Jahresbericht 2015 Baden-Württemberg Stiftung

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JAHRESBERiCHT 2015

DiE WÜRDE DES MENSCHEN iST UNANTASTBAR

Artikel 1 GRUNDGESETZ DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND


iNHALT

SEITE 001

Vorwort SEITE 002

Grete oder Die Würde des Menschen ist unantastbar CHRISTOPH DAHL SEITE 005

17 Mal Würde SEITE 054

Bericht des Geschäftsführers SEITE 055

Bericht des Geschäftsführers im Vermögensbereich SEITE 056

Engagement für Zukunft und Heimat S T R AT E G I E

AKTiViTÄTEN SEITE 061

Forschung SEITE 085

Bildung SEITE 105

Gesellschaft & Kultur

BiLANZ SEITE 126

Zahlenteil SEITE 132

Lagebericht SEITE 135

Anhang SEITE 142

Bestätigungsvermerk SEITE 143

Mitarbeiter/-innen SEITE 144

Schriftenreihe SEITE 150

Impressum

bwstiftung.de INFO@BWSTIFTUNG.DE


JAHRESBERiCHT 2015



Die Baden-Württemberg Stiftung ist Impuls- und Ideengeberin: Wir denken weiter. Wir denken vor. Wir stiften Zukunft. Wir haben klare Ziele: Wir initiieren Programme und Projekte und engagieren uns seit 15 Jahren in Forschung und Bildung, für soziale Verantwortung und Kultur. Wir haben einen klaren Auftrag: Wir tragen dazu bei, die Zukunft unseres Landes zu sichern und zu gestalten – gemeinsam mit unzähligen engagierten Bürgerinnen und Bürgern überall in Baden-Württemberg. Als unabhängige und überparteiliche Stiftung des Landes sind wir nicht nur unserem Land und seinen Menschen verpflichtet, sondern auch den fundamentalen Werten, die uns und unser Handeln prägen. Im Spannungsfeld großer gesellschaftlicher Veränderungen gibt uns das Grundgesetz seit 1949 Orientierung und fordert uns auf, Position zu beziehen. Es formuliert die Verantwortung für die Gesellschaft und für den Einzelnen und schärft den Blick auf das, was zählt. Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Vorwort BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG


002

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Grete oder Die Würde des Menschen ist unantastbar  / Christoph Dahl

Ich bin in Reutlingen aufgewachsen, einer Stadt, in die zwischen 1949 und 1961 rund 19.000 Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten kamen. Reutlingen hatte das Glück, dass es trotz bedeutender Industrie nur zu 20 Prozent zerstört wurde. Große Wohnungsbau­ programme ließen neue Siedlungen entstehen. Dass hier Heimatvertriebene wohnten, ließ sich an den Straßennamen ablesen. In meiner Familie wurde ich durch Grete mit Flucht und Vertreibung konfrontiert. Sie war die Haushälterin unseres Großvaters. Grete musste als Deutsche aus dem polnischen Ostrowo vor der russischen Armee fliehen. Sie kam mit Mutter, Schwester und Bruder 1946 in Reut­ lingen an und wurde im Haus unseres Großvaters einquartiert. Er stellte Grete als Pflegerin für seine kranke Frau ein und nahm auch ihre Mutter auf. Grete pflegte nicht nur die zwei alten Frauen liebevoll bis zu ihrem Tod, sondern auch unseren Großvater, der stolze 100 Jahre alt wurde.

Essay BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG

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003

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

Grete war voll in unsere Familie integriert. Neben unserer Mutter, die die A­Mama war, wurde Grete zur B­Mama. Wir nannten sie Bema. Bema kümmerte sich nicht nur mit um unsere Erziehung – sie erzählte uns auch von ihrem Leben. Von der kargen Zeit nach dem ersten Weltkrieg, von Vater und Bruder, die gefallen waren; von der Mutter, die Tag und Nacht nähte, um die Familie über Wasser zu halten, und von der Zeit als Kindermädchen „auf einem großen Gut“. Immer wieder aber kehrte sie in ihren Erzählungen zu den Bildern ihrer Flucht zurück. Als sie mit dem Nötigsten bepackt zu Fuß unterwegs waren, hungrig, frierend und begleitet von der furchtbaren Angst vor „dem Russen“. Bis zur Erschöpfung marschierten sie Richtung Westen. Wir Kinder liebten unsere Bema. Dennoch berührten uns ihre Geschichten nicht tief genug, weil uns die Welt der Erwachsenen im Weg stand. Viele behandelten die Flüchtlinge von oben herab und bezeichneten sie spöttisch als Rucksackdeutsche. Sie lächelten über die „Märchen“ des Verlustes großer Güter. Sie schauten neidisch auf Vergünstigungen und lästerten über die Pflege des Brauchtums in den Landsmannschaften. Sie beobachteten ihren Fleiß und ihren Ehrgeiz mit Argwohn und fürchteten die Konkurrenz in den Handwerksbranchen oder auf dem Wohnungsmarkt. Kritisch betrachteten sie die Konfessionsunterschiede. Im vorwiegend protestantischen Württemberg mied man „die Katholischen“, was in unserer evangelischen Theologenfamilie von besonderem Gewicht war. Alles in allem war die Stimmung zwischen Einheimischen und Vertriebenen nicht gerade herzlich und liebevoll. Doch die Integration gelang, sie musste gelingen. Es gab keine Alternative. 2015 sind fast 1,1 Millionen Menschen in unser Land gekommen. Und sie werden auch weiterhin den Weg zu uns suchen. In den Ländern, aus denen sie fliehen, herrscht Krieg, es gibt Folter und Vergewaltigungen. Die Menschen erleben unmittelbar, dass ihre Würde und ihre Menschenrechte nichts wert sind und andere nicht davon abhalten, diese täglich zu missachten. Seien es die Despoten, die für Terror in ihren Städten sorgen, oder die Schlepper, die ihnen die wenigen Ersparnisse herauspressen, sie in überfüllte Boote pferchen, mit dem Wissen, dass dies ihre letzte Fahrt sein könnte. Männer, Frauen und Kinder suchen Schutz und Sicherheit in unserem Land. Und wenn sie über meterhohe Grenzzäune klettern oder das Flüchtlingslager verlassen konnten und endlich hier ankommen, haben sie nicht nur ihre Heimat verloren, ihre Familie, ihre Freunde, ihren Beruf – von ihrer Würde ist wenig übrig geblieben. Da ist es gut, dass sie hierzulande von vielen Menschen willkommen geheißen werden. Die sich in Erstaufnahmezentren um sie kümmern, bei bürokratischen Fragen helfen, mit ihnen kochen oder sie zu sich nach Hause einladen. Noch nie haben sich so viele Bürgerinnen und Bürger engagiert. Ohne das vielfältige und starke Engagement der Ehrenamtlichen wäre diese Herausforderung nicht zu bewältigen. Die Würde des Menschen ist unantastbar – so steht es in unserer Verfassung. Als die Vereinten Nationen 1948 ihre Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verkündeten, kam die Würde des Menschen gleich an erster Stelle. „Alle Menschen sind frei und gleich an Rechten geboren“,

Essay BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG

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004

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

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heißt es dort. Wenige Monate später, im Mai 1949, verabschiedete der Parlamentarische Rat das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch hier nimmt die Würde eine herausragende Position ein: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Das erste Grundrecht untersteht der sogenannten Ewigkeitsgarantie: Es darf nicht geändert und nicht abgeschafft werden. Es ist die wichtigste Aussage unserer Verfassung. Die Würde des Menschen gehört zu den elementarsten Rechten, die unser Zusammenleben ermöglichen – in Deutschland wie in der Welt. Die jüngsten Entwicklungen machen leider deutlich: Die Würde des Menschen ist antastbar geworden. Auch in Deutschland. Tausende Kilometer entfernt von Terror und Chaos gerät mit dem Rechtsruck in der Republik die Menschenwürde in Gefahr. Neben „Pegida“ erleben die rechtspopulistischen Parteien derzeit großen Zuspruch aus der Bevölkerung. Mit menschen­ verachtenden Parolen und Handlungen verbreiten sie ein Klima, das von Hass, Hetze und menschlicher Verachtung geprägt ist. Wie mögen die Medienberichte, vor allem aber die eigenen Erfahrungen auf die Menschen wirken, die vor Gewalt und Missachtung geflohen sind? Welche Gefühle lösen sie in ihnen aus? Gerade in diesen Zeiten wird deutlich: Um die Würde aller Menschen zu wahren, bedarf es einer Gemeinschaft, die entschieden handelt. Mit unserem Engagement setzen wir ein deutliches Zeichen. Seit unserer Gründung vor 16 Jahren unterstützen wir vielfältige Programme, die dazu beitragen, dass Integration gelingt. Wir ermutigen mit unseren Projekten Menschen unterschiedlicher Kulturen dazu, sich zu begegnen und voneinander zu lernen. Seit 2015 widmen wir uns mit neuen Programmen gezielt geflüchteten Familien, Kindern und Jugendlichen. Integration ist kein einfacher Prozess. Menschen anderer Kulturen, die eine andere Sprache sprechen und anders sozialisiert sind, in unsere liberal geprägte Gesellschaft einzugliedern – das bedeutet für Verwaltung, Politik und die Bevölkerung große Herausforderungen. Die Vermittlung liberaler Werte wie Gleichberechtigung, freie Meinungsäußerung oder das Recht auf Bildung spielt bei allen Projekten, die wir unterstützen, eine entscheidende Rolle. Mit der Flüchtlingssituation sind diese Werte nicht in Gefahr geraten, müssen aber immer wieder neu vermittelt werden. Auf die positiven und bewährten Aspekte unserer „Leit­ kultur“, die im Grundgesetz verankert sind, können wir stolz sein. Unsere Werte sind nicht austauschbar – aber erweiterbar. Denn in dem Moment, in dem wir über gelingende Integra­ tion sprechen, sprechen wir über Dialog, Austausch und ein Miteinander. Bei vielen der von uns unterstützten Projekte haben wir erfahren und können auch wissenschaftlich belegen, wie bereichernd das Zusammenspiel der Kulturen sein kann. Eines muss uns bewusst sein: Kein Fördergeld, kein Wertekanon kann helfen, wenn die Bereitschaft fehlt, die Würde des Einzelnen, unabhängig von seiner Herkunft, Kultur oder Religion, zu achten, wertzuschätzen und als höchste ethische Handlungsmaxime zu betrachten. Es wäre für uns Kinder schöner gewesen, in einem Umfeld aufzuwachsen, in dem Menschen nach dieser Maxime gehandelt hätten. Es hätte unser und Gretes Leben bereichert.

Essay BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG

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005

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DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR 17 BEGRIFFE

SELBSTBEWUSST ? SELBSTBESTiMMT ? PRiVAT ? VERANTWORTLiCH ? FREi ? GRENZENLOS ? GLEiCHGESTELLT ? GLEiCHBERECHTiGT ? BESONDERS ? VERWURZELT ? WERTVOLL ? UNVERLETZLiCH ? GLÄUBiG ? GROSSARTiG ? SOZiAL ? BRÜDERLiCH ? BESCHÜTZT ?

iCH BiN

Die Würde des Menschen ist unantastbar ARTIKEL 1 GG


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBEWUSST

Flagge zeigen

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SELBSTBEWUSST

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBEWUSST

Die Würde des Freiheitskämpfer Menschen ist unantastbar F R I EADRRTIICKHE LS C1 HGIGL L E R


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBEWUSST

Flagge zeigen

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SELBSTBEWUSST

Freiheitskämpfer FRIEDRICH SCHILLER

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBESTiMMT

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Olaf Unverzart Das einhundertste Jahr meiner Oma Was wissen Sie über ihr Leben? Sie wuchs in einem 60-Einwohner-Dorf auf, ihre Eltern hatten einen Bauernhof. Ihre Mutter starb, als meine Oma erst 15 war, deshalb musste sie schon früh Verantwortung übernehmen, sich um die Tiere und ums Essen für die Familie kümmern. Damals gab es dort keinen Strom, keine Autos, kein Telefon. Sie hat nie einen Führerschein gemacht und ist nie geflogen. Ihr Radius umfasste vielleicht drei Kilometer: vom Haus zur Kirche und zur Schule. Meine Oma hat dann in einen Bauernhof im Nachbardorf eingeheiratet, mein Großvater musste gleich nach der Hochzeit 1942 zurück an die Front, und nach Kriegsende geriet er in Gefangenschaft. Erst 1949 kam er zurück. Drei Jahre lang wusste sie nicht, ob er noch am Leben ist. Aber sie hat nie aufgehört, ihn zu lieben. Für mich ist das eine großartige Erkenntnis, dass man jemanden so lange weiterliebt, obwohl er nicht da ist. Ihr Mann starb dann 1986. Sie hat ein entbehrungsreiches Leben geführt, aber sie war deshalb nicht unglücklicher als wir heute. Als sie während dieses Jahres, in dem ich sie begleitete, einmal schwer stürzte, fand sie nichts dabei, dass ich sie fotografiere. Sie meinte, die Schmerzen gehören zu ihrem Alltag. Sie sind ein großer Teil des Altwerdens.

ZEITmagazin 11/2016 „EIN JAHR MIT IHR “ VON ANNABEL WAHBA IM GESPRÄCH MIT OL AF UNVERZART


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SELBSTBESTiMMT

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBESTiMMT

DieDas einhundertste Jahr meiner Oma Würde des Menschen ist unantastbar O LAARFT IUKNEVLE 1R ZGAGR T


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBESTiMMT

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Olaf Unverzart Das einhundertste Jahr meiner Oma Was wissen Sie über ihr Leben? Sie wuchs in einem 60-Einwohner-Dorf auf, ihre Eltern hatten einen Bauernhof. Ihre Mutter starb, als meine Oma erst 15 war, deshalb musste sie schon früh Verantwortung übernehmen, sich um die Tiere und ums Essen für die Familie kümmern. Damals gab es dort keinen Strom, keine Autos, kein Telefon. Sie hat nie einen Führerschein gemacht und ist nie geflogen. Ihr Radius umfasste vielleicht drei Kilometer: vom Haus zur Kirche und zur Schule. Meine Oma hat dann in einen Bauernhof im Nachbardorf eingeheiratet, mein Großvater musste gleich nach der Hochzeit 1942 zurück an die Front, und nach Kriegsende geriet er in Gefangenschaft. Erst 1949 kam er zurück. Drei Jahre lang wusste sie nicht, ob er noch am Leben ist. Aber sie hat nie aufgehört, ihn zu lieben. Für mich ist das eine großartige Erkenntnis, dass man jemanden so lange weiterliebt, obwohl er nicht da ist. Ihr Mann starb dann 1986. Sie hat ein entbehrungsreiches Leben geführt, aber sie war deshalb nicht unglücklicher als wir heute. Als sie während dieses Jahres, in dem ich sie begleitete, einmal schwer stürzte, fand sie nichts dabei, dass ich sie fotografiere. Sie meinte, die Schmerzen gehören zu ihrem Alltag. Sie sind ein großer Teil des Altwerdens.

ZEITmagazin 11/2016 „EIN JAHR MIT IHR “ VON ANNABEL WAHBA IM GESPRÄCH MIT OL AF UNVERZART


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SELBSTBESTiMMT

Das einhundertste Jahr meiner Oma OLAF UNVERZART

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DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBESTiMMT

Das einhundertste Jahr meiner Oma OLAF UNVERZART

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SELBSTBESTiMMT

Das einhundertste Jahr meiner Oma OLAF UNVERZART

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

SELBSTBESTiMMT

Das einhundertste Jahr meiner Oma OLAF UNVERZART

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

SELBSTBESTiMMT

Das einhundertste Jahr meiner Oma OLAF UNVERZART

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


_ DU DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

PRiVAT

Mann

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PRiVAT

PRiVAT

Die Würde desIdentität # Menschen01 ist unantastbar ARTIKEL 1 GG

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


_ DU DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

PRiVAT

Mann

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PRiVAT

Identität # 01

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PRiVAT

Identität # 02

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_ICH PRiVAT

Frau

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VERANTWORTLiCH

Protest #01

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VERANTWORTLiCH

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VERANTWORTLiCH

Die Würde desIdentität # Menschen03 ist unantastbar ARTIKEL 1 GG


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VERANTWORTLiCH

Protest #01

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VERANTWORTLiCH

Identität # 03

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FREi

Protest #02 STUT TGART

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FREi

FREi

Die Würde des Protest #03 Menschen ist unantastbar AH R TOINKGEKL O1N G G

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DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

FREi

Protest #02 STUT TGART

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FREi

Protest #03 HONGKONG

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GRENZENLOS

Grenze TÜRKEI / SYRIEN

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GRENZENLOS

GRENZENLOS

Die Würde desMauerspecht Menschen ist unantastbar A R TBI EKRE LL I N 1 GG

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

GRENZENLOS

Grenze TÜRKEI / SYRIEN

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GRENZENLOS

Mauerspecht BERLIN

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


_ ENABLED DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

GLEiCHGESTELLT

Was geht

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_ DISABLED BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GLEiCHGESTELLT

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

GLEiCHGESTELLT

Die Würde des Menschen Was steht ist unantastbar ARTIKEL 1 GG


_ ENABLED DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

GLEiCHGESTELLT

Was geht

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_ DISABLED BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GLEiCHGESTELLT

Was steht

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GLEiCHBERECHTiGT

Normal # 01

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GLEiCHBERECHTiGT

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GLEiCHBERECHTiGT

Die Würde des Normal # Menschen02ist unantastbar ARTIKEL 1 GG


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GLEiCHBERECHTiGT

Normal # 01

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GLEiCHBERECHTiGT

Normal # 02

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BESONDERS

Unsichtbar

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BESONDERS

BESONDERS

Die Würde des Menschen Sichtbar ist unantastbar ARTIKEL 1 GG

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DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

BESONDERS

Unsichtbar

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BESONDERS

Sichtbar

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VERWURZELT

Kuckuck SCHWARZWALD

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VERWURZELT

VERWURZELT

Die Würde des Menschen Larry ist unantastbar W OARRLTDI KWE ILD1E GWGE B

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DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

VERWURZELT

Kuckuck SCHWARZWALD

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VERWURZELT

Larry WORLD WIDE WEB

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WERTVOLL

Badetuch (Kuba) OLAF UNVERZART

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WERTVOLL

WERTVOLL

Die Würde des Ziege (Mexiko) Menschen ist unantastbar O LAARFT IUKNEVLE 1R ZGAGR T

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WERTVOLL

Badetuch (Kuba) OLAF UNVERZART

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WERTVOLL

Ziege (Mexiko) OLAF UNVERZART

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UNVERLETZLiCH

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Gerhard Richter Birkenau (2014) Ihre dritte Auseinandersetzung mit dem Holocaust folgte 2008. Die wurde ausgelöst durch eine Abbildung in der F.A.Z. mit einer Besprechung des Buchs „Bilder trotz allem“ von Georges Didi Huberman. Das Foto zeigt die Verbrennung von Leichen, und die Häftlinge die das tun, sehen aus wie Gartenarbeiter, die Abfälle verbrennen. Das stand in so einem erschreckenden Gegensatz zum tatsächlichen Geschehen. Spielt es für Sie eine Rolle, dass diese vier Aufnahmen von Häftlingen selbst gemacht worden sind? Darin liegt ihre Besonderheit. Die Fotos wurden im Sommer 1944 heimlich unter Lebensgefahr gemacht und aus dem Lager geschmuggelt. Der Fotograf und seine Helfer wurden in Birkenau ermordet. Sie vermitteln eine völlig andere Stimmung und Aussage als die Fotos, die man kennt. Als ich das Buch gekauft habe, sah ich, dass es vier Bilder sind, und da entstand dann die Idee, das doch zu malen – trotz meiner Zweifel, dass das funktionieren würde, dass ich durchs Abmalen „Bilder“ erzeugen könnte. Im Herbst 2014 fing ich an, diese vier Bilder auf die Leinwände zu übertragen und merkte bald, dass es nicht geht. Also abkratzen und neu malen, so lange, bis ich die vier abstrakten Bilder hatte.

FAZ.NET VOM 25.02.2016: „MAN KANN AUSCHWITZ NICHT ABMALEN“ VON JULIA VOSS UND PETER GEIMER


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UNVERLETZLiCH

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

UNVERLETZLiCH

Die Würde des Menschen Begräbnis ist unantastbar A ARUT SI KCEHLW 1I TGZG


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

UNVERLETZLiCH

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Gerhard Richter Birkenau (2014) Ihre dritte Auseinandersetzung mit dem Holocaust folgte 2008. Die wurde ausgelöst durch eine Abbildung in der F.A.Z. mit einer Besprechung des Buchs „Bilder trotz allem“ von Georges Didi Huberman. Das Foto zeigt die Verbrennung von Leichen, und die Häftlinge die das tun, sehen aus wie Gartenarbeiter, die Abfälle verbrennen. Das stand in so einem erschreckenden Gegensatz zum tatsächlichen Geschehen. Spielt es für Sie eine Rolle, dass diese vier Aufnahmen von Häftlingen selbst gemacht worden sind? Darin liegt ihre Besonderheit. Die Fotos wurden im Sommer 1944 heimlich unter Lebensgefahr gemacht und aus dem Lager geschmuggelt. Der Fotograf und seine Helfer wurden in Birkenau ermordet. Sie vermitteln eine völlig andere Stimmung und Aussage als die Fotos, die man kennt. Als ich das Buch gekauft habe, sah ich, dass es vier Bilder sind, und da entstand dann die Idee, das doch zu malen – trotz meiner Zweifel, dass das funktionieren würde, dass ich durchs Abmalen „Bilder“ erzeugen könnte. Im Herbst 2014 fing ich an, diese vier Bilder auf die Leinwände zu übertragen und merkte bald, dass es nicht geht. Also abkratzen und neu malen, so lange, bis ich die vier abstrakten Bilder hatte.

FAZ.NET VOM 25.02.2016: „MAN KANN AUSCHWITZ NICHT ABMALEN“ VON JULIA VOSS UND PETER GEIMER


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UNVERLETZLiCH

Begräbnis AUSCHWITZ

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UNVERLETZLiCH

Birkenau #01 GERHARD RICHTER

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UNVERLETZLiCH

Birkenau #02 GERHARD RICHTER

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


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UNVERLETZLiCH

Birkenau # 03 GERHARD RICHTER

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

UNVERLETZLiCH

Birkenau # 04 GERHARD RICHTER

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


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GLÄUBiG

Auferstehung F LO R I A N S Ü S S M AY R

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GLÄUBiG

GLÄUBiG

Die Würde des Menschen Shiva ist unantastbar KAURATLIAK ELLU M 1 PGUGR

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

GLÄUBiG

Auferstehung F LO R I A N S Ü S S M AY R

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015


BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GLÄUBiG

Shiva KUALA LUMPUR

DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR


DIE W ÜR DE DES MENSCHEN IST UN A N TA STBAR

GROSSARTiG

Herzenssache

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015


BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GROSSARTiG

GROSSARTiG

Die Würde des Menschen Mauerfall ist unantastbar ARTIKEL 1 GG

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GROSSARTiG

Herzenssache

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GROSSARTiG

Mauerfall

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SOZiAL

Haus # 01 S T U T T G A R T- A S E M W A L D

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SOZiAL

SOZiAL

Die Würde des Menschen Haus #02 ist unantastbar A R TFIAKLELLE R1 G G

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SOZiAL

Haus # 01 S T U T T G A R T- A S E M W A L D

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SOZiAL

Haus #02 FALLER

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SOZiAL

Haus # 03 FALLER

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SOZiAL

Haus # 04 OFFENBURG

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BRÜDERLiCH

Geben

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BRÜDERLiCH

BRÜDERLiCH

Die Würde des Menschen Nehmen ist unantastbar ARTIKEL 1 GG

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BRÜDERLiCH

Geben

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BRÜDERLiCH

Nehmen

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BESCHÜTZT

Schwanger OLAF UNVERZART

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BESCHÜTZT

BESCHÜTZT

Die Würde des Menschen Elternzeit ist unantastbar M A TA TR HT I KA ES LZ 1I EGGGL E R

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BESCHÜTZT

Schwanger OLAF UNVERZART

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BESCHÜTZT

Elternzeit M AT T H I A S Z I E G L E R

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053

Wir sichern und stärken die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg mit Ideen und Investitionen in Wirtschaft und Wissenschaft. Wir engagieren uns für eine lebendige Bürgergesellschaft und fördern soziale und kulturelle Teilhabe und Nachhaltigkeit. Wir stiften Zukunft.

Haltung UNSER AUFTRAG


BERiCHTE

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BERICHT DES GESCHÄFTSFÜHRERS

Das Jahr 2015 war ein ereignisreiches Jahr: Wir blicken zurück auf zahlreiche Projekte und Programme, die wir erfolgreich initiiert und umgesetzt haben. Ganz nach unserem Leitsatz „Wir stiften Zukunft“ arbeiten wir dafür, Baden-Württemberg auf seinem Weg als erfolgreiches, fortschrittliches und lebenswertes Land zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, investiert die Baden-Württemberg Stiftung in zukunftsweisende Ideen, Technologien und Innovationen aus dem Bereich der Forschung. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass kommenden Generationen Wohlstand und Arbeitsplätze gesichert werden und für Unternehmen im Land optimale Voraussetzungen bestehen. Um wichtige Impulse zu setzen, fand im Juli der Forschungstag 2015 unter dem Motto „Forschung interdisziplinär“ statt. Dabei kamen über 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der Stuttgarter Liederhalle zusammen, um Projekte zu präsentieren, sich auszutauschen und miteinander Ideen weiterzuentwickeln. Gerade im Forschungsbereich ist die Nachwuchsförderung ein wichtiges Thema, wie unsere bewährten Programme wie z.B. Coaching4Future seit Jahren beweisen. Da es aber vor allem in den MINT-Disziplinen an Nachwuchs mangelt, haben wir zusammen mit dem Netzwerk „Wissensfabrik – Unternehmen für Deutschland e. V.“ im Oktober zum Forum „Wir. Unternehmen. Mint.“ eingeladen. Bei Präsentationen und Workshops konnten sich die Besucher von der Vielfältigkeit der MINT-Fächer überzeugen. Hochkarätige Gäste wie Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Dr. Dieter Zetsche und Franz Fehrenbach trugen außerdem zum Erfolg der Veranstaltung bei. Die Basis für die erfolgreiche Zukunft eines Landes sind gut und umfassend ausgebildete Bürgerinnen und Bürger. Unsere Programme im Bildungsbereich sind daher vielseitig angelegt und reichen von frühkindlicher Bildung über die berufliche und Erwachsenenbildung bis hin zur Förderung von Talenten und der Völkerverständigung. Im letzten Jahr haben wir beispielsweise im Rahmen des Programms

„Perspektive Donau“ die Roma-Tagung „Duna Romani Luma – Wege in die Zukunft“ durchgeführt. Während der dreitägigen Veranstaltung mit mehr als 100 Teilnehmern gelang es, unterschiedliche Akteure aus Ost und West, aus den Roma-Gemeinschaften und aus öffentlichen Institutionen zusammenzubringen und erfolgreich nach langfristigen Lösungen zur Verbesserung der Lebensbedingungen und Integration der Roma zu suchen. Im Mai wurde außerdem die Publikation „Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg 2013/2014“ im Landtag präsentiert. Innerhalb des Programms „Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft“ wurde in dem Forschungsprojekt untersucht, wie es im Land aktuell um Demokratie, Partizipation und bürgerschaftliches Engagement bestellt ist. Die Flüchtlingssituation prägte die Arbeit in unserem Fachbereich Gesellschaft und Kultur. 2015 haben wir deshalb das Programm „Pädagogische Ferienprogramme für Kinder mit Fluchterfahrung“ aufgelegt. Zahlreiche Projekte machen es den betroffenen Kindern in ihrer neuen Heimat möglich, trotz der schwierigen Umstände eine altersgerechte Kindheit zu erleben. Außerdem wurden 22 Projektideen für das Programm „Willkommen in Baden-Württemberg! Engagiert für Flüchtlinge und Asylsuchende“ ausgewählt, bei dem die Qualifizierung von Ehrenamtlichen im Fokus steht. Zu einer besonderen Veranstaltung haben wir im Juli 2015 eingeladen: Die Stiftung Kinderland feierte ihr zehnjähriges Jubiläum. Neben zahlreichen Gästen begrüßten wir im Neuen Schloss in Stuttgart unter anderem die Initiatoren der Stiftung Kinderland, EU-Kommissar Günther Oettinger sowie Frau Dr. Marianne Schultz-Hector und den damaligen Vorsitzenden der Porsche AG Matthias Müller. Ich danke dem Team der Baden-Württemberg Stiftung für die hervorragende Arbeit und freue mich auf eine herausfordernde, interessante Zukunft.

Christoph Dahl /

Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung

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055

BERiCHTE

BERICHT DES GESCHÄFTSFÜHRERS IM VERMÖGENSBEREICH

Erfolgreich

Das Jahr 2015 endet im Bereich der Vermögensverwaltung mit einem Ergebnisbeitrag von 86,0 Mio. Euro. Dies entspricht einer Eigenkapitalrendite von 4,1%. Angesichts eines äußerst schwierigen Marktumfeldes und der anhaltenden Niedrigzinsphase ist dies ein beachtlicher Erfolg und bestätigt eindrucksvoll die strategische Gesamtausrichtung und die erfolgreichen taktischen Entscheidungen in der Vermögensverwaltung.

Weitsichtig

Die Gewinne aus den langfristigen Kapitalanlagen wurden zu einem taktisch optimalen Zeitpunkt realisiert, ein Teil davon bereits im Vorgriff auf das neue Geschäftsjahr. Damit konnte eine gute Ausgangsbasis für das Jahr 2016 geschaffen werden.

Nachhaltig

Das langfristige Kapital ist überwiegend in gemischten Investmentvermögen angelegt. Diese trugen mit 61,3 Mio. Euro zum Gesamtergebnis bei. Die bereits zum 1. Januar 2011 mit Zustimmung des Aufsichtsrats angepasste strategische Ausrichtung dieser Sondervermögen hat sich im abgelaufenen Jahr erneut bewährt. Das Jahresergebnis im Grundstücksbereich liegt mit 13,1 Mio. Euro erwartungsgemäß über dem Vorjahresniveau (12,2 Mio. Euro). Mit der Erweiterung des Grundstücksportfolios in den zurückliegenden Jahren wurde neben der Stärkung des Anteils der regelmäßig und weitgehend risikolos zufließenden Erträge auch dem Ziel nach realem Kapitalerhalt Rechnung getragen. Der Beteiligungsbereich trug mit 8,2 Mio. Euro zum Ergebnis bei. Vereinnahmt wurden die Ausschüttungen der Südwestdeutsche Salzwerke AG und der Reederei Schwaben GmbH. Zusammen mit den Investmentvermögen und dem Grundstücksbereich gehört der Beteiligungsbereich zum strategischen Langfristportfolio. Zentrum der Unternehmensfinanzierung ist das geschäftsbereichsübergreifende Cash-Management. Hier werden nicht nur kurz- und mittelfristige Geldanlagen getätigt sowie die gesamten Liquiditätsströme aller Geschäftsbereiche koordiniert, sondern auch die strategischen und taktischen Entscheidungen in Bezug auf die langfristigen Kapitalanlagen und Investitionen getroffen. Trotz weiter gefallenen Zinsen trug dieser Geschäftsbereich vergleichbar zum Vorjahr mit 3,4 Mio. Euro zum Gesamtergebnis bei.

Assetklasse

Stuttgart, im Mai 2016

Walter Leibold /

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Anteil am Gesamtergebnis (in %)

Investmentfonds

61,3

71,3

Grundstücksbereich

13,1

15,2

Beteiligungen

8,2

9,6

Cash-Management

3,4

3,9

86,0

100,0%

Vermögensbereich gesamt

Stellvertretender Geschäftsführer

Ergebnisbeitrag nach Kosten (in Mio. EUR)

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STRATEGiE

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

ENGAGEMENT FÜR ZUKUNFT UND HEIMAT

DIE BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG SETZT SICH DAFÜR EIN, DASS DER SÜDWESTEN AUCH ZUKÜNFTIGEN GENERATIONEN EINE LEBENSWERTE HEIMAT MIT OPTIMALEN ZUKUNFTSCHANCEN BIETET. Konzentration auf das Wesentliche

Der Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung ist es, die Zukunftsfähigkeit des Landes zu stärken und zu sichern. Das unterscheidet sie von allen anderen Stiftungen in Deutschland. Sie ist die einzige, die ausschließlich und überparteilich in die Zukunft Baden-Württembergs investiert – und damit in die Zukunft der Bürgerinnen und Bürger. Doch was macht ein Land eigentlich zukunftsfähig? Die Baden-Württemberg Stiftung konzentriert sich auf entscheidende Faktoren: wirtschaftlichen Wohlstand, ökologische Modernisierung, eine lebendige Bürgergesellschaft sowie soziale und kulturelle Teilhabe. Damit jetzige und künftige Generationen im Land all dies vorfinden, engagiert sich die Baden-Württemberg Stiftung auf drei Kerngebieten: Forschung, um Innovationen in Schlüsselbereichen von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft voranzutreiben, Bildung, um den Fachkräftebedarf zu sichern und gleiche Bildungschancen zu ermöglichen sowie interkulturelle und internationale Kompetenzen zu vermitteln, sowie Gesellschaft und Kultur, um die Zivilgesellschaft und Bürgerbeteiligung zu stärken, soziale Kohäsion und Teilhabe zu schaffen und Innovationen in Kunst und Kultur zu fördern. Für alle Aktivitäten der Stiftung gilt, dass sie die Anforderungen der Nachhaltigkeit erfüllen.

Dreifach positive Wirkung

Das Drei-Säulen-Modell hat sich über die Jahre hinweg bewährt, besitzt es doch eine dreifach positive Wirkung: Erstens wird eine thematische Breite bedient, die von frühkindlicher Bildung bis zur Stärkung des Ehrenamts reicht. Zweitens wirkt die Baden-Württemberg Stiftung – etwa mit Programmen der Spitzenforschung – in die Tiefe. Drittens wird durch die kluge Vernetzung einzelner Projekte die Wirkungskraft noch gesteigert. Mit dieser Herangehensweise stellt sich die Baden-Württemberg Stiftung zentralen Herausforderungen und bleibt dennoch flexibel genug, um Trends aufzuspüren und auf sie zu reagieren. Als operativ agierende Einrichtung beschränkt sich die Baden-Württemberg Stiftung nicht darauf, bestehende Projekte finanziell zu fördern, sondern initiiert eigene Programme. Die einzelnen Schwerpunkte sind dabei vielfältig und reichen von Klimawandel, Lebenswissenschaften und Gesundheit über die frühkindliche Bildung bis hin zu bürgerschaftlichem und kulturellem Engagement. Der übergreifende Fokus liegt dabei auf praxisorientierter Forschung zur Begleitung des ökologischen, gesellschaftlichen und demografischen Wandels sowie auf gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten, Werten, Einstellungen und Bildung.

Expertise zur Qualitätssicherung

Ein strenger Kriterienkatalog garantiert bei der Entwicklung neuer Konzepte stets Exzellenz: Die Programme der Baden-Württemberg Stiftung sollen unter anderem innovativ, neuartig und qualitativ hochwertig sein, beispielhafte Lösungsansätze hervorbringen, durch Alltagstauglichkeit und Übertragbarkeit überzeugen sowie einen klaren Bezug zu Baden-Württemberg haben.

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STRATEGiE

SiCHERUNG UND STÄRKUNG DER ZUKUNFTSFÄHiGKEiT DES LANDES BADEN-W ÜRTTEMBERG Wirtschaftlicher Wohlstand und ökologische Modernisierung, lebendige Bürgergesellschaft, soziale und kulturelle Teilhabe, Nachhaltigkeit.

ZUKUNFT

FORSCHUNG . BiLDUNG . GESELLSCHAFT & KULTUR

HE i MAT QUALiTÄTSSiCHERUNG durch externe fachliche Expertise

AUFSiCHTSRAT beraten und begleiten

FÖRDERKRiTERiEN Innovation und Neuartigkeit / Qualität und Profilierung Gender Mainstreaming / Beispielhafte Lösungsansätze Vernetztes Denken / Alltagstauglichkeit und Übertragbarkeit Nachhaltigkeit / Baden-Württemberg-Bezug

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STRATEGiE

058

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KONZEPTENTWiCKLUNG Am Anfang jeder neuen Programmlinie und jedes Projekts steht ein von der Baden-Württemberg Stiftung entwickeltes Konzept. Die neuen und auch weiterzuführenden Programme und Projekte werden auf Vorschlag des Geschäftsführers vom Aufsichtsrat beschlossen und gemäß den Verfahrensrichtlinien mit einem finanziellen Budget ausgestattet.

ZUKUNFT TRANSPARENTES VERFAHREN KONZEPTE ENTW iCKELN

PROJEKTE iNiTiiEREN

PROJEKTE BEGLEiTEN

PROJEKTE EVALUiEREN

PROJEKTE DOKUMENTiEREN

DEFiNiERTER PROJEKTABLAUF

AUSSCHREiBUNG UND ENTSCHEiDUNGSFiNDUNG Im Rahmen der Programmlinien werden in der Regel landesweit Ausschreibungen veröffentlicht und einem geeigneten Teilnehmerkreis zugänglich gemacht. Fachlich kompetente und unabhängige Gutachterinnen und Gutachter aus dem In- und Ausland beraten die Baden-Württemberg Stiftung bei der Entscheidungsfindung.

DURCHFÜHRUNG, BEGLEiTUNG UND DOKUMENTATiON Alle Programme und Projekte werden von Beginn der Durchführungsphase an durch Experten wissenschaftlich begleitet. Die gewonnenen Erkenntnisse werden nicht nur von den unterstützten Partnern zur Weiterentwicklung ihrer Ziele genutzt, sondern auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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059

REPORT

AKT V T TEN

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061

THEMEN

COACHING4FUTURE /. SEITE 063

Die Fabrik im Truck Das Programm Coaching4Future soll jungen Menschen Appetit auf mathematische, technische oder naturwissenschaftliche Berufe machen. Besonders gut dafür geeignet ist die neue mobile Initiative Discover Industry.

