JAGUAR Magazine, 90YRS Celebration

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Zwei Männer –

eine Passion

90 Jahre Zusammenarbeit Emil Frey & Jaguar

A

ls sich Emil Frey und William Lyons 1926 in London kennen lernten, begann eine weltweit wohl einmali­ ge Geschäftsbeziehung. Unbescha­ det überstand sie einen schwarzen Freitag, einen Weltkrieg, sieben Le­Mans­Siege, zahllose Rallye­ und andere Rennerfolge, eine Verstaat­ lichung, eine grosse Öl­Krise, eine Reprivatisie­ rung und nochmals einen Besitzerwechsel.

Die Marke Jaguar hat William Lyons und Emil Frey schon verbunden, als es sie noch gar nicht gab. Was die beiden vom ersten Augenblick an teilten, war ihre Leidenschaft für Motorräder. Beide fuhren Rennen, und beide erfolgreich. Der eine in England, der andere in der Schweiz und in Deutschland. Und beide auch Seitenwa­ gen. Ihre Erfolgsgeschichte gründet auf einer Art Wahlverwandtschaft.

Emil Frey Sir William Lyons (Schweiz, 1898–1995) (England, 1901–1984)

Emil Frey (links im Bild), ein passionierter Motorradrennfahrer, in den 20er-Jahren mit seinem Mechaniker, der gleichzeitig Lehrling in seinem Detailbetrieb war.

«Als ich damals (1924) die übliche Mietvorauszahlung für ein ganzes Jahr geleistet hatte, blieb mir ausser der einfachen Einrichtung, dem Fachwissen und dem starken Leistungswillen nicht viel mehr als das Türschild, auf dem mein Name prangte: Emil Frey, Mechaniker» EMIL FREY IN SEINER AUTOBIOGRAFIE 4


William Lyons, der jüngere der beiden, war seinem späteren Partner zwei Jahre voraus. Mit 21 gründete er 1922 in Blackpool die Swallow Side Car Company. Die stromlinienförmigen, blanken Alu­Seitenwagen verliehen den «Swallows» unwider­ stehlichen Glanz. Es schien, als flögen sie ihrer Zeit wie Schwal­ ben voraus.

Emil Frey war 26, als er 1924 an der Schwingerstrasse in Zürich eine Motorrad­Reparatur­Werkstätte eröffnete. Während er bald auch mit Motorrädern handelte, begann Lyons mit «Coach­ Building». Das war die Zeit, als Karosserien wie einst bei den Kutschen in Handarbeit aufgebaut wurden, Autos in Graubün­ den generell verboten waren und in England der «Red Flag Act» verlangte, dass jedem Auto ein Bote mit roter Flagge vorausging. Aber Frey und Lyons liessen sich nicht beirren.

William Lyons und Emil Frey

Emil Frey mit seiner Schwester und damals engsten Mitarbeiterin Karoline Frey auf seiner richtungsweisenden England-Reise im Oktober 1926.

Der erste

Emil Frey suchte Lieferanten, um sein Geschäft als Importeur zu erweitern. 1926 reiste er erstmals in seinem Leben ins Ausland, an die Motorradaustellung in London. Am letzten Tag stiess er auf William Lyons mit seinen Swallows. «Switzerland, how marvellous», sagte Lyons, der Engländer vom Scheitel bis zur Sohle. Emil Frey, der in seiner Kantigkeit liebenswerte, in seiner Bescheidenheit grosse Mann, wusste: Das ist es! Er hatte die Chance seines Lebens erkannt. Lyons auch. Vor Ablauf einer Stunde war der Vertrag perfekt. Lyons hatte den Sprung ins Ausland geschafft. Und Frey hatte die Generalvertretung – neun Jahre, bevor der erste Jaguar die Werkstatt verliess. Die Zusammenarbeit der beiden ungleichen Männer entwickelte sich mit einer inneren Folgerichtigkeit. Emil Frey eröffnete 1928 eine Zweiggesellschaft in Stuttgart, und William Lyons baute ab 1931 elegante Automobile auf Fahrgestelle der Drittfirma Standard. Nun nannte er seine Fahrzeuge SS (Swallow und Standard) – und Emil Frey hatte bald das Vorzeigemodell SS 1 mit 16 HP in seinen Verkaufsräumen stehen. Kaum jemand ging daran vorbei, ohne mit Neid an die zukünftigen Besitzer zu denken. Vom Erfolg beflügelt, übernahm er eine Reihe weiterer englischer Vertretungen unter seinem Dach. Jeden verdienten Franken investierte er in die Zukunft.

