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CORONA-KRISE: WAS MÜSSEN
In Deutschland und Bayern spitzt sich die Lage im Zusammenhang mit der Ausbreitung des Corona-Virus weiter zu. Von Seiten der Behörden wurden zahlreiche Maßnahmen beschlossen, um die weitere Ausbreitung zu verhindern, u.a. gilt eine bayernweite vorläufige Ausgangsbeschränkung, außerdem wurden alle Schulen und Kindertageseinrichtungen geschlossen. Was müssen Beschäftigte des Freistaates Bayern wissen? Das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat hat hierzu Hinweise herausgegeben (Stand: 18. März 2020).
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DARF ICH ZU HAUSE BLEIBEN, WEIL ICH BEFÜRCHTE, MICH IM DIENST BZW. IN DER ARBEIT ANZUSTECKEN? Die Befürchtung vor Ansteckung allein reicht nicht aus, dem Dienst bzw. der Arbeit fernbleiben zu können. Beschäftigte dürfen nur fernbleiben, wenn sie tatsächlich dienstunfähig sind; ansonsten sind sie zum Dienst verpflichtet.
Wer zu Hause bleiben möchte, kann – unter Berücksichtigung der dienstlichen Belange – Urlaub, Zeitausgleich oder Teletage nehmen. Das Finanzministerium hat zudem für alle Ressorts festgelegt, dass Telearbeit auf Wunsch des Beschäftigten generell ermöglicht werden soll, sofern die technischen Möglichkeiten bestehen und ein geordneter Dienstbetrieb das zulässt („freiwillige Telearbeit“).
Da die Kapazitäten für Telearbeit unvermeidlich beschränkt sind, muss gegebenenfalls die Vergabe der die Telearbeit ermöglichenden Geräte durch den Behördenleiter priorisiert werden:
(1) Beschäftigte, die für den Dienstbetrieb unabdingbare Funktionen innehaben, (2) Risikogebietsrückkehrer, Beschäftigte in Quarantäne, Eltern, (3) alle anderen Beschäftigten.
DARF ICH ZUHAUSE BLEIBEN, WENN DIE ANSTECKUNG MIT DEM CORONA-VIRUS FÜR MICH EIN BESONDERES GESUNDHEITSRISIKO DARSTELLT? Für Beschäftigte, für die eine Ansteckung mit dem Corona-Virus ein erhöhtes Gesundheitsrisiko darstellt (z.B. Leukämie, Diabetes, Lungenerkrankungen), sind aus Fürsorgegründen in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt die erforderlichen Maßnahmen abzustimmen (z.B. kein Publikumsverkehr, kein Servicezentrum, Telearbeit etc.). Wenn die vom Arzt für notwendig erachteten Maßnahmen nicht umgesetzt werden können, muss der Arzt entscheiden, ob der Beschäftigte noch dienst- bzw. arbeitsfähig ist.
WAS PASSIERT, WENN BEI MIR DER VERDACHT AUF EINE CORONA-VIRUS-INFEKTION BESTEHT (VERDACHTSFALL/ KONTAKTFÄLLE)? Beschäftigte, die unspezifische Allgemeinsymptome oder Atemwegsprobleme jeglicher Schwere zeigen und in den letzten vierzehn Tagen vor Erkrankungsbeginn Kontakt zu einem bestätigten an COVID-19 Erkrankten hatten, sind als dienst- bzw. arbeitsunfähig zu behandeln und dürfen deshalb auch nicht zum Dienst erscheinen, bis das Vorliegen einer Corona-Virus-Infektion abgeklärt ist. Diese Beschäftigten sind verpflichtet, sich umgehend telefonisch an ihren Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Tel. 116 117) und an das Gesundheitsamt zu wenden.
Hatte ein Beschäftigter wissentlich Kontakt zu einem bestätigten an COVID-19 Erkrankten, hat aber selbst (noch) keine Krankheitssymptome, ist umgehend das Gesundheitsamt zu kontaktieren. Wird ein Test vorgenommen, ist der Beschäftigte während des Zeitraums bis zum Vorliegen der Ergebnisse als dienst- bzw. arbeitsunfähig anzusehen.
Erfolgt kein Test, ist der Beschäftigte dienst- bzw. arbeitsfähig. Anordnungen/ Empfehlungen des Gesundheitsamtes sind umzusetzen. Sofern das Gesundheitsamt Tele- oder Heimarbeit empfiehlt, sind diese Maßnahmen – soweit möglich – zu gewähren. Sofern Tele- oder Heimarbeit nicht möglich ist, bleibt der/ die Beschäftigte weiterhin zur Dienstleistung an der Dienststelle verpflichtet.
Hatte der Beschäftigte Kontakt zu einem „bloßen“ Verdachtsfall, also zu einer Person, bei der es (noch) keine Bestätigung einer Infektion gibt, und ist der Beschäftigte symptomfrei, ist der Beschäftigte dienst- bzw. arbeitsfähig.
WAS MUSS ICH BEACHTEN, WENN ICH AUS EINEM RISIKOGEBIET ZURÜCKGEKEHRT BIN? Für Beschäftigte, die sich innerhalb der letzten 14 Tage in einem Risikogebiet (nach dem RKI) aufgehalten haben und
keine Krankheitssymptome aufweisen, ist, soweit das dienstlich möglich ist, Tele- oder Heimarbeit bis 14 Tage nach Rückkehr anzuordnen. Eine Anrechnung auf Teletage etc. erfolgt nicht. Dazu müssen die Beschäftigten die Dienststellenleitung bzw. die von dieser bestimmten Stelle unverzüglich informieren.
