Zine #4 - Auslage in Arbeit - Hartberg

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ES STEHT GUT#4 DA AUSLAGE IN ARBEIT

ENDBERICHT


#4

ENDBERICHT


#BERICHTE #HINTERGRÜNDE


#HINTERGRÜNDE Der ländliche Raum verändert sich. Wohlwissend und neugierig haben wir im Februar 2017 Hartberg zum ersten Mal besucht. Was beschäftigt die Bewohnerinnen und Bewohner dieser Kleinstadt? Was sind die den Hartberger Alltag bestimmenden Themen, von denen sie uns erzählen werden? Wir waren gespannt. Und sehr bald sehr überrascht.

“Hartberg steckt in einer Krise. Eine Krisenregion. Eine aussterbende Innenstadt. Leerstehende Geschäftslokale.” Es forderte unser Vorstellungsvermögen nicht wenig heraus, diese Attribute auf die pittoreske Innenstadt, die Stadt mit ihren vielen aktiven Vereinen, engagierten Menschen sowie den (buchstäblich) unzählbaren Veranstaltungen in der Innenstadt anzuwenden. Aus unterschiedlichen Regionen Österreichs kommend waren wir ob der Wahrnehmung, bestimmte Entwicklungstrends würden ausschließlich oder speziell akut in Hartberg auftreten, erstaunt.


Wir wussten zum einen, dass wir das Thema der Wahrnehmung der Stadt Hartberg aufgreifen und zugleich an jener Stelle anknüpfen wollen, an der die Auseinandersetzungen mit der Entwicklung kleinstädtischer Strukturen in ländlichen Gebieten meist aufhören. Dies bedeutete wir mussten über Recherchen und konzeptionelles Erfassen hinaus konkrete, sichtbare Impulse setzen, die kein abgeschlossenes Objekt darstellen, sondern einen Raum ermöglichen würden, der die lokale Bevölkerung miteinbezieht.

Regelmäßig vor Ort merkten wir schnell: Hier ist was los. Die Stadt steht gut da. Sie sieht gut aus. Hier müht sich wer. Es drängte das Bedürfnis das vielfältige Engagement, die Mühen und Aktivitäten der Hartberger_innen hinter dem Vorhang hervor - in die Auslage - zu holen und sichtbar zu machen. So wurden die leerstehenden Geschäftsflächen der Innenstadt, als Symptom für etwas das fehlt in Hartberg, mit dem gefüllt, was Hartberg ausmacht. Drei Wochen war die Hartberger Innenstadt vom lokalen Engagement auf eine neue Art und Weise belebt.


#HINTERGRÜNDE „Wir brauchen irgendwas in Hartberg, damit die Touristen kommen!”

„In einer Stadt, in der uns die Bevölkerung von einer Krise berichten?”


Wir fragen uns, wie das zusammen geht und beschlieĂ&#x;en, kein Projekt fĂźr Touristen und Touristinnen zu machen. Sondern eines fĂźr Hartberger und Hartbergerinnen.


Es zeigt sich her. Auf der Suche nach dem, was Hartberg ausmacht, wodurch es sich nach außen präsentieren kann, worüber es sich identifiziert, wollen wir bei diesem Projekt auf die Stadt schauen. Und mit Stadt meinen wir seine vielen Menschen. Wir sind der Auffassung, dass Tourismus nur einer Zufriedenheit der lokalen Bevölkerung folgen kann. Dieser Prozess des sich Darstellens während dem Projekt “Auslage in Arbeit” ist zugleich ein Erkunden von Faktoren, die Hartberg offenbar ausmachen. Es ist eine Suche nach bestehenden Strukturen. Eine Inwertsetzung von Vorhandenem anstatt einer Vermarktung von Neuem. Präsentiert sich eine Stadt wie während des Projekts darüber, was es auf eine relativ natürlich gewachsene Art und Weise zu bieten hat und nicht künstlich erzeugt wurde, wächst die Zustimmung der Bevölkerung zur eigenen Stadt. Diese Zustimmung fördert den sozialen Zusammenhalt, die Bewohner_innen fühlen sich zu ‘ihrem’ Raum zugehörig und wirken dadurch oftmals mit, ihn weiterzuentwickeln. Ein kurzfristig produziertes Image hingegen hat meist nur wenig mit der eigentlichen


