplaren publiziert. Sie blieben in der Regel unsigniert. Wie Mallarmés Gedicht „L’Après-midi d’un faune“ und dessen musikalische Umsetzung durch Debussy jeweils völlig neue und eigenständige Beschwörungen antikischer Thematik waren, in Form und Symbolik von kühner und zukunftweisender Originalität, so geschieht nicht anders die bildliche Evokation einer bukolischen Gestaltenwelt durch den Maler und Graphiker in neuen Formen und neuem Sinn. Mag sich Roussel selbst auf Mallarmé berufen haben, mag er Poussin, Delacroix, Corot, Puvis de Chavannes und ihre griechischen Urbilder immer wieder als Ahnen seiner Kunst genannt haben – er hat etwas anderes daraus gemacht als jene. Gewiss offenbart sich in diesen Szenen, darin Göttinnen und Götter, Nymphen und Eroten, dazu die anderen Gestalten der griechischen Mythologie in freundlichem Reigen erscheinen, die uralte Sehnsucht des Menschen nach einem sünden- und geschichtslosen Leben im schimmernden Lichte des Glücks. Als erster aber hat Roussel diese Sehnsucht ganz naiv ins Licht des gegenwärtigen Tages zu stellen gewagt. Und dies in wörtlichem Sinne. Spielte die Antike seiner großen und größeren Vorgänger im quasi historischen „Fabellichte“ der Entrückung oder Erhöhung…, so rückt Roussel seine Dianen und Grazien, seine Satyrn und Bacchanten ins helle Leuchten eines „alltäglichen“ Sonnenscheins, den Monet erst in seiner Schönheit entdeckt hatte… In seiner Druckgraphik kommen gewisse Eigenschaften seiner Kunst beinahe eindringlicher noch zum Ausdruck als in seiner Malerei: die Fähigkeit zur Andeutung, zum Leisen, eine Poesie aber auch des Melancholischen und gelegentlich sogar Düsteren… (G. Busch)
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JAKOB VAN RUISDAEL
1629 Haarlem 1682
73 Die drei Eichen. 1649 Radierung und Kaltnadel. 12,8 x 14,8 cm Dutuit 6/I (von II); Bradley, (Print Collectors Quarterly. Vol. VII, pag. 153ff); Keyes 5/I (von II); Hollstein 6/I (von II); Slive E9/I (von II) Wasserzeichen: Schellenkappe Provenienz: D uke of Portland Sotheby‘s, Auktion am 8.12.1972, Nr. 73 C. G. Boerner, Neue Lagerliste 62, 1973, Nr. 45 Deutsche Privatsammlung
Ein Markstein der europäischen Graphik. Das großartige Hauptwerk des Künstlers im eminent seltenen ersten Zustand. Das einzige von Slive erwähnte Exemplar in Privatbesitz neben den 4 bekannten Abzügen in öffentlichen Sammlungen. Herrlicher Frühdruck von ganz exquisiter Druckqualität. Die feine und erst unvollständig gerissene Einfassungslinie ist noch nicht verstärkt, die Schattierung der Bäume rechts im Hintergrund und diverse Überarbeitungen, sowie die Adresse von F. van Wyngaerde fehlen noch. Durch die Benutzung der kalten Nadel für das Laubwerk der Eichen erreichte der Künstler eine wunderbar modellierende, reiche plastische Wirkung. Die zarten horizontalen Wischspuren und der effektvoll eingesetzte Plattenton vermitteln den Eindruck räumlicher Dimension und pulsierender Atmosphäre. Auf der Plattenkante geschnitten. Mit vereinzelten schwachen Braunf leckchen und winzigen Bereibungen im Himmel und zwei geschlossene Randeinrißchen, sonst tadellos. Auf de Gheyn und Buytewech zurückgehend, stellt das kleine Œuvre Ruisdaels eine substantielle Neuformulierung und einen entscheidenden Wendepunkt in der Kunst der Landschaftsradierung dar. Es ist nach Hind und Bode nur mit den Meisterwerken von Hercules Seghers und Rembrandts >Landschaft mit den drei Bäumen< von 1643 vergleichbar.
