Einheit 3 Gnade, die trägt „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich“ (Ps 23,4; Luther). Es geschah an einem frühen sommerlichen Vormittag in einem Burger King-Restaurant. Ich war in melancholischer Stimmung, weil mich ein Problem schwer belastete und weit und breit keine Erleichterung in Sicht war. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem mein menschliches Durchhaltevermögen fast verbraucht war. Zufällig las ich gerade im Alten Testament die Geschichte von König Asa. König Asa war im Großen und Ganzen ein guter König. Er führte ein moralisch einwandfreies Leben und regierte fair und freundlich; er hatte alle Götzen aus dem Land entfernt, und im Allgemeinen ehrte er Gott in allem, was er tat. Sein Leben und seine politische Führung genossen Gottes Gunst und Segen. Dann eines Tages machte ein benachbartes Volk Anstalten, Asa und das Volk Gottes anzugreifen. Asa geriet lieber in Panik, als auf Gottes Leitung und Hilfe zu setzen. Er rannte hinaus und schloss ein Abkommen mit einem der gottlosesten, korruptesten Könige der Gegend. Er dachte, dass er dabei etwas Schlaues getan hätte. Die potenziellen Eindringlinge würden sicherlich zurückweichen, wenn sie von diesem multinationalen Abkommen erfahren würden. Er hatte keine Ahnung davon, was das Verfassen dieses Abkommens für Gott bedeutete! Für Gott bedeutete dieses Bündnis einen Verrat. Es war wie ein Schlag in den Magen. Im Grunde war es so, als würde Asa sagen: „Tja, Gott, ich wusste, dass ich dir dieses Problem nicht anvertrauen konnte. Ich wusste, dass du keinen großen Wert darauf legst, mir zu helfen. Also ging ich zu dem übelsten Kerl, um Hilfe zu holen. Weißt du, zu jemandem, dem ich wirklich vertrauen kann.“ „Wenn Probleme dich überwältigen und der Druck ziemlich hoch ist, dann setze bloß nicht auf Gott!“ Das gaben Asas Handlungen Gott in Wirklichkeit zu verstehen. Als ich diese Geschichte las, war ich gespannt, wie Gott auf Asas Abwendung reagieren würde. Was denken Sie, wie Gott darauf reagierte? Er sandte einen Propheten zu Asa, der ihm ausrichten 43
Asa ließ sich lieber von Panik leiten, als mit Gottes Leitung und Hilfe zu rechnen.
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sollte, dass Gott ihm auf jeden Fall geholfen hätte, wenn er auf Gott gesetzt hätte. Er hätte das feindliche Volk in Asas Hand gegeben, gar kein Problem. „Doch nun“, sagte der Prophet, „hast du eine Riesendummheit begangen. Da dein Herz nicht mehr ganz dem Herrn gehört, da du ihm nicht länger voll und ganz vertraust, da du entschieden hast, dass er es nicht wert ist, dass man alles auf ihn setzt – ja, sein Hab und Gut auf ihn verwettet –, hat Gott dich aus seinem Schutzplan entlassen. Jetzt stehst du ganz offiziell alleine da“, das war im Wesentlichen das, was der Prophet ihm ausrichtete. Wenn Sie nachlesen, wie es in Asas Leben weiterging, werden Sie feststellen, dass es nicht sonderlich schön war. Asa beging einen tragischen Fehler, als er Gott verließ. Zum Abschied sagte der Prophet Folgendes: „Der Herr behält die ganze Erde im Auge, damit er denen beistehen kann, die ihm mit ungeteiltem Herzen vertrauen“(2 Chr 16,9 ff.). Analysieren Sie diese Worte sorgfältig. Stellen Sie sich diese Worte bildlich vor: wie sich Gottes Augen hin und her bewegen. Pausenlos sucht er die ganze Erde nach jemandem ab – irgendjemandem –, der sich voll und ganz auf ihn verlassen würde. Und wenn er diese Person findet, wird er diesem Mann oder dieser Frau beistehen. Er wird mit ihm/ihr gehen. Er wird ihm/ihr helfen. Er wird da sein und seine Macht zeigen, wie groß die Probleme und wie hoch der Druck auch sein mögen.