Beschäftigte, die unspezifische Allgemeinsymptome oder Atemwegsprobleme jeglicher Schwere zeigen und sich in den letzten vierzehn Tagen vor Erkrankungsbeginn in einem Risikogebiet aufgehalten haben, sind als dienst- bzw. arbeitsunfähig zu behandeln und dürfen deshalb nicht zum Dienst erscheinen, bis das Vorliegen einer Corona-Virus-Infektion abgeklärt ist. Diese Beschäftigten sind verpflichtet, sich umgehend telefonisch an ihren Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Tel. 116 117) zu wenden.
Für Reiserückkehrer aus Risikogebieten, die symptomfrei sind, aber keine Teleoder Heimarbeit machen können, sei es, weil der Arbeitsplatz nicht geeignet ist oder weil die technische Ausrüstung nicht zur Verfügung steht, kann eine Freistellung vom Dienst grundsätzlich nicht gewährt werden. Ausnahmen hiervon wurden bisher beispielsweise für Beschäftigte des Justizvollzugs zugelassen.
WELCHE KONSEQUENZEN HAT ES, WENN ICH UNTER QUARANTÄNE GESTELLT WERDE? Werden Beschäftigte durch Anordnung des Gesundheitsamtes im Inland unter Quarantäne gestellt, ist vorrangig Telearbeit wahrzunehmen (sofern man dienstund arbeitsfähig ist). Eine Freistellung vom Dienst erfolgt, wenn keine Telearbeit möglich ist. Beamte werden dann nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlMV vom Dienst freigestellt, und zwar unter vollständigem Verzicht auf die Einarbeitung der versäumten Arbeitszeit. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmer.
Beschäftigte, bei denen keine Quarantäne durch das Gesundheitsamt angeordnet wurde, müssen zum Dienst erscheinen.
Beamte, die sich im Ausland aufhalten, aber aufgrund sicherheitsbehördlicher An ordnungen im Sinne von Quarantänemaßnahmen nicht mehr nach Deutschland zurückkehren können, werden nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlMV vom Dienst freige stellt unter vollständigem Verzicht auf die Einarbeitung der versäumten Arbeitszeit. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmer.
Sind Beschäftigte im Urlaub von Quarantäne-Maßnahmen betroffen, wird der Urlaub ab diesem Zeitpunkt abgebrochen und durch eine Freistellung vom Dienst „ersetzt“.
WAS PASSIERT, WENN MIR DIE RÜCKREISE AUS DEM URLAUB NICHT MEHR MÖGLICH IST? Beamte, die sich im Ausland aufhalten, aber aufgrund sicherheitsbehördlicher Anordnungen keine Möglichkeit zur Heimreise haben, werden nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlMV vom Dienst freigestellt unter vollständigem Verzicht auf die Einarbeitung der versäumten Arbeitszeit. Das Gleiche gilt für Arbeitnehmer.
KANN ICH SELBST ZU HAUSE BLEIBEN, WENN ICH KEINE BETREUUNGSMÖGLICHKEIT FÜR MEINE KINDER HABE?
(a) Rechtslage bei Schließung von Klassen/einzelnen Betreuungseinrichtungen
Beschäftigte (= Beamte und Tarifbeschäftigte) werden nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UrlMV bis zu zehn Arbeitstage vom Dienst freigestellt unter vollständigem Verzicht auf die Einarbeitung der versäumten Arbeitszeit, wenn ansonsten eine Betreuung nicht sichergestellt werden kann. Soweit neben der Kinderbetreuung Tele- oder Heimarbeit möglich ist, ist diese wahrzunehmen.
Die Freistellung wird grundsätzlich im Umfang von bis zu 10 Tagen gewährt. Muss ein Beschäftigter mehrere Kinder betreuen, die nicht gleichzeitig von der Schließung der Einrichtung betroffen sind, kann auch für diese Kinder eine zusätzliche Freistellung von bis zu 10 Tagen gewährt werden. Entsprechend gilt das für mehrere zeitlich wiederholte Schulschließungen.
Wenn ein erkranktes Kind länger als 10 Tage zu Hause betreut werden muss/soll, kann neben der Freistellungsmöglichkeit nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 d, bb, ggf. i.V.m. Abs. 3 UrlMV im Umfang von maximal 10 Tagen keine weitere Freistellung gewährt werden.
(b) aktuelle Rechtslage wegen des generellen Schließens von Betreuungseinrichtungen
Telearbeit und subsidiär Freistellung vom Dienst (unter Fortzahlung der Bezüge) für Eltern werden für die Gesamtdauer der Schließung der Schulen (also nicht während der Schulferien) und sonstigen Betreuungseinrichtungen gewährt, sofern ein geordneter Dienstbetrieb die Tele- oder Heimarbeit bzw. die Freistellung zulässt und die Tele- oder Heimarbeit bzw. die Freistellung wegen der Betreuung der Kinder notwendig ist. Die Betreuungsnotwendigkeit muss konkret dargelegt und geprüft werden. Das gilt vor allem bei Kindern, die über 14 Jahre alt sind. Eine feste Altersgrenze gibt es aber nicht.
Im Unterschied zur Telearbeit kann eine Freistellung nur gewährt werden, wenn der Beschäftigte ansonsten trotz Ausschöpfung aller Möglichkeiten keine Betreuung sicherstellen kann. Nicht erforderlich ist aber, dass Personen über 60 Jahre um die Übernahme der Betreuung gebeten werden.
