Experiment Steinzeit

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Experiment Steinzeit Leben wie vor 5000 Jahren

Präsentation einer Vorabendserie der Maran Film

Redaktion: Stefanie Groß, SWR („Abenteuer 1900. Leben im Gutshaus“)


Grundidee Nach den Erfolgen von „Schwarzwaldhaus 1902“ und „Abenteuer 1900. Leben im Gutshaus“ geht das SWR-Fernsehen einen gewaltigen Schritt weiter zurück in die Vergangenheit. „Experiment Steinzeit“ ist eine Zeitreise zu den Wurzeln unserer mitteleuropäischen Kultur. Sie führt uns in eine Epoche, die uns seit jeher fasziniert. Steinzeit, das ist mystische Urzeit, Survival in freier Natur; und doch eine überraschend hochentwickelte Kultur, die bereits Vorformen von Penizillin oder Alleskleber entdeckt hatte. Mitten in diese Epoche hinein - ca. 3300 v. Christus - führt unser Experiment. Unsere Zeitreisenden - insgesamt 20 an der Zahl - bekommen drei Grundaufgaben gestellt:

-

Sie müssen mit dem harten Steinzeitalltag zurecht kommen

-

Sie müssen neben den bestehenden ein weiteres Pfahlbauhaus bauen

-

Eine Abordnung muss sich zu Fuß auf den Weg nach Norditalien machen, um Silex (Feuerstein) für die Werkzeugherstellung einzutauschen

Um diese drei Hauptstränge herum entwickeln sich alle anderen Geschichten.

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November 2005, eine Siedlung aus drei Pfahlbauhäusern an einem See, mitten im Wald. Haustiere in einem rustikalen Gehege. Ein Bild wie aus einer anderen Zeit. Es regnet und es ist kalt. In einem der Bauten kauern viele Menschen um ein Feuer. Über ihnen hängt der Rauch, da das Dach aus Schilf keine Öffnung hat. „Langsam verstehe ich“, ächzt einer, „warum Ötzi pechschwarze Lungen hatte.“

„Experiment Steinzeit. Leben wie vor 5000 Jahren“ ist eine Reise zu den Wurzeln unserer Zivilisation. In der Jungsteinzeit geschieht eine der größten Umwälzungen in der Menschheitsgeschichte: Die „neolithische Revolution“. Lebten die Menschen zuvor ausschließlich als Jäger und Sammler, so beginnt sich um das 6. Jahrtausend vor Christus Ackerbau und Viehzucht - wie zuvor im Orient - auch in Mitteleuropa als dominierende Lebensweise auszubreiten. Zum ersten Mal leben Menschen sesshaft und produzieren Vorräte: eine Entwicklung, die damals begann und bis heute andauert. Haustiere halten, Gefäße töpfern für die Vorratshaltung, robuste Getreidesorten säen sowie die Herstellung von Mehl und Brot verändern Speisezettel, Lebensund Wirtschaftsweise. Die Behausungen entwickeln sich von einfachen Hütten hin zu stabilen Holzhäusern. Wald wird gerodet, um Material für den Hausbau, Brennholz und Ackerfläche zu gewinnen. Das vorherrschende Material für Werkzeuge ist zum letzten Mal (vor der Bronzezeit) der Stein. Mit Steinäxten wird der Wald gehauen, Holz gewonnen, Fläche für die Äcker geschaffen. Es werden Einbäume gezimmert, Flüsse und Seen befahren. Feuer wird mit Feuerstein, Zunder und Brennmaterial gemacht, das gehütet wird wie ein Augapfel. 3


Menschen von heute in diese Welt reisen zu lassen, bedeutet Kampf mit der Natur und vor allem Kampf mit sich selbst. Häuserwände sind aus Flechtwerk und Lehm, sie lassen den kalten Herbstwind durch. Die Kleidung aus Bast, zähem Leder, ist weit davon entfernt, komfortabel zu sein. Socken, wärmende Unterwäsche, flauschige Winterpullis - all das gibt es nicht. Die Nahrung: Breie aus den Getreidesorten Emmer und Einkorn sowie Milch. Selbst für einen 100prozentigen Öko eine Herausforderung. Fleisch gibt es, wenn es gelingt, Tiere zu fangen; nur in Ausnahmefällen werden auch die Haustiere geschlachtet. Fisch kommt auf den Speiseplan, wenn es gelingt, Fische zu erbeuten. Die Nahrungsbeschaffung durch Ackerbau, Viehzucht, Fischen und Jagd wird die Zeitreisenden auf eine harte Probe stellen. Sie müssen alle Kräfte bündeln, um Ernährung möglich zu machen. Bei aller Härte des Alltags hat auch die Jungsteinzeit ihre malerischen und sinnlichen Momente. Und so findet sich auch in der Steinzeitküche unerwartet so mancher Schatz. Am Lagerfeuer wird so manches Ereignis erzählt werden, Feste und Feiern stehen an.

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Attraktives Thema Nach dem Erfolg von „Schwarzwaldhaus 1902“ (Redaktion Rolf Schlenker) und „Abenteuer 1900. Leben im Gutshaus“ setzt der SWR seine Zeitreisen fort und geht einen weiteren, gewaltigen Schritt in unsere Vergangenheit zurück. Wir befinden uns in der Zeit um 3300 vor Christus, der Zeit Ötzis, des Gletschermannes vom Tisenjoch. Ort des Geschehens: Oberschwaben und der Bodensee, Dreh-und Angelpunkt des schon damals eng vernetzten alpinen Kulturraumes, eine Art „Steinzeit-EU“. Dass die Steinzeit massenattraktiv ist, weiß man spätestens seit Ötzi: Das Südtiroler Archäologie-Museum wurde - nachdem der Gletschermann dort seine letzte Ruhestätte gefunden hatte - schlagartig zu einem der am besten besuchten italienischen Museen; nur geschlagen von den Uffizien und den kapitolinischen Museen. Auch andere Beispiele wie der ARD-Erfolg der „Neandertaler“-Reihe oder der Umstand, dass France 3 gerade „homo sapiens“ mit einem Spielfilmaufwand produzieren, zeigen: prehistory sells. In Deutschland gehören Steinzeit-Freilichtmuseen zu den besucherstärksten. So kamen zum Pfahlbaumuseum Unteruhldingen am Bodensee seit seiner Gründung 1922 insgesamt 12 Millionen Besucher. Besonders Familien und Kinder zählen zu den jährlich 300 000 Gästen.

