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Gerhard Klemm

… sie fingen an fröhlich zu sein 17 Predigten, die unser Leben verändern können

LEUCHTER

EDITION

Leuchter Edition · Erzhausen


2. erweiterte Auflage 2001 © Gerhard Klemm 2-2200 Gordon Dr. Kelowna, B.C. V1Y 8T7 Kanada ISBN 3-87482-232-X Graphische Gestaltung: Dr. Stefan Sos Gesamtherstellung: Schönbach-Druck GmbH


Inhaltsverzeichnis Nicht zu Ende gedacht . . . . . . . . . Heilsgewissheit . . . . . . . . . . . . . . Gottes ausgestreckte Hand . . . . . . … sie fingen an fröhlich zu sein . . Eine unretuschierte Aufnahme . . . . Barrikaden auf dem Weg zur Hölle Ich elender Mensch . . . . . . . . . . . … zum Bilde Gottes schuf er ihn . Gewaschen im Blute des Lammes . Greuel der Verwüstung . . . . . . . . . Der gute Hirte . . . . . . . . . . . . . . Biblische Prophetie . . . . . . . . . . . Reich, religiös, aber unzufrieden . . Drei Schritte zum Gotterleben . . . . Drei Sklaven . . . . . . . . . . . . . . . Kein Zutritt . . . . . . . . . . . . . . . . Buße und Taufe . . . . . . . . . . . . . Buße und Bekehrung . . . . . . . . . . Biblische Gemeinde . . . . . . . . . . . Hilfen zur Erkenntnis . . . . . . . . . . Zitate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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esus trug ein Gleichnis vor: „Eines reichen Mannes Land hatte reichlich getragen. Da überlegte er bei sich: ,Was soll ich tun? Ich habe nicht genug Raum, um meine Ernte darin aufspeichern zu können.‘ Und er sagte weiter zu sich: ,Das will ich tun, ich werde meine alten Scheunen niederreißen und größere bauen; darin will ich all mein Getreide und meine Vorräte aufspeichern. Zu meiner Seele will ich sagen: ,Seele, du hast eine Menge Vorräte liegen auf viele Jahre; ruh dich aus, iss und trink und lass es dir wohl sein!‘ Doch da sprach Gott zu ihm: ,Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben von dir fordern; was du aufgespeichert hast, für wen wird es sein?‘ So ergeht es dem, der Schätze sammelt für sich und nicht reich ist vor Gott.“ Lukas 12,16-21

Nicht zu Ende gedacht Wir sind Menschen, und als solche machen wir Fehler. Wie sagt man so schön? Nobody is perfect. Doch wir müssen uns über Folgendes im Klaren sein: Fehler können verschiedene Folgen haben. Harmlose Fehler haben geringe Folgen. Kleine Fehler haben erträgliche Folgen. Große Fehler haben enorme Folgen, verheerende Fehler haben katastrophale Folgen. Und last not least: es gibt tödliche Fehler. Sicher weiß jeder seine Fehler in irgendeine dieser Kategorien einzureihen, weil er sich in seinen Fehlern auskennt. In dem angegebenen Text lesen wir von einem erfolgreichen Landwirt, der einen tödlichen Fehler begangen hatte. Er ließ sein Leben Revue passieren und zog daraus seine persönlichen Schlüsse. Er hatte sich Gedanken über sein zukünftiges Leben gemacht, was ja nicht verkehrt ist. Er hatte nachgedacht – was eine Reihe von Menschen in ihrem Leben nicht tun. Aber er hatte einen tödlichen Fehler be7


gangen, nämlich: nicht zu Ende gedacht. Der Herr Jesus – der dies Beispiel erzählt hat – schildert es deshalb, damit wir nicht denselben Fehler begehen. Damit es nicht auch in unserm Leben einmal heißt wie bei diesem erfolgreichen Landwirt: „Du Narr, heute Nacht noch werde ich dein Leben von dir fordern, wie hast du dich darauf vorbereitet?“ Was aber hatte der gute Mann übersehen?

Er übersah die nahe Ewigkeit Dieser Landwirt muss überaus fleißig gewesen sein. Seine Äcker muss er entsprechend bearbeitet, den richtigen Samen zur richtigen Zeit auf den richtigen Acker gesät, alles gut kontrolliert und gepflegt haben. Von nichts kommt nichts, Gott unterstützt keine Faulheit. So konnte er auf eine Superernte blicken, machte nun seine Pläne und bereitete sich auf einen netten Lebensabend, ohne große Sorgen und Probleme, vor. Er sagte zu sich: „Liebe Seele, wir haben einen großen Vorrat auf viele Jahre …“ Viele Jahre? Woher wusste er, das es viele Jahre werden? Wer hatte ihm das in Aussicht gestellt? In Hamburg, auf der Reeperbahn, habe ich vor Jahren in den Türpfosten der Eingangstür zweier Kneipen folgende eingeschnitzte Sprüche gelesen: „Alte müssen sterben, Junge können sterben.“ Und der andere Spruch lautete: „Stirbt einer von den Alten, heißt es: der Schnaps hat ihn erhalten. Hat es von den Jungen einen getroffen, heißt es: Er hat sich totgesoffen.“ Selbst auf der Reeperbahn weiß man: Leben ist nicht kalkulierbar. In Verden an der Aller verkaufte ein Mann sein Geschäft, mit einem gewissen Gewinn. Er war 65 Jahre alt geworden. Jetzt wollte er Ruhe haben und seinen Lebensabend genießen. Nachdem die Verträge unter Dach und Fach waren, sagte er zu seiner Frau: „So Mutter, jetzt geh ich in den Keller und hole uns eine Flasche Sekt rauf. Wir haben hart gearbeitet, wir haben uns das redlich verdient. Bereite du schon mal alles dafür vor.“ Sagt es und geht in den Keller. Es dauerte lange, darum ging seine Frau hinterher, nur um nachzuschauen. Sie fand ihren Mann tot auf dem Kellerboden 8


liegen. Alte müssen oder können sterben. Ist man mit 65 Jahren bereits alt? In Bremen, auf dem Waller Friedhof, hatte ich eine Beerdigung durchzuführen. In der Friedhofskapelle lässt man einem dafür kaum 30 Minuten Zeit, weil ja schon die nächste Beerdigung vorbereitet werden muss. Jede Stunde eine Beerdigung. Nach zwanzig Minuten kam ich vom Grab zurück, um aus der Sakristei der Friedhofskapelle meinen Mantel und meine Aktentasche zu holen. Betroffen blieb ich in der Kapelle stehen. Da waren bereits fünf Särge aufgebahrt: Zwei für Erwachsene und drei weiße Kindersärge in verschiedenen Größen. In der Zeitung war später zu lesen: Eine ganze Familie – die auf Urlaubsreise in den Süden gewesen war – sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Sicher hatte man für diesen Urlaub hart gearbeitet und gespart und ihn sich fraglos auch verdient. Die Kinder hatten sich auf die Reise und den Urlaub gefreut. Es kam aber anders, als sie gedacht und geplant hatten. Ich weiß nicht, ob diese Familie auch für die Ewigkeit geplant und dementsprechende Vorbereitungen getroffen hatte. Was ist wohl geschehen, als sie ihrem Schöpfer begegnet sind? Zu dem Mann in unserem Bibeltext hatte Gott gesagt: „… heute Nacht wird deine Seele von dir gefordert …“ Niemand weiß Zeit und Stunde. Es heißt immer bereit zu sein. Was hatte der reiche Bauer noch übersehen?

