Zsuzsa Füzesi Heierli DLA - Formforum.ch "Error" Designcontest Wettbewerbsdossier 2012

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Error designcontest Luzern 01. - 10.06.2012

Wettbewerbsdossier Zsuzsa F端zesi Heierli DLA


Lichtsammler - Funktionsbeschreibung

Als Inspirationsquelle dienen die Pflanzen, welche in der Lage sind, das aufgenommene Licht zu sammeln und zu speichern. Ihre Blätter enthalten komplexe Molekülstrukturen, die man als ihre Hörrohre für Licht begreifen kann. Diese ringförmigen Strukturen absorbieren rotes Licht und schleusen Energie ins Innere der Blätter. Meine Objekte sind Behälter, die auf ähnliche Weise wir Pflanzen das Licht einfangen und zugleich ausstrahlen. Sie umgrenzen den leeren Raum und lassen ihn trotzdem durch. Die dünnen Porzellankörper sind quasi Filter oder Katalysator. Sie werden mit abertausenden „Röhren“ durchlöchert um das Licht ins Innere des Körpers zu schleusen. Dort beginnen dann Prozesse um das Aussenlicht zu verinnerlichen und zu reinigen und dann hinaus zu blasen. Um diesen Prozess sichtbar zu machen, werden die Lichtträger von innen mit Teelichter beleuchtet.


Paradox - Irrtum - Error am Steuer lenken Fragen zum Thema - Funktion und Form - als Paradox und/oder Irrtum Was sich ursprünglich als Irrtum präsentiert hat, kann sich zu einem Paradox entwickeln. Ein Paradox kann sich auch als Irrweg erweisen. Eine ausgedachte irrtümliche Funktion ist ein Paradox. Eine Funktion mit einer Form-Gruppe zu paaren, kann die Funktionalität als irrtümlich darstellen. Eine ungeeignete Form zu einer an sich geeigneten Funktion zu wählen, ist Irrtümlich. Ist eine paradoxe Funktion an sich ein Irrtum? Ist eine ungeeignete Form ein Paradox oder ein Irrtum? Laotse schrieb: Die Wirksamkeit des Negativen Dreissig Speichen treffen sich in einer Nabe: Auf dem Nichts daran (dem leeren Raum) beruht des Wagens Brauchbarkeit. Man bildet Ton und macht daraus Gefäße: Auf dem Nichts daran beruht des Gefäßes Brauchbarkeit. Man durchbricht die Wand mit Türen und Fenstern, damit ein Haus entstehe: Auf dem Nichts daran beruht des Hauses Brauchbarkeit. Darum: Das Sein gibt Besitz, das Nichtsein Brauchbarkeit. (Laotse: Tao te king, 2008. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main)

Inspiriert von Laotses Paradox wird eine irrtümliche Brauchbarkeit festgelegt. Ich beziehe mich vor allem auf den Satz „Auf dem Nichts daran beruht des Gefäßes Brauchbarkeit“. Dadurch ergibt sich eine subjektiv logisch, objektiv aber falsche Funktion. Den Behältern schreibe ich die imaginäre Funktion des Lichtsammlers zu. Die perfekte handwerkliche Aufbau wird im Brennprozess durch einen „Brennfehler“ beeinflusst. Durch den Schmelzprozess im Brand (zu hoch gebrannt) bekommen die Arbeiten einen „Hauch“ Unvollkommenheit und Eindruck von erstarrten Zeit und Bewegung. Dabei konzentriere ich mich auf das Licht wirkende negativen und positiven Raumbeziehungen. Ich untersuche bestimmte End-Phasen des Prozess der „Vervollkommnung“. Ich will das Error am Steuer lenken.


Ein Experiment mit dem Error

Das Material

Meine Objekte sind Produkte eines Experiments. Ich lasse die Lichtsammler bei einer höheren Temperatur brennen, als die angegebene sichere Brenntemperatur ist. Damit will ich erreichen, dass die ursprüngliche Form sich im Feuer verändert aber noch „brauchbar“ bleibt. Das Objekt soll so aussehen, als sei ein Fehler passiert. Genau diesen Punkt von Einfallen und doch nicht ganz Einfall in den Griff zu bekommen, braucht Überlegungen, wie Form und Material mit meiner Technik vereint werden.