Jaguar Für Lyons in England geriet das Kürzel SS in den folgenden Jahren unter einen düsteren Stern. Der Jaguar SS 100 wurde das Urmodell, dessen elegante Sportlichkeit die Linien seit der Geburtsstunde 1935 bestimmte. Vom ersten Modell an strahlten die langen Spannungsbö­ gen in der Silhouette dieser Marke eine aristokratische Überlegenheit aus, der man das «very british» von Weitem ansah. Aber gegen den Zeitgeist kam auch ein Jaguar nicht an. 5


Schwierige

Jahre

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erklärte das britische Kriegsministerium die gesamte englische Automobilindustrie zu Rüstungsbetrieben. William Lyons SS Car Company fertigte (inzwischen in Foleshill) Flugzeugrümpfe und Tragflächen aus Alumi­ nium: unter anderem für die Spitfires, mit denen britische Piloten so manche Luftkämpfe gegen die deutsche Luftwaffe gewannen.

Der verheerende Brand im Werk an der Browns Lane im Februar 1957. Zahlreiche 3.4, XK 140, MK IX und gar XK SS fielen den Flammen zum Opfer.

In der Schweiz hatte auch Lyons Freund Emil auf seine Weise zu kämpfen. Die Schweizer Automobilwirtschaft war 1939 von einem Tag auf den anderen zusammengebrochen, und Gefreiter Frey – später Leutnant Frey – war im Aktivdienst immer wieder weg vom Geschäft. Er suchte Nischen im Markt, baute mobile Heizradiatoren, verkaufte Fahrräder und erreichte sein Ziel: keine Entlassungen. Am Ende des Krieges standen zwei Mitar­ beiter mehr in seinem Dienst als am Anfang. Von nun an fuhr er gemeinsam mit William Lyons in goldene Zeiten. Die Emil Frey AG wurde zum führenden Unternehmen für Auto­ Import und Garagen in der Schweiz, und jenseits des Kanals machte William Lyons 1945 aus der SS Car Company einen weltweit führenden Automobilhersteller: die Jaguar Cars Ltd.

Die Entstehung des Emil Frey Importzentrums Safenwil unmittelbar an der noch im Bau befindlichen Autobahn Zürich–Bern zu Beginn der 60er-Jahre.

Jaguar wird eine

Legende

William Lyons verstand es, innere Werte wie Tradition und Qualität, Dynamik und Klasse in ästhetischer Form sichtbar zu machen. Sein Design wirkt bis heute ebenso zeitlos wie innova­ tiv. Modelle wie etwa der XK 120 von 1948 und der Mk 2 von 1959 haben Automobilgeschichte geschrieben. Der aufregend sportliche E­TYPE von 1961, aber auch der repräsentative XJ von 1968: Sie alle standen bei der Emil Frey AG im Showroom, zuerst in Zürich, und schliesslich in Safenwil. Man sah ihnen an: Wer einen Jaguar kauft, kauft bleibende Werte. Die Rennerfolge in den Fünfzigerjahren bestätigten, dass die Motoren unter den grossen Hauben den härtesten Prüfungen standhielten. Die 24 Stunden von Le Mans waren damals das grosse Ereignis im Rennsport. Allein zwischen 1951 und 1957 ging Jaguar fünf Mal als Sieger hervor. Wenn das nicht Value for Money versprach – und Emil Freys Rennfahrerherz höherschla­ gen liess. Für Emil Frey wurde die Leidenschaft für Jaguar zu einem Schlüssel seines Erfolgs. 1960 kamen Import und Vertrieb der von William Lyons erworbenen Daimler­Automobile dazu. Die Zahlen stimmten, und schöner noch: Die Freundschaft mit William Lyons währte ein Leben lang.