Identität der Stadt zu tun, sondern besteht aus einer Idealisierung bestimmter, meist geläufiger, Image-Bilder und greift dadurch häufig zu kurz. Wie der Titel des Projekts betonen soll, steckt hinter der Entwicklung eines geteilten Images bzw. einer kollektiven lokalen Identität, die in der Bevölkerung breite Zustimmung findet, viel Arbeit. Es ist ein Such- und Aushandlungsprozess, der die lokale Bevölkerung miteinbeziehen und ergründen muss, welche Vorstellungen und Visionen die Menschen Hartbergs für die Zukunft haben. Nebeneffekt dieses Prozesses ist die Entwicklung eines Alleinstellungsmerkmals, das die Stadt zugleich sichtbarer und unterscheidbar von anderen Städten macht. In Zeiten in denen der ländliche Raum durch die Umstrukturierung der globalen Wirtschaft, der interregionalen Wanderbewegungen sowie dem demographischen Wandel herausgefordert wird, ist oft nicht zuletzt dieses Zugehörigkeits- und Verbundenheitsgefühl zu einem Ort ausschlaggebend dafür, ob Bürger und Bürgerinnen in ‘ihrer’ Stadt verbleiben bzw. in diese zurückkehren.


INTERKULTURELLES FRAUENCAFÉ Es gibt Tiramisu, Ribiselkuchen und Second-Hand T-Shirts. Das Wetter ist wunderschön an diesem Dienstag, wir entscheiden uns also, das Interkulturelle Frauencafe nach Außen zu verlegen. Eine super Entscheidung. Sadika und die Frauen haben Kuchen mitgebracht, wir machen Kaffee. Für alle die Lust haben gibt es eine Ecke, in der alte Kleider wieder aufgemöbelt werden können. Die Kinder, aber auch wir, nehmen von diesem Angebot gebrauch. Pipa, das Mädchen das im ersten Stock über dem ehemaligen Optiker Achatz wohnt, ist auch wieder dabei. Sie hat uns in der Vergangenheit schon tatkräftig unterstützt. Später kommen ihre Schwestern und ihre Mutter dazu. Die Runde wird immer größer. Franz Brugner

#BERICHT


kommt irgendwann vorbei und bereitet einen Artikel f체r die Kleine Zeitung vor, der B체rgermeister ist auch kurz da. Ein Schneider, aus Syrien kommend, den Sadika von den Deutschkursen im Verein Omega kennt, fertigt im Inneren Taschen an. Einige Freunde und Bekannte sind dabei, es sind quasi total selbstverst채ndlich auch M채nner willkommen.

Insgesamt haben wir einen wunderbar entspannten Nachmittag mitten am Hauptplatz verbracht.


#BERICHT



6C - GYMNASIUM HARTBERG „Es ist der vorletzte Schultag, es kommen sicher viele Klassen vorbei!“ Das sagt die Lehrerin Sonja Jambrovic zu uns ein paar Tage zuvor. Und tatsächlich. Rund um zehn Uhr herum haben wir geschätzt 70 Schüler und Schülerinnen in unserem Leerstand sitzen. Man kann eigentlich nirgends mehr hinsteigen ohne auf einem Teenagerfuß zu landen. Die 6C, um die es hier eigentlich geht, hat einen Musikschwerpunkt. Sie formieren unterschiedliche Bands und spielen bei uns akustisch. Wir sind nach wenigen Minuten bereits schwer beeindruckt. Diese Handvoll Jugendlicher hat ziemlich was drauf, einen ziemlichen Haufen Talent haben wir uns da eingeladen. Parallel bauen sie eine Fotoecke

#BERICHT


auf und verkleiden sich um vor der Kamera zu posieren. Die Berichte, die die Jungs und Mädels über ihre Wege in der Stadt geschrieben haben, schockieren uns beinahe. Die meisten pendeln täglich hierher und verbringen irrsinnig viel Zeit in öffentlichen Verkehrsmitteln. Offensichtlich haben sie sich die Ferien verdient. Es ist ziemlich voll hier, aber um Punkt zwölf sind alle wieder weg.

Bis auf einige Jugendliche, die es sich vor unserer Schiebetür bequem gemacht haben um Karten zu spielen. Wir finden‘s super. So könnte es also hier aussehen.


#BERICHT



KULTURREFERAT RITA SCHREINER Vor einigen Wochen sitzen wir mit Kulturreferentin Rita Schreiner beim Kaffee. Aus ihr strömt es regelrecht:

„Den könnt ihr noch kontaktieren, und von der geb’ ich euch auch gleich noch die Nummer, und vielleicht möchten die auch noch mitmachen…” Wir freuen uns sehr über die vielen guten Hinweise und Kontakte und fragen sie abschließend, ob sie als Kulturreferentin auch temporär in ein momentan ungenutztes Geschäftslokal ziehen möchte. Ja, sehr gerne, sagt sie und unsere erste Mitwirkende ist somit fixiert.

