Bayern 2-magazin
Grenzenlos hören. Gesamtgesellschaft Glaubenskrise, Flüchtlingsstrom, Internet-Überwachung: Wie wollen wir leben?
S U P E RM U SIK Heimatsound rockt das Oberammergauer Passionstheater
V OLLW I SSEN Warum kom men Dalmatiner ohne Punkte zur Welt?
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Bayern 2 – preisgekröntes Radio Friedrich Vogel-Preis für Wirtschaftsjournalismus 2013 Wilhelm Freiherr von Pechmann-Preis 2013 Deutsch-amerikanischer Medienpreis 2014 Amigo de España 2013
Axel-Springer-Preis für junge Journalisten 2013
Journalistenpreis »unendlich viel Energie« 2013
Juliane Bartel Medienpreis 2013 2 Dr. Georg Schreiber-Medienpreis 2013
Deutscher Hörbuchpreis 2014 KAUSA-Medienpreis 2013
Otto Brenner Preis 2014 Feature-Preis Bremer Hörkino 2013
Columbus Radio-Preis 2013
Ernst-Schneider-Preis 2013 Publizistikpreis Senioren 2014 Juliane Bartel Medienpreis 2013 Prix Europa 2012
Hörspiel des Jahres 2012
Grimme Online Award 2012 Medienpreis Mittelstand 2013 Journalistenpreis Informatik 2013
Hermann-Schulze-Delitzsch-Preis 2013
»Ist ›Aussteigen‹ eine Alternative?«
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» Wie wollen wir leben? « 2
Liebe Bayern 2-Hörerinnen und -Hörer, liebe Leserinnen und Leser, das Motto, unter das wir diese vierte Ausgabe unserer gedruckten und bebilderten Bayern 2-»Nachlese« gestellt haben, muss natürlich differenzierter betrachtet werden, als das diese Überschrift nahelegt. Wer ist schon »wir«? Angesichts der Vielfalt individueller Lebensentwürfe, der Hoffnungen, der Träume so vieler unterschiedlicher Menschen hierzulande und überall sonst auf der Welt ließen sich zahllose Radiosendungen, Filme, Aufsätze, ja ganze Romane oder soziologische Abhandlungen verfassen oder produzieren. Wir Radioleute, die wir uns tagtäglich in der Kunst der Reduktion aufs Wesentliche und Verständliche üben (müssen), haben wie immer eine Auswahl getroffen, die nicht repräsentativ, dafür aber umso unterhaltsamer und interessanter ist – eben so wie das Radioprogramm, aus dem diese Auswahl entstanden ist.
Dabei bedienen wir uns vordergründig zweier Medien, die in den Visionen vieler Zukunfts- und Trendforscher, die unser Leben in einer digitalisierten Welt vorhersagen, kaum mehr eine Rolle zu spielen scheinen: des guten alten Hörfunks und des auf Papier gedruckten Wortes. Aber bei genauem Hinsehen und Hinhören wird deutlich, dass auch diese beiden Medien längst Teil dieser Welt geworden sind. Radio wird auf Rechnern aufgenommen, geschnitten, gemischt und am Ende in einer technischen Qualität gesendet, die man sich vor zwanzig, dreißig Jahren gar nicht hat vorstellen können. Auch das gedruckte Wort, das auf den Laptops der Autoren geschrieben, dann von Computergrafikern illustriert und dann in den von Rechnern gesteuerten Druck geht, kommt nicht mehr aus ohne diese digitalen Hilfsmittel, die uns – so gesehen – das Leben erleichtern und oft genug verschönern.
Ed itor ial
Dass die allgegenwärtige Digitalisierung auch eine Kehrseite hat, die den Menschen Angst macht, ist inzwischen mehr als deutlich. Natürlich wollen »wir« nicht ein Leben leben, das von Superrechnern kommerzieller und staatlicher Institutionen detailliert durchleuchtet, abgespeichert und bei Bedarf abgerufen und ausgewertet wird. Aber können wir uns dagegen wehren, ohne auf die Segnungen derselben Technik verzichten zu müssen? Ist »Aussteigen« eine Alternative? Einzelne haben das seit jeher getan und werden auch künftig gegen den Strom schwimmen. Eine Massenbewegung ist freilich nie daraus geworden. Im Gegenteil: Die sogenannten »social media«, in denen sich Menschen digital vernetzen, sich öffentlich präsentieren und ihr eigenes und das Leben anderer kommentieren, haben weitgehend ungebremsten Zulauf. Allerdings nur so lange, wie es Zensurbehörden oder Online-Anbietern passt, die dem freien Spiel der Worte und Bilder im weltweiten Internet aus politischem oder kommerziellem Interesse heraus oftmals enge Grenzen setzen. Manchmal zu Recht, weil »Shitstorms« und radikale Parolen jede Menschenwürde missachten. Oft aber auch zu Unrecht, wenn autoritäre Regime die Tweets und FacebookSeiten von Menschenrechtsaktivisten blockieren oder löschen. Sollte an dieser Stelle nicht eine neue Lust am Politisieren wachsen? Ihr Fehlen jedenfalls beklagt der streitbare Autor und Bayern 2-Redakteur
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Heiner Müller in einem bemerkenswerten Essay, den Sie auf den folgenden Seiten lesen können. Es war dies seine letzte große Sendung für den Bayerischen Rundfunk. Im Herbst 2014 ging er nach über 40 Jahren aus dem Radio in den Ruhestand. Die Frage »wie wir leben wollen« ist übrigens nur ein Schwerpunkt in diesem Heft, das außerdem die ganze »grenzenlose« Themenvielfalt widerspiegelt, die das Programm Bayern 2 tagtäglich für Sie bereithält und zu Gehör bringt. Deshalb wünsche ich Ihnen nicht nur viel Spaß beim Lesen, sondern vor allem auch beim Zuhören!
Wolfgang Aigner, Programmchef
Editor ial
02 Ed it o r ia l
Ü BERB AYERN
G E S AM Tgesel l sc ha f t
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S m arte n eu e Welt
Ober und unter – ein Bayerisches Traum paar
12 H a lt ein , Du Tr ä u mer
16 Ö k o-sc h wein e u n d Welten r et t er
18 Ge s u n d h eit is t n ic h t a lles
20 » E s h at sic h ein e ga n z n eue W elt a u f geta n «
SU PERMU SIK
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» D a s Mee r töt et d ic h s o f o rt, e s i s t b e s s er d o rt z u st er ben«
The History Of Rock ’n’ Rol l
42 He im atsound – neue Musik au s Bayern und dem Alpenraum In h alt
VOLLwissen
56 Das Absolute Gehör
60 S P IT Z E NKULT UR
HÄH? – NACHGEFRAGT
46 V iels t immiges G r o SS s ta d tp o em – » Me i s ter u n d Ma r ga r ita« a l s 1 2-teiliges Hö r sp iel
63 Kulturpartner
51 Wa s b leib t vo m »Fa ll G u r litt «?
64 Moderatorinnen und Moderatoren
66 Program m schem a
68 Se rvice und Im pressum
In h alt
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gesamtgesellsch aft
Gesamtgesellschaft
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Sma rte neue W elt — 08 Ha lt ein, Du Träum er — 12 Ö k o -sc h wein e und W eltenretter — 16 G es u n d h eit ist nicht alles — 18 »E s h at s ic h ein e ganz neue W elt aufge tan« — 20 »Da s Meer tötet dich sofort, es is t b es s er dort zu sterben« — 24
Smarte neue Welt? War um B ig D ata ei n M i l l i a r d e n ge s c h ä f t wi r d – un d wa r u m d a s ne b e n v i e l e n C h a n c e n au ch R i si k e n b i r g t.
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V on Ma r k u s Kö b n ik
Es sind längst nicht nur Geheimdienste wie die NSA, die sich brennend für uns interessieren. Die Gefahr des allwissenden Big Brothers aus George Orwells Buch »1984« – sie kommt nicht nur von staatlicher Seite. Unsere Privatsphäre scheint immer weniger unsere Privatangelegenheit zu werden. Die umfassende Überwachung, sie ist die Schattenseite der smarten neuen Welt. Viele Menschen wünschen sich hier mehr Klarheit. Und das zu Recht. Na, wie geht es Ihnen gerade? Genau in diesem Moment? Vielleicht müssen Sie jetzt kurz überlegen und im Kopf erst einmal für sich sortieren, was heute schon los war. Ob Ihr Laptop gerade abgestürzt ist, wie es Ihren Blutwerten geht oder ob Sie immer noch stinksauer sind, weil das Meeting wieder so fad war wie immer und Ihre Chefs keine Entscheidungspower haben. Na, schon eine Antwort gefunden? Dauert noch? Gut. Das wäre auch schneller gegangen. Vielleicht weiß es längst ein Fremder am anderen Ende der Leitung. Mithilfe eines kleinen weißen Kästchens, das der schwedische Unternehmer Ants Maran entwickelt hat. Seit 2013 arbeitet er daran, Emotionen und Gemütszustände des Menschen zu vermessen und möglichst exakt zu berechnen. Jeder, der das Gerät von Marans Firma eng am Körper trägt, ist damit in
der Lage, die eigene Verfasstheit ziemlich genau zu bestimmen, weil Sensoren die Vibrationen des Körpers permanent messen. Die so gewonnenen Werte werden in einer Datenbank gespeichert, um daraus dann Rückschlüsse auf die aktuelle Stimmung zu ziehen. Egal ob Gelassenheit oder Depression: Die Analyse besorgt ein Datenstrom. Für was das gut sein soll? Zum Beispiel für das Gesundheitssystem. Mit der richtigen Fülle an personalisierten Daten wird es bald ein Leichtes sein, Krankheiten früher zu erkennen, perfekte Therapieformen zu finden sowie Körper und Geist zielgerichtet zu behandeln. Leider kann man mit diesen Daten auch Krankenversicherungen zielgerichtet berechnen. Das »Internet der Dinge« – ein Milliardengeschäft Die Vermessung des Menschen und der Welt – sie ist in vollem Gange und sie wird unser Leben in den nächsten Jahren stark verändern. Vor allem Sensoren spielen bei diesem Prozess eine entscheidende Rolle. Denn sie sind in jedem denkbaren Bereich einsetzbar: direkt am Körper, so wie beim Gerät von Ants Maran, oder eingebaut in schicken Armbändern, Uhren und Brillen, aber auch in Mülleimern, Thermostaten, Kühlschränken oder Autos. Kleinste vernetzte Bauteile erheben dort alle Daten, derer sie habhaft werden können, und senden sie selbstständig zu Computern, die ihre Schlüsse daraus ziehen. »Internet der Dinge« wird diese Technik genannt. Sie ist gekommen, um zu bleiben. Denn diese Technik wird ein Milliardengeschäft. Das Marktforschungsinstitut ABI Research geht davon aus, dass heute bereits zehn Milliarden Geräte in der Lage sind, miteinander zu kommunizieren. Aktuellen Schätzungen zufolge wird es in 20 Jahren eine
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I n w e l ch en B er eic h en soll der DEUTSCH E Staat i m I n t er n et stä r ke r eingrei fen? ( Mehrfachnennunge n m ög l ic h ) V or b eu ge n d e G efa h renabwehr z . B. b ei Ter r o r gefahr V e r b r a u c h er s c h u tz A ufk lä r u n g u n d V erfolgung v on St r a ftaten D aten sc h u tz S p eic h er u n g vo n In ternet- Verbindungsd aten fü r p o liz eiliche Zwecke
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Ü b erwa c h u n g vo n Nachrichten u nd G es p r ä c h en fü r polizeiliche Zwecke
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Aussa gen zum E i n g ri ff des S ta ates i n I n te rn e ti nh alt e Que lle : http://de .s ta ti s ta .c o m /s ta ti s ti k /da te n/s tudi e /224906/ u mf ra g e / a us s a g e n- z um - e i ng r i ff- de s - s ta a te s - i m - i nte r ne t/
Billion vernetzte Sensoren auf der Welt geben. Das sind schwindelerregende eintausend Milliarden. Genug Sensoren, um all unsere Lebensbereiche wie ein Spinnennetz miteinander kurzzuschließen. Allen voran unsere Großstädte, die ständig wachsen. Monaco, Barcelona oder Hamburg wandeln sich nach und nach zu »Smart Cities«. Die schlaue Stadt setzt auf Sensoren, um zum Beispiel nervige Staus zur Rushhour zu vermeiden. An den richtigen Stellen angebracht, können die vernetzten Messgeräte die aktuellen Informationen über die Verkehrslage an Rechenzentralen funken, die dann die bestmöglichen Umleitungen auf die Navigationsgeräte und Smartphones beamen. Der neue Staumelder wird kein Radiohörer am Telefon sein, er wird virtuell und sehr zuverlässig. Aber diese Technik kann noch viel mehr: Erst wenn Messgeräte feststellen, dass bestimmte öffentliche Mülleimer wirklich voll sind, soll die Müllbeseitigung ausrücken, vorher nicht.
Klar, dass auch ein »Lebenskonzern« und Global Player wie Google dabei ist, wenn die digitale Revolution sich nach und nach auf unseren gesamten Lebensraum ausweitet. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley hat im Frühjahr 2014 für 3,2 Milliarden Dollar Nest Labs gekauft, einen Hersteller für intelligente Rauchmelder und Thermostate. Diese schick designten Geräte im »Smart Home« lernen, welche Temperatur in welchem Raum gewünscht wird und wann die Heizungen aus bleiben können, wenn gerade keiner zu Hause ist. Der weißrussische Publizist und Netzkritiker Evgeny Morozov sieht diese massive Ausweitung der Konzerne mit großer Sorge. Er prophezeit, dass Google in ein paar Jahren in jedem möglichen Geschäftsfeld aktiv sein wird. In Banken etwa oder der Versicherungs-Branche. Die Macht der Daten ist für ihn nachhaltiger als jede noch so große Rücklage im Geschäftsbericht eines Dax-Unternehmens.
Nut zu n gs d a uer von Web- 2.0- Anw endunge n 2014 (zu min d es t 1 x wöchentlich, in %) Wik ip ed ia
so z ia le Net z werke und Com m unitys ( netto)
Vid eo p o rta le ( z. B. YouTube)
10 Fo t o Co mmu nitys/ - Sam m lunge n
Web b lo gs
Tw itt er
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Effizienz wird das Zauberwort der Zukunft sein. Und effizient ist in erster Linie das, was Geld und Arbeitszeit spart. Das gilt für die chronisch knappen Kassen von Kommunen genauso wie für den eigenen Geldbeutel. Bestimmte Autoversicherungen bieten heute schon einen Service an, der passgenau auf den einzelnen Fahrer zugeschnitten ist. Eine Blackbox im Auto verrät der Versicherung, wann das Fahrzeug bewegt wird, welche Strecken man zurücklegt und ob man eher defensiv oder mutig fährt. Je nach Datenlage ist dann der passende Tarif fällig. Ein Vorteil für alle, die viel auf Landstraßen und bei Tageslicht fahren. Hier passieren die wenigsten Unfälle, die Tarife werden entsprechend niedriger.
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Der Spion, der uns liebt
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B asis: Deu tsch sprec hende Onlinenutz er ab 1 4 Jahren ( 2014: n=1 434) Q u elle: ARD/ZDF -Onlines tudie 2014
Bereits im Jahr 2011 erklärte das Weltwirtschaftsforum in Davos personenbezogene Daten zum »Öl der Gegenwart«. Und der Hunger nach immer genaueren Datensätzen, nach »Big Data«, lässt nicht nach. Auch Unternehmen wie Bosch, IBM, Facebook und Google sind dabei, ihre Geschäftsfelder enorm auszuweiten, mit dem Ziel, noch mehr Daten zu speichern. Ein intelligenter Rauchmelder von Google wird nicht nur erkennen, ob es gerade in der Küche brennt, sondern auch, wann wir kochen und welche Gerichte wir zubereiten. Wir müssen also gar nicht mehr am Computer sitzen, um uns zu verraten: Der Spion, der uns liebt, er sitzt mit uns am Abendbrottisch, mitten unter uns, er wird unser stiller Untermieter. Der US-amerikanische Schriftsteller Dave Eggers hat das in einer ganz unscheinbar und sanft daherkommenden Anti-Google-Dystopie so beschrieben: »The Circle is completed!« es gibt keine Exit-Strategie, die
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Ab r uf vo n Audi odatei en i m INternet 2014 (z u min d es t gelegentlich, in %)
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Ra d io p r ogram m e live im Internet
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Mu s ik d ateien
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a n d er e Audiodateien Au d io s von Radiosendiunge n, z eit ver s etzt
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St r ea mingdienste
Mu s ik p o rtale
Au d io p o Dcast
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Ba s is : D e uts c h s pr e c he nde O nl i ne nutz e r a b 14 J a hr e n ( n=1 4 3 4 ). Que lle : ARD /ZDF - O nl i ne s tudi e 2014
großen Monopolisten haben nicht nur kleinere Firmen aufgefressen, sie sind so vermessen, die ganze Menschheit mit Daten und Drähten zu fesseln – natürlich schillert das Spinnennetz, das uns umgibt, in den allerfreundlichsten Google-Farben. Die Politik steht dieser Entwicklung weitestgehend machtlos gegenüber – und unwissend dazu. Vor allem, weil vielen Volksvertretern die Hintergründe und Zusammenhänge nicht klar sind. Was fehlt, ist eine starke Lobby für die Netzdemokraten, wie sie der Interneterklärer Sascha Lobo auf dem »re:publica«-Kongress im Frühjahr 2014 gefordert hat. Er prangert an, dass etwa der Landesbund für Vogelschutz in Bayern mehr Spendengelder zur Verfügung hat, um seine Interessen zu vertreten, als alle Vereine und Organisationen der aufgeklärten Internet-User hierzulande zusammen. Ohne die ernsthafte Bereitschaft, die eigenen Anliegen auch monetär und in einem professionellen Rahmen zu unterstützen, wird die Netzpolitik noch lange eine Sache für Nerds bleiben. Obwohl die Folgen der Überwachung alle Menschen in diesem Land betreffen.
dass ihre Grundrechte mit Füßen getreten werden. Nach den Enthüllungen von Edward Snowden wurden quer durch das Land immer wieder Cryptopartys veranstaltet. Neugierige können hier praktisch lernen, wie man seine E-Mails verschlüsselt. Der Erlanger Student Sebastian Hahn, nach Angela Merkel das zweite namentlich bekannte deutsche Opfer der NSA, hält weiterhin am Tor-Projekt fest, einer Technik, die es einem erlaubt, sich nahezu unerkannt durch das Netz zu bewegen. Aram Bartholl, Künstler aus Berlin, geht mit einer Nähmaschine gegen Überwachung vor: In Workshops können sich Interessierte tragbare Funklöcher nähen, kleine Handytaschen aus einem speziellen Abschirm-Vlies. Das Material wird angeblich auch in Hotels aufgespannt, wenn sich Barack Obama auf einer Auslandsreise befindet. Wer heute mit Kreativität und Aktionen gegen Überwachung und Datensammelwut aktiv wird, der macht das nicht aus Angst vor dem Internet, sondern weil er es verteidigen will. Als einen Ort, der unser Leben effizienter, schneller und natürlich auch globaler gemacht hat. Als ein Tool, das Wissen auch in die entlegensten Winkel der Erde pumpt und dort für Fortschritt, Aufklärung und Überleben sorgen kann. Dafür brauchen wir aber Spielregeln, die uns Menschen schützen und unsere Daten: Sie dürfen nicht Zocker-Material und im wahrsten Sinn des Wortes Risiko-Kapital großer Konzerne werden.