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FERDINAND RUSCHEWEYH JULIUS THAETER
1785 Neustrelitz 1846 1804 Dresden – München 1870
74 Bilder zu Goethe’s Faust. 1813 – 25 Nach P. Cornelius
Folge von 12 Blättern. Kupferstich. 38,0 – 47,5 x 38,2 – 57,9 cm bzw. 44,0 – 51,5 x 36,8 – 41,0 cm Nagler (Ruscheweyh) 72 – 83 und (Thaeter) 13; Andresen (Ruscheweyh) 6; Bötticher (P. Cornelius) 28/I (von II); Ausst. Kat. >German Printmaking in the Age of Goethe<, London 1994, Nr. 117; P. Maisak, Ausst. Kat. >Goethes »Faust«<, Frankfurt/M. 2007, Nr. 47
The Masterpiece of the Nazarene revival of engraving. (A. Griffiths, F. Carrey) Komplette Folge von Titel, Widmungsblatt und 10 Illustrationen zu Goethes >Faust<, die Ruscheweyh und J. Thaeter nach den in Frankfurt und Rom entstandenen Federzeichnungen von P. Cornelius gestochen haben. Die schon von Nagler als bereits sehr selten geworden bezeichnete 1. Ausgabe von J. F, Wenner in Frankfurt, der 1816 mit der Lieferung von 2 Heften à 4 Blättern begann und nicht vor Ende 1817 weitere drei Blätter (>Gretchen kniend vor der Mater Dolorosa<, Valentins Tod< und >Faust bei Gretchen im Kerker<) folgen ließ. Sie sind sämtlich von F. Ruscheweyh in Rom gestochen. Erst 1825 wurde die Publikation mit dem von J. Thaeter gestochenen >Osterspaziergang< abgeschlossen. Vor der späteren von G. Reimer in Berlin besorgten Neuauf lage von 1845 und der Jubiläumsausgebe von 1916. Cornelius hatte von vornherein an eine Publikation in Kupferstichen gedacht, als er 1810 während eines Aufenthaltes in Frankfurt begann, sich im Geiste Dürers mit Illustrationen zu Goethes >Faust< zu beschäftigen, dessen erster Teil zwei Jahre zuvor in der endgültigen Fassung publiziert worden war. Einen wohlmeinenden Brief des Autors in Händen haltend, dem S. Boisserée fünf Zeichnungen zur Begutachtung vorgelegt hatte, konnte Cornelius noch vor seiner Abreise nach Rom J. F. Wenner in Frankfurt als Verleger gewinnen. F. Ruscheweyh, den führenden Stecher des Nazarenerkreises, lernte er erst in Rom kennen und wußte ihn gegen anfängliche Widerstände Wenners erfolgreich durchzusetzen. Streng in der Charakterisierung und erfüllt von dramatischer Kraft, gelten die von Ruscheweyh kongenial in klaren Linien gestochenen Faustillustrationen als eines der Meisterwerke von Cornelius, als ein eindrucksvolles Zeugnis des romantischen Strebens nach einer erneuerten Kunst. Mit ihrem Anspruch nach Reinheit des Stils und altmeisterlicher Sorg falt in der Ausführung können die Blätter als Inkunabeln der nazarenischen Zeichenkunst gelten. Sie sind Gedankenkunst, ihrem Entwurf liegt eine Konzeption zugrunde, die die normative Ästhetik des Klassizismus durch historisches Denken zu ersetzen wünscht. Gewiss suchen sie das »verlorene Paradies« eines intakt, identisch und sinnerfüllt verstandenen »deutschen Mittelalters« wiederzugewinnen, doch bleiben sie nicht auf dem Niveau historischer oder nationalistischer Tümelei stehen. Der Umgang mit einem neuen und schwierigen Potential an Vorbildern, die zu historischen Quellen werden, geschieht mit einer geistigen und künstlerischen Disziplin, die kaum ringt, nicht einfach verklärte Historie zu reproduzieren, sondern mit historischem Bewusstsein modern zu sein und aus der Geschichte der Gegenwart eine Identität zu finden. (M. Sonnabend)
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JAN SAENREDAM
Um 1565 Zaandam – Assendelft 1607
75 Die Geburt Christi. Um 1595 Nach H. Goltzius
Kupferstich. 14,1 x 27,3 cm Bartsch III, 94, 1; Hollstein (after Goltzius) 478; T.I.B. 3 commentary, pag. 342, Nr. 001; New Hollstein (Prints after inventions by Goltzius) 421 Provenienz: König Friedrich August von Sachsen (Lugt 971)
