avesco Transparent 13

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Transparent Das Magazin für Vermögen, Sinn und Glück

August/2011 Wissen

Sinnstiftendes

Leben

Brillenkauf 2.0

steps for children

der kleine unterschied

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Initiator Dr. Michael Hoppe in Okakarara im Norden Namibias © steps for children


Vorwort

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Liebe Leser Die strategische Sicht

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Prognosefreie Investmentansätze avesco Aktuell

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Investorengespräch und Neues Reporting Wissen

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Brillenkauf 2.0 Sinnstiftendes

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steps for children Kolumne

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Hausvogteiplatz - Vom Schinkenplatz zum Wochenmarkt Zeitläufte

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Vom Irrtum der Raupe Gesellschaft

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Mobilität nach Bedarf Persönlichkeit

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König der Geschichten Leben

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Der kleine Unterschied avesco Intern mein praktikum

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Vorwort

Liebe Leser Der Begriff Zeitläufte ist definiert als ein mit bestimmten Ereignissen erfüllter Zeitabschnitt, also der zeitbedingte Lauf der Ereignisse. Sowohl subjektiv als auch objektiv wächst die Zahl einschneidender Ereignisse pro Zeitabschnitt während unseres Lebens ständig. Gleichzeitig wächst die Berichterstattung über Ereignisse zu einer immer größer werdenden Informationsflut heran. Wie geht es Ihnen damit? Wir bei avesco können uns des Eindrucks nicht entziehen, dass der Wettbewerb der Medien um die Gunst des Publikums zu Lasten der Güte der Berichterstattung geht. Daher kann man zwar viel sehen, hören und lesen, aber oft nur wenig erfahren oder lernen. Immer weniger wird zu Ende gedacht und quälende Fragen bleiben oft unbeantwortet. Wir wollen das ändern und versuchen, in der neuen Rubrik Zeitläufte zu Ende zu denken und Fragen, die uns bewegen, zu beantworten. Ihr

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Die strategische Sicht © Scott Griessel / fotolia.com

Prognosefreie Investmentansätze Erst das Ignorieren von Prognosen gestattet es, vom angestrebten Ergebnis her zu denken (Top-Down) und alle möglichen Handlungsalternativen zu berücksichtigen Prognosen sind Vorhersagen von wichtigen Ereignissen, die in der Zukunft liegen. Besonders zum Jahreswechsel werden sie von vielen Menschen nachgefragt, um das kommende Jahr besser einschätzen zu können. Manche Menschen glauben an eine kollektive Intelligenz und richten sich nach den Entscheidungen Anderer. Einige wenige versuchen ihre Prognose aus dem Gegenteil abzuleiten und entscheiden sich entgegen der Masse (antizyklisch). Einige Menschen verlassen sich auf das, was »Anlagegurus« prognostizieren; wiederum andere glauben, Muster zu erkennen und betreiben Chart-Analysen. Alle genannten Verhaltensweisen verbindet im Kern die Annahme, dass es nur eine Zukunft gibt. Das unterstellt die Hellseherei auch, was uns nachdenklich machen sollte. Ein Beispiel für die Ungenauigkeit von Prognosen sind die jeweils zum Jahresende veröffentlichten DAX-Prognosen von »Finanzexperten«. Die Börsenzeitung vergleicht seit 2006 die DAX-Jahresprognosen von über 20 Großbanken und Vermögensmanagern mit der tatsächlichen Entwicklung. Ergebnis: In den letzten 5 Jahren wichen die Prognosen um durchschnittlich 19,2 % von der tatsächlichen Daxentwicklung ab. Klare und messbare Ziele formulieren Intelligenter erscheint der Ansatz, die Zukunft zu gestalten. Das setzt voraus, dass klare Ziele formuliert

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werden, die zu einem definierten Zeitpunkt zu realisieren sind. Ziele sind stets messbar und zeitlich festgelegt, wie etwa der Wertzuwachs des Vermögens innerhalb eines Anlagehorizonts. Sind Ziele festgelegt, ist die Frage zu beantworten, was heute entschieden werden muss, um diese Ziele zu erreichen. Dadurch distanziert sich der Entscheider sowohl von eigenen als auch von fremden Prognosen und entwickelt seine Strategie aus dem Blickwinkel und vom Zeitpunkt der Zielsetzung her. Statt nach immer neuen Prognosen zu suchen, sollten deshalb Anleger den Jahreswechsel nutzen, um sich darüber klar zu werden, was mit ihrem Vermögen erreicht werden soll. Sie müssen lernen, ihre Hoffnungen und Befürchtungen sowie ihre Erwartungen an die Rendite und die Vermögensverfügbarkeit zu artikulieren. Mit Stringenz und Disziplin zum Anlageerfolg Die daraus entwickelte Anlagestrategie darf keinen Einschränkungen bei der Auswahl von Anlageklassen, wie etwa Aktien, Anleihen oder Beteiligungen, unterliegen. Vielmehr steht die Minimierung des Risikos im Fokus, um die gesetzten Ziele möglichst gefahrlos zu erreichen. Die Voraussetzungen dafür sind fundierte Methodenkenntnisse (zum Beispiel Portfolio-Theorie), uneingeschränkter Zugang zu allen Anlageklassen und die Kompetenz der systematischen Auswahl der besten Manager, die innerhalb der jeweiligen Anlageklasse Anlageentschei-