Es gilt, das Internet zu verteidigen Bedenken tragendes altes Europa, wir haben für Dich auch gute Nachrichten: Es gibt erfolgreiche Strategien und kreative Ansätze gegen Überwachung. NetzAktivisten teilen ihr Wissen mit interessierten Menschen, die sich nicht damit zufriedengeben wollen,
Der Zündfunk, das Bayern 2-Szenemagazin, blickt auf Trends i n P o l i t i k , G e s e l l s c h a f t, K u lt u r , M e d i e n u n d M u s i k u n d a n a ly s i e rt m i t k l a r e r M e i n u n g u n d k r i t i s c h e r D i s ta n z . J ä h rli c h v e ra n s ta lte t d i e R e d a kti on » # z f4 2 – De r Zü n d f u n k N e tz kon gre s s « .
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t l a H ein, du ! r e m u A r T gesamtgesellsch aft
In den 1960er- und 70er-Jahren wurde in Deutschland politisiert, dass sich die Stammtische bogen. Heute jedoch, wo so viele dramatische Probleme anstehen, wird über Politik kaum mehr diskutiert. Haben die viel zitierten Märkte schon die Oberhand in der Demokratie gewonnen? Unserem Autor scheint es dringend notwendig, die Politik wieder an die erste Stelle zu setzen. Wo ist die Lust am Politisieren geblieben?* V o n h e in e r Mü ll e r
Ein bisschen komisch ist das schon: In den 1960er- und 70er-Jahren, als es den allermeisten Leuten recht gut gegangen war, da wurde politisiert, dass die Fetzen flogen. Beim Mittagessen in der Kantine, in den Unis und Schulen, an den Stammtischen, in den Ortsverbänden der Parteien, in den Familien. Seit den 1990er-Jahren geht es vielen Leuten schlechter, weil der real existierende Kapitalismus die Gesellschaft zunehmend spaltet: in Arm und Reich. Dazu kommen existenzielle Bedrohungen wie der Klimawandel. Die politische Diskussion sollte also auf Hochtouren laufen. Doch ausgerechnet jetzt, wo der Souverän, das Volk, ernsthaft eingreifen müsste, liegt eine Stimmung von Resignation und Apathie über der Gesellschaft. Den meisten ist nicht mehr bewusst, dass Politik etwas mit ihren realen Lebensverhältnissen zu tun hat. Sich politisch einmischen? Bringt ja eh nichts! Die das sagen, sind auf die Leimruten gegangen, die Reagan und Thatcher in den 1980erJahren bestrichen hatten. »Lasst den Markt nur machen, dann wendet sich alles zum Besten. Hauptsache, Staat und Politik halten sich zurück.« Bei diesem neoliberalen Glaubenssatz läuft freilich nur für jene alles bestens, die eh schon genug haben. Protzenhaf-
ter Reichtum auf der einen Seite, Suppenküchen und Kleiderkammern auf der anderen. Die Ungerechtigkeit ist überall mit Händen zu greifen. Aber warum ist es den Marktradikalen so einfach gelungen, die Politik zurückzudrängen? Die Wirtschaft hat doch nicht geputscht. Unsere Demokratie, also die Herrschaft des Volkes, gibt’s immer noch. Weswegen wir auch alle paar Jahre unsere Volksvertreter in die Parlamente schicken … Moment! Vielleicht kommen wir jetzt näher ans Problem. Dort sitzen nämlich mittlerweile kaum mehr »politische« Frauen und Männer. Sondern in erster Linie »Sachzwang-Vertreter«, die sich den politischen Schneid von den Neoliberalen haben abkaufen lassen. Die sich mehr oder weniger dieser infamen Logik »Weniger Politik – Mehr Markt« unterworfen haben. In der nur noch die Kategorien Wettbewerb und Wachstum gelten.
Politik kann was bewirken. gesamtgesellsch aft
Eine Regierung aber – so warnt der altgediente SPD-Politiker Erhard Eppler –, die Wachstum zum obersten Ziel erklärt, die liefert sich der Wirtschaft aus. Denn nun muss die Politik permanent dafür sorgen, dass Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit steigen. Muss also Unternehmenssteuern senken, Abschreibungen erleichtern, Infrastruktur maximieren. Und da andere Regierungen dies auch tun, müssen wir eben noch schneller sein bei diesem Rattenrennen. Wenn nicht, wird mit Entlassungen und Abwanderung gedroht. Fast kann man es verstehen, dass da viele einfach nicht mehr glauben, Politik könne noch irgendetwas beeinflussen in einer so hochkomplexen Welt. Und doch, es nutzt nichts, wir müssen wieder ran. Den Marktradikalen darf das Feld nicht überlassen werden. »Wir sind mehr als nur Marktteilnehmer, in die so viel Waren wie möglich hineingestopft werden«, sagt die frühere BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt. Wir müssen uns wieder zusammensetzen und darüber reden, wie wir leben wollen. Welche Träume wir haben, welche Ängste. Was wir uns wünschen für die Kinder, für die Enkel. Dann werden wir ziemlich schnell erkennen, dass wir nicht immer weiter beschleunigen wollen, nicht
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alles immer haben müssen. Wer über all dies spricht, streitet, diskutiert, der ist plötzlich wieder drin, der macht das, was man gemeinhin »Politisieren« nennt.Das können lange Nächte werden im Wirtshaus oder am Küchentisch. Spaziergänge sind auch gut, am besten bergauf. Da wägt man seine Worte besser, lässt auch gerne den anderen ausreden. Manche werden auf dem Sofa politisiert, mit den kleinen Teilen in der Hand und sieben virtuellen Teilnehmern irgendwo auf dieser Welt. Wo auch immer, wir müssen es wieder tun. Auch wenn zwischendurch mal Angela Merkel auftaucht und mit ihrer warnend-einschmeichelnden Stimme sagt: »Es gibt keine Alternative.« Wir werden mit unserer wieder erwachten Lust am Politisieren sowie den Bremer Stadtmusikanten im Rücken entgegnen: »Etwas Besseres als den neoliberalen Tod finden wir überall.« Halt ein, du Träumer, werden jetzt manche rufen, was nützt es, wenn wir reden und politisieren, die da oben machen ja doch, was sie wollen. Das ist schon richtig – wenn wir es beim Reden belassen. Aber wenn wir uns erst einmal wieder angewöhnt haben, Utopien zu entwickeln, kommt die Lust zur
Einmischung schon mit Riesenschritten daher. Dann müssen wir nur noch aufstehen und hingehen zu jenen Orten, wo man nicht nur reden, sondern auch handeln, also Politik machen kann. Wenn ich da jetzt als Erstes an die Parteien denke, dann möge die geneigte Leserin, der geneigte Leser das Heft nicht gleich wütend in die Ecke pfeffern. Solange uns nichts Besseres einfällt, sind die Parteien einfach die erste Adresse, um den politischen Willen der Mehrheit in Regierungshandeln umzusetzen. Es kann in Parteien nämlich auch anders zugehen als heute, wo die Basis weitgehend mutlos und schläfrig geworden ist. Wo in Wahlkämpfen nicht mehr die Politiker, sondern die Werbeagenturen (der Markt lässt grüßen) den Ton angeben und wo Parteitagsauftritte inszeniert werden wie der Einmarsch irgendwelcher Gladiatoren.
M e in u n g s b il d u n g von unten nach oben gesamtgesellsch aft
Ohne in Nostalgie zu verfallen, sei eine kleine Rückblende erlaubt. Anfang der 1970er-Jahre, in München sind die Vertreter von sieben Ortsvereinen zusammengekommen, unter ihnen sitzt der örtliche Bundestagsabgeordnete: »In Bonn wird die Fraktion nächste Woche abstimmen, ob die Einkommensteuer für Gutverdienende erhöht werden soll. Was meint ihr dazu?« Drei Stunden diskutiert die Basis mit dem Abgeordneten. Dann steht mit großer Mehrheit fest: »Wir wollen, dass du für eine deutliche Erhöhung stimmst.« Versammlungen dieser Art gab es tatsächlich von Kronach bis Bad Tölz. Vorrangig – aber nicht nur – bei der SPD. Die Basis hatte ein lebhaftes Interesse an der Bundesund der Landespolitik. Und deshalb mussten die Abgeordneten regelmäßig zu den Versammlungen erscheinen. Da kam es zur Meinungsbildung, und der Abgeordnete wusste, wie er sich in der Fraktion verhalten sollte. »An solchen Abenden«, erinnert sich der spätere Münchner Sozialreferent Frieder Graffe, »nahm sogar HansJochen Vogel als Bundesminister teil. Auf sehr streitbare Weise, aber er stellte sich der Diskussion.« Diese Meinungsbildung von unten
nach oben ist natürlich heute noch genauso möglich wie vor 40 Jahren. Sie ist nur aus der Mode gekommen. Die Parteibasis hat sich durch Schläfrigkeit selbst entmündigt. Dabei ist es weiterhin die Basis, die ihre Abgeordneten aufstellt. Wenn der Ortsverband beispielsweise Fracking für unverantwortlich hält, dann wird er für keinen Kandidaten stimmen, der Fracking toll findet. Und außerdem kann die Basis ja auch während der Legislaturperiode immer wieder Diskussionen einfordern, kann Anträge zur Abstimmung einbringen. Wobei gilt: Selbst wenn Horst Seehofer zufällig in diesem Ortsverband wohnt, hat auch er nur eine Stimme wie jedes »normale« Mitglied. So kann die politische Meinung der Basis von unten nach oben getragen werden. Finden sich die entsprechenden Mehrheiten, dann wird beispielsweise so eine Forderung für ein Fracking-Verbot ganz nach oben gehen, bis zum Landes- oder Bundesparteitag. Wenn dieses Thema dann aus vielen Basisverbänden kommt, bleibt das nicht ohne Wirkung. So dumm ist das also gar nicht mit den Parteien, vorausgesetzt, die Basis nimmt sich ihr Recht und mischt sich ein. Trotzdem, manche werden es einfach nicht schaffen mit einer Partei. Aber es bleibt ja auch noch anderes zu tun. Es schadet nie, den Parteien auch von außen her Dampf zu machen. Von attac bis zum BUND, von der örtlichen Bürgerinitiative über kirchliche Gruppen bis zur Gewerkschaft – es gibt viele Möglichkeiten zur politischen Einmischung. Denn gerade durch ihre oft unkonventionellen Organisationsformen und durch schnelle Mobilisierung mit den Neuen Medien können solche außerparteilichen Gruppierungen große Schlagkraft entwickeln. Angela Merkel hätte nach Fukushima nicht so schnell den Atomausstieg begonnen, hätten nicht Bürgerinitiativen im ganzen Land seit vielen Jahren für eine atomkraftkritische Stimmung ge-
Gestalt ung in die H nd nehmen. sorgt. Oder die Fichtelgebirgsautobahn: Innenminister Herrmann hat die Planung mit der Begründung gestoppt, er wolle doch im Fichtelgebirge nicht noch einmal so einen Widerstand erleben wie im Isental. Und ohne das Bündnis »Zivilcourage« hätte der Landtag nicht einmütig gegen die AgroGentechnik gestimmt. Lust am Politisieren ist also schon noch vorhanden. Allerdings, fast immer kristallisiert sie sich an einzelnen Problemfeldern, geht es um Widerstand, geht es darum, das Schlimmste zu verhindern. Wirklich politisch ist eine Gesellschaft jedoch erst dann, wenn sie wieder die Gestaltung in die Hand nimmt. Wie wollen wir leben, wie wollen wir arbeiten? Das beginnt mit dem Politisieren, also dem Diskutieren bis hin zum Entwerfen einer Utopie. Die dann zum Handeln führt. Dabei wird es bis auf Weiteres, zumindest solange uns nichts Besseres einfällt, nicht ohne die Parteien gehen. Denn dort findet Politik statt, auch wenn gesamtgesellsch aft
die von vielen verständlicherweise als ziemlich schlecht eingestuft wird. Aber wer sich für die Parteiarbeit zu fein ist, darf sich nicht beklagen, wenn dort die Lobbyisten, Wichtigtuer und Gschaftlhuber das Ruder übernommen haben. Doch das ist korrigierbar. Machen wir aus der Not eine Tugend und mischen uns wieder ein. Arbeiten wir zusammen in Parteien und Initiativen. Holen wir uns – wie Erhard Eppler sagt – die Politik wieder zurück in unser tägliches Leben. Denn nur so können wir die Strategie der Marktradikalen durchkreuzen, die uns lediglich als unangenehme Störfaktoren sehen auf ihrem Weg zur unbegrenzten und politikfreien Herrschaft des Marktes.
Di e S e n d u n g » ra d i oT h e m a « ge h t in d ie T i e fe , i s t offe n fü r v i e le T h e m e n . D ie B aye rn 2 - Fa c h re d a kti on e n be le u ch t en i n e i n s tü n d i ge n F e atu re - S e n d u n g en A s p e kte a u s P oli ti k, G e s e lls c h a f t u n d K u ltu r, s e i e s i n B aye rn od e r d er Welt.
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Öko-Schweine und Weltenretter Beim Einkauf im Supermarkt setzen wir ein Zeichen gegen die Massentierhaltung, indem wir Bio-Wurst kaufen. Unsere Eier stammen von frei laufenden Hühnern aus der Region. Aber ändert sich durch unser Kaufverhalten überhaupt etwas? Oder beruhigen wir damit nur unser Öko-Gewissen? Darf man auch mal ausbrechen und Öko-Schwein sein? Schon diese Fragestellungen greifen zu kurz, meinen unsere Diskutanten. Drei Stimmen zum Einfluss eines ökologischen Lebensstils auf globale Produktionsbedingungen.
Micha Hilgers:
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Patchwork-Lebensstile kennen wir seit Langem: Jemand fährt ein nicht eben verbrauchsarmes Auto, hat aber dafür Solaranlagen auf dem Dach und achtet auf seine Ernährung. Natürlich gibt es Widersprüche, dafür sind wir alle Menschen. Es geht nicht darum, dass wir fundamentalistisch versuchen, jede Art von Widerspruch auszumerzen. Das muss man anerkennen, sonst werden sich die Menschen von der Umweltpolitik abwenden. Wir brauchen das Gefühl der Wirkmächtigkeit, andernfalls engagieren sich Menschen nicht, andernfalls ändern sie auch ihr Verhalten nicht. Das Gefühl der Wirkmächtigkeit bringt uns dazu, uns überhaupt politisch zu engagieren, politischen Druck auszuüben. Es sind immer Minderheiten, die anfangen, andere Lebensstile vorzuleben, denen Mehrheiten dann folgen. Deshalb ist es wichtig, dass man nicht fundamentalistisch anders lebt, das ist abschreckend, sondern, dass man sich in Teilen anders verhält und dieses andere Verhalten dann auch als sinnvoll erlebt. M i c h a H i lge rs , P s yc h oa n a lyti ke r u n d B e rate r i n Umw e ltfra ge n
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Kathrin Hartmann: Wir leben in einer Gesellschaft, die von Konsum bestimmt ist, wir leben in einer kapitalistischen Wohlstandsgesellschaft, in der institutionalisiert festgeschrieben ist, dass wir einen aufwendigen Lebensstil haben sollen, der zu weiterem Wachstum anregt. Genau das ist es, was Schäden anrichtet. Wenn wir das nur auf unser individuelles Verhalten zurückführen, denken wir nicht über das große Ganze nach. Wir sind zwar nicht als Individuum schuld, aber wir sind Teil eines Systems, das für weite Teile der Welt außerordentlich schädlich und tödlich ist. Es ist eine Pflicht, sich mit Strukturen zu befassen! Wer fordert denn eigentlich, dass es der Einzelne ist, der sich gefälligst ändern soll und nicht das große Ganze? Das ist unter anderem die Industrie, die ja auch gerne möchte, dass wir die Produkte weiter kaufen, und das ist die Politik. Damit geben wir uns gerne zufrieden, haben ein schlechtes Gewissen und sagen: »Richtig, wir sind schuld an den Arbeitsbedingungen in Bangladesch, wir wollen es billig haben.« Aber das stimmt natürlich so nicht. Die Frage ist doch: Wer hat ein Interesse daran, dass die Menschen dort ausgebeutet werden? Das sind nicht wir, weil wir es billig haben wollen, sondern das sind die Konzerne, die den Profit einstreichen. Diese Strukturen müssen uns bewusst werden. Solange wir uns nur über diese Lebensstil-Sachen unterhalten, stellen wir keine Machtfragen. Hören Sie auf, sich als Verbraucher zu sehen, sehen sie sich als Bürger. Ein Verbraucher ist eine rein ökonomische Kategorie. Aber als Bürger hat man in einer Demokratie Rechte und die Pflicht, diese Rechte wahrzunehmen, sich einzumischen und sich mit anderen zusammenzutun. Dass es heute Ökostrom gibt, dafür sind nicht Verbraucher verantwortlich, die massenhaft Ökostrom gekauft hätten, sondern eine politische Bewegung, die sich seit vielen Jahren einsetzt und das Anliegen in die Politik getragen hat.