Neue Form der Sendestrategie „Experiment Steinzeit. Leben wie vor 5000 Jahren“ wird als großes ARD-Event, in unterschiedlichen Formaten auf mehreren Sendeplätzen,

vermarktet. Der

Vorabend produziert - nach dem „Gutshaus“-Modell - einen 16-Teiler Dienstag bis Freitag. Er folgt den persönlichen Stories vor allem der jüngeren Protagonisten: Wie kommen sie mit der ebenso arbeitsintensiven wie unterhaltungsarmen Steinzeitkultur zu recht? Wie geht es der 18jährigen Tochter ohne Internet-Chat, Computerspiele, Haarshampoo und Deo? Wie reagiert sie auf die Avancen des Nachbarsohnes? Wie kommen die beiden mit den strengen Regeln des Projekts zurecht? Ordnen sie sich ebenfalls so bereitwillig unter wie die Eltern? Der Hauptabend (Redaktion Rolf Schlenker) produziert einen Vierteiler nach dem „Schwarzwaldhaus“-Modell: Der Schwerpunkt liegt hier stärker auf dem Aspekt „Tücke des Objekts“; hier gibt es den Vergleichstest Uhu gegen Birkenpech. Hier

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erfahren wir, dass sich der technische Standard der Fischereigerätschaften nur minimal von dem heutigen unterscheidet. Bis zur Fertigstellung des Projekts werden in der ARD mit „Sommerfrische 1920“ im Vorabend und „Windstärke 8“ (WDR) sowie „Die Burg“ (MDR) im Hauptabend einige weitere, attraktive Zeitreisen laufen. Unser Steinzeit-Konzept stellt bewusst einen

Höhepunkt

in

der

Skala

der

Herausforderungen

dar.

Die

Ausstrahlungsphilosophie von „Experiment Steinzeit. Leben wie vor 5000 Jahren“ folgt dem Grundsatz einer „win-win“-Situation: Vorabend und Hauptabend sollen sich gegenseitig stärken. Dazu müssen die beiden Formate unterschiedlich genug sein, um ihre jeweilige Klientel optimal zu bedienen, sie müssen aber auch nahe genug beieinander sein, um den gewünschten Zuschauer-Transfer HauptabendVorabend und zurück zu befördern.

Casting Gesucht werden: Menschen wie du und ich, die sich dieser Herausforderung nicht nur gewachsen fühlen, sondern auch Stehvermögen genug haben, um Teil eines aufregenden Experiments mit ungewissem Ausgang zu sein. Drei Familien sowie einige

Einzelpersonen,

die

für

drei

Monate

in

einer

typischen

Jungsteinzeitsiedlung leben wollen. Zwei Wochen im Winter, zehn Wochen im darauffolgenden Sommer stehen auf dem Plan. Gesucht werden verschiedene psychologische

Grundtypen:

Reibungen

und

Konflikte

sind

dadurch

vorprogrammiert.

Zielpublikum Im Mittelpunkt der Vorabendserie stehen ein junges Mädchen und ein junger Mann sowie ein weiterer junger Mann/ein junges Mädchen. Aus ihrer Sicht wird erzählt, um ein junges Publikum zu erreichen. Die Kernzielgruppe liegt bei 14 bis 29 Jahren, darüber hinaus ist das Format ausgesprochen familientauglich.

Dramaturgie Hauptthema einer Zeitreise in solch entfernte und unwirtliche Gefilde wie die der Jungsteinzeit ist das Aufeinanderprallen weit auseinanderliegender Zeiten und Lebensweisen: die Probleme, die entstehen, wenn Menschen von heute versuchen, wie vor Jahrtausenden zu leben, können dabei auch Ausmaße 6


bekommen, die das Experiment scheitern lassen könnten. Insofern kommt der Vorbereitung der Zeitreisenden eine überaus wichtige Rolle zu. Ein JungsteinzeitWissenschaftler

wird

z.B.

vermitteln,

wie

man

aus

Urin

und

einem

Baumschwamm Zunder fürs Feuermachen herstellt. Survival-Spezialist Rüdiger Nehberg zeigt, wie man sich von Wurzeln und Beeren ernähren kann. Nur für den Notfall denken die Protagonisten. Aber als die Vorräte zur Neige gehen, stehen sie vor der Wahl: die wertvollen milchgebenden Haustiere schlachten, es weiter mit Fischfang zu versuchen? Oder Sammeln gehen? Die hauptsächliche Konfrontation: der Mensch im Kampf mit der Natur und die Frage: Gelingt es den Zeitreisenden, sich als Stammesgruppe zu organisieren und diesen Kampf zu bestehen?

Handlungsort Ein kleiner, einsamer See; umgeben von dichtem Wald. Zwei oder drei Holzhäuser stehen bereits, ein drittes/viertes muss innerhalb der zwölf Wochen von den Protagonisten errichtet werden.

Spielregeln Alle Beteiligten leben zwölf Wochen unter den Bedingungen der Jungsteinzeit, jeden Tag und jede Stunde. Sie übernehmen die Aufgaben, die in einem typischen, jungsteinzeitlichen Dorf anfallen. Ihr Zusammenleben wird geregelt von den Notwendigkeiten und Forderungen dieses Alltags: Fischen, Töpfern, Jagen und Ackerbau. Ein Arzt ist außerhalb des Sets ständig auf Abruf, um im Notfall einschreiten zu können.

Inszenierung Durch die Produktionssituation mit wissenschaftlichem Hauptabend und DokuVorabendserie können die wissenschaftlichen Themen wie z.B. die technischen Details des Holzhausbaus im Hauptabend thematisiert werden. In der Vorabendserie wird erzählt, wie die Protagonisten sich mit den neuen jungsteinzeitlichen Lebensbedingungen arrangieren oder auch nicht. Wo gibt es Probleme? Wo treten Schwierigkeiten auf? Der Vorabend-Fokus ist ein erzählerisch-psychologischer, es werden Ereignisse wie z.B. der Hausbau und der

Besuch

eines

fremden

Stammes

geschaffen.

Aufgaben

wie

der 7


Nahrungserwerb lassen Handlungsbögen, Erzählstränge entstehen; erwartbare Probleme wie z.B. das Hygieneproblem sind Bestandteil der Erzählung. Konflikte werden, wo sie nicht direkt von der Kamera eingefangen werden, durch Interviews und Tagebuchkamera von der Regie unterstützt.

