HAP - HIGHRISE ALEX

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HAP

H O C H H A U S A L E X A N D E R P L AT Z

IEX | Institut fĂźr Experimentelles Entwerfen | Prof. Penkhues


Hochhaus Alexanderplatz Mats Karl Koppe

IEX Institut fĂźr Experimentelles Entwerfen | Prof. Penkhues


I N H A LT

01 HOCHHAUS 02 BERLIN 03 ALEXANDERPLATZ 04 ENTWURF

Hochhaus Alexanderplatz | 10



01 HOCHHAUS

Wer braucht schon ein Hochhaus in Berlin?

D

as Wort Hochhaus setzt sich zusammen aus dem Begriff „Haus“ und aus dem Adjektiv „hoch“. Ein hohes Haus also? In diesem Kontext liesse sich eine simple Skalierung des gutbürgerlichen Familienhauses unterstellen. Das Wort „Haus“ findet sich nicht zu selten in unserem alltäglichen Sprachgebrauch wieder und setzt sich gleich mit der Definition eines, in unseren Breitengraden, aus Stein oder Beton errichteten Gebäudes, welches in verschiedene Stockwerke und Nutzräume aufgeteilt ist. Eine weiterführende Bedeutung ist überflüssig für einen bürgerlichen Massstab. Dabei fragt dieser einzelne Begriff nach nicht weniger als der Aufgabe des Bauens selbst. In Anlehnung an Vitruv, man erinnere sich an „De architectura libri decem“ und die Idee der Urhütte, begründete auch Gottfried Semper den Antrieb zum Bauen in dem menschlichen Drang nach Gemeinschaft, in seiner Anlage der sozialen Kompetenz. Die räumliche Übersetzung dieser Kompetenz bildet dann die Feuerstätte oder der Herd aus, also jener Ort, an dem von jeher verweilt und kommuniziert wird. Allein der Umstand des Verweilen an einem Ort, führt zur

Personalisierung des Raums. Ist der Ort erwählt, so muss es schliesslich um den Schutz der Feuerstelle gehen, denn wo die Natur das Feuer offenbart hat, so verlangt sie danach, die artifizielle Feuerstätte zu löschen. Der Mensch errichtet also zum Schutze seines Kommunikationsraums ein Dach und Wände. Ich muss an dieser Stelle die Behauptung aufstellen, dass mit der Relation zur ursprünglichen Aufgabe des Bauens die Endlichkeit der Skalierung des Begriffs „Haus“ einhergeht. An ihre Stelle tritt jedoch die Multiplikation der Genealogie des Bauens. Bedeutet nichts anderes, als dass die Anzahl derer, die sich im Schutz einer Behausung an genau einer Feuerstätte zusammenfinden endlich ist, die Reihung voneinander unabhängiger Herde jedoch nicht. Das Wort Hochhaus müsste also ersetzt werden durch einen Begriff, der den inhaltlichen Zusammenhang des Umstands erfasst, dass die personalisierten Räume ineinander gefügt werden, was wiederum zu einer Clusterung führt. Um Kritik an einer solchen zu nehmen, muss ich in meiner Erläuterung ausholen:

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Park Inn

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Zoofenster 118 m

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Abb 01: Die acht bislang existierenden Hochhäuser in BerlinHochhäuser und ihre Zentrumsbildung bezogen auf Berlin +100m

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Hochhaus am Alexanderplatz

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Park Inn

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Bahn Tower

Hines Tower

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Kolhoff Tower

Alexa Tower

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Zoofenster

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Atrium Tower

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Treptowers

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Upper West

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Ku-Damm Karree

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Estrel Tower 176 m

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Steglitzer Kreisel

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Abb 02: Die vier+100m geplanten Hochhäuser in Berlin und ihre Zentrumsbildung bezogen auf Berlin Hochhäuser