Die strategische Sicht dungen treffen. Aus Erfahrung sind professionelle Vermögens verwalter - in der Regel im Gegensatz zu Privatanlegern - in der Lage, die einmal festgelegte Anlagestrategie stringent und mit Disziplin umzusetzen, was einen Teil des Erfolges ausmacht. Statt also einem Bottom-Up-Ansatz zu folgen, bei dem aus der Vergangenheit (meist umstandslos) auf die Zukunft geschlossen wird, empfiehlt sich ein Top-DownVorgehen, bei dem das Portfolio unter Nutzung von traditionellen Anlagen (Aktien, Anleihen, Geldmarkt) und alternativen Anlagen (zum Beispiel Unternehmensbeteiligungen, Immobilien, Rohstoffen) vom

gewünschten Ergebnis her optimiert wird. Das TopDown-Verhalten schließt die Prognose-Unabhängigkeit ein. In Verbindung mit der Multi-Anlageklassenstrategie (MAC), die die traditionellen Anlageklassen um alternative Anlageklassen ergänzt, ist dieses Verhalten nicht nur unsystematisch zusammengesetzten Portfolien, sondern auch den ausschließlich mit traditionellen Anlageklassen optimierten Portfolien überlegen. Möchten Sie mehr über prognosefreie Investmentansätze und deren Erfolgsbilanz wissen? Das avesco-Team gibt Ihnen gerne Auskunft. Oliver N. Hagedorn, Markus Spieker

avesco Aktuell

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Investorengespräch und neues reporting Investengespräch mit Quilvest

Reporting im neuen Layout

Private Equity (PE) ist den meisten Deutschen nur in Verbindung mit dem Begriff Heuschrecke bekannt. Dass von PE-Investoren finanzierte Unternehmen in Deutschland rund 8,1% des Bruttosozialprodukts erwirtschaften und ca. 1,19 Mio. Arbeitnehmer beschäftigen, wissen nur wenige. Wie wichtig PE für die Entwicklung von Unternehmen im Allgemeinen und insbesondere in den aufstrebenden Volkswirtschaften rund um den Globus ist, konnte man aus erster Hand am 14. Juli in der avesco-Bibliothek erfahren. Angereist aus Montevideo, informierte Fondsmanager Carlos Héneiné, Mitglied des Investment Komitees von Quilvest, dem drittgrößten Family Office der Welt, über den Nutzen von PE in der Vermögensallokation, warum sich gerade bei PE die Auswahl der richtigen Manager bezahlt macht und welche Chancen PE in den Schwellenländern bietet. Nähere Informationen und einen DVD-Mitschnitt können Sie bei petra.koehler@avesco.de anfordern.

Der Anspruch, unseren Kunden stets exzellente Dienstleistungen zu bieten, ist für das gesamte avesco-Team eine Verpflichtung, die Leistungen und Services kontinuierlich zu verbessern. Ein Beispiel hierfür ist das Quartalsreporting, welches grundlegend überarbeitet wurde. Es gibt nun noch transparenter und verständlicher Auskunft über das individuelle Vermögensportfolio. Exemplarisch für viele kleine Neuerungen in der Darstellungsform und den Inhalten sind die kurze und übersichtliche Vermögensstruktur, das Glossar und die Performanceübersicht mit Trennung nach beweglichem und unbeweglichem Vermögen zu nennen. In der Webpräsentation am 19. Juli haben wir die Neuheiten detailliert vorgestellt und viele positive Rückmeldungen erhalten, wofür wir uns bedanken. Sie sind für uns Motivation und Wegweiser für zukünftige Projekte mit dem Ziel »Service Excellence«. Christian Wieprecht, Petra Köhler

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Wissen

Brillenkauf 2.0 Matthias Hunecke

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© Brille24

Beim Besuch des Brille24-Onlineshops trauen viele Brillenträger ihren Augen nicht: Individuell gefertigte Brillen in Sehstärke, von bester Qualität, das Stück zum Einheitspreis von 39,90 EUR mit Rücknahmegarantie, werden direkt nach Hause geliefert. Das Geschäftsmodell ist einfach: Qualitätsbrillen zum Winzigpreis. Möglich wird das Konzept, weil Brille24 teure Ladenmieten, Zwischenhändler und Lagerkosten schlicht abgeschafft hat. Das Konzept ist ein Angriff auf konventionelle Vertriebsmodelle im Optikbereich und das obwohl der Brillenmarkt schon einmal eine Revolution durchmachte. »Vor 30 Jahren gab es sechs Kassenmodelle«, erzählt der Erfinder von Brille24, Matthias Hunecke, »damals schloss ein gewisser Herr Fielmann aus Cuxhaven einen Vertrag mit der AOK ab und sorgte so dafür, dass hunderte Brillenmodelle in seine Filialen auf Rezept erhältlich waren. Das war damals eine Sensation«, sagt Hunecke. Angesichts Huneckes Geschäftsmodell sieht der konventionelle Vertrieb heute ziemlich alt aus. Das Internet hat neue Wertschöpfungsketten möglich gemacht. Basis des Geschäftskonzeptes sind die grandiosen Möglichkeiten des Onlinehandels und das Ausreizen aller Vorteile der Globalisierung. Während ein durchschnittlicher Optiker am Tag nicht einmal 2 Brillen verkauft und daran jeweils mindestens 200 Euro verdienen muss, um seinen Laden zu erhalten, hat Brille24 laut Hunecke ab August 2011 die Kapazität, dreitausend Brillen täglich zu fertigen, um die Kunden in aktuell 117 Ländern zu bedienen. »So«, sagt Hunecke, »wird das Kaufen von Brillen nicht nur günstiger, sondern auch sicherer, bequemer, schneller und problemloser«. Logistisch funktioniert das so: Der Kunde sucht sich im Internetshop ein Modell aus, probiert dieses mithilfe einer Onlineanprobe, die für Webcam-Besitzer auch in 3D verfügbar ist, an und bestellt das Modell seiner Wahl. Die über 600 angebotenen Gestelle sind vorgefertigt, so dass nur noch die vom Kunden

bestellten Gläser hergestellt und eingeschliffen werden müssen. Nach 7-14 Tagen erhält der Kunde seine Brille direkt nach Hause geliefert. Das ist kaum länger, als wenn er sie im Geschäft gekauft hätte, jedoch spart der Kunde viel Aufwand und Geld. Im Vergleich zu Preisen bei niedergelassenen Optikern ist eine Ersparnis von 80 % des Kaufpreises keine Seltenheit. Auch die Qualität lässt nichts zu wünschen übrig. »Unsere Brillengestelle werden - wie 80 % der in Deutschland verkauften Brillen - in China produziert. Dort arbeiten wir mit verschiedenen gut ausgewählten Auftragsfertigern zusammen, jedoch sitzt am Ende jeder Produktion immer ein QC-Manager, der auf unserer Payroll steht», erklärt Hunecke die gute Qualität seiner Brillen. »Derjenige bekommt ein Fixum und eine Prämie für jeden Fehler, den er findet. Klar, dass sich die Mitarbeiter größte Mühe geben, auch nur den kleinsten Fehler zu finden«, so Hunecke. Manche chinesischen Fabrikationen verweigern inzwischen die Zusammenarbeit mit den anspruchs-