Neben der Gesundheit der Beschäftigten hat die Arbeitsfähigkeit der Behörden oberste Priorität. Möglich ist deshalb auch, die Freistellung nur stundenweise oder tageweise zu gewähren.
Den Beschäftigten ist es untersagt, Kinder an die Dienststelle mitzubringen, es erfolgt keine Kinderbetreuung an den Behörden. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn andernfalls der Dienstbetrieb nicht mehr sichergestellt werden kann, dürfen Kinder vereinzelt und vorübergehend mitgebracht werden.
WAS MACHE ICH, WENN ICH PFLEGEBEDÜRFTIGE ANGEHÖRIGE BETREUEN MUSS? Tele- oder Heimarbeit und subsidiär Freistellung vom Dienst (unter Fortzahlung der Bezüge) wird auch für die Betreuung eines pflegebedürftigen Angehörigen, soweit diese zwingend nötig und nicht anderweitig möglich ist. Die Betreuungsmöglichkeit muss konkret dargelegt und geprüft werden. Das gilt vor allem, wenn die Angehörigen nicht zu Hause gepflegt werden.
DARF MEIN DIENSTVORGESETZTER MICH AUF DIENSTREISE IN EIN RISIKOGEBIET SCHICKEN? Dienstreisen in Risikogebiete sind ab sofort untersagt. Ansonsten dürfen Dienstreisen generell nur genehmigt werden, wenn sie zwingend notwendig sind. Nach Möglichkeit sind Video- und Telefonkonferenzen durchzuführen.
WAS IST MIT AUS- UND FORTBILDUNGEN? Die HföD, die LFS und die Bildungseinrichtung in St. Quirin sind geschlossen. Es wurde außerdem empfohlen, sämtliche Fortbildungen auszusetzen.
DARF MEIN DIENSTVORGESETZTER MIR EINE PRIVAT GEPLANTE REISE IN EIN RISIKOGEBIET UNTERSAGEN? Private Reisen in Risikogebiete können zwar dienstrechtlich nicht untersagt werden, weil sie das außerdienstliche Verhalten des Beamten betreffen und dieses nur einheitlich wie bei Nicht-Beamten durch das Infektionsschutzgesetz bzgl. der Risikogebiete erfasst werden kann. Auch entsprechende Urlaubsanträge (sofern das Reiseziel überhaupt bekannt ist) dürfen nicht abgelehnt werden. Im eigenen Interesse ist es jedoch für keinen Beschäftigten des Freistaats Bayern sinnvoll, in ein Risikogebiet zu reisen. Reisen sollten nach Möglichkeit storniert werden, wenn keine Stornierungskosten anfallen. Wird eine Reise in ein Risikogebiet erst zu einem Zeitpunkt gebucht und unternommen, in dem die Einstufung als Risikogebiet bereits bekannt ist, ist das bei einem Beschäftigten des Freistaats Bayern als unverantwortliches Handeln anzusehen. Freistellungen vom Dienst bei Quarantänemaßnahmen im Ausland oder Rückreiseschwierigkeiten werden dann nicht mehr gewährt.
Besteht weiterhin die Notwendigkeit, bei Vorliegen einer Krankheit bzw. bei erkranktem Kind ein Attest vorzulegen? Ein generelles Absehen von einer Pflicht zur Vorlage eines Attestes ist nicht möglich. Sofern die Beibringung eines solchen nicht möglich ist, ist eine diesbezügliche dienstliche Erklärung des/der Beschäftigten ausreichend. Der/Die Beschäftigte ist jedoch verpflichtet, sich um die Nachreichung eines entsprechenden Attestes zu bemühen.
Zum Schutz der schwangeren und stillenden Beschäftigten in seinem Geschäftsbereich hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen und für Heimat vor dem Hintergrund der durch die Baye rische Staatsregierung verhängten vorläufigen Ausgangsbeschränkungen anlässlich der Corona-Pandemie eine Allgemeinverfügung erlassen.
WAS GILT FÜR SCHWANGERE BESCHÄFTIGTE? Bis zur Aufhebung der bayernweit verhängten Ausgangsbeschränkungen gilt:
Für alle schwangeren Beschäftigten (Beamtinnen und Arbeitnehmerinnen) des gesamten Geschäftsbereichs des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen und für Heimat wird ab 25. März 2020, 0 Uhr, ein betriebliches Beschäftigungsverbot für eine Tätigkeit in der Behörde ausgesprochen.
Schwangere, die über einen Telearbeits- bzw. Homeoffice-Arbeitsplatz verfügen, sind weiterhin zur Dienstleistung verpflichtet. Diese Beschäftigten dürfen ihren Dienst ausschließlich im Wege von Telearbeit bzw. Homeoffice leisten, eine Tätigkeit vor Ort in der Behörde wird bis zur Aufhebung der Ausgangsbeschränkungen untersagt.
- Dieses Beschäftigungsverbot wird unabhängig davon ausgesprochen, ob die Ausgangsbeschränkung den Wohnort oder den Beschäftigungsort der schwangeren Frau betrifft, sodass auch Schwangere davon umfasst werden, die außerhalb Bayerns wohnen.
