BARBIZON I IMPRESSIONISMUS I MODERN ART
Französische Meisterzeichnungen und Aquarelle des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bis 30. September 2013
Louis Anquetin (1861 – 1932) » Grotesques – Têtes d'expression « Feder und Tusche laviert auf Papier 36 x 23 cm Signaturstempel rechts unten Atelier-/Nachlass-Stempel rückseitig
Camille Bourget (1861 – 1924) » Les meules « Kohle-/Bleistiftzeichnung 22,5 x 31,5 cm Signatur-/Nachlass-Stempel rechts unten
Camille Bourget (1861 – 1924) » La fenaison « Kohlezeichnung auf rosé getöntem Ingrespapier 23,5 x 30,5 cm Signatur-/Nachlass-Stempel rechts unten
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Camille Bourget (1861 – 1924) » Au bois de hêtre « Kohlezeichnung 32 x 23,5 cm Signatur-/Nachlass-Stempel rechts unten
Camille Bourget (1861 – 1924) » Quai à Paris « Kohlezeichnung 31,5 x 24,5 cm Signatur-/Nachlass-Stempel rechts unten
Camille Bourget (1861 – 1924) » Ruelle à Paris « Kohlezeichnung 20,2 x 14,3 cm Signatur-/Nachlass-Stempel links unten
Félix-Saturnin Brissot de Warville (1818 - 1892) » Berger et son moutons au bord de la mer « Aquarell auf Papier 24,8 x 35 cm signiert links unten
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Eugène Deshayes (1828 – 1890) » Ville avec des maisons donnant sur un canal « Aquarell auf Papier 19,5 x 20,5 cm signiert und datiert (18)76 rechts unten
Henri Constant Joseph Dutilleux (1807 – 1865) » Homme reposant sur l‘etang « Kohlezeichnung 12,5 x 20,5 cm aus dem Nachlass des Künstlers Henri Constant Joseph Dutilleux (1807 – 1865) » Cabane forestière « Tusche und Öl auf Papier 12 x 10,2 cm aus dem Nachlass des Künstlers
Théodore Gudin (1802 – 1880) » Moulin au port « Aquarell auf Papier 32,6 x 43,4 cm signiert und datiert 1822 rechts unten
Henri-Joseph Harpignies (1819 – 1916) » Flusslandschaft mit Angler « Aquarell auf Karton 16,5 x 37 cm signiert und datiert (18)69 links unten
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Émile-Aubert Lessore (1805 – 1876) » Bauernkinder in Barbizon « Aquarell auf Velin, auf Chinapapier aufgezogen, 24,8 x 43,8 cm signiert Mitte rechts, um 1845 Literatur: Müllerschön/Maier: Die Maler der Schule von Barbizon, 2002, S. 25f. (mit Abb.) Müllerschön/Maier :„Große Kunst im kleinen Dorf“ in: Weltkunst 6, 2004, Abb. S. 77 Léon-Augustin Lhermitte (1844 – 1925) » Ouvroir du Béguinage à Gand « 1895 Pastell auf Papier 49 x 69 cm signiert und datiert (18)95 rechts unten Provenienz (Auswahl): - Boussod, Valadon et Cie, Paris, Nr.17770 - Knoedler, New York - Privatsammlung Schottland Literatur: Le Pelley Fonteny: 1991, Nr. 359, S. 225 (mit Abb.)
Luigi Loir (1845 – 1916) » Le quartier Montmartre en hiver – soirée « Aquarell auf Papier 24,5 x 33,5 cm signiert rechts unten
Paul Louchet (1854 – 1936) » Le Pont-Neuf, Paris « Kohlezeichnung 25,5 x 40 cm signiert rechts unten rückseitig signiert und bezeichnet
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Paul Louchet (1854 – 1936) » Quai de Paris en 1920 « Kohlezeichnung 30 x 45 cm (Blattgröße) signiert rechts unten rückseitig signiert, bezeichnet und datiert
Paul Louchet (1854 – 1936) » Les Tuileries « Kohlezeichnung 37 x 27 cm rückseitig signiert und bezeichnet
Paul Louchet (1854 – 1936) » Les jardins du Trocadéro en 1922 « Kohlezeichnung 34,5 x 31,5 cm signiert rechts unten rückseitig signiert, bezeichnet und datiert
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David de Noter (1818 – 1892) » Stilleben mit Früchten, Salat und Tauben « Aquarell auf Papier 40,4 x 33,6 cm signiert links unten
Fernand Piet (1869 – 1942) » Une liseuse « Aquarellierte Federzeichnung 17,5 x 11 cm signiert rechts unten
Fernand Piet (1869 – 1942) » Couple dans un bar, l‘absinthe « Bleistift-/Kohlezeichnung 21 x 29 cm Signatur-/Nachlass-Stempel rechts unten
Ludovic Piette (1826 – 1878) » La femme à l`ombrelle « Gouache auf Papier, um 1876 40,7 x 30 cm signiert rechts unten Ludovic Piette nahm 1877 an der III. Impressionisten-Ausstellung in Paris teil, an der auch Edgar Degas, Claude Monet, Pierre-Auguste Renoir und sein enger Freund Camille Pissarro beteiligt waren.
