Steinle, Neu-Ulm. Meier, New York. Steinle? Günter Steinle: obwohl sehr erfolgreich in Sachen „zukunftsweisendes Bauen“ - ein in der breiten Öffentlichkeit wohl eher nicht so bekannter Name. Meier? Richard Meier: obwohl Star-Architekt - in der breiten Öffentlichkeit auch nicht wirklich geläufiger Name. Fragen Sie mal jemanden, wie man Meier schreibt. Weiß kaum jemand. Fragen Sie mal, was der Architektur-Star gebaut hat. In Ulm sagen vermutlich etliche: den Meierbau. Den Steinle-Bau in diesem Sinne gibt es nicht. Aber. Es gibt den Steinle Wohnbau. Eine GmbH. Und die hat für hiesige Verhältnisse etliches hingestellt, an dem man nicht vorbeikommt. Zum Beispiel am Neu-Ulmer Petrusplatz, alles rund um die früher sogenannte Hieber-Passage. Architekturkritiker, welche in jüngster Zeit in der Stadt herumstreunt sind, stufen gerade dieses Areal um den Kreuzungspunkt Schützenstraße / Hermann-Köhl-Straße / Petrusplatz als das in Innenstadt herausragende Ensemble ein. „Nur hier ist urbane Semiotik zu finden.“ So lautet das knappe, qualifizierende Urteil eines Experten. Ausgerechnet der in Neu-Ulm für seinen kritischen Blick berühmt-berüchtigte Professor Alexander Doderer wollte dieses Ensemble als in städtebaulicher Hinsicht besonders gelungen herausstellen, war ihm doch beim Besuch Neu-Ulms gerade dieses Ensemble am Petrusplatz besonders positiv aufgefallen. Er lobte Steinle ausdrücklich, weil es aus seiner Sicht ausgesprochen gut dem entspricht, was er in seinem neuesten Buch „Feminine Standorte“ (KSB Media GmbH Gelingen, 2013) propagiert: Abkehr von männlicher, Hinwenden zu femininer Semiotik. Das ist für ihn die Antwort auf die Schlüsselfrage „Warum bestimmte Orte eine Zukunft haben und andere nicht“. Femininer Standort? Urbane Semiotik? Mehr als ein Schlagwort. Will sagen: Mit diesem Ensemble sind an zentraler Stelle in Neu-Ulm Zeichen gesetzt worden. Da ist der Wille abzulesen, durch neue Impulse das Städtische ernst zu nehmen; dieses Ensemble ist das Ergebnis des Nachdenkens, wie sich Stadt entwickeln kann und soll; an diesem Quartier ist Konsequenz eines Prozesses, der mit Blick auf eine interdisziplinäre und interkulturell anschlussfähige Perspektive begonnen und zu einem vorläufigen Abschluss gebracht worden ist – aber: nach fortführenden Anstrengungen geradezu schreit. Dazu weiter unten mehr. Machen wir es weniger wissenschaftlich: Günter Steinle hat an dieser für Neu-Ulm bedeutsamen Stelle eine Aufgabe übernommen und zu einem vorläufigen Abschluss gebracht, vor der sich andere immer wieder gedrückt haben. Steinle ging es nicht darum, eine Baulücke zu schließen. Ihn hatte es noch nie gereizt, Rendite-Objekte hinzuklotzen. Meist hat er sich an Projekte gewagt, bei denen es wichtig war, alle möglichen Aspekte von Bauen miteinzubeziehen. Das hat ihn damals, vor 40 Jahren, schon angetrieben; da ist auch heute eine starke Triebfeder seiner beruflichen Passion. Steinle hat bestimmt, was seit wenigen Jahren Architektur-Studierenden als für ihren Beruf wesentlich in besonderen Studiengängen neu nahegebracht werden muss: eben – städtisches Bauen, Bauen in der Stadt zu begreifen als eine äußerst komplexe Angelegenheit,