Wissen vollen Deutschen von Brille24, weil es ihnen schlicht zu anstrengend ist. »Einige Geschäftspartner aber fragen uns Löcher in den Bauch und nutzten unser Know-how, um ihre Qualität zu verbessern, damit sie damit auch bei anderen Auftraggebern punkten können«, sagt Hunecke. Während Einstärkenbrillen keine große technische Herausforderung darstellten, mussten für Gleitsichtbrillen, bei denen normalerweise die Pupillenhöhe gemessen wird, lange nach Lösungen gesucht werden, um perfekte Ergebnisse zu liefern. »Inzwischen«, sagt Hunecke, »sind die Ergebnisse so gut, dass wir - nach über 2 Jahren Entwicklungszeit - nun auch Gleitsichtbrillen anbieten können. Ein neues und weltweit einzigartiges Glasdesign macht es möglich. So erreichen wir - ohne die PD-Höhe zu kennen - eine Verträglichkeit von rund 98 % und liegen damit besser als der Branchendurchschnitt.« Auch hinsichtlich der Arbeits- und Produktionsbedingungen legt Hunecke die Latte hoch. »Alle unsere Geschäftspartner stimmen unangekündigten Kontrollen zu, die wir auch wirklich durchführen«, erklärt Hunecke seine gesellschaftliche Verantwortung an internationalen Standorten. Diese Haltung zeigt sich auch in Oldenburg, wo Brille24 vierzig begeisterte und engagierte Mitarbeiter beschäftigt. Hier ist auch die Hotline angesiedelt, um Informationswege möglichst kurz zu halten. »Das hat sich neulich wieder bewährt, als ein Vierundachtzigjähriger eine Brille telefonisch bestellt hat«, sagt Hunecke. »Der Mann hatte sich im Onlineshop bereits ein Modell ausgesucht, wollte dann aber telefonisch kaufen. « Der Serienentrepreneur Hunecke meldete sein erstes Gewerbe bereits einen Monat nach seinem achtzehnten Geburtstag an, es war eine Eventagentur. Huneckes erster Auftrag: Rund 60 Veranstaltungen im Rahmen eines bundesweiten Bandwettbewerbs für Coca Cola. Ein durchschlagender Erfolg wurde auch Huneckes erste Kapitalgesellschaft, ein Mobilfunk-Großhandel. Diesen gründete er noch während des Abiturs und setzte innerhalb von 5 Jahren mit über 100 Mitarbeitern weit über 100 Mio. Euro damit um und war damit ähnlich revolutionär wie heute mit dem Online-Brillenhandel. Die Idee zu Brille24 kam Hunecke auf einer Sprachreise durch China. Nach dieser Reise konnte Hunecke nicht nur auf Chinesisch Essen bestellen, nach dem Weg fragen, oder einem Taxifahrer Anweisungen geben, sondern auch sein eigenes Brillenimperium

aufbauen. »Im Supermarkt der Qingdao Uni gab es einen Shop-in-Shop-Optiker«, erzählt Hunecke. »Weil ich auf meinen Kollegen, der an der Kasse anstand, warten musste, ging ich zu dem Optiker, um meine Sprachskills zu testen. Der Mann gab sich Mühe, mich zu verstehen und ich kaufte ihm aus Dankbarkeit eine Brille ab. Ein paar Tage danach holte ich meine Brille ab und setzte sie mir auf die Nase. Es war fantastisch – eine tolle Qualität und viel, viel billiger als die Brille, die ich wenig früher für einige hundert Euro in Hamburg gekauft hatte. Meine spontane Reaktion war: So etwas müssten wir auch in Deutschland haben«, beschreibt Hunecke die Gründungsidee von Brille24. Sieben Monate später war das Unternehmen online und verkaufte die ersten Brillen. Bis zu seiner Rente will Hunecke das Unternehmen aber nicht führen. »Obwohl mich Brille24 gerade voll in Anspruch nimmt und ich aus heutiger Sicht keine Ahnung habe, was danach kommt, weiß ich, dass ich ein Mensch für die Idee, den Aufbau und das erste Wachstum bin«, sagt Hunecke. »Bis 2013 wollen wir eine Million Brillen jährlich verkaufen, danach sehe ich weiter«, so der Entrepreneur. Persönlich und wirtschaftlich hoch engagiert ist Hunecke bei der Hilfsorganisation »steps for children«. »Ich unterstütze das Projekt mit meiner Zeit und neuerdings auch mit Firmenanteilen«, sagt Hunecke. Das Projekt unterstützt bedürftige Kinder und Jugendliche in Afrika mit der Vision der dauerhaften Selbstversorgung der Kinder ohne fremde Mittel. Mit seiner Spende hofft Hunecke, anderen jungen Entrepreneuren als Vorbild zu dienen und diese zu motivieren, ebenfalls Firmenanteile zu spenden. »Viele Jungunternehmer haben am Anfang nichts zu verschenken«, sagt Hunecke, »viele verdienen gerade genug zum Überleben, aber sie haben eine Währung, die hoffentlich einmal viel wert wird: Die Anteile an ihren Unternehmen«, so Hunecke. Er selber hat soeben 1 % der Brille24-Gruppe an »steps for children« übertragen (aktueller Marktwert ca. 500.000 EUR) und so nicht nur ein gutes Beispiel für andere Gründer geboten, sondern auch Kindern in der Dritten Welt einen Anteil vom ganz großen globalen Kuchen geschenkt. Christiane Meyer-Ricks

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Sinnstiftendes Aidswaisen und andere bedürftige Kinder im Projekt steps for children in Okakarara.