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Hochhaus am Alexanderplatz

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Der englische Begriff „highrise“ proklamiert, anders als sein deutschsprachiges pendant, nicht die transformierte Beschaffenheit der Bauform, die vor einem derartigen Hochbau dominierend zu Tage trat, sondern einen neuen Typus. Etwas, das hoch aufsteigt und nichts in dem wir höher gelegen hausen. Zwar ging es im späten 19. Jahrhundert in den USA bei der Entwicklung der „skyscraper“ um eine effiziente Ausnutzung der Grundstücke, und doch materialisieren sie den menschlichen Wunsch nach dem Himmel zu greifen. Wir unterstellen einem solchen

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Gebäude ein in die vertikale orientiertes Ziel, was uns als Besucher dazu verleitet den Weg in die Höhe auf uns zu nehmen. Der Weg durch das Gebäude wird zur Aneignung desselbigen. Der Anreiz, der geboten wird, definiert sogleich das Verständnis, das wir dem Bau entgegenbringen.


Abb 03: Home Insurance Building, Chicago

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“Der

englische

Begriff „highrise“

pendant, nicht die transformierte artigen

Hochbau hoch

proklamiert, anders als sein deutschsprachiges

Beschaffenheit

der

Bauform,

die vor einem der-

Tage trat, sondern einen neuen Typus. Etwas, aufsteigt und nichts, in dem wir höher gelegen hausen.” dominierend zu

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das


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02 BERLIN

Mich verwundert die Tatsache nicht, dass die Metropole Berlin trotz seiner Einwohnerzahl von 3.520.031 (Stand Dez. 2015) und seiner Wichtigkeit in Europa, über nur neun Hochhäuser über 100 Metern verfügt. In London hingehen lassen sich 36 finden. Der uninspirierte Begriff des Hochhauses muss in diesem Fall für das fehlende Bestreben oder sogar Verständnis dafür stehen, das wir gesellschaftlich sowie sprachlich aufbringen, uns in die Vertikale zu orientieren. Die Idee der „Kritischen Rekonstruktion“, die in Berlin vor allem nach dem Mauerfall Einzug gehalten hat, lässt mehr Raum für Kritik an sich selbst, als dass sie Kritik an historischen Fragmenten üben würde. Die damit einhergehende Berliner Traufhöhe ist natürlich ein Ärgernis für jedes Konzept des Auftürmens einer urbanen Masse. In einem Bau der Gründerzeit, bzw. dem Wiederaufbau eines solchen Wohnblocks macht die Limitierung der Geschossigkeit natürlich Sinn, wenn jedes dieser Geschosse zumutbar erschlossen werden muss. Hierbei lasse ich wohlwollend den Demographischen Wandel und die Tatsache ausser Acht, wie sich bereits heute die aussenliegenden Fahrstuhlkerne an die so umschwärmten Altbauten heften.

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Der Berliner bewegt sich durch seine städtische Umwelt, die von 22m hohen Blöcken gesäumt wird. Er erfreut sich an den Ausläufern des Hobrechtplans von 1862 und somit an den baulichen Konsequenzen, die den Negativentwicklungen der Industrialisierung entgegenwirkten. Und vermutlich muss er auch nichts ändern, weil genau dieser Massstab seinem Leben entspricht. Ich muss nicht lange ausführen, dass es sich hierbei um einen statischen Zustand handelt, dessen Begründung er aber vermutlich selbst liefert.

„Ideal wäre ein Stadtgebilde zu nennen, in dem sowohl eine Einheit, als gleichzeitig auch eine Atmosphäre der Überschaubarkeit besteht.“ -Oswald M. Ungers, Die Stadt in der Stadt Wir schliessen den Bogen und kehren zu unserer Ausführung und Herleitung des Begriffs „Haus“ zurück. Der Berliner lebt also in seiner Überschaubarkeit, in seinem Viertel in der Stadt, in einer ambivalenten Clusterung des Raums, die den einzelnen Umfang der Feuerstelle nicht zu überwinden vermag.