#BERICHT


Am letzten Tag der Aktionen-Reihe verlegt sie ihr Büro in die Räumlichkeiten des ehemaligen Optiker Achatz. Kurz vor Beginn holen wir sie ab und tragen die vielen, vielen Aktionen und Veranstaltungen des Kulturreferats in Form von Katalogen, Folder, Flyer und Poster über den Hauptplatz. Die Atmosphäre ist entspannt, die Besucherinnen bleiben lange und auch wir freuen uns, dass wir abschließend nochmal die Gelegenheit haben, mit Rita ausführlich über alles mögliche rundum Kunst & Kultur in Hartberg zu plaudern.


#FRAGEN UND ANTWORTEN Was war uns wichtig? Uns als von Außen kommende war es wichtig, den Fokus auf die Geschehnisse Hartbergs zu legen und darauf zu verzichten, weitere Leute von außen ins Spiel zu bringen. Weiters war es uns ein Anliegen, die leerstehenden Geschäftslokale mit nicht kommerziellen Nutzungen zu füllen, da wir daran glauben, dass die Belebung einer Altstadt nicht allein von Konsum abhängig sein muss.

Wer sind wir? Wir, Clara, Eva und Susanne, sind drei Studentinnen des Masterstudiums Social Design - Arts as Urban Innovation an der Universität für Angewandte Kunst Wien. Wir kommen aus unterschiedlichen Bereichen wie Raumplanung, Architektur, Landschaftsarchitektur und Politikwissenschaften. Unser Interesse für künstlerische, prozessorientierte Herangehensweisen an Themen rund um die Stadt eint uns. Aus der Steiermark sind wir nicht, obwohl sich die einen oder anderen Wurzeln hier ausmachen lassen. Aufgewachsen in Wien, Oberösterreich und Salzburg sind wir seit langem Wahlwienerinnen.


Warum sind wir hier? Auf Initiative von Ulrike Truger und Einladung von Bürgermeister Marcus Martschitsch. Von Anfang an gab es für das Projekt keine klaren Vorgaben. Wie würden uns mit der Stadt Hartberg beschäftigen, das war klar. Wie, stand uns vollkommen offen.

Wer hat bei uns warum mitgemacht? Wir haben versucht mit möglichst vielen Vereinen, engagierten Personen und Gruppen Kontakt aufzunehmen. Manches ist aus Zeitgründen nicht passiert, anderes war aus demokratischen Gründen nicht möglich. Wir haben außerdem öffentlich und über unterschiedliche Kanäle Menschen aufgefordert, uns mit Ideen zu kontaktieren. Einige Anfragen haben wir bekommen, konnten jedoch solche nicht akzeptieren, welche alleinig dem wirtschaftlichen Vorteil von Einzelpersonen oder Unternehmen zugute kommen würden. Einige Anfragen haben uns leider zu spät erreicht. Weiters war es uns wichtig, keine parteipolitischen Interessen zu vertreten oder diesen einen Raum zu geben. Die Sprechstunde des Bürgermeister Marcus Martschitsch war dabei eine Ausnahme, da seine regelmäßigen Sprechstunden, in denen er ausschließlich ein Ohr für die Hartberger und Hartbergerinnen hat unserer Meinung nach ebenso zum Engagement der Stadt gehört.



DANKE AN: Ulrike Truger, Marcus Martschitsch, Rita Schreiner, Waltraud Ehrenhöfer, Sieglinde Tunner, Wolfgang Kampl, Martina Hauptmann und das Team des Lehrlingshauses Hartberg, Stefan Jagerhofer, Anneliese und Heinz Stibor, Elisabeth Geier, Roswitha Krall, Karin und Andreas Sterlinger, Günther Kriegsauer, Johann Gesslbauer, Harald Kappler, Bauhof Hartberg, Sonja Jambrovic & die 6c des Gymnasiums Hartberg, Jutta Scheruebl, Christian Nüsslein, Herr Fasching, Frau Radl & die 2 dEB der Berufsschule Hartberg, Monika Farukuoye, Helmut Hütter & triBühne Kids, Traude Brugner, Isabelle Bayer und Karl Lueger, Nicole Hartinger und Team, Joachim Engel, Lena Kröll, Stefan Scherf, Sadika Kostmann, Katarina Banfic und die Frauen des Interkulturellen Frauencafés, Thomas Lattinger, Alina Natmessnig, Sarah Wendl, Franz Brugner, Gruber Rosi, Sepp Fink, Monika Kratzmann und Alfred Mayer für eure/Ihre Mitwirkung, Großzügigkeit und Unterstützung. Danke auch an Fritz Borecky und die Big Band, Wolfgang Schmalegger, Annemarie Weinzettl, Rosina SchmelzerZiringer, Franz Breindl und Magic Takes Filmproduktion für euer Interesse, auch wenn die Zusammenarbeit aus diversen Gründen dieses Mal leider nicht geklappt hat. Clara, Eva und Susanne


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