Mehr Menschen zu gesellschaftlichem Engagement zu bewegen ist eines der groSSen Ziele von Dr. Michael Hoppe Dr. Michael Hoppe gründete Ende 2005 eine Stiftung und Anfang 2006 einen Förderverein mit dem Ziel, Menschen für gesellschaftliches Engagement zu gewinnen. »Ich selber sehe mich primär nicht als Stifter, sondern eher als Social Entrepreneur«, sagt der charismatische Manager. Schon mit 22 Jahren gründete er sein Marktforschungsunternehmen WBA, das später gemeinsam mit europäischen Partnern (Ipsos) über die Jahre zu einem der großen Player im Markt entwickelt werden konnte. Dr. Michael Hoppe hatte alles erreicht, was er sich in jungen Jahren gewünscht hatte: Erfolg, Ansehen, Vermögen, eine Familie. Dennoch stellte er sich im Jahre 2002 die Sinnfrage nach seinem Tun und Handeln. »Es war eine weitere große Akquisition geplant und ich fragte mich, ob ich diese Art von Leben weiterführen wollte«, erinnert sich Hoppe heute. Ständig mit dem Flieger in der Welt unterwegs, von Quartal zu Quartal getrieben sein und wenig Zeit für andere Dinge des Lebens. Die Entscheidung für Hoppe, sich aus dem operativen Geschäft zurückzuziehen, war schnell getroffen. Auch die Trennung vom Unternehmen war kurzfristig vollzogen. Darauf folgte ein länger dauernder Selbstfindungsprozess. »Es ist schon merkwürdig, wenn man auf einmal so viel Zeit hat, das Telefon still steht und niemand eine Meinung oder eine Entscheidungen einfordert«, erklärt uns Hoppe. So entschied er sich zunächst für einen Aufenthalt in einem Kloster in Bayern, wanderte anschließend große Teile des Jakobswegs und suchte letztlich auch Klarheit in der Wüste von Nevada. Dabei wurde ihm klar, dass er seine Kompetenzen und seine Expertise, die ihm im Wirtschaftsleben große Erfolge eingebracht hatten, jetzt anderen Menschen

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ganz zur Verfügung stellen wollte. Sehr schnell entschied er sich für die gemeinnützige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. »Ich schaute mir zunächst Projekte in Deutschland an, musste aber sehr schnell feststellen, dass man in der Regel mein Geld gerne annahm - auf meinen Rat wollten die Einrichtungen aber lieber verzichten«, resümiert Hoppe. So sollte das neue Leben des Dr. Hoppe nicht aussehen. Durch Kontakte und viele Gespräche wurde Hoppe auf Projekte in Afrika aufmerksam und lernte gleich auf den ersten Reisen dorthin, dass die sinnvollste Unterstützung nur die Hilfe zur Selbsthilfe sein kann. Das war die Geburtsstunde von steps for children. Die Stiftung steps for children, ansässig in Hamburg, unterstützt bedürftige Kinder und Jugendliche, insbesondere Aids-Waisen in Afrika, später auch in anderen Erdteilen, mit der Vision, dass die Kinder sich dauerhaft selbst versorgen können, ohne auf fremde Mittel angewiesen zu sein. So werden Maßnahmen entwickelt, um die Erziehung und ganzheitliche Entwicklung der Persönlichkeiten der Kinder und Jugendlichen nachhaltig zu unterstützen. steps for children initiiert dabei Projekte (Einkommen erzielende steps), die im gewissen Maß gewinnorientiert sind, wie z.B. in Okakarara die Einrichtung einer Nähstube, eine Computerschule mit Internetcafè, einen Fahrradverkauf mit Reparaturwerkstatt, einen Hühnerstall, Gemüsegarten und Olivenhain. Mit dem Gewinn hieraus erwirtschaften sie einen Beitrag für die »sozialen steps« wie die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in der Vorschule, Suppenküche und Nachmittagsbetreuung. So wird eine dauerhafte Unabhängigkeit von Spenden und der Entwicklungszusammenarbeit erreicht. Der Fo-

© steps for children

steps for children


Sinnstiftendes kus liegt auf Nachhaltigkeit, Hilfe zur Selbsthilfe und Professionalität. Ohne das Engagement der Stiftung würden die Kinder in dieser Region keine Schulausbildung erhalten, die so unverzichtbar ist, um später den eigenen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten und damit den Kreislauf von Armut, Aids und Alkoholismus zu durchbrechen. Mittlerweile hat Hoppe einen Kreis von Freunden, Unterstützern und Multiplikatoren um sich versammelt, »ohne die steps for children noch lange nicht den Erfolg hätte, den wir haben«, strahlt der Social Manager. Einer von ihnen ist Andreas Thümmler, Unternehmer und Kuratoriumsmitglied der Stiftung. »Andreas Thümmler habe ich auf einer Gala kennengelernt und ihm von unseren Ideen und Visionen berichtet. Er war sofort begeistert und seither ist er tatkräftig an unserer Seite«, so Hoppe weiter. Thümmler stellt steps for children sein Netzwerk zur Verfügung

und macht wo es nur geht Werbung für die sozialen Projekte der Stiftung. Über Thümmler lernte Hoppe auch Matthias Hunecke kennen. Hunecke ist der Gründer von Brille24. Sehr innovativ machte Hunecke vor Kurzem der Stiftung ein ganz besonderes Geschenk: ein halbes Prozent Anteile an seinem Unternehmen. Und damit nicht genug: ein weiteres halbes Prozent erhält die Stiftung, wenn es einen Nachahmer dieser innovativen Form des Zustiftens geben wird. »Es gibt viele Wege, gesellschaftliches Engagement zu leben«, sagt Hoppe abschließend, »ich helfe den Menschen gerne, den richtigen Weg für sich zu finden.« Und schon wieder ist ein step in die richtige Richtung geschafft und Hoppes Ziel, mehr Menschen in gesellschaftliches Engagement zu bringen, wieder ein Stück näher gerückt. Christine Kipke