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Théodore Rousseau (1812 – 1867) » Paysage boisé « Tusche und Aquarell auf Papier 14 x 10 cm, um 1860-65 3.200 Euro gerahmt Literatur: Schulman: 1997, Nr. 568, Abb. S. 278 Théophile-Alexandre Steinlen (1859 – 1923) Pariser Straßenszene (Se battre pour l‘argent) Kohlezeichnung 32,5 x 25 cm signiert rechts unten
Jean Souverbie (1891 – 1981) » Femme à l‘enfant « Aquarell und Gouache auf Papier ca. 22,1 x 15,5 cm (unregelmäßig) signiert unten Mitte links
Félix Ziem (1821 – 1911) » Vue de Martigues « Aquarell auf Papier 13,5 x 20 cm Atelierstempel Nr. 1476 links unten Provenienz: Collection Roger Millès, Paris Anne Burdin-Hellebranth hat die Authentizität des Aquarells und die Lokalisation mündlich bestätigt.
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Erläuterungen zu den Künstlern
Louis Anquetin (1861 - 1932) Louis Anquetin, der als einer der begabtesten Künstler seiner Zeit bezeichnet wurde, zählte zu den Mitbegründern des Synthetismus. Zu seinem Freundeskreis, der sich gegenseitig stark beeinflusste, gehörten Künstler wie Émile Bernard, Paul Gauguin oder auch Pablo Picasso. Sein engster Freund war Henri de Toulouse-Lautrec. Mit Toulouse-Lautrec und Auguste Renoir stimmte er darin überein, dass ihnen und den damals „zeitgenössischen Modernen“ das handwerkliche Können, insbesondere das der großen flämischen Künstler wie Peter Paul Rubens und Rembrandt, abhanden gekommen war. Diese verlorengegangenen Techniken der Alten Meister wieder zu beleben und für die Moderne nutzbar zu machen war das große Bestreben von Louis Anquetin. In diesem Zusammenhang stehen auch seine „altmeisterlichen“ Zeichnungen, die „mit einer glänzenden und schwungvollen Einbildungskraft belebt sind“. Camille Bourget (1861 - 1924) Bourget war Schüler von Alexandre Cabanel und Léon Bonnat an der École des Beaux-Arts in Paris. Später besuchte er hier die Académie Julien. Er nahm regelmäßig an den Pariser Salon-Ausstellungen teil. 1912 wurde er mit einer Medaille und dem Marie Bashirtseff-Preis ausgezeichnet. Bourget scheint ein recht zurückgezogenes Leben – wohl in der Bretagne – geführt zu haben. Als Holzschneider illustrierte er auch zeitgenössische Bücher, doch nur wenige seiner Werke haben überdauert. Seine Zeichnungen zeigen ihn als genauen Beobachter mit einem feinen Gespür für Komposition und einem sicheren Strich, der sich auf das Wesentliche konzentriert. Félix-Saturnin Brissot de Warville (1818 - 1892)Mit 17 Jahren begann Brissot im Atelier von Léon Cogniet an der Pariser École des Beaux-Arts zu studieren und durchlief die klassische Malerausbildung. 1840 nahm er erstmals am Pariser Salon teil. Er gehörte zu dem engsten Kreis der Maler von Barbizon und verkehrte regelmäßig in der dortigen Auberge Ganne. Bis gegen Ende der 1850er Jahre sind seine Werke noch stark romantisch geprägt. Dann widmete er sich der Tiermalerei und insbesondere der Darstellung von Schafherden. Neben Gemälden schuf Brissot auch exzellente Aquarelle und Zeichnungen. Seine grafischen Arbeiten waren die Grundlage für die 1853 bis 1859 bei Cadart publizierte Ansichtenserie „Suite sur la forêt de Compiègne“. Eugène Deshayes (1828-1890) Eugène Deshayes war ein feinsinniger Landschaftsmaler, dessen Werke Atmosphäre atmen. Seine Gemälde waren ab dem Jahr 1848 im Pariser Salon ausgestellt. Er kann als Maler zur Schule von Barbizon gezählt werden, da der Wald von Fontainebleau eines seiner häufigen Bildsujets ist. Für seine vielseitigen Studien bereiste er oftmals Savoyen und Holland. Um seine feinfühlige Beziehung zur Natur zu vertiefen, arbeitete er oft an der Küste der Normandie, wo er mit großer Sensibilität und farblichem Nuancenreichtum bevorzugt Küstenszenen malte. Henri Constant Joseph Dutilleux (1807 - 1865) Dutilleux' Atelier war ein lokaler Anziehungsort, wo sich viele seiner Schüler und Kunst-interessierte trafen. Hier wurde auch mit neuen Reproduktionstechniken experimentiert. Er erfand das Cliché verreVerfahren (Glasumdrucke), das auch Camille Corot nutze. Im Jahre 1834 debütierte er auf dem Pariser Salon mit historischen und religiösen Sujets sowie mit ausdrucksstarken Porträts und Landschaftsbildern. 8