Erzähl-Stil Handkamera, um dicht an den Protagonisten dran sein zu können, Situationen und Szenen möglichst hautnah einzufangen. Im Off ein Erzähler, der die Handlungsstränge bündelt und Entwicklungen andeutet, vorantreibt. Ausschnitte aus der Tagebuchkamera, in denen die Protagonisten über ihre (zuvor gezeigten) Probleme und Situationen reden und nachdenken, verdichten das Erzählte.

Umsetzung Das Projekt wird vom SWR in Zusammenarbeit mit der Tochterfirma Maran realisiert. Als Herstellungsleiter steht Hartwig König („Schwarzwaldhaus 1902“, „Abenteuer 1900. Leben im Gutshaus“) zur Verfügung. Als Regisseur ist Markus Vetter (dreifacher Grimme-Preisträger) angesprochen.

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Wir und die Jungsteinzeit

Das Kompetenzgerangel um das Machen eines offenen Feuers oder die atmosphärischen

Unstimmigkeiten,

wenn

nach

einem

Wandertag

das

Essenmachen nicht klappt: Situationen beim Camping oder Outdoor-Urlaub, die uns heute noch wie unsere frühesten Vorfahren empfinden lassen. Wie damals werden auch heute Entscheidungen gefällt, Projekte durchdacht und realisiert; wie damals so stellt sich auch heute die Frage nach Essen, Schlafen, Wohnen, Bauen und auch nach dem Vergnügen. Das Jagen, das Erzählen - nur zwei Verhaltensweisen aus vielen - sind grundmenschliche kulturelle Formen. Verändert haben sich alleine die Mittel und die Ziele. Wie agieren individualistische heutige Menschen in einer Zeit, in der die Unterordnung unter ein gemeinsames Ziel alles bedeutete? Können wir das heute noch erfahren? Gibt es ähnliche Muster? „Experiment Steinzeit“ wird uns das zeigen.

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Protagonisten Beispiele/Möglichkeiten

Die Anzahl der Bewohner einer jungsteinzeitlichen Siedlung richtet sich nach den Ertragsmöglichkeiten durch Fischfang, Ackerbau und Viehzucht. Wir gehen für unsere Siedlung an einem kleinen See von einer Stärke mit drei Familien sowie weiterer Einzelpersonen aus; insgesamt 20 Personen. Die Funktionen: Wir orientieren uns am Arbeitsalltag von Ackerbau, Viehzucht, Fischen und Jagen. Dabei wäre es vorstellbar, dass die Talente der Protagonisten zu bestimmten Alltagsaufgaben (z.B Feuer machen, Bäume 10


schlagen, Töpfern) sich im „Trainingscamp“ im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen herauskristallisieren. Zu den Funktionen im Dorf: Es gab die Rolle einer Heilerin. Die spirituelle, naturreligiöse Dimension jungsteinzeitlichen Lebens (z.B. Ernte, Götter) zu inszenieren, gehörte ebenso dazu, wie sich in der Verwendung medizinischer Mittel auszukennen. Werden die Zeitreisenden einen Häuptling/Dorfleiter ernennen? Er muss in besonderem Maße in der Lage sein, Entscheidungen für andere mitfällen zu können. Junge Frauen traten in die Fußstapfen ihrer Mütter, das hieß zu jener Zeit, in der Arbeiten aufgrund unterentwickelter Technik sehr kraftraubend waren, dass sie das Töpfern von Haushaltsgeräten, das Mahlen des Getreides und das Säen übernahmen. Junge und ältere weibliche Protagonistinnen füllen die Rollen einer Töpferin, sind für das Wasserholen zuständig, das Säen, das Herstellen von Brot. Junge Männer wurden an die körperlich schwierigen Arbeiten wie das Holz schlagen, den Hausbau, das Pflügen mit und ohne Haustier herangeführt. Lernen zu überleben, indem man sich organisiert: Das ist die Grunderfahrung der Jungsteinzeitmenschen, die unsere Zeitreisenden nachempfinden sollen.

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Töpferin

Eine junge Frau. Sie kann Eva heißen, ist ungefähr 19. Andere würden sie leichtfertig als naiv und unbedarft einschätzen. Sie studiert seit kurzem Kunst, auf Lehramt, fügt sie hinzu und man merkt ihr an, dass sie nicht voll dahinter steht. Als Kind hat sie in Afrika auf dem Land gelebt, weil ihr Vater Pfarrer dort war. Nie wird sie vergessen, mit welcher Faszination sie die halbnackten Körper der Schwarzen betrachtete. Nun ist sie zum ersten Mal richtig von Zuhause weg, lebt in einer WG, noch nicht auf eigene Rechnung. Almosen ihrer Eltern nimmt sie ungern an; und dennoch muss sie immer wieder darauf zurückgreifen. Vor einiger Zeit ist sie in einem Vorgeschichtsmuseum gewesen. Die Steinäxte, Pfeil-und Speerspitzen und die tönernen Naturgottheiten haben eine Aura, die sich mit nichts vergleichen lässt, findet sie. Und so war sie, als sie vom Projekt einer Zeitreise in die Jungsteinzeit erfahren hat, Feuer und Flamme. Ihre Freunde halten das für einen Tick, aber sie bleibt bei ihrer Meinung. Als Töpferin in einem Jungsteinzeitdorf für einige Wochen leben! Nun ist sie seit zwei Wochen Teil dieser Welt. Dass die andern keinen Cent auf ihr Durchhaltevermögen gewettet hätten, hat sie gleich gemerkt. Aber das kennt sie schon. Die denken, weil sie ein wenig blässlich ist und sich am Anfang ungeschickt anstellt, haue bei ihr überhaupt nichts hin. Und so war das Staunen umso größer, als sie als einzige einen brauchbaren Topf aus Lehm zaubern konnte.