Kolumne

Kolumne

Hausvogteiplatz - Vom Schinkenplatz zum Wochenmarkt Im späten 18. Jahrhundert wurde der historische Platz wegen seines Grundrisses und dem Treiben »unehrbarer Frauen« aus der Umgebung, die das Marktgeschehen des Fleisch- und Fischmarktes mit gestalteten, als Schinkenplatz bekannt. Die Frauen wurden als Schinken oder auch aus dem jiddischen hergeleitet, als Schicksen, bezeichnet. Zu jener Zeit ging es nicht sehr vornehm zu am Platze. Dieser historische Ort erfuhr seine architektonische Neugestaltung im Jahre 1908 unter Einbeziehung der Lennéschen Pläne aus dem 19. Jahrhundert, die Jahre zuvor keine Berücksichtigung fanden. Bis auf den Brunnen, wie wir ihn kennen. Dieser sollte dem Ort, im Herzen der Stadt, als Zierde und Erho-

lungsstätte gereichen. Heute, »the place to be« für Bewohner des Viertels und Touristen. Insbesondere bei Sonnenschein finden sich Menschen ein, die hier unter den schattenspendenden Linden ihre Arbeitspausen verbringen. Seit Mai diesen Jahres, immerhin sind 2 Jahrhunderte vergangen, gibt es wieder einen Wochenmarkt. Die Freude und die Erwartungen der Anrainer sind hoch, die Zeit wird es weisen, wie die Städter dieses Angebot zu würdigen wissen und was die feilbietenden Händler in Zukunft anbieten werden. Elke Kerkhoff

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Zeitläufte

Für uns Zeitzeugen und vermutlich auch unsere nachfolgenden Generationen wird der Unfall von Fukushima als Zäsur in Erinnerung bleiben Zwei Fragen stehen im Mittelpunkt: Wie beherrschbar sind Großtechnologien und wie beherrschen wir Risiken, die davon ausgehen? Bei der Beantwortung dieser Fragen vollziehen wir einen Paradigmenwechsel. Bisher haben wir die Bewertung der Auswirkungen von Ereignissen durch die INES-Skala auf Basis der Technik-Erfahrungen des 19. Jahrhunderts vorgenommen. Eine Kernschmelze in einem Kernkraftwerk mit nachhaltigen Auswirkungen auf noch nicht geborene Menschen und auf die Umwelt mit ihren Nahrungsketten kann nicht mit der Formel »Risiko gleich Eintrittswahrscheinlichkeit mal Schadensausmaß« berechnet werden. Der Unfall in Fukushima spricht dagegen. Sowohl Kernenergiegegner als auch Kernkraftwerksbetreiber sehen das gleichermaßen. Die deutsche Regierung hat zunächst die friedliche Nutzung der Kernenergie forciert und subventioniert, dann den Ausstieg aus der Kernenergie mit den Betreibern vereinbart, dann eine Laufzeitverlängerung beschlossen, schließlich ein Moratorium mit dem sofortigen Abschalten von sieben Kernkraftwerken durchgesetzt, eine Ethikkommission berufen und schließlich entschieden, bis zum Jahr 2022 vollständig aus der Kernenergie auszusteigen. Stellen Sie sich vor, Sie sind Vorstand eines Energieunternehmens, das Kernkraftwerke betreibt. Der Deckungsbeitrag eines Kernkraftwerks beträgt im Durchschnitt zwischen einer halben und einer Million Euro pro Tag. Sie sind auf der Hauptversammlung gegenüber den Stake- und Shareholdern gleichermaßen verpflichtet und Sie haben eine Familie. Gegen die als Nebenbedingung der Laufzeitverlängerung eingeführte Brennelemente-Steuer könnte man klagen und zwi-

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schendurch wäre es möglich gewesen, abgeschaltete Kraftwerke wieder anzufahren. Auf dem Strommarkt stehen Sie im internationalen Wettbewerb. Was würden Sie als Vorstand unternehmen? Bei nüchterner Betrachtung hat dieses Thema fünf Ebenen: 1. Naturwissenschaftlich-technische Ebene: Streit über die Sicherheit der Kernenergie, die Lagerung radioaktiver Stoffe sowie die Weiterentwicklung dieser Technologie 2. Energiewirtschaftliche Ebene: Streit über die Form einer sicheren Stromversorgung zu angemessenen Preisen 3. Politische Ebene: Streit über die Auswirkungen der Rahmenbedingungen für die Nutzung bestehender Energietechniken und der Förderung neuer Technologien 4. Ebene der Nachhaltigkeit: Streit darüber, welche Energieumwandlungsform den Kriterien einer Nachhaltigkeit am besten entspricht 5. Ethische Ebene: Streit über die ethische Verantwortbarkeit der jeweils genutzten Energieform Paradigmenwechsel ist ein Wandlungsprozess – und wir stehen aktuell mittendrin. Soviel wissen wir: 1. Die Sicherheit von Kernkraftwerken ist berechenbar. Analysen zeigen, dass das Risiko eines GAU nicht auszuschließen ist. Deshalb ist es nicht die Frage, ob ein GAU, sondern wann und wo ein GAU stattfindet 2. Der gewohnte Komfort, praktisch unterbrechungslos genügend Strom zu haben, muss durch neue Stromnetzstrukturen, Stromspeicherung und dezentrale Stromquellen erzielt werden. Wenn sich die Genehmigungs- und Umsetzungszeiten nicht

