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ROARING SIXTIES

Der Lamborghini Miura gilt als Urvater aller Supersportwagen. Als der V12-Stier 1966 am Auto-Salon Genf vorgestellt wurde, rissen die Schönen und Reichen Lamborghini das Auto förmlich aus den Händen. Mehr als ein halbes Jahrhundert später liessen wir in einem Miura SV die Roaring Sixties für einen Tag wieder aufleben.

DAS JAHR 1966 war in vielerlei Hinsicht richtungsweisend. In Europa herrschte der kalte Krieg, der Vietnamkrieg beschäftigte derweil die USA. Musikalisch bestimmten Frank Sinatra oder die Beach Boys die Charts, während die Summer-of-Love-Kultur langsam auf ihren Höhepunkt zusteuerte. Die Gentleman Driver dieser Zeit fuhren Gran Turismo. Dann stellte Ferruccio Lamborghini im März 1966 auf dem Auto-Salon Genf seine neueste Kreation vor. Der Miura schlug ein wie eine Bombe. Der gerade mal 1,05 Meter flache Mittelmotor-Racer begeisterte die Fachwelt und Besucher gleichermassen. Die Ära der Supersportwagen war geboren. Eigentlich wollte Lamborghini «nur» etwa 10 Autos pro Jahr bauen. Am Ende wurden es zwischen 1966 und 1973 insgesamt 764 Exemplare. Der Miura machte Lamborghini zum Mythos.

Der Lamborghini Miura wurde insgesamt 764 Mal gebaut.

Die 300-km/h-Mauer fällt Dazu trug nicht nur die atemberaubende Karosserie bei, die von Marcello Gandini entworfen worden war. Für viele gehört der Miura noch heute zu den schönsten Sportwagen aller Zeiten. Und immer noch mit zu den schnellsten: Als erstes Serienauto durchbrach der Lamborghini Miura SV, der ab 1971 insgesamt 150 Mal gebaut wurde, auch die magische 300-km/h-Marke. Schon damals hatten Cheftestfahrer Bob Wallace und sein noch junger Mitarbeiter Valentino Balboni Narrenfreiheit auf den Landstrassen und der Autostrada rund um Bologna. Im Gegensatz zu Ferrari besass Lamborghini nie eine offizielle Teststrecke. So dürfte auch der gelbe Miura SV mit Chassis-Nummer 5092, der 1973 an den österreichisch-kanadischen Ölmagnaten und Formel-1-Team-Besitzer Walter Wolf ausgeliefert wurde und heute im Lamborghini-Museum steht, die 3 auf dem Tacho vorne vermutlich schon gesehen haben.

V12-Sound vom Besten

Davon bleibe ich ein halbes Jahrhundert später weit entfernt. Weil Lamborghini dieses Jahr seinen 60. Geburtstag feiert, haben die Italiener zur Feier alle ihre 12-ZylinderBoliden aus dem Museum geholt und eine Handvoll Journalisten zu Testfahrten irgendwo im Nirgendwo in den Hügeln der Emilia Romagna eingeladen. Allein schon das Wissen, dass der Lamborghini Miura SV heute in Preisregionen von zwei Millionen Franken gehandelt wird, zügelt meinen Gasfuss. Auch sonst ist Miura fahren richtig schweisstreibend: Der Mittelmotor-V12 in meinem Rücken heizt den Innenraum ordentlich auf, die fünf Gänge wollen manuell und mit Nachdruck eingelegt werden und die Bremse muss im Vergleich zu modernen Autos frühzeitig und kräftig getreten werden, um vor der nächsten Kur- ve das gewünschte Tempo auf dem Tacho zu haben. Schon das ist für jeden mit Benzin im Blut eine wahre Freude. Das Beste kommt jedoch zum Schluss respektive nach jeder Kurve: den rechten Fuss durchtreten, die Drehzahlnadel bis fast 8000 Umdrehungen jagen und dann den nächsten Gang einlegen. So müssen sich Valentino Balboni Anfang der Siebziger oder später Frank Sinatra, Rod Stewart oder Walter Wolf gefühlt haben. Und ich zumindest für einen Tag. (ml)

V12-Motoren haben bei Lamborghini eine lange Tradition.

Nach jeder Fahrt steigt man trotz der Anstrengungen mit einem Grinsen aus

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