Peter Unfried: Es reicht nicht, dass ich nur noch die Hälfte Schnitzel esse, im Grunde muss ich zusehen, dass ich meine individuelle Veränderung in einen kollektiven politischen Prozess münden lasse. Es geht darum, von dieser trostlosen Diskussionskultur wegzukommen und aufzuhören zu denken, Mülltrennung hätte irgendetwas mit energetischer Moderne zu tun. Wir sind im Moment in einer mentalen Situation, in der wir uns vor Veränderungen extrem fürchten. Schon die kleinste Veränderung, also so etwas wie ein Tempolimit, jagt uns Angst ein. Weil wir von der Zukunft im Grunde nur noch erwarten, dass sie schlechter wird, wird sie auch schlechter.
Kat h r in Ha rt ma n n, Autori n und Bloggeri n ( » En de de r Mä r c h enstunde: W i e di e Industri e die Lo h a s u n d Lifestyle- Ökos verei nnahmt«)
I n u n s e r e m Ge s e l lschaftsmagazi n »Noti zbuch« ko mmt a ll e s vo r , was M enschen bewegt: Fami li e, Pa rt n e r s c h a f t, Gesundhei t, Arbei t, i nterkultu-
Das Leitmotiv unserer Gesellschaft ist die Verschwendung von fossilen Energien. Da gibt es natürlich mächtige Player, und das sind die Energiekonzerne und die angeschlossenen Parteien, die ein Interesse daran haben, dass das so bleibt. Wichtig ist, dass ich mir diesen Gesamtzusammenhang eröffne und sehe, wer spielt eigentlich wo und wer instrumentalisiert wen, damit der Status quo erhalten bleibt. Die Angst, etwas gegen den Klimawandel zu tun, ist größer als die Angst vor dem Klimawandel.
re l l e s Le b e n , La n dwi rtschaft und Umwelt. und i m » Fr e ita g s fo r u m«, der Gesprächsrunde i m Noti z-
P e te r U n fri e d , ta z - C h e fre p orte r u n d B u c h a u tor
bu c h , b r in g e n wir M enschen zu aktuellen Fragen
( u . a . » Da s L e be n i s t e i n e Ö ko- B a u s te lle . M e i n Ve rs u c h,
mit e in a n de r in s Gespräch.
ökologi s c h be w u s s t z u le be n « )
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Gesundheit ist nicht alles … 4 Fragen an Dr. Marianne Koch Es heißt: »Gesundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts.« Stimmt das?
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So ganz unrecht hat der Volksmund mit diesem Spruch nicht. Gesundheit ist etwas Kostbares, etwas, das wir uns wünschen, aber nicht immer herbeiführen können. Das Bewusstsein vom Wert der Gesundheit und von den Möglichkeiten, etwas dafür tun zu können, hat sich allerdings in den letzten Jahren erfreulich verstärkt. Das hat einerseits mit der modernen Medizin zu tun, die immer bessere Sollten wir uns im Alltag, Therapie- und Heilungsoptionen bei der Ernährung, der Freizeitbietet. Andererseits mit dem In- gestaltung etc. vor allem an teresse der Medien am Thema gesundheitliche Regeln halten? Gesundheit. Sie verbreiten inzwischen oft wertvolle Informationen, Nein, wirklich nicht. Wir sollten auch solche, die eigentlich Ärzte versuchen, ein erfülltes, interesmittels »sprechender Medizin« santes Leben zu führen, egal, wo vermitteln sollten, wegen gravie- wir sind und was wir tun. Und uns render Fehlentwicklungen im Ge- nicht von Vorschriften verrückt sundheitswesen (»keine Zeit«) aber machen lassen. nicht mehr vermitteln können. Dennoch steigt bei den Patienten Dass man vermeidbare schädliund ihren Angehörigen der Sinn che Angewohnheiten wie Rauchen für erfolgreiche Prävention und Be- oder die Ernährung mit Junkfood handlung, während früher Gleich- – beides hat ja nichts mit Lebensgültigkeit, wenn nicht sogar ein ge- qualität zu tun – abstellen sollte, wisser Fatalismus geherrscht hatte. versteht sich eigentlich von selbst. Und dass es angenehmer und klüNachteil dieser Entwicklung ist ger ist, sich in der Freizeit irgendallerdings bei manchen eine soge- wie in der Natur zu bewegen oder nannte TÜV-Mentalität: Egal, wel- Ausflüge mit Freunden zu machen, che gesundheitliche Sünden ich statt immer nur auf dem Sofa zu begehe – die Ärzte werden es sitzen und Fernsehen zu schauen, schon wieder richten. ist ja wohl auch jedem klar. gesamtgesellsch aft
Krankenkasse bzw. Kostenbeteiliger
Stempel der Einrichtung
Name, Vorname des Versicherten geb. am
Kassen-Nr.
Betriebsstätten-Nr.
Versicherten-Nr.
Arzt-Nr.
Status
Uhrzeit
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Monat
Jahr
Tag
Monat
Jahr
Station
Datum
Ist es nicht auch Mal reizvoll, gerade Verbotenes, Ungesundes zu tun?
Was kann jeder tun, um sein Leben lebenswert zu gestalten?
Das mag für Kinder gelten, die, als Teil des Erwachsenwerdens, bewusst die Regeln der Eltern verletzen und sich hinter irgendwelchen Mauern die erste Zigarette anzünden. Für Erwachsene kann ich mir nicht vorstellen, dass Komasaufen oder sich Lungenkrebs anzuqualmen das Leben interessanter macht.
Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich denke auch, dass es da keine festen Regeln gibt und geben kann.
Das Problem scheint mir vielmehr, dass viele Menschen mehr und mehr in einer ständigen Stresssituation leben. Wie die alleinerziehende Mutter, die nicht weiß, wie sie Geld verdienen und gleichzeitig den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden kann. Oder wie der Angestellte, der inzwischen doppelte Arbeit zugewiesen bekommt und dennoch das Damoklesschwert Entlassung über sich spürt. Solche und ähnliche Fälle gibt es millionenfach, wie jeder weiß. Dass diese Menschen keine Kraft haben, sich um ihre Gesundheit zu kümmern, dass sie billigst einkaufen müssen und sich dadurch miserabel ernähren, dass sie latent oder offen depressiv werden – das sind die Fälle, um die es geht, wenn wir über ungesundes Verhalten sprechen. Leute, die in Armut leben, haben eine um zehn Jahre kürzere Lebenserwartung – bei uns im reichen Deutschland.
Aufn.Datum
EntlassungsDatum
Behandlungsdiagnosen 1. Diagnose
2. Diagnose
3. Diagnose
Wir sollten als Einziges vielleicht in relativ jungen Jahren daran denken, dass unsere durchschnittliche Lebenszeit inzwischen um zehn bis 15 Jahre länger dauert als die unserer Eltern. Und dass wir diese geschenkten Jahre nur wirklich genießen können, wenn wir rechtzeitig die Chancen für ein Alter in körperlicher und geistiger Gesundheit wahrnehmen. Das bedeutet: viel Bewegung und vollwertige Ernährung, ein normaler Blutdruck, normale Cholesterin- und Blutzuckerwerte, ständig Neues lernen und viele soziale Kontakte und Freundschaften pflegen. Damit hat man allerdings noch keine Garantie für ein glückliches Leben.
4. Diagnose
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Dr. M ari a n n e K oc h wa r a ls Schausp i e le ri n u . a . a n d e r S e i te von Hei n z R ü h m a n n , G re gory P e c k und Cli nt E a s tw ood z u s e h e n . 1 9 7 1 nahm si e i h r M e d i z i n s tu d i u m w i e d e r auf und h atte bi s 1 9 9 7 e i n e e i ge n e i nterni sti s c h e P ra xi s i n M ü n c h e n . Si e i st A u tori n z a h lre i c h e r B ü c h e r und di e E xp e rti n i n d e r v on W e rn e r Buchberge r m od e ri e rte n S e n d u n g »Gesundh e i ts ge s p rä c h « a u f B aye rn 2 .
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Namensstempel und Unterschrift des Arztes
»Es hat sich eine ganz neue Welt aufgetan.« Erwachsene entdecken den Glauben V on Gis e la Ke u e r l e ber
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Es kann eine Krisenzeit im Leben oder die Suche nach Orientierung sein, durch die Menschen zum Glauben finden. Für die einen ist es eine Wiederentdeckung des Kinderglaubens, andere betreten völliges Neuland, weil sie gänzlich ohne Religion aufgewachsen sind.
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Die existenzielle Erfahrung einer Lebenskrise Die 43-jährige Silke W. stammt aus Halle an der Saale und ist wie die meisten Kinder in der DDR statt zur Firmung oder Konfirmation zur Jugendweihe gegangen. Noch zu DDR-Zeiten lernt Silke ihren Mann Frank kennen, sie heiraten und bekommen ihren Sohn Philipp. Dann erkrankt ihr Mann schwer, Diagnose Krebs. Sie ist 33 Jahre alt, als er stirbt. »Diese Erfahrungen und Momente, alles was ich rund um seinen Tod erlebt habe, das hat mich später dazu gebracht, einige Dinge doch noch mal zu hinterfragen.« Ihr Sohn war damals fünf Jahre alt, und sie musste ihm Erklärungen geben, konnte aber nichts auf seine Fragen danach sagen, was denn mit seinem Papa werde nach dessen Tod. Als ihr Mann in ihren Armen starb, hatte Silke das Gefühl, seine Seele habe seinen Körper verlassen und eine Macht sie angerührt, die sie bis dahin nicht gespürt hatte. Sie war irritiert und verunsichert, zumal sie mit anderen Menschen darüber nicht sprechen konnte. Aber immer wieder erlebte sie Situationen, die sie als Zeichen empfand. Das Institut für Evangelisation und Gemeindeentwicklung an der Universität Greifswald hat 2010 eine Studie vorgelegt, in der untersucht wurde, wie Erwachsene zum Glauben finden. Pfarrer Hermann Kotthaus hat daran mitgearbeitet. Das Phänomen, dass Menschen plötzlich eine Art »Erweckung« erfahren, kennt er: »Es gibt durchaus solche Erlebnisse innerer oder spiritueller Art. Wenn sie im Kontext eines christlichen Glaubens gedeutet werden, dann denkt man: Gott hat mich angesprochen.«
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Wegweisende Begegnungen Als Silke W. ihren späteren zweiten Ehemann kennenlernt, einen überzeugten Christen, öffnet sich für sie allmählich die Welt des Glaubens. In langen Gesprächen versucht sie, mit ihm ihre Erfahrungen um den Tod ihres ersten Mannes zu verstehen und einzuordnen. »Er war der Einzige, bei dem ich die Dinge mal laut aussprechen konnte und der verstanden hat, was ich meine«, sagt sie. Sie besuchte Gottesdienste in seiner Gemeinde, nahm Kontakt mit der Pfarrerin auf – und ließ sich taufen. An einem besonderen Datum: dem 3. Oktober, um für sich ein Zeichen zu setzen, dass nach ihrer sozialistischen Vergangenheit etwas Neues anfange. Ihr Weg zum Glauben war für sie eine Lebenswende. Nicht immer ist es eine tiefe Lebenskrise wie der Verlust einer nahestehenden Person, die Menschen veranlasst, Fragen nach dem Sinn des Lebens und der eigenen Existenz zu stellen. Auch die Suche nach allgemeiner Orientierung kann ein Impuls sein. »Ich war vorher wie vogelfrei«, schildert eine junge Frau, die einen Glaubenskurs besucht, ihre Erfahrung. »Ich wusste nicht, wo ich hingehöre, was ich machen soll und wer ich bin, und auf einmal hatte alles einen festen Ursprung. Ich war auf einmal ganz.« Auch für sie war ein persönliches Vorbild entscheidend: Eine Mitbewohnerin in ihrer Studenten-WG, die zu ihrem Glauben stand, beeindruckte sie sehr. Sozialwissenschaftler und Theologen der Universität Greifswald kommen zum Ergebnis, dass die Begegnung mit einem Menschen, der seinen Glauben authentisch verkörpert, ausschlaggebend ist für viele Suchende. Dabei zählt weniger, wie gut diese über die Religion sprechen können, sondern eher, wie sie ihren Glauben leben. Hermann Kotthaus hat viele Glaubensbiografien untersucht: »Im Prinzip ist es wie Neuland, wie eine neue Kultur oder eine neue Sprache kennenzulernen.« Es gehe diesen Menschen so wie bei einer Reise ins Ausland, und dafür seien erfahrene Begleiter wichtig, die Übersetzungshilfen geben könnten.
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»Gib deinem Vorhaben eine feste Zeit! Bete nicht nur, wenn es dir danach zumute ist, sondern wenn es Zeit dazu ist. Gib deinem Vorhaben einen festen Ort! Orte sprechen und bauen an unserer Innerlichkeit. Die Beachtung von Zeiten, Orten und Methoden reinigt das Herz.«
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Beten lernen, die Bibel entdecken Rund 20.000 Erwachsene lassen sich jedes Jahr in einer evangelischen Kirche taufen, die katholische Kirche verzeichnet rund 3.000 Erwachsenentaufen. Die Neuchristen müssen so elementare Dinge lernen wie das Gebet. Aber wie geht das – beten lernen? Beten sei ein Handwerk, sagt der Theologe Fulbert Steffensky in seinem Buch »Schwarzbrot-Spiritualität«. Es gibt Handreichungen für »Glaubensneulinge« und sogenannte »Erfahrene« im Glauben: »Gib deinem Vorhaben eine feste Zeit! Bete nicht nur, wenn es dir danach zumute ist, sondern wenn es Zeit dazu ist. Gib deinem Vorhaben einen festen Ort! Orte sprechen und bauen an unserer Innerlichkeit. Die Beachtung von Zeiten, Orten und Methoden reinigt das Herz.« Beten lernen – für Glaubensanfänger nicht immer einfach. Manche von ihnen haben zunächst den Anspruch an sich, die perfekten Worte zu finden, sich alles von der Seele zu reden. Glaubenskurse ermutigen sie dazu, beim Gebet von den eigenen Empfindungen zu sprechen. Dazu muss man nicht alleine in einem Raum sein: Man kann auch in der Straßenbahn oder in der Mittagspause beten. Wie vor dem Beten haben viele anfangs auch vor der Bibellektüre ihre Scheu, können sich dabei aber eine ganz neue Welt erschließen. Tauf-Vorbereitungskurse in den Gemeinden geben Unterstützung, bieten die Möglichkeit, sich mit anderen über Fragen des Glaubens auszutauschen und machen zunächst Fremdes wie die Liturgie nach und nach vertraut. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft mit anderen Gläubigen ist eine sehr wichtige Erfahrung für die neuen Christen.
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Ein erwachsener Glaube Die Entdeckung des Glaubens kann auch eine Wiederentdeckung sein. Wer als Kind in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen ist, beginnt irgendwann Fragen zu stellen und sich mit seinem Kinderglauben auseinanderzusetzen. »Ich hatte das Bild: Lebst du gut, dann lässt Gott dich in den Himmel rein«, erzählt ein Mann, der streng katholisch erzogen wurde. »Also Gott als Türwächter.« Später stellte sich ihm dann die Frage, wer denn eigentlich noch gerettet werden könne, wenn die Regeln des Katechismus eins zu eins an den Menschen angelegt würden. Die Glaubens- und Konversionsforschung beobachtet solche Phasen des Zweifels häufig. Dabei gehe es oft um Selbstwert, sagt Pfarrer Hermann Kotthaus, darum, dass man sich selbst als defizitär erlebe und Schuldgefühle habe. »Und wenn man dann sagt, du bist geliebt bei Gott, nicht, weil du so bist, sondern weil du da bist, dann ist das schon für viele Leute eine große Umwälzung. Manche sagen: Warum hat man mir das nicht schon früher gesagt. Ich hab mich immer gequält mit diesem Gott, der mich kontrolliert oder der was von mir fordert oder der Bedingungen stellt, und jetzt hör ich vom Evangelium: Du bist geliebt bei Gott – Punkt.« Oft sind es junge Erwachsene zwischen Anfang zwanzig und Anfang dreißig, die sich mit Glaubensfragen beschäftigen. Der alte Kinderglaube ist verblasst und hat keine Bedeutung mehr oder er wurde in einer rebellischen Phase abgelegt und vergessen. Später machen sich viele Menschen wieder auf die Suche nach einer spirituellen Heimat, und manche entdecken ihre alten Wurzeln wieder. Wie sie können auch die Glaubensneulinge, die durch Lebenskrisen zur Religion gekommen sind, die Erfahrung machen, endlich ihren Platz gefunden zu haben. Auch wenn sie, wie Silke W., von sich sagen, dass sie noch einen langen Weg im Glauben zu gehen haben.
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B e i u n s e re r Fa c h re d a k t io n » R e l i g i o n u n d K i r c h e « dr e h t s i c h a lle s u m G ott un d d ie W e lt. I n d e n » Eva n ge l isch en P e rs p e kti v e n « , d e r » K at h o li s c h e n W e lt« u n d » T h eo . L ogi k« be h a n d e ln w i r d ie e xi s te n z i e lle n F ra gen d es L e be n s , v on R e li gi on u n d Zu s a mm e n le be n zw i s c h en d e n M e n s c h e n . H i e r p f l eg en w i r d e n Di a log i n n e r h al b u n d zw i s c h e n d e n K i r ch en , R e li gi on sge m e i ns c h af t en u n d W e ltre li gi on e n . D ab ei komm e n M e n s c h e n z u Wo rt, d i e R e li gi on u n d K i rc h e a u fge s c h los s e n , kri t isch od e r s ke p ti s c h ge ge nü b er s te h e n .