Alles auf Gott setzen Da saß ich nun bei Burger King. Draußen war es immer noch dunkel und eine Last drückte mein ganzes Leben nieder. Meine Gedanken kreisten bereits um Plan B – Gedanken an Bündnisse, Gedanken an dunkle, dumme, blöde Dinge. Sind auch Sie schon einmal an einem solchen Punkt angelangt? Sind Sie jemals an die absoluten Grenzen Ihres menschlichen Durchhaltevermögens gestoßen? Vielleicht war es ein physisches Leiden oder auch ein Aufruhr der Gefühle, der Sie zutiefst erschüttert hatte. Vielleicht war es eine familiäre Zerrüttung – ein Zerwürfnis zwischen Ihnen und Ihrem Gatten oder Ihrem Kind –, die Ihr Herz zu zerbrechen drohte. Erinnern Sie sich noch daran, wann Sie an einem solchen Punkt angelangt waren? Vielleicht befinden Sie sich gerade jetzt in einer solchen Situation 44
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und Sie sind in Panik. Sie fragen sich, was Sie tun sollen, um zu überleben. Sie beginnen, daran zu zweifeln, dass Sie Ihr Problem Gott anvertrauen können. Im Augenblick meiner tiefen Verzweiflung, nachdem ich gerade von Asa gelesen hatte, entschied ich, dass ich sofort einen Deal mit Gott machen musste. Ich schrieb die Stelle aus 2 Chronik 16, Vers 9 in mein Tagebuch und fing an, sie durchzubeten. Ich sagte: „Gott ich sehe dich so wie dieser Vers es beschreibt – wie deine Augen sich hin und her bewegen – wie du den ganzen Erdball nach Menschen mit schwerwiegenden, niederdrückenden Problemen durchsuchst, um ihnen beizustehen. Ich habe solch ein Problem. Du sagst, dass das Einzige, was mich für deine Unterstützung qualifizieren kann, meine Bereitschaft ist, dir vollkommen zu vertrauen. Nun, hier bin ich und hier ist mein Herz. Ich werde bei diesem Deal alles auf dich setzen. Ich werde mir jeden anderen schmerzmindernden Plan aus dem Kopf schlagen, den ich mir zurechtgesponnen hatte. Keine Abkommen, keine Kompromisse, kein Plan B. Ich werde die Dinge nicht in meine eigene Hand nehmen. Ich werde auf dich allein schauen.“ Auch wenn es mystisch klingt: Ich fühlte doch, wie eine eigenartige Erleichterung über mich kam. Der Apostel Paulus nennt dies „den Frieden, [...] der alles menschliche Begreifen weit übersteigt“ (Phil 4,7). Es ist schwer zu beschreiben, doch unverkennbar, wenn es in Ihrem Herzen geschieht. Der Frieden kam zum Teil dadurch, dass ich erkannt hatte: Ich war kein Opfer mehr. Ich saß nicht mehr in einer Falle. Ich verließ das Restaurant mit einem Gefühl der Hoffnung, dass Gott mir in all den Schwierigkeiten beistehen würde. Dass ich es schaffen würde. Das Problem verschwand nicht im selben Augenblick oder am selben Tag und auch nicht am nächsten Tag. Aber ich entschied mich, auf ihn (Gott) zu warten, in völliger Hingabe an ihn zu bleiben, darauf zu vertrauen, dass er mir entweder die Lösung bringen oder die Kraft geben würde, um zu verhindern, dass das Problem mich schwächte. Ich muss gestehen, dass jener verstohlene Augenblick in den morgendlichen Stunden bei Burger King der ereignisreichste Moment in jenem Sommer war. Gottes Gegenwart und Gnade waren für mich so real. Der Frieden war süß und durchdringend. Wissen Sie, was Sie über das Christentum herausfinden werden? Dass Sie Ihre erfülltesten, tiefsten, kostbarsten Augenblicke nicht in einer Menschenmenge erleben werden. Es werden jene verstohlenen Augenblicke sein, wenn Sie am Ende Ihres Durchhaltevermögens angelangt sind, wenn 45
Keine Abkommen, keine Kompromisse, kein Plan B. Ich werde die Dinge nicht in meine eigene Hand nehmen. Ich werde auf Dich allein schauen.
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Der Frieden kam zum Teil dadurch, dass ich begriff, dass ich kein Opfer mehr war. Ich saß nicht mehr in einer Falle.
Sie durch Ihr eigenes finsteres Tal gehen und eines dieser vertrauensvollen Bündnisse mit Gott schließen. Wissen Sie was Gott gerade in diesem Augenblick macht? Unter anderem durchsucht er pausenlos den Planeten, auf der Suche nach jemandem, dessen Rücken gebeugt ist unter einer Last oder einer Enttäuschung, unter einem Kummer, einer Sorge, der Müdigkeit oder einer Versuchung. Brauchen Sie gerade dringend starke Unterstützung? Dann sagt er zu Ihnen: „Ich werde dich mittendrin treffen, was auch immer es sein mag. Ich werde dir mit Macht und Sanftmut zur Seite stehen. Ich werde dir in dieser Sache beistehen. Ich werde entweder für eine Lösung sorgen oder dir Kraft schenken, es unter dieser Last auszuhalten und auf der anderen Seite heil wieder rauszukommen. Doch das Geschäft läuft so: Ich will, dass du alles, was du hast, auf mich setzt.“ Alles, wonach er sucht, ist ein Ja. Bill Hybels
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Bibelstudium und geistliche Übung Das Bibelstudium und die Übung sollen Sie dabei unterstützen, durch Ihr eigenes gegenwärtiges „finsteres Tal“ zu gehen, sodass sich auch in Ihrem Leben zeigt, dass Gottes Verheißungen mächtig sind. Planen Sie genügend Zeit ein, um diese geistliche Übung zu Ende zu bringen. Finden Sie eine Zeit und einen Ort, an dem Sie nicht von anderen Dingen abgelenkt werden. Bitten Sie jedoch zunächst Gott, in Ihre Gedanken hineinzukommen. Seien Sie vollkommen aufrichtig zu ihm. Laden Sie ihn ein, zu Ihnen zu sprechen, während Sie Ihre Last zu ihm bringen. 1. Beschäftigen Sie sich intensiv mit Vers 4 des Psalms 23: „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.“ Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit, um diesen Vers mit Ihren eigenen Worten wiederzugeben.
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