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Dies spiegelte sich in den darauffolgenden Jahren auch in den Weiterentwicklungen der Jaguar­Automobile wider. So erhielt der Original­XJ 1979 ein weiteres Facelifting durch Pininfarina. Das Auto war so beliebt, dass selbst nach seiner Ablösung durch den XJ40 im Jahr 1986 eine V12­Version mit der Pininfarina­Karosserie noch bis 1992 zum Verkauf angeboten wurde. Der XJ40 markierte für den XJ einen enormen Schritt nach vorn: Mit ihm kamen moderne Stilelemente und Produktionstechniken. Diese Entwicklung wurde 1995 beim XJ40­Nachfolger, dem X300, fortgeführt, der unter der Regie von Geoff Lawson wieder auf sein traditionelles, rundlicheres Design zurückgeführt wurde. Das sportliche Topmodell XJR wurde mit einem Kompressor ausgestattet, um gewaltige Leistungsreserven bereitzustellen. Zwei Jahre später wurde der klassische Jaguar­Reihensechszylinder durch den völlig neuen Aluminium­V8 mit 3.2 und 4.0 Liter Hubraum abgelöst. Im Jahr 2003 folgte ein XJ, der auf seine eigene Art und Weise ähnlich innovativ und bahnbrechend war wie das 68er­Original. Dieses neue Fahrzeug war weiter­ hin unverkennbar ein Jaguar, konnte aber durch seine Aluminiumbauweise mit Agilität, Performance und Sparsamkeit überzeugen, die bis dahin unerreichbar waren. In den Jahren 2006 bis 2014 definierte Jaguar Eleganz neu. Der XK war der erste im neuen Jahrtausend entworfene Jaguar und brachte unter der Leitung von Chefdesigner Ian Callum einen frischen und belebenden Designstil in das Unternehmen. Auch wenn einige seiner Designzüge an die grossen Jaguar vergangener Jahrzehnte erinnerten – insbesondere an den Kühlergrill und die Heckleuchten des E­TYPE – war der XK doch eindeutig ein Produkt des 21. Jahrhunderts. Die Innovationskraft des XK war schon an seinem Äusseren erkennbar, aber auch unter der Motorhaube – mit seinem Aluminium­Monocoque, das sich zuvor im XJ als bahnbrechend erwiesen hatte, und mit allen daraus resultierenden Vorteilen wie Leichtigkeit, Agilität und Sparsamkeit.

Schon oft in seiner langen Geschichte konnte Jaguar die Raffinesse einer Limousine mit dem Kribbeln eines Sportwagens kombinieren, und nirgends gelang dies besser und eindrucksvol­ ler als beim XF. Auf den ersten Blick ein Jaguar – die kauernde Haltung des XF lässt schon im Stillstand seine explosive Kraft erahnen; und er brilliert durch eine Vielzahl technischer und ästhetischer Highlights. Die Attraktivität des XF nahm mit der Einführung des Sportbrake genannten Kombimodells im Jahr 2012 weiter zu. Auch die Legende lebt weiter. Der XJ bietet eine verführerische Kombination von markantem Design, atembe­ raubender Leistung, unvergleichlichem Luxus und absoluter Spitzentechnologie. Der neue XJ markiert einen klaren Bruch zu früheren XJ­Serienmodellen, ist aber immer noch

Der erste

SUV

unverkennbar eine erstklassige Jaguar­Limousi­ ne, die ihre Konkurrenten mit ihrer mutigen und schönen Designsprache unbestreitbar in den Schatten stellt. Doch damit nicht genug: Erstmals in der Geschichte des Autobauers kam 2016 mit dem F-PACE nun auch ein SUV auf den Markt. Der F­PACE ist der Inbegriff eines Jaguars: «Grace, Pace & Space», wie es in einem alten Werbe­ slogan heisst – schön, schnell und geräumig. Dabei bietet er eine hochmoderne Interpretati­ on dank grosszügiger Beinfreiheit vorn und hinten, herausragender Infotainment­Technolo­ gie und der atmosphärischen Innenraumbe­ leuchtung, die cool und stylish den Fahrer im Cockpit begrüsst. Kurzum, alles, was man von einem echten Jaguar erwarten kann. 7


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