Er übersah seine innere Armut Erfolg und Besitz können schon faszinieren, besonders bei Menschen, die sehr schnell zu viel Geld gekommen sind. Die sogenannten Neureichen. Wer hat sie nicht schon kennen gelernt. Sie prahlen mit dem, was sie haben. Sie geben an und wissen oft nicht, dass sie nur Verwalter dieser ihnen anvertrauten Güter sind. Ob ich in meinem Leben reiche Menschen oder Millionäre kennen gelernt habe? Ja, das können Sie mir glauben. Einigen war bewusst, dass sie mit ihrem Geld verantwortlich umgehen müssen, sie haben sich entsprechend verhalten. Sie haben Waisenhäuser, Behindertenheime und Schulen in Ländern der Dritten Welt bauen lassen und diese Unternehmen allein finanziert. Sie hatten ein Herz voller 9


Liebe und Erbarmen für die Armen und für das Reich Gottes. Aber ich habe auch andere kennen gelernt: Millionäre, die ihr Vermögen bewachten wie ein Löwe seine Beute. Nur nichts hergeben, und wenn’s denn sein muss, um das Gesicht nicht zu verlieren – dann so wenig wie nur möglich. Da ich auch als Missionar tätig war und kein festes Einkommen hatte, haben mich einige reiche Freunde unterstützt, was ich ihnen nie vergessen werde; und der Vater im Himmel schon gar nicht. Einen Millionär kannte ich, der spekulierte gerne an der Börse, weil er sich gute Geschäfte davon versprach. Mit ihm habe ich mehrmals gebetet, weil er mich darum bat. Er hatte eine sehr große Summe verloren und versprach mir jedes Mal, meine Missionsarbeit zu unterstützen, wenn er das Geld zurückgewinnen würde. Er bekam es nicht zurück. Ich erhielt ganze 100,00 DM für die Mission. Ein Sprichwort sagt: „Was wir Gott nicht geben, frisst der Teufel.“ Wie wahr das doch ist. Wie Menschen, denen Gott Geldmittel anvertraut hat, einmal vor Gott bestehen wollen, ist mir schleierhaft. Ich habe Angst um sie. Diese Menschen tun mir Leid, denn sie haben Gott bestohlen. Das gilt auch für Menschen, die keine Millionäre sind. Deshalb sagt die Bibel: „Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr, als dass ein Reicher eingeht ins Himmelreich Gottes.“ Wahrer Reichtum ist Friede mit Gott, Heilsgewissheit und Vergebung der Sünden. Wer so nicht reich in Gott ist, der ist arm, mit all seinem Reichtum.

Er übersah, dass Gott ihn sah Gott kennt uns bei Namen, Er weiß unsere Adresse. Stadt, Straße und Hausnummer. Selbst das Stockwerk kennt Er. Nur wir wollen das nicht wahrhaben. Vor mehreren Jahren wurde ich als Evangelist zu einer Reihe von Vorträgen drei Wochen lang nach Frankfurt eingeladen. Es war eine Zeltmission, und das Zelt stand am Mainufer. Nun bin ich ein Typ, der nicht nur im Büro sitzt, dort betet und Predigten vorbereitet. Sondern ich muss auf die Straße, um dort mit Menschen zu sprechen. Am Puls der Zeit sozusagen, immer am Ball bleiben, um die Sprache der Menschen auf der Straße zu verstehen. Mit einer 10


Anzahl von Handzetteln und Einladungen machte ich mich auf den Weg. Am Mainufer sah ich einen Mann so um die vierzig, der, auf einen Zaun gestützt, das Treiben auf dem Main beobachtete. An ihn trat ich heran und gab ihm eine Einladung. Er erkundigte sich, wofür das gut sei. Ich erzählte ihm kurz von Gott und seiner Liebe. Wie geistesabwesend hörte er mir zu und sagte kein Wort. Erst schaute er mich von oben bis unten an, dann ließ er seinen Blick zum Himmel und in die Umgebung schweifen. Eigentümlich, dachte ich, und wartete auf irgendeine Aussage. Dann sagte er zu mir: „Wissen Sie, ich habe Gott noch nie gesehen, und deshalb kann ich an einen Gott nicht glauben.“ Das war das Dümmste, was ich seit langer Zeit gehört hatte. Ich sagte zu ihm: „Das glauben Sie doch selbst nicht. Wie viele Dinge haben Sie noch nie gesehen und glauben doch daran. Ich werde Ihnen zeigen, wie töricht Ihre Aussage ist.“ Ehrlich gesagt, er hatte mich provoziert. Und wenn jemand so dumm erwidert, bin ich immer geneigt, dumme Antworten zu geben. Das rutscht mir dann so raus, und hinterher muss ich mich dann entschuldigen. Diesmal bat ich bereits im Voraus um Entschuldigung, und er solle es mir nicht übel nehmen, was ich ihm darauf erwidere. Er war einverstanden. So sagte ich: „Wissen Sie, ich habe Ihren Verstand noch nie gesehen, und ich glaube auch nicht, dass Sie einen haben.“ Verdutzt schaute er mich an und maulte: „Hören Sie, ich will einfach nicht glauben. Basta!“ Ich sagte ihm: „Das ist ehrlich, ich werde versuchen, das zu verstehen.“ Ich wünschte ihm noch alles Gute und ging weiter. Ein alter Pastor und Freund von mir sagte immer: „Ich kann nicht, das ist Latein. Ich will nicht, das ist Deutsch.“ Unser größtes Problem ist nicht, Gott zu finden, sondern Gott los zu werden, denn er begegnet uns auf Schritt und Tritt. Alexander Solschenizyn sagte einmal: „Wir leben nicht im Irrtum, weil die Wahrheit so schwer zu erkennen wäre – oft ist sie sogar zum Greifen nahe –, sondern wir leben im Irrtum, weil das für uns bequemer ist.“ Es ist bequemer, zu leugnen und zu heucheln. Aber das ist im tiefsten Grunde Selbstmord. Gott kennt uns und will uns helfen.

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Wir machen alle immer wieder Fehler Gott hat von Anfang an mit einkalkuliert, dass wir Fehler machen. Ich habe in meinem Leben auch viele Fehler gemacht, zum Teil tragische. Vieles können wir selbst wieder in Ordnung bringen. Doch sich nicht auf die Ewigkeit vorzubereiten, ist ein nicht wieder gutzumachender Fehler. Der Mann aus unserem Text brauchte nicht nur neue, größere Scheunen, er brauchte vor allen Dingen ein neues Herz. Auch gläubige Menschen machen Fehler und sündigen. So war es im Leben eines der bekanntesten Männer Gottes im Alten Testament, David. Von ihm können und sollten wir lernen: Als aber der alte Prophet Nathan vor ihm stand, verkündete er ihm: „Zwei Männer waren in einer Stadt, der eine reich, der andere arm. Der Reiche hatte Schafe und Rinder in großer Menge. Der Arme hatte nichts als ein einziges Lamm, das er gekauft und aufgezogen hatte. Bei ihm und seinen Kindern wuchs es heran. Es aß von seinen Bissen, trank aus seinem Becher und schlief auf seinem Schoß. Es war ihm wie eine Tochter. Eines Tages bekam der Reiche Besuch. Er sah nicht ein, von seinen eigenen Schafen oder Rindern eines zu nehmen, um es dem Wanderer – der zu ihm gekommen war – als Mahlzeit zu bereiten. So stahl er das Lamm des armen Mannes und ließ es für seinen Gast zubereiten.“ David geriet beim Hören dieser Geschichte so heftig in Zorn über jenen Mann, dass er zu Nathan sagte: „So wahr der Herr lebt! Der Mann, der das getan hat, ist ein Kind des Todes! Das Lamm soll er vierfach erstatten zur Vergeltung dafür, dass er dieses getan und kein Mitleid empfunden hat.“ Da sprach Nathan zu David: „Du bist der Mann!“ David versuchte nun nicht, sich herauszureden, die Schuld auf Umstände und Gesellschaft zu schieben, sondern er stellte sich in tiefer Reue und Buße seinem Gott. In der Bibel kann man dies nachlesen: „Erbarme dich meiner, o Gott, nach deiner Huld; nach deiner großen Güte tilge meine Missetaten! Wasche meine Sünde völlig von mir ab und mach mich rein von meiner Schuld! Denn ich erkenne meine Sünden, meine Schuld steht mir dauernd vor Augen. Gegen dich allein hab’ ich gesündigt und getan, was dir missfällt, so dass du recht behältst 12


in deinem Urteilsspruch und unanfechtbar bleibst in deinem Rechtsentscheid.“ Jesus sagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Mit dieser Einladung steht Jesus Tag für Tag vor der Herzenstür aller Menschen.