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Prägend für seine künstlerische Entwicklung war Camille Corot, mit dem er sein Leben lang eng befreundet war. Ab 1851 widmete sich Dutilleux nahezu ausschließlich dem Wald von Fontainebleau und malte regelmäßig mit Corot zusammen. Dutilleux malte und fertige zahlreiche Studien von Unterhölzern, Buschwerken und sonnenbeschienenen Waldwegen an. Seine Bilder haben einen feinen, farbintensiven Charme, die kleineren Landschaftsstudien zeichnen sich durch einen lasierenden Farbauftrag aus, die Zeichnungen oft durch einen unverkennbar zarten Strich, der das Wechselspiel von Licht und Schatten zum Ausdruck bringt. Seine Werke befinden sich in den Museen von Arras, Lille, Montpellier und im Louvre. Jean Antoine Théodore Gudin (1802 - 1880) Gudin gilt als eine künstlerische Schlüsselfigur seiner Zeit. Bereits im Jahre 1822, als er erstmals mit großformatigen Gemälden im Salon eindrucksvoll vertreten war, wurde er mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Fortan sah man dort seine Gemälde sechs Jahrzehnte in Folge. Gudins Werk war bei Sammlern in Europa und darüber hinaus sehr gesucht. Innerhalb von zehn Jahren schuf er rund neunzig großformatige Marinewerke, von denen sich 63 im Musée Versailles befanden. Zudem arbeitete er im Auftrag von Nikolaus I. in St. Petersburg. Für den Zaren fertigte er zwölf monumentale Gemälde mit Ansichten russischer Häfen an. Seine Vorliebe galt den maritimen Sujets mit allen Facetten wie Schiffbrüchen, Schiffsbränden und Seestürmen. Landschaften gehörten gleichfalls zu seinem feinsinnig schöpferischen Repertoire. Allein der bemerkenswerte Umfang an Gemälden und Aquarellen zeigt, dass Gudin als eine äußerst wirkungsvolle Künstlerpersönlichkeit seiner Zeit anerkannt gewesen war. Seine Werke befinden sich heute in Museen von Berlin, Moskau, Stockholm, Amsterdam und Moskau. Henri-Joseph Harpignies (1819-1916) Harpignies, von Anatol France als „Michelangelo der Bäume“ tituliert, zählt zu den wichtigen BarbizonMalern. Er ist als Mittler zwischen Naturalismus und Impressionismus zu verstehen. In den 1840er Jahren besuchte er die Académie de France in Rom. Von dort aus bereiste er die römische Campagna, Neapel und Capri. Ab dieser Zeit beschäftigte er sich intensiv mit der Aquarellmalerei. Innerhalb der BarbizonSchule entwickelte Harpignies eine unerreichte Meisterschaft der Aquarellkunst. Die Tonigkeit seiner Landschaften und Ansichten von Paris ist stets gedeckt. Das Aquarell ist für ihn nicht gemäldevorbereitende Skizze, sondern ein eigenständiges künstlerisches Ausdrucksmittel. Sein Freund Eugène Boudin beneidete ihn um diese Fähigkeit. Émile-Aubert Lessore (1805 - 1876) Zu den ersten Künstlern, die Barbizon aufsuchten, gehörte Émile-Aubert Lessore, der in Marlotte bei Fontainebleau lebte. Wie Narcisse Diaz de la Peña und später Auguste Renoir begann er seine Künstlerlaufbahn als Porzellanmaler in Sèvres. Bereits 1831 stellte er – ein Schüler von Ingres – Aquarelle auf dem Pariser Salon aus. Sein Aquarell eines kranken Jungen aus den Savojer Alpen erregte dort große Aufmerksamkeit. Personen, oft auch Kinder-gruppen, gehören zu seinen