WAS GILT FÜR STILLENDE BESCHÄFTIGTE? Für stillende Beschäftigte wird kein betriebliches Beschäftigungsverbot angeordnet. Das Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales hat hierfür in seinem Schreiben vom 24. März 2020 ausgeführt, dass derzeit keine Notwendigkeit besteht, auch für eine stillende Frau ein betriebliches Beschäftigungsverbot auszusprechen. Das Coronavirus SARS-CoV-2 wird insbesondere über Tröpfchen von akut infizierten Personen übertragen. Es gibt keine Hinweise dafür, dass das Coronavirus SARS-CoV-2 auch über die Muttermilch übertragen wird oder die Stillqualität beeinträchtigt (Reduktion der Milchmenge).
Das Kind darf allerdings nicht im Betrieb gestillt werden, sofern in der Einrichtung kein geeigneter infektionsgeschützter Raum zum Stillen vorhanden ist. Ansonsten wäre das Kind dort einem höheren Infektionsrisiko ausgesetzt, als es für die Allgemeinbevölkerung während einer Ausgangssperre/ Ausgangsbeschränkung der Fall ist.
Informieren Sie sich auch auf der Homepage des BBB. Dort werden die Hinweise für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes in Bayern laufend aktualisiert.
Behördensatelliten HEIMATNAHE ARBEITSPLÄTZE FÜR PENDLER
Mit fünf neuartigen „Behördensatelliten“ will der Freistaat einige seiner Mitarbeiter vom Pendeln entlasten. In Aichach, Altötting, Bad Aibling, Landsberg am Lech und Schwandorf entstehen nun voraussichtlich ab Mai 2020 Arbeitsplätze, die allen Staatsbediensteten offenstehen, die mehr als 50 Kilometer zum Arbeiten nach München, Regens burg oder Nürnberg fahren.
Um die Wettbewerbsfähigkeit des Freistaates im Hinblick auf Personalgewinnung und -bindung auch in Zukunft gewährleisten zu können, hat der Ministerrat am 9. Oktober 2018 das Konzept „Behördensatelliten“ beschlossen. Die fünf Standorte sind als Pilotprojekt gedacht. Sollte es sich bewähren, sollen auch in anderen Regionen diese Büroräume entstehen. Um die einheitliche Nutzung der Behördensatelliten zu gewährleisten, wurden vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat Verwaltungsvorschriften erarbeitet. Ein erster Entwurf liegt dem BBB nun zur Stellungnahme vor.
WER DARF DIE BEHÖRDENSATELLITEN BENUTZEN? Die neuen Büros sind an das Behördennetz angeschlossen und stehen Beamten und Angestellten aus allen Ressorts der Staatsregierung offen, die mehr als 50 Kilometer zu ihrem Dienstsitz in München, Nürnberg und Regensburg zurücklegen. Voraussetzung für die Nutzung ist selbstverständlich, dass dies die Art ihrer Tätigkeit zulässt und die Funktionsfähigkeit der Dienststelle dadurch nicht beeinträchtigt wird.
WELCHE BÜRORÄUME STEHEN ZUR VERFÜGUNG? Die Behördensatelliten werden mit rund 20 Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt. Die Räumlichkeiten bestehen dabei aus unterschiedlichen Raumkategorien: Einzel-, Zweier und Dreierbüros, barrierefreies Eltern-Kind-Büro, Ruhigarbeitsbereich und Besprechungsraum. Der Besprechungsraum sowie der Ruhigarbeitsbereich kann sogar von allen Bediensteten des Freistaates Bayern gebucht werden.
WIE KANN DER BESCHÄFTIGTE EINEN ARBEITSPLATZ RESERVIEREN? Die Buchung erfolgt über ein RaumRessourcen-Management-System. Der Zugang erfolgt über das Portal Mitarbeiterservice Bayern. Innerhalb einer Arbeitsplatzkategorie läuft die Vergabe nach der zeitlichen Reihenfolge ab (Windhund-Prinzip). Davon ausgenommen sind u.a. die Eltern-Kind-Büros, die vorrangig für Bedienstete mit Behinderung oder zur Betreuung eigener Kinder genutzt werden sollen.
SATELLITEN BENUTZEN? Die Modalitäten bezüglich der Nutzungsdauer regelt der jeweilige Geschäftsbereich in eigener Verantwortung. Hierbei geht es insbesondere um die Entscheidung, an wie vielen Tagen in der Woche die Bediensteten die Büros nutzen dürfen, welches Arbeitszeitmodell auf die Arbeit in Behördensatelliten Anwendung findet, wie die Zeiterfassung erfolgen soll und ob ein zeitlicher Anwesenheitskorridor in den Büroräumen der Behördensatelliten verpflichtend sein soll.
ANMERKUNG DES BBB ZUM ENTWURF In seiner Stellungnahme hat der BBB angeregt, die Regelung zur Nutzungsberechtigung (mindestens 50 Kilometer Fahrstrecke) flexibler auszugestalten, damit Bedienstete mit einem Fahrweg von unter 50 Kilometern nicht von vornherein ausgeschlossen sind. Insbesondere dann, wenn die Büros der Behördensatelliten nicht voll ausgelastet sein sollten. Gerade für Bedienstete mit familiären Pflichten sind schon Strecken zwischen 25 bis 50 Kilometer eine besondere Herausforderung.
Außerdem wäre eine Ausdehnung der Nutzungsberechtigung für Bedienstete, die ihren Dienstsitz in Augsburg haben, sinnvoll. Insbesondere vor dem Hintergrund der weiteren Behördenverlagerungen wird sich die Zahl der Beschäftigten mit Dienstsitz in Augsburg weiter erhöhen. Mit den Standorten Aichach und Landsberg am Lech stehen auch zwei Behördensatelliten zur Verfügung, die diese Bediensteten sinnvoll nutzen können.