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r sagte auch zu einigen, die sich selber zutrauten, gerecht zu sein, und die übrigen verachteten, dieses Gleichnis: „Zwei Menschen gingen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stellte sich hin und betete bei sich also: ,Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die übrigen Menschen, wie Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche, ich gebe den Zehnten von allem, was ich erwerbe.‘ Der Zöllner aber stand weit zurück und wollte nicht einmal die Augen zum Himmel erheben, sondern schlug an seine Brust und sprach: ,Gott, sei mir Sünder gnädig!‘ Ich sage euch: Dieser ging als Gerechter nach Hause, anders als jener. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Lukas 18,9-14 „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit.“ 1. Joh. 1,9

Heilsgewissheit Dieses Kapitel ist eines der wichtigsten, wenn nicht das wichtigste Kapitel in diesem Buch. Was ist Heilsgewissheit? Gewissheit des Heils. Was ist Gewissheit des Heils? Das Wissen, dass Gott uns unsere Sünden vergeben hat und wir Kinder Gottes sind. Das Argument, das kann man nicht wissen, ist falsch. Man muss es wissen. Schon Hiob im Alten Testament sagte: „Aber ich weiß, dass mein Erlöser lebt.“ Der Apostel Johannes sagt in seinem ersten Brief: „Wir wissen, dass wir aus dem Tode in das Leben gekommen sind.“ Im weiteren Verlauf dieser Abhandlung werde ich beschreiben 14


und zeigen, wie man zu diesem Wissen kommen kann, ja kommen muss. Ohne diese Heilsgewissheit sind wir auf ewig verloren. Was mir als Pastor besonders Leid tut, ist, dass dies den Menschen nicht richtig gepredigt oder gesagt wird, die oftmals dankbar biblische Wahrheiten annehmen und erleben möchten. Andererseits: Viele Menschen, die sich Christen nennen und sich als Christen fühlen, sind in Wahrheit keine Christen. Sie sind Menschen, die glauben, dass Gott ihnen eines Tages gnädig sein wird. Davon steht aber leider nichts in der Bibel geschrieben. Niemand wird denen ihre Ehrlichkeit absprechen wollen, aber leider reicht das nicht aus für die Ewigkeit. Andere wiederum sind froh, dass sie von der Kirche nicht weiter belästigt werden. Besonders betroffen bin ich immer, wenn ich liebe, ältere Menschen anspreche. Viele von ihnen sind ihr ganzes Leben lang in eine Kirche oder Gemeinde gegangen, haben täglich in der Bibel gelesen und auch gebetet. Aber auf meine Frage, ob sie wüßten, dass Gott ihnen ihre Sünden vergeben hat, antworteten sie oft: „Das glaube ich doch, das nehme ich stark an.“ „Ich habe mich doch immer bemüht, anständig zu leben.“ „Ich habe immer meine Kirchensteuer bezahlt und zusätzliche Kollektenopfer gegeben.“ „Ich habe Gutes getan und andern geholfen, soweit es mir möglich war. Ich hoffe, dass der liebe Gott das berücksichtigt und mich annehmen wird.“ Solche Sätze bekomme ich zu hören. In der Nähe von Bonn wollten wir ein Missionszelt aufstellen und ich ging mit einem Freund zu der zuständigen Behörde, um die Genehmigung dafür einzuholen. Der Sachbearbeiter war total verblüfft und fragte uns, warum wir denn so etwas machen wollten, wir seien doch alle Christen in Deutschland. Auf die Frage nach der Vergebung seiner Sünden und seinem Frieden mit Gott sagte er uns: „Dafür interessiere ich mich nicht weiter, denn das ist nicht meine Angelegenheit, sondern die der Kirche.“ Er sagte weiter – und es klang wie Spott –: „Der Priester soll mal zusehen, dass er in den Himmel kommt, denn dafür bezahle ich ja schließlich auch Kirchensteuern.“ Wer hätte von einem gebildeten Menschen eine solche Antwort erwartet? Ich war total erschüttert über seine Unwissenheit. Wie oft habe ich auf Sterbebetten Menschen gesehen, die vor den Toren der Ewigkeit standen und nicht wussten – trotz jahre15


langem sogenanntem Christsein –, ob Gott ihnen gnädig sein und sie annehmen wird. Vielen habe ich den Weg zum Heil, zum Frieden mit Gott und den Weg zur Heilsgewissheit zeigen dürfen. Bitte lesen Sie sorgfältig die nächsten Zeilen, prüfen und entscheiden Sie selbst, ob Sie Frieden mit Gott und Heilsgewissheit haben. Es geht hier nicht um eine Kirche, sondem darum, dass Sie ganz persönlich mit großer Überzeugung und Freude sagen können: „Bis zum Schwören darf ich’s wissen, dass mein Schuldbrief ist zerrissen“, wie es einmal ein Liederdichter gesagt hat. Natürlich schwören wir als Christen nicht, aber Sie verstehen schon, was dieser Poet damit aussagen wollte: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt.

Welches sind die Schritte zur Heilsgewissheit? Sündenerkenntnis und das Wissen um die Vergebung der Schuld ist der erste Schritt zur Heilsgewissheit. Sich als Sünder vor Gott und Menschen zu bekennen, kommt vielen Menschen sehr schwer an. Glauben Sie mir, ich habe Menschen aller Klassen und Altersstufen getroffen, die mir gesagt haben, dass sie nie gesündigt hatten. Ein Mann sagte zu mir: „Wenn alle Menschen so wie ich wären, dann dürfte der liebe Gott nicht nur zufrieden sein, sondern es würde auch anders auf dieser Erde aussehen.“ Am Anfang dieser Abhandlung habe ich ein Gleichnis von Jesus zitiert, das von einem selbstgerechten Pharisäer und einem schuldbewussten Zöllner handelt. Der eine dankte Gott frech dafür, dass er nicht so wäre wie der Rest der Menschen. Er hielt sich für absolut sündlos. Der Zöllner aber sah tiefer in sein Herz und betete aufrichtig: „Gott, sei mir Sünder gnädig.“ Gott hatte das Gebet des Zöllners, des Sünders also, erhört und ihm vergeben. Die Vergebung von Gott aber brauchen wir alle. Es ist sinnlos und ein Selbstbetrug, sich vor Gott besser machen zu wollen. Damit kann man bei Menschen Eindruck schinden, aber nicht bei Gott, der uns durch und durch kennt. Vor IHM sind wir wie ein aufgeschlagenes Buch. Machen Sie sich nicht besser, sondern bekennen Sie Gott Ihre Schuld und Sünde. Die Bibel sagt, dass wir alle gesündigt haben und niemand gerecht ist vor Gott. 16