Prachtvoller, rußig tiefschwarzer Abzug von schönster Brillanz. Auf der Einfassung geschnitten bzw. mit hauchfeinem Rändchen darüber hinaus bzw. unten mit dem Vers von C. Schoneus. Tadellos. Bartsch verzeichnete den nur mit dem Goltzius-Monogramm als Inventor bezeichneten Kupferstich noch unter den anonymen Schülerarbeiten. Heute gilt das Blatt gemeinhin als das Werk von J. Saenredam, der um die Mitte der 1590er Jahre wieder intensiv mit seinem früheren Lehrmeister zusammenarbeitete und zahlreiche Entwürfe für ihn stach. Dem Stich liegt eine Zeichnung von Goltzius zugrunde (Reznicek pag. 247, Nr. 29), die 1594 entstand, als sich der Künstler - etwa in seinen Meisterstichen – in der Kunst der Aemulatio übte, d. h. seine virtuose Kunstfertigkeit in Nachahmung unterschiedlicher Stil-Modi oder Manieren der großen Meister des 16. Jahrhunderts unter Beweis zu stellen trachtete. Reznicek zufolge, beweist Goltzius in seiner Anbetung der Hirten von 1594 genaue Kenntnis der Kunst Federigo Zuccaros.
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JAN SAENREDAM
Um 1565 Zaandam – Assendelft 1607
76 Der Frühling. 1601 Nach H. Goltzius
Kupferstich. 22,0 x 16,1 cm cm Bartsch III, 247, 87; Hollstein 89/I-II (von IV); New Hollstein (Prints after inventions by Goltrzius) 680/I (von V) Wasserzeichen: Doppeladler Provenienz: T. Falkeisen & J. F. Huber (Lugt 1008)
Das bezaubernde erste Blatt der reizenden Jahreszeitenfolge mit Kinderpaaren, die Saenredam nach Entwürfen von seines Lehres H. Goltzius gestochen hat. Im Unterrand mit dem Vers von C. Schonaeus, der in deutscher Übersetzung lautet: Ich erquicke den Geist der Menschen, sowie die Vögel und die wilden Tiere. Alles findet Freude an der Zeit des blumenreichen Frühlings. Frühdruck vor allen späteren Adressen der verschiedenen Neuauf lagen der beliebten Komposition. Mit feinem Rändchen um die Plattenkante. Rückseitig Leimreste von der früheren Montage in einem Sammelband, sonst tadellos.
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ELISABETTA SIR ANI
1638 Bologna 1665
77 Die Heilige Familie mit dem Johannesknaben. 1659 Radierung. 16,4 x 13,5 cm Bartsch und Le Blanc 3; Bellini 3/II (von III) Provenienz: H. Dreux (Lugt 1302)
Superber Abzug. Rußig tiefschwarz im Lineament und von fast gratiger Wirkung in den Schattenpartien. Vor der späteren Adresse ‚G. Reni inv inc‘ links unten. Bellini konnte den Bartsch noch unbekannt gebliebenen ersten Etat, mit der Adresse ‚Elisabta. Sirani F 1659‘ nur in einem einzigen Exemplar in Bologna nach weisen. Meist mit hauchfeinem Rändchen um die Plattenkante, gelegentlich auf der selben geschnitten. Unberührt und makellos in der Erhaltung. E. Sirani gilt als one of the most talented of the many artists in Reni’s circle (R. Wallace). Obwohl erst drei Jahre vor Renis Tod geboren, wuchs sie als Tochter von A. Sirani, einem seiner engsten Mitarbeiter, sozusagen im unmittelbaren Dunstkreis des Meisters auf. Wie nahe sie ihrem großen Vorbild in der hier vorliegenden >Heiligen Familie mit dem Johannesknaben< gekommen ist, belegt die später in täuschender Absicht hinzugefügte Adresse von G. Reni. Das Motiv des schlafend sich an die Schulter der Mutter geschmiegten Jesuskindes ist zweifelsohne eine virtuose Paraphrase auf dessen Radierung >Madonna mit Kind in einem Rondo< (Batsch 2), die, wie kaum eine andere Darstellung im druckgraphischen Werk des Künstlers, g roße Popularität erlangte. Die Komposition existiert auch als Gemälde (Pinacoteca Nationale, Bologna), wobei ungeklärt ist, ob es von Elisabetta selbst oder ihrer jüngeren, ebenfalls durch den Vater ausgebildeten Schwester Barbara gemalt wurde.