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Fischer

Heißt er Tobias? Er ist etwa 18, 19 Jahre alt und hat gerade sein Abi hinter sich. Seine Zivi-Stelle ist noch unsicher, ob er studieren oder doch eine Ausbildung machen soll, weiß er noch nicht. Am liebsten hängt er mit seinen Freunden im Sommer im städtischen Schlosspark ab. Tobias und seine Kumpels hören gern Independent-Mucke und lesen Intellektuelles. Ist doch alles ziemlich verlogen, sagt er. Sein Vater ist Anwalt, schuftet wie ein Pferd, vor 8 Uhr abends ist der nie zuhause. Wochenende inklusive, versteht sich. Wenn Papi dann da ist, flucht er über seine Anwaltskollegen, die Klienten. Aber natürlich nur, wenn`s nicht drauf ankommt, denkt sich Tobias. In der Steinzeit, da war das anders, da gingen die Menschen Fischen und Jagen, alle teilten miteinander, es gab keine Hierarchien. Das Geld war noch nicht erfunden. Wenn es Handel gab, dann war das Tausch und nicht darauf ausgerichtet, Profit zu machen. So hat er es vor Jahren im „Rulaman“ von David Friedrich Weinland gelesen. Die bösen Buben, das sind dort die Kelten. Die haben Besitz und Neid. Ja, sein Vater ist ein Kelte, lacht Tobias, und er ist „Rulaman“, der gute Wilde. Zwei Wochen Dorfleben hat er nun hinter sich: Er sagt: „So einen Muskelkater, ich komme kaum hoch morgens. Eitel bin ich ja eigentlich nicht, aber der sprießende Bart, der juckt doch ganz schön. Und überhaupt: die Sache mit der Hygiene. Ich weiß jetzt schon nicht mehr, was Kuh oder Mensch ist.“ Mit dem wilden, unhierarchischen Leben ist es auch nicht weit her. Neulich hat ihn Andreas, der Stammeschef angeraunzt, weil er die eine Steinaxt leichtfertig kaputt gemacht hat. Da musste er sich ganz schön zusammenreißen. Was bildet der sich nur ein? Immer mit der Ruhe, meine Güte, sagt Tobias.

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Der Stammeschef und seine Familie

Er hat vor seinem Architekturstudium Maurer gelernt. Vielleicht hört er auf den Namen Andreas und ist Ende 30. Er kommt aus kleinen Verhältnissen und kann sich genau erinnern, wie seine Eltern sich für wenig Geld abrackern mussten. Er packt zu und ist bei seinen Kollegen in der Baubranche geschätzt, weil er auch auf den Tisch hauen kann, wenn es nicht läuft. Seine Frau Monika hat er beim Studium

kennen

gelernt.

Sie

arbeitet

als

Architektin

beim

örtlichen

Stadtplanungsamt. Monika und Andreas sind glücklich miteinander. Reibungen entstehen allenfalls, wenn sie über Architektur fachsimpeln. Alte Häuser? Abreißen, sagt Andreas. Erhalten, entgegnet Monika und blinzelt ihren Mann kampflustig an. In einem Jungsteinzeitdorf leben? Monika war schon immer für sportive Experimente zu haben. Vor dem Studium hat sie 6 Wochen bei Ausgrabungen in der Türkei gebuddelt. Sohn Paul, 12 Jahre, findet die Sache mit der Jungsteinzeit auch toll, das stellt er sich wie den letzten Camping-Urlaub an der französischen Atlantikküste vor. Da ist die ganze Familie bei einem Tagesausflug auch zu einer prähistorischen Höhle mit Wandmalereien gefahren, davon schwärmt er heute noch. Och, nee, war die erste Reaktion von Caroline, 16, als sie erfuhr, dass ihre Familie sich für das Jungsteinzeitdorf bewarb. Mit ihr ist seit einiger Zeit nicht so viel los. Sitzt in ihrem Zimmer, zeichnet und zeichnet den ganzen Tag. Andreas reizt die Aufgabe mit einfachsten technischen Mitteln ein Haus errichten zu müssen, fernab von CAD und 3 D-Architekturmodellen, eine Behausung zu 14


bauen. Im „Trainingscamp“ haben er und die andern gesehen, worauf es beim Bau eines Pfahlbauhauses ankommt. Eine Woche ist es her, dass die Familie das Dorf betreten hat. Die Lage peilen, schauen, was getan werden muss, damit der Winter überstanden werden kann, sagt sich Andreas. Die Arbeitsaufgaben hat er schnell verinnerlicht. Seine Leute hat er im Griff, das kann er. Mit Tobias hat er so seine Probleme. Der redet ihm zu viel und macht zu wenig. Es ärgert Andreas, dass sich seine Frau Monika und Sohn Paul so gut mit Tobias verstehen. Und Caroline? Die scharwenzelt ihm doch glatt hinterher. Aber schlimmer noch findet Andreas Ines mit ihrem EsoterikFimmel.

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Die Heilerin

Ines ist Mitte 30. Hat sie ihr Medizinstudium in Rekordzeit absolviert? Vielleicht kommt sie aus einer hessischen Kleinstadt und ist zum Studium nach Frankfurt/Main gegangen. Sie könnte dort im Bahnhofsviertel inmitten von Prostituierten, Junkies und Trinkern gewohnt haben. Woran es liegt, dass sie sich für das Sozial Abseitige interessiert, kann sie sich auch nicht erklären. Ein Steckenpferd sind für sie andere Kulturen. So sehr, dass sie für einige Monate bei einem

Indianerstamm

in

Kanada

lebte.

Teil

eines

Reservates,

einer

untergehenden Kultur, zugleich Beobachterin. Nun lebt sie wieder in Deutschland, hat sich auf Naturheilkunde spezialisiert. Ein, zwei Mal im Jahr verschlägt es sie zu Yoga-Camps in andere Länder oder zum Reiten in die Mongolei. Sie sagt, die Menschen sind so schön dort, selbst ihr Gang unterscheidet sich von unserem. Eine Tochter hat sie auch, alleinerziehend. Sie wird sie allerdings nicht mit ins Dorf nehmen. Sicherlich, das weiß sie auch, ist ihre Vorstellung von primitiven Kulturen eine romantische und der Gedanke, dass die Menschen der Jungsteinzeit ein Leben im Einklang mit der Natur geführt haben, sie würde ihn so naiv nicht aussprechen wollen. Dennoch ist da eine Sehnsucht, die bei ihr geweckt wurde, als sie vom Aufruf für eine Jungsteinzeit-Vorabendserie hörte. Und als sie nach mehreren Castingrunden die Nachricht erhielt, dass sie mitmachen darf, ist sie fast euphorisch geworden. Nun ist sie seit zwei Wochen im Dorf und das anfängliche Hochgefühl hat sich merklich verflüchtigt. Ihre spirituellen Einfälle, genährt durch die Exkurse über Naturreligion im Trainingscamp, erfreuen nicht alle. Alles für die Galerie, sagt Andreas. Die Nahrungsbeschaffung hat Ines sich auch einfacher vorgestellt. Ob das Experiment gelingt, wenn es schon nach einigen Tagen so losgeht? Ines ist nachdenklich geworden.