Das zeigt uns, was der Mensch zu tun hat: Wir müssen unsere Sünde bekennen. Nicht unbedingt vor einem Priester oder Pastor – obwohl das sehr hilfreich sein kann –, aber in jedem Fall vor Gott. Die Bibel sagt es so: „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist Er treu und gerecht, dass Er uns die Sünden vergibt und uns von aller Untugend reinigt.“ Vergebung und Reinigung. Wer vergibt Sünden? Er! Wer ist dieser Er? Jesus Christus, unser Herr und Heiland. Er allein vergibt. Kein Priester oder Pastor ist für unsere Sünde gestorben. Kein Mensch kann Sünden vergeben, allein nur Gott in Jesus Christus. Im Leben eines jeden Menschen geht dies unterschiedlich aus. Es mag für manche gut sein, wenn sie vor einem Menschen ihre Sünden bekennen, weil sie sich in Zeiten der Anfechtung darauf berufen, und dem Teufel – diesen ständigen Ankläger der Menschen – sagen können: „Ich habe meine Sünde bekannt vor Gott und Menschen und der Vater im Himmel hat mir vergeben.“ Aber bitte Vorsicht walten lassen! Vertrauen Sie sich nicht jedem Menschen an. Machen Sie das in erster Linie mit Gott aus. Bekennen Sie vor Gott jede Sünde, die Sie getan haben. Sagen Sie es laut vor sich hin, so dass Sie es selbst hören können. Wenn man nur still vor sich hin betet, können die Gedanken sehr leicht spazieren gehen. Man kann sich oft nicht richtig konzentrieren. Wenn Sie sich bei manchen Gewohnheiten nicht sicher sind, ob es Sünde ist oder nicht, bekennen Sie es trotzdem vor Gott. Machen Sie das im Zweifelsfall immer. David betete: „Wer kann wissen, wie oft er Fehler begeht – wer kann sie bemerken? Auch von verborgenen Sünden mach mich rein!“ Gott sagt, wenn wir so beten, dann vergibt Er uns. Lesen Sie die Bibelstelle aus dem 1. Johannesbrief immer wieder und danken Sie Gott, dass Er Ihnen vergeben hat. Verlassen Sie sich nicht auf Ihre Gefühle und auch nicht auf Ihren Verstand. Wie oft haben Gefühle getrogen. Man stand morgens auf, fühlte sich miserabel und dachte: Heute geht alles schief. Dennoch wurde der Tag zu einem der schönsten im Leben. Andersherum: Man meinte am Morgen noch Bäume ausreißen zu können, aber es klappte nichts. Irgendwie war der Wurm drin. So sind unser Gefühle. Sie spielen oft mit uns. Dasselbe gilt für den Verstand. Man meint, alles im Griff zu ha17


ben und zu wissen, wie alles richtig läuft, und doch geht alles daneben. Falsches Denken hatte uns auf eine falsche Fährte gebracht. Heilsgewissheit (und die Gewissheit: es sind einem die Sünden vergeben) ist in ihrer Anfangsphase oft nicht zu begreifen, denn es ist ein Gnadenakt Gottes. Wenn wir eine Entscheidung für Christus getroffen haben, dann wollen wir für gewöhnlich gleich etwas fühlen oder es so richtig begreifen. Gott aber möchte, dass wir uns von Anfang an nicht auf die Gefühle oder den Verstand verlassen, sondern auf sein Wort. Wie sagt die Bibel? „Verlasse dich auf den Herrn von ganzem Herzen und nicht auf deinen Verstand.“ Warum? In den ersten Tagen der Übergabe an Jesus Christus empfängt der Mensch soviel Kraft und Freude, wegen der Vergebung seiner Sünden. Alles ist neu geworden, alles so anders. Man hat Sieg über Sünde und Leidenschaften, von denen man glaubte, dass das niemals möglich wäre. Dann aber kommen auch die Tage der Anfechtungen. Der Versucher tritt an uns heran mit seiner üblichen Taktik. Zweifel. Sollte Gott gesagt haben? Stimmt es auch alles? Sind mir meine Sünden wirklich vergeben? Wenn wir uns in dieser Situation auf unsere Gefühle und unseren Verstand verlassen, dann sind wir wahrlich verlassen. Jetzt kommt es darauf an, dem Worte Gottes zu vertrauen, nicht unseren Gefühlen und nicht unserem Verstand. Sie dürfen Ihren Finger auf diese Bibelstelle legen und sagen, wie der Herr Jesus es getan hat: „Es steht geschrieben.“ Damit schlug Jesus den Feind in die Flucht. Jesus verließ sich nicht auf seine Gefühle und seinen Verstand. Sie können sagen: „Herr Jesus, ich habe getan, was dein Wort sagt. Ich habe meine Sünde bekannt, und dein Wort sagt, dass du treu und gerecht bist und vergibst, wenn wir unsere Sünden bekennen. Ich vertraue deinem Wort. Dein Wort ist die Wahrheit. Dein Wort lügt nicht.“ Deswegen sagt die Bibel: „Anfechtung lehrt auf das Wort Gottes merken.“ Gottes Wort sagt, dass Er uns nicht nur alle Sünden vergibt, sondern uns auch von aller Untugend reinigt. Wir sind rein. Gott hat uns vergeben. Lesen Sie diese Bibelstelle immer wieder und danken Sie Gott für die Vergebung. Der siebte Vers in diesem Kapitel sagt uns, dass das Blut Jesu uns rein macht von aller – hören Sie – von aller 18


Sünde. Es sind keine Werke, keine Gebete und keine Tränen, die uns unsere Sünden vergeben. Tränen der Reue und Buße dürfen fließen. Weinen Sie sich aus vor Gott, wenn Sie das so empfinden, aber die Reinigung von aller Sünde geschieht allein durch das Blut Jesu Christi. Danken Sie Gott dafür, denn wenn Er nach einem solchen Gebet in Ihr Herz schaut, dann sieht Er nur das durchs Blut Jesu gereinigte Herz. Danken Sie IHM für die Vergebung, auch wenn Sie es nicht fühlen. Danken Sie Gott, denn sein Wort sagt, dass Sie Vergebung Ihrer Sünden haben. Und seinem Wort können Sie getrost glauben. Man kann das nicht genug betonen. Durch das Danken für die Vergebung wird Freude und Friede in Ihr Herz einziehen – entsprechend Ihrem Temperament. Sie bleiben, wer Sie sind, jedoch mit der Freude und dem Frieden Gottes in Ihrem Herzen. Manchmal geht das sehr, sehr schnell, manchmal dauert es etwas länger, aber Sie werden folgende Gewissheit erhalten: Gott hat mir vergeben, ich bin ein Kind Gottes. Als Nächstes geschieht, was im Römerbrief geschrieben steht: „Eben dieser Geist bezeugt es unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Sind wir aber Kinder, dann auch Erben, Erben Gottes und Miterben Christi.“ Das Zeugnis des Geistes Gottes in Ihrem Geist erhalten Sie durch das Danken für Gottes Vergebung Ihrer Sünden. Das Zeugnis des Geistes Gottes wird in der Bibel auch Wiedergeburt genannt. Sie sind durch den Geist Gottes, durch das Zeugnis der Gotteskindschaft, von neuem geboren. Darum: „… ist jemand in Christus – also ein Christ geworden –, so ist er eine neue Schöpfung. Altes ist vergangen, Neues ist geworden.“ Dieses neue Leben, in einem neuen Reich, dem Reiche Gottes, braucht auch eine entsprechende neue Nahrung und Umgebung. Lesen Sie täglich Ihre Bibel. Nicht unbedingt ganze Kapitel, es sei denn, Sie haben große Freudigkeit, das zu tun. Einige Verse genügen. Beginnen Sie mit dem Johannes-Evangelium. Versuchen Sie das Gelesene auf Ihr Leben anzuwenden und sprechen Sie ein Gebet. Auch das muss nicht wer weiß wie lang sein. Es kommt nicht darauf an, wie lang, sondern wie tief die Furche beim Pflügen eines Ackers ist. Wichtig ist, in allem natürlich zu bleiben. An manchem Tag werden Sie mehr lesen und auch länger beten können. An einem anderen Tag wird es nicht der Fall sein. Sie sind des19