bevorzugten Sujets. Auch während seiner Reisen nach Nordafrika (Algier) schuf er vorwiegend Aquarelle. Schon früh werden seine Arbeiten, die sich bei einem freien Pinselstrich durch eine frische Lebendigkeit auszeichnen, gelobt. Das in warmen Sepiatönen gehaltene Aquarell „Bauernkinder in Barbizon“ stellt ein frühes, in die 1840er Jahre zu datierendes Dokument des täglichen Lebens in dem noch unberührten Dorf Barbizon dar. Léon-Augustin Lhermitte (1844 -1925) Bereits vor 1880 erwarben etliche amerikanische und russische Sammler Pastelle und Gemälde von Léon Lhermitte. Auf Ausstellungen „rund um den Globus“ wurden seine Arbeiten enthusiastisch gefeiert und zu hohen Preisen veräußert. 1882 kaufte das Pariser Musée de Luxembourg sein großes Werk „La Paye de Moissonneurs“ an. 1893 beteiligte sich Lhermitte neben Max Liebermann und anderen auch an der Sezessionsausstellung in München. Mit seinen ländlichen Szenen, die arbeitende oder ruhende Menschen in ihrem Alltagsleben 9
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schildern, steht er in unmittelbarer Nachfolge Millets. Schon Anfang der 1880er Jahre konstatierte die Kunstkritik, dass „der Umhang Millets auf keine würdigeren Schultern hätte fallen können.“ Seine besten Arbeiten gehören zu den Hauptwerken des französischen Naturalismus. Beginen führten ein christlich andächtiges Leben - ohne Klostergelübde aber ehelos - und lebten, ungeachtet ihres ehemaligen Vermögens oder Standes, souverän und selbständig in der vertrauten Gemeinschaft gläubiger Frauen. Auf jeden persönlichen Besitz verzichtend stellten sie ihren Unterhalt durch Handarbeiten oder durch die Pflege von Kranken sicher. Das große Pastell der „Nähstube der Beginen in Gand“ zeigt uns einen lichtdurchfluteten Raum im Beginenhof des flämischen Gent. Die Frauen sind auf ihre Näharbeit konzentriert und strahlen eine kontemplative Ruhe aus. Mariendarstellungen verweisen auf den tiefen Glauben und an die innere Welt. Doch sind die Fenster zur äußeren Welt geöffnet und Wärme erfüllt den Raum. In singulärer Weise gelingt es Lhermitte dieses Spezifikum der Beginen, das gleichsam für das Postulat der Selbstlosigkeit steht, herauszuarbeiten. Luigi Loir (1845 - 1916) Luigi Loir wurde als Sohn französischer Eltern, die als Bedienstete für das französische Adelsgeschlecht der Bourbonen arbeiteten, auf dem Schloss von Goritz, das damals als das "Nizza von Österreich" galt, geboren. Später studierte er an der Académie des Beaux Arts in Parma. 1863 zog er nach Paris. Zwei Jahre darauf stellte er erstmals auf dem Pariser Salon aus. In seinen Gemälden und Gouachen konzentriert sich Loir auf Ansichten und Szenen des Pariser Lebens. Der Stadtrat von Paris und potente Sammler, wie der russische Zar, erwarben seine Werke. 1870 wurde er zum "offiziellen Maler der Boulevards" ernannt. Er ist "DER Landschaftsmaler" der Stadt Paris. Seinen Ruhm verdankt Loir seinen vorimpressionistischen Pariser Straßenszenen aus der Zeit der Belle Époque. Es ist nicht das "schöne" Paris der Reichen, das sich Loir zum Thema nahm,. Vielmehr schildert er in zumeist sehr zurückhaltenden, mitunter monochrom wirkenden Farben die Atmosphäre der Großstadt in all ihren Erscheinungen. Deutlich wird dies in einer zeitgenössischen Kritik: "Loir beherrscht perfekt auf seinen Bildern die Lichteffekte, den Dunst, den Nebel und nicht zuletzt die noch nassen Pariser Boulevards nach dem Regen". Paul François Louchet (1854 - 1936) Paul Louchet begann seine künstlerische Laufbahn zunächst als Ziseleur und Graveur und war befreundet mit den Schmuck- und Glaskünstlern Majorelle, Daum und Lalique. Später war er Schüler von Jules Lefebrvre und Henri-Joseph