FORSCHUNG S TA R WA R S AU F D E M S I E G E R T R E P P C H E N / . S E I T E 0 65

Photonik Science Slam ABENTEUER MINT /. SEITE 066

Wir. Unternehmen. Mint. S C H U B F Ü R J U N G E G E N I E S / . S E I T E 0 67

mikromakro – kleine Köpfe, große Ideen ERFINDUNGSREICHTUM EN MASSE /. SEITE 068

Artur Fischer Erfinderpreis

RÜCKENWIND FÜR DIE REVOLUTION /. SEITE 070

Industrie 4.0

MARV INS GROSSE PRÜFUNG /. SEITE 070

Robotik – Mensch, Maschine, Interaktion D AT E N S C H U T Z L E I C H TG E M A C H T / . S E I T E 07 1

IKT-Sicherheit

SCHL AUE SENSOREN FÜR INDUSTRIE 4.0 /. SEITE 071

Photonik, Mikroelektronik, Informationstechnik S C H A R F B L I C K I N D I E M I K R O W E LT / . S E I T E 0 7 2

Optische Technologien P F L A N Z E N - P O W E R P U R / . S E I T E 0 74

Bioinspirierte Materialsynthese WAS ZELLEN SO UMTREIBT /. SEITE 077

Methoden für die Lebenswissenschaften AU TO S AU F D I ÄT / . S E I T E 079

Rohstoff- und Materialeffizienz in der Produktion FÜHLER FÜRS OFENROHR /. SEITE 081

CleanTech

GROSSE REDEN, KLEINE KUNSTWERKE /. SEITE 082

Forschungstag

STROM AUS BAKTERIEN /. SEITE 083

Umwelttechnologieforschung ALLES BETON, ODER WAS? /. SEITE 083

Nachhaltiges Bauen

LINSEN AUS DEM DRUCKER /. SEITE 084

Internationale Spitzenforschung

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Forschung Innovative Forschung ist ein Schlüssel zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen unserer Zeit. Wir investieren in die Entwicklung zukunftsfähiger Ideen, Technologien und Produkte. Im Fokus stehen dabei gesellschaftlich, wirtschaftlich und ökologisch bedeutsame Themen. Dies sichert auch kommenden Generationen Wohlstand und Arbeitsplätze und bietet Firmen optimale Voraussetzungen im globalen Wettbewerb.


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063

Forschung Coaching 4F uture

DIE FABRIK IM TRUCK

Das Programm Coaching4Future soll jungen Menschen Appetit auf mathematische, technische oder naturwissenschaftliche Berufe machen. Besonders gut dafür geeignet ist die neue mobile Initiative Discover Industry.

Rund 250.000 Industrieunternehmen gibt es in Deutschland. Sie beschäftigen über 7 Millionen Menschen und erwirtschaften pro Jahr einen Umsatz von etwa 2 Billionen Euro. Der Anteil des produzierenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung in Deutschland ist mit 22 Prozent höher als in fast allen anderen EU-Ländern. Vor allem in Baden-Württemberg mit seinen großen Automobilunternehmen sowie vielen international bedeutenden Zulieferern, Maschinenund Anlagenherstellern ist die Industrie ein tragender Pfeiler von Wirtschaft und Wohlstand. Doch um ihre Tragkraft zu bewahren, sind Industrieunternehmen angewiesen auf ausreichend viele und gut ausgebildete Fachkräfte – die sie nur finden, wenn sie junge Menschen für ihre Produkte und beruflichen Herausforderungen begeistern können. Der Truck Discover Industry ermöglicht das auf eindrucksvolle Weise: Das mobile Indus­ trielabor bietet Schülerinnen und Schülern die einzigartige Gelegenheit, auf 100 Quadrat­ metern hautnah zu erleben, was moderne industrielle Produktion ausmacht, welche innovativen Technologien sie nutzt und wie viel Mathematik, Physik und Ingenieurwissen sich in der Industrie verbirgt.

Eintauchen ins Berufsleben

Am 29. April 2015 weihte Ministerpräsident Winfried Kretschmann das einzigartige Ausstellungsfahrzeug auf dem Stuttgarter Schlossplatz feierlich ein. Seither rollt Discover Industry durch Baden-Württemberg und macht dabei an Schulen Station.

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Die mobile Industriewelt soll junge Menschen in der Phase der beruflichen Orientierung für MINT-Berufe begeistern – allerdings ohne fade Vorträge und belehrende Infomaterialien. Stattdessen setzen die Macher des Trucks darauf, lebendig und realitätsnah darzustellen, welche Bedeutung die Berufe aus den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik und Technik heute für die Industrie besitzen.

16 Meter geballte Industrie

Fünf Stationen im Erdgeschoss des zweistöckigen, über 16 Meter langen 40-Tonners bilden dazu die gesamte Kette der industriellen Produktion nach. Die Jugendlichen können selbst Hand anlegen, um die Abläufe in einer modernen Fabrik buchstäblich zu begreifen. Zusätzlich zu den Mitmach-Stationen geben Exponate einen Überblick über wichtige Erfindungen aus Baden-Württemberg, zeigen Lebensläufe von Ingenieuren aus dem Land, demonstrieren spannende Hightech-Produkte wie Videobrillen, Endoskope oder ein Kugellager für Skateboards. Für Dr. Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender der ElringKlinger AG in Dettingen und Vorsitzender des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, beseitigt das innovative Ausstellungsfahrzeug Discover Industry ein Informationsdefizit, das bisher bei der Berufswahl im MINT-Bereich besteht (siehe „Drei Fragen an Dr. Stefan Wolf“). Daran beteiligt sich neben Südwestmetall auch die Bundesagentur für Arbeit. Christian Rauch, Vorsitzender der

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Geschäftsführung der Regionaldirektion Baden-Württemberg, betont: „Der Truck bietet Technik zum Anfassen und Mitmachen und setzt damit das theoretische Schulwissen in direkten Bezug zur Arbeitswelt.“ Alle Gymnasien und Realschulen im Land können sich um einen Besuch von Discover Industry bewerben. Dann rollt der imposante Mitmach-Truck für zwei bis drei Tage auf ihren Hof. An Bord sind neben reichlich Hightech-Equipment auch zwei Jungakademiker, die den Schülern die technischen Hintergründe der griffigen Exponate während einer zweistündigen gemeinsamen Entdeckungsreise erklären. Ein geräumiger Seminarraum in der zweiten Etage des Fahrzeugs bietet Platz für Zusatzveranstaltungen wie Workshops zu Berufsfeldern, Elternabende oder Fortbildungen für Lehrkräfte.

Bildung vernetzen

Discover Industry ist Teil des Bildungsnetzwerks Coaching4Future. Mit diesem Programm, das seit 2008 läuft, hat sich die Baden-Württemberg Stiftung zum Ziel gesetzt, Schülerinnen und Schüler dazu anzuregen, sich bewusst mit MINT-Berufen zu beschäftigen. Bisher stellte die Stiftung etwa 8,5 Millionen Euro dafür zur Verfügung. Das Geld ist gut angelegt, um dem drohenden Fachkräftemangel vorzubeugen. Im Rahmen von Coaching4Future gehen Coaches – junge Ingenieure, Mathematiker, Physiker oder Informatiker – direkt in Schulklassen, wo sie über ihre persönlichen Erfahrungen im Job

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Forschung Coaching 4F uture

berichten. Auf diese Weise werden aus abstrakten Berufsbildern packende Geschichten aus dem Alltag am MINTArbeitsplatz.

Interaktiv informieren und lernen

Im Internet bietet Coaching4Future eine Plattform für Schüler, Lehrer, Hochschulen und Unternehmen. Dort können sich Jugendliche über Studiengänge und Ausbildungsberufe informieren. Auf einer Kontaktbörse haben Firmen die Möglichkeit, gezielt Nachwuchskräfte zu suchen und Kontakt zu interessierten Jugendlichen aufzunehmen – und umgekehrt. Lehrer können kostenlos Lehr- und Lernmaterialien zu MINT-Themen herunterladen. Neben der Baden-Württemberg Stiftung beteiligt sich seit 2012 die Bundesagentur für Arbeit an dem Bildungsnetzwerk, 2014 kam der Arbeitgeberverband Südwestmetall mit ins Boot.

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

DREI FRAGEN AN... STEFAN WOLF Stefan Wolf ist Vorsitzender von Südwestmetall – neben der Bundesagentur für Arbeit und der Baden-Württemberg Stiftung einer der drei Partner im Programm Coaching4Future.

INDUSTRIE ZUM ANFASSEN An einer der fünf Stationen in dem Truck können Jugendliche mit einem 3D-Scanner Gegenstände einlesen und live verfolgen, wie sie sich am Bildschirm zu einem dreidimensionalen Produktmodell zusammenfügen – ein Abbild von Konstruktion und Design in der Produktgestaltung. Für die nächste Stufe, den Test und die Optimierung neuer Produkte, stehen diverse Plexiglas-Modelle bereit, um ihr Verhalten unter Spannung zu prüfen. Ein Windkanal ermöglicht den Test des aerodynamischen Verhaltens von Miniatur-

Dr. Stefan Wolf

»BILDUNGSPLÄNE SOLLTEN ZUR BETRIEBLICHEN REALITÄT PASSEN.«

fahrzeugen. Die Bedeutung der Automati-

# 01 / Was gefällt Ihnen an der mobilen

Werkzeugbau. In den Bildungsplänen sind

sierung in der modernen Fertigung

Erlebniswelt besonders gut? Dass Jugend-

Technik und informationstechnische Inhalte

erfahren die Schülerinnen und Schüler

liche zum Beispiel mit einem 3D-Drucker

aber immer noch unterrepräsentiert.

beim eigenhändigen Programmieren eines

arbeiten oder einen Roboter program-

Industrieroboters. Einen Einblick in die

mieren können. Es gibt also einen unmit-

# 03 / Welche Folgen hat das? Diese Diskre-

Zukunft der Industrieproduktion – die

telbaren Bezug zwischen dem, was sie in

panz zwischen Theorie und Praxis führt

digital vernetzte „Industrie 4.0“ –

der Schule lernen, und dem, was sie im

dazu, dass sich viele Schüler für einen

vermittelt ihnen eine kleine „Smart

Truck

Generell

Beruf entscheiden, von dem sie vorher

Factory“, eine intelligente Fabrik, die

sollten die Verantwort­ lichen Bildungs-

keine Ahnung haben. Es ist nicht damit

Jugendliche selbst aufbauen und steuern

pläne so entwickeln, dass sie auch zur

getan, dass viele junge Menschen in

können. An der letzten Station lernen

betrieblichen Realität passen.

MINT-Berufe gehen, frustriert ihr Studium

ausprobieren

können.

abbrechen und was anderes machen. Hier

sie, die logistischen Abläufe in einem Warenlager gestalten.

möglichst

effizient

zu

# 02 / Gibt es da ein Missverhältnis? Ja. In der

müssen

Praxis geht es um die Gestaltung effizienter

geschaffen werden.

bessere,

weichere

Übergänge

Prozesse, um Automatisierung, Konstruktion,

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065

STAR WARS AUF DEM SIEGERTREPPCHEN

Forschung Ph otonik Science Slam

Wenn es ums Licht geht, darf ein Laserschwert nicht fehlen. Daher verpackte Carsten Reichert vom Institut für Technische Optik der Universität Stuttgart sein Forschungsthema in eine spannende Geschichte im Stil der Science-Fiction-Kultreihe Star Wars. Damit stieg er beim ersten Photonik Science Slam der Baden-Württemberg Stiftung und des Innovationsnetzes Photonics BW im April 2015 in den Ring – und gewann den Wettbewerb. Mit seinem futuristischen Vortrag setzte sich Reichert gegen sechs Konkurrenten durch.

Mit Licht glänzend unterhalten

Im „Jahr des Lichts“ stand auch der Slam bei der Baden-Württemberg Stiftung unter diesem Motto. Jungforscher, die sich mit Lichttechnologien – der Photonik – beschäftigen, waren aufgerufen, ihre Arbeiten in einem verbalen Wettstreit originell zu präsentieren. Heraus kam ein munterer Abend, bei dem die begeisterten Zuhörer nicht nur viel über das Licht, seine ungewöhnlichen Eigenschaften und technischen Anwendungen gelernt haben, sondern auch glänzend unterhalten wurden.

Ein Smartphone als Mikroskop

Hinter der Star-Wars-Story von Carsten Reichert verbarg sich die Entwicklung einer Vorsatzoptik, mit der sich ein Smartphone in ein „Mikroskop für unterwegs“ verwandeln lässt. Als Preis für seinen Sieg durfte der 25-jährige Slammer einen Minibeamer mitnehmen. Auf Platz zwei wählte das Publikum den Chemie­ didaktiker Dr. Amitabh Banerji von der Universität Köln. Er zeigte, wie man mit einfachen Mitteln eine organische Leuchtdiode herstellen kann. Der dritte Preis ging an den Stuttgarter Uni-Physiker Dr. Robert Löw für eine als Comicstrip dargebotene Erklärung, warum sich „Atome in Käfighaltung“ für hochempfindliche physikalische Messungen empfehlen.

Fortsetzung folgt

Nach dem gelungenen Debüt veranstaltete die Stiftung unter dem Titel „Wanted“ weitere Slam-Wettbewerbe. Dabei ging es am 2. Juni 2016 um die Materialforschung, beim „Wanted“-Slam am 10. November wird erneut das Licht im Fokus stehen.

Junge Forscherinnen und Forscher präsentieren ihr Können auf der Bühne. Das ist die Idee der neuen Science-Slam-Veranstaltungsreihe der Baden-Württemberg Stiftung.

BWSTIFTUNG.DE / WANTED

Carsten Reichert gewann den Science Slam 2015. ----->

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Forschung Wir. Unternehmen. MIN T.

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ABENTEUER MINT Mitte Oktober kamen in Stuttgart rund 450 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Bildung zusammen, um sich gemeinsam für mehr Nachwuchs in technischen und naturwissenschaftlichen Berufen starkzumachen.

»Für unsere Zukunft wird es essenziell sein, die digitale Welt zu gestalten und weiterzuentwickeln. Deshalb braucht Informatik mehr Gewicht im Schulunterricht.«

»Wir brauchen mehr Menschen mit Unter­nehmer- und Gründergeist. Dazu brauchen wir eine Kultur, in der man auch mal scheitern darf, ohne gleich als Verlierer abgestempelt zu werden.«

Franz Fehrenbach /

Winfried Kretschmann /

Vorsitzender des Lenkungskreises der Wissensfabrik

Ministerpräsident Baden-Württemberg

»Die Naturwissen­schaften werden in der Schule oft zu abstrakt vermittelt. Stattdessen sollten wir Schülern die berufliche Realität in diesen Fächern näherbringen.«

»Wir werden nur dann ausreichend Nachwuchs im MINTBereich haben, wenn wir in hohem Maße auch Mädchen und Frauen dafür gewinnen können.«

Prof. Dr. Ortwin Renn /

Dr. Dieter Zetsche /

Universität Stuttgart

Eine Lücke tut sich auf am Arbeitsmarkt: In vielen Berufen, in denen mathematische, naturwissenschaftliche oder technische Fähigkeiten gefordert sind, fehlt der Nachwuchs. Für die Baden-Württemberg Stiftung ein Grund, sich gegen den Fachkräftemangel bei den MINTBerufen zu stemmen. Deshalb arbeitete die Stiftung in einer einzigartigen Kooperation Hand in Hand mit der Wissensfabrik – Unternehmen für Deutschland e. V. Auch dieser deutschlandweite Verbund von rund 120 Unternehmen und wirtschaftsnahen Stiftungen hat es sich auf die

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Vorstandsvorsitzender Daimler AG

Fahnen geschrieben, Kinder und Jugendliche früh für die Mangelfächer zu begeistern. Wie das geht, zeigten beide Organisationen am 13. Oktober 2015 bei einer gemeinsamen Veranstaltung im Stuttgarter Haus der Wirtschaft. Unter dem Motto „Wir. Unternehmen. MINT.“ kamen dort rund 450 Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Bildung zusammen. Sie hörten Vorträge, etwa von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Daimler-Vorstandschef Dr. Dieter Zetsche, Franz Fehrenbach, Aufsichtsratsvorsitzender von

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Robert Bosch, und dem Stuttgarter Soziologen Prof. Ortwin Renn, erlebten eine lebhafte Podiumsdiskussion und konnten verschiedene Workshops besuchen. Vor allem aber konnten sie sehen, wie sich bei Kindern und Jugendlichen jeden Alters die Leidenschaft für MINTThemen entfachen lässt. Gute Beispiele dafür boten verschiedene Gruppen von Mädchen und Jungen den Besuchern auf einem „Markt der Möglichkeiten“, wo sie sehr engagiert etliche – von Unternehmen oder der Stiftung unterstützte – Bildungsprojekte präsentierten.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Forschung mik ro mak ro

SCHUB FÜR JUNGE GENIES Das Programm mikromakro – kleine Köpfe, große Ideen ging 2015 in die letzte Runde. Ein Nachfolger ist bereits am Start: das neue Programm mikro makro mint.

444 Erfinderteams aus ganz Baden-Württemberg, über 3.200 Schülerinnen und Schüler, die ihre kreativen Ideen gemeinsam verwirklicht haben: Die Bilanz von mikromakro – kleine Köpfe, große Ideen lässt sich sehen. Seit 2008 fördert die Baden-Württemberg Stiftung mit diesem Programm jugendliche Talente ab Klassenstufe 5. Ziel ist es, die Nachwuchsforscher dabei zu unterstützen, ihre schöpferischen Einfälle im Team umzusetzen. Dabei hilft die Stiftung nicht nur mit Geld, um Werkzeug oder Material zu kaufen. „Was ­mikromakro auszeichnet, ist vor allem der Workshop-Charakter“, betont Wolfgang Müller, Geschäftsführer des Steinbeis-Transferzentrums Infothek in Villingen-Schwenningen, das als Projektdienstleister das Programm managt. In den Workshops, für die sich die jungen Erfinder je nach Interesse anmelden können, geht es um Schutzrechte, technische Fragen, Projektmanagement, die richtige Nutzung von Kreativität oder das Vermarkten von Produkten. „Außerdem treffen sich die Schülerinnen und Schüler regelmäßig zu gemeinsamen Veranstaltungen“, berichtet Müller: zum Erfahrungsaustausch und um sich gegenseitig wertvolle Tipps zu geben. „Wir wollen den Jugendlichen von Grund auf alle Aspekte vermitteln, die beim Prozess des Erfindens wichtig sind“, betont Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. Dazu schaffen die Verantwortlichen des Programms Freiräume, in denen die Mädchen und Jungs produktiv arbeiten und ihrer Fantasie freien Lauf lassen können. Um sie dabei zu unterstützen, steht jedem jungen Forscherteam ein Coach zur Seite – häufig eine Lehrerin oder ein Lehrer. Zum Beispiel Uwe Bönisch, Lehrer an der Realschule in Althengstett bei Calw: Seine Schützlinge haben eine Modellrennbahn

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29 %

Technik und Naturwissenschaft im Alltag

27 % 25 %

Energie und Umwelt

Neue Produkte für die Schule/Arbeitswelt

10 %

Mechanische und elektronische Neuerungen

9%

Gesundheit

entwickelt, deren kleine Flitzer ohne Strom aus der Steckdose auskommen. Die Energie, die sie benötigen, um ihre Mini-Boliden über den Parcours zu jagen, erzeugen die jungen Erfinder mithilfe einer Handkurbel, die sonst zum manuellen Aufladen von Taschenlampenbatterien dient. Mit ihrer Autorennbahn, die die Schüler eigenhändig gebaut haben, bewarben sie sich 2015 beim Artur Fischer Erfinderpreis Baden-Württemberg – und errangen eine Bronzemedaille. Zahlen belegen den Erfolg des Programms: So reisten seit 2012 regelmäßig Teams von ­mikromakro zur internationalen Erfindermesse iENA nach Nürnberg. Vier Gold-, fünf Silber- und vier Bronzemedaillen sowie zwei Ehrenpreise konnten sie allein 2015 nach Hause holen. Zudem gingen aus den Erfindungen der mikromakro-Teams mehrere Patente hervor, unter anderem für ein freischwebendes Baumhaus und für eine Technologie, um Schließanlagen per Telefon zu ver- oder zu entriegeln. Sie eignet sich etwa für Ferienhäuser, die aus der Ferne vermietet werden. Im Sommer 2015 verpasste die Baden-Württemberg Stiftung dem Programm ein Lifting: Aus mikromakro wurde ­mikro makro mint. Der veränderte Name betont die fachliche Ausrichtung: Gefördert werden nun gezielt Erfindungen aus den Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik und Technik (MINT). Zudem wurde die Projektdauer verkürzt. Statt zwei Jahren wie bisher, läuft die Finanzierung der Teams nun jeweils für die Dauer eines Schuljahres. Das Interesse bei findigen Schülerinnen und Schülern ist nach wie vor immens. Mit dem Schuljahr 2015/2016 startete mikro makro mint in die erste Runde: mit 159 Projekten, die von der Stiftung bis zu 2.500 Euro für die Realisierung ihrer pfiffigen Ideen erhalten.

PROZENTANGABEN: THEMEN VON MIKROMAKRO

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Forschung Artur Fischer Erfinderpreis

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

ERFINDUNGSREICHTUM EN MASSE Am 30. Juni 2015 wurde in Stuttgart der achte Artur Fischer Erfinderpreis verliehen: eine Veranstaltung voller brillianter Ideen und tüftelnder Talente.

PREISVERLEIHUNG IN STUT TGART

Baden-Württemberg ist das Erfinderland Nummer 1: Nirgendwo sonst in Deutschland werden mehr Patente pro Kopf erteilt. Damit das so bleibt, fördert die Stiftung Artur Fischer Erfinderpreis, eine Unterstiftung der Baden-Württemberg Stiftung, junge Talente und erfahrene Erfinder. Der Artur Fischer Erfinderpreis wird seit 2001 alle zwei Jahre verliehen. Am 30. Juni 2015 gingen im Haus der Wirtschaft 13 Preise an besonders einfallsreiche und innovative Erfindungen; insgesamt gab es Preisgelder in Höhe von 37.000 Euro. Unter den Preisträgern waren neben privaten Erfindern auch einzelne Schüler sowie talentierte Schüler-

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gruppen. Christoph Dahl: „Dass es um die Erfinderkultur hierzulande nach wie vor gut bestellt ist, zeigt die erfreulich hohe Bewerberzahl beim Artur Fischer Erfinderpreis. 156 Bewerbungen – davon 73 von privaten Erfindern und 83 von Schülern und Schülergruppen – sind eingegangen. Das sind so viele wie noch nie.“ Neben der praktischen Idee steht der Nutzen der Innovationen für die Gesellschaft im Blickpunkt. Bewertet wird auch das Engagement bei der Umsetzung der Erfindung in die Praxis.

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069

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Forschung Artur Fischer Erfinderpreis

NACHRUF

ARTUR FISCHER

1. PREIS

1. PREIS

Röhrenkollektor

Biologisch abbaubarer Latentwärmespeicher

PRIVATE ERFINDER Friedrich Grimm / Stuttgart Alois Herkommer / Aalen

Friedrich Grimm aus Stuttgart und Alois Herkommer aus Aalen wurden mit dem mit 10.000 Euro dotierten Artur Fischer Erfinderpreis im Bereich „Private Erfinder“ ausgezeichnet. Die beiden Professoren an der Universität Stuttgart entwickelten einen hocheffizienten Röhrenkollektor, der das Sonnenlicht auf besondere Weise bündelt.

WEITERFÜHRENDE SCHULEN Niklas Enslin und Felix Wedlich / Geschwister-Scholl-Schule, Tübingen Beim Schülerwettbewerb ging der mit 2.000 Euro dotierte erste Preis im Bereich der weiterführenden Schulen an Niklas Enslin und Felix Wedlich aus Tübingen. Sie überzeugten die Jury mit einer Fortentwicklung biologisch abbaubarer Latentwärme­ speicher.

Am 27. Januar 2016 verstarb Senator Prof. Dr. phil. h.c. Dr.-Ing. E.h. Artur Fischer im Alter von 96 Jahren. Weltweit bekannt wurde der schwäbische Erfinder und Vorzeigeunternehmer mit der Entwicklung des Kunststoff-Dübels und der daraus hervorgegangenen Firmengruppe Fischerwerke GmbH & Co. KG. Im Jahr 2011 rief er gemeinsam mit der Baden-Württemberg Stiftung die Stiftung Artur Fischer Erfinderpreis ins Leben, deren Ehrenvorsitzender er bis zu seinem Tod war. Prof. Artur Fischer setzte sich gemeinsam mit der Baden-Württemberg Stiftung für die Stärkung von Erfindergeist, Kreativität und Tüftelleidenschaft der Bürgerinnen und Bürger ein, um die Innovationskraft des Landes beständig voranzutreiben.

1. PREIS

1. PREIS

Selbstentfärbende Wandfarbe

Interaktives Physikheft

KLASSE 8 BIS 10

Robin Buckenberger und Ryan Cartsunis / Geschwister-Scholl-Gymnasium, Konstanz

In der Kategorie Klasse 8 bis 10 erhielten den ersten Preis Robin Buckenberger und Ryan Cartsunis aus Konstanz für eine Wandfarbe mit Kontrollfärbung, die anzeigt, an welchen Stellen man bereits gestrichen hat.

KLASSE 7

Federico Burisch / Liselotte-Gymnasium, Mannheim

»GEHT NICHT, GIBT’S NICHT – ES GEHT SO NICHT, DAS GIBT’S.«

Bei den Jüngsten im Wettbewerb bis Klasse 7 erhielt der Mannheimer Schüler Federico Burisch den ersten Preis für sein „Interaktives Physikheft“, das zugleich ein Experimentierfeld ist.

Prof. Dr. Artur Fischer /   Erfinder und Unternehmer

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KOMPAKT

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

INDUSTRIE 4.0

ROBOTIK – MENSCH, MASCHINE, INTERAKTION

R CKENWIND F R DIE REVOLUTION

MARVINS GROSSE PR FUNG Stunde der Wahrheit: Die acht Projekte des

stellen. Dafür kooperieren die Wissen-

Forschungsprogramms Robotik – Mensch,

schaftler aus Ravensburg und Weingarten

Maschine, Interaktion mussten sich im Mai

mit mehreren Rollstuhlfahrern aus der

2015

durch

Region, in deren Wohnungen der geschickte

externe Experten stellen. Sie bestanden

Automat testweise einziehen darf. Die

den Check mit Bravour. Die Gutachter lobten

Forscher interessiert dabei vor allem die

vor allem die großen Fortschritte bei den

Praxistauglichkeit der Sprachschnitt-

Projekten, die sich mit unterschiedlichen

stelle, über die man Marvin mit einfachen

Aspekten der Kooperation von Menschen und

Worten sagen kann, was er tun soll.

einer

Zwischenevaluation

Robotern befassen. Damit kann die Arbeit Der Industrie steht ein radikaler Umbruch

der

bevor. Experten sind sich einig, dass

Baden-Württemberg Stiftung weitergehen.

Forscher

in

dem

Programm

der

sich Prozesse und Arbeitsweisen drastisch verändern werden, hin zur sogenannten

Als besonders vielversprechend hat sich

Industrie 4.0. Dahinter stehen der Einzug

von Beginn an ein Projekt aus Ober-

der Digitalisierung in alle Bereiche der

schwaben erwiesen: Forscher am Institut

Fertigung sowie eine weitgehende Vernet-

für Künstliche Intelligenz und an der

zung von Menschen, Maschinen und Produkten

Fakultät Soziale Arbeit, Gesundheit und

– das „Internet der Dinge“. Industrie 4.0

Pflege der Hochschule Ravensburg-Wein-

gilt als vierte Stufe der industriellen

garten machen gemeinsam mit den Ziegler-

Revolution. Doch viele mittelständische

schen – einer sozialen Einrichtung der

Betriebe zögern bei der Umsetzung: wegen

evangelischen Diakonie – Assistenzroboter

der Kosten, weil neue Technologien ins

fit für die Unterstützung von Senioren

Unternehmen geholt, Strukturen verändert

oder Menschen mit einer körperlichen

oder das Geschäftsmodell angepasst werden

Behinderung. Dazu haben sie „Marvin“

müssten. Um vor allem kleine und mittel-

entwickelt, einen 120 Kilogramm schweren

große Firmen im Südwesten auf ihrem Weg

Serviceroboter, der körperlich einge-

zur Industrie 4.0 zu unterstützen, grün-

schränkten Menschen als häuslicher Butler

dete der ehemalige Finanz- und Wirtschafts-

zur Hand gehen soll. Seine Spezialitäten

minister Nils Schmid im März 2015 die

sind das Greifen und Bringen von Gegen-

„Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg“.

ständen, die für seinen menschlichen

An dem Zusammenschluss aus Unternehmen,

Schützling schwer erreichbar sind, etwa

Forschungseinrichtungen und Verbänden

weil sie am Boden liegen oder weit oben

beteiligt sich auch die Baden-Württemberg

im Regal stehen. Dazu besitzt Marvin

Stiftung. Sie wird zusätzlich mit einem

einen ausfahrbaren Arm, mit dem er

neuen Programm, dotiert mit 5 Millionen Euro,

Objekte in bis zu zwei Metern Höhe errei-

die Entwicklung von Konzepten und sozio-

chen kann.

technischen Lösungsansätzen forcieren, um dem industrienahen Mittelstand im Land

Nach ausgiebigen Experimenten im Labor

den Weg in eine digital vernetzte Zukunft

ist Marvin nun bereit, seine Fähigkeiten

zu bahnen.

in echten Haushalten unter Beweis zu

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ROBOTER ALS BUTLER FÜR KÖRPERLICH EINGESCHRÄNKTE MENSCHEN

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

KOMPAKT

IKT-SICHERHEIT

PHOTONIK, MIKROELEKTRONIK, INFORMATIONSTECHNIK

DATENSCHUTZ LEICHTGEMACHT

SCHLAUE SENSOREN F R INDUSTRIE 4.0

Wer sich bei einem Sozialen Netzwerk

und aufwendig, da er bei jedem einzelnen

registriert, Waren in einen Online-Shop

Online-Anbieter durchgesetzt werden muss.

bestellt oder sich Rabattgutscheine aus

Eine neue Software soll das erheblich

dem Internet herunterlädt, hinterlässt

vereinfachen. Koordiniert vom Karlsruher

persönliche Daten. Die werden von den

Institut für Technologie (KIT) entwickeln

Betreibern der Webseiten – oft ohne das

Forscher in Karlsruhe dazu ein Programm,

Wissen der Nutzer – gesammelt, gespeichert

mit dem sich die Preisgabe personenbezo-

und kommerziell genutzt. Den Schutz der

gener Daten im Internet mit wenigen Einstel-

eigenen Daten sicherzustellen, ist schwierig

lungen kontrollieren lässt. Die Software, die die Forscher als Applikation für

SAVE YOUR DATA NEUE SOFTWARE ERLEICHTERT DEN SCHUTZ PERSÖNLICHER DATEN

verschiedene Geräte wie PCs, Smartphones

Rund 25 Millionen Euro hat die Baden-Würt-

und onlinefähige Fernseher bereitstellen

temberg Stiftung bisher für die Erforschung

wollen, entsteht in dem Projekt AVARE

optischer Technologien ausgegeben. Sieben

(„Anwendung zur Verteilung und Auswahl

Programmrunden wurden aufgelegt, um die

rechtskonformer Datenschutzeinstellungen“)

Photonik, die als Basistechnologie eine

im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung.

zentrale Rolle für die Wirtschaft im Land

Die Software soll es den Nutzern ermögli-

spielt, zu stärken. Die Bedeutung der tech-

chen, ihre Wünsche zum Datenschutz zentral

nischen Nutzung von Licht wird in den

festzulegen und bei allen Online-Diensten

nächsten Jahren noch wachsen, denn der

geltend zu machen. Das Konzept: Statt sich

Einzug der Industrie 4.0 in das produzie-

jedes Mal separat darum zu kümmern, legt

rende Gewerbe macht optische Bauteile in

der Anwender mithilfe der App seine

vielen Fertigungsprozessen unverzichtbar –

gewünschten Einstellungen zum Datenschutz

zusammen mit mikroelektronischen und infor-

nur einmal fest. Sie werden dann von einem

mationstechnischen Komponenten. Eine clevere

geschützten zentralen Server an alle

Kombination dieser drei Technologien ist die

genutzten Webseiten verschlüsselt über-

Voraussetzung für hochgradig flexible,

tragen. So lässt sich etwa der Zugriff auf

produktive, sich selbst steuernde, überwa-

das Adressbuch oder auf Sensoren zur

chende und optimierende Systeme. Diese sind

Bestimmung des Aufenthaltsorts verhindern.

charakteristisch für die Zukunftsvision

Widersprechen die geforderten Nutzungs-

einer voll vernetzten industriellen Ferti-

rechte eines Sozialen Netzwerks oder Online-

gung. Daher hat die Baden-Württemberg Stif-

Shops den angegebenen Präferenzen, schlägt

tung ein neues Forschungsprogramm gestartet,

das System Alarm. Auch wenn ein Anbieter die

das dieser Herausforderung gerecht wird. In

Datenschutzrichtlinien ändert, meldet das

dem Programm Photonik, Mikroelektronik,

die Software. Das Projekt, an dem neben dem

Informationstechnik sollen zum Beispiel inno-

KIT auch das FZI Forschungszentrum Infor-

vative Lösungen für vielseitig einsetzbare,

matik beteiligt ist, startete im November

kommunikationsfähige optische Sensoren

2015 und läuft drei Jahre. Die Baden-Würt-

geschaffen werden – als Grundbaustein für

temberg Stiftung stellt dafür im Rahmen des

die Realisierung der Industrie 4.0 in Unter-

neuen

nehmen jeder Größe. Dafür stellt die Stif-

Programms

IKT-Sicherheit

500.000 Euro bereit.

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rund

tung insgesamt 4 Millionen Euro bereit.

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Forschung Optische Techn ologien

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

SCHARFBLICK IN DIE MIKROWELT Ende 2015 ging die siebte Runde des Programms Optische Technologien ins Ziel – mit beeindruckenden Resultaten. Sie helfen etwa bei der Erforschung von Krankheitsursachen und bei Tests von mikroelektronischen Bauteilen.

34

BEITRÄGE

zu internationalen Konferenzen

12

DOKTORARBEITEN

4

BEITRÄGE

in renommierten Fachmagazinen

10

PATENTE

ERFINDUNGEN

angemeldet

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105

gemeldet

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073

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

3,5 Millionen Euro für zehn Forschungsprojekte können viel bewirken. In der siebten Runde des Programms Optische Technologien der Baden-Württemberg Stiftung liest sich die Bilanz nach drei Jahren so: zehn Erfindungsmeldungen, vier Patentanmeldungen, 105 Veröffentlichungen in renommierten Fachmagazinen, 34 Beiträge zu internationalen Konferenzen und zwölf Doktorarbeiten.

Komplexe Biomoleküle im Fokus

28 Publikationen und sechs Dissertationen gingen allein aus dem Projekt „Nano-optische Sensorik im Mittelinfraroten zur Untersuchung der Protein-Faltungsdynamik“ (PRO­TEINSENS) hervor, an dem Wissenschaftler aus Stuttgart und Konstanz beteiligt waren. Ihre Forschungsobjekte: Proteine. Die komplex aufgebauten Biomoleküle spielen bei vielen Vorgängen im Körper eine entscheidende Rolle. Ein wichtiges Merkmal: Proteine müssen sich korrekt falten, um die Struktur einzunehmen, in der sie ihre biologische Funktion erfüllen können. Läuft dabei etwas schief, kann das üble Folgen haben. Etliche sogenannte amyloide Krankheiten haben ihre Ursache in einer falschen Faltung von Proteinmolekülen, zum Beispiel Alzheimer, Parkinson und der „Rinderwahnsinn“ BSE. Um herauszufinden, wie die Erkrankungen entstehen – und damit vielleicht auch, wie sie sich bekämpfen lassen –, müssen die Forscher ihren Blick auf die Proteinfaltung richten. Genau das gestaltet sich aber sehr schwierig. Zu unempfindlich sind die herkömmlichen Messinstrumente, um wenige oder sogar einzelne Proteine zu beobachten. Im Projekt PROTEINSENS haben die Forscher nun begonnen, dieses Hemmnis zu beseitigen. Sie setzten dazu auf die Spektroskopie mit infrarotem Licht. „Große Moleküle können auf unterschiedliche Weise vibrieren“, erklärt Prof. Harald Giessen, Chef des 4. Physikalischen Instituts der Uni Stuttgart und Leiter des Projekts der Baden-Württemberg Stiftung. „Mit infrarotem Licht bestimmter Wellenlängen lassen sich diese Schwingungen anregen.“ Da die Art der Vibration sowohl von der Molekülsorte als auch von der räumlichen Struktur eines Moleküls abhängt, kann man mit der Infrarotspektroskopie Proteine identifizieren und erkennen, wie sie gefaltet sind. „Bislang aber war dafür die erreichbare Sensitivität zu gering, um einzelne Lagen dieser Proteine zu untersuchen“, sagt Dr. Frank Neubrech, der am Institut von Harald Giessen forscht. Denn zum einen nehmen Proteinmoleküle nur einen sehr

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kleinen Teil des Lichts auf, zum anderen standen bisher keine ausreichend hellen Infrarotlichtquellen für spektroskopische Analysen im Labor zur Verfügung. Die Forscher arbeiteten im Prinzip mit besseren Glühlampen. Beide Barrieren konnten die Forscher aus dem Weg räumen. Um die Empfindlichkeit der Messungen zu erhöhen, verwendeten sie spezielle Nanogebilde: winzige Stäbchen aus Gold, die wie eine Antenne für infrarotes Licht wirken. „In ihrer direkten Umgebung konzentrieren sie das elek­ tromagnetische Feld des Lichts teils tausendfach“, sagt Neubrech. Das nutzten er und seine Kollegen aus, um die Signale der schwingenden Proteine zu verstärken. Dazu brachten die Forscher einige Biomoleküle in einer wässrigen Lösung auf den Nanoantennen an – eine Spezialität der Projektpartner im Team von Dr. Claudia Pacholski am Stuttgarter Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. Die Verstärkung durch die goldenen Nanonadeln macht die Proteine so erstmals für infrarotes Licht sichtbar. Und den Forschern gelang noch mehr: Mit Wärme und einem anderen pH-Wert in der Lösung konnten sie die Proteine zum Falten bewegen – und auch das beobachten.

Mehr Licht!

Doch damit gaben sich die Wissenschaftler nicht zufrieden. Sie entwickelten zudem eine ideale Lichtquelle für die Infrarotspektroskopie: einen Laser, der kurze Blitze von extrem hellem Licht aussendet. „Mehr Licht bedeutet eine höhere Empfindlichkeit bei den Experimenten“, sagt Projektleiter Harald Giessen. Den Laser für die Untersuchung der Moleküle fit zu machen, war die Aufgabe von Tobias Steinle, der sie im Rahmen seiner Doktorarbeit am Institut von Giessen löste. Dem jungen Physiker gelang es, einem Laser, der normalerweise nur Licht mit einer bestimmten Frequenz emittiert, infrarote Strahlung mit einem breiten Frequenzspektrum zu entlocken und so die Schwingun­gen der Moleküle abzuscannen. Zudem machte Steinle den Laser extrem stabil und unempfindlich gegen Störungen, sodass mit ihm hochpräzise spektroskopische Mes­sun­gen möglich sind. Der optische Trick, den er dabei anwendete, wurde mittlerweile als Patent angemeldet. Ein Unternehmen, das Spektrometer herstellt, hat bereits Interesse an der Technologie bekundet. „Mit den Nanoantennen und dem leistungsstarken, stabilen Laser werden sich bald Experimente an Proteinen realisieren lassen, die bislang unmöglich waren“, sagt Steinle, zum Beispiel zeitaufge-

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Forschung Optische Techn ologien

löste Messungen, bei denen sich der Vorgang der Proteinfaltung an nur wenigen Molekülen live verfolgen lässt. Projektleiter Giessen und seine Kollegen, zu denen auch das Team um Prof. Karin Hauser vom Lehrstuhl für Biophysikalische Chemie der Uni Konstanz gehörte, haben in dem Projekt die Basis gelegt, um dem Verständnis der molekularen Ursachen von Alzheimer oder Parkinson einen Schritt näher zu kommen.