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Eine weitere Familie

Nennen wir ihn Ralf. Er ist 40, eine beständige Arbeitsbiene. Er kann sich unterordnen, das hat sein Leben immer bestimmt. Besser einmal mehr wegschauen als aufzumucken, sagt er sich. Er hat Kurzarbeit und zeitweilige Lohnkürzungen in Kauf genommen, um seinen Job zu behalten. Er ist ein HobbyMann und sein Steckenpferd sind die Ureinwohner Nordamerikas: Indianer spielen, richtig organisiert mit Tippis, Lagerfeuer und Kostümen, da blüht er auf. Seine Frau Ursula, etwas jünger und der 12-jährige Sohn Kevin sind da auch mit Feuer und Flamme dabei. Radebeul, Karl May-Museum, keine Frage, man war mehr als einmal dort. Im Urlaub waren sie im Harz gewesen. Pullmann City hieß das Gelände, wo die ein richtiges Wilder Westen-Städtchen hingebaut haben. Dolle Sache. Und jetzt: Leben im Jungsteinzeitdorf. Endlich mal richtig raus aus der Zivilisation, nicht nur am Wochenende. Das wird was, davon wird Ralf bestimmt noch seinen Enkeln erzählen.

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Zwei Reisende

Es könnten Sportstudenten sein, sie sind ein Paar. Mark und Nicole, beide 23, wissen,

was

sportlicher

High-Tech

ist.

Leichtathletikschuhe

mit

Spikes,

körperenge Laufanzüge, Outdoor-Schuhe von Meindl und Fleece-Pullover für 150 Euro - all diese Dinge sind ihnen geläufig. Zu den Sportstudenten, die jede Strecke außerhalb der Trainingseinheiten mit dem Auto hinter sich bringen, gehören sie jedoch nicht. Klettern in den Felsen ihrer Heimat, Wandern auf Korsika und wochenendliche Radtouren gehören zu ihren Aktivitäten. In der Natur fühlen sie sich geborgen, sagen sie. Naturfetischisten sind sie deswegen jedoch nicht. Mit Bastklamotten, Lederschuhen und unkomfortablen Kraxen losziehen, das ist doch mal was anderes. Als zwei aus dem Dorf für die gefährliche und langwierige Reise über die Alpen gesucht wurden, haben sie spontan Ja gesagt. Jeweils mit 15 Kilo Keramik im Gepäck als Tauschgut für Steinäxte sind sie seit zwei Wochen unterwegs. Zu Beginn ging es ja noch, aber nun regnet es seit zwei Tagen und beide haben Blasen an den Füßen.

Junger Mann

Carsten, 18, ist vom Dorf. Er hat die Schule mit der 10. Klasse abgeschlossen und ist nun auf der Suche nach einem praktischen Beruf. Carstens Ausdrucksweise hat Tobias gleich zu beginn mit einem schrägen Blick kommentiert. Was für ein Haufen, dachte sich Carsten mit Blick auf Ines und Eva. Mit Rolf und Andreas kommt er schon besser klar, die reden wenigstens frei heraus und schmücken nicht jeden Satz unnötig aus. Er hört gerne härtere Musik. „The Prodigy“ darf es schon sein. „Rammstein“? Aber sicher doch. Schnell hat sich Carsten seinen Platz im Dorfleben dadurch erkämpft, dass er beim Pfahlhausbau sich geschickt anstellt.

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Entwicklungslinien der Folgen Beispiele/Entw端rfe 19


Von der Gegenwart in die Steinzeit Ein letzter Blick auf die ungespülten WG-Tassen: draußen der Schlosspark. Barocker Bau, da wussten sie schon, was Luxus und Lebensart heißt, denkt Eva. Die letzte Rundmail an Freunde und Bekannte: see you later in ein paar Wochen. Der Rucksack steht im Flur, ein Gruß in die leere Wohnung und los geht’s zum Bahnhof. In der Wartehalle Gewusel, Menschen kreuz und quer, telefonierend, wartend und eilend - hektische großstädtische Betriebsamkeit.

Ines verabschiedet sich von ihrer kleinen Tochter und den Freunden, bei denen sie ihre Kleine lässt. Die Tochter will ihre Mama nicht gehen lassen. Zwar hat sie vor einiger Zeit bei der „Sendung mit der Maus“ gesehen, wie die Steinzeitmenschen ein Haus gebaut haben. Aber warum muss ihre Mama bei sowas mitmachen, kann da nicht die Maus oder der Christoph mit seinem grünen Sweat-Shirt einspringen? Ines muss lachen. Sie drückt ihre Süße nochmals fest und schnappt schnell ihre Sachen. Auf zum Bahnhof, bevor ich es mir noch anders überlege, sagt sie sich.

Mehr als 800 km südlich: die oberschwäbische Hügellandschaft, ein kleines Dörfchen. Ein SWR-Truck tuckert durch die Straße. Dorfbewohner beobachten neugierig die Kolonne. Einige Kilometer weit davon weg, ein einsames Waldgebiet, ein kleiner See: Seit Tagen sind hier die Bauarbeiten in vollem Gange, zwei Holzhäuser werden errichtet. Ohne Nägel, ohne Verstrebungen aus Eisen, nur durch geschicktes Ineinanderlegen von Holzstämmen. Das Dach wird aus dem Schilf des Sees gefertigt, die Wände aus Weidengeflecht, Birkenrinde und schließlich mit Lehm verschmiert.

Eva trifft am Konstanzer Bahnhof ein. Hier wird sie abgeholt, ihr Blick gleitet über den Bodensee. Sie

wirft ihren MP3-Player an. Im Hintergrund sieht sie die

mächtig aufragenden Alpen. Schnee wird auf Gipfeln sichtbar. Ankunft in Unteruhldingen: Gegenseitiges Taxieren, erstes Abchecken. Tobias mustert Eva, Ines Andreas. Man ist etwas befangen. Ein bisschen unsicher zunächst, dann macht sich Lachen breit. Wie kann man nur so bekloppt sein, sich auf eine solche Sache einzulassen?