Porzellan lässt sich kaum mit Hand bearbeiten, beim Trocknen und Brennen zeigt es alle Unvollkommenheiten des Arbeitsprozesses. Das Material besitzt ein extremes Erinnerungsvermögen.

Die Porzellanmasse wird mit Wulst-Technik aufgebaut. Mein Ziel ist so dünnwendig, wie es nur geht, zu arbeiten, um die Deformationen des Brandes hervorheben zu können. Ich durchsteche die Form in kleinen Abstanden. Dadurch entsteht eine perforierte Wand, die gegen Rissbildung wirkt und die Form noch biegbarer macht. Wegen der gewölbten Böden brenne ich die Objekte mit einem „Unterteller“, sonst würde die Form platzen und die untere Wölbung flach liegen. Nach den ersten Bränden merke ich, dass die gewölbten Böden Error darstellen. Am Rand des Untertellers und bei den Verjüngungen der Form sind Deformationen vorhanden. Die Form setzt sich auf dem Teller, eine klare Trennlinie wird sichtbar. Der Fehler wird mit zunehmender Größe des Gefäßes deutlicher. Wenn ich die Grundform am Bodenbereich schmaler gestalte und einen Grössenbereich etwa 30 zwischen 40 cm in die Höhe erreiche, sinkt die Form beim Brennen in sich hinein. Von der technologischen Seite bin ich mit Error gut bedient. Wie sich das Material im Feuer verhält, lässt sich nur schwer vorhersagen. Herauszufinden, welche Formen sich wie verhalten, ist mein Experiment.

Im Hochbrand-Bereich (1300℃) beim SinterisierungsProzess wird es puddingweich. Dadurch gestaltet sich die ursprünglich gegebene Form nach Wille der Masse immer wieder ein wenig um. In dem Material sind die Fehler-Möglichkeiten für die Formgebung eingebaut. Die Deformationen der Form im Brand wirken als Teil des Konzeptes mit.


Ein Anstoss von der Technologische Seite, was wahrhaftig auch zu dem Thema „Error“ passt.

Als ich die Grundform am Bodenbereich schmaler gestalte und eine Grössenbereich etwa 30 zwischen 40 cm in die Höhe erreiche, sinkt die Form beim Brennen in sich hinein. Brenntemperatur 1280 ℃



Vorbrand, 950 ℃, (32,5 x 27 x 26 cm)

Lichtsammler 1. Hochbrand, 1290 ℃ Porzellan, (29 x 26,5 x 25 cm), innen glasiert, 2011.


Vorband, 950 ℃, (28 x 27 x 27 cm)

Lichtsammler 2. Hochbrand, 1290 ℃ Porzellan, (20 x 31 x 29 cm), innen glasiert, 2011. Der Unterteller hält die Form bis zu ihrem Randbereich. Oben biegt die Wand teils hinein.


Vorband, 950 ℃, (24 x 27 x 26 cm)

Lichtsammler 3. Hochbrand 1305 ℃, Porzellan, (12 x 30 x 29 cm) 2011. Auf dem Deckel gebrannt. Das Gewicht drückt den Hals und Rand-Bereich hinein, was sich dadurch negativ wölbt.


Vorband, 950 ℃ (34 x 15 x 15 cm)

Lichtsammler 4. Hochbrand 1305 ℃, Porzellan, (30,5 x 16 x 14 cm) 2011. Wegen stabilem Boden und Vertikalem Aufbau neigt sich die Form kaum zur Deformationen. Deshalb wurde die Temperatur mit 15 ℃ erhöht, um eine geringe Biegung zu erzielen.


Lichtsammler 6. Hochbrand 1289 ℃, Porzellan, (25,5 x 27 x 25 cm), 2011. Die mittlere Achse hat sich verschoben, der Moment vor endgültigem Sinken wurde erwischt.