halb an den Tagen, an denen Sie länger die Bibel lesen und mehr beten, nicht heiliger oder Gott angenehmer als an den Tagen, an denen alle Übungen des Glaubens kürzer gewesen sind. Wie gesagt: Lassen Sie sich nicht von Ihren Gefühlen oder auch von gut gemeinten Ratschlägen anderer Menschen täuschen und verunsichern. Gott liebt Sie so wie Sie sind. Ohne Wenn und Aber. Und sollten Ihnen Fehler und Sünden unterlaufen, dann bitten Sie um Vergebung und Reinigung durch das Blut Jesu. Gott vergibt. Er weiß: Niemand ist vollkommen. Besuchen Sie eine Kirche oder Gemeinde, in der es Menschen gibt, die wie Sie Gott lieben und die Gott dienen wollen. Eine Gemeinschaft der Gläubigen brauchen Sie, sie wird Sie stärken. Vielleicht werden Sie mit Aufgaben in Ihrer Gemeinde betraut. Wenn es möglich ist, nehmen Sie solche Aufgaben an. Zum Schluß möchte ich sagen, seien Sie allezeit bereit, sich zu Gott zu bekennen. Verstecken Sie sich nicht. Das bedeutet nicht, dass Sie immer mit der Tür ins Haus fallen müssen. Seien Sie und bleiben Sie ein natürlicher, fröhlicher Nachfolger Jesu Christi. Wenn Sie tun, was ich empfohlen habe, werden Sie verstehen, was Heilsgewissheit ist.

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ch streckte meine Hände aus den ganzen Tag nach einem un„ gehorsamen Volk, das nach seinen eigenen Gedanken wandelt auf einem Wege, der nicht gut ist; nach einem Volk, das mich beständig ins Angesicht kränkt.“ Jesaja 65,2-3 + Römer 10,21

Gottes ausgestreckte Hand Gott hat seine Hände nach den Menschen ausgestreckt. Dieser Gedanke lässt einigen Leuten kalte Schauer über den Rücken laufen, Sie stellen sich einen Gott vor, der – wie in alten germanischen Sagen oder griechischen Mythen geschildert – nur Rache übt und nur darauf wartet, dass die Menschen einen Fehltritt machen, um sie dann mit Feuer und Schwefel zu bestrafen. Manche Menschen haben eine sehr negative Kindheit hinter sich. Da spielte sich der Vater in der Familie als Gott auf. In meinem Leben war das nicht viel anders. Ich möchte meinen Vater nicht schlecht machen, aber er war ein Tyrann. Unsere Mutter und wir Kinder haben vor ihm gezittert. Wenn er im Haus war, herrschte „saure Akustik“. Wir fühlten uns nicht verstanden und auch nicht wohl zu Hause. Ich kann die Menschen verstehen, die solch ein Vaterbild auf Gott übertragen und denken, dass er nicht anders ist. Gott aber ist ganz anders. Aus Liebe zu den Menschen hat er seinen Sohn in diese Welt gesandt. Dieser, sein Sohn Jesus Christus, ist Gottes ausgestreckte Hand. Jesus sagt: „… wer mich sieht, der sieht den Vater.“ Gottes Hand ist ausgestreckt zu störrischen Menschen, die sich nichts sagen lassen wollen und obendrein noch widersprechen. Diesen Menschen bietet der Vater im Himmel, in Jesus Christus, seine ausgestreckte Hand. Er bietet Rettung, Heilung und Hilfe an. Was be21


deutet diese ausgestreckte Hand Gottes in Jesus Christus? Eine entgegengestreckte Hand bedeutet in unseren Tagen nicht mehr so viel. Heute wird eine solche Hand meist nicht beachtet, oft auch ausgeschlagen. Manche sagen es nicht laut, aber sie sagen in ihrem Innern: „Was soll der Unsinn.“ Früher war aber eine ausgestreckte Hand ein Friedensangebot. Sie bedeutete: Du bist willkommen. Da gab es keine großen schriftlichen Verträge, sondern alle Abmachungen wurden mit einem Handschlag besiegelt. Frutigen im Berner Oberland ist meine große Schweizer Liebe. Die Leute dort gefallen mir. Anfang der sechziger Jahre war ich das erste Mal in Frutigen. Meine Güte, war das schön. Rau, aber herzlich. Wenn sie etwas sagten, dann konnte man sich darauf verlassen. Absprachen wurden per Handschlag besiegelt. Das hatte mehr Bedeutung als jeder bei einem Notar geschlossene Vertrag. Ich lebe heute in Kanada. Missionare versuchten den Indianem hier vom Evangelium der Liebe Gottes zu erzählen. Sie wollten sie überzeugen, dass sie nicht Manitu, sondern einen Retter, einen Heiland und Erlöser brauchen. Das war und ist bis heute nicht einfach. Ihre alte Tradition erlaubt das nicht. Ein Missionar machte es einem indianischen Teenager auf folgende Weise klar: Aus dürren Ästen und Blättern machte er einen Kreis. Vielleicht dreißig Zentimeter im Durchmesser. Diesen Kreis zündete er an und setzte einen dicken, schwarzen Käfer hinein. Dem Käfer wurde es irgendwann zu heiß und er suchte einen Ausweg aus diesem Kreis. Er wollte da raus. Aber wohin er sich auch wandte, überall war dieser feurige Wall, der ihn am Entrinnen hinderte. Interessiert schaute der Indianer zu. Nach einer gewissen Zeit langte der Missionar über diesen Wall hinweg in den brennenden Kreis. Der war zwar für den Käfer, nicht aber für den Missionar ein Hindernis. Er griff sich den Käfer und ließ ihn im Laub – husch, husch – verschwinden. Der Indianer hatte über diesem Anschauungsunterricht begriffen, was der Missionar damit sagen wollte, und er traf seine Entscheidung für Christus. Alle Menschen befinden sich von Geburt an in einem solchen Teufelsfeuerkreis, dem Teufelskreis der Sünde. Was wir auch versuchen, ein Herauskommen ist ausgeschlossen. Das ist ein unmögliches Unterfangen. Sich selbst an den Haaren aus dem Sumpf ziehen, ist eine Münchhausen-Lüge. Wir alle wissen das. Uns muss 22


eine andere, stärkere Hand aus dem Sumpf ziehen, sonst gehen wir elendig zu Grunde. Diese starke Hand Gottes ist durch Jesus Christus ausgestreckt. Und wenn einer so richtig tief in dem Sumpf sitzt und nicht herauskommt, obwohl er will, dann ist Jesus da, der hilft. Seine Hand ist immer ausgestreckt. Die Bibel sagt: „…den ganzen Tag.“ Das sind vierundzwanzig Stunden. Das bedeutet heute und jetzt. Die Chance für ein neues Leben ist die in Jesus Christus ausgestreckte Hand Gottes.