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»Das Meer tötet dich sofort, es ist besser dort zu sterben.«
Wer in Nordafrika oder in der Türkei ein Boot besteigt, um nach Europa zu fliehen, kennt die Gefahr. Flüchtlinge wissen um das Risiko zu ertrinken oder zu verdursten, und dennoch wagen jedes Jahr Zehntausende die Flucht nach Europa. An der Flüchtlingspolitik zeigt sich, wie Europa an seinen eigenen Werten scheitert. V o n In a K r au SS
»Es war ein zusammengezimmertes Boot, das wir von Arabern gekauft haben. Es sind Schlepper. Wir waren 300 auf dem Boot. Manche dieser Boote sinken nach kurzer Zeit und du gehst mit ihnen unter, verschwindest im Meer.« So beschrieb mir Faisa ihre Flucht von Libyen nach Italien. Das Mädchen aus Somalia war 16 Jahre alt, als es das Boot bestieg. Faisa reiste ganz allein, eine Waise, die bei der Oma aufgewachsen war. Niemand nimmt das Risiko aus purer Lust auf ein Abenteuer auf sich oder um sich und der eigenen Familie zu Hause den Kühlschrank etwas voller zu machen. Spätestens wenn Flüchtlinge in so ein Boot steigen, geht es nicht mehr um materielle Güter, sondern um die nackte Existenz. Sie riskieren das eigene Leben, um sich zu retten Die Somalierin Faisa hatte mit 16 Jahren mehrere Monate ohne Anklage in einem libyschen Gefängnis gesessen. Ihr »Verbrechen«: illegale Einreise. Doch sie überlebte die Misshandlungen und Willkür der Gefängniswärter, so wie sie davor schon andere lebensbedrohliche Situationen auf ihrer Flucht überstanden hatte. Flüchtlinge aus der Subsahara werden auf ihrem Weg in den Norden Afrikas von korrupten Sicherheitskräften und skrupellosen Geschäftemachern wie Freiwild behandelt und nicht selten als Sex- oder Arbeitssklaven missbraucht – bis sie eines der rettenden Boote besteigen. »Das Meer tötet dich sofort, es ist besser dort zu sterben. Aber wenn dich jemand jeden Tag völlig grundlos verprügelt, erlebst du jeden Tag einen Schock. Das werde ich nie vergessen.« Auch der Englischlehrer Osman war wie Faisa aus seinem Heimatland Somalia vor Krieg, Chaos und den radikal-islamistischen Al-Shabaab-Milizen geflohen und saß dann monatelang wegen illegaler Einreise in einem libyschen Knast. »Es war wirklich schrecklich, furchtbar. Sie foltern
die Leute die ganze Nacht, vergewaltigen die Frauen. Sie töten dich, als wärst du Vieh.« Osman hatte eigentlich nie Deutschland oder Europa als Ziel, er wollte zuerst nur einfach weg aus seinem Heimatland Somalia. Dann weg aus Djibouti, aus Eritrea, aus dem Sudan, um schließlich in Libyen zu landen. Er suchte einen sicheren Platz und geriet in riesige Flüchtlingslager, an Schlepper und Sklavenhändler und schließlich in ein libysches Gefängnis. Von dort aus gab es nur eine Möglichkeit: nach Europa zu fliehen. Auch Europa bietet keine Sicherheit Die Geschichte von Osman zeigt exemplarisch, wie Europa an seinen eigenen Werten scheitert. Die EU konzentriert sich vor allem darauf, Flüchtlinge an den Außengrenzen abzuwehren. Wer es trotzdem schafft den Kontinent zu betreten, wird jahrelang zwischen den europäischen Ländern hin und her geschoben. Als ich Osman das erste Mal treffe, bietet er mir den einzigen Stuhl in dem kärglich eingerichteten Zimmer einer bayerischen Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge an. Es ist ein Junitag im Jahr 2011. Er selbst setzt sich auf die Kante des Metallbettes und hält einen Brief in der Hand, eine knappe Mitteilung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Sie bedeutet, dass Osman ein »Dublin II«-Fall ist. Deutschland wird ihn bald abschieben – nicht zurück in seine Heimat Somalia, sondern nach Italien. »Sie können heute kommen, morgen oder zwei Stunden später«, sagt Osman und kämpft gegen Tränen. Nach der europäischen »Dublin-II-Verordnung« ist immer das EU-Land für einen Flüchtling zuständig, in das er zuerst seinen Fuß gesetzt hat. In Osmans Fall war das die italienische Insel Lampedusa. Seine Fingerabdrücke sind deshalb in Italien gespeichert, also ist Italien für seinen Fall verantwortlich. Aber das Land ist auch für jährlich Zehntausende andere
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➢ ➢ ➢ Somalia Djibouti Eritrea Sudan Libyen Lampedusa Italien Schweden Osmans Fluchtwege 2008 – 2014
Deutschland
Flüchtlinge Erstaufnahmeland und damit genau wie Griechenland und Malta total überfordert. Italien versucht das Problem zu lösen, indem es die Flüchtlinge zwar relativ schnell und unbürokratisch anerkennt, ihnen aber keinerlei finanzielle oder sonstige Unterstützung zukommen lässt. Still und heimlich hofft die Regierung, dass die Flüchtlinge wie früher nach Nordeuropa weiterziehen. Doch anders als früher werden sie von dort immer wieder zurückgeschickt. Osman lebte kurz nach seiner Ankunft in Italien auf der Straße ohne eine Perspektive auf eine Wohnung oder Arbeit. Da er Diabetiker ist und chronisch krank, bekam ihm das noch schlechter als seinen Leidensgenossen. Monatelang irrte er deshalb durch Europa, versuchte sein Glück unter anderem in Schweden. Doch immer wieder schickten ihn die Behörden zurück nach Italien. Schließlich versuchte er es in Bayern. Als ihn auch die deutschen Asylbehörden zurückschicken wollten, begann er sich zu wehren. Er klagte gegen die Abschiebung und bekam vor dem Verwaltungsgericht Regensburg Recht. Doch damit war er längst nicht am Ziel. Monate vergingen, ohne dass der ehemalige Englischlehrer wusste, wie es mit ihm weitergehen würde. Aus Monaten wurden Jahre – Jahre, in denen ihm Integrationsangebote verwehrt blieben. Erst Anfang 2014, also drei Jahre nachdem das Verwaltungsgericht seine Abschiebung nach Italien verboten hatte, erteilte ihm das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen befristeten Aufenthaltsstatus. Jetzt erst kann er Deutsch lernen und eine Berufsausbildung beginnen – sieben Jahre nachdem er sein Heimatland Somalia verlassen, sechs Jahre nachdem er italienischen Boden betreten hatte. Dabei musste den Behörden eigentlich schon bei seiner Ankunft klar sein, dass Europa einem Mann wie ihm Schutz gewähren muss.
Europa kann sich nicht abschotten Bürgerkriegsflüchtlinge sind durch die UN-Flüchtlingskonvention geschützt. Eine Konvention, die einst in Europa geboren wurde als Lehre aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs. Millionen Europäer waren damals darauf angewiesen, in den USA und anderen Ländern Unterschlupf zu finden. Und trotzdem scheitert Europa regelmäßig am eigenen Anspruch einer humanen Flüchtlingspolitik unter Einhaltung der Menschenrechte. Für viele Flüchtlinge aus autoritär geführten Staaten ist es ein Schock zu erleben, wie in Deutschland und Europa mit den Schutzsuchenden umgegangen wird. Auf Malta werden sie erst einmal ins Gefängnis gesteckt – wegen illegaler Einreise. Dabei gibt es kaum die Möglichkeit für Flüchtlinge, legal nach Europa zu gelangen. Griechenland – das Land, über das die meisten kommen – kann bis heute kein rechtsstaatliches Verfahren für Asylsuchende garantieren. Ungarn und andere osteuropäische Beitrittsländer werden ebenfalls von Menschenrechtsorganisationen wegen der Internierung und mangelhaften Versorgung von Flüchtlingen kritisiert. Die nordeuropäischen Länder üben dagegen eine hohe Anziehungskraft aus, weil hier zumindest eine kleine Chance besteht, sich zu integrieren. Doch auch hier vertun die Behörden viel Zeit, bis sie die Flüchtlinge in ihrer Schutzbedürftigkeit anerkennen. Oftmals werden sie währenddessen behandelt wie Illegale, Lügner oder Sozialbetrüger. Da sehr viele – in Deutschland sind es über 30 Prozent der Asylbewerber – schließlich doch im Land bleiben können, wäre es an der Zeit, die europäische Flüchtlingspolitik neu zu gestalten. Das wäre sinnvoll und human – Europa kann sich schließlich nicht vom Rest der Welt abschotten, ohne die eigenen Werte zu verraten.
Politische und gesellschaftli c h e E n tw i c klu n ge n w er d en auf Bayern 2 besonders ausführlich in den Sendungen » Dos s i e r P oli ti k« u n d » J azz u n d P oli ti k« u n te r d ie L u p e g e n o mm e n – m i t B e t r a c h tungen, Kommentaren, Essays. F ü r d i e S e n d u n g » B re it en gra d « be ri c h te n d i e K o r r esp on d e n te n d e s B aye r isch en R u n d fu n ks u n d d e r AR D in halbstündigen Auslandsrep orta ge n ü be r fre md e K u l tu re n u n d L ä n d e r.
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Ob er u n d unter – ein Bayerisches Traum paar — 30
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Ober Und Unter Ein bayerisches Traumpaar Von Bernhard Setzwei n
»Da Ober sticht ’n Unter«, diesen Leitsatz kennt man in Bayern, dem Mutterland des Schafkopfens, besonders gut. Er gilt nicht nur beim Karteln. Dass damit die Rollen ein für alle Mal festgeschrieben sind, wäre allerdings ein vorschneller Schluss. Denn eine urbayerische Dialektik lässt oben und unten gerne in ihr Gegenteil umkippen.
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schen Tarockspiel. Es sind aber auch vier wichtige Repräsentanten einer Hierarchie, die unsere Geschichte geprägt hat«, schreibt Hartmut Riederer, bekannt als Herbert-Achternbusch-Freund und Mitspieler in dessen frühen Filmen, als Autor und Maler. an kann, wie man weiß, in Bayern in Oberammergau oder aber in Unterammergau wohnen, in Obersendling oder in Untersendling, in Oberkotzau, wozu es selbstverständlich das Pendant eines Unterkotzaus gibt. Nur ein Mittel- oder Mitterkotzau gibt es nicht. Dafür aber ein Mitterfirmiansreut. Es soll tief im Bayerischen Wald liegen und nach Auskunft seriöser topografischer Karten tatsächlich existieren. Das muss ein Versehen sein. Denn normalerweise gibt es in Bayern nur »Ober« und »Unter«: Oberinspektor und Unterinspektor. Oberleutnant und Unterleutnant. Oberdirn und Unterdirn, früher am Bauernhof. Oberfahrdienstleiter und Unterfahrdienstleiter. Oberministrant und Unterministrant, Oberbürgermeister und Unterbürgermeister. Letzterer nennt sich zwar anders, aber unterm Ober ist er trotzdem, denn das ist sozusagen Naturgesetz. Das können wir als ein erstes Axiom festhalten: Der Unter ist auf alle Fälle unterm Ober. Oder anders formuliert: »Da Ober sticht ’n Unter.« In Bayern weiß das jedes Schulkind – sofern es Fahrschüler ist, also mit dem Bus zur Schule fährt. Fahrschüler lernen schon auf dem Weg zur Schule die wirklich wichtigen Dinge. Aber nur, wenn sie sich der einzig sinnvollen Fahrschülertätigkeit widmen, dem Karteln nämlich. Beispielsweise Schafkopf, die Mutter aller Stammtischschlachten. Kann aber auch ein anderes Spiel sein. Watten. Irgendetwas aus der großen Familie der Tarockspiele. »Unter, Ober, König und Sau: Das sind die vier Karten aus dem bayeri-
Zwei Könige und ein Kaiser Wer allerdings gerade welche Rolle hat, ist nicht immer ganz einfach zu sagen. Beispiel Fürst und Bauer. Landesherr bedeutet Ober, Leibeigener ist gleich Unter. Das war bis 1808 so: Erst mit der Verfassung des neu gegründeten Königreichs wurde offiziell die Leibeigenschaft in Bayern abgeschafft. Also das Unter-Dasein sozusagen. Der Oberste aller Oberen war selbstverständlich der Monarch, und der sollte auf jeden Fall alle anderen stechen. Doch es gab Perioden in der bayerischen Geschichte, da wurde dieses scheinbar unverrückbare Naturgesetz außer Kraft gesetzt. Ludwig II., unser Märchenkönig, keinen Stich hat der mehr gemacht, nachdem ihn Hofschranzen, Minister und Ärzte für »seelengestört« erklärten und ihn von seinem Status als Oberster in Bayern enthoben. Zu teure Schlösser hatte er ihrer Ansicht nach gebaut und damit die Staatsfinanzen ruiniert. Als ob ihm das als Oberen nicht ohne Zweifel zugestanden wäre. Und als König Ludwig drei Tage nach seiner Entmachtung und Entführung aus Schloss Neuschwanstein plötzlich tot im Starnberger See lag, sollte sein jüngerer Bruder die Stelle des Obersten in Bayern übernehmen. Doch von Otto war es im Grunde noch zweifelsfreier klar als von Ludwig, dass er schlichtweg narrisch war. Er galt bereits seit geraumer Zeit offiziell als geisteskrank, Schloss Fürstenried war extra ausbruchsicher für ihn zur Bewahranstalt umgebaut worden. Weil aber in Bayern oben oben bleiben muss – und unten unten –, wurde Otto am 13. Juni 1886 bayerischer Thronfolger. Angeblich soll er die ihm vorgelesene Proklamation überhaupt nicht verstanden haben. Schon wieder eine bayerische Besonderheit: Ein Oberer, der gar nicht realisiert, dass er oben ist. Macht nichts. Hauptsache, die Unteren wissen es.
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Ein heikles Thema, diese beiden bayerischen Könige, aber Gott sei Dank haben wir ja auch noch einen Kaiser. Und der hatte auch seinen Unter, seinen ganz persönlichen. Ja, die beiden waren vielleicht sogar das letzte wahre Ober-Unter-Paar: Franz Beckenbauer und Katsche Schwarzenbeck. Der eine der Kaiser, der andere der Abräumer, der eine der Äquilibrist, der andere der Knochenbrecher. Damit man sie auf dem Spielfeld auseinanderhalten konnte, trugen sie weder ein O noch ein U auf dem Rücken ihrer Trikots, sondern zwei simple Nummern. Franz Beckenbauer war »der Fünfer«, der Libero, der Maestro, und für Katsche Schwarzenbeck erfanden die Fans des FC Bayern München eigens den Spruch: »Er ist kein Mensch / er ist kein Tier / er ist die Nummer Vier!« Utopie der Egalität, Wirklichkeit des Seegrundstücks 32
Der Fünfer der Ober, der Vierer der Unter. Aber leider ist die Ära von Libero und Vorstopper endgültig vorbei. Ja, mehr als das: Von flachen Hierarchien ist jetzt plötzlich überall die Rede. Die Zeiten echter Ober und Unter, sie scheinen sich langsam dem Ende zuzuneigen. Neigten sich vielleicht schon immer. Denn es gibt eine urbayerische Dialektik, die oben und unten stets in ihr Gegenteil umkippen lässt. Weiteres Beispiel: Kasperl Larifari und Wachtmeister. Vor dem Gesetz ist selbstverständlich der Wachtmeister der Obere und der Kasperl der Untere. Aus der Publikumsperspektive dagegen – und bei Kasperlstücken meint das ja vor allem: aus der Kinderperspektive – kann es gar keinen Höheren geben als den Kasperl. Er ist der Ober aller Ober. Und darf mit seiner Pritsche sogar, wenn’s sein muss, dem Wachtmeister eine auf den Kopf hauen. Das ist doch interessant – und eröffnet ganz andere Perspektiven. »Freistaat« Bayern: Muss das nicht ein Land sein, wo alle gleich sind? In der Tat lassen sich in der Bayerischen Verfassung durchaus Sätze finden, die warten nicht nur mit eigenartig poetischen Formulierungen auf – »wildwachsende Waldfrüchte«! –, sondern in denen ist auch die Rede von beinahe utopischer Egalität: »Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in freier Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet.« Ü ber baye r n
Frage nach der geografischen Lage von, sagen wir, Hamburg ein schlichtes »oben« als Antwort bekam. »Das heißt: im Norden!«, brüllte er. Aber wir armen Schulkinder hielten uns halt an den Augenschein. So wie das ausgerollte Deutschland vor uns am Kartenständer hing, konnte kein Zweifel herrschen: Die Bayern sind unten, die Preißen oben! Lange Zeit sprach ja auch vieles für die Legitimität einer solchen Sichtweise. Nach dem Krieg bot sich nämlich folgendes Bild: Drunten im Süden hausten die Rückständigen, die immer noch knöcheltief in der Ackerkrume Feststeckenden. Von einem sich auf der Isarschotterebene ausbreitenden Silicon Valley war noch nichts zu sehen, und jedermann assoziierte zu dem Wort »Lederhos’n« nicht etwa »Laptop«, sondern Miststatt. »Die Bayern stehen in Gummistiefeln in der Miststatt«, konnte der in weiß-blauen Befindlichkeiten stets bestens informierte Herbert Achternbusch noch schreiben. »Sie sind stolz auf ihre Oberarmmuskeln, und sie sind stolz, dass ihre Regierung ihren Stolz auf den Stolz ihrer Oberarmmuskeln vertritt, und dass sie von ihrer Regierung behandelt werden, wie sie den Mist behandeln.«
Jedermann! Freilich kann jedermann den Chiemsee mit einer Luxus-Segeljacht befahren – können muss er’s halt können. Gemäß dem alten Leitsatz der Oberen: »Wer ko, der ko!« Für alle anderen, für alle Unteren sind Sätze wie dieser in die Verfassung geschrieben worden: »Staat und Gemeinde sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten.« Das könnte man die »Verfassungswirklichkeit« nennen. In der wirklichen Wirklichkeit, zum Beispiel auf Ufergrundstücken des Starnberger Sees, gelten dann wieder eher andere Regeln, auf Warntafeln geschriebene: »Privatgrund. Betreten verboten!«
Jahre-, ja jahrzehntelang war die Regierung in Bayern vif genug, für ihre Untertanen das Optimale herauszuholen. Stichwort Länderfinanzausgleich. Der macht aus dem alten Grundsatz »Da Ober sticht ’n Unter« bekanntlich ein »Da Unter nimmt den Ober aus«. Wo gibt’s denn so etwas? In Deutschland, und zwar seit 1950. 37 Jahre davon – das letzte Mal 1992 – gehörte Bayern zu den Nehmerländern, aber inzwischen haben sich die Kräfteverhältnisse gründlich umgekehrt: So obenauf wie momentan haben sich die Bayern selten gefühlt. Damit soll aber nicht zufällig gesagt sein, die Bayern verhielten sich jetzt, da sie zu den Oberen gehören, nicht mehr korrekt? Eigenartig. Sagen wir, sie verhalten sich einigermaßen eigenartig. Ungefähr so wie einer, der beim Kartenspiel nur so lange mitmacht, wie die Ströme von Zwanzgerl- und Fuchzgerl-Geldstücken Runde für Runde immer nur in seine Richtung fließen. Sobald aber er mit dem Zahlen dran wäre, fällt ihm ein, dass das Ganze eigentlich ein ganz saublödes Spiel ist. Er hätt’ gern neue Spielregeln. Sagt er. Oder noch besser: Er steigt gleich ganz aus. Bayern kann es auch alleine!