BETEILIGUNGEN
- Entwurf „Verwaltungsvor
schrift über die einheitliche Nutzung der Behördensatelliten (VerwaltungsvorschriftBehördensatelliten – BSatVV)“, siehe Seite 9
- 2. Änderungsentwurf zur Berufsfachschulordnung Pflegeberufe (BFSO Pflege)
VERÖFFENTLICHUNGEN
- Verordnung zur Änderung der Verordnung über den fachlichen
Schwerpunkt veterinär-technischer Dienst in der Fachlaufbahn Naturwissenschaft und Technik, GVBl. 2020, Seite 26
- Verordnung zur Änderung der
Verordnung über die Aufwandsentschädigung für Bürokosten der Gerichtsvollzieher, GVBl. 2020, Seite 84
- Verordnung zur Änderung der
Verordnung über Sachbezugswerte und ihre Anrechnung auf die Besoldung, GVBl. 2020, Seite 86
- Verordnung zur Änderung
beruflicher Schulordnungen, GVBl. 2020, Seite 126
ERSTATTUNG DER KOSTEN FÜR BILDSCHIRMBRILLEN
- Dem Rahmenvertrag mit dem Landesinnungsverband des
bayerischen Augenoptikerhandwerks über die Versorgung der Beschäftigten des Freistaats Bayern mit Bildschirmbrillen sind weitere Optiker beigetreten. Gleiches gilt für den Rahmenvertrag mit der Augenoptiker-Innung für Mittel- und Unterfranken.
Die aktualisierten Listen sind im Intranet (www.stmf.bybn.de; Rubrik: Personal/Kostenerstattung für Bildschirmbrillen bzw. www.bybn.de; Rubrik: Personalwesen) abrufbar.
Bündnis für frühkindliche Bildung
Anfang Februar fanden erneut Sitzungen der Arbeitsgruppen „Fachkräftegewinnung“ und „Kita 2050“ statt. Gegenstand der Sitzungen war ein erster Entwurf eines Zwischenberichts, der genauer erörtert wurde.
Diskutiert wurde in der Fachgruppe „Kita 2050“ über den künftigen Umfang der Öffnungszeiten, der sich auch an der Weiterentwicklung der Arbeitswelt orientieren wird, aber auch über die Entwicklung der Interessen der Kinder und der Eltern, über den Personalmangel und den Betreuungsumfang, über die Rolle der Elternarbeit und Elternbegleitung in der Zukunft und über das Ziel einer gleichwertigen frühkindlichen Bildung in ganz Bayern, unabhängig von regionalen Unterschieden. Auch die Nutzung digitaler Medien und der Aufbau von digitalen Kompetenzen, sowie der Austausch mit den Schulen mit dem Ziel der besseren Vernetzung der Systeme wurde thematisiert.
In der Arbeitsgruppe „Fachkräftegewinnung“ ging es zunächst um die Reform der Erzieherausbildung. Dabei wurde über eine Verkürzung des sozialpädagogischen Seminars auf ein Jahr, über die Änderungsmöglichkeiten bei der Ausbildung zur staatlich geprüften Kinderpflegerin bzw. Kinderpfleger, über die Ausweitung der Erzieherausbildung mit optimierten Praxisphasen und über Änderungen bei der Heilerziehungspflegeausbildung diskutiert. Thematisiert wurden zudem anschlussfähige Qualifizierungskonzepte, um den Beruf der staatlich geprüften Erzieherin bzw. des staatlich geprüften Erziehers auf verschiedenen Wegen zu ermöglichen, die Schaffung zusätzlicher Ausbildungskapazitäten, bezahlbarer Wohnraum, die Steigerung der Attraktivität der Berufe durch Änderung der Arbeitszeitgestaltung und Ausbildungsvergütung, der effektiven Personaleinsatz und eine mögliche Akquise ausländischer Fachkräfte.
Ziel ist nun, die diskutierten Themen zu vertiefen und ggf. zusätzliche Themen aufzugreifen. Auch der BBB hat sich zu den genannten Themen geäußert.
MITARBEITERSCHUTZ VOR GEWALT PROJEKT:
Das von Finanzministerium und BBB gemeinsam ins Leben gerufene Projekt „Mitarbeiterschutz vor Gewalt“ läuft erfolgreich an. Es wurden verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, um das Thema strukturiert aufzuarbeiten. Die Diskussionen sind intensiv, teilweise kontrovers, aber immer zielorientiert. Eine Umfrage des BBB verdeutlicht erneut die Bereiche, in denen Handlungsbedarf besteht.
Ziel des Projekts ist es, ein bereichsübergreifendes Programm zu entwickeln, dass sämtlichen Mitarbeitern des bayerischen öffentlichen Dienstes Schutz bietet vor Gewalt am Arbeitsplatz. Es sollen Standards entwickelt werden, die für alle Beschäftigten gleichermaßen gelten und je nach Tätigkeits- und Arbeitsumfeld die passenden Maßnahmen erlauben. Dabei gliedert sich das Gesamtprojekt in verschiedene Teilbereiche wie z.B. Prävention, Nachsorge und Schulungen.