Eine heilende Hand Wenn wir das Neue Testament lesen, sehen wir, dass Jesus Christus nicht nur Sünden vergeben hat, sondern immer wieder seine Hand auch auf kranke Menschen legte und sie heilte. Auch darin erkennt man die Liebe des Vater im Himmel. Er sandte seinen Sohn in die Welt, um seine Liebe zu zeigen, und das kam oft darin zum Ausdruck, dass Jesus Christus kranke Menschen heilte. Einmal brachten vier Männer ihren gelähmten Freund zu Christus. „Als sie ihn wegen der Volksmenge nicht vor Jesus bringen konnten, deckten sie dort, wo er war, das Dach ab, machten eine Öffnung und ließen das Bett hinunter, auf dem der Gelähmte lag. Da Jesus ihren Glauben sah, sprach er zum Gelähmten: Mein Sohn, dir sind deine Sünden vergeben. Es saßen aber einige Schriftgelehrte dort und dachten in ihren Herzen: Was redet der so? Er lästert! Wer kann Sünden vergeben außer Gott allein? Jesus erkannte sogleich in seinem Geiste, dass sie solche Gedanken in sich trugen, und sprach zu ihnen: Was denkt ihr solches in euren Herzen? Was ist leichter? Dem Gelähmten zu sagen: Vergeben sind dir deine Sünden, oder zu sagen: Steh auf, nimm dein Bett und geh umher. Ihr sollt aber wissen, dass der Menschensohn Macht hat, Sünden zu vergeben auf Erden – und er sprach zum Gelähmten: Ich sage dir: Steh auf, nimm dein Bett und geh nach Hause! Und jener stand auf, nahm sogleich sein Bett und ging vor aller Augen weg, so dass alle außer sich waren, Gott priesen und sagten: So etwas haben wir noch nie gesehen! (Markus 2,4-12). Wissen Sie, Gott ist so unkompliziert. Wir können kommen so 23


wie wir sind; krank, mühselig und beladen. Er streckt seine Hand aus, hilft und heilt. Göttliche Heilung ist Bestandteil göttlicher Erlösung. Wir haben diese Möglichkeit leider unter den Teppich gekehrt. Es wird nicht mehr gelehrt und nicht mehr praktiziert. Wenn ich praktizieren sage, meine ich: mit kranken Menschen beten. Wir überlassen das lieber einer alten Frau, die besprechen kann, oder sonstigen kuriosen Gesundbetern. Mit den Kranken beten gehört zum Heilsplan Gottes. Interessant ist doch, was die Bibel im Propheten Jesaja im 53 Kapitel über Jesus sagt: „Fürwahr, er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Damals verstanden es die Israeliten – und heute die Christen nicht. Ich durfte mit vielen kranken Menschen beten. Sind alle gesund geworden? Nein. Warum nicht? Das kann ich leider auch nicht sagen, ich weiß es nicht. Aber viele Menschen sind gesund geworden, und ich werde weiterhin, wenn es gewünscht wird, für kranke Menschen beten. Glauben Sie mir: Gottes Hand ist eine heilende Hand.

Eine helfende Hand Im jahrzehntelangen Dienst als Pastor und Evangelist habe ich immer wieder Menschen getroffen, die eine helfende Hand, d. h. die Hilfe in irgendeiner Form benötigten. Was bin ich froh, bezeugen zu können, dass Gottes ausgestreckte Hand auch eine helfende Hand ist, in Situationen der Not und bei vielen ihrer Probleme. Das erste Wunder, das Jesus tat, geschah in Kana, während einer Hochzeit. Etwas Ungewöhnliches war geschehen, der Wein war ausgegangen. Die Gäste hatten nichts mehr zu trinken. Peinlich, peinlich. Glücklicherweise hatten sie Jesus zu dieser Hochzeit eingeladen, zusammen mit Maria, seiner Mutter, und seinen Jüngern. 24


Ich weiß nicht, woher seine Mutter wusste, dass ihr Sohn Wunder tun und diesen Leuten aus ihrer peinlichen Lage heraushelfen konnte. Es wird aber berichtet, dass Jesus das getan hat. Zwar nicht sofort auf die Bitte seiner Mutter hin, aber etwas später befahl er den Bediensteten, die Krüge – die eigentlich zur Fußwaschung dienten – mit Wasser zu füllen und es dann dem Mundschenk zum Kosten zu geben. Und siehe da, aus Wasser war Wein geworden. Sogar ein sehr guter. Das zeigt doch, dass Jesus an den Vorgängen des alltäglichen Lebens teilnimmt. Nichts ist zu groß und nichts ist zu klein für ihn. Wir dürfen mit allem, was uns bedrückt, zu Jesus kommen. Eine kaputte Ehe, finanzielle Schwierigkeiten, ein fehlender Studien- oder Arbeitsplatz, ist für Jesus doch kein Problem. Angst, keinen Partner zu bekommen, kann Jesus ausräumen. Komplexe auszuräumen, die aufkommen können, wenn wir in den Spiegel schauen, sind für den Sohn Gottes ein Kleines, wenn man ihn darum bittet. Selbst bei einer schulischen Prüfungsarbeit, vor der wir Angst haben, dürfen wir Jesus um Hilfe bitten. Und er hilft auch. Allerdings: Faulheit unterstützt er nicht. Aber er hilft beim Lernen. Ich kann ja nicht alles aufzählen. Da gibt es hunderttausend Dinge, die den Menschen Probleme bereiten. Vertrauen Sie Gott. Seine Hand ist auch eine helfende Hand. „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen“, sagt die Bibel. Das ist eine Zusage aus Gottes Mund. Leider haben wir manchmal Komplexe und sind ungläubig. Es kostet Überwindung, Gottes Hand zu ergreifen und uns beschenken zu lassen. In Hamburg-Ohlsdorf habe ich einige Jahre als medizinischer Bademeister und Masseur gearbeitet. Heute sagt man Physiotherapeut. Das war nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich hatte einen echten Freund, Conrad Lemke, kurz Conny genannt. Er hatte kein gutes Elternhaus, wurde nicht gut behandelt, erst recht nicht, als er sich für Christus entschieden hatte. Sein Vater, ein Eberführer im Hamburger Hafen, hatte ihm manchmal das Leben zur Hölle gemacht und ihn viel geschlagen. Wer Conny kannte, weiß, dass er niemals zurückgeschlagen hätte. Er war ein Friedensstifter. Ein Mann mit einem ausgeprägtem Sinn für Gerechtigkeit. Er hatte sehr wenig Geld und konnte sich kaum etwas leisten. Er tat mir Leid. In meinem Beruf als Therapeut wurde mir nach einer Be25


handlung oft ein Trinkgeld zugesteckt. Ich entschloss mich, dieses Trinkgeld zu sammeln und es meinem Freund Conny zu geben. Es hat mir Spaß gemacht, zu sparen. Als ich über 100,00 DM zusammen hatte, wollte ich es Conny geben. Ich freute mich schon darauf. Vor der Kirche traf ich ihn, klopfte ihm freundschaftlich auf den Rücken, und er zuckte zusammen. Sein Hemd war blutig. Ich hatte es zu spät gesehen und entschuldigte mich. Dann sagte ich freudestrahlend: „Conny, ich hab’ was für dich. Streck’ mal deine Hand aus, ich will es dir geben.“ Den Betrag hatte ich in meiner geschlossenen Hand. Skeptisch, wie Conny nun einmal war, sagte er: „Mach deine Hand auf und lass es mich erst sehen. Nachher hast du bloß einen Apfelstengel und sagst: Trag mal den Pinsel zum Maler!“ Das war damals so ein Schnack von uns. Ich erwiderte: „Kommt nicht in Frage. Ich hab’ wirklich etwas. Vertrau’ mir und strecke jetzt deine Hand aus.“ Er zögerte erst, dann aber hielt er mir seine Hand hin. Als ich das Geld in seine Hand legen wollte, zog er sie wieder zurück und sagte: „Zeig mir doch lieber erst, was du in deiner Hand hast.“ „Kommt nicht in Frage“, erwiderte ich. Das ging noch zwei-, dreimal so hin und her, dann war meine Geduld zu Ende und ich sagte: „Wenn du jetzt nicht deine Hand ausstreckst, dann bekommst du es nicht. Ich bin doch nicht dein Feind, ich bin dein Freund und möchte dir helfen.“ Er streckte sein Hand erneut aus, zog sie aber im letzten Augenblick doch wieder zurück. „So“, sagte ich, „das war es. Du bekommst es nicht“, öffnete meine Hand und zeigte ihm das Geld. Da wollte er zugreifen, aber diesmal zog ich die Hand zurück. Ehrlich gesagt, es tat mir damals sehr weh, dass er mir, seinem Freund, nicht vertraute. Später habe ich es ihm dann doch gegeben, aber ich ließ ihn erst einmal zappeln. Machen es die Menschen mit Gott nicht ganz genau so? Gott ist doch nicht unser Feind, sondern der Freund der Menschen. Wir glauben ihm nicht, sind so störrisch, wie damals die Israeliten. 26


Freunde: Gott will uns helfen, und Seine Hand ist dabei nicht leer. Er führt uns nicht an der Nase herum. Seine Hilfe ist manchmal anders, als wir es uns vorstellen oder erwarten, aber sie ist echt und wird unseren wahren Bedürfnissen gerecht. Gott will heute allen Menschen durch seine ausgestreckte Hand – die in Jesus Christus offenbart ist – helfen. Man sollte nicht mit Gott spielen. Es gibt einen Punkt, der in der Fliegersprache never return heißt. Das bedeutet, man hat einen Punkt überschritten, wo es kein Zurück mehr gibt. Dieser Punkt ist nicht in Gott zu suchen, sondern allein im Menschen.