Harpignies. Beeinflusst von seinen Lehrern unternahm er immer wieder Ausflüge in die Natur, wobei ihn insbesondere der Wald faszinierte. Zahlreich sind seine Studien und Zeichnungen von Bäumen und Steinformationen bei unterschiedlichem Tageslicht. Seine oft in Zeichenkohle ausgeführten Ansichten von Paris zeigen einen eigenen Blickwinkel und eine detailbewusste aber doch summarische Umsetzung. David de Noter (1825 -1892) Der in Gent geborene und dort tätig gewesene David de Noter gehörte einer anerkannten belgischen Malerfamilie an. Sein Schwerpunkt waren Stillleben, die sich - in Öl und Aquarell ausgeführt - an den klassischen flämischen Kompositionen und Themen orientieren. Ab 1853 nahm de Noter mehrfach auch am Pariser Salon teil. 1854 erhielt er auf dem Salon in Brüssel eine goldene Medaille. Entsprechend den Gepflogenheiten seiner Zeit „kooperierte“ er mit namhaften Künstlern wie Alfred Stevens und Hendrik Leys, wobei de Noter für die Stillleben-Elemente und seine Kollegen für die Personendarstellungen auf den Gemälden zuständig waren. Fernand Piet (1868 - 1942) Der in Paris lebende Fernand Piet beschickte regelmäßig den Salon de Société des Arts des Indépendants; ab 1902 nahm der an den Ausstellungen des Salon des Indépendants teil und erwarb mehrere 10
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Auszeichnungen. Reisen führten ihn oft in die Bretagne, nach Belgien und Holland. Nach dem ersten Weltkrieg, den er als Soldat miterlebte, zog er sich völlig in sein Atelier zurück und lebte in größter Bescheidenheit und fast ohne Kontakte zur Außenwelt. Sein Gesamtwerk wurde jahrzehntelang von seiner Familie gehütet und nur einem kleinen Kreis von Kunstliebhabern bzw. der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Wesentlichen wurde erst 1985 anlässlich der Versteigerung seines Ateliernachlasses bekannt. Fernand Piet war einer der Chronisten der Belle Époque. Seine Motive fand er vorwiegend auf den Straßen und Plätzen von Paris, den Cafés, Tanzsälen und kleinen Märkten, wo er das Leben und Treiben des einfachen Volkes mit einfühlsamer Aufmerksamkeit beobachtete. Auch in seinen Zeichnungen dokumentierte er facettenreich das Leben seiner Zeit. Ludovic Piette (1826 - 1878) Piette lernte im Atelier von Thomas Couture den um sechs Jahre jüngeren Edouard Manet kennen und freundete sich mit ihm an. Später, als er an der Académie Suisse studierte, traf er Camille Pissarro. Beide verband eine lebenslange enge Freundschaft. In den schweren und brotlosen Zeiten der Impressionisten lebte Pissarro mit seiner Frau Julie oft länger in Montfoucault, dem Landgut von Piette und seiner Frau Adèle in der Bretagne. Hier malten beiden Künstler zusammen und die ebenfalls miteinander eng vertrauten Frauen kochten einfache Gerichte mit Zutaten aus dem eigenen Gemüsegarten. Die Gouache "La femme à l'ombrelle" dürfte mit Sicherheit in Montfoucault entstanden sein. Das Modell war wohl Adèle Piette oder Julie Pissarro. Malerisch orientierte sich Piette an seinem Freund Pissarro bzw. beeinflussten sich die beiden gegenseitig. 1877 beteiligte sich Piette mit 31 Arbeiten an der dritten Ausstellung der Impressionisten. Nach seinem Tod im selben Jahr wurden seine Werke posthum bei der vierten Impressionistenausstellung 1879 gezeigt. Piette, um vier Jahre älter als sein Freund Pissarro, zählt zu den Impressionisten. Sein Malstil aber ist eher noch konservativ geprägt. Théodore Rousseau (1812 - 1867) Rousseau gilt als einer der einflussreichsten Vertreter der stimmungsvollen Landschaftsmalerei der Schule von Barbizon. Nach frühen Zeichenversuchen während seiner Schulzeit erhielt er den ersten Malunterricht von seinem Cousin, dem