Messen mit atomaren Riesen

Um das präzise Messen ging es auch im Pro­jekt „Ein hybrider mikroskopischer Mikrowellensensor“ (Micro2Sens) von Dr. Robert Löw. Der Stuttgarter Physiker baut dafür auf sogenannte Rydberg-Atome. Die energetisch angeregten Teilchen sind quasi aufgepumpte atomare Hünen und können viele Tausend Mal so groß sein wie ein normales Atom. „Ihre riesige Hülle macht sie äußerst empfindlich für elektrische Felder, die sich so sehr sensibel detektieren lassen“, sagt Löw. Sein Ziel war, die atomaren Exoten zu verwenden, um schwache Mikrowellenfelder zu messen, etwa zum Testen von Mikroelektronik-Bauteilen für Hochfrequenz-Anwendungen. Um mit dem Sensor möglichst nah an die Hochfrequenz-Bauteile heranzukommen, ohne ihre Funktion zu stören, packten Löw und seine Kollegen den Messfühler in eine weniger als 100 Mikrometer dünne hohle Glasfaser. „Das ermöglicht eine perfekte Kopplung zwischen Licht und Materie“, sagt Löw. In der Glasfaser schlossen die Forscher ein winziges Tröpfchen von Alkalimetall ein, aus dem sich mit Licht die RydbergAtome herauskitzeln lassen. Die gewiefte Methode, mit der es den Wissenschaftlern am 5. Physikalischen Institut und am Institut für Strahlwerkzeuge der Uni Stuttgart gelang, die Sensorsubstanz unbeschadet in die Glasfaser hineinzubringen, lieferte Stoff für zwei Erfindungsmeldungen. Auch nach Abschluss des Projekts will Löw den Mikrowellenfühler weiterentwickeln und ihn dazu mit dünnen metallischen Strukturen versehen. „So lassen sich Störfelder durch elektrische Ladungen beseitigen und die Empfindlichkeit des Sensors eventuell noch steigern“, sagt der Physiker. Optische Technologien bleiben enorm wichtig für die Wirtschaft im Land. Daher setzt auch die Baden-Württemberg Stiftung weiter auf sie. Auch in dem neuen Programm Photonik, Mikroelektronik, Informationstechnik spielen optische Technologien eine zentrale Rolle.

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Forschung Bioinspirierte M aterialsynthese

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

DREI FRAGEN AN... THOMAS SPECK Thomas Speck ist Lehrstuhlinhaber für Botanik und Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg. Der Biologe erforscht seit etlichen Jahren, wie sich besondere Eigenschaften von Pflanzen für technische Anwendungen nutzbar machen lassen.

Prof. Dr. Thomas Speck

»DIE DIREKTE ÜBERTRAGUNG AUS DER NATUR IN DIE TECHNIK KLAPPT NIE.« # 01 / Was können wir von Pflanzen lernen?

können.

fleischfressenden

# 03 / Welche Ideen der Natur haben Sie

Pflanzen lehren uns, wie man sehr clever

Pflanzen forschen wir. Ihre Fallen öffnen

bereits nutzbar gemacht? Wir haben zum

und mit wenig Material verschiedenste

und schließen sich ohne Gelenke – ein

Beispiel zusammen mit Architekten aus

Strukturen herstellen kann, die außerge-

Vorbild für neuartige bewegliche techni-

Stuttgart

wöhnliche Eigen­ schaften haben. Pflanzen

sche Produkte ohne Scharniere.

Institut für Textil- und Verfahrenstechnik

Auch

an

sind extrem anpassungsfähig, weil sie

und

Textilingenieuren

vom

Denkendorf ein Verschattungssystem für

stets an ihrem Standort bleiben müssen.

# 02 / Wie lassen sich pflanzliche Fähig-

Fassaden entwickelt nach dem Vorbild der

Sie können sich im Gegensatz zu Tieren

keiten technisch umsetzen? Wir lassen uns

Landestange von Paradiesvogelblumen. Sie

nicht verstecken und müssen belas­ tende

von der Natur inspirieren. Doch um ihre

öffnet sich bei der Landung eines bestäu-

Umwelteinflüsse wie starken Wind aushalten

Lösungen in Technologie zu übertragen,

benden Vogels elastisch und ohne Gelenke.

können. Wenn es uns gelingt, die Methoden,

sind viele Abstraktions- und Modifikations-

Das Prinzip wurde auf ein scharnierloses

die Pflanzen dafür entwickelt haben, in

schritte nötig. Technische Systeme bestehen

und wartungsarmes Fassadenverschattungs-

die Technik zu übertragen, erhalten wir

in der Regel aus anderen Materialien. Und

system übertragen und patentiert. Derzeit

oft großartige Lösungen. Wir arbeiten zum

ihre Anwendungen spielen sich in anderen

sind wir dabei, andere bionische Verschat-

Beispiel viel mit Lianen, von denen wir

Dimensionen ab, sodass wir die natürlichen

tungssysteme zu konstruieren, die sich an

natürliche

stabile

Mechanismen vergrößern oder verkleinern

fleischfressenden Wasserpflanzen wie dem

Verankerung und für den Bau von bedarfs-

müssen. Eine direkte Übertragung von der

Wasserrad orientieren.

gerechten Wasserleitungssystemen lernen

Natur in die Technik klappt nie.

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Tricks

für

eine

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

075

Forschung Bioinspirierte M aterialsynthese

PFLANZEN-POWER PUR Im Programm Bioinspirierte Materialsynthese entstehen Konzepte für neue Werkstoffe nach dem Vorbild der Natur. So lässt sich etwa der Kunststoff Polyurethan wie Pflanzen aus dem Treibhausgas Kohlendioxid herstellen und zudem mit trickreichen Fähigkeiten aus der Botanik ausstatten.

Die Rose von Jericho lässt das Herz vieler Blumenliebhaber höherschlagen. Denn das krautige Gewächs, das in den Wüstenregionen des Nahen Ostens zu Hause ist, beherrscht eine besondere Kunst. Zwar sind die Blüten klein und unscheinbar, doch die Pflanze verhält sich wie ein Stehaufmännchen: Trocknet sie aus, biegen sich ihre Stängel leblos zur Erde. Doch sobald es regnet oder man die Pflanze gießt, kehrt ihre Vitalität zurück und die Zweige richten sich rasch wieder auf. Botaniker sprechen von einer Wiederauferstehungspflanze und nutzen Anregungen von anderen Wiederauferstehungspflanzen als Ideengeber für neuartige Klassen von anpassungsfähigen Werkstoffen mit bedarfsgerecht variablen und schaltbaren Eigenschaften. An deren Entwicklung feilen Botaniker, Chemiker, Physiker und Materialforscher aus Freiburg und Karlsruhe im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung.

Ein Allerweltskunststoff mit Potenzial

Vorrangiges Ziel des Projekts aus dem Programm Bioinspirierte Materialsynthese ist es, durch „grüne“ Chemie den Zugang zu neuartigen Polyurethan-Werkstoffen zu eröffnen.

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Diese Klasse von Kunststoffen, die in den 1930er-Jahren in den Labors der Bayer AG in Leverkusen erstmals erzeugt wurden, findet man heute in fast allen Bereichen des Alltags. Die Substanz, die im Fachjargon auch kurz PUR heißt, steckt etwa im Schaumstoff von Matratzen oder Autositzen, in Dichtungen, Putzschwämmen, Surfbrettern, Klebstoffen, Lacken und Beschichtungen, im Armaturenbrett des Autos und als Dämmstoff an Hausfassaden oder in Kühlschränken. Die jährlich produzierte Menge summiert sich weltweit auf fast 20 Millionen Tonnen, der Umsatz mit PUR liegt bei über 50 Milliarden Euro. Doch der Allerweltskunststoff hat es in sich: „Um ihn herzustellen, benötigt man sogenannte Isocyanate als Zwischenprodukte“, sagt der Chemiker Prof. Rolf Mülhaupt, Leiter des Freiburger Materialforschungszentrums (FMF) an der Universität Freiburg. Die Isocyanate wiederum werden aus dem giftigen Phosgen und Aminen gewonnen, darunter auch krebserregende Substanzen. Zudem dient als Ausgangsbasis für die PUR-Produktion meist Erdöl, was zu klimaschädlichen Emissionen führt. „Zwar lassen sich Polyurethane heute auch aus nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzenölen oder Zucker gewinnen“, sagt Mülhaupt. „Doch

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Forschung Bioinspirierte M aterialsynthese

076

die chemischen Verfahrensschritte sind auch hier in der Regel dieselben. Auf die giftigen Zwischenprodukte kann man heute nicht verzichten und muss bei ihrer Herstellung und Verarbeitung entsprechende Schutzmaßnahmen ergreifen.“

Biokunststoff aus Orangenschalen

Das will der Freiburger Chemiker zusammen mit mehreren Projektpartnern aus der Biologie, Physik und Materialwissenschaft nun ändern. Sie haben eine völlig neue Art von Polyur­ ethan entwickelt, das nicht nur aus nachwachsenden Ausgangsstoffen und dem Treibhausgas Kohlendioxid entsteht, sondern auch ohne den Einsatz giftiger Zwischenprodukte auskommt. Der Weg zu diesem umweltfreundlichen Kunststoff beginnt beim sogenannten Limonen – die Betonung liegt hier anders als bei den Zitrusfrüchten auf der letzten Silbe mit „e“. „Diese Substanz steckt als Öl in Orangenschalen und fällt in großen Mengen als Abfallstoff beim Herstellen von Orangensaft an“, berichtet Mülhaupt. Er und sein Team beharken das Limonen mit Sauerstoff und Kohlendioxid. Dabei bilden sich sogenannte zyklische Karbonate, die sich durch Zugabe eines Härters weiterverarbeiten lassen. „Je nachdem, welchen und wie viel Härter wir zugeben, erhalten wir Biokunststoffe mit unterschiedlichen Eigenschaften“, sagt der Chemiker: Sie sind fest oder weich, elastisch oder nicht und zeigen eine gute oder weniger gute Widerstandskraft gegenüber Hitze. Damit haben die Forscher ein Baukastensystem für neuartige Kunststoffe geschaffen, die den vielfältigen Polyurethanen aus der Chemiefabrik gleichen, sich für eine ähnlich breite Palette von Anwendungen nutzen lassen und neue Möglichkeiten für das Materialdesign bieten. Rolf Mülhaupt und sein Team haben zunächst Lacke daraus hergestellt. Über deren Chancen auf dem Markt macht sich der Wissenschaftler aber keine Illusionen: „Um mit einem lange etablierten Kunststoff konkurrieren zu können, müssen wir mehr bieten als dieser“, meint er. Daher gaben sich die Forscher aus Baden nicht mit der giftfreien Herstellung eines alternativen Polyurethans zufrieden, sondern wollen dieses darüber hinaus mit außergewöhnlichen Eigenschaften und Anpassungsfähigkeit versehen. Hier kommt der Biologe Prof. Thomas Speck ins Spiel. Er ist Professor für Botanik und Bionik sowie Direktor des Botanischen Gartens der Universität Freiburg. Und er beschäftigt sich seit vielen Jahren damit, Pflanzen als Ideengeber für bionische Entwicklungen zu nutzen. Im Rahmen dieses

»Um mit einem lange etablierten Kunststoff konkurrieren zu können, müssen wir mehr bieten als dieser.« Prof. Dr. Rolf Mülhaupt /  FMF

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Projekts widmete sich Speck unterschiedlich trockenheitstoleranten Pflanzenarten aus der Familie der sogenannten Gesneriengewächse. „Für deren erstaunliche Wiederbelebung ist die Fähigkeit verantwortlich, das Austrocknen und das damit verbundene Erschlaffen der Stängel und Blätter zu überleben“, erklärt Speck. Die Pflanzen reagieren extrem sensibel auf Feuchtigkeit. Steigt nach dem Gießen durch Wasseraufnahme der Innendruck in den Zellen – Biologen sagen: der Turgordruck – einer Wiederauferstehungspflanze wieder an, versteift sich deren Stängel, und das erschlaffte Kraut erwacht zu neuem Leben. „Über den Wasserdruck kann die krautige Pflanze die Steifigkeit ihrer Stängel sehr schnell und wohldosiert regulieren“, sagt Speck. In Laborexperimenten an Pflanzenkulturen haben der Botaniker und sein Team diesen Effekt im Detail untersucht. Ein weiterer Ideengeber sind Getreide- und Schachtelhalme, die ihre Stängel zusätzlich mit winzigen Silikatkristallen versteifen, die in den Zellwänden eingelagert sind. „Inzwischen verstehen wir die Prozesse recht gut, sodass wir den Physikern und Materialforschern eine erste Bauanleitung für eine technische Umsetzung liefern können“, sagt Speck.

Nanostrukturen nach dem Vorbild der Natur

Diese Anregungen haben die beiden Projektpartner Prof. Günter Reiter vom Freiburger Lehrstuhl für Experimentelle Polymerphysik und Prof. Oliver Kraft vom Institut für Angewandte Materialien am KIT in Karlsruhe aufgegriffen. Sie wollen die Bio-Polyurethane aus Rolf Mülhaupts Labor nun mit speziellen Nanostrukturen ausstatten, die sie ebenso anpassungsfähig machen wie die Pflanzen. Die Materialien sollen zum Beispiel über einen von der Natur abgeschauten Selbstversteifungs­ mechanismus eigenständig widrige Umweltbedingungen wie starken Wind adaptieren können – eine nützliche Eigenschaft etwa für Baumaterialien an Gebäuden. Als Dichtstoff in einer Fuge könnte sich das Material so unter Spannung setzen, dass es den Spalt fest verschließt. Daraus gefertigte Stellelemente könnten andere Objekte ohne weiteres Zutun anschieben und in Bewegung versetzen. Mithilfe von künstlich eingebauten nanometerkleinen Kristallen sollen die PUR-Werkstoffe aus Freiburg und Karlsruhe sogar selbstheilende Kräfte erhalten. Die Idee: Werden sie beschädigt, schmelzen die Kristalle. Später kristallisieren sie erneut und geben dem Material wie von Geisterhand wieder seine ursprüngliche Gestalt zurück. Kratzer und Risse würden sich so von selbst schließen, zum Beispiel in einem kratzfesten Lack. Künftig wollen die Forscher die eingelagerten Kristalle, die für die Versteifung sorgen, und das umgebende Polymer aus demselben Grundstoff gewinnen. Dann werden sich die adaptiven Werkstoffe nach ihrer Nutzung leicht recyceln lassen. „Das Interesse in der Industrie an unserem vielseitigen grünen Kunststoff ist schon jetzt enorm“, berichtet Rolf Mülhaupt. „Wir haben mit unserem Konzept völlig neue Wege in der Materialentwicklung beschritten. Das regt auch viele Unternehmen zum Umdenken an.“

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

077

Forschung Meth oden F ÜR DIE Lebenswissenschaften

WAS ZELLEN SO UMTREIBT Tausende von Zellen gleichzeitig zu untersuchen, um den molekularen Prozessen darin auf die Spur zu kommen: Das ermöglicht eine Erfindung aus Heidelberg im Rahmen des Programms Methoden für die Lebenswissenschaften.

„Leben ist der Zustand, den Lebewesen gemeinsam haben und der sie von toter Materie unterscheidet.“ So kann man es bei Wikipedia nachlesen. Doch die Forscher in den Programmen der Baden-Württemberg Stiftung wollen es deutlich genauer wissen. In einem nun ausgelaufenen Programm lag daher der Schwerpunkt auf der Entwicklung von Methoden für die Lebenswissenschaften. Mit ihnen, so die Hoffnung der Wissenschaftler, werden sich Fragestellungen in Biologie und Medizin künftig immer genauer beantworten lassen. Neun Projekte beschäftigten sich in den vergangenen Jahren mit der Entwicklung neuer Methoden, die sich rund um das Leben drehten.

sende und detaillierte Untersuchungen von Mikro-RNA entweder zu langsam oder haben eine zu geringe Auflösung. Die innovative Plattform, die Erfle und seine Kollegen in den letzten Jahren geschaffen haben, erfüllt hingegen beide Anforderungen: Sie ermöglicht ein hohes Tempo bei den Analysen und gestattet einen scharfen mikroskopischen Blick auf die untersuchten Objekte.

Drei Tricks in einem Mikroskop

Lebensprozessen auf der Spur

Bei den komplizierten biologischen Prozessen, die das Leben in Gang halten, spielen neben DNA und Proteinen auch Ribonukleinsäuren (RNA) eine wichtige Rolle. Sie regulieren unter anderem in den Körperzellen die Wirkung der Gene. Manche davon kodieren Proteine, wie die Biologen sagen: Sie legen die Aufgaben dieser Eiweißmoleküle fest, die als Baumaterial und Motor für die Zellen dienen. Die meisten Mikro-RNA aber sind nicht-kodierend. Und bei vielen von ihnen, zum Beispiel den AntisenseRNA und den Pseudogenen, kommen die Funktionen erst allmählich ans Licht. Fest steht allerdings: Die NukleinsäureMoleküle sind für Zellen unentbehrlich. Rund 90 Prozent aller Abläufe in den Grundbau­ steinen von Lebewesen werden durch Mikro-RNA gesteuert, wobei sich die Wirkungen verschiedener Moleküle oft überschneiden und ergänzen. Dieses komplizierte biochemische Wechselspiel schafft nicht nur Leben, sondern kann es auch gefährden: „Eine Klasse von kleinen nicht-kodierenden RNA,

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die Mikro-RNA, sind entscheidend an der Entstehung von Erkrankungen wie Krebs und Virusinfektionen beteiligt“, sagt Dr. Holger Erfle, Leiter der ViroQuant-CellNetworks RNAi Screening Facility an der Universität Heidelberg. Zusammen mit Virologen, Zellbiologen, Ingenieuren und Bio­i nformatikern mehrerer Heidelberger For­schungseinrichtungen hat er in einem breit angelegten Verbundprojekt im Rahmen des Programms Methoden für die Lebenswissenschaften eine integrierte Hochdurchsatz- und Super-Hochauflösungsplattform für die fluoreszenzmikroskopische Analyse von miRNA-Targets in lebenden Zellen entwickelt – eine Technologie, die Biologen und Mediziner zu einem deutlich verbesserten Verständnis der zellulären Prozesse führen soll. Die Forscher in dem interdisziplinären Verbund packten dabei an der Wurzel der bisherigen experimentellen Malaise an: Die herkömmlichen Mikroskope sind für umfas-

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Dazu entwickelten die Wissenschaftler die sogenannte korrelative Lichtmikroskopie. „Sie erlaubt es, eine hohe Aufnahmegeschwindigkeit und eine hohe Auflösung in einem Mikroskop zu verbinden“, erklärt Holger Erfle. Dazu haben er und sein Team verschiedene Mikroskoptechniken in einem einzigen System vereint. Das erleichtert die Experimente enorm. Zunächst lässt sich in einem schnellen Scan checken, welche Bereiche einer Zelle besonders interessante Effekte zu zeigen scheinen. Nach dem Scan spürt das Mikroskop diese Zellbereiche automatisch wieder auf und unterzieht sie einer präziseren Analyse. „Ein Hersteller von High-End-Mikroskopen hat großes Interesse, unsere Technologie in seine Produkte zu integrieren“, berichtet Erfle. Zum anderen gelang die Entwicklung eines neuartigen Hochdichte-Zell-Chips (HDC2), auf dem sich Tausende unterschiedliche Proben in lebenden Zellen gleichzeitig ins Visier nehmen lassen. Der Durchsatz an Proben bei den Experimenten steigt durch das neuartige Technologiepaket auf das Zehnfache. „Gleichzeitig sinken die Kosten für molekulare Analysen in lebenden Zellen gegenüber herkömmlichen Methoden auf bis zu ein Zehntel“, sagt Erfle. Kein Wunder, dass die Entwicklung in Fachwelt und Industrie großen Anklang findet. „Wir arbeiten in

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078

Forschung Meth oden F ÜR DIE Lebenswissenschaften

Pilotprojekten mit mehreren Pharmafirmen zusammen, die das System beispielsweise für die Suche nach neuen Regulationssystemen und diagnostischen Markern nutzen wollen“, berichtet der Physiker, dessen Fokus in dem Projekt auf der Entwicklung des Mikroskopsystems lag.

Patente auf die Zukunft

Die Baden-Württemberg Stiftung hat für die aus dem Projekt hervorgegangenen Entwicklungen bislang drei Patentanträge gestellt. Der jüngste Antrag bezieht sich auf die zuletzt deutliche Verbesserung des HDC2-Chips. In ihrem Projekt schafften es Holger Erfle und sein Team, die Zahl der Zellen, die sich damit parallel untersuchen lassen, auf 24.000 zu erhöhen. „Die erste Version des Arrays bot Platz für 384 Zellen“, berichtet Erfle, „auf eine spätere Variante ließen sich 9.000 Zellen packen.“ Inzwischen sind die Wissenschaftler so weit, davon zu sprechen, dass es bald möglich sein werde, das komplette menschliche Genom in einem einzigen Experiment zu testen. Derzeit arbeitet Holger Erf le daran, gemeinsam mit Kollegen ein eigenes Unternehmen aus dem ViroQuant-Netzwerk auszugründen. In der Firma wollen die Forscher ihre Technologie zu einem Produkt für die medizinische Forschung führen, aber auch dazu beitragen, das Wissen über die Grundlagen des Lebens zu mehren.

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

DREI FRAGEN AN... HOLGER ERFLE Holger Erfle von der Universität Heidelberg hat zusammen mit Kollegen eine neuartige Methode zur schnellen und genauen Untersuchung von Zellen entwickelt. Die soll nun vermarktet werden.

Dr. Holger Erfle

»WIR LERNEN UNGLAUBLICH VIEL.« # 01 / Was wird die Firma anbieten, die Sie

# 03 / Mit welchen Schwierigkeiten ist eine

gründen wollen? Wir wollen vor allem

Unternehmensgründung

Produkte um unseren HDC2-Chip anbieten,

benötigen eine Finanzierung durch Inves-

mit denen sich verschiedene Arten von

toren, aber auch geeignete Räumlich-

Molekülen auf einem Mikrochip analysieren

keiten. Die Herausforderung ist nicht

lassen: RNA, Gene und Proteine. Wir

nur, robuste Produkte zu entwickeln, die

denken aber auch darüber nach, selbst

auch in rauen industriellen Umgebungen

biologische Proben zu screenen und unser

zuverlässig arbeiten, sondern auch, unser

dabei gewonnenes Wissen zu verkaufen: der

Angebot zu vermarkten. Unsere Techno-

Sie vermitteln keine Erbinformation an

Zugriff auf unsere Datenbank als Service

logie ermöglicht es, eine Vielzahl von

Proteine. Dennoch erfüllen sie wichtige

für Kunden.

Produkten für unterschiedliche Anwen-

NICHTKODIERENDE RNA 98 Prozent der RNA im menschlichen Körper sind nicht-kodierend. Das heißt:

verbunden?

Wir

dungen zu entwickeln. Das macht die

Aufgaben. Nicht-kodierende RNA kontgenetische

# 02 / Welchen Markt sehen Sie dafür?

Entscheidung für das erste Produkt nicht

Elemente oder wirken bei der Abwehr

Wichtig sind unsere Systeme sowohl für

leicht. Aktuell versuchen wir, ein Gespür

krankmachender Viren mit. Um Funktion,

Pharmaunternehmen zur Entwicklung von

für die Bedürfnisse potenzieller Kunden

Entstehung und Struktur dieser noch

neuen Therapeutika als auch für die

zu entwickeln. Für einen Wissenschaftler

großenteils geheimnisvollen Moleküle zu

Grundlagenforschung. Vielen Wissenschaft-

ist das ein unbekanntes Terrain, in dem

erforschen, hat die Stiftung ein neues

lern waren Screens an lebenden Zellen

er sich erst einmal zurecht­ finden muss.

Programm aufgesetzt. Es startete 2015

bisher verwehrt, weil sie zu teuer waren

Dabei lernen wir aber unglaublich viel.

und ist mit 3,5 Millionen Euro für

und zu lange dauer­ ten. Unsere relativ

15 Projekte ausgestattet.

preisgünstige Technologie öffnet das

rollieren

veränderliche

Anwendungsfeld auch für diese Forscher.

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079

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Forschung Ro hstoff- und M aterialeffizienz

AUTOS AUF DI T Um Sprit zu sparen und das Klima zu schonen, sollen Fahrzeuge leichter werden. Im Programm Rohstoff- und Materialeffizienz in der Produktion entwickeln Forscher aus dem Land dazu neue Werkstoffe und Technologien.

750 Kilogramm brachte der erste VW Golf 1974 auf die Waage. Das neueste Modell des Dauerbrenners aus Wolfsburg, das 2012 auf den Markt kam, wiegt je nach Variante zwischen 1,2 und 1,5 Tonnen und damit fast das Doppelte. Der dicke Speck, den sich der Golf über die letzten 40 Jahre zugelegt hat, steht beispielhaft für eine Entwicklung in der gesamten Automobilbranche: Die Fahrzeuge werden immer schwerer. Dafür sorgen stärkere Motoren, neue Sicherheitssysteme, dickere Knautschzonen, Sensoren und Elek­ tromotoren, etwa für elektrische Fensterheber oder verstellbare Scheinwerfer, und immer mehr Komfort durch Klimaanlage, Bordcomputer, GPS und Co.

GOLF I

Gewicht: ca. 750 kg Leistung: bis ca. 51 kW Größe: 370 x 161 x 141 cm (L x B x H)

Forschung für die Trendwende

Diesen Trend wollen die Hersteller nun stoppen. Denn die zusätzlichen Kilos unter Karosserie und Motorhaube verbrauchen nicht nur reichlich Kraftstoff, sie befeuern damit auch die globale Klimaerwärmung. Jede 100 Kilogramm mehr, die der Motor des Wagens bewegen muss, kosten etwa einen Drittelliter Benzin oder Diesel pro 100 gefahrenen Kilometern. Damit macht die Ge­w ichts­ zunahme einen Teil der Spritersparnis zunichte, die moderne effiziente Motoren ermöglichen. Wäre der VW Golf heute noch genauso leicht wie vor 40 Jahren, käme er statt mit fünf Litern mit der Hälfte davon aus. Das Mittel der Wahl, um sich dem Zuwachs an Kilos entgegenzustemmen, sind innovative Leichtbaumaterialien: Werkstoffe, die genauso stabil und zuverlässig sind wie herkömmliche Bleche, aber deutlich weniger wiegen. Aluminium oder Magnesium statt Stahl sind da eine Möglichkeit, aber auch ganz neue Materialien. Bei deren Entwicklung sind Wissenschaftler und Ingenieure an

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GOLF IV

Gewicht: ca. 1200 kg Leistung: bis ca. 147 kW Größe: 415 x 173 x 144 cm (L x B x H)

zahlreichen Universitäten und Forschungsinstitutionen in Baden-Württemberg Spitze. Die große Bedeutung dieses aussichtsreichen Forschungsfelds zeigt sich auch in dem 2014 gestarteten Programm Rohstoff- und Material­ effizienz in der Produktion. Mehrere Projekte drehen sich dabei um den automobilen Leichtbau.

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Nachhaltige Werkstoffkonzepte

Zum Beispiel das Projekt „Faser-Metall-Gummi-Hybridlaminate – ein neuartiges nachhaltiges Werkstoffkonzept für den Fahrzeugleichtbau“ am Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Dort haben die Forscher um Prof. Kay A. Weidenmann vom KIT-Institut für Angewandte Materialien-Werkstoffkunde und Prof. Jürgen Fleischer vom Institut für Produktionstechnik (wbk) sogenannte Faser-Metall-Hybridlaminate (FML) im Visier. Diese Materialien vereinen die Eigenschaften von Metallen und polymeren Verbundwerkstoffen – Kunststoffen, die von feinen Fasern durchzogen sind. Sie bestechen unter anderem durch hohe Festigkeit und lange Lebensdauer. Allerdings haben die FML-Stoffe auch Nachteile: Zum einen dehnen sich die darin miteinander verbundenen Materialien beim Erwärmen unterschiedlich stark aus, was ein besonderes Design nötig macht, um Brüche oder Risse durch eine zu starke Spannung zu verhindern. Außerdem neigt ausgerechnet eine besonders vielversprechende Kombination – der Verbund von sehr leichtem kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff (CFK) mit dem Leichtmetall Aluminium – zur Korrosion. „Aus Sicht des Leichtbaus sind FML-Verbundwerkstoffsysteme sinnvoll, im Rahmen des Projekts gehen wir ihre Schwächen gezielt an“, sagt Kay A. Weidenmann.

Gummi gegen Korrosion

Beiden Schwierigkeiten rücken die Forscher in Karlsruhe mithilfe von Gummi zu Leibe. „Eine Elastomerschicht, die zwischen den beiden anderen Materialien eingefügt wird, federt die Differenz der thermischen Ausdehnung ab“, erklärt Weidenmann. Der Gummi wirkt zudem elektrisch isolierend und vermindert so die Korrosionsanfälligkeit.

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080

Forschung Ro hstoff- und M aterialeffizienz

Durch die Elastomerschicht kann der Werkstoffverbund durch weitere Pluspunkte glänzen: Die Haftung zwischen den Werkstoffbestandteilen verbessert sich, unerwünschte Vibrationen werden gedämpft und die Schäden bei einem Unfall verringert. Auch Forscherkollegen in Stuttgart und im benachbarten Denkendorf haben beim Leichtbau Verbundwerkstoffe im Blick. Im Projekt „Ressourcen- und energieeffiziente Herstellung von Automotive-Leichtbauteilen aus Recyclingmaterialien“ entwickeln sie ein neues Herstellungsverfahren für Hochleistungsverbundstoffe aus recycelter Kunststofffaser oder CFK. „Diese Leichtbauwerkstoffe werden bereits seit Jahren verwendet“, sagt Prof. Peter Middendorf, Leiter des Instituts für Flugzeugbau der Universität Stuttgart. Doch da sie eine komplexe Matrix aus Harz enthalten, ist ihre Produktion bislang umständlich und taugt nicht für eine Groß­ serienfertigung solcher Bauteile. Zudem geht bislang bei der Herstellung viel Material als Abfall verloren: „Oft ist es nötig, ganze Bereiche eines Bauteils zunächst überdimensioniert zu fertigen“, erklärt Middendorf. Erst später werden sie zurechtgeschnitten, wobei bis zu 30 Prozent Verschnitt anfallen. Zwar lässt sich ein Teil dieses Materials wiederverwerten. Doch dazu werden Produktionsabfälle oder alte Bauteile geschreddert – eine brachiale Methode, unter der die Qualität des Recyclingmaterials leidet.

WORAUS AUTOS BESTEHEN

1977

2015

Tricks für mehr Materialeffizienz

Die Stuttgarter Wissenschaftler nutzen ein trickreiches Verfahren, um beide Probleme zu lösen: Gemeinsam mit Kollegen am Deutschen Institut für Textil- und Faserforschung Denkendorf verarbeiten sie die Karbonfasern zunächst zu einem Garn-Roving – einem Vorgarn, das gezielt mithilfe einer Faserlegemaschine zu einer Preform verarbeitet wird: einem textilen Flächenhalbzeug. Die Preform lässt sich nutzen, um per Spritzguss ein Bauteil aus einem hochwertigen Verbundwerkstoff herzustellen. Da es bereits die gewünschte Form besitzt und nicht mehr zugeschnitten werden muss, geht das fast ohne Abfälle. Vielleicht werden sich die gesponnenen Fasern künftig einmal in Autos wiederfinden – und Fahrzeugen wie dem Golf beim Abspecken helfen.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

A N D E R E M AT E R I A L I E N MAGNESIUM ALUMINIUM P O LY M E R E / K U N S T S T O F F E H O C H - U N D M I T T E L F E S T E R S TA H L KO N V E N T I O N E L L E R S TA H L

2035 ----->

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

081

Forschung Clean Tech

F HLER F RS OFENROHR Karlsruher Forscher entwickeln Sensoren, um das Verbrennen von Holz sauberer zu machen. Die Stiftung finanziert das Projekt im Programm Funktionelle Oberflächen und Materialien für eine nachhaltige Energieversorgung (CleanTech).

Kaminöfen sind in. Derzeit gibt es in Deutschland rund 14 Millionen solcher Feuerstätten, die mit Holzscheiten oder Pellets betrieben werden. Und ihre Zahl wächst ständig. Das ist gut für die Energiewende. Denn der nachwachsende Rohstoff aus dem Wald hilft, von den fossilen Energieträgern Öl, Erdgas und Kohle wegzukommen. Doch der Trend zum Holzofen bringt auch Probleme mit sich: Vor allem ältere aber auch moderne Kleinfeuerungsanlagen produzieren giftige Stoffe wie Kohlenmonoxid (CO), polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sowie winzige Feinstaub- und Rußteilchen. Laut Bundesumweltamt belasten Kamin- und Kachelöfen die Luft in Deutschland mit etwa 24.000 Tonnen Feinstaub pro Jahr – das ist mehr als Lkws und Dieselautos ausstoßen. Seit 2015 gilt daher eine neue Immissionsschutzverordnung mit strengeren Grenzwerten für die Abgase von Holzöfen.

Bessere Verbrennung ist das Ziel

Für die Teams von Prof. Christof Wöll, Direktor des Instituts für Funktionelle Grenzflächen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), Prof. Heinz Kohler, Leiter einer Arbeitsgruppe am Institut für Sensorik und Informationssysteme der Hochschule Karlsruhe für Technik und Wirtschaft, sowie Dr. Hartmut Gliemann, Leiter der Abteilung Chemie oxidischer und anorganischer Grenzflächen am KIT, liegt die Lösung in einer präzisen elektronischen Kontrolle und Steuerung der Verbrennungsvorgänge. „Bei Gasheizungen klappt das sehr gut“, sagt Heinz Kohler. „Doch bei kleineren Holzöfen hat die Technik ihre Tücken.“ Das wollen die Forscher im Rahmen des Projekts ändern – mit neuartigen Sensoren, die den Schadstoffgehalt der Abgase im Kamin zuverlässig messen können. „Mit Sensorsignalen, die den Verbrennungsprozess kontinuierlich beschreiben, ließe sich die Qualität der Verbrennung durch die Zufuhr der stets richtigen Luftmenge gezielt verbessern“, sagt Kohler. Er stellt mit seinem Team ein Gassensor-Array her, dessen Wirkschichten in Zusammenarbeit mit Christof Wöll und Hartmut Gliemann im Projekt SurmoSens („Gassensoren für die Optimierung der Verbrennungsprozesse in Stückholz-Kleinfeuerungsanlagen“) modifiziert werden. Das Projekt ist Teil des 2015 gestarteten Programms Funktionelle Oberflächen und Materialien für eine nachhaltige Energieversorgung (CleanTech). Damit unterstützt die Baden-Württemberg Stiftung Forschungsprojekte, die Technologien hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung schaffen. Die Gassensoren aus Karlsruhe gehören dazu. Denn der Grund für die Belastung der Abluft mit CO, PAK und

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Feinstaub liegt in einer unvollständigen Verbrennung des Holzes. Würde sie durch eine intelligente Feuerungsprozessführung verbessert, könnte die Schadgasmenge um rund 90 Prozent sinken. Das haben die Sensoriker um Heinz Kohler jüngst gezeigt. Doch bislang gibt es keine Gassensoren, die die Verbrennungsabgase zuverlässig genug analysieren könnten und bei den rauen Einsatzbedingungen über lange Zeit stabil genug sind. „Beim Verbrennen von Holz bilden sich mehrere Dutzend verschiedene Substanzen, deren Zusammensetzung je nach Temperatur und Verlauf der Verbrennung stark variiert“, sagt Projektkoordinator Hartmut Gliemann. Das erschwert die Extraktion von zuverlässigen, den Prozesszustand wiedergebenden Daten aus den Sensorsignalen erheblich. Die Forscher aus Karlsruhe wollen die gasempfindlichen Schichten des Sensor-Arrays durch ein neuartiges Material ergänzen, das aus einer hochkristallinen Gerüststruktur von Metallen und organischen Molekülen besteht. Das nanometerkleine Materialgespinst wirkt als hochempfindlicher Filter, der nur Moleküle bestimmter Gase passieren lässt, andere aber zurückhält. Der Nanofilter soll zudem den Zutritt von Wasserdampf im Abgas zu den Wirkschichten des Sensor-Arrays blockieren, der bei der Messung stört. Das Ergebnis wäre eine verbesserte Analyse der Schadstoffe, die eine noch bessere Regelung des Verbrennungsprozesses ermöglichen würde.

Die Herausforderung: hitzebeständige Filter entwickeln

Derzeit entwickeln die Forscher geeignete Herstellungsverfahren für die Nanofilter und untersuchen verschiedene Werkstoffe und Werkstoffkombinationen auf ihre Tauglichkeit als Filtermaterial. Eine besondere Herausforderung ist, die Stabilität des feinen Materialgerüstes auch bei den hohen Temperaturen der Abluft von Kaminöfen zu gewährleisten. Zudem müssen die Filter davor bewahrt werden, dass Wasserdampf oder Kohlenwasserstoffe sie chemisch zerfressen. Bis zum Ende der Projektlaufzeit wollen Christof Wöll, Hartmut Gliemann, Heinz Kohler und ihre Teams ein Array von funktionsfähigen Sensoren für verschiedene Abgaskomponenten parat haben, das sich in eine Verbrennungsluftregelung integrieren lässt.

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KOMPAKT

082

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

FORSCHUNGSTAG

GROSSE REDEN, KLEINE KUNSTWERKE

Eine ungerade Jahreszahl bedeutet: Man

von Universitäten und Hochschulen mit der

baut, an denen sich viele angeregte

darf sich auf einen Forschungstag der

Wirtschaft.

Diskussionen entwickelten.

Baden-Württemberg

freuen.