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D

er Sohn aber sprach: Vater, ich habe gesündigt gegen den „ Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet es; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein.“ Lukas 15,21-24

… sie fingen an fröhlich zu sein So etwas gibt es doch gar nicht. Von wegen Christen und fröhlich sein? Christen, das sind doch die größten Sauertöpfe, die es gibt. Die gehen doch zum Lachen in den Keller. Die haben Angst, dass ihre Gesichtszüge entgleisen. In einer modernen Übersetzung desselben Verses heißt es: „Und sie fingen an, ein Freudenfest zu feiern.“ Christen sollen fröhlich sein und feiern? Die sehen doch aus, als ob sie ständig auf Zitronendiät lebten; sauer. In der Kirche sitzen sie mit langen Gesichtern, als müßten sie zu ihrer eigenen Beerdigung ein Solo singen. Deshalb gehen viele von ihnen auch nach dem Gottesdienst zum Frühschoppen und gießen sich den christlichen Ärger den Hals runter. Von wegen Christen sind fröhlich und feiern. Christ sein? Nein, danke, nichts für mich. Entschuldigung, aber die meisten Menschen wissen wenig von der Freude wahrer Christen. Ungefähr so viel, wie eine Kuh Ahnung hat vom Klavierspielen. Darüber braucht man sich jetzt 28


weder zu ärgern noch zu schämen. Ich habe vom Christentum genauso gedacht und es entsprechend kommentiert – höflich ausgedrückt. Christen waren für mich Menschen, die kein Rückgrat haben und Krücken brauchten. So etwa wie eine Oma; oder ein Kind, das Laufen lernt und Stützen braucht. Ich aber dachte: Jeder normale, gebildete Mensch durchschaut doch die ganze Sache und weiß, dass die Pastoren den Menschen mit Gott, Tod und Ewigkeit nur Angst einjagen wollen, damit sie volle Kirchen bekommen. Das war meine Philosophie über Gott und Kirche. Hoffentlich sind Sie als Ungläubiger so konsequent, wie ich es damals war. Ich bin nämlich nie in die Kirche gegangen. An mir sind keine christlichen Zeremonien vollzogen worden, und ich habe nie Kirchensteuern bezahlt. Mit vierundzwanzig Jahren bekam ich von der Kirche meine erste, aber auch letzte Aufforderung, Kirchensteuern zu bezahlen. Ich schrieb ihnen zurück: „Wenn Sie mir beweisen, dass ich je Kirchenmitglied oder in einer Kirche gewesen bin, dann will ich zahlen.“ Natürlich hab’ ich nie wieder etwas von den Leuten gehört, denn sie konnten beides nicht beweisen. Wissen Sie, welchen Fehler Sie und ich gemacht haben? Wir haben gemeint, dass jeder, der sich Christ nennt – und in eine Kirche geht –, auch Christ ist. Dann haben wir auch noch so einige „schräge Fürsten“, die sich Christen nannten, kennen gelernt und sahen uns in unserer Meinung bestätigt. Aber das war falsch, ist falsch und bleibt falsch. Christ ist nur der – wie die Bibel sagt –, der in der Buße lebt, Umkehr, Sinnesänderung kennt und Gott um Vergebung gebeten hat. Der Heilsgewissheit und neues Leben erhalten hat. Dem die Schulden vergeben wurden, der jetzt schuldenfrei ist; den der Vater an- und aufgenommen hat. Da beginnt die echte Freude. Deshalb: „Sie fingen an, fröhlich zu sein.“ Freude ohne Ende! Was Freude nicht ist … Ehrlich, Freunde, welch eine armselige Vorstellung haben wir doch manchmal von der Freude. Wir verwechseln Stimmung und Lachen mit Freude. Eine Männerrunde am Stammtisch mit zweideutigen Witzen, dass selbst ein Schwein rot werden würde. Wie sagt 29


schon der Volksmund: Am Lachen erkennt man den Narren. Ja, soll man denn überhaupt nicht lachen? Doch, natürlich, das ist keine Frage. Es fragt sich nur, worüber man lacht. Es gibt guten Humor; tiefsinnige Witze, die das Leben schreibt und worüber man herzlich lachen kann. Aber das soll Freude sein? Das ist einfach zu wenig. Durch einen Schlaganfall bin ich auf beiden linken Seiten meiner Augen blind. Gott sei Dank kann ich noch so viel sehen, dass ich lesen und schreiben kann, wenngleich es mir ziemliche Schwierigkeiten bereitet. Eine Lehrerin erklärte ihren Schülern, dass bei Menschen, die Seh- und Hörfehler haben, sich andere Sinne stärker ausprägen, z. B. das Tastgefühl. Da meldete sich einer ihrer Schüler: „Fräulein Krause, das stimmt genau. Meine Oma hat ein kurzes Bein, dafür ist das andere länger.“ Ausgleich. Ein netter Kinderwitz, über den man lachen kann, aber Freude ist das nicht. Zur Freude gehören mehrere Faktoren, für die man selbst sorgen muss. Dann hat man ein fröhliches, freudiges Leben, dachte ich früher. So hatte ich vor mir so etwas wie eine Kerzengalerie aufgebaut, die mein Leben erhellen sollte. Da war eine Kerze, die hieß Sport. Die anderen hießen Theater, Disco, Kino, Frauen, Partys etc. Natürlich gab es noch andere „Kerzen“, die für Leben und Freude sorgten. Freude muss schließlich sein. Und hier kamen meine Bedenken und auch Ängste. Wenn es einen Gott gibt, dann würde er alle diese Kerzen, die für Leben, Licht und Freude bei mir sorgten, auspusten können und ich würde im Dunkeln sitzen. Das wollte ich nicht. Das will niemand. Das ist ja auch in jeder Beziehung ungesund. Wer sich nicht freuen und herzlich lachen kann, ist oder wird gemütskrank, Einzelgänger, depressiv und schwermütig und landet eines Tages vielleicht in einer Psychiatrie. Humor, lachen können und fröhlich sein, ist von Gott. Gott hat uns so angelegt, wir sind so von Gott geschaffen. Wer hat dem Baby in der Wiege das Lächeln beigebracht? Freunde, wahre Fröhlichkeit ist keine Erfindung des Teufels. Der Teufel verzerrt, macht alles schmutzig. Seine sogenannten „Freuden“ sind nichts anderes als närrische Lustigkeiten; Ersatzfreuden. Als ich noch amtierender Pastor war, hatte ich eine Trauung auf einem Bauernhof außerhalb Bremen zu halten. Die Tenne 30