Abb 04: Hobrechplan Ăœbersichtskarte

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Vertikal

Spitze

Wohnen

Turmbau

Hochplatz

Lernen und erleben Belebung Alex

Sockel

Alexanderplatz

Undergroundmarket

Ubahnanschluss

Abb 05: Collage Hochhaus

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„Es ist heute unser grosses Problem, damit umzugehen, dass die Gegenwart aus der Zukunft gesteuert ist - und eben nicht, wie wir immer dachten, aus der Vergangenheit.“ - Armen Avanessian

Avanessian erkennt diesen Zustand der Zeit, der wohl vor allem Architekten vor Herausforderungen stellen wird. Die Architekturgeschichte wird nicht nur so daher gesagt, viel mehr wird sie als Gestaltungspalette angesehen und die Kenntnis darüber soll entscheiden, wer sich als guter Architekt bezeichnen darf und wer nicht. Es galt in jeder Epoche den jeweiligen Problemen der Zeit mit der Gestaltung nachzufühlen und sie im besten Fall auszuhebeln. Haben wir also in der heutigen Zeit keine Konflikte, die einer Behandlung bedürfen? Bezug nehmend auf eine Ausstellung des Martin Gropius Bau in Berlin von 2016 mit dem Titel „+ultra.gestaltung schafft wissen“, scheinen wir tatsächlich nicht daran interessiert, unser Wissen auszuweiten und uns aus der Sicherheit eines Corbusiers und van der Rohes zu begeben, um ein neues Wagnis einzugehen.

zusätzlich auf theoretische Schriften bezieht, wie sie ja durchaus in Form von Manifesten, Essays usw. zur Verfügung stehen, sondern sich der technologische Fortschritt im Nachbau von Bildern äussert, von Imaginationen, die bereits durchlaufen worden sind. Und natürlich wird in diesem Moment klar, dass Architektur nicht mehr ortsgebunden sein muss. Dass die Wiederholung bereits vorhandener Gestaltungsmuster omnipräsent sein kann und es bei konsequenter Umsetzung des Prinzips wohl auch sein muss. Die Passivität Berlins oder der Berliner in der Umsetzung von urbaner Entwicklung entspricht somit ihrer baulichen Umsetzung. Passivität ist nicht mehr der reine Unwille zum Handeln, sondern die Redundanz von bereits Vorhandenem.

Die Zunft des Architekten ist, kaum wie eine andere, im Besitz der Möglichkeiten, aber ohne den Drang sich der Zukunft zu stellen, bzw. sie als Präsens anzuerkennen. Kurios wird es vor allem dann, wenn sich die Verwertung des „alten“ Gedankenguts nicht mehr

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“Der Berliner bewegt sich durch seine städtische Umwelt, die von 22m hohen Blöcken gesäumt wird. Er erfreut sich an den Ausläufern des Hobrechtplans von 1862 und somit an den baulichen Konsequenzen, die den Negativentwicklungen der Industrialisierung entgegenwirkten. Und vermutlich muss er auch nichts ändern. weil genau dieser Massstab seinem Leben entspricht.” 23 | Hochhaus Alexanderplatz


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03 ALEXANDERPLATZ

D

er Alexanderplatz war schon immer bedeutender Verkehrsknotenpunkt Berlins. Zu diesem Zwecke strebte Martin Wagner als Stadtbaurat schon in den 20er Jahren tiefgreifende Veränderungen der Konstitution des Platzes an. Wagner setzte ich während seiner gesamten Amtszeit intensiv mit Verkehrsfragen und der Dimensionierung von urbanem Raum und „Weltstadtplätzen“ auseinander. Diese wiederum bezog er fast ausschliesslich auf das vorhandene und sich entwickelnde Verkehrsaufkommen. Da er von einer Amortisation der Platzgestaltung nach nur 25 Jahren ausging, musste die integrierte Architektur zwar ästhetischen Grundsätzen entsprechen, sie sollte aber nicht im Begriff sein uneingeschränkt zu verweilen, da man zum Zeitpunkt des Bauens bereits davon ausging, dass sie der Zukunft nicht mehr gerecht werden würde. Die von Peter Behrens im Zuge der Umgestaltung entworfenen Bürogebäude„Alexander“ und „Berolina“ bestehen bis heute.