Die Bayern und die anderen Wem das nicht passt, für den gibt es eine andere »Verfassungsnorm«. Und die gilt für jeden, ausnahmslos: »Alle Bewohner Bayerns sind berechtigt, nach außerdeutschen Ländern auszuwandern.« Sogar innerdeutschen – ich sag nur: Mecklenburg-Vorpommern. Doch wer zieht schon freiwillig zu den ganz den Unteren? Zwar ist unser Erdkundelehrer jedes Mal schier aus der Haut gefahren, wenn er auf seine Ü be r baye rn
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Wäre der Freistaat mit seinen zwölfeinhalb Millionen Einwohnern – die Slowakei zum Beispiel hat nur fünfeinhalb, Belgien elf – nicht ohne Weiteres in der Lage, sich als eigener souveräner Staat innerhalb der Europäischen Union, aber auch weltweit und intergalaktisch zu behaupten? Wie weit genau das gehen sollte, ob bis zu einer eigenen bayerischen Armee, einem bayerischen Sitz in der UN-Vollversammlung und bayerischen diplomatischen Vertretungen in allen Hauptstädten dieser Welt, das kann man da ruhig erst mal geflissentlich offen lassen. Hauptsache, der bayerische … ja, wie würde er dann überhaupt heißen?: Kanzler, Premierminister, Staatspräsident … wäre dann der Höchste und müsste sich von keinem mehr etwas sagen lassen.
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Doch eine Frage ist bei diesen Sezessionsüberlegungen noch nicht gestellt worden: Was machen wir eigentlich mit den Franken, insbesondere den Unterfranken? Haben die nicht schon immer durchblicken lassen, dass sie eigentlich aus Bayern austreten wollen? Hätte dieser neue bayerische Staat also vielleicht gleich mit einer fränkischen Separatistenbewegung zu kämpfen? Und was ist, wenn sich die Franken ihrerseits nicht einmal einig sind? Weil die Fürther die Nürnberger nicht leiden können und die Unterkronacher die Oberkronacher nicht? Es ist nicht einfach, eine möglichst kleine Einheit zu finden, in der sich alle als gleichgestellt empfinden würden und keiner Angst hätte, er ist nur der Unter, der vom Ober ausgestochen wird. Geht es auch ohne Ober und Unter? Wenn aber alle Spiele immer wieder auf ein und dasselbe hinauslaufen, nämlich dass einer den anderen übertrumpfen will, dann sollte man vielleicht einmal darüber nachdenken, ob nicht komplett aus allen Spielen ausgestiegen werden kann. Ausgerechnet im Mutterland des Schafkopfspiels die Abschaffung
von Ober und Unter? Das stellt bloß auf den ersten Blick einen Widerspruch dar. Noch einmal sei auf Herbert Achternbusch verwiesen. Er hat es kurz und bündig auf den Nenner gebracht, dass das eben doch zusammengeht, im bayerischen Schädel drin: Obrigkeitshörigkeit auf der einen Seite, das Huldigen der Oberen oder zumindest die Anerkennung, dass halt scho Hund san. Und auf der anderen Seite das Aufbegehren der Unteren gegen jegliche Ordnung, das Pochen auf die Autarkie des Einödbauern, den wir mentalitätsgeschichtlich einfach nicht ablegen können, auch wenn wir längst in den Hochhäusern der Trabantenstädte von München-Blumenau oder Nürnberg-Langwasser hausen: »In Bayern leben 60 Prozent Anarchisten und die wählen alle die CSU.« Zugegeben: Dieses Bonmot hat schon einige Jährchen auf dem Buckel. Und bei genauerer Betrachtung stimmt es auch nicht mehr. Sicher ist – und die Soziologen haben es uns schon lange gelehrt –, flache Hierarchien, ganz ohne einen Oberen, die gibt es einfach nicht. Zumindest nicht lange Zeit. Mag ja sein, dass sich Gruppen, Verbände, Zusammenschlüsse ergeben, die leben für einen kurzen Moment lang die Utopie der völligen Gleichrangigkeit aller. Aber dann schälen sich schon bald die ersten radikaleren Wortführer heraus. Meist ordnen sich denen die Gemäßigteren bereitwillig unter. Und schon kristallisiert sich wieder das alte Spiel heraus. Mit den alten Regeln: »Da Ober sticht ’n Unter.« Und deshalb hätte es auch wenig Sinn, sie einfach auszusortieren, Ober und Unter, das bayerische Traumpaar. Nicht einmal beim Kartenspiel ginge das.
U n s e re F e atu re - R e d a kti on w i dme t s i c h a u c h d e n G e s c h ich t en , d i e d a s u n be ka n n te , d a s a n d e re B aye rn z e i ge n . Di e S e n d u n ge n » B aye rn – L a n d u n d L e u te « , » B aye ri s c h e s F e u i llet o n « u n d » Ze i t fü r B aye rn « B e h a n d e ln baye ri s c h e K u ltu rge s c h i c h te m i t e i n e m ga n z e i ge n e n Zu n ge n s c h la g, oh n e d a b ei d a s H i e r u n d H e u te a u s d e n O h re n z u v e rli e re n .
Ü ber baye r n
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Ăœ be r baye rn
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Su permu sik
Supermusik
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Th e Hist o ry Of Rock ’n’ Roll — 38 He imat s o u n d – neue Musik aus Bayern u n d d em Alpenraum — 42
The History Of Rock ’n’ Roll as told in our radio show
38 Von M i chae l B a rtle
»Rock ‘n‘ Roll ist unsere kulturelle Stimme, damit drückt sich unsere Generation aus«, sagte uns Patti Smith an einem sonnigen Nachmittag vor ihrem Konzert im Nürnberger Serenadenhof. Eine von Hunderten Künstlerinnen und Künstlern, die der Zündfunk in den letzten gut 40 Jahren interviewt hat. Und das Radio, unser Radio, sendet diese kulturelle Stimme. Aus Anlass unseres 40. Geburtstags sind wir tief in unsere Archive gestiegen, haben alte, manchmal schon leiernde Kas-
Supermusik
setten wieder geborgen, Bänder ausgegraben und digitalisiert – immer auf der Suche nach Interview-Tönen mit den Legenden der Popmusik. Entstanden ist daraus eine Art Oral History des Pop, eine Geschichtsschreibung, so wie sie uns von den Künstlern erzählt wurde. Ohne Kommentare und Schlaumeiereien von uns. Direkt. Eine Collage, ein großes Pop-Puzzle voller Statements, die uns kulturelle Bedeutung und markante Momente der Popmusik vermitteln.
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Pa u l M c C a rtn e y
»We were once a band. Just a band. But then money comes in. You can’t help that.« R i n go S ta rr
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M i c h a e l La n g , Wo o dstock- Veranstalter
J oa n B a e z
»Ich glaube, die erste Single ist immer das schärfste Erlebnis – und das war bei uns ›Love Me Do‹. Das war für uns damals unfassbar, dass ausgerechnet wir vier seltsamen Typen eine Platte rausbringen dürfen!«
»Wir wollten mit Woodstock auch demonstrieren, wie es wäre, wenn wir, wenn die Gegenkultur an der Macht wäre. Wir hatten unsere eigenen Vorstellungen davon, wie eine bessere Welt aussehen könnte.«
»Schon als ich anfing, spielte ich Folkmusic. Damit rebellierten wir gegen etwas, was wir KaugummiMusik nannten. Heute spiele ich immer noch Folkmusic. Und heute gibt es immer noch Musik, gegen die ich mich auflehne. Das ist die Musik der Grammys, der Auszeichnung durch die Musikindustrie. Ich bezeichne mich immer noch als Teil der Gegenkultur.«
»Rock ‘n‘ Roll ist unsere kulturelle Stimme, damit drückt sich unsere Generation aus. Er hat uns so viel Poesie gegeben, eine politische Haltung, Revolution, natürlich auch eine gewisse sexuelle Energie. Er ist zeitlos.«
F ra g e e in e r BR-Re porteri n ( ci rca 1969) a n Ra in e r We r ner Fassbi nder:
»Wenn Sie sich etwas wünschen könnten – was wäre Ihr größter Wunsch?« »Ich möcht Musik machen können!«
Patti Sm i th
G e n e Vi n c e n t
»Well, be-bop-a-lu-la, she’s my baby.« Dav i d B ow i e
»Ich dachte damals, als Künstler müsse ich Tabus brechen und die dunklen Seiten der Welt, die finsteren Winkel der eigenen Persönlichkeit bereisen. Damit habe ich mich in große Gefahr gebracht und mich beinahe mit Drogen zugrunde gerichtet. Denn nur so konnte ich die synthetische Persönlichkeit, die ich für mich und für Ziggy Stardust ausgedacht habe, glaubhaft verkörpern.« Supermusik
Sterling Morrison
C ou n try- S ä n ge r T ow n e s Va n Za n d t i m Zü n d fu n k
von Velvet Underground
»Was die schwierigste Zeit war?
»Heute bekommt man den Eindruck, dass die Sixties von der Gegenkultur beherrscht wurden. Das ist Blödsinn, wir waren nur eine minikleine Gruppe.«
An ze ig e de r Woodstock- M acher i n de r »Ne w Yo rk Ti mes« und dem
Ich kann an keine einfache denken. Das Leben ist nun mal hart und süß zugleich – wie Kandiszucker!«
»Wa ll Str e e t Jo urnal« i m J ahr 1967:
»Junge Männer mit unbegrenztem Kapital suchen nach interessanten legalen Geschäftsideen und Investments.«
J oh n S i n c la i r, M a n a ge r v on MC 5
Creedence Clearwater Rev i va l
» I see the bad moon rising, I see trouble on the way. « Chri s Blackwell, Inhaber von Isl a n d R e c ord s
»Peter Tosh, Bunny Wailer und Bob Marley spazierten in mein Büro, als wären sie drei Könige. Aber in Wirklichkeit waren sie total pleite. Ich spürte sofort, dass sie stark sind und dass ich unbedingt mit ihnen arbeiten möchte.«
»Woodstock war in zweierlei Hinsicht der Wendepunkt: Man konnte zeigen, dass es 500.000 oder sogar eine Million Hippies gab. Gleichzeitig entdeckten auch die Plattenfirmen und die Medienfabriken diesen riesigen neuen Markt. Eine Erweiterung der Dritten Welt, an die sie Schokolade verkaufen konnten.« »This is Johnny Cash on Zündfunk in Munich. It’s nice to be with you. Be sure you are right in what you want to do. Be sure you know what you want to do, then don’t let anything stop you.«
Di e R a d i os e n d u n ge n » T h e H i s tory O f R oc k ‘n ‘ R o l l a s told i n ou r ra d i o sh o w ” u m fa s s e n m i ttle rw e i l e z eh n T e i le u n d e i n e w e s e n tli c h lä n ger e Ze i ts pa n n e . S i e s i n d n a c h z u h öre n au f baye rn 2 . d e /z u e n d fu n k u n d a u f d em P orta l S ou n d c lou d .
Di e M u s i k a u f B aye rn 2 s te llt d en ga n z e n Ta g ü be r L e ge n d e n u n d E n td e c ku n ge n v or, i s t a n s p ru c hsv o l l , h a n dve rle s e n u n d m od e rn . H i e r sin d K la s s i ke r z u h öre n , w e rd e n N e uE n td e c ku n ge n v orge s te llt. M u sik a u s a lle r W e lt, d i e ga n z e B re i te d er e u rop ä i s c h e n M u s i kku ltu r, B ay er n u n d s e i n e n H e i m ats ou n d i mm e r f est i m B li c k. De r Zü n d fu n k, u n s e r p o p k u l tu re lle s Sz e n e - M a ga z i n m i t v i e l Mu sik , e rs p ü rt re gi on a le , u rba n e u n d w e ltw e i te P op - T re n d s . ge s c h i c h t sbe w u s s t w i dme n s i c h h i e r M u s i k j o u r n ali s te n n i c h ts w e n i ge r a ls d e r g an z en G e s c h i c h te d e s R oc k ‘n ‘ R oll.
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Heimatsound – neue Musik aus Bayern und dem Alpenraum
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Popmusik aus Bayern und dem Alpenraum schießt in den letzten Jahren mächtig ins Kraut, und dieser Musik haben wir den Namen »Heimatsound« gegeben. Bayern 2 und das Bayerische Fernsehen fördern diese lebendige Kulturszene mit Sendungen in Radio und Fernsehen, mit Live-Übertragungen etwa vom Heimatsound-Festival in Oberammergau und mit CD-Veröffentlichungen: »Heimatsound« erscheint bei SONY MUSIC in Deutschland und auf allen Plattformen als Download. br.de/heimatsound
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M u s i k a u s B aye rn u n d d e m A lp e nr au m i s t tä gli c h i m M u s i kp rogra mm v o n B aye rn 2 z u h Üre n . N e u e r H e i m at so u n d u n d j e d e M e n ge K la s s i ke r h a be n au f B aye rn 2 a u SS e rd e m e i n e n fe s te n Pl at z : j e d e n S on n ta g u m 1 1 . 3 0 U h r.
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sp itze n ku ltur
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Viels t immiges G r oSS stadtpoem – »Meister und Ma r ga r ita « a ls 12- teilige s Hö rspiel — 46 Wa s b leib t vom »Fall Gurlitt«? — 51
Vielstimmiges GroSSstadtpoem »Meister und Margarita« als 12-teiliges Hörspiel
Vermächtnis, Zauberbuch, Untergrundlektüre: Der Roman »Meister und Margarita« von Michail Bulgakow ist ein mit fast metaphysischer Bedeutung aufgeladenes literarisches Werk. Im Herbst 2014 sendete Bayern 2 eine neu produzierte Hörspieladaption auf Grundlage der Übersetzung von Alexander Nitzberg, die 2012 im Galiani Verlag erschienen ist.
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Geschrieben wurde der Roman zwischen 1928 und 1940, einige Teile davon diktierte Bulgakow vom Krankenbett aus. Auf unermüdliches Betreiben der Witwe Jelena Bulgakowa, die das Werk in seinen verschiedenen Fassungen abtippte, redigierte und damit zum Abschluss brachte, wurde das Buch schließlich postum 1966 und 1967 in zwei Teilen in der Moskauer Literaturzeitschrift »Moskwa« in zensierter Form veröffentlicht. Der Roman war sofort vergriffen, woraufhin er innerhalb kürzester Zeit in sogenannten Samisdat (Selbstverlag)-Ausgaben als Pflichtlektüre kursierte.
J e a n e tte Spa s s ova s p ri c h t d i e R oll e
Die autobiografischen, die politischen und die religiösen Bezüge bestimmten lange Zeit die Rezeption von »Meister und Margarita«. Der Übersetzer Alexander Nitzberg empfiehlt mit seiner Übertragung ins Deutsche nun eine poetische Lesart und rät, den Roman wie ein langes Gedicht zu lesen. Ausrufe, knappe Sätze, pointierte Dialoge sowie monologische, aber nicht durch einen auktorialen Erzähler vermittelte Passagen geben dem Text in der Neuübersetzung den Duktus von Mündlichkeit. Die Unmittelbarkeit und Direktheit der Neuübersetzung machten eine Hörspielfassung des Romans zwingend.
Agathos: Der Roman »Meister und Margarita« erschien 1966 und 1967 in zwei Ausgaben der Literaturzeitschrift »Moskwa« in einer von der Zensur gekürzten Fassung. Er wurde dann innerhalb weniger Jahre in mehrere Sprachen übersetzt und international zu einem Kultbuch. Welchen Nerv traf dieser Roman?
Katarina Agathos, Chefdramaturgin in der Redaktion Hörspiel und Medienkunst, hat mit Alexander Nitzberg über die Neuübersetzung gesprochen.
Nitzberg: Da war erstmal das Pathos der Entdeckung. Man hatte es mit einem gewaltigen literarischen Werk zu tun, 28 Jahre lang unbekannt geblieben. Das allein war schon ein Ereignis und hatte das Zeug zum Mythos, noch bevor man irgendetwas gelesen hatte. Schließlich gibt es ja im Roman diesen ganz berühmten Satz »Ma-
sp itze n ku ltur
d e r Va mp i ri n G e lla .
nuskripte brennen nicht ...«. Dann ist natürlich auch der Roman selbst sehr vielschichtig und sehr faszinierend. Und zwar für Menschen unterschiedlichen Alters, weil da sehr vieles zusammenkommt: Das Ernste, das Groteske, das Abgründige, Elemente der Gothic Novel, gleichzeitig Elemente des magischen Realismus, eine Gesellschaftssatire, eine Liebesgeschichte, politische Elemente – dieser Roman ist wirklich ein Füllhorn. Welche Teile wurden denn zunächst zensiert?