Prof. Tanja Weil, der Karlsruher Physiker

Deshalb kamen am 22. Juli 2015 zum fünften

Prof. Thomas Schimmel und der aus Israel

Mal Wissenschaftler, Politiker und Fach-

angereiste

leute aus der Wirtschaft zusammen, um

Prof. Jacob

spannende

den die Baden-Württemberg Stiftung erst-

sich

an

Einblicke in neue Erkenntnisse aus ihren

mals ausgelobt hatte. Wissenschaftler aus

Forschungsthemen bei der Stiftung zu

Labors, die es ohne die Zusammenarbeit

dem Land hatten dafür etwa 20 per 3D-Druck

informieren und auszutauschen. Die Veran-

mit Kollegen anderer Fachdisziplinen wohl

hergestellte Objekte eingereicht – von

staltung im Stuttgarter Kultur- und

nicht geben würde. Ein Highlight war der

einem komplexen 6-Gang-Getriebe über das

Kongresszentrum Liederhalle stand unter

Vortrag des damaligen Exekutivdirektors

3D-Modell des Karlsruher KIT-Campus als

dem Motto „Forschung interdisziplinär“.

des Institute for Advanced Sustainability

Orientierungshilfe für blinde Menschen bis

Studies in Potsdam und früheren Bundesum-

hin zu mikrometerkleinen Linsenoptiken.

Der Präsident der Deutschen Forschungs-

weltministers Prof. Klaus Töpfer. Er machte

Über den Sieger der beim Forschungstag

gemeinschaft Prof. Peter Strohschneider

den Zuhörern eindrucksvoll deutlich, wie

ausgestellten Printobjekte entschied das

berichtete über die Rolle wissenschaftli-

stark der Mensch bereits das Gesicht der

Publikum, zusätzlich prämierte eine Exper-

cher

Innovationen.

Erde verändert hat. Forscher sprechen

tenjury das nützlichste Laborhilfsmittel:

Theresia Bauer, baden-württembergische

vom geologischen Zeitalter des Anthro-

Während die Fachjuroren ein gedrucktes

Ministerin für Wissenschaft, Forschung

pozän. Töpfer mahnte, diese Entwicklung

Sensor-Array für die Massenspektroskopie

und Kunst, hob die Bedeutung von Frei-

unter Kontrolle zu behalten. Parallel zu

vom Karlsruher Institut für Technologie zum

räumen für die erfolgreiche Entfaltung

den Referaten zeigten Wissenschaftler aus

Gewinner kürte, favorisierten die Besucher

der Forschung hervor. Prof. Horst Hippler,

den Forschungsprogrammen der Stiftung

die

Präsident der Hochschulrektorenkonfe-

aktuelle Resultate ihrer Arbeit. Dazu

4. Physikalischen Institut der Uni Stuttgart.

renz, referierte über die Zusammenarbeit

hatten sie rund 80 Posterstände aufge-

über

die

Disziplinen

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Stiftung

breite

bei

Palette

Die

Ulmer

Chemikerin

Materialwissenschaftler Sagiv

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gaben

Premiere: 3D-Druckwettbewerb

Eine Premiere war ein 3D-Druckwettbewerb,

winzigen

Mikrooptiken

aus

----->

dem


083

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

KOMPAKT

UMWELTTECHNOLOGIEFORSCHUNG

NACHHALTIGES BAUEN

STROM AUS BAKTERIEN

ALLES BETON, ODER WAS?

Viele Kläranlagen haben eine biologische

Die Bauwirtschaft ist eine enorm wichtige

Reinigungsstufe, in der Bakterien das

Branche, sie schafft aber auch reichlich

Abwasser von organischen Schadstoffen

Probleme für die Umwelt. So gehen weltweit

befreien: Der Schmutz wird von den

rund 35 Prozent der CO2-Emissionen und ein

Mikroorganismen einfach verspeist. Warum,

ebenso großer Anteil des Energieverbrauchs

fragten sich Forscher der Universität

aufs Konto des Bausektors. Mehr als die

Freiburg, sollten die Bakterien dabei

Hälfte der benötigten Rohstoffe fließen in

nicht gleich auch einen Teil der Energie

den Bau, der zugleich rund 50 Prozent des

selbst erzeugen, die für den Betrieb der

globalen Müllaufkommens produziert. In dem

biologischen Klärstufe erforderlich ist?

Programm

Diesen Gedanken setzten die beiden Verfah-

Forscher aus dem ganzen Land in unter-

rens- und Umweltingenieure Joana Madjarov

schiedlichen Projekten, um innovative

und Dr. Sven Kerzenmacher vom Institut für

Lösungen für ein umweltfreundlicheres Bauen

Mikrosystemtechnik auch gleich in die Tat

zu schaffen. Ein vielversprechender Ansatz

um. Sie entwickelten eine Brennstoffzelle,

dafür sind funktional gradierte Bauteile.

die die Bakterien im Klärwerk als Energie-

Darunter verstehen Fachleute Komponenten,

quelle anzapfen kann. Der Trick: Die

deren Eigenschaften sich in verschiedene

Mikroorganismen übertragen Elektronen von

Richtungen

den organischen Schadstoffen auf die Anode

lassen und sich so bestmöglich an spezielle

der Brennstoffzelle. Von dort wandern die negativ geladenen Teilchen weiter zur Kathode – es fließt ein elektrischer Strom. Um die Energieausbeute noch zu steigern, nutzt das Freiburger Forscherteam den mit Bakterien besiedelten Filter, der die Keime

MIT BRENNSTOFFZELLEN VERBUNDENE BAKTERIENFILTER ALS ENERGIEQUELLE

Nachhaltiges

Bauen

kontinuierlich

arbeiten

verändern

Anforderungen anpassen. Mit dem Konzept, das ursprünglich aus der Luft- und Raumfahrt stammt, lassen sich beispielsweise Festigkeit, Porosität oder Dichtigkeit eines Materials über einen weiten Bereich variieren.

Damit

können

verschiedene

Bestandteile eines Bauwerks, zum Beispiel

aus dem Schmutzwasser fischt, zugleich

Wände und Decken eines Hauses, aus ein und

auch als Anode. Kerzenmacher belegen, dass das raffinierte

demselben Werkstoff realisiert werden, etwa

Die Entwicklung, die von der Baden-Würt-

Verfahren, das bereits seit 2014 patentge-

aus Metall, Glas oder Beton. Das verringert

temberg Stiftung im Rahmen des Programms

schützt ist, den Stromfluss in einer mikro-

den Bedarf an Material und Energie für die

Umwelttechnologieforschung

finanziert

biellen Brennstoffzelle auf das Vierfache

Herstellung und erleichtert das spätere

wurde, stellte Joana Madjarov im Oktober

steigern kann. Nun wollen die beiden

Recycling der Bauteile. Wie sich unter-

2015 auf Einladung bei einer Fachtagung der

Forscher die Technologie für die Anwendung

schiedlich geformte funktional gradierte

International Society for Microbial Elec-

in realen Abwasserreinigungsanlagen opti-

Komponenten

trochemistry and Technology (ISMET) in

mieren, unter anderem durch kostengünsti-

fertigen und etwa nach dem Abriss eines

Tempe (Arizona) vor. Dafür erhielt die

gere Materialien. Künftig könnte der

Gebäudes wiederverwerten lassen, untersu-

Doktorandin einen „ISMET abstract award“

strom­ erzeugende Bakterienfilter etwa in

chen Wissenschaftler der Universität Stutt-

– eine Auszeichnung, die die Kosten für die

Kläranlagen von Industriebetrieben oder

gart. In einem Projekt der Baden-Württem-

Kongressteilnahme deckt. In Experimenten

bei der Wasseraufbereitung an Bord von

berg

mit Bodenbakterien und einer Anode aus

Kreuzfahrtschiffen zum Einsatz kommen.

wirtschaftlich rentable Herstellung solcher

Stiftung

Beton

wollen

automatisiert

sie

damit

eine

umweltschonenden Bauteile ermöglichen.

porösem Edelstahl konnten Madjarov und

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aus

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Forschung Internationale Spitzenforschung

084

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

LINSEN AUS DEM DRUCKER Mikrometerkleine optische Elemente ermöglichen den Medizinern ganz neue Einblicke in den Körper. Stuttgarter Forscher haben sie im Programm Internationale Spitzenforschung II hergestellt.

Die entscheidenden Fortschritte bei dem Projekt der Internationalen Spitzenforschung II gelangen Dr. Timo Gissibl im Rahmen seiner Doktorarbeit bei Harald Giessen, für die er den Nachwuchspreis 2015 der Deutschen Gesellschaft für angewandte Optik erhielt. Er stellte per 3D-Druck Linsen verschiedener Form her sowie komplette Objektive, die von vornherein aus mehreren Linsen bestehen. Welche Gestalt die mikrometerkleinen Optiken haben müssen, um den bestmöglichen Blick in den Körper zu gewähren, errechnete Gissibls Kollege Simon Thiele zunächst per Software. Danach formte sie der Drucker mithilfe von Laserlicht. Thiele forscht im Team von Prof. Alois Herkommer am Institut für Technische Optik.

Als Kurt Semm 1980 in Kiel zum ersten Mal einen Blinddarm operierte, ohne die Bauchdecke der Patientin zu öffnen, war das eine Sensation. Wichtigstes Werkzeug dabei: ein Endoskop. Mit dem wenige Millimeter dünnen, schlauchartigen Instrument gelangt man durch kleine Öffnungen in den Körper hinein. Heute setzen Ärzte die Instrumente routinemäßig ein, etwa für Magen- oder Darmspiegelungen oder Operationen.

Innovationen für neuartige Endoskope

Nun haben Forscher an der Universität Stuttgart die Basis für eine neue Revolution auf dem OP-Tisch gelegt: Sie entwickelten in einem Projekt der Baden-Württemberg Stiftung winzige optische Linsen und Objektive für neuartige Endoskope. Die Mikrooptiken ermöglichen noch schärfere Einblicke in den Körper und den Zugang zu Bereichen, die bisher auch für die dünnsten Endoskope kaum zugänglich waren, etwa der Tränenkanal am Auge und die Speichelkanäle im Mund. Die Arbeiten der Stuttgarter Wissenschaftler, die auf einem einzigartigen Ansatz gründen, haben das Potenzial, die medizinische Diagnostik weltweit enorm zu verbessern. Damit passen sie ideal in das Konzept des Programms Internationale Spitzenforschung II. Es setzt an dem Befund der Stiftung an, dass die „Wettbewerbsfähigkeit der universitären Forschung zunehmend von ihrem Profil mit einem international herausragenden Alleinstellungsmerkmal abhängt“. Gefördert werden daher eine international brillante Forschung und die Kooperation mit angesehenen Wissenschaftlern aus dem Ausland.

Linsen aus dem 3D-Drucker

Die Brillanz des Stuttgarter Projekts zeigt sich in der Endoskopie. Die dort genutzten Instru-

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Dokumentierte Erfolge

mente enthalten lichtleitende Glasfasern und Linsen, die die Bilder aus dem Körperinneren nach außen tragen. Üblicherweise werden die optischen Bauteile durch Gießen, Pressen oder Schleifen von Glas oder Kunststoff gefertigt. Doch die Forscher um Prof. Harald Giessen, Leiter des 4. Physikalischen Instituts, setzen auf einen 3D-Drucker, der die Endoskop-Optik Zeile für Zeile und Schicht für Schicht aufbaut. „Damit können wir Linsen produzieren, die nur wenige Zehntelmillimeter klein sind und dennoch exzellente optische Eigenschaften haben“, sagt Giessen. Sie lassen sich in superschlanke Endoskope einsetzen, die so fein sind wie ein menschliches Haar.

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Mit dem 3D-Drucker gelang es Gissibl auch, die Optik direkt auf eine feine Glasfaser aufzubringen. Das vereinfacht die Fertigung des Endoskops enorm. Und: Der Physiker konnte die Beleuchtung bei einem endoskopischen Eingriff deutlich verbessern. Dadurch lassen sich krankhafte Veränderungen am Körpergewebe früher und besser erkennen. Niederschlag fanden die Ergebnisse in Veröffentlichungen in „Nature Photonics“ und „Nature Communications“, zwei international renommierten Fachmagazinen. Aufgrund von Erfolgsgeschichten wie der innovativen Optik-Entwicklung aus den beiden Stuttgarter Uni-Instituten, geht die Unterstützung der internationalen Spitzenforschung durch die Stiftung in die dritte Runde. In dem mit bislang 5,5 Millionen Euro ausgestatteten Programm finanzierte sie seit 2009 insgesamt zehn Projekte.

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THEMEN

BÜRGERBETEILIGUNG UND ZI V ILGESELLSCHAF T /. SEITE 087

Politik auf der Schiene Im Rahmen des Programms Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft fand in St. Georgen die Tagung „Jugendbeteiligung ist am Zug“ statt. Das Besondere: Die Veranstaltung begann bereits mit der Anreise.

B LDUNG DAS BLAUE BAND /. SEITE 090

Perspektive Donau SENSIBEL FÜR DIE SPRACHE DER KINDER /. SEITE 092

Sag’ mal was

ICH WILL KEINE EXTRAWURST /. SEITE 094

Baden-Württemberg-STIPENDIUM EIN LOCKERES GESPRÄCH MIT DER MINISTERIN /. SEITE 097

Talent im Land

VOLLE DROHNUNG /. SEITE 098

Fellowships für Innovationen in der Hochschullehre AUF DEM WEG ZUR PROFESSUR /. SEITE 100

Eliteprogramm für Postdoktorandinnen und Postdoktoranden BILDUNG ERFORSCHT /. SEITE 100

Netzwerk Bildungsforschung N A C H H A LT I G K E I T A U F R Ä D E R N / . S E I T E 1 0 1

Expedition N – Nachhaltigkeit für Baden-Württemberg ANERKENNUNG FÜR AUSLÄNDISCHE ABSCHLÜSSE /. SEITE 101

Stipendienprogramm Berufliche Anerkennung in Baden-Württemberg KICK IT LIKE A POET! /. SEITE 102

kicken&lesen SEITE 104

Lesen in Bewegung

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Bildung Gut ausgebildete Menschen tragen zum Wohlstand eines Landes bei. Eines unserer großen Anliegen ist es, allen Zugang zu unserem Bildungssystem zu ermöglichen – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter oder anderen Voraussetzungen. Unsere Programme reichen von der frühkindlichen Bildung über die berufliche und Erwachsenenbildung bis hin zur gezielten Unterstützung herausragender Talente.


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Bildung Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft

POLITIK AUF DER SCHIENE Im Rahmen des Programms Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft fand in St. Georgen die Tagung „Jugendbeteiligung ist am Zug“ statt. Das Besondere: Die Veranstaltung begann bereits mit der Anreise.

Von Konstanz im Süden und Karlsruhe im Norden aus schlängelt sich die Schwarzwaldbahn ins idyllische St. Georgen hinauf. An den Haltestellen steigen Jugendliche ein. In den Abteilen tauschen sie sich darüber aus, wie es um die Jugendbeteiligung in ihrer Heimat bestellt ist. Mit an Bord: Jugendreferentinnen und -referenten aus der Region, die gemeinsam mit den jungen Akteuren Ideen und Themen sammeln, um sie später in Workshops zu bearbeiten. Als die Gruppen aus Konstanz und Karlsruhe sich in der Mitte treffen und die Endstation erreichen, sind es rund 100 Jugend­liche und Erwachsene, die sich auf dem Bahnhof von St. Georgen tummeln – bevor es zur Stadthalle weitergeht, dem eigentlichen Tagungsort. Der sogenannte Politikzug war der ungewöhnliche Auftakt zur Veranstaltung „Jugendbeteiligung ist am Zug“, die im Mai 2015 in St. Georgen stattfand. Gerade in den Gemeinden und Städten im mittleren Schwarzwald gibt es viele Jugendliche, die in den Kommunen aktiv sind. Deshalb hatten die Stadt St. Georgen, der dort ansässige Jugendgemeinderat und die Baden-Württemberg Stiftung die einmalige Aktion ins Leben gerufen. Die Tagung wurde im Rahmen von In Zukunft mit UNS! durchgeführt, einem Teilprojekt des 2012 initiierten Programms Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft der Baden-Württemberg Stiftung.

Markt der Möglichkeiten

Jugendliche stärker an demokratischen Entscheidungsprozessen teilhaben zu lassen

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und ihre Beteiligung in den Kommunen, Vereinen, Verbänden und Schulen nachhaltig zu verankern – das waren die zentralen Ziele der Veranstaltung „Jugendbeteiligung ist am Zug“. „Junge Menschen haben andere Vorstellungen von ihrer Stadt als Erwachsene“, sagte Michael Rieger, Bürgermeister von St. Georgen, in seiner Eröffnungsrede. „Die Stadt ist nicht die Verwaltung, sondern das sind wir alle. Und es gilt, sie aus der Sicht der jüngeren Generation zu entwickeln.“ Wie die Perspektive Jüngerer in die kommunale Praxis umgesetzt werden kann, erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem „Markt der Möglichkeiten“. In kurzen Vorträgen konnten sich die Jugendlichen über verschiedene Beteiligungsformate wie Jugendgemeinderat, -forum oder -konferenz informieren. Dabei wurde deutlich, dass es für Gemeinden gar nicht so einfach ist, das passende Format zu finden. So berichtete beispielsweise Maximilian Frank vom Kinder- und Jugendbüro Weil der Stadt über den Entscheidungsprozess in seiner Stadt. Das Jugendforum erwies sich als allzu offen, der Jugendgemeinderat als zu verbindlich. Aus vielen Gesprächen mit jungen Menschen sowie schulischen und kommunalen Vertretern entstand schließlich die Idee eines Jugendrats: Dabei entwickeln Jugendliche und Verantwor tliche der Stadt in engem Austausch Lösungen für jugendrelevante Themen.

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Themenworkshops

Darüber hinaus konnten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in fünf Workshops konkrete Ideen zu unterschiedlichen Themen erarbeiten. Im Workshop „Stärkung der Beteiligungsrechte“ zum Beispiel beschäftigten sie sich mit der Änderung der Gemeindeordnung. Seit der Novellierung, die im Dezember 2015 in Kraft trat, müssen Jugendliche gemäß Paragraf 41a bei kommunalen Vorhaben berücksichtigt werden, soweit diese ihre Interessen berühren. Die Gruppe betrachtete die Novelle als Chance. Dennoch war den Teilnehmerinnen und Teilnehmern bewusst, dass die Gesetzesänderung gewisse Strukturen benötigte, damit sie in der Praxis auch wirklich funktioniert. Deshalb entwickelten sie die Idee eines festen Ansprechpartners in der Gemeinde, der über ausreichende Ressourcen verfügt, um auf ihre Fragen und Vorschläge einzugehen. Im Workshop „Ein Mobilitätskonzept der Zukunft“ stand die Verbesserung des Öffentlichen Nahverkehrs (ÖPNV) im Mittelpunkt. Gastreferentin Nadja Seibert stellte die Mitfahrbörse flinc vor – eine App, über die regionale Mitfahrgelegenheiten angeboten und genutzt werden können. Die Gruppe war sich einig, dass solche Lösungen eine gute Ergänzung seien. Dennoch dürfe es nicht allein dem Einzelnen überlassen werden, von A nach B zu kommen. Hier sahen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Staat weiterhin in der Pflicht. Der Ausbau des ÖPNV im länd­ lichen Raum gehörte deshalb zu den Haupt­ anliegen der Jugendlichen.

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Bildung Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft

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Die positive Stimmung unterstützen

Am Ende der Workshops schrieben die Gruppen ihre zentralen Forderungen in Schlagwörtern auf einen kleinen Zug aus Holz. Ihre Anliegen diskutierten sie anschließend untereinander sowie mit Vertretern aus Verwaltung und Politik, beispielsweise dem Stadtrat von St. Georgen, Manfred Scherer. Beeindruckt vom Engagement und der Diskussionsfreude der Akteure zeigte sich Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. „Die positive Resonanz auf die Veranstaltung zeigt, dass Jugendliche an politischer Teilhabe und bürgerschaftlichem Engagement großes Interesse haben“, so Christoph Dahl. „Wir müssen ihnen mehr Möglichkeiten bieten, sich einzubringen.“

DEMOKRATIE-MONITORING BADEN-WÜRTTEMBERG Einen weiteren Schwerpunkt des Programms Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft bildet die Forschung. Auf Anregung der Staatsrätin Gisela Erler gab die Baden-Württemberg Stiftung 2012 eine Studie in Auftrag, die das Demokratieverständnis im Land wissenschaftlich untersucht. Für das mehrteilige Forschungsprojekt arbeiteten die Universitäten Mannheim, Tübingen sowie Stuttgart und Freiburg zusammen. Die Publikation mit dem Titel „Demokratie-Monitoring Baden-Württemberg 2013/2014. Studien zur Demokratie und Partizipation“ bündelt die zentralen Ergebnisse der anderthalbjährigen Forschungsarbeit und ist im Verlag Springer VS, Wiesbaden, erschienen. Das Buch wurde im Mai 2015 im Stuttgarter Landtag öffentlich vorgestellt. Zu den rund 100 Gästen gehörten neben den Landtagsabgeordneten hochrangige Vertreter aus Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur. Das Monitoring zeigt, dass die Mehrheit der Bürger im Land mit den demokratischen Institutionen und Verfahren zufrieden ist. Dennoch wünschen sich die Menschen mehr Möglichkeiten, die Politik mitzugestalten und mitzuentscheiden. Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass Beteiligungsprozesse die demokratische Kompetenz von Bürgerinnen und Bürgern stärken, wodurch die Bereitschaft wächst, sich zu engagieren. Ob sich jemand tatsächlich einbringt, hängt neben den Faktoren Geschlecht, Einkommen oder Bildung auch von persönlichen Schlüsselerlebnissen oder von den Erfahrungen in der Familie ab.

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Bildung Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft

DREI FRAGEN AN... NIKOLAJ MIDASCH Nikolaj Midasch vom Landesjugendring Baden-Württemberg ist seit 2013 Projektkoordinator von In Zukunft mit UNS! Er hat den „Politikzug“ mitorganisiert und begleitet.

Nicolaj Midasch

»DAS IST POTENZIAL, DAS BIS JETZT VERNACHLÄSSIGT WURDE.« # 01 / Wie schätzen Sie die Jugendbeteili-

Spannend wäre, die Frage in fünf Jahren

können. Hier hatten es Jugendliche oft

gung hierzulande im Vergleich zu anderen

zu beantworten. Es ist auf jeden Fall

unnötig schwer. Dass Entscheidungen,

Bundesländern ein? Was die kommunale

spürbar, dass allen Gemeinden die neue

Jugendliche nicht einzubinden, nun sogar

Tradition anbelangt ist Baden-Württem-

Situation klar ist. Viele informieren sich

noch direkter durch Verwaltungsgerichte

berg ganz gut dabei. Es gibt Länder, wie

verstärkt über Möglichkeiten, Jugendliche

überprüft werden können, ist wichtig.

Nordrhein-Westfalen, die sind konse-

einzubinden. Das merkt man auch daran,

Genau so wichtig ist aber auch: Wie ich

quenter. Dort gibt es eine zentrale Koor-

dass die Workshopreihen zur „Aktivie-

als Erwachsener zur Demokratie stehe,

dinierungsstelle für Kinder- und Jugend-

renden

entscheidet sich meist in frühen Jahren.

beteiligung auf Landesebene. Etwas, das

besucht sind.

Jugendbeteiligung“

sehr

gut

Wer mit 16 positive Erfahrungen mit

wir uns für Baden-Württemberg wünschen.

Partizipation gesammelt hat, wird später

# 03 / Welche Bedeutung hat Jugendbeteili-

die Instrumente unserer Demokratie zu

# 02 / Nach der geänderten Gemeindeordnung

gung für die Demokratie? Das ist Poten-

schätzen und, im positiven Sinne, zu

muss die Meinung von Jugendlichen einge-

zial, das bisher vielerorts vernachläs-

nutzen wissen.

holt werden. Welche Auswirkungen hat

sigt wurde. Demokratie lebt davon, dass

die Gesetzesnovelle auf die Gemeinden?

alle Gruppen ihre Interessen einbringen

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Bildung Perspek tive D onau

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DAS BLAUE BAND

Mit dem interkulturellen Programm Perspektive Donau: Bildung, Kultur und Zivilgesellschaft fördert die Baden-Württemberg Stiftung nachhaltige Projekte im Donauraum. Wie die Ulmer Konferenz „Duna Romani Luma – Wege in die Zukunft“, zu der sich Teilnehmer aus über zehn Nationen trafen.

Peter Friedrich, Minister für den Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten, sprach Klartext. In seiner Eröffnungsrede beschrieb er, wie die größte Minderheit Europas systematisch schlechtergestellt werde: „Viele von ihnen haben keinen Zugang zum Arbeitsmarkt, zu Bildung und zu akzeptablen Wohnungen. Die Lebenserwartung der Roma ist um durchschnittlich zehn Jahre geringer.“ Was läuft falsch? Und wie sehen Erfolgsfaktoren gelungener Initiativen aus? Mit diesen und ähnlichen Fragen beschäftigten sich die mehr als 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der internationalen Tagung „Duna Romani Luma – Wege in die Zukunft“ in Ulm. Vom 19. bis 27. April 2015 lud die Baden-Württemberg Stiftung gemeinsam mit neun Partnern zur dreitägigen Veranstaltung ein. Ziel der Veranstaltung war es, unterschiedliche Akteure aus Ost und West, aus den Roma-Gemeinschaften und aus öffentlichen Institutionen zusammenzubringen. Gemeinsam wollten sie Lösungswege entwickeln, die die Lebensbedingungen und die Integration von Roma verbessern.

Einstellungen verändern

Auch Melinda Kardos nahm an „Duna Romani Luma“ teil, was übersetzt „Welt der Roma an der Donau“ heißt. Die Psychologin der Caritas arbeitet im rumänischen Satu Mare. In dem Ort in Siebenbürgen, nahe der Grenze zu Ungarn, leben mehr als 17.000 Roma. Die 28-Jährige leitet eine Mutter-Kind-Gruppe, in der es um Themen wie Ernährung, Bewegung und

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Sprachförderung geht. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen begleitet Melinda Kardos die Mädchen und Jungen vieler Roma-Familien vom Kindergarten über die Schule bis hin zum Beruf. „Es hat eine lange Geschichte, dass die Schule an sich für die Menschen hier keinen großen Stellenwert hat“, sagt sie. „Wenn wir diese Einstellung verändern wollen, müssen wir in Generationen denken, das geht nicht in fünf oder zehn Jahren.“

Grundsätzlich ist jedes Kind neugierig

Melinda Kardos ist Roma und vertraut mit der Mentalität der vielfältigen ethnischen Gemeinschaft. Derzeit arbeitet sie an ihrer Dissertation, in der sie untersucht, wie die Einstellungen von Lehrern sich auf die Motivation ihrer Schüler auswirken. Sie hat viele Klassen besucht, in denen die Mehrzahl der Lehrerinnen und Lehrer fest davon überzeugt ist, dass Roma-Kinder sowieso nicht lernen wollen oder können. „Gehen sie jedoch davon aus, dass grundsätzlich erst einmal jedes Kind neugierig ist und Spaß hat am Lernen, dann sind die Roma in diesen Klassen auch integriert und schaffen den Stoff.“ Nach Ulm kam Melinda Kardos mit dem Wunsch, andere Initiativen kennenzulernen. „Wir sind noch zu sehr wie einzelne kleine Flüsse. Erst wenn wir zusammenfließen, werden wir stark. Wie die Donau.“

Vorhaben entwickeln

Außer Vorträgen und Podiumsdiskussionen fanden während der Tagung Workshops im

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sogenannten Open-Space-Format statt. Bei dieser offenen Methode erstellen die Teilnehmer die Agenda selbst und arbeiten in immer wieder wechselnden Kleingruppen an Themen. Am Ende der Tagung sollten möglichst konkrete Vorhaben entwickelt und erste Arbeitsschritte festgelegt werden. So taten sich Akteure zusammen, die eine Plattform für interkulturelles Lernen einrichten wollten; andere planten, ein Netzwerk für Zivilgesellschaften in der Donauregion zu schaffen oder eine Businessberatung für soziale Jungunternehmer zu etablieren.

„Participation Day“ in Ulm

Insgesamt bildeten sich mehr als 20 übergreifende Initiativen mit Akteuren aus unterschiedlichen Ländern und Regionen. Im Herbst 2015 erhielten viele von ihnen die Möglichkeit, erste Ergebnisse beim zweiten „Participation Day“ des „Danube Civil Society Forums“ vorzustellen – und damit ihr Anliegen in das poli­ tische Forum der Europäischen Union ein­ zubringen. Unter dem Motto „Shared History – Common Future“ fand die zweitägige Veranstaltung vom 28. bis 29. Oktober in Ulm statt. Sie wurde organisiert vom Institut für virtuelles und reales Lernen in der Erwachsenenbildung an der Universität Ulm (ILEU) e. V. Finanziell unterstützt wurde die Veranstaltung von mehreren Partnern, darunter der Baden-Württemberg Stiftung, dem Staats­ ministerium Baden-Württemberg sowie der Robert Bosch Stiftung.

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Bildung Perspek tive D onau

PERSPEKTIVE DONAU: BILDUNG, KULTUR UND ZIVILGESELLSCHAFT Eingebettet in die EU-Donauraumstrategie

interkulturelle

zu

vabis, Europäische Donau-Akademie, Rat

sorgt das Programm der Baden-Württemberg

Vorhaben, die marginalisierte Bevölke-

der Donaustädte und -regionen, EUSDR

Stiftung für den Austausch von Wissen

rungsgruppen unterstützen. Ein weiterer

Priority Area 10, Hoffnung für Osteuropa,

zwischen den verschiedenen Projekten im

Schwerpunkt liegt in der Netzwerkbil-

Diözese Rottenburg-Stuttgart, Erzdiözese

Donauraum und trägt zur Völkerverständi-

dung. So werden beispielsweise Projekte

Freiburg, Evangelische Landeskirche in

gung und dem Aufbau einer tragfähigen

gefördert, die mindestens zwei Koopera-

Württemberg, Evangelische Landeskirche

Zivilgesellschaft bei. Die Bandbreite der

tionspartner aus dem Donauraum mit einbe-

in Baden.

finanzierten Projekte reicht dabei von

ziehen. Die Tagung „Duna Romani Luma“

Bildung und Qualifikation von Menschen

veranstaltete

unterschiedlicher Altersgruppen, über

Stiftung mit folgenden Partnern: Reno-

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Begegnungen

die

bis

Baden-Württemberg

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Bildung Sag’ mal was

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SENSIBEL F R DIE SPRACHE DER KINDER Nach drei Jahren intensiver Arbeit ist 2015 innerhalb des Programms Sag’ mal was ein neues SprachCurriculum für den Bereich der Kindertagespflege veröffentlicht worden. Es unterstützt gezielt die sprachliche Bildung von Kindern unter drei Jahren.

Carmen Gattenhof betreut seit zwölf Jahren Kleinkinder bei sich zu Hause. Bärenhöhle – so hat sie ihre Tagespflegestelle im beschaulichen Külsheim-Steinbach bei Tauberbischofsheim genannt, in der sie bis zu fünf Kinder gleichzeitig aufnimmt. Als Tagesmutter ist Carmen Gattenhof verpflichtet, sich jährlich in 15 Unterrichtseinheiten weiterzubilden. Im vergangenen Jahr entschied sich die 44-Jährige dafür, an einem Curriculum zur Sprachentwicklung und Sprachförderung bei Kleinkindern teilzunehmen, das immerhin 40 Unterrichtsstunden umfasst, ein Engagement, das sich gelohnt hat: „Es war eine der wertvollsten Fortbildungen, die ich jemals gemacht habe.“ Entwickelt worden ist das Lehrkonzept Sprache macht Spaß vom Landesverband Kindertagespflege Baden-Württemberg e. V. „In der Grundqualifizierung von Tagesmüttern und -vätern kommen Themen wie Sprache, Sprachförderung und Mehrsprachigkeit bislang kaum vor“, sagt Ines Bloth, Fachreferentin beim Landesverband. „Als die Baden-Württemberg Stiftung uns als Projektträger für ein neu zu erarbeitendes Lehrprogramm rund um die Sprachkompetenz von Kindern unter drei Jahren angefragt hat, haben wir also sofort zugesagt.“

Ideen direkt im Alltag anwenden

Zehn Module umfasst das Programm. Wie lernen Kleinkinder eigentlich sprechen? Wie wirken Erwachsene als Sprachvorbilder? Was gilt es bei Mehrsprachigkeit zu berücksichtigen? In jedem der einzelnen Module wird das

notwendige Wissen vermittelt, und die Teilnehmer erhalten eine Fülle an konkreten Tipps für den Arbeitsalltag. Ines Bloth: „Die praktische Umsetzbarkeit war uns ein besonders wichtiges Anliegen. Die Tagespflegepersonen sollen Vorschläge und Ideen direkt anwenden können und merken, dass sie wirken.“ Nach der vierten Modulstufe, die sich mit der sprachanregenden Gestaltung von Räumen beschäftigt, krabbelte Carmen Gattenhof durch alle Räume ihrer Bärenhöhle. „Ich habe ganz bewusst den Blickwinkel der Kinder eingenommen und gemerkt, dass es an manchen Stellen unruhig ist und zu vieles die Kinder ablenkt.“ Also hat sie die Fülle an Spielangeboten reduziert, manche Möbel anders gestellt, über farbliche Gestaltung mehr Ruhe in die Räume gebracht. Und auch das eigene Sprachverhalten hat Carmen Gattenhof reflektiert. „Ich bin in meiner eigenen Sprache klarer geworden. Das Ende von Sätzen habe ich früher manchmal verschluckt oder Sätze abgehackt. Das passiert mir heute nicht mehr.“

Aufzeichnungen helfen

Die Reflexionsfähigkeit der Tagesmütter und Tagesväter zu stärken ist ein zentrales Anliegen von Sprache macht Spaß. Reflexionsbögen, gegenseitige Feedbacks, Präsentationen oder der Austausch in Regionalgruppen sind nur einige der Methoden, die dafür eingesetzt werden. Außerdem lernen die Teilnehmer, wie sie die Sprachentwicklung der Kinder dokumentieren können. „Kinder lernen in den ersten drei Lebensjahren in einem unglaublich schnellen Tempo“, sagt

»Es war eine der wertvollsten Fortbildungen, die ich jemals gemacht habe. Ich bin in meiner eigenen Sprache klarer geworden. Das Ende von Sätzen habe ich früher manchmal verschluckt oder Sätze abgehackt. Das passiert mir heute nicht mehr.«

Carmen Gattenhof /  Tagespflege

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Bärenhöhle

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Ines Bloth. „Strukturierte Aufzeichnungen helfen dabei, sie individuell und gezielt in ihrer Sprachentwicklung zu unterstützen.“ Carmen Gattenhof hat es sich angewöhnt, die Kinder im Alltag immer wieder mal zu filmen. Bei der Auswertung ihrer Dokumentation fiel ihr bei einem dreijährigen Zwillingspaar die unterschiedliche Sprachkompetenz besonders deutlich auf: Während ein Junge ganz normal und altersgerecht sprach, tat der andere sich mit bestimmten Buchstaben schwer und hatte fast ständig den Mund geöffnet. „Ich habe das mit der Trainerin des Curriculums besprochen, und sie gab mir den Tipp, er könnte Probleme mit der Atmung haben. Die Eltern sind dann zum Arzt gegangen, der feststellte, dass der Kleine keine Luft durch die Nase bekam.“ Nach einem kurzen Eingriff sprach der Junge wenige Monate später genauso gut wie sein Bruder.

Große Nachfrage

Bildung Sag’ mal was

KOSTENFREIER ZUGANG Seit August 2013 haben Eltern den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Tageseinrichtung oder in der Tagespflege für Kinder ab einem Jahr. Damit gewinnen die Kindertagespflege und die Qualifizierung der hier tätigen Frauen und Männer an Bedeutung. Die Baden-Württemberg Stiftung hat mit Sprache macht Spaß

Die Evaluation von Sprache macht Spaß zeigt: Nahezu jede der 150 Tagespflegepersonen, die bislang teilgenommen haben, berichtet von positiven Auswirkungen auf den eigenen Arbeitsalltag. Die 13 pädagogischen Fachkräfte, die der Landesverband Kindertagespflege als sogenannte Multiplikatoren geschult hat, bieten das Curriculum weiterhin an – auch nach dem offiziellen Projektabschluss im Juli vergangenen Jahres. „Die Nachfrage ist so groß, dass wir sogar darüber nachdenken, noch weitere Multiplikatoren auszubilden“, sagt Ines Bloth. Wichtig ist es ihr vor allem, Sprache macht Spaß als fachliches Fortbildungsangebot im Rahmen der Verwaltungsvorschrift Kindertagespflege aufnehmen zu lassen. „Damit wäre das Curriculum eine anerkannte Fortbildung in Baden-Württemberg und könnte sich von da aus auch in anderen Bundesländern etablieren.“

ein praxisnahes Lehrprogramm auf den Weg gebracht, das kostenfrei heruntergeladen werden kann. Es ist Teil des umfangreichen Programms Sag’ mal was, mit dem die Baden-Württemberg Stiftung seit 2002 das Ziel verfolgt, die sprachliche Bildung und den Spracherwerb bereits ab dem Kleinkindalter zu stärken.

KINDER TAGESPFLEGEBW.DE SAGMALWASBW.DE

»In der Grundqualifizierung von Tagesmüttern und -vätern kommen Themen wie Sprache, Sprachförderung und Mehrsprachigkeit bislang kaum vor. Als die Baden-Württemberg Stiftung uns als Projektträger angefragt hat, haben wir also sofort zugesagt.«

Ines Bloth /  Landesverband

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Kindertagespflege Baden-Württemberg e. V.

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Bildung Baden-W ürttemberg-Stipendium

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ICH WILL KEINE EXTRAWURST Katharina Vollrodt ist gehörlos. Mit dem Baden-Württemberg-STIPENDIUM ist die 24-Jährige für ein halbes Jahr an eine kanadische Universität gegangen. Über ihre Erfahrungen und wie der Aufenthalt ihr Leben veränderte – das erzählt Katharina Vollrodt selbst.

Ich studiere im 4. Semester an der Pädagogischen Hochschule Heidelberg Sonderpädagogik auf Lehramt. 2015 ermöglichte mir das Baden-Württemberg-STIPENDIUM ein Auslandssemester an der Thompson River University in Kanada. Das Land gilt beim Thema Inklusion weltweit als Vorreiter. Deshalb hat es mich dorthin gezogen. Ich selbst bin von Geburt an gehörlos und trage zwei Cochlear-Implantate. Damit kann ich rechts drei Prozent und links ungefähr 40 Prozent hören.

Ich mag die Stille Kanadas.

Many paths to learning – Eingangsschild der Thompson Rivers University.

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Neben den sprachlichen Ängsten und den erforderlichen Behördengängen, die wir Austauschstudenten vor unserer Abreise zu bewältigen hatten, kamen bei mir noch einige Fragen hinzu: Welche Auslandskrankenkasse nimmt mich mit meiner Behinderung? Wie beantrage ich für die Kurse einen Gebärdensprach- oder Schriftdolmetscher? Und wo bekomme ich eine FM-Anlage her? Eine FM-Anlage überträgt Tonsignale wie Sprache oder Geräusche drahtlos. Bei Seminaren trägt der Dozent das Mikrofon, und ich kann über den Empfänger alles verstehen. Allerdings ist das Hören für mich bei längeren Veranstaltungen sehr anstrengend. Deshalb ist es immer gut, wenn ein Gebärdensprachdolmetscher Vorlesungen begleitet.