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Martin Wagners Vision des Alexanderplatzes als Weltstadtplatz konnte nie vollständig realisiert werden, zum einen aus finanziellen Gründen, zum anderen, weil die Nationalsozialisten ihr eigenes Planwerk verfolgten. Für den nationalsozialistischen Architekten Albert Speer und die „Welthauptstadt Germania“ sollte der Alexanderplatz keine Rolle spielen, er bezog sich vielmehr auf die Region westlich des Branderburger Tors. Bis zu seiner fast völligen Zerstörung während des Krieges wurden so keine Veränderung an der Gestalt des Platzes vorgenommen. Alfred Döblin schreibt unter dem Eindruck des durch den von Nazi-Deutschland initiierten 2. Weltkrieg und einem in Schutt liegenden Alexanderplatz:

„Ich trage das Bild der alten Stadt in mir. Sie sollte und musste sich wandeln. Die Stadt konnte es nicht. […] Ein Mensch hat es leichter als eine Stadt, sich zu ändern. Ein Mensch kann sich wandeln. Eine Stadt stürzt ein.“ - Alfred Döblin


Abb 06: Alexanderplatz zu DDR - Zeit

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Am 19. Juni 1950 wurde die beschädigte Georgenkirche gesprengt und somit das letzte erhaltene Wahrzeichen eines „gewachsenen“ Stadtplatzes. Die ideologischen Pläne der SED-Führung sollten den Platz in seinen Grundfesten erschüttern. Denn der Mauerbau und die Abschottung des Gebietes nahmen ihm seine seit jeher bestehende Bedeutung als Verkehrsknotenpunkt. Bestehende U-Bahnlinien wurden getilgt, Haltestellen am Alexanderplatz eliminiert. Der Abriss umstehender Gebäude und der alleinige Wiederaufbau des „Alexander“ und des „Berolina“ führten zu einer Neudimensionierung des Platzes, die sich in einer vier mal so grossen Fläche wie vor des 2. Weltkriegs äusserte. So entstand beispielsweise auf dem Gelände des abgerissenen Polizeipräsidiums, das von den Nationalsozialisten als Gestapo-Zentrale genutzt wurde, ein kaum genutzter Parkplatz, der einmal im Jahr genügend Raum für einen Weihnachtsmarkt bot. Durch all diese Vorkommnisse wurde der Alexanderplatz zu einem passiven städtischen Raum erzogen. Ist man zunächst überschwänglich von einer nicht enden wollenden Entwicklung im 25 Jahrestakt ausgegangen, so wurde ihm in den folgenden Jahrzehnten die Grundlage dieser Entwicklung entzogen. Die DDR strebte einen monumentalen Platz für Aufmärsche und Volksfeiern an und raubte dem „Alex“ seine Bedeutung für ganz Berlin durch Einschränkung der Freizügigkeit aller Berliner.