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ELISABETTA SIR ANI
1638 Bologna 1665
78 Die Rast auf der Flucht nach Ägypten. Um 1650 – 60 Radierung. 16,2 x 17,6 cm Bartsch und Le Blanc und Bellini 4 Provenienz: A. Boerner (Lugt 270)
Ganz ausgezeichneter, fein nuancierter Abzug der wie einer Federskizze mit der ‚schnellen‘ Nadel radierten Komposition. Mit feinem Rändchen um die Plattenkante. Mit schöner Papierpatina. E. Sirani hat sich in ihrem schmalen, nur 12 Blätter umfassenden druckgraphischen Werk zweimal mit dem Sujet der >Rast auf der Flucht nach Ägypten< aus einandergesetzt. Während der Heilige Joseph bei der zweiten Komposition (B. 5) als gleichsam Unbeteiligter in einem Buch liest, solange Maria das Kind stillt, scheint er hier unmittelbar miteinbezogen in das Geschehen. Sein Blick ist liebevoll auf das auf dem Schoß der Mutter mit allen Gliedmaßen wild gestikulierende Jesuskind gerichtet und er streckt seine linke Hand aus, als wolle er das Kind beruhigen oder auch liebkosen. Virtuos nutzt Sirani hier die Effekte der Stufenätzung um räumliche Tiefe zu suggerieren. Die Figur des Joseph neben der Palme ist deutlich schwächer geätzt als die am knorrigen Baumstamm lehnende Maria mit dem Kind oder gar die vorderste Bodenwelle rechts. Obwohl durch den Vater A. Sirani ganz in der klassischen Tradition G. Renis geschult, entwickelte die Künstlerin in ihren Kompositionen mitunter, wie hier, einen gesteigerten emotionalen Ausdruck und arbeitete mit intensiveren K ontrasten von Licht und Schatten. Insofern scheint sie S. Cantarini fast näher zu stehen als dem Meister. Her two etchings of the Rest on the Flight into Egypt generally resemble Cantarini’s in their freedom and sketchiness. Like Cantarini, Sirani sometimes used staged biting to separate lightly bitten backgrounds from more strongly bitten foregrounds. (B. Wallace)
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JAN SMEES
Nachweisbar ab 1705, tätig in Amsterdam bis 1729
79 Italienische Landschaft mit verfallenen Häusern an einem Flußufer. Um 1710 Radierung. 13,8 x 21,4 cm Bartsch und Nagler 2 Provenienz: Dr. W. Ackermann (Lugt 791)
Eine von nur fünf bekannten Radierungen des Künstlers, die von Bartsch mit d’une pointe legère et, en plusieurs endoits, spirituelle beschrieben werden und die deswegen im Handel in gutem Werte stehen (Nagler). Ganz vorzüglicher, tiefschwarzer Abzug, bei dem die für die Strukturierung der Kompositionen von Smees so wichtigen, nur ganz schwach geätzten Linien im Hintergrund sehr schön zur Geltung kommen. Mit feinem Papierrändchen um die Plattenkante. Makellos. Von großer Seltenheit, wie alle Blätter des Künstlers.