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Als ich an der Thompson River University ankam, war ich total perplex. Für Studierende mit Behinderung gibt es eine zentrale Stelle, das sogenannte Disabled Center. Die Verantwortliche war total freundlich und hat sofort gesagt: „Machen Sie sich keine Sorgen, wir kümmern uns um alles.“ Mit nur einer Unterschrift habe ich für jeden Kurs einen Gebärdensprachdolmetscher oder einen Schriftdolmetscher zur Seite gestellt bekommen. Außerdem konnte ich mir problemlos eine FM-Anlage ausleihen. So etwas hatte ich bis dahin noch nie erlebt. Ich bin einfach in die Kurse gegangen, wie jeder andere Student auch. Das war ein großartiges Gefühl!

Das Studium ist in Kanada ganz anders aufgebaut als in Deutschland. Hier gibt es Kurse, die man in entsprechenden Modulen belegen muss. In Kanada richtet man sich nach einem festgelegten Stundenplan und studiert in einem Klassenverband. Ähnlich wie in der Schule. Die Klassen bestehen aus etwa 30 Studierenden, was für mich von Vorteil war. Ich konnte den Gesprächen folgen und hatte die Möglichkeit, mich zu melden, wenn ich etwas nicht verstanden habe. Ich kann nicht sagen, welches System besser oder schlechter ist. Beide haben ihre Vorteile. Wenn man eine Behinderung hat, ist es einfacher, wenn man die Studierenden kennt.

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Bildung Baden-W ürttemberg-Stipendium

In love with Canada.

Wintermärchen mit Kommilitonen. Auch die Kursinhalte sind ganz anders strukturiert. Im Kurs Special Needs zum Beispiel ging es in der Hauptsache darum, wie man ein behindertes Kind am besten fördert. Hierzulande beschäftigt man sich mit den Arten von Behinderung und worauf man achten muss. In Kanada ist der Blick stärker darauf gerichtet, wie man das Potenzial von Kindern unterstützt, und weniger darauf, welche Defizite es hat.

Am Thompson River.

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Bildung Baden-W ürttemberg-Stipendium

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An der Thompson Rivers University habe ich zum ersten Mal meine Behinderung als Teil meiner Persönlichkeit erlebt und nicht als Hindernis. E-N-D-L-I-C-H konnte ich mich voll aufs Lernen konzentrieren und musste nicht 40 Pro­ zent meiner Zeit und Kraft für das Studieren mit Behinderung aufbringen. Da ist Kanada Deutschland wirklich um Seemeilen voraus.

Schafft es Deutschland, die Seemeilen zur Inklusion aufzuholen? ;-) Ich habe sehr viel über mich gelernt und wünsche mir, dass andere gehörlose oder schwerhörige Menschen diese Erfahrung machen können. Denn jeder, ob mit oder ohne Behinderung, kann erreichen, was er oder sie erreichen möchte. Ich habe große Sehnsucht nach Kanada und würde sofort wieder dorthin zurückkehren. Denn tatsächlich fällt mir das Studieren in Deutschland nach meinem Auslandsaufenthalt schwerer. Ich weiß jetzt, dass es anders und besser geht.

Feel the freedom!

BADEN-WÜRTTEMBERG-STIPENDIUM Die Baden-Württemberg Stiftung unterstützt besonders qualifizierte Studierende aus Baden-Württemberg und dem Ausland, eine Zeit ihres Studiums an einer Hochschule in einem anderen Land zu verbringen. Dabei erhalten sie nicht nur finanzielle Unterstützung, sondern gehören dem exklusiven Netzwerk BWS-World an. 2015 vergab die Stiftung erneut mehr als 1.200 Stipendien. Darüber hinaus stellte sie im Rahmen von BWS plus 900.000 Euro für innovative Kooperationen von Hochschulen zur Verfügung. Sieben deutsche Hochschulen setzen bis 2018 zehn Projekte mit Institutionen auf der ganzen Welt um. Zum Beispiel arbeiten die Eberhard Karls Universität Tübingen und die Ben Gurion University of Negev in dem Projekt „Shoah-Gedenken in der Migrationsgesellschaft“ zusammen. Weitere Informationen unter www.bw-stipendium.de.

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Bildung Talent im L and (TiL)

EIN LOCKERES GESPR CH MIT DER MINISTERIN 22 aktuelle und ehemalige Stipendiatinnen und Stipendiaten des Programms Talent im Land (TiL) interviewten in der Stuttgarter Villa Reitzenstein Staatsministerin Silke Krebs. Auftakt der Reihe „TiL trifft“.

Wie organisiert eine Staatsministerin bei der vielen Arbeit ihr Privatleben? Welche politischen und gesellschaftlichen Themen beschäftigen sie besonders? Was denkt sie über Flucht und Integration? Die jungen Talente hatten eine Vielzahl an Fragen zum Termin mit Silke Krebs mitgebracht. Und natürlich waren sie neugierig auf den Dienstsitz der Ministerin, die Stuttgarter Villa Reitzenstein. Nach der umfangreichen Sanierung des mehr als 100 Jahre alten Gebäudes war die TiL-Gruppe eine der ersten, die durch die imposanten Räume geführt wurde. Ministerin Silke Krebs nahm sich eine Stunde Zeit für die Diskussion mit den jungen Menschen. Einer von ihnen war Yannic Selonke, seit September 2015 Stipendiat bei Talent im Land. Der 17-Jährige lobte die Ministerin nach dem Gespräch ausdrücklich: „Mir hat gut gefallen, dass sie locker war, sich vor keiner Frage gedrückt hat und auch Privates berichtet hat.“ Genau das ist das Ziel von „TiL trifft“: die Begegnung auf einer persönlichen Ebene. „Wir wollen unsere Stipendiaten und Stipendiatinnen mit Menschen aus Politik,

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Kultur, Wissenschaft oder Sport zusammenbringen, um ein eher informelles Gespräch zu führen“, sagt Andreas Germann vom TiLBüro. „Das Interview mit der Ministerin stand am Anfang einer losen Reihe.“

Soziale Hürden erschweren die schulische Karriere

Für Yannic war es eine der ersten Veranstaltungen im Rahmen seines Stipendiums. „Wenn mir jemand vor einigen Monaten gesagt hätte, dass ich eine echte Ministerin interviewen würde, hätte ich ihn ausgelacht“, sagt Yannic. „Und jetzt bin ich Teil dieses Programms, das mir vieles erleichtert.“ Zum Beispiel durch die 150 Euro monatlich, die Yannic bis zum Abitur erhält. „Mit dem Geld kann ich Dinge anschaffen, die für andere selbstverständlich sind. Einen Drucker beispielsweise.“ Der Schüler des Scheffold-Gymnasiums in Schwäbisch Gmünd hat ausgezeichnete Noten und engagiert sich als Schülersprecher. Soziale Hürden allerdings erschweren seine schulische Karriere. So geht es den meisten Stipendiatinnen und Stipendiaten des

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Programms Talent im Land, das von der Baden-Württemberg Stiftung zusammen mit der Robert Bosch Stiftung seit zehn Jahren durchgeführt wird. Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung: „In Deutsch­land hängt der Bildungserfolg junger Menschen noch viel zu häufig von der sozialen und wirtschaftlichen Lage der Eltern ab. Dabei ist Bildung gerade für Jugendliche aus benachteiligten Familien der Schlüssel zu einer erfolgreichen Zukunft.“

Wie eine zweite Familie

Zusätzlich zur finanziellen Förderung ge­hören zu TiL ein vielfältiges Seminarangebot, individuelle Beratung über den Schulabschluss hinaus und das Netzwerk aus aktuellen und ehemaligen Stipendiatinnen und Stipendiaten. Vor allem dieses Netzwerk und die Begegnung mit den anderen weiß Yannic zu schätzen. „Das ist ein Kreis von Menschen, bei denen man sich nicht verstellen muss. Wir haben eben alle sehr ähnliche Probleme. Es fühlt sich ein bisschen an wie eine zweite Familie.“

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Bildung Fello wships für Inn ovationen in der H o chschullehre

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

VOLLE DROHNUNG Max Ruppert beschäftigt sich mit Drohnenjournalismus. An der Hochschule der Medien in Stuttgart hat er ein „Copter Communication Camp“ veranstaltet. Ermöglicht hat ihm dies das Programm Fellowships für Innovationen in der Hochschullehre. Ruppert ist einer von 15 Fellows, die 2014 in das Programm aufgenommen wurden.

Das Ding, das da durch die Abenddämmerung schwirrt, hört sich an wie ein Hornissenschwarm. Nur wenige Meter von Max Rupperts Balkon entfernt bleibt es in der Luft stehen. Rote Lämpchen blinken. Ruppert ist auf Augenhöhe mit der Drohne – und er ist aufgebracht. „Hey, was soll das?“, ruft er vom fünften Stock hinunter in den Garten. „Filmst du mich etwa?“ Diese Begegnung mit dem unbemannten Flugobjekt ist mehr als drei

Jahre her. Für Ruppert war sie ein Schlüsselmoment. „Ich fühlte mich in dem Augenblick beobachtet und bedroht, aber irgendwie war ich auch fasziniert“, erzählt der 41-Jährige in seinem Büro an der Hochschule der Medien (HdM) in Stuttgart. Und dieses „Irgendwie“ hat bei dem Kommunikationswissenschaftler und TV-Journalisten dazu geführt, sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen. Mittlerweile zählt Ruppert zu den

wenigen Experten in Deutschland, wenn es um Drohnenjournalismus geht.

Bekannt aus Film und Fernsehen

Kein Tatort oder Polizeiruf kommt heute ohne Drohne aus – oder „Copter“, wie es im Fachjargon heißt. Mit einer Kamera ausgestattet, lassen sich ungewöhnliche Aufnahmen drehen. Beispielsweise der rasante Flug knapp über der Wasseroberfläche des Boden-

Thomas Maier (links) / Max Ruppert (rechts) ----->

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sees oder eine Nahaufnahme von der Spitze des Ulmer Münsters. „Kein Hubschrauber kommt so nah an Objekte heran wie ein Copter“, sagt Ruppert. Außerdem sei es einfacher und günstiger, eine Drohne loszuschicken, als einen Kamera­ kran aufzubauen oder Aufnahmen mit dem Helikopter zu machen. Für Ruppert steht fest: „Drohnen werden im Journalismus und in der Medienproduktion in den nächsten Jahren immer mehr eingesetzt, weil sie neue Möglichkeiten eröffnen.“ Die sieht der Stuttgarter beispielsweise beim Datenjournalismus. Mit Sensoren ausgestattete Drohnen können Informationen aus der Luft sammeln, die am Boden zu Grafiken verarbeitet werden. Ein weiteres Feld sieht Ruppert bei der investigativen Recherche, wo es bereits erste Ansätze gibt. 2013 filmte ein Reporter etwa die Proteste auf dem Taksim-Platz in der Türkei mit einer Drohne und dokumentierte damit die brutale Vorgehensweise der Polizei – bis der Copter von den Beamten abgeschossen wurde.

Wildwest am Himmel

Legal ist ein solcher Einsatz allerdings nicht. Der Reporter hätte eine offizielle Aufstiegsgenehmigung gebraucht, die er im Zweifel nicht erhalten hätte. Als Journalist weiß Ruppert, dass bei investigativen Recherchen rechtliche Grenzen überschritten werden können. Profis sind sich darüber im Klaren – bei Laien sieht das möglicherweise anders aus. Seit es Copter in Elektromärkten schon ab 70 Euro gibt, herrscht „Wildwest-Stimmung am Himmel“. Grundsätzlich kann jeder eine Drohne steuern, der Lust dazu hat. Er darf sie jedoch nicht über Menschen fliegen und muss das Gerät stets im Blick haben. Das allerdings wissen die wenigsten. „Es ist nicht einfach, einen Copter zu fliegen. Wenn man den nicht richtig steuert und kontrolliert, kann es gefährlich werden“, sagt Thomas Maier. Er ist wie Ruppert akademischer Mitarbeiter an der HdM und ein erfahrener Multicopter-Pilot. Die technische Expertise des 30-Jährigen floss in das zwei­ semestrige „Copter Communication Camp“ ein, das Ruppert ab Sommersemester 2015 an der HdM entwickelt und durchgeführt hat. Sein Ziel: das Thema Drohnenjournalismus an der Hochschule zu verankern und mit dem Camp eine neue Seminarform auszuprobieren. Gefördert wurde Rupperts Vorhaben im

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Bildung Fello wships für Inn ovationen in der H o chschullehre

»Kein Hubschrauber kommt so nah an Objekte heran wie ein Copter. Drohnen werden im Journalismus und in der Medienproduktion in den nächsten Jahren immer mehr eingesetzt, weil sie neue Möglich­keiten eröffnen.«

Max Ruppert /  Fellow Rahmen eines Fellowships für Innovationen in der Hochschullehre. Unterstützt wird das Programm von der Baden-Württemberg Stiftung, der Joachim Herz Stiftung sowie dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Mit dem Fellowship tragen die Partner dazu bei, die Lehre an Hochschulen zu stärken. Denn in Hochschulen liegt der Fokus verstärkt auf der Forschung, und auch die Vergabe von Drittmitteln fällt häufig zu Lasten der Lehre aus.

Die Mischung macht’s

15 Studierende aus unterschiedlichen Fakultäten nahmen am Camp teil. Darunter angehende Informationsdesigner, Journalisten, Medieninformatiker und Studierende der Druck- und Medientechnik. Die Heterogenität war Max Ruppert wichtig, denn „Copterjournalismus ist unweigerlich mit technischen, rechtlichen und ethischen Fragen verzahnt“. Gerade Letzteres führt bei der Thematik immer wieder zu hitzigen Diskussionen. Beispielsweise über Datenschutz oder die Angst vor Überwachung. Eine weitere Besonderheit des Camps war die enge Verknüpfung von Technik und ihrer praktischen Anwendung. Dazu zählte beispielsweise, dass die Teilnehmer zwei Copter bauen und dafür weltweit Teile bestellen mussten; dass sie eine Aufstiegsgenehmigung beantragen und dafür den gesamten bürokratischen Prozess durchliefen; oder dass sie den Copter mit einem Sensor ausstatteten, um die Feinstaubwerte

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in der Luft zu messen. „Meines Wissens sind wir die einzige deutsche Hochschule, die das in der Form so macht“, sagt Ruppert.

Willkommen im MakerSpace

Ruppert bekommt auch nach Abschluss seines Camps im Februar regelmäßig Anfragen. Von Studierenden, die sich einen Copter gern für eine Filmproduktion ausleihen möchten. Oder von den Agrarwissenschaftlern der Uni Hohenheim, die für Forschungsprojekte einen Copter-Piloten suchen. „Wir haben durch das Camp viel Expertise aufgebaut“, sagt Ruppert. Dass die nicht verloren geht, daran arbeitet er derzeit. Mit seinem Kollegen Thomas Maier hat er sich mit dem Copter-Communication-Projekt für einen Raum im geplanten MakerSpace der Hochschule beworben – eine Art Hightech-Werkstatt, in der Studierende rund um die Uhr tüfteln können.

INNOVATIVE KONZEPTE FÜR DIE WISSENSVERMITTLUNG Die Lehre und Ausbildung von Studierenden ist neben der Forschung die Kernaufgabe von Universitäten und Hochschulen. Mit dem Programm Fellowships für Innovationen in der Hochschullehre werden seit 2011 neuartige Lehr- und Prüfungsformate prämiert; seit 2014 werden Junior-, Senior- und Tandem-Fellowships vergeben. Eine Jury aus Fachvertretern, Hochschuldidaktikern und Studierenden wählt unter den eingesendeten Vorschlägen aus. Ausschlaggebend für die Entscheidung sind Innovation, Nachhaltigkeit und die Übertragbarkeit der Konzepte auf andere Fachbereiche. 2015 wurden bundesweit insgesamt elf Fellowships vergeben, davon fünf aus Baden-Württemberg. Mit den drei TandemFellowships wurden insgesamt 14 Fellows ins Programm aufgenommen. Die BadenWürttemberg Stiftung stellte dafür allein 119.800 Euro zur Verfügung.

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KOMPAKT

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

ELITEPROGRAMM FÜR POSTDOKTORANDINNEN UND POSTDOKTORANDEN

NETZWERK BILDUNGSFORSCHUNG

AUF DEM WEG ZUR PROFESSUR

BILDUNG ERFORSCHT

Mit dem 2002 gestarteten Eliteprogramm für Postdokto­

Seit 2011 widmet sich die Baden-Württemberg Stiftung

randinnen

die

der empirischen Bildungsforschung im Land. Der Schwer-

Baden-Württemberg Stiftung exzellente Wissenschaftle-

punkt der Forschungen liegt auf dem Übergang von der

rinnen und Wissenschaftler auf ihrem Weg zur Professur.

Schule in den Beruf. Untersucht werden die individuellen

Das Programm dient der zielgerichteten Qualifikation in

Einflüsse wie auch die strukturellen Rahmenbedingungen

Forschung, Lehre und Wissenschaftsmanagement und legt

des Bildungsangebots, die den Werdegang junger Menschen

einen besonderen Fokus auf den fächerübergreifenden

maßgeblich beeinflussen. Das Netzwerk Bildungsforschung

Austausch. Dazu richtete die Baden-Württemberg Stif-

ist interdisziplinär ausgerichtet und unterstützt die

tung auch 2015 wieder die zweimal im Jahr stattfin-

Arbeit von Wissenschaftlern verschiedener Fachrich-

denden Netzwerktreffen aus. An der Filmakademie

tungen, Hochschulen sowie Forschungsinstituten in

Ludwigsburg und an der Heidelberger Akademie der

Baden-Württemberg. Einen wesentlichen Bestandteil des

Wissenschaften konnten junge Wissenschaftlerinnen und

Programms bilden die regelmäßig stattfindenden Treffen

Wissenschaftler sowie ehemalige Stipendiaten des

und wissenschaftlichen Tagungen. So fand 2015 ein Netz-

Programms neue Kontakte knüpfen und Erfahrungen

werktreffen in Freiburg und eine Nachwuchstagung in

austauschen. 2015 wurden außerdem 15 neue Postdokto-

Tübingen statt, bei denen sich Wissenschaftler über

randinnen und Postdoktoranden ausgewählt und in das

aktuelle Themen der Bildungsforschung und über die

Programm aufgenommen. Über eine Laufzeit von drei

bisher erarbeiteten Projektergebnisse im Netzwerk

Jahren werden die eigenverantwortlich verwalteten

austauschten. Auf der Nachwuchstagung wurden Koopera-

Forschungsvorhaben mit insgesamt 1,49 Millionen Euro

tionsmöglichkeiten besprochen und Grundlagen für die

von der Baden-Württemberg Stiftung unterstützt.

Weiterentwicklung der Forschungen diskutiert. Für die

und

Postdoktoranden unterstützt

Fortführung der Programmlinie stellte die Baden-Württemberg Stiftung 2015 weitere 1,5 Millionen Euro bereit.

1,5 MIO. EURO

1,49 MIO. EURO für Forschungsvorhaben von Postdoktorand/-innen

für die Fortführung des Netzwerks Bildungsforschung

15

neue Postdoktorand/-innen in das Programm aufgenommen

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KOMPAKT

EXPEDITION N – NACHHALTIGKEIT FÜR BADEN-WÜRTTEMBERG

STIPENDIENPROGRAMM BERUFLICHE ANERKENNUNG IN BADEN-WÜRTTEMBERG

NACHHALTIGKEIT AUF R DERN

ANERKENNUNG F R AUSL NDISCHE ABSCHL SSE

Seit 2010 tourt die europaweit einmalige Informations- und

Angesichts des Fachkräftemangels und der aktuellen

Bildungsinitiative Expedition N durch Baden-Würt­ temberg

Flüchtlingssituation

und macht jährlich an rund 100 Orten Halt. Das innovative

Baden-Württemberg Stiftung im Herbst 2015 das neue

Format hat sich zum Ziel gesetzt, die Öffentlichkeit für

Stipendienprogramm

nachhaltiges Handeln zu sensibilisieren und Wissen und

Baden-Württemberg beschlossen. Durch die Vergabe von

Kompetenzen auf diesem Gebiet zu vermitteln. Im Mittel-

Stipendien möchte die Stiftung Qualifizierte darin

punkt der Initiative steht das zweistöckige Expeditions-

unterstützen, ihre im Ausland erworbenen Berufs- und

mobil, das in seinem Innern eine multimediale Ausstellung

Studienabschlüsse in Deutschland anerkennen zu lassen.

beherbergt. Dabei finden sich im Mobil immer wieder aktu-

Durch ihr Engagement trägt die Stiftung dazu bei, dass

elle Entwicklungstrends. So laden beispielsweise eine

die Zugangschancen zu einer qualifikationsadäquaten

interaktive Karte zum Netzausbau und ein Quiz zum Thema

Beschäftigung in Baden-Württemberg verbessert werden.

Windkraft zum Mitmachen und Ausprobieren ein. Neu sind

Die Bewerbungsphase für das Stipendienprogramm startet

auch Arbeitsmaterialien für den Schulunterricht, die

voraussichtlich im Juli 2016.

hat

der

Berufliche

Aufsichtsrat Anerkennung

der in

Kinder und Jugendliche an Nachhaltigkeit heranführen. Außerdem steht seit Ende 2015 Interessierten die überarbeitete Internetseite mit vielen hilfreichen Tipps und Links zur Verfügung.

WWW.EXPEDITIONN.DE

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Bildung kicken&lesen

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KICK IT LIKE A POET! Mit ihren Bildungsinitiativen kicken&lesen und Lesen in Bewegung will die Baden-Württemberg Stiftung die Lesekompetenz von Kindern und Jugendlichen fördern. Im Rahmen von kicken&lesen unterstützt sie jährlich bis zu zehn Projekte, die in einem Fußball-Lese-Camp ihren Abschluss finden. Im Sommer 2015 fanden die Veranstaltungen beim VfB Stuttgart und SC Freiburg statt. Ben ist neun Jahre alt. Am liebsten spielt er auf seinem Tablet Minecraft oder mit seinen Freunden Fußball. Und wie steht’s mit Lesen? Findet er „total“ langweilig. Deshalb liest er auch nicht so gut wie seine Schulfreundin Marie. Vielen Jungs geht es ähnlich. Sie lesen nicht nur schlechter als Mädchen, sie erleben im Alter zwischen neun und 13 Jahren einen regelrechten Leseknick. Jungs lernen nicht nur anders, sie lesen auch anderes – das ist wissenschaftlich erwiesen. Sie mögen Geschichten, in denen ein Held Abenteuer erlebt; sie orientieren sich an männlichen Vorbildern und müssen sich austoben können. Die Baden-Württemberg Stiftung hat 2007 das Projekt kicken&lesen ins Leben gerufen, das genau diese genderspezifischen Elemente berücksichtigt. Dabei werden Fußball- und Leseaufgaben spielerisch so miteinander kombiniert, dass den Jungs nicht langweilig wird – „und sie gar nicht merken, dass sie lesen“, sagt Tobias Rauber, Leiter „Gesellschaftliches Engagement“ beim SC Freiburg. Der Bundesligaverein ist seit 2015 Partner von kicken&lesen und hat in diesem Jahr das erste Mal das gleichnamige Camp durchgeführt. Wie der VfB Stuttgart, der von Beginn an dabei ist. Die Camps bilden den spannenden Abschluss für die rund 150 Teilnehmer, die sich das Jahr über in den kicken&lesen-Projekten engagiert haben. In zwei Gruppen aufgeteilt verbrachten die Nachwuchslesekicker zwei Tage auf den Trainingsplätzen der Vereine.

Journalismus in Stuttgart

Jens Andrei ist Teamleiter der Fußballschule des VfB Stuttgart und seit 2009 bei kicken& lesen dabei. Er ist eigentlich Gymnasiallehrer, hat aber bis vor kurzem den ausländischen Profifußballern Deutschunterricht gegeben.

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»Mit unserem Engagement unterstützen wir die Entwicklung von Jungs und die Bildungsarbeit von Schulen. Dass zwei rivalisierende Bundesligavereine mit kicken&lesen gemein­same Sache machen, ist ein tolles Zeichen für Toleranz und Fair Play.« Tobias Rauber /  SC

Freiburg

Bei den kicken&lesen-Camps plant er die Leseeinheiten und führt sie mit den Jungs durch. In diesem Jahr stand neben dem Training auf dem Platz das Thema Journalismus im Mittelpunkt. Dafür hatte Andrei die Sportjournalistin Julia Klassen eingeladen. In den Presseräumen der Mercedes-Benz Arena berichtete sie den Jungs über ihren Alltag und zeigte ihre Akkreditierungen, die sie von internationalen Sportereignissen mitgebracht hatte. Beeindruckt waren die Teilnehmer von den Champions-League-Begegnungen. Darüber hinaus beschäftigten sie sich intensiv mit der aktuellen Ausgabe der Tageszeitung. Wie liest man eigentlich eine Zeitung? Was macht eine gute Titelseite aus? Und wie funktioniert eine Redaktion? Die Jungs diskutierten mit der Journalistin nicht nur diese Fragen, sie wurden auch selbst aktiv: in einem Rollenspiel, bei dem sie mit Julia Klassen eine Interviewsituation nachspielten.

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Lesen von Zinedine Zidane

In Freiburg bekamen die rund 60 Jungs von Tobias Rauber und den Trainerkollegen außer Trikot, Trinkflasche und Ball eine Lesemappe, darin Aufgaben, die immer wieder Teil ihrer Übungseinheiten waren. So wurden zum Beispiel Fußballtricks berühmter Spieler wie Zidane beschrieben, die sie nachlesen und dann auf dem Platz trainieren mussten. Oder sie schlüpften in die Rolle des Trainers, der den anderen einen Spielzug beibringen sollte. Der Ablauf war in der Mappe skizziert. Eine größere Leseeinheit gab es am zweiten Tag. Trainer und Betreuer hatten einen Lesezirkel im Schwarzwaldstadion aufgebaut. An verschiedenen Stationen lasen die Jungs Texte und lösten verschiedene Aufgaben schriftlich. Sie füllten zum Beispiel einen Lückentext aus oder vervollständigten den Ernährungsplan eines Profis.

Toleranz und Fairplay

„Lesen ist ein Schlüssel zur Bildung“, sagt Jens Andrei. „Und dass wir als Verein dazu beitragen können, macht uns sehr stolz.“ Stolz verspürt er besonders, wenn er bei den Camps Jungs aus anderen Kulturen erlebt. Sie verlieren über kicken&lesen nicht nur ihre Hemmungen – sie sind zusätzlich motiviert, sobald sie erfahren, dass die ausländischen Fußballprofis ähnlich wie sie pauken müssen. Auch Tobias Rauber ist von der positiven Wirkung überzeugt. „Mit unserem Engagement unterstützen wir die Entwicklung von Jungs und damit wiederum die Bildungsarbeit von Schulen.“ Eine Sache ist dem Freiburger besonders wichtig: „Dass zwei rivalisierende Bundesligavereine mit kicken&lesen gemeinsame Sache machen, ist ein tolles Zeichen für Toleranz und Fair Play.“

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Bildung kicken&lesen

DREI FRAGEN AN... BERND M HRLE Bernd Möhrle führt seit 2009 an der Realschule Freudenstadt kicken&lesen-Projekte durch. Der Schulsozialarbeiter war auch Referent beim Forum Bildung „Was tun für Jungen!?“, zu dem die Baden-Württemberg Stiftung 2015 eingeladen hatte.

Bernd Möhrle

»ICH NENNE DAS DEN INNEREN SCHIEDSRICHTER.« # 01 / Wie bekommen Sie Jungs zum Lesen?

# 02 / Der Spaß steht also im Vordergrund?

Wert darauf, dass die Jungs beim Fußball

Indem sie gar nicht merken, dass sie es

Und das Gemeinschaftsgefühl. An unserer

und beim Lesen Regeln befolgen und fair

tun. Und das geht am besten, wenn Lesen

Schule sprechen wir alle Schüler mit

miteinander umgehen. Wenn ich Regeln

in einen Wettbewerb eingebettet ist.

unterschiedlichen Leistungsniveaus an.

verstehe und akzeptiere, übertrage ich

Unsere

laufen

Dabei spielt es keine Rolle, wie gut

diese Haltung auf meine Klasse und meinen

beispielsweise so ab: Es wird gekickt,

jemand Fußball spielt oder lesen kann –

Schulalltag. Ich nenne das den inneren

dann kommt ein Pfiff, und die Jungs müssen

die Hauptsache ist, dass man es gern

Schiedsrichter.

einen Text lesen und eine Frage beant-

macht und sich gegenseitig unterstützt.

worten. Dann wird wieder gepfiffen und

Ich

weitergespielt. Fürs Lesen gibt’s Punkte.

kicken&lesen die Sozialkompetenz von

Und fürs Toreschießen auch. So ein Wett-

Schülern fördert.

Kick-

und

Lesezirkel

erlebe

immer

wieder,

wie

sehr

kampf läuft manchmal über zwei, drei Tage. Die Jungs sind mit so viel Freude

# 03 / Ist das bei einem Teamsport nicht

und Enthusiasmus dabei, sie merken gar

selbstverständlich? Ja, aber das müssen

nicht, dass sie lesen.

sie erst einmal lernen. Ich lege großen

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KICKEN UNDLESEN.DE ----->


Bildung Lesen in Bewegung

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LESEN IN BEWEGUNG

2014 haben die Baden-Württemberg Stiftung und die Stiftung Lesen die Bildungsinitiative Lesen in Bewegung gegründet. Auch sie kombiniert Leseförderung und Bewegungsansätze, um die emotionalen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Die Stiftungen bauen die Bildungsinitiative kontinuierlich aus. 2015 stellten die Partner Schulen, Vereinen, Jugendzentren und Bibliotheken das kostenlose Aktionskartenset „Lesen in Bewegung“ zur Verfügung. Das Set beinhaltet Übungen, Spiele und Ideen. Ergänzend boten die Stiftungen methodisch-didaktische Handreichungen, Webinare und einen Erklärfilm an. Das Angebot ist von Praktikern aus dem Bildungsbereich sehr gut angenommen worden. So wurden die Aktionskarten beispielsweise 7.000-mal heruntergeladen und das Webinar wurde rund 1.500-mal genutzt. Darüber hinaus konnten Schulklassen im Rahmen des Wettbewerbs „Unsere Aktionsidee“

eigene

Ideen

für

eine

Aktionskarte vorschlagen. 17 Klassen nahmen an dem Wettbewerb teil. Für ihr Engagement erhielten sie eine Urkunde sowie eine Lese- und Bewegungskiste mit Büchern und kleinen Spielgeräten.

LESEN-INBEWEGUNG.DE ----->

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THEMEN

I N T E G R AT I O N S P R O G R A M M E F Ü R G E F L Ü C H T E T E / . S E I T E 1 07

Impulse für die Gesellschaft Die Baden-Württemberg Stiftung baut ihre Angebote für die Integration von Geflüchteten und die Qualifizierung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit stetig aus. 2015 startete sie zwei Programme: Pädagogische Freizeitangebote für Kinder mit Fluchterfahrung und Willkommen in Baden-Württemberg!

GESELLSCHAFT & KULTUR EIN LAND FÜR KINDER /. SEITE 110

10 Jahre Stiftung Kinderland KUNST KOMMT VON MACHEN /. SEITE 113

Jugend-Kultur-Werkstatt E M PAT H I E S C H A F F T W A H R H A F T E B E G E G N U N G / . S E I T E 1 1 4

Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration GESUNDHEIT AUSGEZEICHNET /. SEITE 116

Komm mit in das gesunde Boot FÜRS FORSCHEN BEGEISTERN /. SEITE 117

mikro makro mint

D I E W E LT S I N N L I C H B E G R E I F E N / . S E I T E 1 1 7

Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft A K T I O N W E LT V E R Ä N D E R N / . S E I T E 1 1 8

Aktionsprogramm Inklusionsbegleiter DAS FRIEDLICHE KLASSENZIMMER /. SEITE 120

Psychische Gesundheit von Jugendlichen MIT HUMOR DAS SCHWEIGEN BRECHEN /. SEITE 122

Sucht im Alter

AUSHÄNGESCHILD FÜR DAS LAND /. SEITE 124

Kulturpreis Baden-Württemberg

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Gesellschaft & Kultur Baden-Württemberg ist vielfältig und bietet Menschen aus aller Welt ein Zuhause. Um allen ein friedliches und zufriedenes Leben zu ermöglichen, setzen wir uns insbesondere für diejenigen ein, die Unterstützung benötigen. In unseren Projekten begegnen sich die Beteiligten mit Respekt und Toleranz und gehen kreative Wege, um eine starke Gemeinschaft zu bilden – seien es Kinder, Familien, Senioren, Menschen mit Migrationshintergrund oder Menschen mit Behinderungen.


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gesellschaft & kultur Integrationspr ogramme für Geflüchtete

IMPULSE F R DIE GESELLSCHAFT Die Baden-Württemberg Stiftung baut ihre Angebote für die Integration von Geflüchteten und die Qualifizierung von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingsarbeit stetig aus. 2015 startete sie zwei Programme: Pädagogische Freizeitangebote für Kinder mit Fluchterfahrung und Willkommen in Baden-Württemberg!

PAT I N KO R N E L I A W A H L U N D A D M I R

Kornelia Wahl und Admir klettern die rund 250 Stufen bis zur Spitze des Freiburger Münsterturms hinauf. Von hier oben haben die beiden einen weiten Blick über die Stadt. Admir mag das. Es ist das Gegenteil von dem, was er zuhause erlebt. Der Zwölfjährige ist mit seiner Familie vor sechs Jahren aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen. Ihre Wohnung: zwei Zimmer in einer Gemeinschafts­ unterkunft. Hier lebt er mit seinen Eltern, der Oma und seinen vier Geschwistern. Tagsüber lehnen an der Wand die Matratzen, auf denen sie nachts schlafen. „Ich frage mich oft, wie man diese Enge aushalten kann“, sagt Kornelia Wahl. Die 60-Jährige engagiert sich bei dem Projekt City Kidz des Freiburger Vereins Kommunikation und Medien. City Kidz ist ein Projekt im Programm Pädagogische Freizeitangebote für Kinder mit Fluchterfahrung der Stiftung Kinderland. Seit Oktober 2015 bietet der Verein Patenschaften an, bei denen

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Kinder, die mit ihren Eltern geflüchtet sind, individuell betreut werden. Dabei treffen sich Pate und Patenkind regelmäßig und verbringen die Freizeit miteinander. Das Besondere an City Kidz: Die Kinder können ihre Eindrücke kreativ verarbeiten, indem sie zum Beispiel Fotos machen oder Bilder malen.

Über das Eigentliche hinaus

Admir geht in die sechste Klasse einer Förderschule und trifft Kornelia Wahl an einem Nachtmittag der Woche. Dann planen die beiden ihre Unternehmungen. Sie waren beispielsweise Schlitten fahren mit anschließendem Picknick im Schnee, haben im Mundenhof Tiere fotografiert oder das Naturkundemuseum besucht. Neben den Ausflügen mit Admir nutzt Kornelia Wahl die verschiedenen Fortbildungsmöglichkeiten, die ihr im Rahmen von City Kidz

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gesellschaft & kultur Integrationspr o gramme für Geflüchtete

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angeboten werden. Besonders interessant fand sie den Vortrag einer Referentin über das Thema „Leben in einer Gemeinschaftsunterkunft“ oder einen Beitrag über interkulturelle Kommunikation. Derzeit kümmert sich Kornelia Wahl darum, dass Admir eine andere Schule besucht. Eine, die seine Talente stärker fördert. Sie schaut sich um und spricht mit Lehrern. Eigentlich ist das nicht ihr Job, aber sie fühlt sich verantwortlich. „Die Familie ist mir ans Herz gewachsen.“

Leben in der Erstaufnahmestelle

Rund 300 Kilometer von Freiburg entfernt steht Olga Krasniqi auf dem großen Gelände der ehemaligen Reinhardt-Kaserne in Ellwangen. Irgendwann wollte die Stadt hier einen Bildungscampus entstehen lassen – seit Herbst 2015 ist die Kaserne eine Landeserstaufnahmestelle (LEA) für Flüchtlinge. In der LEA können 500 bis maximal 1.000 Menschen leben – im November letzten Jahres waren es an die 5.000. Olga Krasniqi erinnert sich an diese Zeit. „Es war eine sehr angespannte Situation“, sagt sie. „Die Menschen mussten manchmal zwei Stunden auf ihr Essen warten. Es gab viele Streitereien.“ Mittlerweile hat sich die Lage entspannt. Derzeit leben rund 700 Asyl­ suchende in der ehemaligen Kaserne.