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Prenzlauer Berg

Prenzlauer Berg

Zentrum Alex

Ost

S Bahn

Unter den Linden + Brandenburger Tor Potsdamer Platz + Stadtmitte

1o o

5o

Meter

Abb 07: Isometrie Alexanderplatz

Isometrie

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Hochhaus am Alexanderplatz

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Der Passivität des Alexanderplatzes sollte eigentlich mit dem Erlebbar machen des Raumes begegnet werden. Zumindest hätte es doch im Zuge der „Kritischen Rekonstruktion“ derartige Tendenzen geben müssen. Man hat sich jedoch mit der angestrebten Durchführung des Kollhoff-Plans von 1993 für eine Weiterführung der Anteilnahmslosigkeit entschieden. Dieser sieht 13 (in der späteren Ausarbeiten werden neun verbleiben) 150m hohe Bürohochhäuser vor, welche ausschliesslich innerhalb der Sockelzone für den ordinären Stadtraum geöffnet werden und den Alexanderplatz in zweiter Reihe säumen sollen. Kurioser Weise wird in all jenen „Epochen“ des Alexanderplatzes immer wieder von einem homogenen Platzgefüge geschwärmt. Immer wieder taucht die unausweichliche Idee auf, dass das alte Gesamtgefüge zugunsten eines neuen weichen muss. Allerdings findet keine wirkliche Weichenstellung für eine inhaltliche Konfigurierung statt. Man bezieht sich auf formale Gegebenheiten, die niemals auf ihre stadträumlichen Qualitäten geprüft werden konnten. Viel mehr versteift man sich auf eine hochtrabende Dialektik. Eine überdimensionierte gläserne Linse oder den Aufmarschplatz, dem Roten Platz in Moskau gleichend. In seiner Beschreibung des Alexanderplatzes im Tagesspiegel vom 20. Februar 1994 kommentiert Michael Bienert die Gesamtsituation „Alex“:

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„Wer Döblins Alexanderplatz wiederfinden will, der muss nur lange genug in diese müden, verschlossenen Gesichter sehen. Er hat Zeit dazu, denn die wenigsten Passanten haben es eilig. Sie bilden lange Schlangen vor den Imbissbuden, und dann stehen sie in den windgeschützten Ecken am S-Bahnhof herum und kauen an etwas. Sie schlingen dampfende Eisbeine, Bockwürste, Döner, Pizzen, Kuchen in sich hinein ohne sichtbare Anzeichen von Genuss. Gehandelt wird alles, was billig ist: Bananen, Zeitungen, Fladenbrot, Schafwollsocken, Lotterielose, Blumen, Lesebrillen. Dunkelhaarige, zwielichtige Gestalten grüssen sich überschwenglich, werfen misstrauische Blicke um sich und zählen Hundertmarkscheine unter freiem Himmel. Ein Säuferkränzchen stösst vor dem Warenhaus mit Bierflaschen an. Das grösste Warenhaus des Ostens saugt pausenlos Hausfrauen in sich hinein und spuckt sie wieder aus.[…] Alexanderplatz nur mit der gleichen Wachheit anschauen wie Döblin, dann wird er dem seinen ganz ähnlich. Wie in den Zwanzigern fehlt es ihm an. Schick, er glänzt nicht, aber dafür ist er einer der wenigen wirklich urbanen Orte in dieser Stadt. Er gibt sich nicht weltstädtisch. Er lebt, ist nicht totzukriegen, ist einfach – berlinisch. Ob er das bleibt, hängt nicht von der künftigen Architektur ab. Nur wenn die Menschen bleiben können, die heute den Alex bevölkern, wird Döblins Platz auch in zehn oder zwanzig Jahren noch zu erkennen sein.“ Man

muss den heutigen

Ob der Alexanderplatz weltstädtisch und berlinisch bleibt, hängt nach dem Autor nicht von der Architektur ab, sondern von den anwesenden Menschen. Und in diesem Falle muss ihm nicht direkt widersprochen, aber sein Gedanke ergänzt werden. Denn die Architektur gibt ein räumliches Angebot vor und dieses bestimmt letztendlich in ihrer Beschaffenheit auch die Beschaffenheit des Zulaufs zum Platz. Hinzu kommt natürlich auch die Frage, ob das zwar heterogene Publikum, in ihrer Tristesse nicht durch etwas mehr räumlichen Enthusiasmus ergänzt werden dürfte.