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Die ersten Tage unter den Fittichen vom Steinzeitexperten Günther Schöbel und Survival-Spezialist Rüdiger Nehberg sind hart. Nehberg zeigt, wie man sich von Wurzeln und Beeren ernähren kann. Ja, die Sache mit dem Töpfern von Vorratsbehältern und Essgeschirr, gefällt Eva. So richtig Ernst nimmt Tobias das nicht. Andreas lernt, einen Feuerstein so zu schleifen, dass er als Messer einsetzbar ist. Ines ist fasziniert von den Kulten vor 5000 Jahren. Gebannt lauscht sie den Worten der Frühgeschichtler. Ein Haus, das sich die Dorfbewohner als lebendigen Organismus vorstellten, diese Vorstellung fasziniert sie.

Der Tag der Abreise zum Jungsteinzeitdorf: Die Protagonisten geben ihre Kleidung, Wertsachen, alles, was sie mit dem Heute verbindet, ab. Vom Kostümbildner erhält Eva die Kleidung einer Frau aus einem jungsteinzeitlichen Dorf. Oberteil aus Flachs, sowie eine Art lange Pumphose. Die Überraschung: die Kleidung war nicht schmucklos, das Oberteil hat eine Borte. Absoluter Luxus: ein Tierfell als Überwurf für die Herbst-und Winterzeit, ebenso ein Kamm aus Hirschgeweih. Die Haare ab oder lang lassen, damit sie im Winter wärmen können? Eva entscheidet sich für letzteres. Ein letztes Mal elektrisch rasieren, fragt

sich

Andreas.

Ines

trägt

über

ihrer

Kleidung

eine

Kette

aus

Wildschweinhauern. Das Zeichen ihrer schamanischen Würde gefällt ihr gut.

Ankunft am See: es ist ein diesiger Novembertag, die Temperatur liegt gerade mal bei 7 Grad Celsius. Raus aus dem Auto und die letzten Schritte zum Steinzeit-Dorf zu Fuß. Der Boden ist morastig. Dichter, dunkler Wald und ein kleiner Trampelpfad. Dann der kleine See, aber nicht gerade eine Badestelle. Das Ufer ist schilfig, von kleinen Erlen bewachsen. Der Zugang zum See erst noch zu erkämpfen, da es hier keinen festen Untergrund oder gar einen Sandstrand gibt. In diesen Morast hineingebaut stehen zwei Pfahlbauhäuser. Die Bodenplatten gut einen Meter über dem Grund. Eine Stiege führt jeweils hinauf. Eva, Tobias betreten langsam das eine Haus. Ganz schön dunkel hier drin, sagt Tobias.

Andreas ist um die Häuser zu den Ställen gelaufen: er schaut sich die Ziegen, Schafe und Ochsen an. Danach begibt er sich ins Werkzeug-Haus. Er prüft die Steinäxte, den Holzpflug. In einem der Wohnhäuser: Monika und Eva betrachten

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den Mahlstein, die Feuerstelle. Ines ruft die andern nach draußen. Am Waldrand sieht man die Sonne untergehen.

Eva hat ihr Bett zum ersten Mal ausprobiert. Es besteht aus isolierender Birkenrinde, Stroh und Fell - echter Steinzeitluxus. Es liegt sich gar nicht so übel, lacht sie in die Kamera.

Der Sprung ins kalte Wasser Frierend wacht Eva am nächsten Morgen auf. Neben ihr liegt Tobias, der noch schläft. Sie schlendert nach draußen. Niemand ist zu sehen. Doch da hört sie eine der Ziegen meckern. Andreas ist bereits auf den Beinen und versucht vergeblich, zu melken. Verdammt, im Pfahlbaumuseum hatte das doch noch geklappt. Nach einigen Anläufen gelingt es ihm doch und die Milch läuft, wenn auch nicht in rauen Mengen.

Eva fängt an, das Feuer zu machen. Zunder, Feuerstein und Brennmaterial liegen bereit. Die Feuerstelle ist mit Lehm aufbereitet, sodass der Holzunterbau nicht Feuer fängt. Erster Versuch: misslungen. Der zweite auch; weitere Versuche, den zündenden Funken zu erzeugen, scheitern ebenfalls. Wo bleibt nur Andreas? Vielleicht kann der das besser?

Währenddessen ist Ines damit beschäftigt, Wasser zu holen. Ihre Schuhe aus Leder sacken in den morastigen Untergrund ein. Zurück stellt Ines keuchend die beiden Fünflitereimer aus geschnitztem Holz ab. Morgentoilette à la Steinzeit. Mit einem Holzstäbchen kratzt Eva ihre Zähne ab. Für das Bekämpfen des Mundgeruchs muss der Biss in einen Apfel sorgen. Wo liegen die doch gleich, denkt sie sich.

Inzwischen hat Andreas das Feuer entfachen können. Da Tobias noch immer im Bett liegt, raunzt Andreas ihn an. Er könne ruhig seinen Hintern in Gang setzen. Schließlich sei hier noch einiges zu tun, bevor es Frühstück geben könne. Murrend erhebt sich Tobias und fängt an, weiteres Holz heranzukarren. Schließlich sitzen alle beieinander, dicht ums Feuer gedrängt. Es gibt Milch und 22


Getreidekörner aus den Vorratstöpfen. Nicht gerade üppig, aber es macht doch satt.

Nach dem Frühstück gehen Andreas und Tobias mit den Steinäxten nach draußen. Sie müssen Holz schlagen, die Vorräte sind zu schmal, als dass man sich ausruhen könnte. Tobias ist nicht so begeistert davon, wollte er doch mal den unten liegenden Einbaum auf dem See testen. Andreas sucht sich einige trockene, fast abgestorbene Bäume aus. Die andern sind zu feucht als Brennholz, erklärt er Tobias.

Als sie zurückkommen, ist das Feuer ausgegangen. Eva, die sich gerade um das Füttern der Haustiere kümmert, hat davon nichts bemerkt. Und wo ist Ines? Sie hat sich eine Auszeit genommen und schlendert um den See. Es dauert wieder zwei Stunden, um das Feuer einigermaßen in Gang zu bringen. Bis das Essen zubereitet ist, ist es fast Abend. Einzige Lichtquelle ist das Feuer und ein paar kleine Lampen, die mit Tierfett gefüllt sind. Wieder gibt es Milch und Getreide. Unsere Dorfbewohner sind hundemüde, sie würden es jetzt keine fünf Minuten mehr wach vor dem TV aushalten. Aber wer redet hier von Fernsehen?