Es war eine Zensur in Abstufungen. Wirklich politisch motivierte Eingriffe gab es bei dem Thema Devisen. Das ist ein Punkt, der im Roman immer wieder vorkommt, viele Figuren sind auf die eine oder andere Weise korrupt, sie horten bei sich zu Hause Gold oder Diamanten oder eben Devisen. Dieses Thema war offenbar tabu. Man wollte nicht, dass sich sowjetische Bürger auch nur gedanklich damit auseinandersetzten. Alles, was thematisch nur in die Nähe von Devisen kommt, wurde getilgt. Dem fiel sogar ein ganzes Kapitel zum Opfer: »Der Traum des Nikanor Iwanowitsch.« Gleichzeitig durfte es auch nichts geben, was ins Frivole, ins Anzügliche geht. HeiSSt das, es wurde kapitelweise, aber auch satzweise gestrichen?
Szenen wurden zum Teil auch nur entschärft. Zum Beispiel die Varieté-Szene, wo das Geld von der Decke herunterregnet. Die Szene ist zwar da, aber dass die VarietéBesucher, um noch den letzten Schein zu ergattern, auf allen Vieren krabbeln und unter die Sitze kriechen, das war dann zu viel. Diese Stelle, die die Moskauer so entwürdigt und gierig nach Geld zeigt, wurde gestrichen und damit die ganze Szene abgemildert. Doch fairerweise muss gesagt werden, dass es auch Kürzungen gegeben hat, die nichts mit Zensur zu tun hatten. Gerade in der zweiten Hälfte des Romans, die ja
in einem Krankheitszustand geschrieben worden ist, in dem der Autor ums Überleben kämpfte und den Roman nur noch diktieren konnte, da gibt es auch reichlich Redundanzen. Und so unterzogen die Redakteure der Literaturzeitschrift den Roman einem literarischen Lektorat, kann man sagen. Wann konnte man in der Sowjetunion den kompletten Roman lesen?
Eigentlich erst in den 1990er-Jahren zur Zeit der Perestroika bzw. kurz davor. 1989 kam eine fünfbändige Bulgakow-Werkausgabe heraus, und sie bietet den Roman ohne Streichungen. Er wurde dann während der Perestroika sehr, sehr oft nachgedruckt. Ausgaben von unterschiedlichster Qualität überschwemmten gewissermaßen das Land. Ich erinnere mich an die ersten Male, wo ich nach meiner Emigration wieder nach Russland zurückfahren durfte, da hatte ich das Gefühl, dass der Roman regelrecht in der Luft lag. Alle jungen Menschen beschäftigten sich mit ihm. Es war mehr als ein gelesenes Buch, es war ein gelebtes Buch, eine Art Bibel. Ein Buch voller Maximen für das eigene Leben.
S a m u e l F i n z i s p ri c h t d e n Di re kt o r d es M os ka u e r Va ri e té th e ate rs , L i c ho d ej ew.
» Es war mehr als ein gelesenes Buch, es war ein gelebtes Buch, eine Art Bibel. «
Wie ist die Rezeption dieses Romans in Russland heute?
Heute ist der Roman vor allem ein Klassiker, alle haben ihn gelesen, alle kennen ihn, aber ich glaube nicht, dass er dieselbe Rolle spielt wie in den 1990er-Jahren. Er ist heute doch etwas mehr Literatur geworden. Allerdings: Ich habe neulich lachen müssen, als meine Mutter mir schrieb, wo ich unbedingt hingehen sollte, wenn ich wieder in Moskau bin. Sie schrieb, da und da ist die Straße mit der Wohnung, in welcher Woland gewohnt hat. Sie schrieb nicht etwa die »Bulgakow-Wohnung«, sondern wörtlich »die Wohnung, in welcher Woland gewohnt hat«, als sei die Figur Wirklichkeit. Und die Schauplätze des Romans sind heute Orte, durch die man Touristen führt. Der Roman ist Teil der Stadtkultur geworden. sp itze n kultur
M i c h a e l R ots c h op f s p ri c h t d i e R olle d e s e rs te n E rz ä h le rs .
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M i l a n P e s c h e l in de r Rolle des j u n g e n Ly r ik e r s Iwa n.
» Es war eine 48
Zensur in Abstufungen «
Viele Jahre führte Bulgakow eine Schubladenexistenz, er hatte Publikationsverbot. Eine der wichtigen Schreibphasen von »Meister und Margarita« fällt ins Jahr 1937 und in die Jahre darauf – in die Zeit des stalinistischen Terrors, dem unzählige Menschen zum Opfer fielen. In »Meister und Margarita« lässt er die sowjetische Bürokratie der 1930er-Jahre grotesk aussehen und begegnet dem Stalinismus mit Magie, allein das ist Subversion. Würden Sie sagen, dass Bulgakow ein poli-tischer Autor war?
»man kam« oder passivisch ausgedrückt, »es wurde ihm gesagt«. Das heißt, man hat keine Personen mehr vor sich, sondern eine entmenschlichte Kraft, die zwar im Raum, aber nicht greifbar ist. Das ist der geniale Trick, mit dessen Hilfe es Bulgakow gelingt, aus diesem konkreten politischen Aspekt eine diffuse dämonische Macht zu erschaffen, die im Hintergrund wirkt, und diese Macht sehr viel diabolischer aussehen zu lassen als die doch sehr sympathischen teuflischen Gestalten, die da durch Moskau hüpfen.
Das mag jetzt vielleicht wie eine steile These klingen, aber ich würde sagen: Nein, er war vor allem ein Literat. Ein literarischer Literat, sozusagen. Sicher spielte die Politik immer auch eine Rolle, aber es ist doch ein Unterschied, ob man von einer hohen literarischen Warte aus schreibt und von da aus politische Dimensionen streift oder wirklich ein politischer Autor ist, dem das Politische zum eigentlichen Credo, zur eigentlichen Antriebskraft wird. Natürlich geht Bulgakow als Autor weit darüber hinaus. Er ist ein vielschichtiger Autor, der viele Themen auf unterschiedliche Weise behandelt. Es wäre ihm gegenüber ungerecht, wenn man versuchte, die sehr komplexen Zusammenhänge in einen simplifizierenden Rahmen zu pressen.
Zu Ihrer Übersetzung: Sie sind Lyriker und nennen »Meister und Margarita« sowohl einen Schlüsseltext der Moderne als auch ein GroSSstatdtpoem. Kann man denn den Roman wie ein langes Gedicht lesen?
Auf welchen Ebenen hat Bulgakow den Terror Stalins in dem Roman verarbeitet, was ist davon zu spüren?
Va l ery Ts c h e pla n o wa i st i n der R o ll e de r Ma r g a r ita zu hören.
Bulgakow zeigt vor allem die bereits angesprochene Bürokratie, die Instanzen, die Administrationen, die staatlichen Strukturen und die Arbeit der Geheimdienste. Man spürt den Staatsapparat. Den Staat, der irgendwelche Hebel betätigt, und daraufhin verschwinden Menschen, werden verhaftet oder landen in der Psychiatrie. Sprachlich macht er das auf eine sehr interessante Art, er entpersonalisiert die Arbeit der Geheimdienste. Sie werden in Floskeln verpackt, wie »sie kamen« oder sp itze n ku ltur
Man kann nicht nur, man sollte es sogar. Ich habe den Roman auf dieselbe Art und mit derselben Methode übersetzt, wie ich auch ein Gedicht übersetzen würde. Wir haben es hier mit verschiedenen Klangfiguren, verschiedenen Rhythmen, mit sehr aufwendiger metaphorischer Sprache, mit einem besonderen Umgang mit sprachlichen Bildern und mit einer enormen stilistischen Bandbreite zu tun. Jede Person hat eine eigene Stimme, einen eigenen Tonfall, einen eigenen Sound. Und wir haben zwei Spielebenen in dem Roman, einmal das Moskau der 20er-, 30er-Jahre, einmal Jerschalajim zur Zeit Christi. Das sind zwei völlig unterschiedliche Sphären, Rhythmen, Bilderwelten. Während Moskau schwingt und scharf rhythmisiert ist, fast wie Jazz oder Foxtrott, mit vielen Synkopen und Brüchen und Kanten, wirkt Jerschalajim wie retardiert, ganz langsam, schwerfällig, die Sprache ist antiquiert, mit Wiederholungen, die fast liturgisch wirken. Das Ganze wirkt sehr viel archaischer. Dies sind die zwei Strophen-Arten dieses langen Poems. Allein die herauszuarbeiten, war eine Herausforderung.
Das Schreiben dieses Romans begleitete Bulgakow fast sein ganzes schriftstellerisches Leben. In den Jahren seiner Krankheit bis zu seinem Tod 1940 diktierte er seiner Frau Jelena Bulgakowa viele Teile, lieSS sich Geschriebenes, Abgetipptes vorlesen und gab seine Korrekturen durch. Sind Sie die Vorstufen und acht Fassungen alle durchgegangen, um dadurch der Entstehungsgeschichte des Romans nahezukommen?
» Es war zunächst eine Art ›Evangelium nach Satan‹ geplant. «
Ma n fr e d Za patk a ist der zwe ite Er zä h l e r .
Ja, ich habe zunächst alle Fassungen gelesen, weil sie die Genese dieses Buchs zeigen. Es ist interessant festzustellen, dass der Roman ursprünglich als etwas anderes geplant war. Die Hauptfiguren Meister und Margarita kamen erst ganz spät hinzu, anfangs waren sie gar nicht dabei. Es war zunächst eine Art »Evangelium nach Satan« geplant. Der Teufel schreibt ein Evangelium, auf frivole Art, und zieht die gesamte Kreuzigungsgeschichte durch den Kakao, macht daraus eine Schmierenkomödie. Die ersten Fragmente wirken sehr expressionistisch, übersteigert ins Groteske. Da telefoniert Pilatus mit dem Führer der Garde, da spricht Jesus von den »sympathischen jungen Leuten von der Universität«. Levi Matthäus erscheint mit einem Notizblock. Bulgakow hat später aber das Groteske und Klamaukhafte in Zusammenhang mit dem Evangelium fast restlos gestrichen. Er hat wohl bemerkt, dass in der Geschichte noch ganz andere Potenziale verborgen liegen, und hat versucht, diese zu stärken. Gerade die Geschichte um Jeschua und Pilatus wirkt nun in der letzten Fassung sehr düster, dämonisch und tragisch – da kämen einem jetzt groteske Seiten vollkommen deplatziert vor. Diese verlagert er stattdessen auf das Leben in Moskau. Und ganz am Schluss kommt die Geschichte um Meister und Margarita hinein, wo er wahrscheinlich bemüht ist, sein eigenes Leben auf eine Art und Weise mythologisiert und zur Legende umgestaltet hineinzuflechten. Aber Bulgakow einfach mit dem Meister sp itze n kultur
gleichzusetzen, öffnet die Büchse der Pandora. Wer das tut, ist Bulgakows persönlicher Mythologie allzu leicht aufgesessen. Wie lange haben Sie an der Übersetzung von »Meister und Margarita« gearbeitet?
Fünf Jahre. Es galt – Puzzlestück um Puzzlestück –, die einzelnen Elemente von Bedeutung, Stil, Rhythmus, Klang und Bild zusammenzufügen und, nicht zuletzt, auch zu kommentieren. Der groß angelegte Apparat am Ende des Buches bildet einen wichtigen Teil meiner Arbeit und versucht, die wichtigsten übersetzerischen Entscheidungen nachvollziehbar zu machen. Und das Projekt ist noch lange nicht abgeschlossen! Hier, in »Meister und Margarita«, ist sprachlich bereits so vieles angelegt, woraus ich für meine weiteren Bulgakow-Übertragungen großzügig schöpfen kann: für die Romane »Das hündische Herz« und »Die verfluchten Eier«. Da s G e s p rä c h w u rd e a m 5 . M a i 2014 im B aye ri s c h e n R u n d fu n k a u fge z e ich n et.
» M e i s te r u n d M a rg a ri ta « v on M i c h a i l Bu lg a k ow H örs p i e l m i t M i c h a e l R ots c h op f, M a n fre d Za patka , Va le ry T s c h e p l an o wa, K a rl M a rkov i c s , F e li x v on M a n teu f f el , Di e tm a r B ä r u . a . B e a rbe i tu n g, K omp os i ti on u n d R eg ie: K la u s B u h le rt O ri gi n a lv e rla g: G a li a n i A u s d e m R u s s i s c h e n v on A le xa n d e r N i tz be rg 1 2 A u d i o- C Ds , L a u fz e i t: 6 0 4 M i n ut en ISBN : 9 7 8 - 3 - 8 4 4 5 - 1 4 2 8 - 5 , 4 9 , 9 9 E u r o Ve rla g: d e r H örv e rla g
Di e R e d a kti on H örs p i e l u n d M e d ien ku n s t re a li s i e rt j ä h rli c h 4 0 – 5 0 N e u p rod u kti on e n . S i e w e rd e n nach d er U rs e n d u n g u n te r www. baye rn 2 .d e/ hoerspielpool zum Download angeboten.
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Was bleibt vom »Fall Gurlitt«? Einschätzungen eines Kulturredakteurs
V o n Ste fa n Me k is ka
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s war die Kultur-Nach- der Journalisten erschwerte. richt des Jahres 2013: Stefan Mekiska zeigt anhand Mehr als Tausend Kunst- dieses spektakulären Falls das werke hatte der Kunstsamm- Spannungsverhältnis, in dem ler Cornelius Gurlitt in seiner sich ein Kulturredakteur beSchwabinger Wohnung gehor- wegt: zwischen der Leidentet. Darunter womöglich auch schaft des Kunstliebhabers und NS-Raubkunst, also Werke, die dem professionellen Umgang zum Beispiel jüdischen Fami- mit einem aufsehenerregenden lien unter Zwang abgenommen Medienthema. worden waren. Ein Fund, der weltweit für Aufsehen sorgte. Am Anfang stand mein persönliches Hierzulande waren Politiker Erschrecken. Die Bayern 2-Nachund Wissenschaftler oft über- richten verkündeten am Sonntagfordert, was auch die Arbeit mittag, es war der 3. November Spitze n kultur
2013, etwas von einem sensationellen Kunstfund in München-Schwabing: »Das Magazin FOCUS berichtet in seiner neuesten Ausgabe von über eintausend Bildern im Wert von bis zu einer Milliarde Euro. Dabei sind Meisterwerke, geschaffen von Picasso, Matisse, Dix und anderen.« Dann war da noch die Rede von einem Verdacht, dass es sich bei Teilen der Sammlung um NS-Raubkunst handeln könne. Wenn man wie ich als Fachredakteur am Sonntag, noch dazu beim Kochen, von so einer Nach-
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richt überrascht wird, dann lässt einen das nicht mehr los. Es arbeitet in einem – und man muss beim Salzen mehr aufpassen als sonst. Wieso weiß ich nichts davon? Was sollen wir jetzt in unserer Bayern 2-kulturWelt am Montagmorgen machen? Zunächst war ja nicht einmal der Sammlername bekannt. Dann klingelte auch schon das Telefon: Unsere Moderatorin Barbara Knopf fragte um Rat. Danach wollte die tagesschau ein Interview ausgerechnet von mir, der ich ja selbst noch gar nichts wusste. Eine echte Klemme. So ist das, wenn ein Medium, in diesem Fall das Magazin FOCUS, eine Nachricht exklusiv hat. Weitere Telefonate erbrachten dann im Laufe des Sonntagnachmittags immerhin den Namen Gurlitt, wobei ich zunächst an Wolfgang Gurlitt dachte, von dem ich wusste, dass er einmal in München eine Kunstgalerie besessen hatte. Das war jedoch eine falsche Fährte: Wolfgang war nur ein Vetter des hier eigentlich betroffenen Cornelius Gurlitt. Und den kannte in der ganzen Kunstszene wirklich so gut wie niemand.
Die Öffentlichkeit wurde zunächst nicht informiert Der Skandal, der sich hinter der sensationellen Meldung verbarg, enthüllte sich erst im Studiogespräch unserer kulturWelt-Moderatorin mit den Reportern des Magazins FOCUS am nächsten Morgen, die einem Hinweis nach-
gegangen waren und bis Montag, den 4. November, die Informationen zum »Fall Gurlitt« exklusiv besessen hatten: Bereits im Februar 2012, also eineinhalb Jahre zuvor, waren Mitarbeiter der Justizbehörden im Rahmen einer Steuerfahndung in die Schwabinger Wohnung von Cornelius Gurlitt eingedrungen und hatten dort an mehreren Tagen nicht nur rund 200 Steuerunterlagen sichergestellt, sondern auch etwa 1.280 Gemälde und Grafiken, alte und neuere Meister, Werke in Öl, Aquarelle, Zeichnungen, aber auch Druckgrafiken.
Ich wollte die »Sensation« hinterfragen Am Dienstag, den 5. November, musste die Augsburger Staatsanwaltschaft auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz erste Gemälde zeigen. Am Mittwoch verhandelte das Bayern 2-Tagesgespräch den »Fall Gurlitt«. Mir als »Fachmann im Studio« fiel auf, wie wenig sensationsgierig, dafür doch abwägend und fair die Bayern 2-Hörerinnen und -Hörer sind. Einer berichtete von der erfolgreichen Rückführung von Büchern, die einst von den Nazis geraubt wurden. Etliche verlangten die Kunstwerke zu sehen, zum Beispiel in einer Gurlitt-Ausstellung, möglicherweise sogar in einem GurlittMuseum. Keine Rede war von Rache, dafür jede Menge von Gerechtigkeit und von den Rechten eines alten Mannes, der schon durch Verjährung inzwischen rechtmäßiger Eigentümer dieser Meisterwerke geworden war. Juristisch, wenn auch nicht moralisch!