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der kurze Aufenthalt wäre. In einer Erstaufnahmestelle leben Asyl­ suchende in der Regel drei bis sechs Wochen, höchstens aber drei Monate. „Der Wechsel bringt Unruhe“, sagt Olga Krasniqi. „Der Arbeitgeber muss sich jedes Mal neu organisieren und das ist ein gewisser Aufwand.“ Und es gibt noch etwas, was der 40-Jährigen derzeit Kopfzerbrechen bereitet: die Organisation der Fahrt von der LEA zur Arbeitsstätte. Sie steht in regem Austausch mit Busunternehmen, sucht Fahrräder und regelmäßig Ehrenamtliche, die die Flüchtlinge auf ihrem Weg zur gemeinnützigen Arbeit begleiten. „Das ist alles nicht so einfach“, sagt Olga Krasniqi. Dennoch ist sie zuversichtlich. „Die Ellwanger sind sehr hilfsbereit und halten zusammen, so lässt sich immer wieder eine gute Lösung finden.“

Ehrenamtliche brauchen Unterstützung

Olga Krasniqi ist Integrationsprojektbeauftragte der Stadt Ellwangen und seit Oktober 2015 für das Vorhaben „LEA – Wir helfen anzukommen!“ verantwortlich. Das Projekt wählte die Baden-Württemberg Stiftung für ihr Programm Willkommen in Baden-Württemberg! aus. Flüchtlinge wie Ehrenamtliche erhalten darüber die Möglichkeit, sich zu qualifizieren. So gibt es einen Kurs, in dem sich freiwillige Helfer über rechtliche und soziale Fragen informieren können; diejenigen, die Sprachkurse geben möchten, lernen in einem zweitägigen Seminar didaktische Grundlagen. Gefragt ist besonders der Workshop „Interkulturelles Kompetenztraining“. Hier lernen die Ehrenamtlichen, interkulturelle Situationen besser einzuschätzen und Konflikte zu steuern. Darüber hinaus finden regelmäßige Super­ visionstreffen statt, um sich in der Gruppe über Probleme, Konflikte oder Unsicherheiten auszutauschen. „Die ehrenamtlichen Helfer sind täglich mit Sprachhürden, verschiedenen Kulturen und Mentalitäten konfrontiert“, sagt Olga Krasniqi. „Deshalb ist es wichtig, dass sie unterschiedliche Unterstützungsangebote bekommen.“

Im Anderen das Miteinander entdecken

Die Meisten kommen aus Syrien, Afghanistan, Irak. Im Gepäck: die Erinnerungen an das Leben, das sie verlassen haben; die Erlebnisse der Reise, die zum Teil traumatisch waren; die Sehnsucht nach einem Leben, das ihnen die Kraft gibt, die Erinnerungen und die Erlebnisse in den Hintergrund zu stellen. 2015 sind innerhalb eines Jahres so viele Menschen nach Deutschland geflohen wie nie zuvor. In Baden-Württemberg waren es zwischenzeitlich 185.000, viele von ihnen wurden auf die Bundesländer verteilt, 98.000 stellten ihren Asylantrag im Südwesten. Die Baden-Württemberg Stiftung fördert seit mehreren Jahren

Neben Sprachkursen besteht für die Flüchtlinge in der LEA sowie in der Innenstadt die Möglichkeit, in der Kommune gemeinnützig tätig zu werden. Beispielsweise indem sie bei der städtischen Bepflanzung helfen, Straßen säubern oder in den sozialen Einrichtungen unterstützend zur Hand gehen. „Nur in der Begegnung entsteht ein Verständnis füreinander“, sagt die Russlanddeustche Krasniqi. Diese Erfahrungen machten auch die Ehrenamtlichen, die sich derzeit im Videoprojekt engagierten. Der Film handelt vom Leben der Flüchtlinge in der LEA und ihrer Integration in der Stadt. Außerdem findet Olga Krasniqi, dass man die Sprache am besten in der Praxis lernt: „Man bekommt etwas gesagt und gleichzeitig gezeigt.“ Rund 100 Freiwillige aus der LEA hat die Projektverantwortliche von Oktober 2015 bis April 2016 bereits vermittelt. Es gibt viele gemeinnützige Träger, die das Projekt gern weiterhin unterstützen würden – wenn da nicht

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IMPULSGEBER FÜR DIE GESELLSCHAFT

Integrationsvorhaben. Rund 5,3 Mio. Euro stellt die Stiftung aktuell für Flüchtlingsprojekte bereit. Mit ihrem 2012 aufgelegten Programm Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration (siehe Seite 114) hat die Stiftung mit einer Fülle an Beispielen und Ideen gezeigt, wie das Zusammenleben und -wirken unterschiedlicher Kulturen gelingen kann. „Wir betrachten uns als Impulsgeber für die Gesellschaft“, sagt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. Dahl sieht in nächster Zeit vor allem bei der Fortbildung von Ehrenamtlichen großen Förderbedarf: „Ohne ihr Engagement geht es nicht. Aber auch sie benötigen Unterstützung. Deshalb arbeiten wir an der Qualifizierung und Vernetzung von Ehrenamtlichen.“

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gesellschaft & kultur Integrationspr ogramme für Geflüchtete

NEUE PROGRAMME

WILLKOMMEN IN BADENWÜRTTEMBERG! ENGAGIERT FÜR FLÜCHTLINGE UND ASYLSUCHENDE Ehrenamtliche stehen häufig sprachlichen Hürden oder rechtlichen Fragen gegenüber. Zudem erleben sie Menschen, die traumatische Erfahrungen gemacht haben. Damit sie auf die Situation gut vorbreitet sind, hat die Baden-Württemberg Stiftung in Kooperation mit dem Ministerium für Integration das Programm Willkommen in Baden-Württemberg! Engagiert für Flüchtlinge und Asylsuchende aufgelegt. Mit dabei sind Projekte, die Ehrenamtliche für ihre Arbeit qualifizieren und professionell begleiten. Seit Oktober 2015 laufen 22 Projekte für zwei Jahre; sie werden von der PH Schwäbisch Gmünd wissenschaftlich begleitet. Das Finanz­ volumen beträgt 1,35 Millionen Euro.

PÄDAGOGISCHE FREIZEITANGEBOTE FÜR KINDER MIT FLUCHTERFAHRUNG Bei allen asylrechtlichen Fragen, die es zu klären gilt, rückt das Kinderrecht auf Freizeit und Spiel in den Hintergrund. Mit dem Programm Pädagogische Freizeitangebote für Kinder mit Fluchterfahrung möchte die Stiftung Kinderland positiv auf die Entwicklung, Fähigkeiten und Integration dieser Kinder einwirken. Sie kooperiert dabei mit dem Ministerium für Integration und der Heidehof Stiftung. 2015 wählte eine Fachjury 28 Modellprojekte aus, die innerhalb von drei Jahren umgesetzt und von der Universität Würzburg wissenschaftlich begleitet werden. Das Pro­ gramm­ volumen beträgt 750.000 Euro.

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gesellschaft & kultur 10 Jahre Stiftung Kinderland

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EIN LAND F R KINDER Kindern optimale Entwicklungschancen ermöglichen und in Baden-Württemberg familienfreundliche Strukturen aufbauen – mit ihrem Engagement ist die Stiftung Kinderland deutschlandweit einzigartig. 2015 feierte sie ihr zehnjähriges Bestehen.

Beim Festakt zum zehnjährigen Jubiläum blickten die Verantwortlichen mit mehr als 400 Gästen auf ein erfolgreiches Jahrzehnt zurück. Darunter Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann und die Stiftungsratsvorsitzende und ehemalige Ministerin Silke Krebs; außerdem die Initiatoren der Stiftung Kinderland Dr. Marianne Schultz-Hector, Ministerin a. D., sowie EU-Kommissar Günther H. Oettinger. Die Veranstaltung bildete den Abschluss des großen Erzähl- und Geschichtenfestivals, das die Stiftung Kinderland zu ihrem Jubiläum veranstaltete. Unter dem Motto „Alles was erzählt“ fanden landesweit vom 1. bis 15. Juli rund 200 vielfältige Veranstaltungen statt. Kinder und Jugendliche konnten

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Schreibwerkstätten, Märchen-Erzählstunden, Theaterinszenierungen oder Poetry Slams besuchen. Einige prominente Paten begleiteten sie auf ihrer Reise durch die Literatur: So lasen zum Beispiel Gerlinde Kretschmann, Integrationsministerin Bilkay Öney und Porsche-Betriebsratsvorsitzender Uwe Hück aus ihren Lieblingsbüchern vor. Die jungen Geschichtenfans brachten aber auch selbst ihre Gedanken zu Papier. Im Rahmen des Schülerwettbewerbs „Dein Traum von der Zukunft“ schrieben sie über ihre Ideen und Wünsche. Aus den eingesandten Texten wählte die Jury zehn Beiträge aus, die dann in einem Buch erschienen sind.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Silke Krebs /   M I N I S T E R I N

a . D . & S T I F T U N G S R AT S V O R S I T Z E N D E :

„Die Stiftung Kinderland und ihre Mitwirkenden haben mit hohem Engagement und Herzblut die zahlreichen gemeinnützigen Projekte auf den Weg gebracht. So entstand zum Beispiel das neue Programm zur Förderung pädagogischer Modellprojekte zugunsten von Flüchtlingskindern, welches mir ganz besonders am Herzen liegt. Die Stiftung orientiert sich an den aktuellen Herausforderungen unserer Gesellschaft und nimmt die Gedanken und Wünsche der Kinder und Jugendlichen dabei ernst.“

Günther H. Oettinger /  E U - K O M M I S S A R :

„Für das von mir

vor zehn Jahren formulierte Ziel, Baden-Württemberg zum Kinderland auszubauen, hat die Stiftung Kinderland mit wichtigen und guten Programmen beigetragen. Angesichts

gesellschaft & kultur 10 Jahre Stiftung Kinderland

»Das erste runde Jubiläum der Stiftung Kinderland ist ein sehr guter Anlass, um auf die Erfolge der vergangenen Jahre zurückzublicken. Die von der Stiftung unterstützten Projekte zeichnen sich seit nun bereits zehn Jahren durch eine große thematische Vielfalt aus: von der Unterstützung hilfsbedürftiger Kinder über die Bildungs- und Kulturförderung bis hin zu generationenübergreifenden Projekten. Ich bin mir sicher, dass die geförderten Aktivitäten von den Kindern und Jugendlichen in nachhaltig positiver Erinnerung behalten werden.«

des gesellschaftlichen Wandels kommen auf Kinder und Familien große Herausforderungen zu. Die Stiftung Kinderland und wir alle haben hier ein außerordentlich wichtiges Betätigungsfeld und schwierige Aufgaben vor uns.“

Winfried Kretschmann / Ministerpräsident Baden-Württemberg

10 JAHRE STIFTUNG KINDERLAND 2005 wurde die Stiftung Kinderland von der Baden-Württemberg Stiftung und der ehemaligen Kultusministerin Dr. ­ Marianne Schultz-Hector gegründet. Mit einem Stammkapital von rund 50 Mio. Euro setzt sie sich im Land für ein kinder- und familienfreundliches Miteinander ein, indem sie Schwerpunktthemen definiert, für die eigene Programme aufgelegt und landesweite Ausschreibungen veröffentlicht werden.

Christoph Dahl /  G E S C H Ä F T S F Ü H R E R

Diese innovativen Vorhaben für Kinder, Jugendliche und FamiDER BADEN-WÜRTTEMBERG

lien reichen von der frühkindlichen Förderung über schuli-

S T I F T U N G : „Kinder sind das Wichtigste und Liebste was wir

sche Wettbewerbe und die Unterstützung von Familien bis hin

haben. Deshalb müssen wir alles dafür tun, um Kindern und

zu generationenübergreifenden Projekten. Renommierte

Familien möglichst gute Voraussetzungen für eine sichere

Wissenschaftler, Pädagogen und Künstler unterstützen die

Zukunft zu schaffen.“

Programme und gewährleisten in professioneller Zusammen­ arbeit mit engagierten Ehrenamtlichen das hohe Niveau der Angebote. Seit ihrer Gründung hat sie über 30 Programmlinien mit 25 Millionen Euro unterstützt. Weitere Informationen unter: www.stiftung-kinderland.de.

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gesellschaft & kultur 10 Jahre Stiftung Kinderland

KULTURAKADEMIE DER STIFTUNG KINDERLAND

112

500

PROJEKTE

in über 30 Programmen hat die Stiftung Kinderland bisher realisiert.

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

ZUKUNFTSAKADEMIE DER STIFTUNG KINDERLAND

Auch im Schuljahr 2015/2016 nahmen 80

Seit 2012 ermutigt die Zukunftsakademie

talentierte Schülerinnen und Schüler aus

der

den Klassen sechs bis acht an der Kulturaka-

zwischen 15 und 18 Jahren, sich mit

demie der Stiftung Kinderland  teil. Zweimal

Zukunftsthemen auseinander zu setzen. Sie

im Jahr stellt die Kulturakademie ein span-

bietet ihnen einen fundierten Einblick in

nendes Ferienangebot zusammen. Sie möchte

die Praxis. 2015 fand die Zukunftsaka-

damit die Talente junger Menschen in Lite-

demie zum vierten Mal statt, es nahmen

ratur, Kunst, Musik oder im MINT-Bereich

insgesamt 59 Jugendliche teil. An drei

fördern. Seit 2010 finden die Kreativwochen

Workshop-Wochenenden standen die Themen

bei den Partnereinrichtungen der Stiftung

„Wirtschaft und Industrie 4.0“, „Licht

statt: der Akademie Schloss Rotenfels, dem

und Lichttechnologie“ und „Integrations-

Förderverein Science und Technologie, der

und Flüchtlingspolitik“ im Mittelpunkt.

Landesakademie Ochsenhausen und dem Deut-

In einer offenen Arbeitsatmosphäre gingen

schen Literaturarchiv Marbach. Dabei werden

die Jugendlichen den Themen nach und

die Schülerinnen und Schüler von Experten

diskutierten sie mit Experten. Darunter

begleitet und individuell unterstützt. So

Dr. Stefan Wolf, Vorstandsvorsitzender

feilten sie in Marbach mit Schriftstellern

der ElringKlinger AG und Vorsitzender des

an ihrem persönlichen Schreibstil; in Rotenfels probierten sie sich in Malerei und Bildhauerei aus; in Ochsenhausen widmeten sie sich der musikalischen Improvisation; und unter dem Motto „Wissenschaft und Technik zum Anfassen“ besuchten sie verschiedene Forschungseinrichtungen.

480

SCHÖNGEISTER nahmen seit 2010 an den Kreativwochen der Kulturakademie teil.

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23.450.000 EURO

Stiftung

Kinderland

Jugendliche

Arbeitgeberverbands Südwestmetall oder Beteiligte des Projekts „Merhaba in Stuttgart“ vom Deutsch-Türkischen Forum.

sind in den vergangenen zehn Jahren in Projekte und Programme geflossen.

1.097.626,46 EURO SPENDEN flossen bis 2015 an die Stiftung Kinderland – von 5 Euro bis 100.000 Euro.

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266 /

SCHÜLER INNEN entdeckten zusammen mit Wissenschaftlern in Workshops die Zukunft.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

113

gesellschaft & kultur Jugend-Kultur-Wer kstatt

KUNST KOMMT VON MACHEN

Kulturelle Bildung ist für die Persönlichkeitsentfaltung junger Menschen wesentlich. Das Programm Jugend-Kultur-Werkstatt: Wir machen Kultur, wie sie uns gefällt! unterstützt Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg in die Welt der künstlerischen Vielfalt.

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Am Anfang war da eine weiße Wand. Das sollte sich bald ändern. Denn die Verantwortlichen des Jugendtreffs „Beatbox“, der sich im Reutlinger Stadtteil Rommelsbach befindet, starteten im Sommer 2015 ihr mehrmonatiges Kunstprojekt „Bunte Beatbox“. In Workshops erhielten Kinder und Jugendliche die Möglichkeit, sich in verschiedenen Maltechniken auszuprobieren. Vom expressiven Action Painting, bei dem sie sich mit Pinseln, Farbbeuteln und Farbwalzen auf Leinwänden austobten, über die Airbrush-Methode, mit der sie ihre Ideen auf Möbelstücke, das eigene Fahrrad oder Skateboard sprühten, bis hin zu Graffiti, kraft dem sie mit professioneller Unterstützung in einer mehrtägigen Aktion die Außenwand des Jugendtreffs gestalteten. Den Verantwortlichen ging es aber nicht allein darum, Kunsttechniken zu vermitteln. „Mit unserem Projekt wollten wir Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihr Lebensumfeld aktiv mitzugestalten“, sagt die Sozialpädagogin Ellen Teufel, die das Projekt „Bunte Beatbox“ koordiniert hat. Die Außenwandgestaltung des Jugendtreffs ist dafür das beste Beispiel. „Die Jugendlichen sind stolz, ein so großes Kunstwerk geschaffen zu haben, das für alle sichtbar ihren Stadtteil ziert.“ Durch den kreativen Prozess erleben, wie das eigene Handeln wirkt – das ist eine Erfahrung, die die Stiftung mit ihrem Programm Jugend-Kultur-Werkstatt: Wir machen Kultur, wie sie uns gefällt! fördern möchte. Die Stiftung ist davon überzeugt, dass kulturelle Bildung wesentlich für die Entwicklung der Persönlichkeit von Kindern und Jugendlichen ist, Potenziale freisetzt und sie befähigt, gesellschaftliche Zusammenhänge zu begreifen. Im Rahmen ihres Programms unterstützt die Baden-Württemberg Stiftung insgesamt 35 Projekte mit einer Summe von 510.000 Euro.

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gesellschaft & kultur Vielfalt gefällt!

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

EMPATHIE SCHAFFT WAHRHAFTE BEGEGNUNG Die Tübinger Forschungsgruppe für Migration hat das Programm Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration drei Jahre lang begleitet und evaluiert. Im Interview spricht Professor Josef Held über die Bedeutung, die kulturelle Projekte für Integration haben.

Professor Held, Sie beschäftigen sich seit

ration mit Migranten begünstigt. Sie sind

die Projekte nach ihren Zielen gebündelt

mehr als zehn Jahren mit den Themen Inte-

eher bereit, sich zu beteiligen, wenn sie

und sie in vier Kategorien eingeteilt:

gration und Migration. Gab es bei Vielfalt

merken, dass ein wirkliches Interesse an

kulturell, politisch, sozial und struktu-

gefällt! etwas, das Sie überrascht hat?

einer Zusammenarbeit besteht. Es gibt

rell. Wobei der Schwerpunkt unseres

Es gab einiges, das neu für uns war.

viele Projekte, die auf Begegnung setzen.

Forschungsansatzes nicht die Bewertung,

Beispielsweise, wie wichtig kulturelle

Und Begegnung wiederum ist die Voraus-

sondern die qualitative Auswertung war.

Projekte

Ein

setzung für Partizipation, der sozialen

Das heißt, wir haben alle Projekte vor

Aspekt, den wir anfangs gar nicht für so

in der Gemeinde und der politischen in

Ort besucht und Interviews geführt.

zentral

diesen

der Gesellschaft. Wir haben auch erkannt,

Projekten aber findet eine starke Ausei-

dass der Ort Einfluss auf das Integrati-

Lassen sich Erkenntnisse aus Vielfalt

nandersetzung mit der eigenen und der

onsverständnis hat. Unsere Theorie war,

gefällt! für die aktuelle Flüchtlingssitu-

anderen Kultur statt. Uns ist klar

dass Migranten in einem schwierigen

ation nutzen? Ja, denn das Programm

geworden, dass vor allem Angebote aus

Umfeld weniger bereit sind, sich zu enga-

besitzt eine Fülle an Beispielen und

Musik, Theater oder Kunst soziale Begeg-

gieren. Aber das Gegenteil ist der Fall.

Ideen. Es hat auf vielfältige Weise

für

Integration

hielten.

Gerade

sind. bei

nung und Teilhabe sehr stark fördern.

gezeigt, wie Integration entstehen kann.

Außerdem haben wir festgestellt, dass

Warum? Weil man in so einer Situation vor

So haben beispielsweise die Bürger von

kein Konsens darüber herrscht, was man

allem Bündnispartner braucht. Und genau

St. Georgen bereits 2012 entschieden,

unter Integration versteht.

diese

Projekte.

Flüchtlinge nicht außerhalb des Stadtzen-

Migranten werden durch das Engagement in

trums unterzubringen, sondern gleich

ihrem

die

direkt neben dem Rathaus. Und sie haben

Beispielsweise stimmt das Integrations-

schlechte Stimmung vor Ort zu verbes-

Ideen entwickelt, wie sie die neuen

verständnis vieler Projekte nicht mit dem

sern.

Einwohner

Welche

Vorstellungen

gibt

es

denn?

Funktion

haben

Interesse

die

unterstützt,

trotz

sinnstiftende

überein, was in Politik und Öffentlichkeit

Arbeitsverbots

Tätigkeiten

in

einbinden

diskutiert wird. Dort geht es vor allem

Begegnung ist also wichtig für gelingende

können. Es gibt Projekte, die vorbildlich

um Kontrolle und Anpassung. Da heißt es,

Integration? Ja. Und zwar die Begegnung,

sind. Insofern hat das Programm Vielfalt

Flüchtlinge sollen sich anpassen, müssen

die existenziellen Sinn ergibt, die emoti-

gefällt! Modellcharakter.

sich integrieren und so weiter. Aber

onal erfahren wird, die mich innerlich

genau dieses Verständnis lehnten die

berührt. Ein gutes Beispiel dafür sind

Projektbeteiligten ab. Ihnen waren Parti-

die sogenannten Biografie-Gespräche.

zipation und soziale Interaktion viel

Dabei erzählen sich zwei Menschen unter-

wichtiger. Wir haben festgestellt, dass

schiedlicher kultureller Herkunft ihr

Projekte, die auf Dialog und Zusammenar-

Leben. Das ist eine sehr intensive emoti-

beit setzten, ihre Zielgruppe am leich-

onale Situation. Das Wichtigste aber ist,

testen erreichten und deshalb am erfolg-

dass derartige Projekte Empathie fördern.

reichsten waren.

Und Empathie ist eine wesentliche Emotion für wahrhafte Begegnungen.

Sie haben also auch untersucht, wie Verständnis und Praxis in Verbindung

Sie haben 60 Projekte evaluiert. Das ist

stehen? Ja. Und wir können sagen, dass

eine ganze Menge. Wie sind Sie vorge-

dieses soziale Integrationsverständnis

gangen? In der Tat war das für uns am

als gleichberechtigte Teilhabe die Koope-

Anfang gar nicht so einfach. Wir haben

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Prof. Dr. Dr. h.c. Josef Held / lehrt und forscht am Institut für Erziehungs­ wissenschaft der Universität Tübingen. Er leitet die „Tübinger Forschungsgruppe für Migration – Integration – Jugend – Verbände“, die das Programm Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration drei Jahre lang wissenschaftlich begleitete.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

60 ORTE

gesellschaft & kultur Vielfalt gefällt!

»UNSER ENGAGEMENT HAT SICH GELOHNT. ZUSAMMEN IST ES UNS GELUNGEN, MENSCHEN ZU MOBILISIEREN UND NEUE KONZEPTE ZU ERPROBEN.«

DER INTEGRATION IN BADEN-WÜRTTEMBERG

Bilkay Öney /  Integrationsministerin a.D.

VIELFALT GEFÄLLT AUCH WEITERHIN In Kooperation mit dem Ministerium für Integration initiierte die Baden-Württemberg Stiftung 2012 das Programm Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration. Im Dezember 2015 wurde das Programm im Rahmen einer Fachveranstaltung abgeschlossen, bei der die wissenschaftlichen Ergebnisse vorgestellt wurden. An der Veranstaltung nahm auch Bilkay Öney,

»PROJEKTE, DIE AUF DIALOG UND ZUSAMMENARBEIT SETZTEN, ERREICHTEN IHRE ZIELGRUPPE AM LEICHTESTEN UND WAREN DESHALB AM ERFOLGREICHSTEN.« Prof. Dr. Dr. h.c. Josef Held /  Universität

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Ministerin für Integration, teil: „Unser Engagement hat sich gelohnt. Zusammen ist es uns gelungen, Menschen zu mobilisieren und neue Konzepte zu erproben“, sagte Bilkay Öney. Aufgrund seines Erfolgs wird das Programm unter dem Titel Vielfalt gefällt! Orte des Miteinanders 2016 für weitere drei Jahre fortgesetzt. Es baut auf den zentralen Ergebnissen der ersten Phase auf und wird diesmal wissenschaftlich begleitet von der PH Freiburg unter der Leitung von Professor Albert Scherr.

Tübingen

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KOMPAKT

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

KOMM MIT IN DAS GESUNDE BOOT

GESUNDHEIT AUSGEZEICHNET 100.000 KINDER wurden erreicht.

1.000 GRUND- & SONDERSCHULEN

550 KINDERGÄRTEN

machten mit.

haben teilgenommen.

Es ist das größte Präventionsprogramm zur Gesundheits- und Bewegungsförderung von Kindern: Komm mit in das gesunde Boot. Seit 2006 vermittelt es spielerisch, wie sich gesunde Ernährung und Bewegung im Alltag umsetzen lassen. 2014 wurde das Gesunde Boot für den

2.739 LEHRER x GESUNDES BOOT

Kindergarten auf der Grundlage neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse modifiziert. Seitdem vermitteln die pädagogischen Fachkräfte als Botschafter des Gesunden Bootes direkt in ihren Einrichtungen, was gesunde Ernährung bedeutet, und motivieren Kinder, sich mehr zu bewegen. Geschult werden die Lehrkräfte von qualifizierten Fachkräften, sogenannten Multiplikatoren. Dazu gehören

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beispielsweise Pädagogen, Sportwissenschaftler, Physiotherapeuten oder Ökotrophologen. Die

Experten

vermitteln

nicht

nur

Theorie, sondern unterstützen die Pädagoginnen

und

Pädagogen

dabei,

das

Gelernte in Kindergarten und Schule praktisch umzusetzen. So werden die Bewe-

= 65.000 SCHÜLER

v on Grund- und Sonderschulen, die am Gesunden Boot teilnahmen. Plus 26.500 Jungs und Mädchen aus mehr als 550 Kindergärten Baden-Württembergs, die mit im Boot sitzen.

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gungs- und Ernährungsmodule nachhaltig verankert. Aufgrund seines vorbildlichen und ganzheitlichen Ansatzes wurde Komm mit in das gesunde Boot 2015 gleich zweimal

ausgezeichnet:

mit

dem

MSD

Gesundheitspreis und dem Hufeland­ -Preis, einem der bedeutendsten Medizinpreise in Deutschland.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

KOMPAKT

MIKRO MAKRO MINT

NACHHALTIGKEIT LERNEN – KINDER GESTALTEN ZUKUNFT

DIE WELT SINNLICH BEGREIFEN

F RS FORSCHEN BEGEISTERN Der Fachkräftemangel im MINT-Bereich ist

Kinder im Alter von drei bis acht Jahren

eine Herausforderung für Politik, Wirt-

für die Vielfalt der Natur und für den

schaft und Gesellschaft. Wie gelingt es,

Schutz der Umwelt zu sensibilisieren, das

Schülerinnen und Schüler für naturwissen-

ist das Ziel des Programms Nachhaltigkeit

schaftliche Fächer zu interessieren?

lernen – Kinder gestalten Zukunft.

Neben der Aussicht auf gute berufliche Perspektiven ist es vor allem die Begeisterung, die es frühzeitig zu wecken gilt. Die Baden-Württemberg Stiftung hat daher ihre MINT-Förderung auf Basis des erfolg-

reichen Programms mikromakro  weiterentwickelt und 2015 mikro makro mint  aufgelegt. „Jugendliche sind neugierig, sie wollen Wissen nicht nur aufnehmen, sondern auch anwenden“,

sagt

Christoph

31

MODELLVORHABEN

wurden 2015 für die dritte Runde des Programms Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft umgesetzt.

Die Baden-Württemberg Stiftung führt das Programm gemeinsam mit der Heidehof Stiftung durch. Es richtet sich vor allem an Kindergärten und Kindertageseinrichtungen sowie gemeinnützige oder öffentlich­ rechtliche Einrichtungen. 31 Modellvorhaben

wurden

2015

für

die

dritte

Programmrunde ausgewählt, die bis 2018 umgesetzt werden.

Dahl,

Geschäftsführer der Baden-Württemberg

Darunter ist beispielsweise ein Projekt

Stiftung. „Mit unserer Unterstützung

der Naturschutzjugend (NAJU) in Weil der

ermöglichen wir ihnen Erfolgserlebnisse

Stadt. Unter dem Titel „Zurück in die

beim Experimentieren und fördern die

Zukunft“ lernen Grundschulkinder über

Faszination am Forschen.“ Im letzten Schuljahr förderte die Stiftung mehr als 700 Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen aus Baden-Württemberg.

Insgesamt

reali-

sierten sie 159 Projektideen, für die ihnen jeweils bis zu 2.500 Euro zur Verfügung

standen.

Zu

den

700 /

SCHÜLER INNEN weiterführender Schulen machten im letzten Schuljahr bei mikro makro mint mit.

Erzählungen von Menschen, die in den 50er-Jahren

aufgewachsen

sind,

die

Lebenswelt dieser Generation kennen. Die Kinder sollen ein Gespür dafür entwickeln, welchen Wert zum Beispiel Lebensmittel hatten und wie verschwenderisch heute damit umgegangen wird.

MINT-Vorhaben

Im Projekt „Dem Ökolandbau auf der Spur“

gehörten beispielsweise der Bau eines

lernen körperlich und geistig behinderte

Flugsimulators, eine Gewässeruntersu-

Schüler der Lassbergschule in Sigmaringen

chung mit ferngesteuertem Forschungsboot

direkt auf dem Bauernhof und erfahren

oder die Analyse antibiotikaresistenter

mehr über Lebensmittelanbau oder artge-

Bakterien aus Rohmilch. Auch im Schuljahr

rechte Tierhaltung. Sie erhalten auch die

2016/2017 unterstützt die Stiftung mit

Möglichkeit, ökologische Produkte auf dem

mikro makro mint wieder junge Forscher-

Bauernhof selbst herzustellen. Die Eltern

Teams aus Baden-Württemberg.

werden bei der sogenannten Bauernhof­ pädagogik einbezogen.

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gesellschaft & kultur Ak tionspr ogramm Inklusionsbegleiter

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

AKTION WELT VER NDERN Maria Bitenc lebt in Sinsheim, Phil Hensel in Freiburg. Beide verbindet das Aktionsprogramm Inklusionsbegleiter – auf ganz unterschiedliche Weise. Der „Fall Henri“ sorgte 2014 bundesweit für Aufsehen. Henri hat das Down-Syndrom. Nach der Grundschule sollte er eine weiterführende Schule in seinem Heimatort Walldorf besuchen. Dort, wo auch seine Freunde hingehen. Doch die Schulleitung, Lehrer und einige Eltern konnten sich das nicht vorstellen. Sie waren auf Henri und seine besonderen Fähigkeiten nicht vorbereitet. Die Eltern ließen Henri die vierte Klasse wiederholen und gewannen damit nicht nur Zeit, sondern auch ein Jahr später einen Platz für Henri an der Realschule, die ihn zuvor abgelehnt hatte. Der Grund: 2015 wurde in Baden-Württemberg die Sonderschulpflicht abgeschafft. Das heißt, Eltern können seitdem entscheiden, ob ihr Kind eine Regel- oder eine Sonderschule besucht. „Der Fall Henri hat sehr viel Aufmerksamkeit auf unser Vorhaben gelenkt“, sagt Dr. Maria Bitenc. Die 58-Jährige ist Verwaltungsangestellte in Sinsheim und leitet das Projekt „Mitten im Leben – Inklusion in Sinsheim“. In dem Projekt werden Bürgerinnen und Bürger zu sogenannten Inklusionsbegleitern ausgebildet. Deren Aufgabe ist es beispielsweise, einem Kind oder Jugendlichen individuell zur Seite zu stehen und dadurch einen Besuch in einem Regelkindergarten oder einer -schule zu ermöglichen.

Sieben Themen in sechs Monaten

Gemeinsam mit der Soziologin und Heilerziehungspflegerin Inge Baumgärtner hat die promovierte Chemikerin das kommunale Schulungsprogramm zum Inklusionsbegleiter entwickelt. Die Teilnehmer beschäftigen sich mit sieben Themen, die ihnen von Experten wie Sozial- oder Heilpädagogen, Kinderärzten oder Rechtsanwälten vermittelt werden. Es geht um rechtliche Fragen, um medizinische oder pflegerische Aspekte; sie lernen pädagogische Grundlagen kennen oder lernen, wie man mit Kindern spricht. Über die Workshops hinaus hospitieren die Teilnehmer an einem Kindergarten oder einer vergleichbaren Einrichtung. Der Kurs findet innerhalb eines halben Jahres an Wochenenden statt. Zum Abschluss ihrer Ausbildung erhalten sie von der Stadtverwaltung Sinsheim eine offizielle Qualifikationsurkunde. Zwei Schulungen haben Maria Bitenc und ihr Team bereits durchgeführt. Insgesamt hat die Kommune einen Mann und 19 Frauen zu Inklusionsbegleitern ausgebildet, darunter

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auch ehemalige Erzieherinnen und Lehrerinnen oder, wie die gebürtige Westfälin Bitenc sagt, „gestandene Frauen, die viel Lebenserfahrung mitbringen“. Eine 47-jährige Frau habe die Schulung sogar so sehr motiviert, dass sie noch einmal eine Ausbildung als Erzieherin begonnen habe.

308 Euro im Monat

Mehr als die Hälfte der Inklusionsbegleiter arbeiten mittlerweile in einem Kindergarten oder an einer Schule. Die Vermittlung der Fachkräfte übernimmt in der Regel auch Maria Bitenc. Wenn sich beispielsweise eine Einrichtung bei ihr meldet, weil sie Unterstützung braucht, schaut sich Maria Bitenc erst einmal das Profil des Kindes an und klärt den konkreten Bedarf. Daraufhin entscheidet sie, ob die Sinsheimer Begleiter für die Aufgabe qualifiziert sind. Erst dann fragt sie im Netzwerk nach und vermittelt den Kontakt. Alles Weitere läuft direkt über den möglichen Arbeitgeber und den Inklusionsbegleiter. Viel Geld verdienen die Inklusionsbegleiter nicht. Ihr Honorar richtet sich nach der sogenannten Eingliederungshilfe, die derzeit bei 308 Euro liegt. Damit kommen sie auf drei bis vier Stunden in der Woche. „Die geringe Bezahlung ist durchaus ein Problem“, sagt Maria Bitenc. „Wir könnten sicher mehr Inklusionsbegleiter vermitteln, wenn die Bezahlung besser wäre. Aber das ist ein strukturelles Problem, das wir momentan nicht lösen können.“

Die Balance von Pfeil und Bogen

Wäre Henri vielleicht eher auf die Realschule gekommen, wenn es dort einen Inklusionsbegleiter gegeben hätte? „So einfach ist das nicht“, sagt Maria Bitenc. Man könne nicht davon ausgehen, dass ein Kind, das betreut wird, schnurstracks und geradewegs eine Regelschulkarriere mache. Denn das, was ein Schüler brauche, sei ganz individuell. „Aber wir schaffen mit den Inklusionsbegleitern in der Kommune Voraussetzungen dafür, dass dieser Weg denkbar und möglich wird“, sagt Maria Bitenc. Ihr fällt dazu ein Sprichwort des Dichters Khalil Gibran ein: Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder als lebende Pfeile ausgeschickt werden.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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gesellschaft & kultur Ak tionspr ogramm Inklusionsbegleiter

DREI FRAGEN AN... PHIL HENSEL Phil Hensel hat als einer der ersten den Zertifikationskurs zum Inklusionsbegleiter an der Akademie Himmelreich in Kirchzarten absolviert.

Phil Hensel

»ICH BIN MEHR HIP-HOP-FAN ALS ROLLSTUHLFAHRER.« # 01 / Wie sieht Ihre Arbeit als Inklusions-

miteinander ins Gespräch kommt. Ich

AKTIONSPROGRAMM

begleiter konkret aus? Generell ist mein

verstehe Inklusion als etwas sehr Persönli-

Verständnis, dass ich mit meinem Engage-

ches, das nur bedingt mit Gesetzen oder

ment den Prozess der Inklusion mitgestalte

Rechtsfragen zu tun hat. Andererseits muss

INKLUSIONSBEGLEITER

und zwar ganz konkret aus meinem Lebens-

sich auch strukturell etwas verändern.

umfeld heraus. Letzte Woche habe ich zum

Mit dem Programm Inklusions­begleiter fördert die Baden-Württemberg Stiftung

Beispiel eine Stadtführung für Absolventen

# 03 / Und was muss sich ändern? Das Bild,

in Kooperation mit der Lechler Stiftung

des Freiwilligen Sozialen Jahres gemacht.

das viele Nichtbehinderte von Rollstuhlfah-

17 Modellprojekte, die positiv auf das

Ich habe ihnen gezeigt, wo es für Roll-

rern haben, ist einseitig und oft zu

Zusammenleben von Menschen mit und

stuhlfahrer oder Blinde schwierig ist,

pauschal. Kategorien wie Rollstuhlfahrer,

ohne Behinderung einwirken. Die Ausbil-

sich in der Stadt zu bewegen. Ich habe

Menschen mit Down-Syndrom oder mit geis-

dung von Inklusionsbegleitern spielt

ihnen von meinem Alltag und meinem Leben

tiger Behinderung funktionieren nicht.

dabei eine zentrale Rolle. Sie sind es,

erzählt. Man merkt, dass da ganz viel

Solche Verallgemeinerungen greifen nicht.

die den Gedanken der Inklusion in ihrer

Interesse ist. Die Leute trauen sich aber

Man muss immer das Individuum im Blick

Kommune praktisch umsetzen und dazu

oft nicht zu fragen. Das finde ich schade.

haben. Ich bin Rollstuhlfahrer, klar. Aber

beitragen, dass sich die Gesellschaft

Man muss sich mehr begegnen.

ich bin auch Hip-Hop-Fan. Und zwar mehr

verändert.

Hip-Hop-Fan als Rollstuhlfahrer.

# 02 / Weil Begegnung Hemmschwellen abbaut? Ganz genau. Mir ist es wichtig, dass man

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gesellschaft & kultur Psychische Gesundheit von Jugendlichen

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

DREI FRAGEN AN... DAN OLWEUS Dan Olweus gilt als Gründervater der Mobbing-Forschung. Der 84-jährige Professor für Psychologie an der norwegischen Universität Bergen über die Aktualität seines Programms und die besondere Rolle von Erwachsenen.

Prof. Dan Olweus

»SCHÜLER HABEN EIN RECHT AUF EINE SICHERE SCHULUMGEBUNG.« # 01 / Sie haben Ihr Präventionsprogramm in

Erziehungsmethoden, sondern auf die

sind träge Systeme, die sich nicht über

den 1980er-Jahren entwickelt – ist es noch

verantwortungsvolle Rolle von Erwach-

Nacht ändern werden. Aber die negativen

zeitgemäß? Seit die erste Version 1983

senen. Ein strikter, aber fairer Lehrer

und

erschien, gab es zahlreiche Überarbei-

vermittelt Wärme und Sicherheit und

Mobbing sind mittlerweile ausreichend

tungen. Zuletzt 2012. Aktuelle Untersu-

schafft so eine gute Lernatmosphäre. Aus

dokumentiert. Mobbing kann zu Depres-

chungen zeigen, dass Olweus von allen

unserer langjährigen Praxis und Forschung

sion, Angst, Suizidtendenzen oder Gewalt

Anti-Mobbing-Programmen weltweit die

wissen wir, dass es zu unerwarteten und

in Beziehungen führen. Durch Präventi-

besten

negativen Folgen führen kann, wenn man

onsprogramme wie Olweus wird nicht nur

erzielt. Kein anderes Programm wurde so

Schüler

jede Menge persönliches Leid vermieden,

häufig wiederholt positiv evaluiert.

selbst überlässt.

