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Die erste Periode – und nun?
ERSTE MENS
In der Regel anders
Die einen erwarten sie sehnsüchtig, andere fürchten sich vor ihr: Das Einsetzen der ersten Monatsblutung ist für junge Frauen ein einschneidendes Ereignis. Lesen Sie, was es dabei zu beachten gilt und wie man als Elternteil seine Tochter unterstützen kann.
INTERVIEW MIT DR. MED. ARIANE HENLE-GROSS
Jugendgynäkologin
Im Fachjargon wird das Einsetzen der ersten Menstruation «Menarche» genannt. Eine Zeit, die viele junge Frauen mit Fragen und Unsicherheiten verbinden. Dr. med. Ariane Henle-Gross ist Jugendgynäkologin in der Praxis Frauenmedizin in Hinterkappelen und Mutter von vier Kindern und beantwortet dazu die wichtigsten Fragen.
Wann setzt die erste Menstruation ein?
Normalerweise zwischen 11 und 16 Jahren, im Mittel mit 13,4 Jahren. Aber da die Menarche ein wichtiger Teil einer komplexen Pubertätsentwicklung ist, können natürlich Abweichungen auftreten. Andere körperliche Veränderungen wie etwa das Wachsen der Brüste und Schamhaare müssen ebenso berücksichtigt werden. Diese setzen meist zwei bis drei Jahre vor der ersten Regelblutung ein.
Wovon sind diese Entwicklungen abhängig?
Der Beginn der Pubertät und somit auch der Menarche sind genetisch bestimmt. Sobald die Hormonproduktion einsetzt, beginnen sich die inneren und äusseren Geschlechtsmerkmale zu entwickeln. Dabei spielt auch die Ernährung eine entscheidende Rolle. So setzt bei untergewichtigen jungen Frauen die erste Mens statistisch gesehen um bis zu drei bis vier Jahre später ein als bei übergewichtigen. Weitere Faktoren wie der allgemeine Gesundheitszustand oder die ethnische Zugehörigkeit nehmen ebenso Einfluss auf die körperliche Entwicklung.
Treten Begleitschmerzen bereits zu Beginn auf und wenn ja, was empfehlen Sie dagegen?
Tatsächlich sind bis zu 90 Prozent der heranwachsenden Frauen davon betroffen. Meiner Meinung nach ist das Wichtigste die Aufklärung. Denn je weniger die Frauen über die Vorgänge im eigenen Körper Bescheid wissen, desto unsicherer sind sie, und infolgedessen kann auch das Schmerzempfinden zunehmen. Um Krämpfe und Beschwerden zu lindern, entscheide ich bei jeder Patientin individuell, ob Magnesium, pflanzliche Präparate, entzündungshemmende Schmerzmedikamente oder hormonelle Substanzen – wie zum Beispiel die Pille – eingesetzt werden.
Welche Hygieneprodukte eignen sich für junge Frauen?
Auch das ist ganz individuell. Viele Frauen schätzen Tampons, weil sie ihnen ein trockenes und sauberes Gefühl vermitteln. Allerdings setzt der Umgang mit Tampons schon einiges an Vertrautheit mit dem eigenen Körper voraus. Die erste Anwendung braucht oftmals etwas Übung und Zeit. Binden sind in der Handhabung einfacher, gerade für die erste Menstruation. Langfristig betrachtet sind Menstruationstassen günstiger, wiederverwendbar und umweltschonend. Ähnlich wie Tampons eignen sie sich vor allem für Frauen, die ihren Körper schon sehr gut kennen.
Wie führt man die Tochter am besten an das Thema heran?
Ich denke, man sollte die Menstruation nicht tabuisieren und die Tochter so gut wie möglich an
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der eigenen Monatshygiene teilhaben lassen. So hat sie die Gelegenheit, Fragen zu stellen, noch lange bevor das Thema für sie selbst aktuell wird. Spätestens wenn bei der Tochter Brüste und Schamhaare wachsen, ist es an der Zeit, ihr zu erklären, was gerade in ihrem Körper passiert.
Soll das Thema in der ganzen Familie Platz haben?
Diese Entscheidung sollte die junge Frau selbst treffen. Die meisten bevorzugen es, das Thema nur mit der Mutter oder vielleicht auch mit dem Vater zu besprechen. Sicherlich kann aber jeder in der Familie von einem liebevollen und offenen Umgang mit der Menstruation profitieren – zum Beispiel auch der Bruder.
Was gilt es neben der medizinischen Komponente in dieser Zeit noch zu beachten?
Die Pubertät ist eine empfindsame und sensible Phase, die eine Menge Geduld und Respekt abverlangt. Aufgrund der körperlichen Veränderungen hadern viele junge Frauen mit Selbstzweifeln, Unsicherheiten und Ängsten. Dabei hilft es, ihnen die Freude an der eigenen Weiblichkeit und am Frausein zu wecken und aufzuzeigen, welche schöne Zeit auf sie zukommt.
Sprechen Sie damit weitere Aspekte wie Geschlechtsreife, Verhütung und Selbstbestimmung in der Sexualität an?
Genau. Das sexuelle Erwachen wird von einigen Frauen als irritierend empfunden. Die Aufklärung sollte früh beginnen, sodass man Zeit hat, auf diese Veränderungen einzugehen. Ebenso ist Selbstbefriedigung ein wichtiges Thema. Besonders junge Frauen sollten dazu ermutigt werden, damit sie ihren eigenen Körper besser kennenlernen.
Welche Fragen tauchen in Ihrem Praxisalltag häufig auf?
Der häufigste Konsultationsgrund sind Schmerzen vor und während der Blutung. Auch ein unregelmässiger Zyklus ist immer wieder Grund zur Sorge. Ich versuche stets, die Patientinnen zu beruhigen, denn vieles ist ganz normal. Junge Frauen sollten sich und ihrem Körper Zeit geben, den neuen Lebensabschnitt kennenzulernen.
Text: Agnes Zavala
SCHON GEWUSST?
Im Durchschnitt verliert eine Frau ungefähr 40 bis 60 Milliliter Blut pro Menstruation, das entspricht etwa dem Volumen einer Tasse Espresso. Hochgerechnet auf ein Jahr macht das rund einen halben Liter aus – weniger, als häufig angenommen wird.
Ab 80 Millilitern pro Mal, also wenn Tampons und Binden häufiger als alle zwei Stunden gewechselt werden müssen, spricht man von einer starken Regelblutung. Hier sollte das Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin gesucht werden, da dies verschiedene Ursachen haben kann und die Gefahr eines Eisenmangels besteht.