Der Verdacht auf Raubkunst nährte sich daraus, dass Hildebrand Gurlitt, der Vater des Schwabinger Sammlers, einst einer von vier Meine Aufgabe als Fachmann im privilegierten Kunsthändlern im Tagesgespräch war es, auch ein Nazi-Regime gewesen war, die im wenig die »Sensation« zu hinterfraAuftrag Adolf Hitlers Meisterwer- gen. Nach ersten Blicken auf die ke auch aus den von der Wehr- Liste der Kunstwerke war mir klar, macht besetzten Gebieten für das dass von einem Wert »bis zu einer geplante Führer-Museum in Linz Milliarde Euro« nicht die Rede sein beschaffen sollten. Die Kunstraub- konnte. Die Mehrzahl der Kunsttruppen gingen dabei rücksichts- werke ist »Kunst auf Papier«, keine los vor: So wurde etwa der Kunst- Ölbilder, hat also einen jeweiligen besitz jüdischer Familien in Wert im maximal fünfstelligen Frankreich entschädigungslos ein- Bereich. Insgesamt kam ich auf gezogen. Der Skandal von 2013: vielleicht 15 bis 30 Millionen Euro. Die bayerischen Steuerfahnder Was ja auch eine ganze Menge ist. hatten die Brisanz ihres Schwa- Hinzu kam, dass bei mir – wie binger Bilderfunds wohl schon offensichtlich bei unseren Hörern im Februar des Vorjahres erkannt, – durchaus zwiespältige Gefühle aber fast nichts zu seiner Erfor- vorherrschten: Da war einerseits schung unternommen. Eine ein- die barbarische Politik der Nazis, zige qualifizierte Kunsthistori- die jede Maßnahme der Wiedergutkerin war mit den Recherchen machung auch 70 Jahre nach den angesichts der schieren Menge Raubzügen absolut rechtfertigt. überfordert. Und weil »Steuerver- Da war aber andererseits dieser fahren« der Geheimhaltung unter- inzwischen alte, kranke Mann liegen, war 20 Monate lang die Cornelius Gurlitt, der bei KriegsÖffentlichkeit einfach nicht in- ende gerade einmal zwölf Jahre alt gewesen war. Und der nach formiert worden. Spitze n ku ltur
Es bleibt das schlechte Gewissen
dem Tod seines von ihm bewunderten Vaters sein ganzes Dasein der Bewahrung dieser Kunstsammlung gewidmet hatte. Durfte man diese »Lebensleistung« einfach zerstören? Je mehr man weiß, desto schwerer fallen die klaren Urteile Weitere Recherchen, bei denen ich wertvolle Kontakte zu Provenienzforscherinnen in München nutzen konnte, also zu Kunsthistorikerinnen, die unter anderem für Museen die Herkunft von Kunstwerken erforschen, erbrachten einen wichtigen Kontakt: Vanessa Voigt war mir als Spezialistin für Hildebrand Gurlitt genannt worden. Beim Interview am 6. November ergab sich plötzlich, dass sie im Februar 2012 von den Steuerfahndern in die Schwabinger Wohnung gerufen worden war. Sie konnte weitere Fehlurteile der ersten Berichte im FOCUS auf Bayern 2 entkräften: Nein, sagte sie in der radioWelt und im Kulturjournal, Cornelius Gurlitt habe keineswegs wie ein Messi in seiner Wohnung gehaust. Und: Hildebrand, sein Vater, sei eher eine »ambivalente Persönlichkeit« gewesen – vor 1933 ein Kämpfer für die Moderne, Freund von
Expressionisten wie Max Pechstein, früh verfolgt als »Vierteljude«, erst im Naziregime als Opportunist dann in die Dienste der rücksichtslosen Kunsträuber getreten. Jetzt also sogar beim Vater Gurlitt: Je mehr man weiß, desto schwerer fallen die klaren Urteile. Zu einem guten Ende wurde der ganze Fall schließlich im April 2014 durch das Übereinkommen zwischen Cornelius Gurlitt, dem Freistaat Bayern und der Bundesregierung geführt. Der Sammler verzichtete freiwillig auf alle »durch Verjährung ersessenen« Rechtsansprüche, versicherte, dass alle »als belastet geltenden Werke für ein Jahr der Provenienzforschung zur Verfügung gestellt werden« und dass bei Werken, »bei denen ein NS-verfolgungsbedingter Entzug vorliegt, eine faire und gerechte Lösung mit den Anspruchstellern angestrebt werde«. Das konnte ich in Kommentaren auf Bayern 2 nur loben: Wo hätte es das in der raffgierigen Szene vorher schon gegeben? In einem Umfeld, das Kunst oft nur mit Geld gleichsetzen kann. In dem »Kunstberater« nur von Investment und »Marktchancen« reden. In dem ich mich, wenn ich über eine Kunstmesse gehe, von den gierigen Neureichen eigentlich nur noch frustriert abwenden kann. Spitze n kultur
Was bleibt vom »Fall Gurlitt«? Um die restlichen Bilder kümmert sich eine wesentlich vergrößerte Task-Force in Berlin. Das schlechte Gewissen (»Was lagert noch in Deutschlands Wohnungen?«) treibt vor allem die Politik und die Medien weiter an. Nach dem Zweiten Weltkrieg hat man schlicht versäumt, die privatrechtliche Verjährung von Enteignungen durch die Nazis zu verhindern. Die öffentlichen Sammlungen und Museen in Deutschland haben ja 1998 die »Washingtoner Erklärung« unterzeichnet. Sie müssen Kunstwerke, die in der NS-Zeit gestohlen wurden und die sich inzwischen in ihrem Besitz befinden, auf jeden Fall zurückgeben. Trotz Verjährung. Das gilt jedoch nicht für die Privatbesitzer von Kunst. Das Unbehagen wird bleiben. Rechtssicherheit kann nach meiner Meinung wohl nur mit der inzwischen üblichen Praxis erreicht werden: Wenn ein Kunstwerk seinen Besitzer wechselt, also etwa über ein Auktionshaus, muss vorher die Internetseite www.lostart.de befragt werden, auf der alle vermissten »Raubkunstwerke« aufgeführt sind. Ist das Bild, die Skulptur, die Grafik dort nicht gelistet, kann verkauft werden. Beim nächsten Besitzerwechsel muss aber erneut geprüft werden, ob es inzwischen neue Informationen gibt. Noch sehr lange Zeit. Die Schatten der Naziräuber werden weiter über der deutschen Kunstszene liegen.
E s gi bt ke i n P rogra mm , be i d e m S ie so v i e l ü be r K u ltu r a u s B aye rn u n d d er W e lt e rfa h re n w i e a u f B aye rn 2 . Wir be gle i te n u n d komm e n ti e re n d as k u l tu re lle L e be n z u m B e i s p i e l i n d en S en d u n ge n » ku ltu rW e lt« , » K u ltu rj o u r n al « , » Di wa n « u n d » ku ltu rL e be n « . m i t B l ick en a u f T h e ate r u n d F i lm . M i t K ü n s t l er p o r trä ts , R e z e n s i on e n u n d L e s u n gen .
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VOLLWISSEN
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Da s Absolute Gehör — 56 HÄH? – NACHGEFRAGT — 60
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Das absolute Gehรถr vollwissen
Die meisten Affen haben es, die meisten Hundearten auch, bei den Menschen besitzt es nur einer unter Zehntausend: das absolute Gehör. Für Musiker ist es so etwas wie eine Auszeichnung, für den Laien eine fast schon magische Fähigkeit. Und auch die Hirnforschung interessiert sich für das seltene Phänomen. Wissenschaftler erforschen ein Faszinosum.
V o n Yvo n n e Ma ie r
Im Studio 1 des Bayerischen Rundfunks in München: Während das Orchester sich einstimmt, nehmen die Sängerinnen und Sänger ihre Plätze ein. Die Referenznote, an der sich das Orchester orientiert, ist der Kammerton A, der bei einer Frequenz von 440 Hz liegt. Masako Goda, Sopranistin im Chor, hat das absolute Gehör, Menschen wie sie brauchen keinen Vergleich: Sie wissen exakt, wie ein bestimmter Ton klingt und können ihn benennen. Man könnte sie nachts wecken, sie bitten, ein hohes C zu singen – und sie würden es genau treffen. Das Gehirn und die Musik Um Musik wahrzunehmen, vollbringt unser Gehirn eine Meisterleistung – und das blitzschnell: Schon nach 100 Millisekunden weiß es, welche Tonhöhe ein Lied hat, nach 200 Millisekunden wird die Melodie im Gedächtnisspeicher abgelegt. Ab etwa 300 Millisekunden gibt es die ersten Abfragen ans Emotionszentrum, ab 900 Millisekunden erkennt das Gehirn rhythmische oder melodische Fehler. Insgesamt werden also schon innerhalb einer halben Sekunde vielfältige Informationen aus der Musik gezogen. Dabei sind viele Hirnbereiche aktiv. Zunächst ein-
mal der Hörkortex: jeweils ein dass Tiere sich ohne Sprache veretwa daumennagelgroßes Gebiet ständigen müssen. Vögel zum Beiauf beiden Seiten des Gehirns. Der spiel stecken ihr Revier mit exaklinke Teil erkennt Tonhöhen, ist ten, unverwechselbaren Tonfolgen für Absoluthörer also besonders ab. Wir Menschen haben uns das wichtig, die rechte Seite kommt Absoluthören wahrscheinlich im zum Einsatz, wenn einzelne Töne Laufe der Evolution abtrainiert, analysiert werden. Im Stirnhirn erklärt Altenmüller. Dazu gebe es wird der Takt wahrgenommen. viele recht plausible Theorien. Und das Ganze geht auch anders- »Eine ist die Verlerntheorie, die herum: Wenn sich ein Mensch ein davon ausgeht, dass eigentlich Musikstück oder einen Ton vor- fast alle Säuglinge absolut hören. stellt, aktivieren Hirnteile, die be- Im ersten sprachlichen Kontakt wusste Denkprozesse hervorrufen, mit Mutter und Vater merken sie untergeordnete Gebiete wie den aber schon, wie relativ das Leben Hörkortex, der auch beim »echten« ist: Der Vater hat nämlich eine Hören aktiviert würde. Diese Pro- etwa eine Quint bis eine Oktave zesse laufen sowohl bei normal tiefere Stimme.« Hörenden als auch bei Absoluthörern ab, nur, dass die Absolut- Üben, üben, üben hörer noch eine Verknüpfung für die Tonhöhe festlegen. Rund ein Die Sprache ist der Schlüssel des Mensch unter Zehntausend macht Lernens. In vielen Sprachen ist es das. Doch so außergewöhnlich es unerheblich, in welcher Tonhöhe für uns auch ist – im Tierreich, Laute und Worte gesprochen wersagt der Musikmediziner Eckart den, doch das gilt nicht überall: Altenmüller, ist das Absoluthören Im chinesischen Dialekt Mandarin ein Normalfall: »Die meisten Affen, zum Beispiel kommt es darauf an, die meisten Hundearten, die meis- ob die Melodie eines Wortes am ten Fledermausarten sind Abso- Ende nach oben geht oder nicht. luthörer.« Wenn man ihnen »Happy Die Lautverbindung »Ma« kann Birthday« in unterschiedlichen Ton- »Mutter«, »Pferd« oder »Schimpfen« höhen vorsinge, seien das für sie heißen, je nachdem, ob das Wort zwei vollkommen unterschiedli- mit einer aufsteigenden oder abche Melodien. Warum das so ist, steigenden Melodie endet. Und die ist noch nicht eindeutig erforscht. Statistik zeigt, dass Menschen aus Eine mögliche Erklärung wäre, China häufiger über das absolute vo llwissen
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Gehör verfügen, manche Studien gehen von jedem Zweiten aus. Möglich also, dass Mandarin-Sprechende ihr Gehör über ihre Sprache anders trainieren. Allerdings haben, auch das zeigen Studien, Amerikaner mit chinesischem Migrationshintergrund häufiger ein absolutes Gehör, es könnte also auch etwas mit unserem Erbgut zu tun haben. Bisher wurde noch kein Absolut-Hör-Gen gefunden, man geht derzeit davon aus, dass viele unterschiedliche Gene für diese Veranlagung eine Rolle spielen. Ausschlaggebend dafür, dass jemand das absolute Gehör entwickelt, ist auch das Lebensalter. Hier scheint der Zeitraum zwischen dem vierten und dem zehnten Lebensjahr entscheidend zu sein. Typischerweise ist das aber das Alter, in dem spätere StarGeiger mit absolutem Gehör mit dem Musikunterricht anfangen. Die besten Geiger dieser Welt haben bis zu ihrem 18. Lebensjahr rund 7.400 Geigenstunden hinter sich. Wer so viel geübt hat, der könnte wahrscheinlich auch das absolute Gehör entwickeln, wenn er keine starken genetischen Anlagen dafür hat, vermutet Eckart Altenmüller. Und mit viel Übung kann man sich noch als Erwachsener das absolute Gehör aneignen – zumindest bis zu einem gewissen Grad. Wenn man Passanten auf der Straße bittet, »Yesterday« zu singen, berichtet Altenmüller, dann träfen die meisten relativ genau die richtige Tonhöhe. Weil sich die BeatlesGeneration den Song seit ihrer Jugend sehr oft angehört hat, könnte sich die exakte Tonhöhe bei vielen förmlich ins Gehirn eingebrannt haben, so der Musikmediziner.
den, ob sich das absolute Gehör innerhalb eines kurzen Zeitraums »verstimmen« lässt. 27 Testpersonen sollten zunächst einzelnen Noten ihre Namen zuordnen. Danach hörten sie sich ein Musikstück an, das innerhalb einiger Minuten um einen Drittelton nach unten verschoben wurde, und mussten anschließend wieder einzelne Töne bestimmen. »Nachdem die Versuchspersonen sich lange die verstimmte Musik angehört hatten, identifizierten sie die verstimmten Töne als richtig und die richtig gestimmten Töne als falsch«, berichtet Hedger. »Das war wirklich erstaunlich. Es reicht also, wenn man nur über einen kurzen Zeitraum verstimmter Musik ausgesetzt ist, um die absoluten Tonkategorien durcheinanderzubringen.« Kulturgeschichte einer Fähigkeit
lich sein. Um eine Melodie zu erkennen, muss man nicht die absolute Tonhöhe bestimmen, sondern die relativen Abstände der Töne zueinander. Wer dazu imstande ist, der kann Melodien in unterschiedlichen Tonarten genießen, ohne wie ein Absoluthörer gleich das Gefühl zu haben, das sei ein anderes Stück oder das Instrument falsch gestimmt. Und so hat auch Masako Goda manchmal damit zu kämpfen, dass sie absolut hört. Etwa dann, wenn der Rundfunkchor ein Barockstück probt. Diese Stücke werden traditionell tiefer gesungen, als sie notiert sind, in Godas Ohren klingt das Gesungene erst einmal falsch. Und manchmal sackt der Chor beim A-cappella-Gesang, auch für Profis nicht ungewöhnlich, insgesamt über den Verlauf eines Stücks leicht nach unten ab. Für die Zuhörer ist das nicht schlimm, denn die Sänger singen ja immer noch die richtige Melodie, doch für Masako Goda wird es dann kompliziert: Soll sie versuchen, die Tonhöhe in die »richtige Richtung« zu halten?
In der Geschichte des Musizierens ist das absolute Gehör eine Modeerscheinung: Erst seit gut 200 Jahren interessieren wir uns dafür. Für Johann Sebastian Bach wäre es eher lästig gewesen, sagt Musikmediziner Eckart Altenmüller: Das absolute Gehör ist ein Faszino»Wenn Bach von Jena nach Halle sum. Es zeigt vor allem, über welund Leipzig und dann nach Ham- che erstaunlichen Fähigkeiten unburg reiste, dann waren die Orgeln ser Gehirn verfügt, wie genau es dort bis zu eineinhalb Töne unter- arbeitet und physikalische Werte schiedlich.« Erst im 19. Jahrhun- wie Schallwellen abspeichert und dert wurde die Tonhöhe normiert kategorisiert. Wie weit es die Natur und ein Kammerton definiert. Das damit treiben kann, belegt eine Beabsolute Gehör ist also auch eine obachtung des US-amerikanischen Kulturleistung des Menschen, und Neurologen Oliver Sacks: Er kennt die schlägt sich im Gehirn nieder: Autisten, die so absolut hören, dass Die linke Seite des Schläfenlappens sie den Klang von verschiedenen ist bei Absoluthörern auffällig baugleichen Salatschüsseln auseigrößer. Das ist der Ort, an dem nanderhalten können. Dagegen sekomplexe Hörreize verarbeitet und hen selbst Menschen wie Masako Töne kategorisiert werden, zu- Goda alt aus. gleich ist dort auch ein Teil des So erstaunlich das absolute Gehör Sprachzentrums. Im Schläfenlapist – so absolut, wie sein Name pen werden also die Töne mit ihren I n d e r S e n d u n g » I Q - W i s s e n s c h a f t u n d verspricht, ist es nicht. Das fängt Bezeichnungen gekoppelt, was das F ors c h u n g« be komm e n S i e e i n e n Ü b er damit an, dass man schon als Ab- Absoluthören erst möglich macht. bli c k ü be r n e u e F ors c h u n ge n ü b er al l a u f d e r W e lt – i n d e n N atu rw i s s en soluthörer gilt, wenn man 70 bis 100 Prozent aller Töne, die einem Und wer braucht sie, diese Spezial- s c h a fte n u n d d e r M e d i z i n , i n d en vorgespielt werden, korrekt benen- fähigkeit? In der Aufnahmeprü- G e i s te s - u n d S oz i a lw i s s e n s c h a f t en . nen kann. Und selbst ein Absolut- fung an der Musikhochschule hat Di e ga n z e W e lt d e s W i s s e n s gi bt es in hörer kann aus dem Tritt kommen. ein Absoluthörer beim Notendiktat » ra d i oW i s s e n « – n ü tz li c h fü r d i e Der Chicagoer Psychologe Stephen einen Vorteil, beim Konzertbesuch S c h u le u n d be re i c h e rn d fü r a ll e Hedger hat versucht herauszufin- kann seine Begabung sogar hinder- B i ld u n gs i n te re s s i e rte n . vo llwissen
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? ?? radioMikro heiSSt Die Sendung für unsere Hörer im Grundschul alter. In dem Kinderpro gramm mit Geschichten, Nachrichten, Rätsel- und Mitmachsendungen be ant worten die radioMikro - Rep orter in der Reihe »Häh ? – nachgefragt« die Fragen der jungen Hörer aus ihrer und unser aller Welt. Drei Ant worten auf dreimal Warum. vollwissen
Warum tut es am Schienbein so weh, wenn man sich dran stößt? V o n Be r n h a r d Sc hulz
Tibia, so heißt das Schienbein auf Lateinisch, ist für einen schmerzhaften Tritt schon immer eine beliebte Stelle. Am Schienbein tut es weh, und zwar besonders eine Handbreit unterhalb des Knies. Das liegt am Körperbau, der Anatomie des Unterschenkels. Der Unterschenkel besteht aus zwei Knochen: dem Schienbein und dem Wadenbein. Das Wadenbein ist ein relativ dünnes Knöchelchen, das sich hinter dem Schienbein versteckt und nicht viel Gewicht tragen muss. Ganz anders das Schienbein. Das Schienbein verbindet das Knie mit dem Fuß. Das ganze Körpergewicht ruht auf diesem Knochen und fast alle Unterschenkel-Muskeln sind am Schienbein angewachsen. Es muss also eine ganze Menge aushalten können. Der Schienbeinknochen ist nicht rund, sondern dreieckig. An den flachen Seiten finden die Unterschenkelmuskeln viel Platz, um dort anzuwachsen. Das ist auch nötig, denn zum Beispiel beim Rennen
werden diese Muskeln ziemlich belastet. Ein Dreieck hat, wie der Name schon sagt, drei Ecken und das Schienbein deswegen drei Kanten. Und eine dieser Kanten liegt genau in Gehrichtung. Also nach vorn. Diese Kante ist auch noch besonders ungeschützt, weil die Muskeln, die normalerweise unsere Knochen schützen, seitlich an den flachen Stellen festgewachsen sind und nach hinten verlaufen. Nach vorne wird der Knochen nur von der Haut geschützt. Übrigens: Weh tut nicht der Knochen an sich. Knochen sind nicht besonders schmerzempfindlich. Bei einem Schlag aufs Schienbein tut vor allem die Knochenhaut weh, die jeden Knochen überzieht und schützt. Solange die Knochenhaut nicht verletzt wird und auch der Knochen nicht bricht, ist alles halb so wild, dem Schienbein passiert nichts. Auch wenn es sehr wehtut.