Eingesetzt wurden drei Arbeitsgruppen, die mit – je nach Themenschwerpunkt der Arbeitsgruppe – Fachleuten aus verschiedensten Bereichen besetzt sind. Die erste Runde der Zusammenkünfte der Arbeitsgruppen hat bereits zahlreiche Hürden aufgezeigt, die zu nehmen sein werden. So wird es nicht ganz einfach sein, einheitliche Standards für die doch sehr unterschiedlichen Bereiche des öffentlichen Dienstes zu schaffen.
Auch die Definition des Gewaltbegriffs im Sinne der notwendigen Maßnahmen ist nicht ganz einfach. Was auf den ersten Blick ganz selbstverständlich erscheint, erweist sich bei näherer Betrachtung und Diskussion als doch in vielerlei Hinsicht subjektiv geprägt. Wer aber Vorschriften zum Schutz des Einzelnen schaffen möchte, braucht eine solide definierte Grundlage. Deshalb wurde allein zu diesem Punkt eine eigene Arbeitsgruppe eingesetzt, die nun intensiv diskutiert und den Begriff in alle Richtungen abklopft, dreht und wendet.
Zur besseren Eingrenzung der anzugehenden Problembereiche hat der BBB über seine Homepage und auch auf Facebook eine anonyme Online-Umfrage gestartet. Schon hier zeigt sich deutlich die zu bewältigende Problematik: Fast ein Drittel der Umfrage-Teilnehmer hatte Erlebnisse, die unter dem Begriff der psychischen Gewalt einzuordnen waren. Gleichzeitig betrafen viele der dargestellten Vorfälle die Bereiche, in denen der öffentliche Dienst Bürgern in Ausnahmesituationen gegenübersteht, sei es bei diversen Genehmigungsverfahren, die die wirtschaftliche Lebensgrundlage betreffen, im Rahmen von der Gewährung von Sozialleistungen oder im Zusammenhang mit Erkrankungen. Wo aber ist die Grenze zu ziehen, zwischen rauem Ton, der – zwar völlig unangemessen – aber im Hinblick auf die zu erledigende öffentliche Aufgabe noch hinzunehmen ist, und einer Gewaltausübung, vor der jeder Mensch zu schützen ist? Vor allem dann, wenn an diese Handlung auch rechtlich zu begründende Folgen geknüpft werden sollen. Oberstes Ziel des BBB ist es, jeden Einzelnen vor jeglicher Art von Gewalt umfassend zu schützen, bestmöglich im Vorfeld, effektiv in der Nachsorge und im Ausgleich möglicher Schäden. Damit hier ein verlässlich funktionierendes System greifen kann, braucht man klar definierte Grundlagen. Daran arbeiten alle Beteiligten der Arbeitsgruppen intensiv.
Hier geht’s zur OnlineUmfrage!
Nachtragshaushalt 2020 verabschiedet
Geschlossen hat der Landtag Mitte März den Nachtragshaushalt verabschiedet. Er stand ganz im Zeichen der Corona-Krise, zu deren Überbrückung ein Zehn-Milliarden-Euro-Hilfspaket vorgesehen ist. Mit einem zweiten Nachtragshaushalt soll dieses demnächst verdoppelt werden. Es war das erste Mal seit mindestens 30 Jahren, dass Opposition und Regierung einen Haushalt gemeinsam beschließen.
Die Schuldenbremse darf ausgesetzt werden, weil eine außergewöhnliche Notsituation herrscht. Finanzminister Füracker ist sicher: "Diese Krise wird uns Jahre beschäftigen“. Das Geld soll in den Gesundheitssektor, aber vor allem in die Wirtschaft fließen. Die zehn Milliarden Euro sollen von 2024 an, ein Jahr nach der Landtagswahl, mit jeweils 500 Millionen Euro pro Jahr zurückgezahlt werden.
Die Schwerpunkte des im Dezember eingebrachten Gesetzentwurfs sind geblieben: Bis 2023 sollen zwei Milliarden Euro in die HightechAgenda fließen. Geschaffen werden damit u. a. als Teil einer großen Hochschulreform rund 10.000 neue Studienplätze und 1.000 neue Professuren. Für den Mittelstand sind rund 400 Millionen Euro vorgesehen, etwa für wichtige Innovationen und Digitalisierung. Daneben werden Klima- und Artenschutz gefördert. Die Beförderungsmöglichkeiten von Lehrerinnen und Lehrern an Grund- und Mittelschulen werden mit 2.000 Stellenhebungen im Verhältnis des bisherigen Stellenbestands weiter verbessert.
Umbildung im bayerischen Kabinett
Carolina Trautner, Sozialministerin (oben) und Kerstin Schreyer, Ministerin für Bauen, Wohnen und Verkehr
Carolina Trautner ist neue Sozialministerin, ihre Vorgängerin Kerstin Schreyer ist jetzt Ministerin für Bauen, Wohnen und Verkehr.
Der Bayerische Landtag hat im Februar dem Vorschlag zur Kabinettsumbildung von Ministerpräsident Dr. Markus Söder zugestimmt. Die bisherige Sozialministerin Kerstin Schreyer ist nun Ministerin für Bauen, Wohnen und Verkehr. Baustaatssekretär wird Klaus Holetschek. Die neue Ministerin für Familie, Arbeit und Soziales ist die bisherige Sozialstaatssekretärin Carolina Trautner. Ministerpräsident Markus Söder betonte, dass zumindest bei den CSU-Ministern im Kabinett der Frauenanteil bei 50 Prozent liegt.