© Gitti Moser / pixelio.de

Vom Irrtum der Raupe


Zeitläufte deutlich verkürzen, werden wir mit Stromengpässen rechnen müssen. Der Strompreis steigt in jedem Falle. 3. Offensichtlich ist es in Deutschland parteipolitisch überlebensnotwendig, die Nutzung der Kernenergie so schnell wie möglich zu beenden. Da wir ein europäisches Verbundnetz haben ist interessant zu beobachten, dass eine Abstimmung mit den Verbundnetzpartnern nicht notwendig erscheint – jedenfalls bisher. 4. Das Wort Nachhaltigkeit hat im Sprachgebrauch Konjunktur. Die Besinnung auf Erneuerbarkeit und Recycling entspricht dem Zeitgeist und gelangt bei zunehmender Knappheit von Ressourcen und wachsender Weltbevölkerung in das öffentliche Bewusstsein. Noch sind wir allerdings weit davon entfernt, ein klares Verständnis dafür zu haben, wann wir wirk-

lich nachhaltig handeln – welchen Betrachtungszeitraum nehmen wir dafür an? 5. Wir sind die erste Generation auf der Welt, die durch den radioaktiven Abfall den kommenden 700 Generationen die Sorge dafür überlässt. Die Endlagerung ist nicht gelöst – das entscheidende Argument für die Unmöglichkeit, die Nutzung der Kerntechnik ethisch zu verantworten. Der Soziologe Ulrich Beck hat vom Irrtum der Raupe gesprochen. Das Tier befindet sich im Stadium der Entpuppung und beklagt das Verschwinden des Kokons, weil sie den Schmetterling der erneuerbaren Energie noch nicht ahnt. Verhalten wir uns wie die Raupe und halten uns zu lange an den Lösungen von gestern fest und übersehen, dass damit die Probleme von morgen nicht zu lösen sind? Prof. Volkmar Liebig

Gesellschaft © Mixage / fotolia.com

Mobilität nach bedarf

Carsharing liegt voll im trend »Warum können wir auf nutzlos herumstehende Autos nicht dann zugreifen, wenn wir sie brauchen? Unbenutzte Fahrzeuge verstellen Firmenparkplätze, Parkhäuser und Parkstreifen, aber wenn wir ein Auto brauchen und keines besitzen, sind wir auf professionelle Autovermieter angewiesen«. Das zu ändern, war und ist das Credo des ersten Deutschen Carsharing zwischen Privatpersonen tamyca (take my car). »Unsere Plattform spricht all diejenigen an, die erkannt haben, dass man Fahrzeuge nicht besitzen muss um sie zu benutzen. tamyca koordiniert Angebot und Nachfrage der Carsharer«, erklärt Michael Minis, CEO der tamyca GmbH. »Wir bieten unseren Nutzern nicht nur Mobilität, wann immer sie gewünscht wird, sondern auch eine Menge Spaß in der

Gemeinschaft. Nicht zu vergessen ist der finanzielle Aspekt. Von privatem Carsharing profitieren beide Seiten: Mieter sparen und Vermieter verdienen«, sagt Michael Minis. Ca. 50 Millionen Fahrzeuge sind laut dem Kraftfahrt-Bundesamt in Deutschland zugelassen. Diese Privatautos werden durchschnittlich nur eine Stunde am Tag genutzt. Den Rest des Tages verursachen sie Kosten, ohne Nutzen zu generieren. Denn Nebenkosten wie Versicherung, Steuern und Reparaturen müssen bei den monatlichen Kosten berücksichtigt werden. Nicht zu vergessen der monatliche Wertverlust. Haben Sie schon einmal für Ihren Wagen die wichtigsten Nebenkosten pro Monat ausgerechnet? Für einen Kleinwagen kommen laut ADAC rund

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Gesellschaft 300 Euro pro Monat zusammen. Der Gedanke, etwas Gutes für die Umwelt zu tun und dabei Kosten zu sparen liegt voll im Trend. So hat sich aus vielen kleinen, privaten Carsharing-Gemeinschaften eine starke Branche entwickelt. Nach Angaben des Bundesverbands Carsharing (bcs) gibt es in Deutschland derzeit schon 125 Anbieter, die in 260 deutschen Städten 5.000 Fahrzeuge an 190.000 registrierte Nutzer vermitteln. Was ist Carsharing? Das Prinzip ist denkbar einfach: Mehrere Personen nutzen ein Auto. Dazu wird ein Vertrag mit einem örtlichen Anbieter geschlossen, eine Kaution hinterlegt und ein monatlicher Fixbetrag entrichtet. Für die Nutzung des Autos, wird dann nur noch ein geringer Zeit-/Kilometertarif entrichtet. Das geeignete Auto, das meist wohnungsnah zur Verfügung steht, wird online aus dem Fahrzeugangebot des Anbieters ausgewählt und mittels Chipkarte oder Schlüssel in Betrieb genommen. Nach Nutzung wird das Fahrzeug wieder an den reservierten Standorten abgestellt - ganz ohne Parkplatzsorgen. Bei dieser Vorgehensweise tut der Nutzer auch etwas für die Umwelt, denn zum einen sind Carsharingflotten durchschnittlich

jünger als private PKWs und stoßen somit auch weniger CO2 aus und zum anderen wird das Auto nur dann verwendet, wenn das Ziel nicht anders zu erreichen ist. So wird automatisch weniger gefahren und die Umwelt wird weniger belastet. Wer aber einfach nur seine Spritkosten begrenzen möchte, kann sich zumindest die immer gleichen Fahrtstrecken mit Arbeitskollegen, Bekannten oder Freunden teilen. Immer mehr Leute suchen Gleichgesinnte, um Fahrgemeinschaften zu bilden. Eine Möglichkeit, diese zu finden, bieten beispielsweise Pendlernetze in Bayern, Nordrhein-Westfalen, im Rhein-Main-Gebiet, in Sachsen und in Stuttgart. Nach Städten geordnet werden hier Mitfahrer für die gemeinsame Bewältigung täglicher Strecken gesucht. Letztendlich muss jeder für sich selber entscheiden, ob er auf sein Auto verzichten kann und ob er nach Alternativmöglichkeiten Ausschau hält. Sich ein Auto zu teilen, lohnt sich laut Bundesverband Carsharing für alle, die es nicht täglich brauchen und im Jahr weniger als 10.000 Kilometer fahren. Aber egal wie man sich danach entscheidet, einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Kristin Hartmann, Miriam RIchter

König der Geschichten Najem Wali

Ein Interview mit dem irakischen Exilautor Najem Wali Eine Stimme wie ein Reibeisen, Haare so schwarz wie das Öl, das aus dem Boden seiner Heimat fließt und ein Lachen, das Gläser zum Klirren bringt. So sitzt der in Berlin lebende irakische Exilautor Najem Wali, dessen neuestes Buch »Engel des Südens« gerade beim Hanser Verlag erschienen ist, im Café am Kreuzberger Ufer und parliert hinreißend selbstverliebt über Berlin und über seine Heimat - die Sprache.