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Warum gibt es beim Digitalradio eine Verzögerung? V o n Kr is t in a Ric h ter
Alte Radiogeräte empfangen die Töne analog und neue digital, darum heißt es ja auch Digitalradio. Beim analogen Radio schwirren die Worte und Töne als Wellen durch die Luft – vom Bayerischen Rundfunk zum Beispiel zum Sendemast Wendelstein in den Alpen. Von da aus geht es dann weiter in die Radios. Beim Digitalradio muss das, was zum Beispiel die Moderatorin sagt, erst mal technisch umgewandelt werden in digitale Signale, bevor es auf die Reise zum Sendemast gehen kann. Und das kostet Zeit. Manfred Schmitz arbeitet beim Bayerischen Rundfunk in der Abteilung »Neue Technologien« und erklärt das so: »Diese Wandlung vom Analogen zum Digitalen, die braucht eine gewisse Zeit und findet zweimal statt, einmal im Studio, da wird gewandelt und auf den Sender gegeben, und dann noch einmal im Radio, damit der Lautsprecher, der ja letztendlich analog arbeitet, das auch wiedergeben kann.« Und so kommt es, dass das Digitalradio eben ein bisschen länger braucht. Länger als eine Sekunde sollte die Verzögerung aber nicht dauern. Das hängt davon
ab, wie schnell und gut die Technik im Radiogerät ist. Beim Fernsehen ist das übrigens ganz ähnlich: Wer ein Fußballspiel analog verfolgt, jubelt früher als jemand, der digital schaut. Und weil beim Fernsehen nicht nur Töne, sondern auch Bilder übertragen werden, dauert die technische Umwandlung da noch etwas länger. Dafür ist das Bild dann aber auch besser und es gibt kein Flimmern. Manfred Schmitz kennt noch mehr Vorteile: »Der große Vorteil beim digitalen Empfang ist auch, dass ich Zusatzinformationen übertragen kann, das können Titel und Interpret sein, aber das können auch Verkehrsinformationen sein.« Musiktitel, Fußballergebnisse und das aktuelle Wetter kann man – je nach Sender und Gerät – im Display, also im Anzeigefeld eines Digitalradios lesen. Übrigens: Man kann viele Radiosendungen auch über eine Internetverbindung oder über Satelliten aus dem Weltall empfangen. Die sind rund 36.000 km weit weg, und es vergeht ungefähr eine Viertelsekunde, bis die Wellen dorthin und von dort zu den Radiogeräten gelangen.
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Warum kommen Dalmatiner ohne Punkte zur Welt? V on Kath a r in a Mu tz
Dalmatiner sind berühmt für ihre Punkte und sogar die Fußsohlen sind schwarz-weiß oder braun-weiß gefleckt. Doch wenn Dalmatiner zur Welt kommen, sehen sie ganz anders aus: ganz weiß. Nur für einen kurzen Moment direkt nach der Geburt kann man die Flecken erahnen: Wenn die Welpen geboren werden, liegen sie in einer Hülle mit Fruchtwasser und sind nass. Solange sie nass sind, kann man die Farbflecken auf der Haut sehen.
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Diese Flecken sind aber erst einmal nur auf der Haut angedeutet, das Fell obendrüber ist schneeweiß. Sobald die Mutter ihre Welpen trocken geleckt hat, sieht man nichts mehr von den Flecken, sie werden vom Fell überdeckt. Nach ungefähr acht Tagen fangen die Punkte an durchzuschimmern und werden immer kräftiger. Dass Dalmatiner ihre Flecken erst nach der Geburt bekommen, hat mit den Farbzellen in ihrem Körper zu tun. In jedem Körper gibt es solche Farbzellen. Sie heißen Melanozyten und sind dafür zuständig, unsere Haut, unsere Augen und Haare – oder bei Tieren das Fell – zu färben. Hätten wir sie nicht, wären wir alle weißhaarig und ganz blass. Normalerweise wandern diese Farbzellen noch während das Menschen- oder Tierbaby im Bauch seiner Mutter ist, zu dem Ort, an dem sie gebraucht werden.
Dort färben sie dann Haare, Haut oder Augen. Bei Dalmatinern dauert die Wanderung der Farbzellen aber länger. Wenn sie auf die Welt kommen, haben die Farbzellen zwar schon die Haut leicht gefärbt, im Fell ist aber von der Farbe noch nichts angekommen. Warum es bei Dalmatinern so lange dauert, bis die Farbzellen an den richtigen Stellen angekommen sind, wissen Wissenschaftler noch nicht. Sie vermuten aber, dass es an einem bestimmten Gen liegt, also einem kleinen Teilchen im Körper, das wichtige Informationen übermittelt. Übrigens verändern sich Dalmatinerflecken im Laufe eines Hundelebens noch: Die meisten Hunde bekommen noch mehr Flecken, wenn sie älter werden. Es gibt stark gefleckte Welpen, die schon mit vielen Flecken auf die Welt kommen, da kommt weniger nach. Wenn einer eher heller ist, dann kommen fast immer noch Flecken dazu. Hundezüchter haben ziemlich genaue Vorstellungen davon, wie Dalmatinerflecken aussehen sollten: Die Flecken sollten gut voneinander abgegrenzt und ein bisschen größer als ein ZweiEuro-Stück sein. Als besonders schön gilt es, wenn Nase und Augen von einem schwarzen Kreis umrahmt sind. Und für die Farbe gilt: je dunkler, desto schöner. Am besten tiefschwarz.
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Die Bayern 2Kulturpartner Bayern 2 will das kulturelle Leben in Bayern stärken und mit den Partnerschaften ein Netzwerk kultureller Einrichtungen im Freistaat schaffen. Mit anspruchsvollen Reportagen, Informationen und aktueller Berichterstattung über Ereignisse in Kultur und Gesellschaft ist Bayern 2 die ideale Plattform für alle Kulturbegeisterten. Kulturpartner haben wir in kleinen Orten sowie in großen Städten. Wo ll e n Sie a u c h Bayern 2- Kulturpartner werden? We n de n Sie s ic h a n kulturpartner@bayern2.de
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Da n iela Ar n u
Michael Bartle
Niels Bei ntke r
C h ristin e Be rgma n n
M a rtin a Boe tte - S on n e r
A c h im Bog da h n
W e rne r Bu c h ber ger
Olive r B usc h ek
Knut Cordse n
Matthias Dänze r- Vanotti
A rth u r D i ttlm a n n
R ode ric h Fa b i a n
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B irg i t F ra nk
Ka i Fr o h n er
Stefan Gei er
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D av id Glob i g
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C h rist i n e H a me l
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J u dith Hei tk a mp
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Pe ter J ungb lut
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M ath ia s Kn a ppe
B a rba ra Kn op f
M a ria n n e Koc h
Eva Kötti n g
Th o ma s K o ppe lt
Ina Krauss
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C h risto ph Le i b ol d
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Jo h a n n es Ma r c h l
Caro M atzk o
J akob M ayr
S te fa n M eki ska
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Ulrike Os tner
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J eanne Rubner
T obia s Ru h la n d
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Me h m e t S c h oll
M a rt i n S c hr amm
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Is k a S c h r eg l ma n n
Veronika Schrei egg
Sim one Schülei n
Dagmar S c h w e rme r
F ra n zisk a S torz
M iria m S tumpfe
J e an n e Turczyn ski
Wo lf r a m Wel ze r
Karin Wendli nge r
Bärbel Woss agk
B a rba ra Za h n
M ic h a e l Za me tze r
C orn e l ia Ze tzs c h e
M a rt i n Zey n
Ta n ja Zieger
Carola Zi nner
J ulia Zöller
U l rik e Zölle r
T h om a s M eyerh öfe r
T h om a s Me ye rh ö fe r moderiert seit 1989 unsere aktuelle Frühsendung »radioWelt am Morgen«. Auf die Frage, ob er vor einer Sendung noch nervös sei: »Nein. Und zwar aus der Erfahrung heraus, dass es nur Radio ist. Dass nicht wirklich etwas passieren kann. Ich kann mich nur selbst blamieren – aber da hat man in meinem Alter auch keine Angst mehr davor.« Im Juni 2015 geht Thomas Meyerhöfer in den Ruhestand. Eine Moderations-Collage hören Sie unter bayern2.de bei »Empfehlungen« oder direkt über den QR-Code.
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05.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 05.03 Uhr Heimatspiegel Volksmusik und Informationen mit Gedanken zum Tag und Nachrichten mit Verkehr um 6.00 Uhr und 7.00 Uhr 07.30 Uhr Weitwinkel Reportage vom Land 08.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 08.05 Uhr Bayerisches Feuilleton Kultur und Geschichte Bayerns
Vormittag 09.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 09.05 Uhr orange Seitenblicke auf die Woche mit Nachrichten und Verkehr um 10.00 Uhr 11.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 11.05 Uhr Bayernchronik Hintergründiges aus dem Freistaat mit Bayernkommentar
Mittag 12.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 12.05 Uhr Gesundheitsgespräch mit Dr. Marianne Koch Telefon: 0800-246 246 9 (gebührenfrei) E-Mail: gesundheitsgespraech@bayern2.de 13.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 13.05 Uhr radioFeature Radiophone Erkundungen Letzter Sa im Monat: das ARD radiofeature Hören, was dahinter steckt!
Sonntag Nachmittag
Morgen
Nachmittag
14.00 Uhr Nachrichten 14.05 Uhr Diwan Das Büchermagazin 15.00 Uhr Nachrichten 15.05 Uhr Hörspiel im Anschluss: Bayern 2-radioMusik Blues, Folk, Country, Soul und Songs 17.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 17.05 Uhr Jazz & Politik Politisches Feuilleton 17.55 Uhr Zum Sonntag Glaube – Kirche – Kommentar
05.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 05.03 Uhr Heimatspiegel Volksmusik und Informationen Nachrichten mit Verkehr um 6.00 Uhr 06.30 Uhr Positionen Religions- und Weltan schauungsgemeinschaften 07.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 07.05 Uhr radioMikro Magazin für Kinder mit Sonntagshuhn 08.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 08.05 Uhr Katholische Welt Glaube und Leben 08.30 Uhr Evangelische Perspektiven Erfahrungen mit Gott
14.00 Uhr Nachrichten 14.05 Uhr musikWelt Pop-Geschichten aus der ganzen Welt Letzter So. im Monat: Musik aus aller Welt mit Dagmar Golle 15.00 Uhr Hörspiel 16.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 16.05 Uhr Eins zu Eins. Der Talk Eine Stunde, zwei Menschen 17.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 17.05 Uhr Sonntagsbeilage Feuilletonistische Seitenblicke
Abend 18.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 18.05 Uhr Breitengrad Reportagen aus aller Welt 18.30 Uhr radioMikro Magazin für Kinder 19.00 Uhr Nachrichten 19.05 Uhr Zündfunk Das Szenemagazin 20.00 Uhr Nachrichten 20.05 Uhr radioSpitzen Kabarett und Comedy 21.00 Uhr Nachrichten 21.03 Uhr Diwan Das Büchermagazin 22.00 Uhr Nachrichten 22.05 Uhr Eins zu Eins. Der Talk Eine Stunde, zwei Menschen 23.00 Uhr Nachrichten 23.05 Uhr Nachtmix Die Stunde für anspruchsvolle Popmusik 00.00 Uhr Nachrichten 00.05 Uhr radioJazznacht Klassiker, neue CDs und Live-Musik 02.00 Uhr ARD-Nachtkonzert bis (wie BR-KLASSIK) 04.58 Uhr
Vormittag 09.00 Uhr Nachrichten 09.05 Uhr radioReisen Unterwegs in fremden Ländern und Kulturen 10.00 Uhr Nachrichten 10.05 Uhr Sonntagsbeilage Feuilletonistische Seitenblicke 11.00 Uhr radioTexte – Das offene Buch Neue Literatur und Autoren 11.30 Uhr Bayern 2-Heimatsound Neue Musik aus Bayern und dem Alpenraum
Mittag 12.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 12.05 Uhr Zeit für Bayern Akustische Reisen durch Bayern 13.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 13.05 Uhr Weitwinkel Reportage vom Land 13.30 Uhr Bayern – Land und Leute Das unbekannte Bayern entdecken
Abend 18.00 Uhr Nachrichten mit Verkehr 18.05 Uhr Kulturjournal Kritik. Dialog. Essay 19.30 Uhr Musik für Bayern Jazz und Pop - Selbst gemacht! 20.00 Uhr Nachrichten 20.05 Uhr Bayerisches Feuilleton Kultur und Geschichte Bayerns 21.00 Uhr Nachrichten 21.03 Uhr radioFeature Radiophone Erkundungen Letzter So. im Monat: das ARD radiofeature Hören, was dahinter steckt! 22.00 Uhr Nachrichten 22.05 Uhr Zündfunk Generator Ideen aus Pop, Politik und Gesellschaft 23.00 Uhr Nachrichten 23.05 Uhr Nachtmix Die Stunde für anspruchsvolle Popmusik 00.00 Uhr Nachrichten 00.05 Uhr Nachtsession 02.00 Uhr ARD-Nachtkonzert bis (wie BR-KLASSIK) 04.58 Uhr
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Herausgeber Bayerischer Rundfunk Bayern 2: Wolfgang Aigner (Programmbereichsleiter Bayern 2 – Kultur und Gesellschaft) Programm-Marketing Bayern 2: Claudia Holzner
Bayern 2 – Grenzenlos hören.
Redaktion Alexander Schaffer, Karen Zoller Layout Inge van Ginderachter
Bayern 2 ist eines der erfolgreichsten Kulturprogramme in Deutschland mit allem, was das Medium Radio zu bieten hat: Interviews, Berichte, Gespräche, Features, Reportagen, Hörspiele, Konzertmitschnitte, Lesungen und viel Musik.
Ronja Scheidel Art Direction Stephanie Hugel Bildmaterial
Bayern 2 erzählt Geschichten aus dem Freistaat, die nicht schon tausendmal erzählt wurden. Wir beleuchten das Wichtigste aus Politik und Gesellschaft hintergründig und kritisch. Bayern 2 begleitet und kommentiert das kulturelle Leben in vielen seiner Sendungen.
Titel, U4 Motiv Gesellschaft, Bayern 2-Kampagne (Leta Sobierajski), S. 03 Wolfgang Aigner (Denis Pernath), S. 04-05 Motiv Gesellschaft, Bayern 2Kampagne (Leta Sobierajski), Motiv Bayern, Bayern 2-Kampagne (Carissa Gallo), Motiv Musik,
Wer nie verlernt hat, nach dem Warum hinter den Dingen zu fragen, ist bei Bayern 2 richtig: Hintergründe werden erklärt, Zusammenhänge verständlich gemacht. Alles verfügbar mit Zusatzmaterialien unter bayern2.de – in Podcasts und Manuskripten.
Bayern 2-Kampagne (Colleen Mizony), Motiv Kultur, Bayern 2-Kampagne (Lars Borges), Motiv Wissen,
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Bayern 2-Kampagne (Rekha Garton, Kollektion:
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Moment, Getty Images), S. 06 Motiv Gesellschaft,
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Downloads und Podcasts: reinhö-
Bayern 2-Kampagne (Leta Sobierajski), S. 18-19
Burgsinn 90,0
Bad Reichenhall 96,7
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Open File Folder (Roel Smart, Kollektion: E+, Getty
Kreuzberg / Rhön 93,1
Bad Tölz 95,7
Vom »artmix« über den »Hörspiel
Images), S. 24, 26 Sea Surface (Plainview, Kollek-
Pfaffenberg bei
Berchtesgaden 96,9
Pool« bis zum »Zündfunk«.
tion: E+, Getty Images), S. 28 Motiv Bayern, Bayern
Aschaffenburg 88,4
Garmisch-Partenkirchen 93,5
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2-Kampagne (Carissa Gallo), S. 36 Motiv Musik,
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Gelbelsee bei Ingolstadt 90,5 Herzogstand bei Kochel 97,0
Bayern 2-Kampagne (Colleen Mizony), S. 39
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Region Ober- und Mittelfranken
Hochberg bei Traunstein 91,5
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sound-Festival 2014 (BR/Markus Konvalin), S. 44 Motiv Kultur, Bayern 2-Kampagne (Lars Borges),
Region Niederbayern / Oberpfalz
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