VORTRAG BEIM BBB-HAUPTVORSTAND Digitalisierungsprozess in der Beihilfe geht voran
Der Digitalisierungsprozess in der Beihilfe schreitet immer weiter voran. Mit dem Portal „Mitarbeiterservice Bayern“ (MSB) steht den Beschäftigten des Freistaates Bayern u. a. ein volldigitales Beihilfeverfahren zur Verfügung. Bei der letzten Sitzung des BBB-Hauptvorstandes haben Ministerialrat Peter Rötzer und Ministerialdirigent Dr. Rainer Bauer, Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat, über die aktuellen Entwicklungen beim Mitarbeiterservice Bayern, speziell bei der Beihilfe, berichtet.
Das Ziel sei die umfassende papierlose Sachbearbeitung der Beihilfe (PSB). Die Umsetzung wird in 3 Stufen erfolgen:
Stufe 1: Scannen und Erkennen
Stufe 2: Computergestützte Rechnungsprüfung (CRP)
Stufe 3: Dunkelverarbeitung
Derzeit liegt der Fokus auf Stufe 2, der computergestützten Rechnungsprüfung (CRP). Dies erfolgt durch ein differenziertes Regelwerk mit Vorgaben zur PZN – Arzneimittel (Pharmazentralnummer), GOÄ – Gebührenordnung für Ärzte, GOZ – Gebührenordnung für Zahnärzte und zum Beihilferecht. Die CRP befindet sich derzeit noch in der Anfangsphase und wird Stück für Stück ausgeweitet.
Strategisch gesehen soll der IT-Einsatz angesichts der steigenden Beihilfeanträge die Wirtschaftlichkeit und Arbeitsplatzqualität steigern und damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlasten. Die Redner haben auch klargestellt, dass im IT-Bereich die eigene Handlungsfähigkeit zwingend notwendig sei. Deswegen werden IT-Aufträge soweit möglich nicht an externe Firmen vergeben, sondern durch interne IT-Experten ausgeführt. Auch die Daten sollen in den Rechenzentren des Finanzministeriums bleiben. In diesem Zusammenhang werde auch das Thema Datenschutz und Datensicherheit sehr ernst genommen. Der Mitarbeiterservice Bayern wurde daher intensiv mit den Datenschutzbeauftragen abgestimmt. Ziel sei es, dass möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die digitale Antragstellung nutzen können.
Insgesamt soll der automatisierte Informationsabgleich weiter ausgebaut werden, ebenso die Online-Plattform des Mitarbeiterservice Bayern im Gesamten, deren Benutzerzahlen in den letzten Jahren bereits sehr deutlich anstiegen, wie Herr Dr. Bauer und Herr Rötzer präsentieren konnten. Zukünftig soll es auch möglich sein, die Online-Plattform über eine App benutzen zu können. Diese soll voraussichtlich bis Ende des Jahres zur Verfügung stehen.
DIGITALER ORDNER: Die Bekanntgabe von Dokumenten ist jetzt auch elektronisch möglich. Entscheidet sich die/der Beschäftigte für diesen neuen Weg, erhält sie/er Bezügemitteilung, Lohnsteuerbescheinigung und Beihilfebescheide (mit Belegen) schnell und umweltfreundlich.
BEIHILFEONLINE: Der Antrag auf Beihilfe kann elektronisch ausgefüllt werden, Belege können hochgeladen und anschließend online gestellt werden. Über den Navigationspunkt „Auskunft“ wird die/der Beschäftigte über den Bearbeitungsstand der eingereichten Beihilfeanträge informiert. Es ist eine deutlich schnellere Antragsbearbeitung und Überweisung der Beihilfe möglich, außerdem fallen keine Portokosten für die Beschäftigten mehr an.
REISEMANAGEMENT: Mit dem Bayerischen Reisemanagement System (BayRMS) können dienstlich veranlasste Reisen papierlos und schnell beantragt, genehmigt und abgerechnet werden.
Weiterführende Links: www.mitarbeiterservice.bayern https://youtu.be/EcYM05kgfsU
ENTWICKLUNG DER BENUTZERZAHLEN ENDE 2016 ENDE 2017 ENDE 2018 ENDE 2019 FEB. 2020 Portalnutzer gesamt (authega) 16.840 41.726 54.145 96.483 125.909 Digitaler Ordner 7.441 21.026 27.884 43.369 56.268 Reisemanagement 11.314 21.825 29.890 44.495 48.613 Beihilfe online 7.512 19.730 26.206 52.288 76.892 160.000 140.000 120.000 100.000 80.000 60.000 40.000 20.000 0 ANZAHL DER NUTZER Quelle: Bayerisches Staatsministerium der Finanzen und für Heimat (Februar-Zahlen vom 21.2.2020)
ANGESICHTS VON AGGRESSION UND GEWALT: Damit aus Erlebnissen, auf die man hätte verzichten können, Trauma kein wird
Einerseits kann man darüber diskutieren, warum in unserer Gesellschaft der „Anstand“ abhandenkommt, warum Menschen „Ich-bezogener“ werden und einige zunehmend nervös bis aggressiv und übergriffig reagieren, wenn sie sich in ihren Rechten verletzt, gekränkt oder auch nur nicht hinreichend zuvorkommend „bedient“ fühlen. Sicher hat es in unserer Gegenwart etwas mit zunehmenden sozialen und beruflichen Unsicherheiten zu tun, mit eskalierender Beschleunigung, mit „Wertewandel“ und dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher soziokultureller Normen. Andererseits hilft diese Diskussion Menschen, die in Ausübung ihres Berufes zur Zielscheibe und zum Opfer entsprechender Gewalt werden, nicht. Man selber ist bemüht, allen Vorschriften, so gut es geht, genüge zu leisten und allem gerecht zu werden ... um plötzlich als Person respektive stellvertretend für „den Staat“ angegriffen zu werden. Die Angriffe reichen von verbalen Beschimpfungen bis zu manifester körperlicher Gewalt. Dazu einige Beispiele:
Eine Mitarbeiterin einer Behörde versucht einem Antragsteller zu erklären, dass er die Eingangsvoraussetzungen nicht erfüllt, um bestimmte Leistungen zu erhalten. Der Antragssteller zückt ein Messer. Ihn interessieren die Vorschriften nicht, entweder er bekomme, was ihm zusteht („andere bekommen es auch“), oder die Mitarbeiterin „werde schon sehen, ich kenne da viele Leute“ und rennt weg.