Landschaftsmaler Alexandre Pau. In den Folgejahren studierte er an der Pariser École des Beaux-Arts. Am Ende dieser Zeit wandte er sich ganz der Freilichtmalerei zu. Der Wald von Fontainebleau spiegelt für Rousseau den wesentlichen Gedanken wider, das Landschaften ein Sinnbild für die „Eingebundenheit des Menschen in die Urkraft“ sind. Die Sehnsucht zur Natur brachte er durch das Einfangen stiller Momente zum Ausdruck, in denen er die reflektierenden Sonnenstrahlen im dichten Wald präzise und charakteristisch mit schneller Pinselführung malte. Um seine Naturstudien weiter zu perfektionieren, reiste Rousseau viel und unternahm auch längere Studienfahrten in die Auvergne. Einige dieser Aufenthalte verbrachte er zusammen mit seinem engen Freund und Weggefährten Jules Dupré. Jean Souverbie (1891-1981) Souverbies Werdegang wurde maßgebend von den Nabis geprägt. Durch die enge Bekanntschaft mit Paul Sérusier, Maurice Denis, Pierre Bonnard und Edouard Vuillard bewegte er sich intensiv innerhalb dieser Künstlergruppe. Seine Werke enthalten oftmals kubistische Elemente, die er aus den Bildern von Braque übernahm. Er bezog verschiedenste Einflüsse in seine eigene Arbeit mit ein, was sein Œuvre sehr facettenreich erscheinen lässt. Im weiteren Verlauf seines Lebens wurde er Lehrer an der Pariser École des Beaux-Arts. 1929 wurden 54 seiner Werke in der Galerie Bernheim-Jeune ausgestellt.
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Théophile-Alexandre Steinlen (1859 - 1923) Es war die Zeit des Boulevardtheaters, der Cabarets, der Cafés-Concerts und der Café-Chantants, in der Steinlen lebte. 1881 gründete Rodolphe Salis auf dem Montmartre das Cabaret Chat Noir, eine Art Künstlerkneipe, in der sich avantgardistische Gruppen junger Dichter, Intellektuelle, Chansonniers und Maler versammelten. Hier traf Steinlen auf weitere Künstlerpersönlichkeiten wie Henri de ToulouseLautrec, Aristide Bruant oder Félix Valloton. Steinlen schuf speziell für das Chat Noir die Plakate und illustrierte die gleichnamige Zeitschrift. Die Motive seiner Werke sind oftmals dem Pariser Straßenleben und der Szenerie des Lebens auf dem Montmartre entnommen. Seine Motivwahl fordert einen geschulten Blick für die wesentlichen Alltagssituationen. Diese herauszuheben und zeichnerisch schnell und situationsentsprechend umzusetzen, war Steinlens Metier; ebenso konnte er den Charakter der Personen spontan erfassen und treffend wiedergeben. Félix Ziem (1821 - 1911) Félix Ziem war einer der großen Koloristen des 19. Jahrhunderts. Die Hauptmotive seiner lichterfüllten, farbintensiven Werke sind Hafen- und Schiffszenerien von Venedig, Konstantinopel und den südfranzösischen Küstenstädten. Daneben sind es seine farbsprühenden Blumenstillleben, die ihn zu einem der wichtigsten „Vorimpressionisten“ machen. Später beriefen sich die Impressionisten, insbesondere Auguste Renoir, immer wieder auf ihn. Zu seinen Lebzeiten war Ziem einer der erfolgreichsten Maler Europas. Er unterhielt mehrere Residenzen in Frankreich und Italien und pflegte einen exklusiven Lebensstil. Seine Werke waren und sind sehr begehrt und fanden früh Eingang in die bedeutenden Sammlungen in aller Welt. Sein überragendes malerisches Können kommt insbesondere in seinen kleinformatigen Ölstudien und seinen Aquarellen zum Ausdruck. Diese Werke sind oft durch Spontanität und prägnante Skizzenhaftigkeit gekennzeichnet. Während seine großen Gemälde mit den blaudurchfluteten Himmel zu den damals mit am teuersten Gemälden überhaupt zählten, sind es die Ölstudien und Aquarelle, die teilweise den Impressionismus vorwegnehmen und von Kennern hochgeschätzt sind.
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