Eva fällt total abgekämpft in ihr Bett. Was hat sie nur so fertig gemacht? Sie fühlt sich, als ob sie Bäume ausgerissen hätte.

Die Ordnung der Dinge Die Dorfbewohner sind unzufrieden. Es sind schon zwei Tage seit ihrer Ankunft vergangen und alles läuft noch immer chaotisch und unorganisiert ab. Wie sollen sie es nur schaffen, alles unter einen Hut zu bekommen? Das Feld muss gepflügt werden, damit der Winter-Getreidesamen eingepflanzt werden kann. Es muss weiteres Holz fürs Feuer sowie für den Bau des dritten Hauses geschlagen werden. Doch wie soll all das funktionieren, wenn sie bereits daran scheitern, die Tiere zu melken und Futtervorrat für sie anzulegen? Theoretisch ist jedem klar, was zu tun ist, doch am Ende des Tages ist das meiste liegen geblieben. Ralf schlägt vor, einen Stammeschef zu ernennen. Eva und Ines pflichten ihm bei, Tobias ist anderer Meinung: geht es nicht auch ohne dieses Hierarchie-Ding? 23


Andreas erklärt, dass man davon abkommen müsse, dass jeder alles und im Ergebnis gar nichts mache. Seiner Meinung müssten die Rollen im Dorf verteilt werden, damit man mit den vorhandenen Werkzeugen und Hilfen es auch schaffe, den täglichen Bedarf zu decken. Ursula pflichtet bei. Bei einer Enthaltung (Tobias) wird Andreas gewählt. Ob es dadurch besser wird, wird sich zeigen, knurrt Tobias.

Steinzeitküche

Weder die gesammelten Vorräte aus Haselnüssen noch die Breie aus Emmer und Einkorn allein erfreuen die Dorfbewohner. Außerdem: Wie sollen sie dadurch die Kraft bekommen, um den Pfahlbau voranzutreiben, fragt sich Andreas. Milch geben die Ziegen nicht mehr, ihre Laktationsphase ist vorbei. Was tun?

Fischer Tobias muss seinen Beitrag leisten. Mehrere Stunden sitzt er nun schon im Einbaum mit seiner Angel mit Widerhaken. Doch angebissen hat bislang nichts. Die Hände werden kalt. Die feuchte Kälte des Sees kriecht immer mehr in seine Knochen. Wie lang soll dieser Mist denn dauern? Seine Laune ist auf dem Tiefpunkt.

Die anderen rücken in den Wald aus. Seit Tagen haben sie die Spuren nach Nahrung stöbernder Wildschweine beobachtet. Doch ihr Plan, die Wildschweine 24


aufzustöbern und in eine Falle zu locken, lässt sich nicht umsetzen. Nach mehreren Tagen bricht die Dorfgemeinschaft das Unterfangen ab.

Auch Tobias kann von keinem Erfolg berichten. Ein Streit entbrennt, ob man eine Ziege schlachten soll. Ist sie als Milchtier zu wertvoll? Andreas spricht ein Machtwort: er schickt die Frauen Beeren und Wurzeln sammeln. Doch dann finden die Männer ein von Wölfen frisch gerissenes Reh. Diese Art der Nahrungsbeschaffung geschah in der Steinzeit desöfteren. Sie hatte den Vorteil, dass die Tiere nicht aufwendig und langwierig gejagt werden mussten. Der Nachteil: es ist eben Zufall und lässt sich nicht planen. Unseren Dorfbewohnern ist es trotzdem recht. Endlich eine willkommene Abwechslung auf dem Speiseplan.

Projekt Pfahlbauhaus Andreas trommelt die Dorfgemeinschaft zusammen. Sich im Trainingscamp über Pfahlbau belehren lassen und auch mal eine Steinaxt schwingen, ist eine Sache; eine andere ist es aber, den „Ernstfall“ bestehen zu müssen. Um den Pfahlbau so effektiv wie möglich zu betreiben, gilt es die Kräfte der Männer zu bündeln. Andreas, Ralf sowie Mark schlagen Holz im angrenzenden Wald. Soweit Kevin und Paul dabei helfen können, packen sie mit an. Das Arbeiten mit den Steinäxten ist gewohnungsbedürftig, doch so lange, wie sie sich es vorgestellt hatten, dauert es gar nicht, einen Baum zu fällen. Kevin und Paul schleppen Weiden und Flechten herbei, die sie mit ihrem Feuersteindolch schneiden. Auch die kleinen Männer helfen mit, während die Frauen das Mahlen von Getreide betreiben. Mit einem Mahlstein als Unterlage, einem weiteren kleinen Stein, der als Mahlwerkzeug benutzt wird, rollen sie wieder und wieder über das Getreide, bis nur noch Mehl übrig bleibt.

Auf Ötzis Spuren: Zu zweit über die Alpen Die Dorfbewohner haben in ihrem Handwerkszeug nur drei Messer gefunden. Aus der Schulung im Pfahlbaumuseum wissen sie, dass die Messer nach wenigen Wochen voraussichtlich kaputt sein werden. Sie beschließen, eine 25


Delegation in die Alpen zu schicken, um dort Silex (Feuerstein) einzutauschen. Mark und Nicole haben sich bereit erklärt, diesen Auftrag zu übernehmen. Doch zunächst braucht das Dorf eine Ware. Es wird beschlossen, dass die Gemeinschaft in den nächsten Tagen nur noch Keramik produziert, um die beiden Händler so schnell wie möglich auf die Reise zu schicken, von der nur eines klar ist: Sie wird vier bis sechs Wochen dauern. Eva ist in ihrem Element. Während die Männer einen Backofen aus Lehm bauen, bereitet sie Lehmschalen, Töpfe und Krüge vor. Der Ton wird gebrannt. Einige Stunden bangen Wartens, bis der Ofen erkaltet ist. Dann dürfen Paul und Kevin reinklettern. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Eva strahlt. Am Abend ruft Ines die Dorfgemeinschaft zusammen. Sie hat sich im Vorbereitungscamp im Pfahlbaumuseum Unteruhldingen besonders für die Naturreligion der Steinzeit interessiert. Um ein großes Lagerfeuer stehend, bittet sie die Götter der Erde, des Wassers und des Mondes, die beiden auf ihrer gefährlichen Reise zu beschützen. Andreas macht zwar mit, findet das jedoch ein wenig übertrieben. Am nächsten Morgen: Mark und Nicole sind mit allem ausgestattet, was sie brauchen. Abschied: Eva und Caroline ist es ganz schön lau im Magen.