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Was ist da? - Kino - Kaufhäuser - Hotel - große Geschäftsketten - Marktplatz ?! - S-Bahn - U-Bahn - Busanbindung - Parkmöglichkeiten - Verkehrsknotenpunkt - überregionale Zuganbindung

Was fehlt? -

Bildung Bibliothek Cafés und Restaurants Marktplatz Kunstateliers Studios

Abb 08: “Was fehlt am Alexanderplatz”, Isometrie

1o o

5o

Meter

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Isometrie

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Hochhaus am Alexanderplatz


o

5

1o

25

5o

Meter NORD

MaĂ&#x;stab M 1:1ooo

Lageplan

L1

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Hochhaus Alexanderplatz Mats Karl Koppe

Abb 09: Lageplan Entwurf

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“Durch

Vorkommnisse wurde der Alexanderplatz zu einem passiven städtischen Raum erzogen. Ist man zunächst überschwänglich von einer nicht enden wollenden Entwicklung im 25 Jahrestakt ausgegangen, so wurde ihm in den folgenden Jahrzehnten die Grundlage dieser Entwicklung entzogen.“ all diese

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04 ENTWURF

N

achdem ich nun glaube erläutert zu haben, was unsere sprachlich-kulturell bedingte Einstellung zu einem „Hochhaus“ mit sich bringt, ich einen kurzen Einblick in die Ausgangslage Berlins und im Zeitraffer die neuere Geschichte des Alexanderplatzes dargelegt habe, möchte ich letztlich auch nicht meine persönliche Vorstellung dieser Thesis auslassen. Der Alexanderplatz bedarf, so denke ich, keiner Neugestaltung. Er muss nicht ein weiteres Mal ausgehebelt, sein Dasein muss nicht ein weiteres mal konzeptuell und baulich neu definiert werden. Er existiert bereits und auf eine bestimmte Weise braucht der Berliner ihn. Die zementierte Platzstruktur sollte jedoch aufgebrochen werden, denn der Alexanderplatz als Paradeplatz verneint sich von selbst. Man muss dem urbanen Raum wieder die Möglichkeit geben, durch die Zeit hinweg gestaltet zu werden, ihn also im Werden an sich zu begreifen. Das Gebäude muss sich in den Weg stellen, ihm in die Parade fahren. Das Säumen des Platzes führte zum Vakuum im Inneren.

35 | Hochhaus Alexanderplatz

Deswegen geht es mir um die Ausgestaltung neuer und kleinerer Platzbereiche, die erstmalig ein Zonieren des Freiraums schaffen und so, durch Ergänzung des Baubestands, eine Neuordnung formen werden. Die gewaltige Höhe eines „skyscraper“ integriert sich so über den räumlichen Eingriff in das Gesamtgefüge und entzieht sich nicht unserem Massstab. Ich benannte bereits den Umstand, dass Raum, der für mich nicht erschliessbar ist, absolut irrelevant für mein stadträumliches Empfinden bleibt. Um so wichtiger ist also ein selbstverständliches Einfliessen des Platzes und seiner Nutzer in den vertikalen Raum, um eine Akzeptanz voraussetzen zu können. Der Berliner wird lernen können, sich in unbekannten Raumgefügen wohl zu fühlen und sie sich zu eigen zu machen. Der Aufruf zur urbanen Zukunft bedeutet so auch die Wiederkehr der Massstäblichkeit im Inneren des Gebäudes und der äusseren Platzgestaltung. Letztere erstreckt sich auch in den Untergrund und bietet sich als neuartiger Food - und Street-Markt an, integriert in den Übergang zur U-Bahn. Der Verkehrsstrom, der eines der Hauptcharakteristika des


Hochhaus Alexanderplatz | 36 Perspektive Start-Up Bereich

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Abb 10: “Raumwand”, Isometrie

Maßstabslos

Isometrie Raumwände

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I2

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Hochhaus Alexanderplatz | 38