Vorband, 950 ℃ (32 x 29 x 30 cm)


Vorband, 950 ℃ (41 x 38 x 38 cm)

Lichtsammler 7. Hochbrand 1288 ℃, Porzellan, (32 x 38 x 38cm), 2011. Doppelwandiger Behälter. Der gewölbte Boden bog sich über den Unterteller. Die beide Wände haben sich teils zueinander geneigt, teils zueinander geklebt.


Hochbrand 1288 ℃, Porzellan, (32 x 46,5 x 42 cm), 2011. Lichtsammler 8. mit Teelicht beleuchtet.

Hochbrand 1288 ℃, Porzellan, (32 x 38 x 38cm), 2011. Lichtsammler 7. mit Teelicht beleuchtet.


Lichtsammler 8. Hochbrand 1290 ℃, Porzellan, (32 x 46,5 x 42 cm), 2011 Doppelwandiger Behälter. Der gewölbte Boden blieb heil, weil die Auflagefläche breiter war. Die beiden Wände haben sich teils zueinander geneigt, teils zueinander geklebt. Wegen eines Risses sank das Stück in sich zusammen zu einer völlig anderen Form.

Vorband, 950 ℃ (43.5 x 44,5 x 43 cm)


Lichtsammler 9. Hochbrand 1295 ℃, Porzellan, (28 x (37 x 37 cm), 2012 Doppelwandiger Behälter. Auf dem Deckel gebrannt. Sehr stabile Konstruktion. Es änderte sich nur der Winkel von Biegungen.

Vorband, 950 ℃ (39 x 43 x 43 cm)


Lichtsammler 10. Hochbrand 1290 ℃, Porzellan, (32 x 41 x 43 cm), 2012

Vorband, 950 ℃ (42 x 45 x 45 cm)


Lichtsammler 11. Hochbrand 1295 ℃, Porzellan, (31 x 37 x 38 cm), 2012

Vorband, 950 ℃ (41 x 41 x 42 cm)


Lichtsammler 12. Hochbrand 1295 ℃, Porzellan, (25 x 25 x 25 cm), 2012.

Vorband, 950 ℃ (30 x 28 x 29 cm)


Philosophische Grundlage Alles befindet sich in den Phasen des nie endenden Seins und Vergehens. Trotzdem bezeichnet man oft einen Prozess als beendet. Man kann allerdings nicht wissen, wann etwas seine schicksalhafte Vervollkommnung erreicht. Gegenst채nde sind der Ausdruck erstarrter Zeit und Bewegung. Sie sollten aus Materialien gefertigt werden, an denen die Spuren der Witterung und der menschlichen Hand gut erkennbar sind. Risse beim Brennen des Tones sind dabei wie Falten in einem Gesicht. Mein Error ist unser: Eine Akzeptanz von Unerwarteten, was Spuren hinterl채sst, was man meistern sollte, wie das Zusammensinken eines Beh채lters.


Der Boden aus einer Platte gewalzt, die Löcher gestochen, in einer Gipsform eingelegt.

Der weitere Aufbau aus Wülsten. Reihenweise werden die Löcher eingestochen.

Arbeitsphasen Aufbau eines Behälters

Grosse Schwierigkeit ist, gegen das Austrocknen zu wirken. Man arbeitet wie in einem Operationssaal.

Herstellen eines Deckels.

Das angetrocknete Stück wird innen von Bröseln abgeputzt, alle Löcher nochmals durchgestochen. Um die Oberfläche einheitlich zu gestalten, wird das Objekt nachträglich mit Porzellanschlicker bezogen.