# 02 / In Deutschland werden Schüler zur

# 03 / Die Integration Ihres Programms in

sichere und schikanenfreie Schulumgebung

Selbstverantwortung erzogen. Ihr Konzept

den Schulalltag ist sehr aufwändig – warum

haben.

arbeitet mit autoritären Methoden. Gibt

sollten Schulen diesen beschwerlichen Weg

es hier einen Widerspruch? Unser Programm

gehen? Es ist richtig, dass unser Programm

setzt ausdrücklich nicht auf autoritäre

Zeit und Ressourcen benötigt. Schulen

und

beständigsten

Resultate

in

Mobbing-Situationen

sich

ernsthaften

Langzeitfolgen

von

der Hauptgrund für die Umsetzung ist, dass die Schüler ein Recht auf eine

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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gesellschaft & kultur Psychische Gesundheit von Jugendlichen

DAS FRIEDLICHE KLASSENZIMMER Mobbing ist ein großes Thema an deutschen Schulen. Der schwedische Psychologe Dan Olweus hat eine Anti-Mobbing-Methode entwickelt, die bis heute zu den wirksamsten weltweit zählt. Im Rahmen des Aktionsprogramms Psychische Gesundheit von Jugendlichen wird die Methode seit September 2015 an ausgewählten Schulen in Baden-Württemberg ausprobiert. Mobbing hat viele Gesichter. Da wird im Unterricht getuschelt, Gerüchte werden verbreitet oder im Sportunterricht „fette Sau“ geflüstert. Jeder vierte Schüler in Europa hat Mobbing schon einmal erlebt – als Betroffener, Täter oder in beiden Rollen. „Ein erster Schritt zur Prävention ist zu akzeptieren, dass Mobbing jedem passieren kann“, sagt Dr. Michael Kaess. Er ist geschäftsführender Oberarzt der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Heidelberger Uniklinikum. Gemeinsam mit dem Team von Olweus International ist er dafür verantwortlich, dass das „Olweus Bullying Prevention Program“ an den baden-württembergischen Schulen durchgeführt wird. Bereits 2008 sprach sich die EU-Kommission für die flächendeckende Einführung des Präventionsprogramms aus; auch der Sonderausschuss „Konsequenzen aus dem Amoklauf in Winnenden und Wendlingen“ forderte 2010, dass es fester Bestandteil des Stundenplans werden solle. Es gilt als die weltweit effektivste Methode. In Ländern wie den USA oder Norwegen beispielsweise konnte Mobbing durch Olweus um bis zu 70 Prozent reduziert werden.

Das Besondere an Olweus

Das Präventionsprogramm besteht aus einer Reihe von Bausteinen, die in ihrer Gesamtheit in Deutschland noch nicht umgesetzt worden sind. Warum? „Weil es vielleicht das aufwändigste und arbeitsintensivste Konzept ist“, sagt Dr. Michael Kaess. Im Auftrag der BadenWürttemberg Stiftung begleiten Kaess und sein Team die dreijährige Implementierungsphase wissenschaftlich. Sie untersuchen, ob das Olweus-Programm tatsächlich auf das baden-württembergische Schulsystem übertragbar ist. Das Besondere – und Aufwändige – von Olweus ist, dass alle Lehrer Mobbingexperten werden. Und auch Schüler, Eltern oder Schulsozialarbeiter kommen regelmäßig mit dem Thema in Berührung. Im September 2015 und im Februar 2016 fanden zwei von insgesamt drei Workshops statt, in denen Lehrer zu Olweus-Coaches ausgebildet werden. Mit dabei war Rebecca Vorbach. Als Olweus-Botschafterin kommt der Lehrerin der Karlsruher Tulla-Realschule eine besondere Rolle zu. Sie ist zentrale Ansprechpartnerin und legt die notwendigen Strukturen an ihrer Schule fest. Außerdem vermittelt die 30-Jährige die Inhalte des Olweus-Handbuchs und unterstützt Kollegen bei Mobbing-Themen.

allem wegen der knappen Zeit, die sie für zusätzliche Aufgaben haben. „Die Nachmittage sind oft blockiert durch Vor- und Nachbereitungen oder Konferenzen“, sagt Rebecca Vorbach. Zudem ist jede Unterrichtsstunde an ein Fach gebunden – anders als bei den norwegischen Kollegen. Ihnen steht wöchentlich eine Stunde zur Verfügung, die sie frei gestalten können. In der können sie mit den Schülern Regeln gegen Mobbing entwickeln oder in Rollenspielen Situationen nachspielen, so wie es das Olweus-Handbuch vorsieht. Auch wenn Rebecca Vorbach im Kollegium manchmal die „Hochmotivatorin“ spielen muss, sie ist vom Präventionsprogramm überzeugt. In der relativ kurzen Zeit hat sie bereits festgestellt, dass sich das Wissen um Mobbing erweitert hat und die Schüler sensibler aufs Thema reagieren. Aber nicht nur für sie sei Olweus ein Gewinn. Der Prozess bringe auch das Kollegium dazu, über das eigene Verhalten nachzudenken.

Geduld und Zuversicht

Rund 18 Monate dauert es, bis das komplexe System alle Beteiligten und Strukturen erreicht hat und wie selbstverständlich funktioniert. „Das Olweus-Programm ist eine logistische Herausforderung“, sagt Dr. Michael Kaess. Aber ein Aufwand, der sich seiner Meinung nach langfristig lohnt: „Olweus verändert das Klassenklima und das soziale Miteinander. Schüler und Lehrer haben weniger Konflikte und damit ein leichteres Leben.“

»Das Olweus-Programm ist eine logistische Herausforderung. Aber Olweus verändert das Klassenklima und das soziale Miteinander. Schüler und Lehrer haben weniger Konflikte und damit ein leichteres Leben.«

Auch für das Kollegium ein Gewinn

Um Olweus erfolgreich zu implementieren, bedarf es der Kraft und Energie des gesamten Kollegiums. Was nicht immer einfach ist, vor

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PD Dr. Michael Kaess /  Uniklinikum

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Heidelberg

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gesellschaft & kultur Sucht im Alter

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

MIT HUMOR DAS SCHWEIGEN BRECHEN Abhängigkeit bei alten Menschen ist ein Thema, das erst allmählich die Tabuzone verlässt. Das Programm Sucht im Alter unterstützt Projektträger, die gute Ideen haben, bei Prävention und Frühintervention.

Gerda Kästle und Angelika Krüger sind zwei Rentnerinnen, denen es im Ruhestand nicht gut geht. Die eine ist Witwe, die andere vom Mann verlassen. Die eine betäubt den Schmerz mit Tabletten, die andere trinkt. Gerda und Geli sind die Hauptfiguren im Theaterstück „Alte Hasen kehren besser“. Es beschäftigt sich mit dem schwierigen Thema der Sucht im Alter. „Die Stärke des Stückes liegt darin, dass wir mit Humor das Schweigen brechen. Und wir arbeiten definitiv nicht mit dem Zeigefinger“, sagt Sarah Gros. Sie ist gemeinsam mit Monika Wieder das Ensemble Sakramo 3D. Was bedeutet der ungewöhnliche Name? „Sa und Mo steht für unsere beiden Vornamen, die mittlere Silbe, kra, für die uns verbindende Kraft, die wir auf der Bühne entwickeln. Und 3D meint die plastische Authentizität, die das Theater bietet.“ Im April 2015 erhielten die Schauspielerinnen eine Anfrage des Kreisdiakonieverbands Ostalbkreis. Ob sie sich vorstellen könnten, ein Stück zu entwickeln, dass sich mit der Sucht alter Menschen befasst. Konnten sie, und Claudia Schnauffer war glücklich. Sie ist die Suchtexpertin des Verbands. „Als ich Ende der 90er-Jahre mit meiner Arbeit bei der Diakonie angefangen habe, war die Abhängigkeit alter Menschen noch ein riesiges Tabu“, sagt sie.

Wie erkennt man Abhängigkeit?

Mittlerweile ist das Thema stärker im öffentlichen Bewusstsein angekommen. Mit dazu beigetragen hat das landesweite Programm Sucht im Alter, das die BadenWürttemberg Stiftung 2009 ausgeschrieben hat. Die Kreisdiakonie war einer von elf Projektträgern, die daran teilgenommen haben. Die finanzielle Unterstützung ermög-

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lichte es ihr unter anderem, ein umfassendes Schulungskonzept zu entwickeln und in drei Jahren rund 250 Altenpflegekräfte und Altenpflegeschülerinnen im Ostalbkreis zu qualifizieren. 2015 setzte die Baden-Württemberg Stiftung das erfolgreich evaluierte Programm fort: mit Sucht im Alter II. „Wir haben sofort eine Projektskizze eingereicht“, sagt Claudia Schnauffer, „denn wir hatten noch so viele Ideen.“ Wie ein Theaterstück. Allerdings eines, das mehr ist als die reine Aufführung. Das weiter geht, wenn der Vorhang gefallen ist. Sakramo 3D versteht sich als Präventionstheater, für das die theaterpädagogische Nachbereitung in Form von Workshops im Anschluss an die Aufführung dazugehört. Und weil Monika Wieder und Sarah Gros außerdem mobil sind und samt Bühnenbild, Technik und Requisiten an die jeweiligen Spielorte reisen, waren sie der ideale Partner für die Kreisdiakonie.

Intensive Gespräche mit Betroffenen

Wie bringt man ein Thema auf die Bühne, über das kaum jemand gerne spricht? „In allen unseren Projekten steht der Kontakt mit Experten und Betroffenen am Anfang“, sagt Schauspielerin Sarah Gros. „Und bei diesem Thema haben wir gemerkt: Mach’ die Augen auf und die Sucht alter Menschen ist ganz nahe, auch im eigenen Bekanntenkreis.“ Drei Monate haben die Schauspielerinnen Selbsthilfegruppen besucht, in Alten- und Pflegeheimen recherchiert, sich mit den Experten der Diakonie ausgetauscht. Dann begann die kreative Arbeit: die Entwicklung der Hauptpersonen Gerda und Geli, der Nachbarn Erwin („Vorzeigerentner“) und Johann („ehemaliger Trinker“), der Angehörigen. Zahlreiche Rollen also, in die Monika Wieder

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und Sarah Gros auf der Bühne schlüpfen und die sie mit Humor, Menschlichkeit und Wärme ausstatten.

Es lohnt sich, etwas zu ändern

Das Publikum lacht viel bei dem Stück, und es erlebt berührende Momente. Etwa wenn die Tochter sich große Sorgen über ihre trinkende Mutter macht und einfach nicht weiterweiß. Die bisherigen Vorstellungen zeigen, dass das Konzept aufgeht. Im Anschluss an die 45-minütige Vorstellung nehmen zahlreiche Besucher an den Workshops teil und diskutieren mit den Schauspielerinnen und der Expertin der Diakonie über suchtspezifische Aspekte und Möglichkeiten der Prävention. „Außerdem ergeben sich weitere Gespräche außerhalb der Aufführung“, sagt Claudia Schnauffer. „Wir sehen also, dass unsere Überlegung richtig war: Das Stück ist ein Türöffner für uns als Suchtberatung. Es baut Angst ab, die Menschen sprechen leichter und offener.“ Etwa über die eigene Isolation: Wer seine Sucht verheimlichen möchte, meidet andere Menschen – und die Einsamkeit bindet noch stärker an die Abhängigkeit. Schauspielerin Sarah Gros: „Unser wichtigstes Anliegen ist, Mut zu machen, zu zeigen: Es lohnt sich, etwas zu ändern, auch wenn du schon älter bist. Du bekommst mehr Lebensfreude geschenkt.“

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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gesellschaft & kultur Sucht im Alter

HOHE DUNKELZIFFER

Am Anfang des Weges in die Abhängigkeit steht für ältere Menschen oft ein psychisch belastendes Thema. Dazu zählen das Ende der Erwerbstätigkeit oder das zunehmende Bewusstsein der eigenen Endlichkeit. Häufig hat Sucht im Alter auch soziale Gründe: Immer mehr ältere Menschen leben in Armut, sind sozial isoliert oder leiden unter mehreren, oft chronischen Erkrankungen. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen schätzt, dass es in Deutschland rund 400.000 Menschen über 60 Jahre gibt, die einen riskanten Alkoholkonsum aufweisen; bis zu 2 Mio. ältere Menschen nehmen zu viele Schlaf-, Schmerz- oder Beruhigungsmittel. „Sucht im Alter ist nach wie vor ein TabuThema mit einer hohen Dunkelziffer“, sagt Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung. „Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Krankheitshäufigkeit konstant bleibt, wird die Anzahl der Betroffenen durch die Veränderung

der

Altersstruktur

deutlich

zunehmen.“ Sucht im Alter

400.000 ältere Menschen haben einen riskanten Alkoholkonsum.

2.000.000 ältere Menschen nehmen zu viele Schlaf-, Beruhigungs- oder Schmerzmittel.

Gerda Kästle / Angelika Krüger ----->

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gesellschaft & kultur Kulturpreis Baden-W ürttemberg

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AUSH NGESCHILD F R DAS LAND

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

„Beide Preisträger sind national und international ein Aushängeschild für Baden-Württemberg. Ihre Werke und Welten faszinieren gleichermaßen“, würdigte Christoph Dahl, Geschäftsführer der Baden-Württemberg Stiftung, die mit dem Kulturpreis 2015 ausgezeichneten Jossi Wieler und den zeitraumexit e.V. Mit dem Kulturpreis Baden-Württemberg prämiert die Baden-Württemberg Stiftung Menschen oder Institutionen, die die Kulturlandschaft des Landes auf besondere Weise bereichern. Die Stiftung kooperiert dabei mit den Volksbanken Raiffeisenbanken in Baden-Württemberg. Der Kulturpreis wird seit 2003 alle zwei Jahre verliehen, in abwechselnden Sparten. 2015 stand die darstellende Kunst im Mittelpunkt.

Von Tel Aviv nach Stuttgart

Bei der Vergabe des Hauptpreises fiel die Wahl der Jury auf Jossi Wieler. „Dem Künstler gelingt es, in seinen Arbeiten das Gesellschaftliche und das Psychologische zu vereinen“, so die Jury. Der Hauptpreisträger sei zudem in seiner Arbeitsweise und seinem aufklärerischen Humanismus beispielgebend. Jossi Wieler wurde 1951 in Kreuzlingen geboren und studierte Regie an der Universität in Tel Aviv. Nach seiner Zeit als Regieassistent in Düsseldorf ging er 1983 als Hausregisseur ans Theater Heidelberg. In dieser Zeit baute Wieler eine besondere Beziehung zu Baden-Württemberg auf. Aufgrund seiner Inszenierungen an der Stuttgarter Staatsoper in den 90er-Jahren wurde er dort zur Spielzeit 2011/2012 als Intendant berufen. Jossi Wieler ist auch international erfolgreich und mit zahlreichen Preisen, unter anderem dem Konrad-Wolf-Preis und dem Deutschen Theaterpreis, ausgezeichnet.

Haus mit prägnanter Strahlkraft

Der Kulturpreis Baden-Württemberg ging 2015 an den Intendanten der Stuttgarter Oper Jossi Wieler. Den Förderpreis erhielt das Künstlerhaus „zeitraumexit“ aus Mannheim.

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Mit dem Förderpreis wurde das Mannheimer Künstlerhaus „zeitraumexit“ ausgezeichnet. Das soziokulturelle Zentrum ist Teil des gleichnamigen Vereins, der im Jahr 2000 gegründet wurde. „Er hat sich zu einer wichtigen deutschland- und europaweit anerkannten Einrichtung für die freien darstellenden Künste entwickelt“, so die Begründung der Jury. Besonders die Verknüpfung von Nachwuchsförderung und Theaterarbeit überzeugte die Jury. „‚zeitraum­exit‘ ist zu einem Ort mit bemerkenswertem Charakter und einer prägnanten Strahlkraft für Künstler der Region, aber auch darüber hinaus geworden.“

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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FiNANZTEiL

BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG

Geschäftsjahr 2015

B LANZ SEITE 126

Zahlenteil SEITE 132

Lagebericht SEITE 135

Anhang SEITE 142

Bestätigungsvermerk SEITE 143

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter SEITE 144

Schriftenreihe SEITE 150

Impressum

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Z A HLEN TEIL BIL A NZ F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

126

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

BILANZ FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR 2015

AKTIVA

31.12.2015  EUR

31.12.2014  EUR

20.844,42

9.099,65

452.108.715,57

453.644.345,02

35.226,06

37.319,06

2.454.733,62

2.811.977,63

454.598.675,25

456.493.641,71

A. ANLAGEVERMÖGEN I. Immaterielle Vermögensgegenstände Softwarelizenzen II. Sachanlagen

1. Grundstücke und Gebäude

2. Technische Anlagen

3. Andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung

III. Finanzanlagen

1. Beteiligungen

2. Wertpapiere des Anlagevermögens

75.176.673,07

75.176.579,12

1.514.253.204,92

1.434.299.190,92

1.589.429.877,99

1.509.475.770,04

2.044.049.397,66

1.965.978.511,40

B. UMLAUFVERMÖGEN I. Forderungen und sonstige Vermögensgegenstände

1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

2. Sonstige Vermögensgegenstände

910.596,93

757.550,61

12.510.026,75

12.742.247,03

13.420.623,68

13.499.797,64

II. Wertpapiere

Sonstige Wertpapiere

III. Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten C. Rechnungsabgrenzungsposten

0,00

26.223.992,86

281.302.931,22

315.751.569,46

294.723.554,90

355.475.359,96

709.962,11

769.535,09

D. Sondervermögen

1. Stiftung Artur Fischer Erfinderpreis Baden-Württemberg

1.572.135,33

1.604.958,91

2. Stiftung Kulturpreis Baden-Württemberg der Volksbanken Raiffeisenbanken und der Baden-Württemberg Stiftung

531.630,10

548.734,43

3. Stiftung Kinderland Baden-Württemberg

1.450.187,48

1.411.540,58

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3.553.952,91

3.565.233,92

2.343.036.867,58

2.325.788.640,37

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

127

PASSIVA

Z A HLEN TEIL BIL A NZ F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

31.12.2015  EUR

31.12.2014  EUR

A. EIGENKAPITAL I. Gezeichnetes Kapital

20.159.318,55

20.159.318,55

II. Kapitalrücklage

21.669.954,96

21.669.954,96

53.340.785,95

53.225.851,45

1.967.757.434,63

1.938.761.207,70

2.021.098.220,58

1.991.987.059,15

III. Gewinnrücklagen

1. Zweckgebundene Rücklagen für rechtlich unselbständige Stiftungen

2. Andere Gewinnrücklagen

IV. Bilanzgewinn

45.681.132,97

29.425.307,45

2.108.608.627,06

2.063.241.640,11

B. RÜCKSTELLUNGEN

1. Rückstellungen für Pensionen und ähnliche Verpflichtungen

2. Sonstige Rückstellungen

126.947,00

108.368,00

41.865.395,26

41.973.326,89

41.992.342,26

42.081.694,89

C. ZWECKGEBUNDENE MITTEL FÜR PROJEKTE

1. Zweckgebundene Fonds

84.931.792,35

84.731.620,45

2. Fonds Zukunftsoffensiven

81.282.868,97

108.322.354,50

166.214.661,32

193.053.974,95

15.987.773,05

18.191.261,96

5.218.444,76

3.644.640,52

D. VERBINDLICHKEITEN

1. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten

2. Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

3. Sonstige Verbindlichkeiten

E. RECHNUNGSABGRENZUNGSPOSTEN

698.310,00

1.575.531,07

21.904.527,81

23.411.433,55

2.355.017,97

2.115.733,58

F. Sondervermögen (Drittanteile)

1. Stiftung Artur Fischer Erfinderpreis Baden-Württemberg

786.067,67

802.479,46

2. Stiftung Kulturpreis Baden-Württemberg der Volksbanken Raiffeisenbanken und der Baden-Württemberg Stiftung

265.815,05

274.367,22

3. Stiftung Kinderland Baden-Württemberg

909.808,44

807.316,61

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1.961.691,16

1.884.163,29

2.343.036.867,58

2.325.788.640,37

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Z A HLEN TEIL GE WINN- UND VERLUSTRECHNUNG

128

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

GEWINNUND VERLUSTRECHNUNG

1.

Umsatzerlöse

2.

Sonstige betriebliche Erträge

3.

Personalaufwand a) Löhne und Gehälter b) S oziale Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung

4.

Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens und Sachanlagen

5.

Projektaufwand

6.

Sonstige betriebliche Aufwendungen

7.

Erträge aus Beteiligungen und anderen Wertpapieren des Finanzanlagevermögens

8.

Sonstige Zinsen und ähnliche Erträge

9.

Zinsen und ähnliche Aufwendungen

10.

Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

11.

2015 EUR

2014  EUR

25.117.294,65

24.339.841,81

2.567.675,86

1.257.311,75

1.376.322,32

1.227.540,60

364.829,08

319.178,40

6.193.437,42

6.116.222,04

38.000.000,00

35.800.000,00

8.721.262,93

9.039.344,27

54.655.851,75

52.502.285,31

70.082.665,20

107.240.028,81

3.313.446,01

3.451.231,30

386.766,08

417.467,02

73.009.345,13

110.273.793,09

46.038.463,89

83.368.661,34

Sonstige Steuern

644.021,16

455.222,63

12.

Ergebnis Sondervermögen

-49.927,91

17.537,96

13.

Jahresüberschuss

45.344.514,82

82.930.976,67

29.345.205,61

0,00

-92.462,37

453.165,65

-1.064.735,00

-106.425,33

-27.851.390,09

-53.852.409,54

45.681.132,97

29.425.307,45

14.

Gewinnvortrag

15.

Zuführung/Entnahme Sondervermögen

16.

Einstellung in zweckgebundene Gewinnrücklagen aus nicht verwendeten Projektmitteln

17.

Einstellung in andere Gewinnrücklagen

18.

Bilanzgewinn

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

129

NACHHALTiG

WiR STiFTEN

ZUKUNFT

783 MiO. EUR 38 M i O. EUR NACHHALTiGE WiRKUNG

NACHHALT iGER ERFOLG 2000–2015 PROJEKTVOLUMEN DER BADEN-WÜRTTEMBERG STiFTUNG

PROJEKTVOLUMEN DER BADEN-WÜRTTEMBERG STiFTUNG 2015

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130

Z A HLEN TEIL EN T WICKLUNG DES A NL AGEVER M Ö GENS

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

ENTWICKLUNG DES ANLAGEVERMÖGENS

Anschaffungs- / Herstellungskosten 1.1.2015

Zugänge

Abgänge

31.12.2015

EUR

EUR

EUR

EUR

123.294,79

20.429,75

0,00

143.724,54

486.390.947,41

4.251.633,09

285,68

490.642.294,82

I. Immaterielle Vermögensgegenstände Softwarelizenzen II. Sachanlagen

1. Grundstücke und Gebäude

2. Technische Anlagen

3. A ndere Anlagen, Betriebsund Geschäftsausstattung

41.841,87

0,00

0,00

41.841,87

4.127.446,39

64.418,46

290.979,59

3.900.885,26

490.560.235,67

4.316.051,55

291.265,27

494.585.021,95

III. Finanzanlagen

1. Beteiligungen

2. W ertpapiere des Anlagevermögens

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77.785.934,12

93,95

0,00

77.786.028,07

1.434.299.190,92

79.954.014,00

0,00

1.514.253.204,92

1.512.085.125,04

79.954.107,95

0,00

1.592.039.232,99

2.002.768.655,50

84.290.589,25

291.265,27

2.086.767.979,48

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131

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Z A HLEN TEIL EN T WICKLUNG DES A NL AGEVER M Ö GENS

Kumulierte Abschreibungen

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Buchwerte

1.1.2015

Zugänge

Abgänge

31.12.2015

31.12.2015

31.12.2014

EUR

EUR

EUR

EUR

EUR

EUR

114.195,14

8.684,98

0,00

122.880,12

20.844,42

9.099,65

32.746.602,39

5.786.976,86

0,00

38.533.579,25

452.108.715,57

453.644.345,02

4.522,81

2.093,00

0,00

6.615,81

35.226,06

37.319,06

1.315.468,76

395.682,58

264.999,70

1.446.151,64

2.454.733,62

2.811.977,63

34.066.593,96

6.184.752,44

264.999,70

39.986.346,70

454.598.675,25

456.493.641,71

2.609.355,00

0,00

0,00

2.609.355,00

75.176.673,07

75.176.579,12

0,00

0,00

0,00

0,00

1.514.253.204,92

1.434.299.190,92

2.609.355,00

0,00

0,00

2.609.355,00

1.589.429.877,99

1.509.475.770,04

36.790.144,10

6.193.437,42

264.999,70

42.718.581,82

2.044.049.397,66

1.965.978.511,40

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L AGEBERICH T F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

LAGEBERICHT FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR 2015

# 01 / Grundlagen der Gesellschaft

Beteiligungsbereich

Die Baden-Württemberg Stiftung gGmbH verfolgt ausschließlich

EUR 8,3 Mio. (Vorjahr: EUR 8,3 Mio.) realisiert. Diese entfallen

und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne von § 52 Absatz 2

auf

der Abgabenordnung. Sie ist selbstlos tätig und verfolgt nicht

(EUR 8,2 Mio.) und auf die Gewinnausschüttung der Reederei

in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke.

Schwaben GmbH (EUR 0,1 Mio.).

Gesellschaftszweck ist die Förderung von Wissenschaft und

Vermögensanlagebereich

Im Geschäftsjahr 2015 wurden Beteiligungserträge in Höhe von

Forschung, Bildung und Erziehung, Kunst und Kultur, der Religion, der Völkerverständigung, der Entwicklungshilfe, des ­

die

Dividende

der

Südwestdeutsche

Salzwerke

AG

Die im Anlagevermögen gehaltenen Investmentfondsanteile trugen mit EUR 61,7 Mio. (Vorjahr: EUR 98,9 Mio.) zum Gesamtergebnis bei.

Umwelt-, Landschafts- und Denkmalschutzes, des Heimatgedankens, die Förderung der Jugend- und Altenhilfe, des öffent­

Aus den kurzfristigen Geldanlagen resultierten Erträge in Höhe

lichen Gesundheitswesens, des Wohlfahrtswesens und des Sports,

von EUR 3,2 Mio. (Vorjahr: EUR 3,3 Mio.).

soweit die Zwecke geeignet sind, die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg zu sichern.

Projektbereich

In den Sitzungen des Aufsichtsrats vom 22. Oktober 2014 und Der Gesellschaftszweck wird insbesondere durch die Durchfüh-

27. Februar 2015 wurden 25 neue Projektbeschlüsse für den Wirt-

rung und Finanzierung von einzelnen Projekten und Veranstal-

schaftsplan 2015 mit einem Gesamt­ volumen von EUR 35,75 Mio.

tungen sowie durch die Vergabe von Stipendien verwirklicht.

gefasst. Ihrem Satzungsauftrag entsprechend führt die Baden-Württemberg Stiftung überwiegend eigene Projekte durch.

# 02 / Wirtschaftsbericht

Das Geschäftsjahr 2015 war im Projektbereich im Wesentlichen geprägt von folgenden Schwerpunkten:

1 / Geschäftsverlauf 2015

Die weiterhin weltweit zunehmenden Flüchtlingsströme und die

Grundstücksbereich

daraus für das Land entstehenden Herausforderungen werden

Den Mieterträgen in Höhe von EUR 25,1 Mio. und sonstigen

auch künftig Auswirkungen auf das Programmportfolio der

betrieblichen Erträgen in Höhe von EUR 0,5 Mio. stehen laufende

BW Stiftung haben. Ihr Engagement in der Sprachförderung und

betriebliche Aufwendungen in Höhe von EUR 12,2 Mio. sowie

der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund wird

Zinsaufwendungen von EUR 0,3 Mio. gegenüber. Damit trägt der

daher weiter zielgerichtet ausgebaut werden. Unterstützt

Grundstücksbereich mit EUR 13,1 Mio. (Vorjahr: EUR 12,2 Mio.)

werden diese Aktivitäten durch Programme im Bereich Bürger­

zum Gesamtergebnis der Gesellschaft bei. Die Mieterträge liegen

beteiligung und Zivilgesellschaft sowie Völkerverständigung.

wie erwartet etwas über dem Vorjahresniveau. Dies ist auf die erstmals ganzjährige Vermietung des Grundstücks Königstraße

Ein weiteres Thema, das die Wirtschaft und unsere Gesell-

11–15 in Stuttgart sowie auf die Wiedervermietung der umge-

schaft vor neue Herausforderungen stellt, ist die globale

bauten Büroflächen beim Grundstück Königstraße 44 in Stuttgart

Digitalisierung. Die BW Stiftung hat es sich 2015 demnach zur

zurückzuführen. Andererseits haben einige größere Baumaß-

Aufgabe gemacht, dem Land dabei zu helfen, die großen Chancen

nahmen zu höheren Instandhaltungsaufwendungen geführt. Das

der Digitalisierung zu nutzen. Mit den Forschungsprogrammen

Grundvermögen der Gesellschaft repräsentiert wie im Vorjahr

zu Industrie 4.0, Intelligenter Sensorik, High Performance

etwa 20% der Bilanzsumme.

Computing, Informations- und Kommunikationssicherheit, Robotik (Mensch-Maschine-Interaktion) und Additive Fertigung

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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L AGEBERICH T F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

soll die wissenschaftliche Kompetenz der baden-württembergi-

Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt unverändert

schen Forschungseinrichtungen bei diesem wichtigen Thema

EUR 20.159.318,55. Die Eigenkapitalquote beträgt 90,0% der

noch weiter verbessert werden und gleichzeitig der Wirtschaft

Bilanzsumme (Vorjahr: 88,7%).

geholfen werden, die Herausforderungen der vierten industriellen Revolution zu meistern. Dabei geht es insbesondere

Im Jahr 2015 wird ein Jahresüberschuss von EUR 45,3 Mio. ausge-

darum, den Prozess der kleinen und mittleren Unternehmen zu

wiesen.

unterstützen, die reale und virtuelle Welt zu einem sicheren Internet der Dinge zusammenwachsen zu lassen. Gleichzeitig unterstützt die BW Stiftung den begleitend notwendigen

Nichtfinanzielle Leistungsindikatoren

Die Baden-Württemberg Stiftung leistet seit vielen Jahren als

Prozess in der Bildung. Mit dem Projekt Coaching4Future, das

Impuls- und Ideengeber wertvolle und kompetente Unterstützung

die Berufsorientierung an der Schule im Fokus hat, hat die

für Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft. Dafür

BW Stiftung zusammen mit Südwestmetall und der Bundesagentur

wird gezielt in drei Themengebiete investiert: zukunftswei-

für Arbeit das Ausstellungsfahrzeug „Discover Industry“

sende Forschung, um Innovationskraft, wirtschaftlichen Erfolg

konzipiert und auf die Straße gebracht. Das Fahrzeug kann

und Arbeitsplätze nachhaltig zu sichern, herausragende Bildung,

kostenlos von allen Schulen des Landes angefordert werden,

um individuelle Chancen zu schaffen und soziale Teilhabe zu

sodass den Schülern auf dem Schulhof ein Stück moderner Indus-

ermöglichen, sowie Gesellschaft & Kultur, um unsere Gemeinschaft

trieproduktion erleb- und erlernbar vermittelt werden kann.

zu stärken. Als operativ agierende Einrichtung beschränkt sich die Baden-Württemberg Stiftung nicht darauf, bestehende

Die Baden-Württemberg Stiftung hat bis zum 31. Dezember 2015

Projekte finanziell zu fördern, sondern initiiert eigene

Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund EUR 783 Mio.

Programme. Die einzelnen Schwerpunkte sind dabei vielfältig

beschlossen. Sie nimmt somit einen Spitzenplatz unter den

und reichen von Klimawandel, Lebenswissenschaften und Gesund-

deutschen Stiftungen ein. Der Gesellschaftszweck „Sicherung

heit über die frühkindliche Bildung bis hin zu bürgerschaftli-

der Zukunftsfähigkeit Baden-Württembergs“ wird vor allem in

chem und kulturellem Engagement. Der übergreifende Fokus liegt

den Bereichen Forschung und Wissenschaft sowie Bildung, Gesell-

dabei auf praxisorientierter Forschung zur Begleitung des

schaft und Kultur erfüllt. Insgesamt wurden Forschungsprojekte

ökologischen, gesellschaftlichen und demografischen Wandels

mit einem Volumen von rund EUR 275 Mio. und Bildungsprojekte

sowie gesellschaftlichen und kulturellen Aspekten, Werten,

mit einem Volumen von rund EUR 235 Mio. betreut. Rund

Einstellungen und Bildung.

EUR 196 Mio. entfallen auf den Bereich Gesellschaft und Kultur. Auf die Ganztagsschuloffensive sowie „Sonstige Projekte“ entfallen rund EUR 55 Mio. Auf die Unterstiftungen entfällt ein Volumen von rund EUR 22 Mio.

# 03 / Nachtragsbericht Es liegen keine Vorgänge von besonderer Bedeutung nach dem Ende des Berichtszeitraums vor, die eine wesentliche Auswirkung

2 / Vermögens-, Finanz- und Ertragslage

auf die Ertrags-, Vermögens- und Finanzlage der Gesellschaft haben könnten.

Mit einem Anteil von rd. 68% an der Bilanzsumme ist der überwiegende Teil der Aktiva in langfristige Finanzanlagen in Form von Unternehmensbeteiligungen und Investmentfonds investiert. Die liquiden Mittel betragen zum Bilanzstichtag EUR 281,3 Mio.

# 04 / P rognose-, Chancen- und Risiko­bericht 1 / Prognosebericht

Die Höhe orientiert sich grundsätzlich am aktuellen Verpflich-

Der Grundstücksbereich wird im kommenden Geschäftsjahr voraus-

tungsstand und dem bestehenden Projektobligo.

sichtlich mit einem vergleichbar guten Ergebnis zum Gesamt­

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L AGEBERICH T F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

134

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

ergebnis beitragen. In den Folgejahren muss aber aufgrund

verspäteten Fertigstellung des Neubaus an der Willy-Brandt-

größerer Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen mit etwas

Straße aus eigenen Mitteln der Gesellschaft ist sichergestellt.

geringeren Jahresergebnissen gerechnet werden. Langfristig

Das im Zusammenhang mit dem Erwerb des ehemaligen Postareals

dienen die Investitionen im Grundstücksbereich der Stabilisie-

aufgenommene Darlehen wird bis zum Ende der Zinsbindung voll-

rung der Jahresergebnisse und tragen positiv zum realen Vermö-

ständig zurückgezahlt.

genserhalt bei. Der Ergebnisbeitrag der langfristigen Kapitalanlagen wird im

Beteiligungsbereich

Möglichen Risiken aus der wirtschaftlichen Entwicklung der

kommenden Geschäftsjahr voraussichtlich auf einem deutlich

Beteiligungsunternehmen sowie deren möglichen Gewinnausschüt-

niedrigeren Niveau liegen als im Jahr 2015. Unsicherheiten bei

tungen wird insbesondere durch laufende Beobachtung der wirt-

der Ergebnisprognose für die langfristigen Kapitalanlagen resul-

schaftlichen Entwicklung der Unternehmen begegnet.

tieren dabei aus der weiteren Entwicklung der Kapitalmärkte. Aufgrund des weiter gesunkenen Zins­ niveaus und der regel­

Vermögensanlagebereich

Die stetige Kontrolle der Entwicklung der Kapitalanlagen ist

mäßigen Mittelabflüsse werden die Erträge aus den kurzfristigen

durch die laufende Berichterstattung der Kapitalverwaltungsge-

Kapitalanlagen voraussichtlich ebenfalls zurückgehen. Durch ein

sellschaften und die gesellschaftsinternen Controlling-,

intelligentes Cash-Management kann in gewissem Umfang zwar

Vergleichs- und Analyseverfahren jederzeit gegeben. Den allge-

eine Kompensation und ein über dem Marktzinsniveau liegendes

meinen Marktrisiken wird durch das individuelle Anlagekonzept,

Zinsergebnis erzielt werden, Ergebnissteigerungen im Vergleich

durch vorsichtige Ertrags­ annahmen und die risikobewusste

zum Jahr 2015 sind im kommenden Jahr aber nicht zu erwarten.

Anlage­strategie begegnet.

Im Bereich des Cash-Managements werden ausschließlich risikolose Geldanlagen getätigt.

Für die Liquiditäts- und Ertragsplanung existieren kurz- und mittelfristige Planrechnungen, die laufend aktualisiert werden.

Für das Geschäftsjahr 2016 wird erwartet, dass Projekte mit einem Volumen von rund EUR 40 Mio. durchgeführt werden können, wovon rund EUR 2,0 Mio. für Projekte der Stiftung Kinderland

Projektbereich

Die Risiken im Projektbereich bestehen in der Möglichkeit von

reserviert sind. In seinen Sitzungen am 13. und 18. November 2015

Fehlverwendungen bzw. steuerschädlichen Verwendungen, die im

hat der Aufsichtsrat bereits Projekten mit einem Gesamtvolumen

ungünstigsten Fall die Gemeinnützigkeit der Baden-Württemberg

von EUR 38,13 Mio. für den Wirtschaftsplan 2016 zugestimmt.

Stiftung gefährden könnten. Durch einen breit angelegten Diskussionsprozess vor der Definition einzelner Programme, die

2 / Chancen- und Risikobericht

frühzeitige Einbeziehung steuerfachlichen Sachverstandes, die interne Revision und interne Kontrollstrukturen tragen wir den

Risiken, die die Entwicklung oder den Bestand der Gesellschaft

Risiken Rechnung.

gefährden könnten, sind zurzeit nicht erkennbar.

Grundstücksbereich

Risiken, die sich aus der Wertminderung oder Leerstandzeiten der vermieteten Grundstücke ergeben können, werden vor allem durch laufende Renovierung, Modernisierung bzw. Instandsetzung der Gebäude und Abschluss langfristiger Mietverträge minimiert. Die Finanzierung etwaiger Mehraufwendungen aus der

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Stuttgart, den 6. Mai 2016

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH Christoph Dahl / Walter Leibold

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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A NH A NG F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

ANHANG FÜR DAS GESCHÄFTSJAHR 2015

# 01 / Allgemeines

betragen bei Gebäuden 40 bis 50 Jahre, bei Mietereinbauten 8 Jahre, bei Betriebs- und Geschäftsausstattung zwischen 3 und

Der Jahresabschluss der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

13 Jahre und bei immateriellen Vermögensgegenständen zwischen

wurde nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches für große

3 und 5 Jahre. Die steuerlichen Vereinfachungsregelungen für

Kapitalgesellschaften einschließlich der ergänzenden Bestim-

geringwertige Wirtschaftsgüter werden nicht in Anspruch

mungen des GmbH-Gesetzes erstellt.

genommen.

Soweit nicht anders angegeben, erfolgen Betragsangaben in

Die Vermögensgegenstände des Finanzanlagevermögens werden zu

TEUR.

Anschaffungskosten, gegebenenfalls vermindert um Abschreibungen auf den niedrigeren beizulegenden Wert, angesetzt.

Die Baden-Württemberg Stiftung gGmbH, Stuttgart, verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne

Bei den Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen

von § 52 Abs. 2 der Abgabenordnung, soweit diese geeignet

werden alle erkennbaren Einzelrisiken individuell berücksich-

sind, die Zukunftsfähigkeit des Landes Baden-Württemberg zu

tigt. Mit Ausnahme des zum Barwert angesetzten Körperschaft-

sichern. Sie ist selbstlos tätig und verfolgt nicht in erster

steuerguthabens sind die Forderungen und sonstigen Vermögens-

Linie eigenwirtschaftliche Ziele. Die Gesellschaftszwecke

gegenstände zum Nennwert bilanziert.

werden insbesondere verwirklicht durch die Durchführung und Finanzierung von einzelnen Projekten, Veranstaltungen und die

Die Rückstellung für Pensionen wird mit dem Erfüllungsbetrag

Vergabe von Stipendien im vorgenannten Sinne.

bewertet, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig ist (§ 253 Abs. 1 S. 2 HGB). Die Bewertung erfolgt

Gemäß § 265 Abs. 5 Satz 2 und Abs. 6 HGB ist zu vermerken, dass

nach dem Anwartschaftsbarwertverfahren.

in der Bilanz und in der Gewinn- und Verlustrechnung gegenüber den Gliederungsvorschriften der §§ 266, 275 HGB Posten hinzu-

Es wurden folgende Annahmen zugrunde gelegt:

gefügt bzw. Postenbezeichnungen geändert worden sind. Die Abweichungen werden mit dem besonderen Gegenstand und der Art

Zins zum 31.12.2015: 3,89% entsprechend dem von der Deut

der Finanzierung der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH und der

schen Bundesbank gem. § 253 Abs. 2 HGB für Dezember 2015

dadurch verbesserten Klarheit und Übersichtlichkeit der

veröffentlichten Rechnungszins für eine Restlaufzeit von

Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage begründet.