Wellness in der Steinzeit Keine Toilette, nur eine Grube einige hundert Meter im Wald. Die Kleidung fängt an zu stinken. Die Dorfbewohner haben Probleme, ihre Empfindungen auf das Niveau der Jungsteinzeit zu drosseln. Ines weiß, dass man auch mit den Mitteln der Jungsteinzeit Abhilfe schaffen kann. Die Dorfbewohner entscheiden sich, Seife herzustellen. Asche haben sie, das nötige Tierfett ist auch da. Über Stunden kocht Ines das Fett ein. Schöpft ab und kocht wieder ein, bis am Ende so etwas wie Seife entsteht. Au weia, sagen Caroline und Eva, was für eine Brühe. Es riecht tatsächlich nach Seife, freut sich Ines. Die Dorfbewohner waren erfindungsreich: Sie haben ein Loch gegraben und den Boden mit Leder ausgelegt. Tobias schüttet Wasser hinein. Hält das Leder das Wasser? Es sieht ganz so aus. Steine werden im Feuer erhitzt und in die „Badewanne“ gekippt. Tobias ist der erste, der das Luxusbad ausprobiert. Schön 26


warm, lachend reibt er sich mit der Seife ein. Nur Kopf und Füße schauen noch oben raus. Die Krönung der jungsteinzeitlichen Wellness ist das Bauen einer Schwitzhütte. Sauna à la Steinzeit: Eine kleine, enge Hütte wird mit Leder und Fellen so dicht gemacht, dass sich mehrere hineinkauern können. Jeder nimmt einen im Feuer erhitzten Stein mit hinein und schon braucht es keinen Aufguss mehr.

Weitere Folgen:

Besuch aus dem Norden Die Dorfbewohner erfahren, dass demnächst ein Händler durchziehen wird. Er wird das ersehnte Salz und damit eine Verfeinerung des Speiseplans bringen. Doch erst muss ein Überschuss zum Tausch produziert werden. Tobias erhält den Auftrag, soviel Fische wie möglich zu fangen und zu räuchern.

Ein Festtag

Ein Nachbarstamm kommt auf Besuch. Was lassen sich unsere Dorfbewohner einfallen? Zur Feier schlachten sie einen Ochsen. Ein Zeichen größter Wertschätzung für die Besucher. Es wird Honigbier gebraut. Das Eintreffen der 27


Fremden wird mit Spannung erwartet. Was können unsere Dorfbewohner noch tun, um den festlichen Anlass auszuschmücken? Sie wissen, dass sich Jungsteinzeit-Menschen auch tätowierten. Eva stellt Ton-Stempel her. Mit Hilfe von Asche und Farbe „tätowieren“ sich die anderen. Was für Motive werden sie wählen? In der Jungsteinzeit hatten die Menschen große Achtung vor der Stärke und Kraft der Tierwelt. Werden sie sich die Schlangen, die Wölfe oder die Fische nennen? Wird es ein schöner Tag, mit Spielen und Feiern und Singen am großen lodernden Feuer? Eine Auszeit vom Jungsteinzeit-Arbeitsalltag?

Romeo und Julia in der Jungsteinzeit Caroline hat ein Auge auf Tobias geworfen. Doch der turtelt lieber mit Eva. Wie die immer beim Wasserholen vor ihm herschwänzelt, denkt Caroline. Und dann auch das intellektuelle Gelaber von Eva! Am schlimmsten ist aber, dass Tobias da auch noch drauf abfährt. Als er sich vor kurzem den Rücken verrenkt hatte, durfte ihn Eva mit so einem Mittelchen von Ines einschmieren. Da sind der doch glatt die Augen rausgefallen!

Generationenkonflikt Sie mögen noch so unterschiedlich sein. Aber in einem Punkt sind sich die Jugendlichen Carsten, Eva, Caroline und Tobias einig. Die Alten, wie sie sie nennen, nerven manchmal ganz schön. Das ewige Rumgenöle, nur weil Tobias oder Eva etwas zu erledigen vergessen haben. Ziemlich uncool finden sie das und als sie sich gegenüber Andreas zusammentun, ist die große Überraschung für alle im Dorf, dass ausgerechnet Ines sich auf Andreas` Seite schlägt.

Die geraubte Braut Unsere Recherchen haben ergeben, dass es das jungsteinzeitliche Phänomen der „fremden Frau“ gab. Keramikfunde belegen, dass fremdes Know-how aus ansonsten homogener Keramikkultur heraussticht. Die Erklärung: Um dem Inzest vorzubeugen, wurden Frauen aus Nachbardörfern geraubt. Wir wollen diesen Sachverhalt nutzen, um eine weitere Protagonisten einzuführen. 28


Vielleicht stößt sie zusammen mit Marc und Nicole zum Dorf, deren Mission erfolgreich war. Besonders Carsten interessiert sich für die Neue, die einen Hund bei sich hat. Endlich hat das Dorf einen Wachhund und die Kleinen ein Tier zum Spielen.

Zurück in der Gegenwart Rückkehr ins Jetzt: Zwischenstopp in Hotels. Nach 12 Wochen Steinzeit bleibt in der Duschwanne ein brauner Bodensatz übrig. Und an den Füßen Hornhaut vom Barfußlaufen. Das Schönste: das erste Stück Schokolade. Welche Wonnen! Die ersten ziehen Bilanz: Andreas ist froh, wieder am Computer sitzen zu können, während die Tischler und der Polier auf der Baustelle rackern. Monika freut sich, dass sie nun wieder mehr Mitspracherecht hat. Eva will ihr Kunststudium abbrechen und eine Lehre als Restauratorin beginnen. Tobias ist von seinen romantischen Vorstellungen über die Steinzeit geheilt. Er freut sich auf ein Leben im 21. Jahrhundert und als er seine Eltern wiedersieht, tut ihm das überraschend gut. Vier Wochen später treffen die Zeitreisenden in einer Gesprächsrunde aufeinander und blicken gemeinsam zurück auf ihr Abenteuer.

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