wurde zur Kirche und die Kühe schauten zu. Es war wunderschön. Ich nahm einen kleinen Chor im VW-Bus mit, den ich allerdings von einer Autovermietung ausleihen musste. Ich erklärte dem Besitzer, dass es spät werden würde, und was ich mit den Papieren und dem Autoschlüssel machen solle? Er erklärte mir, dass gleich nebenan eine Bar sei und ich ihm die Utensilien dorthin bringen könne. Nach der Trauung und der anschließenden Feier ging es zurück nach Bremen. Erst brachte ich die Chormitglieder nach Hause, um dann zu der Bar zu fahren und Papiere und Schlüssel abzugeben. Als ich in die Bar kam, konnte ich zuerst gar nichts sehen, denn es war dunkles, schummriges Licht, wie das in den Bars üblich ist. Das kannte ich von früher. Meine Augen mussten sich erst an dieses diffuse Licht gewöhnen. Aber da hörte ich auch schon den Autovermieter rufen: „Hallo, Herr Pastor, wir sind hier!“ Dann sah ich eine Gruppe von acht Personen in einer Nische sitzen. Ich wollte ihm die Schlüssel geben und gleich wieder verschwinden, aber der Autovermieter und die Anwesenden baten mich, noch einen Augenblick Platz zu nehmen. Ich lehnte dankend ab. Sie meinten, ich könnte ruhig Platz nehmen und brauche mich nicht zu schämen, denn ich sei nicht der erste Pastor, den sie unter den Tisch trinken würden. Irgendwie hatte ich das Empfinden zu bleiben: Du hast hier eine Aufgabe, ging es mir durch den Kopf. Also setzte ich mich. Sofort rief der Autovermieter dem Kellner zu: „Für den Herrn Pastor einen Dornkaat-Kirsch.“ Ich lehnte dankend ab und bestellte eine Cola. Sie hatten es auf mich abgesehen. Eine der Damen bat mich zum Tanz. Früher habe ich Nächte durchgetanzt, aber jetzt: Nein, danke. Ich sagte, dass ich nicht mehr tanze. Sie konnte es nicht lassen und meinte, aber ihr zuliebe wenigstens einmal. So sah sie gerade aus, dachte ich bei mir. Auch nicht ihr zuliebe. Auch nicht ein einziges Mal! Man bestellte einen alten, sehr beliebten Karnevalschlager bei der Combo: „Wir kommen alle, alle in den Himmel, weil wir so brav sind …“ Alle hakten sich unter und begannen zu schunkeln. Ich saß da nach dem Motto aus Schillers Glocke: „Fest gemauert in den Erden steht die Form aus Lehm gebrannt …“ 31


Bald bekam ich die Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben, warum ich Christ bin. Ich überraschte sie mit der Frage, ob sie den Unterschied zwischen einem Mercedes und einem Ameisenhaufen wüssten. Sie waren ja alle Autofahrer. Stille. Niemand wusste ihn. „Worin besteht er denn?“, wurde ich gefragt. „Ganz einfach“, erwiderte ich, „nur einmal in jeden reinsetzen, dann merkt man ihn, den Unterschied.“ Dann erzählte ich aus meinem alten Leben ohne Christus und meinem neuen Leben mit Christus, und dass ich den Unterschied zwischen einem gottlosen und einem gottgefälligen Leben sehr wohl kenne. Völlig unerwartet gab es einen großen Streit unter ihnen. Während meiner Ausführungen hatten sich die Männer unter dem Tisch ihrer Schuhe entledigt und mit bloßen Füßen an den Beinen der Frauen rumgefummelt. Eine Frau war damit nicht einverstanden. Erbost sprangen sie alle auf, schrieen sich an und waren alle im Nu verschwunden. Plötzlich saß ich mit einer weinenden Frau allein da. Es war traurig. Ich konnte ihr nun in Ruhe erklären, dass das, was sie und ihre Bekannten Freude nannten, nur Stimmung infolge von Alkoholgenuss war, künstlich herbeigeführt, Jesus aber echte, bleibende Freude gibt. Meine Papiere und Schlüssel hatte ich zu Beginn schon abgegeben, und so ging ich nachdenklich nach Hause. Nein, weder Stimmung noch Frohnatur, oder was es sonst sein mag, gibt das, was Jesus gibt. Ich war sehr dankbar, dass ich aus diesem verführerischen Milieu heraus war. Haben sich diese Leute gefreut, waren sie fröhlich gewesen? In gewisser Beziehung schon, aber nur kurzfristig, ohne jegliche Tiefe und Erfüllung. Freude ist, wenn man durch die Vergebung seiner Schuld und Sünde Freiheit empfängt. Es ist kein „Ich nehme an“, „Ich hoffe“, „Ich denke oder glaube“, es ist, wie es das Wort Gottes in der Bibel sagt, Gewissheit! Spezieller ausgedrückt: Heilsgewissheit. In Lukas 19 wird uns die Geschichte von einem Zöllner erzählt, zu dem Jesus ging, weil der in seinem Herzen mit alter Tradition und Religion nicht zufrieden war. Er hatte sehr viel Geld und war trotzdem unzufrieden. Jesus ging in sein Haus. Was sie miteinander gesprochen haben, wissen wir nicht. Das bleibt ihr Geheimnis. Aber 32


das Resultat kann man nachlesen. Jesus sagte nämlich: „Heute ist diesem Haus Heil widerfahren“, und der Zöllner Zachäus war so begeistert, dass er unaufgefordert bereit war, alles wieder gutzumachen, was er verkehrt gemacht hatte. Das geschieht nur dort und dann, wenn die Heilsgewissheit einzieht. Das können alle und zu jeder Zeit erleben. Jesus wartet auf jeden Menschen.

Freude auf dem Prüfstein Die Echtheit eines Diamanten lässt sich ganz schnell auf einem Prüfstein feststellen. Künstliche Diamanten werden schnell zu Staub. Echte werden durch den Schliff wertvoller. Tiefe Freude, die nicht auf dem Schleifstein von Not und Trauer bestehen kann, ist keine Freude. Paulus und Silas, ausgepeitscht und in Ketten gelegt, begannen nach der Folter – die damals immer gang und gäbe war – Gott zu loben und zu preisen. Die Christen, die Neros hungrigen Löwen zum Fraß vorgeworfen wurden, gingen singend in die Arena. Als Stephanus gesteinigt wurde, strahlte sein Gesicht und er konnte für seine Folterer beten: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ In einer norddeutschen Stadt evangelisierte ich und kam nach dem Gottesdienst mit einer jungen Frau ins Gespräch. Sie war als 14-jähriges Mädchen von sowjetischen Soldaten gefangen und nach Sibirien in ein Gefangenenlager für Frauen gebracht worden. Was sie als junges Mädchen durchgemacht hat, wünsche ich niemandem. Unzählige Male vergewaltigt, wieder und immer wieder. Während der Woche im Bergwerk, unter Tage hart arbeiten, und am Wochenende von den Wachmannschaften vergewaltigt. Sie erzählte mir: „Ich habe alles gehasst. Die Blumen, die Vögel, Wolken und Sonne und erst recht jeden Menschen. Ich habe nicht nur gehasst, ich bestand nur noch aus Hass. Der Hass erhielt mich am Leben. Ich konnte weder Gott noch die Welt verstehen.“ Viele Jahre war sie in sibirischer Gefangenschaft, ehe sie nach Deutschland entlassen wurde. Irgendwie erreichte sie an diesem Abend Gottes Wort. Ich weiß nicht mehr, was ich damals gepredigt habe. Sie war von Verwandten eingeladen worden und nur widerwillig gekommen. Aber 33


an diesem Abend fand sie Frieden mit Gott, Vergebung ihrer Sünden, Heilsgewissheit und konnte ihren Feinden und Widersachem vergeben. Hass verwandelte sich in Liebe, Vergebung und Freude. Auch sie fing an, fröhlich zu sein, und ist es bis heute geblieben, wie ich weiß. Gott möchte jedem diese Heilsgewissheit, diesen Frieden und diese wahre Freude schenken.

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