Das Orgelkonzert ist im Wesentlichen geistliche Musik, aus verschiedenen Wurzeln hervorgegangen. In England spielte Händel derartige Werke als Einlagen in seinen Oratorien, J. S. Bach stellt mehrmals ausgedehnte „Sinfonien" mit Orgelsolo an den Anfang seiner Kantaten die integraler Bestandteil eines evangelischen Gottesdienstes an besonders markanten Festen waren. Im mitteleuropäisch-katholischen Raum entsteht das Orgelkonzert in der Zeit des Überganges vom Barock zur Klassik. Hier ist es wohl ein neues, auch dem Weltlichen eine weite Dimension im religiösen Bereich einräumendes Lebensgefühl, das den Wunsch aufkommen ließ, das schon voll entwickelte Instrumentalkonzert auch der liturgischen Musik zugänglich zu machen. Die hier eingespielten Werke Haydns und Zechners sind dafür ein schönes Beispiel. Es ist historisch verständlich, dass Werke dieser Art in den puritanischen Zeiten der Romantik und auch noch unseres Jahrhunderts als „unkirchlich" galten und man zumal Haydns gesamte Kirchenmusik sehr kritisch beurteilte. Seine Orgelkonzerte hielt man zudem lange für Klavierkonzerte und anhand dieses Missverständnisses glaubte man auch Mozarts Überlegenheit dem älteren Meister gegenüber am schlüssigsten beweisen zu können. In der Tat haben diese Werke aber eine ganz andere Funktion, nämlich eine liturgische. Sie wurden meist zum Offertorium gespielt. Haydn hatte schon in Wien einige Orgelkonzerte komponiert und später dann noch als Hofkapellmeister in Eisenstadt, wo er auch die Orgel bei den fürstlichen Hochämtern zu spielen hatte. Johann Georg Zechner, in der Oststeier-mark geboren und in Stein an der Donau in Niederösterreich verstorben, ist heute vergessen. Zu seinen Lebzeiten waren aber seine Werke in allen Gebieten der einstigen habsburgischen Länder sehr verbreitet und dies zu Recht: sie vereinigen auf interessante Weise die Konzertprinzipien der Italiener, zumal Vivaldis, mit den neu sich entwickelnden Stilprinzipien der österreichischen Vorklassik. Überhaupt waren die heute so bezeichneten Kleinmeister komponierende Organisten oder Ordensleute - wichtige Vermittler „internationaler" Musik, die sie eifrig abschrieben und spielten. Haydns und Zechners Werke sind schon in zeitgenössischen Ausgaben auch als „Cembalokonzerte" bezeichnet, was später eben zu Missverständnissen geführt hat. Wegen ihres im Vergleich zum Cembalo kleineren Tonumfanges sind sie eindeutig für die Orgel gedacht, doch stand ihrer Transferierung in den weltlichen Bereich des Cembalokonzertes prinzipiell nichts im Wege. Diese inhaltliche Zweigleisigkeit ist für das Verständnis dieser Werke wichtig, die in einer Zeit entstanden, in der die Leute einerseits viel Geduld für die Feier der Messe aufbrachten und andererseits das religiöse Empfinden so aufgeschlossen war, dass das Göttliche in der Welt genauso seinen Platz hatte wie die Welt im Göttlichen. Rigoroser scheint hier schon der aus dem Allgäu stammende Joseph Anton Auffmann, der seine Konzerte expressis verbis und ausschließlich der Orgel zuweist. Diese Strenge mag durch ein Nahverhältnis zu den Jesuiten bzw. zum Schweizer Bistum Pruntrut erklärbar sein. Auffmanns Musik ist besonders schlicht gehalten, auch in der Festlichkeit des Finales, doch ergibt die colla parte Führung von Orgel und Orchester oft besonders aparte Klangreize. Alle Möglichkeiten des Klanges nützt J. Chr. Bach in seinem Konzert aus. Mit den bescheidenen Mitteln eines sehr reduzierten Orchesters und der Orgel gelingen ihm Passagen von berückender, sinnlicher Schönheit. Dies mag wohl auch Mozart beeindruckt haben, der den jüngsten Bachsohn in London gehört hat und von ihm nachhaltig beeinflusst wurde. Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Konzert um Bachs eigene Bearbeitung eines viel früher entstandenen Klavierkonzertes, wobei der Solopart der Orgel angepasst und das Orchester auf ein Minimum an Mitwirkenden beschränkt wurde. Eine besondere Facette des Orgelkonzertes und der katholischen Kirchenmusik überhaupt ist die Pastorella. Die Feier der Weihnachtsliturgie wurde von alters her musikalisch besonders gestaltet, wobei das volkstümliche Element -in Anbetracht der Tatsache, dass einfache Hirten die ersten Zeugen des Weihnachtswunders waren - eine wichtige und einzigartige Rolle spielte. Sind es bei Vivaldi, Händel und teilweise auch bei Bach die „Sizilianismen", so vereinigen sich bei G. J. Werner, Haydns Vorgänger als esterhäzyschem Hofkapellmeister, die Folklorismen der vielen in Ostösterreich und Ungarn lebenden Nationen zu einem bunten musikalischen Bild. Die weihnachtlichen Hirtenweisen Bayerns prägen dann auch die Pastorella des im Stift Prüfening bei Regensburg tätigen Fr. Marianus Königsperger. Die kunstvolle Schlichtheit, klangliche Differenziertheit und Unmittelbarkeit der hier eingespielten Werke ist in summa ein schönes Dokument für das Bemühen einer Epoche, auf vielfältige Weise aber aus gleicher Überzeugung einen Beitrag zum Lob Gottes zu leisten. Dr. Johannes Leopold Mayer