15 Jahren Rentensteigerung: dreijährlich 3,0%, nächstmals zum 1.1.2018 Finanzierungsendalter: 62

# 02 / Angabe der auf die Posten der

Biometrie: Richttafeln 2005 G von Prof. Dr. Klaus Heubeck

­ ilanz und Gewinn- und Verlustrechnung angewandten B Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden

Anwartschaftsdynamik: 2,5% p.a.

Fluktuation: 0% Witwenrentenanwartschaft: individuell Waisenrentenanwartschaft: nicht berücksichtigt

Die immateriellen Vermögensgegenstände sowie das Sachanlagevermögen sind zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten, vermindert um planmäßige und bei andauernder Wertminderung

Die sonstigen Rückstellungen berücksichtigen alle im Zeit-

gegebenenfalls außerplanmäßige Abschreibungen, angesetzt. Die

punkt der Bilanzaufstellung ungewissen Verpflichtungen und

planmäßigen Abschreibungen auf immaterielle Vermögensgegen-

erkennbaren Risiken und sind mit dem Erfüllungsbetrag

stände und auf Sachanlagen erfolgen grundsätzlich nach der

bewertet, der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung

linearen Methode. Die zugrunde gelegten Nutzungsdauern

notwendig ist (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Rückstellungen für

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Risiken aus Rechtsstreitigkeiten werden auf Basis der von Sachverständigen geschätzten Erfolgsaussichten bewertet. Dabei kommen nach strittigen Sachverhalten differenzierte prozentuale Risiko­ eintrittswahrscheinlichkeiten zum Ansatz. Bei Risiken im Zusammenhang mit der Beseitigung von Umwelt-

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

# 03 / Angaben und Erläuterungen zu einzelnen Posten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung 1 / Anlagevermögen

lasten kommt der Betrag zum Ansatz, der maximal von der

Die Entwicklung des Anlagevermögens nach § 268 Abs. 2 HGB sowie

Gesellschaft aufgrund entsprechender vertraglicher Verein­

die Abschreibungen des Geschäftsjahres sind in der Anlage zum

barungen zu erbringen ist. Rückstellungen mit einer Rest-

Anhang dargestellt.

laufzeit von mehr als einem Jahr werden mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abgezinst (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB).

2 / Umlaufvermögen Die Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bestehen in Höhe von TEUR 359 (Vorjahr: TEUR 463) gegen den Gesellschafter.

Der Satzungszweck wird im Rahmen von einzelnen Projekten und geeigneten Veranstaltungen sowie durch die Vergabe von Stipen-

Die sonstigen Vermögensgegenstände beinhalten Forderungen

dien verwirklicht. Die Passivierung erfolgt grundsätzlich nach

gegen den Gesellschafter in Höhe von TEUR 7.771 (Vorjahr:

folgender Systematik:

TEUR 7.751).

Eine dem Grunde und der Höhe nach bestimmte und verpflichtende

Die ratierlich fällig werdende Forderung aus Körperschaftsteu-

Zusage an Leistungsempfänger ist unter dem Posten „Zweck­

erguthaben (§ 37 KStG) beträgt TEUR 1.722 (Vorjahr: TEUR 2.569).

gebundene Mittel für Projekte“ erfasst. Wenn sich die Baden-­ Vorsteuererstattungsansprüche gemäß § 15a UStG, die ebenfalls Württemberg Stiftung gGmbH zur Erbringung satzungsmäßiger

ratierlich zahlungswirksam werden, bestehen zum 31. Dezember 2015

Leistungen gegenüber einem Dritten (z.  B. Projektpartner)

in Höhe von TEUR 1.123. Von den sonstigen Vermögensgegenständen

verpflichtet und diese Leistung hinsichtlich ihrer Höhe unge-

entfallen TEUR 1.824 (Vorjahr: TEUR 1.708) auf Forderungen mit

wiss ist, so sind diese Beträge ebenfalls hierunter erfasst. In

einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr.

geringem Umfang sind Aufwendungen für eigenes Personal enthalten, welche in den jeweiligen Budgetfestsetzungs­

Sämtliche übrigen Forderungen und sonstigen Vermögensgegen-

beschlüssen pauschaliert angesetzt sind.

stände haben – wie im Vorjahr – eine Restlaufzeit von unter einem Jahr.

Wird eine Leistungszusage unter dem Vorbehalt erteilt, dass zur Leistungserbringung genügend Mittel zur Verfügung stehen müssen, so handelt es sich – soweit diese Mittel zum Abschluss-

3 / Sondervermögen

stichtag noch nicht vorhanden sind – um eine Verpflichtung, die

Der Posten Sondervermögen betrifft rechtlich unselbständige

erst nach Zugang bzw. Erwirtschaftung der Mittel zu bilan-

Stiftungen, die durch die Baden-Württemberg Stiftung gGmbH

zieren ist. Gleiches gilt für Maßnahmen, die erst in einem

gegründet wurden.

späteren Geschäftsjahr zur Ausführung kommen. Derartige aufschiebend bedingte Verpflichtungen werden im Anhang unter

Die Sondervermögen werden in einem Nebenbuch mit eigenen

der entsprechenden Position angegeben.

Buchungs- und Bilanzkreisen geführt. Die Ergebnisse der einzelnen Sondervermögen werden anteilig zu Gunsten bzw. zu

Die Verbindlichkeiten sind mit ihren jeweiligen Erfüllungs­

Lasten der jeweiligen Sondervermögen verwendet.

beträgen passiviert.

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Auf der Aktivseite kommen die Vermögensgegenstände der rechtlich unselbständigen Stiftungen zum Ausweis, soweit diese nicht

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5 / Sonstige Rückstellungen

gesondert geführt werden. Die Sondervermögen auf der Passiv-

Die sonstigen Rückstellungen enthalten im Wesentlichen Rück-

seite weisen die Anteile der fremden Stifter am Vermögen der

stellungen für die drohende Inanspruchnahme aus Grundstücks­

rechtlich unselbständigen Stiftungen aus. Die Anteile der

altlasten (TEUR 26.119) sowie Rückstellungen für strittige

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH an den rechtlich unselbstän-

Baukosten. Des Weiteren kommen Rückstellungen für ausstehende

digen Stiftungen werden unter den Gewinnrücklagen im Eigen­

Rechnungen, gesellschaftsrechtliche Verpflichtungen sowie für

kapital ausgewiesen.

Verpflichtungen gegenüber Mitarbeitern zum Ansatz.

4 / Eigenkapital

6 / Zweckgebundene Mittel für Projekte

Das gezeichnete Kapital der Gesellschaft beträgt unverändert

Es kommen die noch nicht verbrauchten Beträge für beschlossene

TEUR 20.159.

und bis zum Ende des Berichtsjahres begonnene Projekte zum Ansatz.

Die Kapitalrücklage enthält Gesellschafterzuzahlungen im Sinne des § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB.

In dem Posten „Zweckgebundene Mittel für Projekte“ sind projektbezogene Verpflichtungen gegenüber dem Gesellschafter

Als zweckgebundene Gewinnrücklagen sind die Anteile der

in Höhe von TEUR 68.106 (Vorjahr: TEUR 92.467) enthalten.

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH an den rechtlich unselbständigen Stiftungen ausgewiesen. Die Entwicklung der Anteile der

Die Verpflichtungen aus Zukunftsoffensiven sind formal inner-

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH an den rechtlich unselbstän-

halb eines Jahres fällig. Bei den laufenden Projekten werden

digen Stiftungen stellt sich wie folgt dar:

üblicherweise ca. EUR 50 Mio. innerhalb eines Jahres in Anspruch genommen. Die verbleibenden Projektverpflichtungen haben eine

Anteil BW Stiftung %

1.1.2015 TEUR

Ergebnis­ anteil 2015 TEUR

31.12.2015 TEUR

Stiftung Artur Fischer Erfinderpreis Baden-Württemberg

50,0

803

-17

786

Stiftung Kulturpreis Baden-Württemberg der Volksbanken Raiffeisenbanken und der Baden-Württemberg Stiftung

50,0

274

-8

266

Stiftung Kinderland Baden-Württemberg

98,3

52.149

140

52.289

53.226

115

53.341

Zweckgebundene Gewinnrücklagen

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Restlaufzeit von einem bis fünf Jahren.

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A NH A NG F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

7 / Verbindlichkeiten Art der Verbindlichkeiten

Gesamt

Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten

Restlaufzeit bis 1 Jahr

Restlaufzeit > 5 Jahre

31.12.2015 TEUR

Vorjahr TEUR

31.12.2015 TEUR

Vorjahr TEUR

31.12.2015 TEUR

Vorjahr TEUR

15.988

18.191

2.246

2.203

4.320

6.743

Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen

5.218

3.645

5.218

3.645

0

0

(davon gegenüber Gesellschafter)

(168)

(83)

(168)

(83)

(0)

(0)

698

1.575

698

1.575

0

0

(307)

(1.290)

(307)

(1.290)

(0)

(0)

(davon aus Steuern)

(0)

(0)

(0)

(0)

(0)

(0)

(davon im Rahmen der sozialen Sicherheit)

(0)

(0)

(0)

(0)

(0)

(0)

21.904

23.411

8.162

7.423

4.320

6.743

2015  TEUR

2014  TEUR

35.750

33.300

Sonstige Verbindlichkeiten   (davon gegenüber Gesellschafter)

Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten sind durch eine Bürgschaft des Landes gesichert.

8 / Umsatzerlöse

Miet-/Pachterträge aus Grundvermögen Projekterträge

2015  TEUR

2014  TEUR

25.110

24.325

7

15

25.117

24.340

11 / Projektaufwand

Zuführung zu z ­weckgebundenen Mitteln für Projekte laut Beschlüssen des Aufsichtsrats Projektaufwand Stiftung Kinderland

2.250

2.500

38.000

35.800

Der Projektaufwand enthält zu einem geringen Teil mitbudgetierte Personalaufwendungen für eigene, nur fallweise für Einzelprojekte eingestellte Mitarbeiter. Hierfür sind im

Die Umsatzerlöse werden ausschließlich im Inland realisiert.

Geschäftsjahr 2015 TEUR 743 tatsächlich angefallen, welche

9 / Sonstige betriebliche Erträge

bereits in den Jahren der entsprechenden Beschlussfassungen aufwandswirksam wurden.

In den sonstigen betrieblichen Erträgen sind periodenfremde Erträge in Höhe von TEUR 326 (Vorjahr: TEUR 149) enthalten.

12 / Sonstige betriebliche Aufwendungen

10 / Aufwendungen für Altersversorgung

Der Posten enthält periodenfremde Aufwendungen in Höhe von TEUR 134 (Vorjahr: TEUR 390).

Der Posten “Soziale Abgaben und Aufwendungen für Alters­ versorgung“ enthält Aufwendungen für Altersversorgung in Höhe von TEUR 71 (Vorjahr: TEUR 65).

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

13 / Erträge aus Beteiligungen und a ­ nderen Wertpapieren des Finanz­anlagevermögens

3 / Angaben zu den Mitgliedern der ­Unternehmensorgane

Geschäftsführung

2015  TEUR

Erträge aus Beteiligungen Erträge aus Wertpapieren des Finanzanlagevermögens

A NH A NG F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

2014  TEUR

8.341

8.341

61.742

98.899

70.083

107.240

14 / Zinsen und ähnliche Aufwendungen

Als Geschäftsführer waren im Geschäftsjahr bestellt:

Christoph Dahl Walter Leibold, Ministerialdirigent im Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg Die Gesamtvergütung von Herrn Christoph Dahl für das Geschäftsjahr 2015 setzt sich wie folgt zusammen:

Unter diesem Posten sind Aufwendungen aus der Aufzinsung von langfristigen Rückstellungen in Höhe von TEUR 55 (Vorjahr: TEUR 44) ausgewiesen. Davon entfallen auf Pensionsrückstellungen TEUR 9 (Vorjahr: TEUR 4).

TEUR

Grundgehalt (incl. Zusatzversorgung)

123

Sonstige geldwerte Vorteile

3 126

# 04 / S onstige Pflichtangaben

Für den Geschäftsführer Walter Leibold wird auf die Angabe der

1 / Sonstige finanzielle Verpflichtungen

Bezüge gemäß § 286 Abs. 4 HGB verzichtet.

Das Volumen der durch den Aufsichtsrat beschlossenen Projekte,

Für einen ehemaligen Geschäftsführer wird auf die Angabe der

die noch nicht aufwandswirksam erfasst wurden (Projektobligo),

Ruhegeldbezüge sowie auf die Angabe der Pensionsrückstellung

beläuft sich auf TEUR 38.130 (Vorjahr: TEUR 30.050).

gem. § 286 Abs. 4 HGB verzichtet.

2 / Derivative Finanzinstrumente

Aufsichtsrat

Mitglieder des Aufsichtsrats waren im Geschäftsjahr 2015:

Die Gesellschaft setzt selbst keine derivativen Finanzinstrumente ein.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann M itglied des Landtags, Vorsitzender des Aufsichtsrats

Im Rahmen der Investmentfonds werden, den Anlagerichtlinien der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH entsprechend, Derivate,

Edith Sitzmann

im Wesentlichen Futures, eingesetzt.

M itglied des Landtags, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, Stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrats

Minister Dr. Nils Schmid Mitglied des Landtags, Stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Finanzen und Wirtschaft

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A NH A NG F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

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Ministerin Katrin Altpeter

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

Winfried Mack

M itglied des Landtags, Ministerin für Arbeit und Sozialord-

Mitglied des Landtags, Stellvertretender Fraktionsvorsit-

nung, Familie, Frauen und Senioren

zender CDU

Ministerin Theresia Bauer

Bärbl Mielich

M itglied des Landtags, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst

M itglied des Landtags

Georg Wacker

Minister Peter Friedrich

M itglied des Landtags

Minister für Bundesrat, Europa und internationale Angelegenheiten

Die Mitglieder des Aufsichtsrats erhalten keine Vergütung.

4 / Durchschnittliche Zahl

Minister Reinhold Gall

der Beschäftigten

M itglied des Landtags, Innenminister

Ministerin Silke Krebs

Während des Geschäftsjahres waren neben zwei angestellten

M inisterin im Staatsministerium

Geschäftsführern durchschnittlich 23 Angestellte in der allgemeinen Verwaltung und durchschnittlich 13 Angestellte, die nur

Minister Andreas Stoch

fallweise im Rahmen der Projektdurchführung eingestellt werden,

M itglied des Landtags, Minister für Kultus, Jugend und Sport

Minister Franz Untersteller M itglied des Landtags, Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft

beschäftigt.

5/A nteilsbesitz Die Gesellschaft ist an folgenden Unternehmen beteiligt:

Elke Brunnemer

Anteil %

Eigenkapital 31.12.2015 TEUR

Ergebnis 2015 TEUR

Verwaltungsgesellschaft Wasseralfingen mbH, Wasseralfingen *

50

14.567

-184

Südwestdeutsche Salzwerke AG, Heilbronn

49

119.205

18.249

Reederei Schwaben GmbH, Stuttgart

44

5.621

-121

M itglied des Landtags

Dr. Stefan Fulst-Blei M itglied des Landtags

Minister a. D. Prof. Dr. Ulrich Goll M itglied des Landtags

Hans-Martin Haller M itglied des Landtags

* Zahlenangaben betreffen das Geschäftsjahr 2014

Peter Hauk M itglied des Landtags, Erster Stellvertretender Fraktionsvorsitzender CDU

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

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A NH A NG F ÜR DA S GESCH ÄF TS JA HR 2015

6/A bschlussprüferhonorar Das auf das Geschäftsjahr 2015 auf den Abschlussprüfer entfallende Gesamt­ honorar von TEUR 84 (einschließlich gesetzliche Umsatzsteuer) betrifft ausschließlich Abschlussprüfungsleistungen.

7 / Angaben zu Sondervermögen i.S.v. § 1 Abs. 10 KAGB Die Gesellschaft hält Anteile an verschiedenen Sondervermögen mit langfristiger Anlagestrategie (langfristiger Kapitalerhalt und ausschüttungsfähige Erträge). Die Anteile an vier der gehaltenen Sondervermögen notierten mit einem Kurswert von EUR 1.037 Mio. am Bilanzstichtag um knapp EUR 6,8 Mio. unter, die Anteile an zwei weiteren Sondervermögen mit einem Kurswert von EUR 406 Mio. um EUR 15,3 Mio. über ihrem Buchwert. Im Geschäftsjahr wurden insgesamt EUR 61,4 Mio. ausgeschüttet. Nach den Erfahrungen der bisherigen und der für das nachfolgende Geschäftsjahr erwarteten Wertentwicklung wird die Wertminderung nicht von Dauer sein. Außerplanmäßige Abschreibungen waren deshalb nicht vorzunehmen.

8/E rgebnisverwendungsvorschlag Die Geschäftsführung schlägt vor, den nach teilweiser Gewinnverwendung verbleibenden Bilanzgewinn in Höhe von TEUR 45.681 auf neue Rechnung vorzutragen.

Stuttgart, den 6. Mai 2016

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH Christoph Dahl / Walter Leibold

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BESTÄTIG UNG SVER MER K DES A BSCHLUSSPRÜFER S

BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

BESTÄTIGUNGSVERMERK DES ABSCHLUSSPRÜFERS

Wir haben den Jahresabschluss – bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anhang – unter Einbeziehung der Buchführung und den Lagebericht der Baden-Württemberg Stiftung gGmbH, Stuttgart, für das Geschäftsjahr vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2015 geprüft. Die Buchführung und die Aufstellung von Jahresabschluss und Lagebericht nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften liegen in der Verantwortung der gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft. Unsere Aufgabe ist es, auf der Grundlage der von uns durchgeführten Prüfung eine Beurteilung über den Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und über den Lagebericht abzugeben. Wir haben unsere Jahresabschlussprüfung nach § 317 HGB unter Beachtung der vom Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) festgestellten deutschen Grundsätze ordnungsmäßiger Abschlussprüfung vorgenommen. Danach ist die Prüfung so zu planen und durchzuführen, dass Unrichtigkeiten und Verstöße, die sich auf die Darstellung des durch den Jahresabschluss unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und durch den Lagebericht vermittelten Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage wesentlich auswirken, mit hinreichender Sicherheit erkannt werden. Bei der Festlegung der Prüfungshandlungen werden die Kenntnisse über die Geschäftstätigkeit und über das wirtschaftliche und rechtliche Umfeld der Gesellschaft sowie die Erwartungen über mögliche Fehler berücksichtigt. Im Rahmen der Prüfung werden die Wirksamkeit des rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsystems sowie Nachweise für die Angaben in Buchführung, Jahresabschluss und Lagebericht überwiegend auf der Basis von Stichproben beurteilt. Die Prüfung umfasst die Beurteilung der angewandten Bilanzierungsgrundsätze und der wesentlichen Einschätzungen der gesetzlichen Vertreter sowie die Würdigung der Gesamtdarstellung des Jahresabschlusses und des Lageberichts. Wir sind der Auffassung, dass unsere Prüfung eine hinreichend sichere Grundlage für unsere Beurteilung bildet. Unsere Prüfung hat zu keinen Einwendungen geführt. Nach unserer Beurteilung aufgrund der bei der Prüfung gewonnenen Erkenntnisse entspricht der Jahresabschluss den gesetzlichen Vorschriften und vermittelt unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft. Der Lagebericht steht in Einklang mit dem Jahresabschluss, vermittelt insgesamt ein zutreffendes Bild von der Lage der Gesellschaft und stellt die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend dar.

Stuttgart, den 6. Mai 2016

Prof. Dr. Binder, Dr. Dr. Hillebrecht & Partner GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Steuerberatungsgesellschaft Bacher (Wirtschaftsprüfer) / Barth (Wirtschaftsprüfer)

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

INFOR M ATION UND SERVICE MITAR BEITERINNEN UND MITAR BEITER

MITARBEITERINNEN UND MITARBEITER IM PROJEKTBEREICH ZUM 31.12.2015

GESCHÄFTSFÜHRER FORSCHUNG/VERWALTUNG

Christoph Dahl Sabine Fischer

GESCHÄFTSFÜHRER SEKRETÄRIN

Rudi Beer

STV. GESCHÄFTSFÜHRER IM PROJEKTBEREICH, ABTEILUNGSLEITER FORSCHUNG, PROKURIST

Dr. Gerlinde Bigga Dr. Maren Emmerich Stephan Etzel Anna Kapathanasiou Verena Kiefer Klaus-Peter Kümmel Christina Luger Heike Mangold-Ruck Karin Priebe Irene Purschke Dr. Anne Rysavy Hans-Dieter Schader Dr. Volker Scheil Zerrin Uysal

BILDUNG

GESELLSCHAFT & KULTUR

REFERENTIN FORSCHUNG REFERENTIN FORSCHUNG EDV-ADMINISTRATOR ASSISTENTIN FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN REFERENTIN FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN EDV-ADMINISTRATOR REFERENTIN FORSCHUNG SEKRETÄRIN BUCHHALTERIN REFERENTIN FORSCHUNG REFERENTIN FORSCHUNG INNENREVISOR REFERENT FORSCHUNG ASSISTENTIN FINANZ- UND RECHNUNGSWESEN

Dr. Andreas Weber Sabine Grullini Dagmar Kaiser Angelika Krebs Alina Kugler Dr. Daniela Neumann Dr. Simone Plahuta Ulrike Vogelmann

ABTEILUNGSLEITER BILDUNG, PROKURIST REFERENTIN BILDUNG SEKRETÄRIN REFERENTIN BILDUNG PROJEKTASSISTENTIN BILDUNG REFERENTIN BILDUNG REFERENTIN BILDUNG REFERENTIN BILDUNG

Birgit Pfitzenmaier

ABTEILUNGSLEITERIN, PROKURISTIN GESELLSCHAFT & KULTUR/STIFTUNG KINDERLAND

Tosin Shari Awoyemi Ina Bergler Renate Feucht Volker Fleck Eva-Maria Friedemann Belinda Hoffmann Lydia Kissel Sven Walter

KOMMUNIKATION

REFERENTIN GESELLSCHAFT & KULTUR REFERENTIN GESELLSCHAFT & KULTUR PROJEKTASSISTENTIN GESELLSCHAFT & KULTUR REFERENT GESELLSCHAFT & KULTUR REFERENTIN GESELLSCHAFT & KULTUR REFERENTIN GESELLSCHAFT & KULTUR REFERENTIN GESELLSCHAFT & KULTUR REFERENT GESELLSCHAFT & KULTUR

Christine Potnar Julia Kovar-Mühlhausen Nicolas Krischker Mai Elisa Weiß

LEITERIN STABSSTELLE KOMMUNIKATION SENIOR REFERENTIN STABSSTELLE KOMMUNIKATION JUNIOR REFERENT STABSSTELLE KOMMUNIKATION ONLINE-VOLONTÄRIN STABSSTELLE KOMMUNIKATION

Maria Fazio

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EMPFANG

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SCHRiFTENREiHE

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SCHRIFTENREIHE DER BADEN-WÜRTTEMBERG STIFTUNG

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Kulturlotsen für Kinder / Ergebnisse der Begleitforschung (2016)

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10 Jahre BoriS – Eine Erfolgsgeschichte / BoriS – Berufswahl-Siegel Baden-Württemberg (2015)

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Vielfalt gefällt! 60 Orte der Integration / Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung (2015)

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Nachhaltigkeit lernen – Kinder gestalten Zukunft / Ergebnisse der Evaluation des Programms (2015)

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Sucht im Alter / Ergebnisse der Evaluation des Programms (2014)

Ältere Menschen mit Behinderung / Ergebnisse der Evaluation des Programms „Förderung der Selbstständigkeit älterer Menschen mit Behinderung“ (2014) Therapie bei Demenz / Dokumentation zu Effekten körperlichen Trainings bei Menschen mit Behinderung (2014) Sprachliche Bildung für Kleinkinder / Sprachförderansätze: Erfahrungen und Reflexionen über die Projekte der Baden-Württemberg Stiftung zur Sprachförderung (2014) Gleichartig – aber anderswertig? / Analyse zur künftigen Rolle der (Fach-)Hochschulen im deutschen Hochschulsystem (2013) Evaluation Coaching4Future / Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchung des Programms zur MINT-Nachwuchssicherung (2013) Strategische Forschung / Analyse der operativen Schwerpunkte im Bereich Forschung (2013) Advances in Nanotechnology – Physics, Chemistry, and Biology of Functional Nanostructures / Th. Schimmel, H. v. Löhneysen, M. Barczewski (2013) Botschafter für Nachhaltigkeit – die Ausbildung von Kulturlandschaftsführern in Baden-Württemberg / Eine Evaluierung der Ausbildung in drei Modellregionen (2013) Unterstützungsangebote für Kinder von psychisch kranken oder suchtkranken Eltern / Ergebnisse der Projektevaluation (2012)

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Medienwerkstatt Kindergarten – vom Konsumieren zum Gestalten / Ein Programm zur Förderung des kreativen Umgangs mit Medien (2012) Gartenland in Kinderhand – ein Garten für die Kita / Ergebnisse der Projektevaluation (2012)

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Aktionsprogramm Familienbesucher / Ein Programm zur Unterstützung von Müttern und Familien (2012)

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Gesundheitsförderung in der Grundschule / Komm mit in das gesunde Boot – Grundschule (2012)

Ferienzeit – Gestaltungszeit. Innovative pädagogische Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche während der Ferienzeit / Abschlussbericht der wissenschaftlichen Begleitevaluation des Programms (2012) Da sein! – Könnt’ ich das? / Abschlussbericht des Projekts Ausbau der ambulanten Kinder- und Jugendhospizarbeit in Baden-Württemberg (2012)

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BioLab Baden-Württemberg on Tour / Forschung, Leben, Zukunft (2011)

Gesundheitsförderung im Kindergarten / Evaluation des Programms „Komm mit in das gesunde Boot“ der Baden-Württemberg Stiftung in Kindergärten in Baden-Württemberg (2011) Kompetenzen fördern – Erfolge schaffen / Dokumentation des Programms KOMET 2 – Kompetenz- und Erfolgstrainings für Jugendliche (2011) Sag’ mal was – Sprachförderung für Vorschulkinder / Zur Evaluation des Programms der Baden-Württemberg Stiftung (2011) Nanotechnology – Fundamentals and Applications of Functional Nanostructures / Th. Schimmel, H. v. Löhneysen, M. Barczewski (2011) Fit für den Wiedereinstieg – wie sich Beruf und Familie unter einen Hut bringen lassen / Tipps für eine erfolgreiche Rückkehr in den Beruf (2010)

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Neue Brücken bauen … zwischen Generationen, Kulturen und Institutionen / Programmdokumentation (2010)

Erzähl uns was! Kinder erzählen Geschichten und hören einander zu / Eine Förderinitiative der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2010)

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Am Anfang ist es eine Idee – am Ende eine große Erfindung / Ein Leitfaden für die Planung und Umsetzung von naturwissenschaftlich-technischen Projekten (2010)

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Nachhaltigkeit macht fit für die Zukunft / Energie nutzen, Umwelt schützen (2011)

Männer für erzieherische Berufe gewinnen: Perspektiven definieren und umsetzen / Impulse und Anregungen für eine größere Vielfalt in Tageseinrichtungen für Kinder (2010) Strategische Forschung 2010 / Studie zur Struktur und Dynamik der Wissenschaftsregion Baden-Württemberg (2010)

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Expeditionsziel: Nachhaltigkeit / Ihr Reiseführer in die Zukunft (2011)

Familiäre Einflüsse als prägender Faktor: Herausforderung für die Suchtprävention / Wie Familien für die familienorientierte Suchtprävention zu gewinnen und welche Veränderungen möglich sind (2010) Qualifizierung von Prüfern: Entwicklung innovativer Weiterbildungskonzepte / Wie neuen Herausforderungen im Bildungswesen begegnet und Prüfungsqualität gesichert werden kann (2010) Neue Generationennetzwerke für Familien / Wissenschaftliche Evaluation des Förderprogramms der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2010) Kinder und ihr Umgang mit Geld und Konsum / Dokumentation und Evaluation des Förderprogramms der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2009) Musisch-ästhetische Modellprojekte in Kindergärten und anderen Tageseinrichtungen für Kinder / Dokumentation des Programms der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2009)

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Training bei Demenz / Dokumentation zum Kongress Training bei Demenz, Dezember 2008 (2009)

Hilfen und schulische Prävention für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt / Evaluation der Aktionsprogramme „Gegen Gewalt an Kindern“ 2004–2008 in Baden-Württemberg (2009) Kommunen auf dem Weg zu mehr Familienfreundlichkeit / Dokumentation des Projekts der Landesstiftung Baden-Württemberg ZUKUNFTSFORUM Familie, Kinder & Kommune (2009) Naturwissenschaftlich-technische Modellprojekte in Kindergärten / Dokumentation des Programms der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2009)

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Erfolgsgeschichten – Nachwuchswissenschaftler im Porträt / Ergebnisse des Eliteprogramms für Postdoktorandinnen und Postdoktoranden der Landesstiftung Baden-Württemberg (2009) Kinder nehmen Kinder an die Hand / Dokumentation des Programms der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2009) Zeit nutzen – Innovative pädagogische Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche während der Ferienzeit / Dokumentation des Förderprogramms der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg (2008) E-LINGO – Didaktik des frühen Fremdsprachenlernens / Erfahrungen und Ergebnisse mit Blended Learning in einem Masterstudiengang (erschienen im gnv Gunter Narr Verlag Tübingen, 2008) Visionen entwickeln – Bildungsprozesse wirksam steuern – Führung professionell gestalten / Dokumentation zum Masterstudiengang Bildungsmanagement der Landesstiftung Baden-Württemberg (erschienen im wbv W. Bertelsmann Verlag Bielefeld, 2008)

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Forschungsprogramm Klima- und Ressourcenschutz / Berichte und Ergebnisse aus den Forschungsprojekten der Landesstiftung Baden-Württemberg (2008) Nanotechnology – Physics, Chemistry, and Biology of Functional Nanostructures / Results of the first research programme Kompetenznetz „Funktionelle Nanostrukturen“ (Competence Network on Functional Nanostructures, 2008)

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„Früh übt sich …“ – Zugänge und Facetten freiwilligen Engagements junger Menschen / Fachtagung am 21. und 22. Juni 2007 in der Evangelischen Akademie Bad Boll (2008) beo – 6. Wettbewerb Berufliche Schulen / Ausstellung, Preisverleihung, Gewinner und Wettbewerbsbeiträge 2007 (2007) Forschungsprogramm Mikrosystemtechnik der Landesstiftung Baden-Württemberg / Berichte und Ergebnisse aus den Forschungsprojekten (2007) Frühe Mehrsprachigkeit: Mythen – Risiken – Chancen / Dokumentation zum Kongress am 5. und 6. Oktober 2006 in Mannheim (2007) „Es ist schon cool, wenn man viel weiß!“ KOMET – Kompetenz- und Erfolgstrainings für Jugendliche / Dokumentation der Programmlinie der Landesstiftung Baden-Württemberg 2005–2007 (2007) Jugend und verantwortungsvolle Mediennutzung – Medien und Gesellschaft / Untersuchungsbericht des Forschungsinstituts tifs e. V. (2007)

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jes – Jugend engagiert sich und jes/connection – die Modellprojekte der Landesstiftung Baden-Württemberg / Bericht der wissenschaftlichen Begleitung 2002–2005 (2007) Suchtfrei ins Leben / Dokumentation der Förderprogramme zur Suchtprävention für vorbelastete Kinder und Jugendliche (2007) Häusliche Gewalt beenden: Verhaltensänderung von Tätern als Ansatzpunkt / Eine Evaluationsstudie von Monika Barz und Cornelia Helfferich (2006) Innovative Familienbildung – Modellprojekte in Baden-Württemberg / Aktionsprogramm Familie – Förderung der Familienbildung (2006) Förderung der Selbstständigkeit und Eigenverantwortung von Menschen mit Behinderung / Dokumentation der Projekte der Ausschreibung der Landesstiftung Baden-Württemberg 2002–2006 (2006) Raus aus der Sackgasse! / Dokumentation des Programms „Hilfen für Straßenkinder und Schulverweigerer“ (2006) „Erfahrungen, die’s nicht zu kaufen gibt!“ – Bildungspotenziale im freiwilligen Engagement junger Menschen / Fachtagung 16. und 17. Juni 2005 in der Evangelischen Akademie in Bad Boll (2006) beo – 5. Wettbewerb Berufliche Schulen / Dokumentation über die Wettbewerbsbeiträge der Preisträgerinnen und Preisträger 2006 (2006) Forschungsprogramm Nahrungsmittelsicherheit der Landesstiftung Baden-Württemberg Berichte und Ergebnisse aus den Forschungsprojekten (2006) Medienkompetenz vermitteln – Strategien und Evaluation / Das Einsteigerprogramm start und klick! der Landesstiftung Baden-Württemberg (2006) Forschungsprogramm Optische Technologien der Landesstiftung Baden-Württemberg / Zwischenberichte aus den Forschungsprojekten (2005) Jugend. Werte. Zukunft. – Wertvorstellungen, Zukunftsperspektiven und soziales Engagement im Jugendalter / Eine Studie von Dr. Heinz Reinders (2005) 4. Wettbewerb Berufliche Schulen / Dokumentation des Wettbewerbs 2005 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern (2005) Beruf UND Familie – wie gestalten wir das UND? / Ein Leitfaden für Praktiker und Praktikerinnen aus Unternehmen und Kommunen (2005)

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Strategische Forschung in Baden-Württemberg / Foresight-Studie und Bericht an die Landesstiftung Baden-Württemberg (2005) Jugend und verantwortungsvolle Mediennutzung – Medien und Gesellschaft / Untersuchungsbericht des Forschungsinstituts tifs e. V. (2005) Dialog Wissenschaft und Öffentlichkeit / Ein Ideenwettbewerb zur Vermittlung von Wissenschaft und Forschung an Kinder und Jugendliche (2005) Selbstvertrauen stärken – Ausbildungsreife verbessern / Dokumentation innovativer Projekte im Berufsvorbereitungsjahr 2001/2002 (2005) Faustlos in Kindergärten / Evaluation des Faustlos-Curriculums für den Kindergarten – dokumentiert im Zeitraum von Januar 2003 bis Oktober 2004 (2004) Hochschulzulassung: Auswahlmodelle für die Zukunft / Eine Entscheidungshilfe für die Hochschulen (2005) 3. Wettbewerb Berufliche Schulen / Dokumentation des Wettbewerbs 2004 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern (2004) Jugend und verantwortungsvolle Mediennutzung – Medien und Persönlichkeitsentwicklung / Dokumentation des Fachtags, 4. Dezember 2003, Gospel Forum Stuttgart (2004) 2. Wettbewerb Berufliche Schulen / Dokumentation des Wettbewerbs 2003 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern (2003) Neue Wege der Förderung freiwilligen Engagements von Jugendlichen / Eine Zwischenbilanz zu Modellen in Baden-Württemberg (2003) 1. Wettbewerb Berufliche Schulen / Dokumentation des Wettbewerbs 2002 mit den Preisträgerinnen und Preisträgern (2002)

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iMPRESSUM

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BA DEN-W ÜRT TE M BERG STIF T UNG JA HRESBERICH T 2015

HERAUSGEBERIN

Baden-Württemberg Stiftung gGmbH Kriegsbergstraße 42, 70174 Stuttgart Tel. +49 (0) 711 248 476-0 / Fax +49 (0) 711 248 476-50 info@bwstiftung.de www.bwstiftung.de www.zukunftheimat-bw.de VERANTWORTLICH

Christoph Dahl, Geschäftsführer Baden-Württemberg Stiftung REDAKTION

Julia Kovar-Mühlhausen M I TA R B E I T

Nadia Heide, Nicolas Krischker TEXT

Ralf Butscher, Anette Frisch, Iris Hobler Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, ZEITmagazin # 11/2016, „Ein Jahr mit ihr“ von Annabel Wahba im Gespräch mit Olaf Unverzart. FAZ.NET vom 25.02.2016, „Man kann Auschwitz nicht abmalen“ von Julia Voss und Peter Geimer, © Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt. Zur Verfügung gestellt vom Frankfurter Allgemeine Archiv. FOTOGRAFIE

Baden-Württemberg Stiftung, Barbara., Pressefotos Baumann / Hansi Britsch, KD Busch, Johanna Brühl, European Press Agency (epa), www.faller.de, fischerwerke GmbH & Co. KG, Barbara Hartmann, Björn Hänssler, Eva Kerwien, Sina Leppert, Onformative, picture alliance  /  dpa, Gerhard Richter, Theater Sakramo, Viola Schütz, Shutterstock, Martin Sigmund, Katrin Spannblöchl, Stadt Reutlingen, Strichpunkt GmbH, Florian Süssmayr, Syncrodogs, The State Museum Auschwitz-Birkenau in Os ´więcim, ullstein bild – C.T. Fotostudio, Olaf Unverzart, Katharina Vollrodt, Wittenstein AG, Mathias Ziegler I L L U S T R AT I O N E N

The Noun Project, Gustav Dejert  /  agentazur.com, Bernd Schifferdecker, Strichpunkt GmbH K O N Z E P T I O N U N D G E S TA LT U N G

Strichpunkt GmbH, Stuttgart / Berlin www.strichpunkt-design.de DRUCKEREI

raff media group GmbH, Riederich (Baden-Württemberg) www.raff-mediagroup.de © Juli 2016, Stuttgart Baden-Württemberg Stiftung ISSN 2197-5418

Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter, auch wenn aus Gründen der leichteren Lesbarkeit nur die männliche Form verwendet wird.

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Der Jahresbericht der Baden-Württemberg Stiftung wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit Gold beim BCP/BCM Award 2014, 2015 und 2016 sowie mit dem red dot best of the best Award 2015.

kompensiert Id-Nr. 1656683 www.bvdm-online.de

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SELBSTBEWUSST

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BESONDERS

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WERTVOLL

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UNVERLETZLiCH

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GLÄUBiG

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GROSSARTiG

GROSSARTiG

SOZiAL

SOZiAL

SOZiAL

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BRÜDERLiCH

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BESCHÜTZT

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VERANTWORTLiCH VERANTWORTLiCH

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GLEiCHGESTELLT GLEiCHBERECHTiGT GLEiCHBERECHTiGT


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