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ANDREAS STOCK
Um 1580 Antwerpen – Den Haag um 1648
80 Landschaft mit dem Sturz des Ikarus. Um 1610 Nach J. de Gheyn II
Radierung und Kupferstich. 11,0 x 17,6 cm Wurzbach 250; Hollstein (de Gheyn II) 288; New Hollstein (The de Gheyn Family) 217 Wasserzeichen: D rei Wappen zwischen Löwen unter einer Krone im Oval (W. F. Tschudin, The Ancient Paper-Mills of Basle and their Marks, Hilversum 1958, Nr. 399, datiert 1607 und J. Lindt, The Paper-Mills of Berne and their Watermarks. Hilversum 1964, Nr. 509, datiert 1600–1609) Provenienz: C. W. von Blücher (Lugt 2710)
Superber Frühdruck der ersten Ausgabe durch N. de Clerck in Delft, belegt durch die exquistite Druckqualität und das frühe Wasserzeichen. Vor der späteren Neuauf lage durch H. Hondius, der die Platten 1623 aus dem Nachlaß de Clercks erwarb. Mit feinem Rändchen um die partiell rauh zeichnende Plattenkante. Unberührt. Die Landschaft mit dem Sturz des Ikarus gehört zu einer außerordentlich seltenen Folge von sechs Landschaften nach Entwürfen von J. de Gheyn. Dem Meister früher selbst zugeschrieben, gelten die mit dem Grabstichel intensiv überar beiteten Radierungen heute, einem – Hinweis Mariettes folgend – gemeinhin als Arbeiten seines Schülers A. Stock. Im Stil sind sie den Berglandschaften des Goltzius sehr verwandt und gehen z. T. auf die phantastischen Gestaltungen der Brueghelzeit zurück, z.T. schließen sie aber auch an die jüngere Entwicklung etwa bei Coninxlo an oder an Abraham Bloemaert… (K. Oberhuber)
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FÉLIX VALLOTON
1865 Lausanne – Paris 1925
81 Die Liebhaber der Druckgraphik. 1892 Holzschnitt. 18,7 x 25,3 cm (Blattgröße: 25,3 x 32,6 cm) Valloton-Goerg 107/c (von d) Im reinen Schwarz-Weiß-Kontrast ohne Zwischentöne aufgebaute Komposition. Sie wurde von Edmond Sagot als Visitenkarte seiner in der Rue Guénégaud gelegenen Galerie 1892 in Auftrag gegeben, um sie kostenlos an seine Kunden zu verteilen. Sehr schöner Abdruck, vor der späteren, im Papierformat verkleinerten Fassung, die immer gefaltet war und einen rückseitigen Text trägt. Als Hinweis auf die neue Galerieadresse versah man das vorliegende Exemplar rechts oben mit einem violetten Stempel: ‚ACTUELLEMENT 39bis, Rue de Chateaudun, 39bis‘. Eine Variante, die in der Literatur bislang unerwähnt blieb. Normalerweise ist sie erst auf der zu späterer Zeit angefertigten, im Maßstab verkleinerten Photo-Reproduktion zu sehen. Auf crème-farbenem Velinpapier, wie von Valloton-Goerg speziell erwähnt. Im Randbereich zwei kaum sichtbare Hinterlegungen, sowie eine diagonale Knickspur über die linke untere Ecke. Unbeschnitten.
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FR ANZ EDMUND WEIROTTER
1733 Innsbruck – Wien 1771
82 Zwei Landschaften – Landschaft mit der Hütte am Wasser – Figurengruppe in weiter Landschaft/Zwei Männer an der Furt.
1760
7 Blätter. Radierung. 21,4 x 15,6 bzw. 15,1 x 15,3 und 5,9 x 15,1 cm Winterberg 57 und 210 Provenienz: Fürsten zu Liechtenstein
