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KATIE MITCHELL – Gut gefragt
Für ihre Verdienste im Theater erhob die Britische Krone sie 2009 in den Offiziersrang des Order of the British Empire, heute zählt sie zu den bekanntesten Regisseurinnen weltweit. Katie Mitchell, 1964 in Reading geboren, studierte in Oxford Englische Literatur. Sie war von 1996 an Hausregisseurin der Royal Shakespeare Company in Stratford-upon-Avon, später dann am Royal Court Theatre in London. Seit über zwanzig Jahren inszeniert Katie Mitchell auch Opern. 2013 gab sie mit George Benjamins Written on Skin ihr Debüt an der Bayerischen Staatsoper. Am 1. Februar 2020 feiert ihre Inszenierung Judith Premiere im Nationaltheater.
Mrs. Mitchell, wenn Sie nicht Regisseurin geworden wären – was wären Sie dann heute?
Bildende Künstlerin.
Welche Charaktereigenschaften sind beim Regieführen unabdingbar?
Genauigkeit und Klarheit.
Für Judith werden Sie nun eine Weile hier tätig sein: Gibt es etwas, das Sie an München besonders mögen?
Mir gefallen die Architektur, die Fahrräder und das Wetter.
Gibt es auch etwas, das Sie merkwürdig finden?
Nun ja, ihre Geschichte Anfang des 20. Jahrhunderts.
Welche Aspekte des Stücks werden Sie hervorheben?
Ich möchte es nachvollziehbar machen, weshalb eine Frau all diese Türen öffnet – und zwar so, dass sich ein modernes, weibliches Publikum angesprochen fühlt.
Was ist für Sie der größte Unterschied zwischen dem Inszenieren von Theaterstücken und dem von Opern?
Dass bei der Oper die Musik das Tempo der Handlung vorgibt.
Beobachten Sie das Publikum während einer Aufführung?
Aber natürlich.
Wessen Arbeit ist härter – Ihre oder die der Schauspieler und Sänger?
Wir haben beide gleich viel zu tun.
Eine Erfindung, die Sie gern gemacht hätten?
Penicillin.
Welche Ihrer Produktionen war Ihnen die wichtigste?
Eine Adaption des Romans The Waves von Virginia Woolf. Das war 2006 am Royal National Theatre in London. Die Arbeit daran hat mich dazu gebracht, Ton und Video im Theater auf ganz neue Weise einzusetzen.
Wenn es Zeitmaschinen gäbe, wohin würden Sie reisen?
In eine Epoche vor der Industriellen Revolution. Ich würde unsere Welt gerne einmal in dem Zustand sehen, in dem sie war, bevor wir sie zerstört haben. Die Industrialisierung hat alles vermasselt.
Welche Frau betrachten Sie als die bedeutendste in der Theatergeschichte?
Pina Bausch. Weil sie perfekte Ausdrucksmöglichkeiten für unsere westlichen Nachkriegserfahrungen, insbesondere unsere Geschlechterpolitik, gefunden hat.
Sind Sie abergläubisch?
Nein.
Eine Erfindung, die die Welt noch braucht?
Einen Ersatz für fossile Brennstoffe.
Das in Ihren Ohren schlimmste Geräusch?
Ein Kind, das vor Schmerzen weint.
Und das schönste?
Ein Kind, das lacht.
Welches Lied verbinden Sie mit Ihrer Kindheit?
All You Need is Love von den Beatles.
Haben Sie schon einmal eine Wette verloren?
Ich wette nicht.
Wem schulden Sie noch einen Gefallen?
Oh, vielen, vielen Leuten.
Welche Musik würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
John Eliot Gardiners Aufnahme der Matthäus-Passion von Bach.
Was soll auf Ihrer Beerdigung gespielt werden?
Was auch immer meine Tochter dann auswählt.
Und was möchten Sie vorher noch "erledigen"?
Sicherstellen, dass meine Tochter glücklich ist. Und: unter ökologischen Gesichtspunkten besser, nachhaltiger leben.
Die Fragen stellte Katja Schönherr