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Persönlichkeit


Persönlichkeit Sie sind 1980 vor Saddam Hussein geflohen. Wie kommt ein junger, mittelloser Iraker nach Berlin? Mit dem Zug. Am 18. Oktober 1980 kam ich mit dem Zug aus Istanbul. Auf der Strecke machte ich überall Station und sah mir zwei, drei Tage lang die großen Städte an. Was wussten Sie über Deutschland? Ich hatte in Bagdad deutsche Literatur studiert und wusste von Deutschland alles über Goethe, über Literatur und über das Theater – aber einen Nudelsalat konnte ich mir nicht bestellen. Warum Berlin? Ein Freund von der Universität in Bagdad war nach Berlin gezogen und ich wollte ihn besuchen. Als ich in Berlin ankam, war er aber bereits nach Paderborn umgezogen. Ich stieg also in die Bahn und fuhr hinterher. Bagdad, Berlin, Paderborn - klingt interessant. Und dann auch noch Hamburg. Während es im Berlin der 80er nur junge und alte Menschen gab und nichts dazwischen, erlebte ich in Paderborn das konservative, mittelständische Deutschland. Mein Freund überredete mich dazu, in Deutschland zu bleiben und ich versuchte mich vergeblich an der Uni in Paderborn einzuschreiben. Also machte ich mich auf den Weg nach Hamburg, wo sich ein anderer Studienkollege niedergelassen hatte. Seit ich im Studium Sartres »Die Eingeschlossenen von Altona« gelesenen hatte, reizte mich Hamburg. Interessanterweise bekam ich sofort ein Zimmer in Altona und im Altonaer Theater spielte es wirklich »Die Eingeschlossenen«. Angesichts so vieler himmlischer Zeichen bekam ich 1987 auch sofort einen Studienplatz für Germanistik. War das Ihre erste Reise nach Europa? Am 14. Juli 1976 wollte ich schon einmal auswandern. Beseelt von dem Gedanken, Filmregie zu studieren, flog ich mit 600 Dollar Kapital von meiner Oma nach Paris. Zwei Monate später war ich pleite. Zufällig sah ich in dem berühmten Café de la Rotonde Sartre und Beauvoir mit eigenen Augen. Das war dann meine Beute. Ab sofort wollte ich nur noch nach Hause und meinen intellektuellen Freunden erzählen, dass ich die Beiden leibhaftig gesehen hatte.

Was ist Heimat? Entfaltung. Heimat ist ein Gebiet, in dem man sich entfalten kann. Hamburg ist in den letzten Jahren stagniert, aber Berlin ist ein Magnet für alle Menschen, die sich entfalten wollen. Aber auch Sprache ist Heimat. An der Grenze konnten sie mir alles wegnehmen und beschlagnahmen, sogar meine Plastiktüte mit Lebensmitteln für die Reise, aber meine Sprache konnte mir niemand nehmen. Sie schreiben in arabischer Sprache, obwohl Sie schon seit 30 Jahren in Deutschland leben? Sprache ist nicht nur Grammatik. Sprache ist eine Denkweise und Hussein und Ali sprechen nun mal nicht Deutsch. Man muss die Figuren reden lassen wie sie denken. Tatsächlich denke ich aber darüber nach, etwas Satirisches in Deutsch zu schreiben. Zum Beispiel habe ich neulich gehört, dass es einen ökumenischen Gottesdienst für die deutsche Frauenmannschaft gegeben hat. Anwesend war auch der Bundespräsident. Von wegen Trennung von Staat und Kirche! Aber es war wohl ein Akt der Verzweiflung im zunehmend an Bedeutung gewinnenden Frauenfußball. 1989 haben die Spielerinnen der deutschen Frauenmannschaft zum WM-Sieg noch jede eine Kaffeemaschine bekommen. Wenn die Deutschen jetzt auf Gottes Hilfe hoffen, ist es Zeit für mich, über sie zu schreiben. Wann haben Sie zu schreiben begonnen? Das begann früh. Ich war zwei Jahre beim Militär. Ohne das Militär gäbe es keine Geschichten. Ich war überall im Land stationiert. Dort in den Kasernen, in diesen Zwangssammelheimen des Irakischen Militärs, begann ich das erste Mal für Geld zu schreiben. Und dort lernte ich meine härtesten Kritiker kennen. Ich schrieb erotische Geschichten auf kleine Zettel und verkaufte sie für einen Dinar. Wem sie nicht gefielen, der kam umgehend zu mir, um sich zu beschweren. Auch die ersten Figuren aus meinen Kurzgeschichten waren alle Soldaten. Sie haben aus allen Umständen das jeweils Beste gemacht! Das Paradies ist nicht umsonst – dafür muss man ackern. Das hätten Adam und Eva mal wissen sollen. Christiane Meyer-Ricks Lesen Sie das komplette Interview auf www.avesco.de

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Leben

frauen denken in bezug auf geldanlagen anders Dass Frauen und Männer unterschiedlich denken, fühlen und handeln, wissen wir nicht erst seit Büchern wie »Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus« oder »Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken«. Eine Umfrage von Merril Lynch Investment Managers und eine Studie der Boston Consulting Group haben gezeigt, dass Frauen Entscheidungssituationen anders bewerten als Männer und dementsprechend handeln – auch in Bezug auf Geldanlagen denken Frauen anders. Sie sind weniger risikobereit, das heißt, sie ziehen es vor, Verluste zu vermeiden anstatt potenzielle Gewinne anzustreben. Die rationale Intelligenz des Menschen ermöglicht es uns, abstrakt zu denken und zu planen, Schlüsse zu ziehen und Probleme zu lösen. Bei Intelligenztests werden die sogenannten kognitiven Fähigkeiten gemessen, aus denen der IQ errechnet wird. Dieser liegt bei Frauen und Männern im Durchschnitt gleich hoch. Unterschiede erkennt man erst, wenn man die einzelnen kognitiven Fähigkeiten untersucht. Die größten Differenzen stellt man bei der Sprache, der räumlich-visuellen Wahrnehmung und der Fähigkeit zu rechnen fest. Bei der Sprache sind die Frauen klar im Vorteil. In den räumlich-visuellen Tests schneiden die Männer im Allgemeinen besser ab. Die dritte Sparte, in der die größten Geschlechtsunterschiede bekannt sind, ist das Rechnen. Mädchen können reine Rechenaufgaben, wie 14 mal 3 minus 17 plus 52 besser lösen, Jungen sind dagegen besser, wenn räumliches Vorstellungsvermögen verlangt ist oder es sich um Textaufgaben handelt. Zwei Theorien (Biologische und Soziologische/

