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Der Knöbl: Markenhändler als Auslaufmodell
Markenhändler als Auslaufmodell
Der A&W-Verlag bildet ein breites Meinungsspektrum ab. Kommentare müssen nicht der Meinung des Verlages entsprechen. Bei der vieldiskutierten Zukunft des Neuwagenhandels und des daran geknüpften Reparatur- und Servicegeschäftes geht es immer um die Kosten- und Risikoverteilung zwischen den Vertragspartnern. Wird es in Zukunft statt – oder neben – den Händlern Agenten, Handelsvertreter und Kommissionäre geben? Worin liegen da die Unterschiede?
Momentan wissen die Kfz-Hersteller mit ihren etablierten Vertriebsnetzen selbst noch nicht, welche der ihnen vorschwebenden Vertriebsvarianten nun in welchem Ausmaß erlaubt sein werden – und welche nicht. Vor allem, da die bisherigen Bestimmungen über die Zulässigkeit vertikaler Vertriebsbindungen – die „Vertical Block Exemption Regulation“ – bereits Ende Mai 2022 auslaufen und die EU-Kommission noch keine Neuregelung zusammengebracht hat.
Eines ist sicher: Die Rechte der Hersteller werden zulasten ihrer bisherigen Händler erweitert. Sie können über neue Internet-Vertriebskanäle ihre Produkte und Dienstleistungen an den Vertriebspartnern vorbei ohne nennenswerte Einschränkungen direkt an alle Endverbraucher verkaufen. Die Überlebenschancen der bisherigen Händler spielen für die Wettbewerbshüter keine Rolle. Sicher ist, dass die
Produzenten auch bei noch so simplen E-Fahrzeugen nicht ganz ohne Schauräume auskommen werden. Nicht irgendwo, sondern möglichst nahe bei den Kunden werden sie ihre Fahrzeuge präsentieren wollen. Irgendwo müssen die Fahrzeuge dann auch den Kunden ausgeliefert und erklärt werden. Und selbst die wartungsärmsten Elektromodelle werden nicht ganz ohne Service und Reparatur auskommen.
Die Händler haben dafür die nötige Infrastruktur. Den
Herstellern geht es darum, sich die dafür erforderlichen Investitionen zu ersparen und das bisherige
Händlernetz auch in Zu-
Dr. Fritz Knöbl ist emeritierter Rechtsanwalt und Publizist
kunft möglichst kostengünstig zu nutzen. Das heißt, auch weiterhin möglichst viele Kosten an die ehemaligen Händler als künftige Absatzmittler auszulagern und diese auch mit neuen Vertriebsstrukturen eng an die Kandare zu nehmen. Dafür eignet sich rechtlich der Kommissionär, wie er im Stellantis-Konzern angedacht ist. Der ist zwar selbstständig und handelt im eigenen Namen – aber gegenüber dem Lieferanten (als Geschäftsherr) weisungsgebunden. Das heißt, er handelt und verkauft im eigenen Namen, jedoch auf fremde Rechnung. Nach außen erweckt er den Anschein, (wie bisher) ein selbstständiger Händler zu sein und schreibt in seinem eigenen Namen auch die Rechnungen. Die Verkaufspreise bestimmt allerdings sein Geschäftsherr – dem er auch alle Forderungen und Vorteile aus seinen Geschäften abtreten muss.
In der Praxis wird ihm zur Verbesserung seiner Verkaufschancen ein entsprechendes – kostenloses – Konsignationslager zur Verfügung gestellt werden. Dessen Umfang und Ausgestaltung wird – abhängig von der jeweiligen Liefersituation – zweifellos Anlass für heftige Diskussionen sein. Vor allem, da es auch künftig Zielvorgaben und Provisionen geben wird und der Kommissionär als selbstständiger Kaufmann schauen muss, mit diesen Provisionen all seine Kosten aus dem Neuwagengeschäft abzudecken.
Handelsagenten (nach österreichischer Rechtslage Handelsvertreter) sind – wie schon bisher in der Praxis die Markenhändler – voll in die Absatzorganisation des Herstellers/Importeurs eingegliedert. Der wesentlichste Unterschied zum Kommissionär ist, dass sie Geschäfte nicht im eigenen Namen, sondern im fremden Namen auf fremde Rechnung abschließen. Statt der vom Händler zu kalkulierenden Handelsspanne bekommen sie für ihre Verkaufsleistung vom Hersteller eine vertraglich vereinbarte Provision. Wahrscheinlich wird ihm in den künftigen Agentursystemen eine entsprechende Abschlussberechtigung eingeräumt werden. Schon deshalb, damit der Kunde – wie schon bisher vom Händler – vom Agenten gleich eine bindende Auftragsbestätigung bekommt.
Ziel der Hersteller ist es, das Vertriebsnetz zu straffen, Kosten zu senken und den Intrabrand-Wettbewerb auszuschalten. Ob dies mit der künftigen vertikalen GVO vereinbar ist, wird sich erst zeigen. •