Abb 11: Schnitt 03

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Alexanderplatzes war und immer noch ist, wird aufgenommen, sein Tempo gedrosselt und hinaufgeführt. Das Durchwegen des Stadtraums wird zum Aufenthalt im Gebäudekomplex. Zu fordern, das gesamte Gebäude sei Stadtraum, ist kaum tragbar und wohl auch nicht erschwünscht. Genau dieses Spannungsfeld zwischen personalisiertem Raum und der Öffentlichkeit lässt die heterogene Masse der Stadt entstehen. Um diese Schnittmengen soll es auch in dem „HAP“ gehen. Das Prinzip vom Öffentlichen in die Privatheit bleibt grundsätzlich, wie in der Horizontalen, auch in der Vertikalen erhalten. Die Bibliothek und Start-Up-Bereiche stellen eine zurückhaltendere Privatisierung dar. Grosse öffentliche Eingangsgesten leiten auch Unentschlossene hinein und fordern zur Neugier auf. Der Nutzer soll, wie in jedem Stadtraum, visuell geleitet erkunden. Bereiche, die generell mit einem längeren Aufenthalt verbunden sind, bieten ebenfalls Eingangsgesten mit entsprechenden öffentlichen Flächen, wobei die interne Logik dieser Raumteile, wie z.B. Wohnbereiche und Hotel, eine sekundäre Erschliessung vorsieht, die sich der direkten und uneingeschränkten Öffentlichkeit entzieht. Dabei bleibt die Raumkonfiguration jedoch weiter ersichtlich.

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BIBLIOTHEK

D

ie Räumlichkeiten der Bibliothek entwickeln sich entsprechend des Gesamtkonzepts. Von der öffentlichen und grossen Geste durchwegt der Besucher den ungezwungeren Raumteil. Entsprechend kann hier offen kommuniziert werden und die Bibliothek gewinnt an öffentlicher Bedeutung für den gesamten Alexanderplatz, da sie wieder gezielt in vertikaler Orientierung am Ort integriert wird. Das digital gesteuerte und automatisierte Archiv, das einem intelligenten Hochregallager ähnelt, ordnet sich rückwärtig zu eben genanntem Kommunikationsraum an und öffnet sich zum privater wirkenden Lesebereich der Bibliothek. Der Übergang von öffentlich

41 | Hochhaus Alexanderplatz

zu privat gleicht hier also eher einer Übersetzung in akustischer Hinsicht, von laut zu leise. Der Raumkörper der Bibliothek wird dreidimensional begriffen und so war es nur konsequent mich dafür zu entscheiden, auch die Dachfläche des Volumens, erschliessbar über Rolltreppen im Void, als allgemein nutzbare Terrasse anzubieten.


Archiv

Buchentnahme

Lesebereich

+1o,oo m

Buchentnahme

Terassse

Kern Intern

Bibliothek

Kern Öffentlich 15,00 m

Kern Öffentlich

15,00 m

+1o,oo m

Vortragsraum

+5,oo m

Lesebereich

o

o,5

1

2

5

1o

Abb 12: Grundriss Bibliothek 01

Meter Maßstab M 1:2oo

Grundriss Bibliothek 3. OG

03

NORD

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WOHNEN

D

ie Addressbildung der Wohnungen im “HAP” erfolgen über den transformierten Vorgarten, also jene private Fläche, die sich in der Öffentlichkeit räumlich verengt und somit eine Schwelle ausbildet. Besucher können, ohne dass eine bauliche Trennung erfolgen müsste, den Schwellbereich wahrnehmen. Nicht “ortskundige” werden intuitiv auf die ambivalente Gemeinschaftsfläche geschleust und können dort verweilen, bzw. ihren Weg durch das Gebäude fortsetzen. Die Wohnkörper sind grundsätzlich als Studios ausformuliert und grösstensteils zweigeschossig. Zoniert werden die Wohnungen ausschliesslich durch den

45 | Hochhaus Alexanderplatz

bedienden Kern mit Erschliessung, Sanitäranlage und Küche. Jeder weitere Innenausbau ist demnach individualisierbar.