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Psychologische Sichtweise) führen die Unterschiede im Denken zwischen Männern und Frauen auf verschiedene Ursachen zurück: Die erste Theorie besagt, dass alles biologisch festgelegt ist. Das Gehirn entwickelt sich durch Geschlechtshormone. Entweder weiblich, mit einem ausgeprägten Sprachzentrum, oder männlich, mit einer besonders gut entwickelten rechten Gehirnhälfte, die für mathematische Fähigkeiten zuständig ist. Die zweite Theorie hingegen besagt, dass die unterschiedliche Sozialisierung männlicher und weiblicher Babys die Entwicklung unseres Denkens bestimmt. Zum Beispiel wird mit Mädchen mehr geredet, daher sind sie sprachlich weiter als Jungen. Diese hingegen werden dazu ermuntert, mit Bauklötzen zu spielen, wodurch ihr räumliches Vorstellungsvermögen geschult wird. Außerdem wird von Mädchen praktisch erwartet, dass sie schlecht in Mathematik sind, weshalb sie sich selbst oft von vorne herein unterschätzen. Heutzutage sind sich die meisten Experten darüber einig, dass eine Mischung aus diesen beiden Theorien die Ursache für die Unterschiede zwischen den Geschlechtern ist. Was führt nun dazu, dass Frauen anders investieren als Männer? Haben sie weniger Selbstvertrauen als Männer? Die Credit Suisse führt zurzeit Experimente im Bereich Behavioral Finance durch, um zu verstehen, wie Menschen Entscheidungen treffen. Erste Tests ergaben, dass es Frauen nach einer Risiko- und Erfahrungssimulation komplexer Anlageentscheidungen erheblicher leichter fiel, vorherige Investmententscheidungen zu revidieren. Sie lernten aus ihren Fehlern und wiederholten diese

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der kleine unterschied


Leben mit weit geringerer Wahrscheinlichkeit als Männer. Offensichtlich sind Frauen nur dann »risikoscheu«, wenn sie die Zusammenhänge – in diesem Fall die Funktionsweise von Finanzmärkten – nicht hinreichend verstanden und nachvollzogen haben. Sind sie erst auf dem gleichen Wissensstand wie die Männer, dann nähern sich auch die Anlagepräferenzen der Geschlechter an.

In einer Partnerschaft aber sollten Anlageentscheidungen am besten gemeinsam getroffen werden und gut vorbereitet sein. Dann spielen linke und rechte Gehirnhälfte langfristig perfekt zusammen. Mirjam Kesting

avesco intern

Mein Praktikum Christian Wieprecht absolvierte sein Pflichtpraktikum im Rahmen seines Studiums bei avesco im Wertpapiercontrolling.

Herr Wieprecht, Ihr Praktikum neigt sich dem Ende zu. Welche Erwartungen hatten Sie an Ihr Praktikum und inwieweit haben sich diese erfüllt? Da ich meine bisherigen Berufserfahrungen vor dem Studium in einer kaufmännischen Ausbildung und einer anschließenden Festanstellung bei einem großen Industrieunternehmen sammeln konnte, war ich gespannt auf das Arbeiten in einem kleinen aber fokussierten Betrieb der Finanzbranche. Vorrangig wollte ich aber erfahren, inwieweit die in der Corporate-Finance-Vertiefung meines BWL-Studiums erlangten theoretischen Kenntnisse und das angelesene Wissen tatsächlich in der Praxis Anwendung finden. Ich konnte erfahren, wie viele der theoretischen Modelle und Theorien in der Praxis weiterentwickelt und angewendet werden. Sei es das DCF-Verfahren, das verwendet wird um die Rentabilität einer Schiffsbeteiligung einzuschätzen oder Markowitz´ moderne Portfoliotheorie, die eine Grundlage der Depotzusammensetzung darstellt. Ich konnte über die Studiumsinhalte hinaus sehr viel lernen und umfangreiche Einblicke in die berufliche Praxis bei einem unabhängigen Vermögensverwalter erlangen.

Haben Sie Präferenzen für bestimmte Teilbereiche des Wertpapiercontrollings entwickeln können? Die verschiedenen Bereiche, die das Wertpapiercontrolling abdeckt, wie beispielsweise das Family Office, die Portfoliooptimierung oder die beiden Vermögensverwaltenden Fonds, bieten vielfältige Aufgaben. Hinzu kommen Projekte, wie das neue Layout des Quartalsreportings für unsere Klienten. Bei so viel Abwechslung fällt es schwer eine Präferenz zu bilden, da jeder Teilbereich seine eigenen Herausforderungen bereithält. Was können Sie über Ihre Kollegen sagen? Das Arbeiten bei avesco ist nicht nur effizient und zielgerichtet, sondern auch geprägt von einem bereichsübergreifenden Teamgeist. Dieser ist zugleich Ursache und Ergebnis der angenehmen, kollegialen Arbeitsatmosphäre. Wie sieht Ihre Planung für die Zukunft aus? Im Oktober werde ich das letzte Semester meines Studiums absolvieren und anschließend meine Bachelorarbeit schreiben und verteidigen. Aufgrund der positiven Erfahrungen im Praktikum werde ich avesco während dieser Zeit weiter unterstützen. Ab 01.08.2011 wird Frau Seeger-Armbruster als Praktikantin im Wertpapiercontrolling starten. Eine Vorstellung erfolgt in der nächsten TransparentAusgabe. Dzon Mateskovic

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