Überlegungen der Form zum Error-Brand Runde, einheitliche Formen sinken unwillkürlicher in sich zusammen. Deshalb strukturiere ich die Formen mit Kanten und Wölbungen. Das Ziel ist, eine Art Statik einzubauen, welche bewirkt, dass sich die Form gegenüber der Hitze teils halten kann und teils sie zusammensinken lässt. Die Proportion der Form benötigt eine vertikale - horizontale Aufteilung. Es geht um das Verhältnis zwischen der Masse (Gewicht) und den Teilformen. Das Brennen benötigt langwierige Experimente. Die übliche Brennkurve, die Endtemperatur werden je nach Brand geändert. Wie sich die Formen im Feuer verhalten, hängt von mehreren Komponenten ab. Einerseits vom Volumen, Form-Proportionen, Wandstärke des Objektes, andererseits von der Brenn-Dauer, der Endtemperatur und dem Endtemperatur-Halten des Brandes. Zuletzt sind die Teelichter in kleinen Behältern mit Griffen gemacht.


Zsuzsa Füzesi Heierli Gundeldingerrain 119. CH-4059 Basel www.fuzesi.ch e-mail: fuehe@bluewin.ch 1953 1965-69 1970-74 1980-81 Ab 1990 Seit 1991 Seit 1996 Seit 1997 2008

geboren in Nagymanyok (Ungarn) Kunstgymnasium, Abteilung Keramik, in Pécs (Ungarn) Arbeiterin in einer Keramikmanufaktur in Budapest Fachhochschule für angewandte Künste, Abteilung Porzellan, in Budapest mit Diplomabschluss (Prof. Imre Schrammel) Unterricht am Kunstgymnasium, Abteilung Keramik, in Pécs Künstlerische Mitarbeit am Keramikzentrum in Siklos (Ungarn) Mitglied der ungarischen Künstlergruppe TERRA Mitglied des schweizerischen Keramikverbandes (ASK) Weiterbildung an der Janus Pannonius Universität, Fakultät für bildende Künste, in Pécs Abschluss DLA in Keramik - Bildhauerei

Verschiedene Preise in Ungarn, u.a. 1. Preis der Nationalen Keramikbiennale 1996 Jährliche Teilnahme an verschiedenen internationalen Symposien in Ungarn sowie in Römhild (D) und Beer-Sheva (Israel). Regelmässige Gastdozentin am Kunsthaus Siklos (Ungarn), in der Keramikschule Güller (Gordola CH) sowie an den Kunstzentren Bosen (D) und Geras (A). Diverse Gruppen- und Einzelausstellungen im In- und Ausland, in diversen Galerien in Budapest, Pécs und weiteren Orten in Ungarn sowie u.a. in Philadelphia (USA), in den Galerien Heller (Heidelberg), Böwig (Hannover), Weger (Darmstadt/Mühltal), Staffelhaus (Weil am Rhein D), Zum Kunos Thor (Basel/CH), Hinteregger (St. Pölten A), Metzger (Johannesberg/Aschaffenburg D), Die Aussteller (Basel CH), Keramikforum (Deidesheim D), Objekta (Kreuzlingen CH). Werke in verschiedenen Museen, u.a. im National Museum of Women in the Arts, Washington, DC, Museum für Kunstgewerbe, Budapest und in weiteren öffentlichen und privaten Sammlungen Lebt und arbeitet in Basel (CH) und Pécs (Ungarn). "Mein Denken ist an Materie verankert. Mein Anstreben ist die innere Ordnung und Wandel des Seherscheinungen sichtbar machen. Mit dieser Absicht beobachte ich die Natur und deren Ereignisse. Heutzutage entfaltet sich ein Bild von der Materie , in dem die Erklärung für das Verhalten von Makrogrößen in den unergründlichen Eigenschaften der Mikrogrößen verborgen zu sein scheint. Die Dynamik scheint bei den räumlich und zeitlich veränderlichen Formen grundlegend zu sein. Die Natur schafft verschiedene Muster. Manche davon sind räumlich geordnet und zeitlich ungeordnet oder gerade umgekehrt. Manche Muster weisen auch in verschiedenen Größenbereichen ähnliche Strukturen auf. Andere sind konstante, wieder andere oszillierende Muster. Das Ungeordnet sein, was auf verschiedenen Gebieten des Lebens zu beobachten ist, wird in der Chaostheorie untersucht."


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