7 Über die Berge und das Meer (Ich will von Deiner Liebe singen) Andacht von Theo Eißler
Über die Berge und das Meer / fließt Dein Liebesstrom zu mir. / Vor Dir mach ich mein Herz ganz weit, / denn der mich heilt, der setzt mich frei. / An Deiner Wahrheit freu ich mich / und täglich rufe ich zu Dir, / wie Du mich liebst, davon will ich immer singen. Ref.: Ich will von Deiner Liebe singen, / immer von Deiner Liebe singen. (2x) Br.: Ja, ich könnte tanzen, / auch wenn es töricht scheint. / Doch wenn die Welt Dein Licht erkennt, / tanzen sie mit uns vor lauter Freude.
Originaltitel: Over The Mountains And The Sea (I Could Sing Of Your Love Forever) Text & Musik: Martin Smith Deutsch: Margit Kastner © 1994 Curious? Music Für D,A,CH und Osteuropa: Platz Musikverlage GmbH, Hamburg
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eutschland glaubt noch an die große Liebe, denn wenn man einer Umfrage Glauben schenken darf, sind die Deutschen offenbar hoffnungslose Romantiker. Fast jeder Zweite (45 Prozent) glaubt an die Liebe auf den ersten Blick, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag der Frauenzeitschrift „Woman“ ergab. Und davon, dass es so etwas wie die ganz große Liebe gibt, sind sogar 72 Prozent der insgesamt 1.003 Befragten überzeugt. Den Traumpartner zu finden, scheint allerdings gar nicht so einfach zu sein: 54 Prozent der Befragten haben nämlich im Leben schon zwei bis drei große Lieben gehabt. Rund 9 Prozent der Interviewten haben sogar schon vier bis fünf Partnerschaften hinter sich. Das mit der Liebe ist also so eine Sache. Obwohl wir in Zeiten von Boris Becker, Franz Beckenbauer und Dieter Bohlen leben und Beziehungen schneller wechseln als die Socken, und obwohl in Deutschland jede dritte Ehe in die Brüche geht – oder gerade deswegen –, wollen alle, dass es wieder romantisch zugeht. Wir sind ein Heer von Romantikern, die an den Lippen von Kai Pflaume hängen und sich das Happy End von „E-Mail für dich“ problemlos zehnmal hintereinander ansehen könnten. Doch wir sind nicht nur romantisch, sondern auch ausgesprochen passiv. Wir sind nämlich felsenfest davon überzeugt, dass uns die Liebe zufällt. Ob eine Beziehung tatsächlich hält, scheint an der Laune des Schicksals zu liegen. Wir verlieben uns so schnell, wie wir uns entlieben. Liebe scheint uns wie bei Troubadix aus „Asterix und Obelix“ vom Himmel auf den Kopf zu fallen und irgendwann genauso mysteriös wieder zu verschwinden. Liebe kommt, Liebe geht. Wir fühlen uns wie Marionetten an den Fäden einer großen, schicksalhaften Inszenierung, verhalten uns passiv und erscheinen in Liebesdingen hilflos den Gesetzen der Zeit ausgeliefert. Und so passiert überall dasselbe: dass man sich einfach „auseinander lebt“, sich „kennen verlernt“ und nicht mehr auf derselben „Wellenlänge“ schwimmt. Das Lied „Ich will von Deiner Liebe singen“ erzählt von einer ganz anderen Liebe. Und ich könnte mir vorstellen, dass wir heute so viele Probleme mit der Liebe haben, weil uns genau 32
diese Liebe abhanden gekommen ist. Aber zum Glück liebt Jesus nicht wie ein Mensch, sondern wie Gott. „So wie der Vater mich liebt, habe ich euch meine Liebe erwiesen“, sagt Jesus (Johannes 15,9). Wer erkennen will, wie Jesu Liebe aussieht, muss also erst den Vater selbst kennen lernen. Und Gott legt in seinem „Herzblatt“, wie Johann Albrecht Bengel es genannt hat, die Karten auf den Tisch. Gemeint ist damit die Liebes-Bibelstelle des Johannesevangeliums und die Lieblingsbibelstelle vieler Christen: „Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben.“ (Johannes 3,16) So hat Gott also die Welt geliebt und nicht anders. Gottes Liebe ist an Einsatz und Tatendrang nicht zu überbieten. Das ist nicht menschlich, sondern göttlich. Er gibt alles, er gibt sich selbst. Seinen Sohn. Mehr geht nicht. Wenn wir ehrlich sind, haben wir wahrscheinlich oft ein ziemlich romantisches Bild von Liebe im Sinn, wenn wir dieses Lied singen. Wir denken an den Vater, der uns liebevoll in seine Arme nimmt. Gefühle und Sympathie stehen im Vordergrund. Und das ist auch gar nicht falsch. Aber das allein greift noch zu kurz. König David hat gesungen, als ihm das Wasser bis zum Hals stand. Paulus und Silas sangen im römischen Hochsicherheitstrakt, als sie keine Hoffnung mehr haben konnten, aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen zu werden. Und so hat es auch eine Tante von mir erzählt, die sich an die Nazi-Zeit erinnerte: „Von der ,Reichskristallnacht‘, der Nacht, in der ‚spontan‘ Synagogen angezündet, jüdische Geschäfte geplündert und Juden gequält wurden, hörten wir am nächsten Tag. Wir waren entsetzt, dass so etwas geschehen konnte. Doch keiner fühlte sich herausgefordert, gegen diese Unta33
ten Einspruch zu erheben. Es gab nur einen Pfarrer in Württemberg, der in seiner Predigt am darauf folgenden Sonntag mit sehr deutlichen Worten sagte, dass hier ein schweres Unrecht begangen worden sei. Es war Pfarrer von Jahn aus Oberlenningen. Er wurde dann mittags von der SA abgeholt, furchtbar verprügelt und schließlich auf ein kleines Dach geworfen. Mein Vater besuchte ihn danach und kam sehr bewegt wieder zurück. Pfarrer von Jahn habe gesagt, nie habe er sich so in Gottes Liebe geborgen gefühlt wie da, als ihn die Männer auf das Dach geworfen hätten.“ Jesu Liebe ist nicht nur etwas für Fest-, Sonn- und Feiertage, sondern beweist sich gerade in den schwersten Stunden und dunkelsten Momenten unseres Lebens. Jesus selbst ist die Liebe Gottes in Person. Und die zeigt sich in ganzer Größe eben nicht beim triumphalen „Hosianna“-Einzug in Jerusalem, sondern am Kreuz von Golgatha, denn „niemand liebt mehr als einer, der sein Leben für seine Freunde opfert“. So und nicht anders liebt er uns. Wenn das kein Grund zum Singen ist!
Impuls für das eigene Gebet Mir helfen beim Beten hin und wieder die Worte anderer. Während meiner Geschichte mit Gott habe ich dabei besonders alte Lieder neu für mich entdeckt. Choräle sind wie Schätze, die in der Stille gehoben werden wollen. Als Impuls füge ich deshalb meinen Andachten jeweils den Text eines alten Kirchenliedes an. Zum Mitbeten und Nachsinnen. „Jesu, meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, meine Zier: ach, wie lang, ach, lange ist dem Herzen bange und verlangt nach dir! Gottes Lamm, mein Bräutigam, außer dir soll mir auf Erden Nichts sonst Liebers werden. Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein. 34
Denen, die Gott lieben, muss auch ihr BetrĂźben lauter Freude sein. Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst du auch im Leide, Jesu, meine Freude.“ Johann Frank
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