Hochinteressante Zusammenstellung von sieben bis anhin größtenteils unbeschriebenen Zustandsdrucken, die es möglich machen, die von Winterberg vorgeschlagene Abfolge der Zustände neu zu ordnen. Sie belegen eindrucksvoll die tastende Arbeitsweise des jungen Künstlers bei der Entwicklung von zwei rembrandtesken Landschaftskompositionen: A Die ungeteilte Platte (21,4 x 15,6 cm) In einem ersten Arbeitsschritt wird auf der unteren Hälfte der hochrechteckigen Kupferplatte die >Landschaft mit der Hütte am Wasser< radiert, wobei der Himmel noch gänzlich frei bleibt. Unten in der Mitte, etwa 0,7 mm über der Plattenkante bezeichnet in Spiegelschrift: F. Weirotter. Am oberen Rand sind die Anfänge einer partiell mit der Kaltnadel nur skizzenhaft radierten zweiten, auf dem Kopf stehenden Landschaft zu erkennen. (Zustand A.I) Die obere Darstellung mit einer Figurengruppe und einer Hingtergrundslandschaft erweitert. (Zustand A.II = Winterberg 57/57a Probedruck) Die obere Darstellung völlig ausgeschliffen und neu angelegt als Landschaft mit zwei Männern an einer Furt. (Zustand: A.III)
B Nach der Teilung der Platte in a: 6,1 x 15,6 cm und b: 15,3 x 15,6 cm Die ehemals obere Darstellung noch unverändert (Zustand B.a.I) Die ehemals obere Landschaft ergänzt um einen bewölkten Himmel und mit einer Einfassungslinie versehen. Im Unterrand bezeichnet; F. E. Weirotter f (Zustand B.a.II) Die ehemals obere Landschaft überarbeitet mit zusätzlichen Strichlagen namentlich in den Bergkonturen im Hintergrund links und rechts. Im Oberrand bezeichnet links: mit dem Buchstaben ‚a‘, rechts mit der Nummer ‚12‘ der >Suite de XVIII Paysages…<. (Zusand B.a.III = Winterberg 210) Die ehemals untere Darstellung mit Einfassung und dunkeln Wolken links und am oberen Rand. (Zustand B.b.I) Die Wolken mit der Kaltnadel überarbeitet und vergrößert. (Zustand B.b.II) Die Wolken rechts partiell wieder auspoliert. (Zustand B.b.III = Winterberg 57,I) Im Unterrand mit der Bezeichnung F. E. Weirotter fecit, oben im Rand rechts der Buchstabe a und links die Nummer ‚11‘ der >XII Vues de la Normandie<. (Zustand B.b.IV = Winterberg 57,II)
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82
FR ANZ EDMUND WEIROTTER
1733 Innsbruck – Wien 1771
83 Zwei Landschaften – Die Hütte unter den großen Bäumen – Küstenlandschaft mit vorbeiziehender Militärkolonne. 1760 7 Blätter. Radierung. 21,0 x 15,8 bzw. 14,6 x 15,4 und 5,8 x 15,5 cm Winterberg 58 und 209 Provenienz: Fürsten zu Liechtenstein
Hochinteressante Zusammenstellung von sieben bis anhin größtenteils unbeschriebenen Zustandsdrucken, die es möglich machen, die von Winterberg vorgeschlagene Abfolge der Zustände neu zu ordnen. Sie belegen eindrucksvoll die tastende Arbeitsweise des jungen Künstlers bei der Entwicklung von zwei rembrandtesken Landschaftskompositionen: A Die ungeteilte Platte (21,0 x 15,8 cm) Auf der unteren Hälfte der hochrechteckigen Kupferplatte >Die Hütte unter den großen Bäumen< radiert ohne Himmel. Am rechten Rand in der Mitte bezeichnet Weirotter. Vor der oberen Darstellung. (Zustand A.I) Die obere Darstellung hinzugefügt ohne Himmel. Mit der spiegelbildlichen S ignatur F E Weirotter. (Zustand A.II) Die Kontur des zentralen Baumes unmittelbar neben der Hütte oben in der Mitte bereinigt und rechts gefiederte Zweige auspoliert. (Zustand: A.III = Winterberg 58/209 Probedruck) B Nach der Teilung der Platte in a: 6,0 x 15,8 cm und b: 15,0 x 15,8 cm Die ehemals obere Darstellung noch unverändert (Zustand B.a.I) Die ehemals obere Landschaft mit einem Himmel versehen, seitlich minimal ergänzt, die Böschung links schraffiert. Eine Einfassungslinie hinzugefügt. Noch mit der Signatur links unten. (Zustand B.a.II = Winterberg 109,I) Die Signatur links unten entfernt. Im Unterrand neu bezeichnet: ‚F. E. Weirotter f. Oben rechts der Bucstabe ‚a‘, sowie links die Nummer ‚11‘ >Suite de XVIII P aysages…<. (Zusand B.a.III = Winterberg 209,II) Die ehemals untere Darstellung noch unverändert. (Zustand B.b.I) Die ehemals untere Darstellung mit einem dunkeln Himmel