Archiv

Erschliessung Wohnungen

Kern Intern

Wohnen

Treffpunkt Bewohner + Öffentlichkeit

Kern Öffentlich 42,00 m

Kern Öffentlich

+25,oo m

o

o,5

1

2

5

+5,oo m

Abb 13: Grundriss Wohnen

1o

Meter Maßstab M 1:2oo

Grundriss Wohnen 9. OG

09

NORD

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Hochhaus Alexanderplatz | 46


START-UPs

E

in Startup und seine Inhalte durchlaufen eine Entwicklung, die im Gebäude einem räumlichen Ablauf entsprechen. Sie beginnen im “Shark Tank”, einem zugänglichen Treffpunkt, um erste Ideen zu formulieren und mögliche Investoren zu acquirieren. Ist man sich einig über die Perspektive des Projektes, wird in einer der oberen Ebenen weitergearbeitet oder man entscheidet sich für die Anmietung einer persönlich zugeordneten Arbeitsbox. Der gesamte Ablauf mündet in der Präsentation des erarbeiteten Produkts, die im Vortragssaal abgehalten werden kann. Diese höchste Ebene des Start-

47 | Hochhaus Alexanderplatz

up-Bereichs kann dann auch, unabhängig von der innen liegenden sekundären Erschliessung, über den öffentlichen Kern erschlossen werden.


Archiv

Vortragsempore

Kern Intern

Austellungsbereich Gründer

59,5o m

Treffpunkt Investoren + Öffentlichkeit

Kern Öffentlich

56,oo m

63,oo m

Kern Öffentlich

Ausstellungsbox

+25,oo m

o

o,5

1

2

5

1o

+5,oo m

Abb 14: Grundriss Start-Ups 01

Meter Maßstab M 1:2oo

Grundriss Start-up Ebene Halle 14. OG

14

NORD

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Hotel

D

ie Öffentlichkeit des Hotels bezieht sich natürlich immer auf die Nutzungsbefugnis, die sich zunächst einmal auf zahlende Gäste beschränkt. Der Aufbau des Hoteleinschlusses ist klassisch angelegt, allerdings wird die Verbindung von den Hotelfluren zum öffentlich nutzbaren Raum nicht aufgegeben. Jede Ebene, die zur Erschliessung der Hotelzimmer dient, ist in ihrem Fortsatz eine öffentlich erschliessbare Ebene mit spezifischen Nutzungen, die im Hotelaufenthalt inbegriffen sind, aber eben auch von Aussenstehenden genutzt werden können. Eine Trennung erfolgt abermals über die athmosphärische

49 | Hochhaus Alexanderplatz

Ausbildung einer Schwellensituation. Das Ziel ist die Aufhebung der Isolierung eines Hotelkörpers und die Entwicklung einer Einbettung in den städtischen Kontext.


Hotel

Lager Waschraum

Laufbänder

98,5o m

Umkleide

Kern Öffentlich

105,5o m

Fitnessstudio

Kern Öffentlich

Bar

+25,oo m

o

o,5

1

2

5

+5,oo m

Abb 05: Grundriss Hotel

1o

Meter Maßstab M 1:2oo

Grundriss Hotel 24. OG

24

NORD

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Büro

D

er Bürotrakt ist nicht mehr über die allgemein öffentlichen Kerne erschliessbar. Seine Nutzung unterliegt einer entsprechenden Befugnis, seine Durchwegung unterliegt einer internen Logik. Die Grossraumbüros sind frei konfigurierbar. Mehrgeschossige Büros werden allerdings nicht mehr in Etagen gedacht sondern verbinden sich visuell, wie auch räumlich, über Lufträume und innere kurze Erschliessungsmöglichkeiten. In den jeweils oberen

51 | Hochhaus Alexanderplatz

Geschossen gibt es trotzdem die Möglichkeit Einzelbüros anzulegen und den Raum weiter zu zonieren und hierarchisieren.


Einzelbüros

Großraumbüro

98,oo m

159,5o m

155,oo m

Besprechungsraum

+25,oo m

o

o,5

1

2

5

+5,oo m

Abb 16: Grundriss Büro

1o

Meter Maßstab M 1:2oo

Grundriss Büro 39. OG

39

NORD

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53 | Hochhaus Alexanderplatz


Abb 17: Schnitt 01

Hochhaus Alexanderplatz | 54


Hochhaus Alexanderplatz Mats Karl Koppe

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Hochhaus Alexanderplatz Mats Karl Koppe

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