versehen, partiell unter Verwendung der Kaltnadel. Aus dem Schornstein steigt nun Rauch auf. Die Stämme des Gehölzes links hinter dem abgestorbenen Baumstumpf rechts stärker schattiert. Die unteren Ecken der Komposition ergänzt. Mit der Ein fassungslinie (Zustand B.b.II) Die Wolken durch Polieren partiell wieder aufgehellt namentlich über dem Strauch am linken Rand, sowie oberhalb der Signatur rechts. Der Qualm ist intensiviert. (Zustand B.b.III = Winterberg 58,I) Im Unterrand mit der Bezeichnung F. E. Weirotter fecit, oben im Rand rechts der Buchstabe a und links die Nummer ‚12‘ der >XII Vues de la Normandie<. (Zustand B.b.IV = Winterberg 57,II)
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B.a. I
A. I
B.b. I
A. II
B.b. II
B.a. II
B.b. III 83
CONTE ANTONIO MARIA ZANETTI
1680 Venedig 1767
84 Schwebender Genius. 1722 Nach F. Parmigianino
Clair-obscur-Holzschnitt von drei Blöcken. 15,5 x 7,9 cm Bartsch XII, pag. 167, Nr. 15; T.I.B. 48, pag. 280, Nr. 15
Prachtvoller Abzug, in der reizvollen Farbkombination von hellem Ocker, Anthrazit und Graublau. Das Weiß des unverbraucht frischen Papiers tritt in den wenigen Aussparungen des ockerfarbenen Druckstocks effektvoll als Höhungen in Erscheinung. Mit hauchfeinem Rändchen um die Einfassungslinie, die partiell von einem feinen, aufgemalten Gold-Filet überdeckt ist. Makellos und vor allem hinsichtlich der Farben von schönster Frische und Brillanz. Die Komposition gehört zu den frühen Clair-obscur-Holzschnitten des Künstlers. Sie entstand nach der Rückkehr Zanettis von seiner zweijährigen >Grand Tour<, die ihn über Paris 1720 nach London geführt hatte. Die Gruppe von 130 Zeichnungen Parmigianinos, die er dort aus der Sammlung des Earl of Arundel erwerben konnte, wurden für ihn ein unerschöpf licher Quell der Inspiration. Sie regten ihn an, sich intensiv mit den italienischen Chiaroscuro-Holzschnitten des 16. Jahr hunderts zu beschäftigen, für die sie mitunter einst als Vorlagen entstanden waren. Für seine eigenen virtuosen Reproduktionen belebte Zanetti die Technik glanzvoll neu.
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VERZEICHNIS DER KÜNSTLER A. Allen 1 A. Andreani 25 Anonym Deutsch 2 Anonym Niederländisch 3, 4 H. Baldung Grien 5, 6 F. Barocci 7 C. Bega 8 H. S. Beham 9 S. della Bella 10 W. van Bemmel 11 J. de Bisschop 12 F. Bol 13 F. Bonvin 14 B. Breenbergh -› 12 R. Bresdin 15, 16 F.-H. Buhot 17 H. Burgkmair 18 W. Buytewech 19 M. de Bye 20 J. Callot 21– 24 A. Canal gen. Canaletto 25 Ag. Caracci -› 3 U. da Carpi 26 G. B. Castiglione 27–30 P. Cornelius -› 74 J. A. Dietzsch -› 68 A. Dürer 31–36 A. Elsheimer -› 42 G. P. Ermels 37 G. Gandolfi 39 C. Gellée gen. Le Lorrain 40 J. de Gheyn -› 80 H. Goltzius 41 H. Goltzius -› 3, 4, 58, 75, 76 H. Goudt 42
Katalogbearbeitung: Michael Weis
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L. Haach 43 N. W. van Haeften 44 W. Hogarth 45 W. Hollar 46, 47 M. Kellerkoven 48 J. A. Koch 49 C. A. Lebschée 50 J.-L. Legeay 51 M. Lorck 52 J. Matham 53 F. A. Maulbertsch 54 C. Meryon 55–57 J. Harmenz. Muller 58 F. Nadorp 59 J. van Ossenbeeck 60 A. van Ostade 61–63 C. de Passe 64 J. Pillement -› 1 G. B. Piranesi 66, 67 M. K. Prestel 68 Raphael -› 26 Rembrandt 69–71 K.-X. Roussel 72 J. van Ruisdael 73 F. Ruscheweyh 74 J. Saenredam 75 C. van Sichem -› 4 E. Sirani 77–78 J. Smees 79 A. Stock 80 J. Thaeter 74 F. Valloton 81 F. E. Weirotter 82, 83 A. M. Zanetti 84
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P. S. Rumbler
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H. H. RUMBLER