- Ein Notarzt versorgt in einem UBahnschacht einen Schwerverletzten. Unvermittelt wird er von einem Passanten angeschrien: „Gehen Sie sofort aus dem Weg, machen Sie Ihren Scheiß woanders, ich muss zum Dienst“, gefolgt von einem herben Stoß auf die Schulter des Arztes.
- Auf einer Demonstration erscheinen Demonstranten vermummt und bewaffnet, offenbar gut vorbereitet, um Gewalt auszuleben. Es kommt zu erheblichen Ausschreitungen, es werden u.a. Steine auf Polizisten geworfen. Wenige Tage später gehen gegen beteiligte Polizisten Strafanzeigen ein. Sie hätten gewaltfreie Demonstranten „traumatisiert“.
- Eine Lehrerin wird in einem Elterngespräch von einem Schüler-Vater an der Schulter gepackt und geschüttelt: „Sie werden schon sehen, was Sie davon haben, wenn mein Sohn sitzenbleibt!“
Wenn Sie sich in die jeweils angegriffenen Personen hineinversetzen: Wie hätten Sie die Ereignisse erlebt? Wie hätten Sie sie in der Situation und im Nachhinein „bewältigt“? Jede Form entsprechender Übergriffe kann als „Trauma“ erlebt werden. Psychologisch bzw. Psycho-Traumatologisch gesehen ist es erheblich komplexer. Jedes entsprechende Ereignis ist zunächst einmal ein „Stressor“, auf den das Individuum aus seinem Erfahrungshorizont heraus und mit seinen Möglichkeiten reagiert. Die individuellen Reaktionen auf identische Ereignisse können deshalb sehr unterschiedlich ausfallen. Je souveräner ich mich im Umgang – in unserem Fall – mit aggressiv auftretenden Menschen fühle, umso weniger „stressig“ wird die Situation für mich sein. Und umgekehrt. Wobei über die jeweilige akute psychische und ggf. körperliche Bedrohung bzw. Schädigung weitere Aspekte hinzukommen, wie das Gefühl von Hilflosigkeit oder auch Ärger, etwa: Warum tut der Staat nicht mehr, um seine Bürger und konkret mich zu schützen? Das Ereignis und das oft anhaltende Gefühl latenter potentieller Bedrohung können – im Sinne des Bio-Psycho-Sozialen Modells (siehe BBB Nachrichten Januar/Februar 2020) – anhaltenden Stress bedingen und damit zur (Mit-)Ursache verschiedener körperlicher und psychischer Krankheiten bzw. Störungen werden (u.a. Depression, siehe BBB Nachrichten März/ April 2019).
Was ist, wenn das Ereignis derartig gravierend ist, dass unsere Wahrnehmung aufgrund etwa von „Todesangst“
nicht in der Lage ist, Inhalt und Ablauf angemessen abzubilden und in unseren Erfahrungshorizont zu integrieren? Es waren Veteranen des Vietnam-Krieges, bei denen noch Jahre später an Krieg erinnernde Geräusche, etwa aus dem Fernseher, zu „Flash-backs“, also sich massiv aufdrängenden inneren Bildern und Erinnerungen an ehemalige Erlebnisse führten. Entsprechende Fälle waren seinerzeit Anlass dafür, dass sich die Wissenschaft mit dem Phänomen beschäftigte, das sich im aktuellen Diagnosesystem der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) unter der Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ (PTBS - F 43.1) findet. Die Diagnose wird dann gestellt, wenn ein „belastendes Erlebnis ... mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, das bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde ...“ zugrunde liegt und dieses zum Ausgangs- und Bezugspunkt von wiederholtem Erleben des Traumas bzw. aufdrängenden Erinnerungen daran wurde. Weitere Symptome können u.a. Gleichgültigkeit gegenüber anderen, Freudlosigkeit und die Vermeidung von Situationen sein, die an das Trauma erinnern könnten, einhergehend mit einem erheblichen Verlust von Handlungsfähigkeit und Lebensqualität. Konzeptuell ist die Diagnose schwierig, schon deshalb, weil schwer zu definieren ist, was eine „außergewöhnliche Bedrohung“ ist. Es gibt zudem Menschen, die unsagbar Schreckliches psychisch gesund bewältigen. Isolierte Traumata werden in der Regel besser bewältigt als eine Häufung davon, zumal wenn sie in einer sensiblen Phase der Entwicklung auftreten (Vernachlässigung und Traumatisierungen in der Kindheit). Andererseits sind bildhafte Erinnerungen in gewissem Umfang normal. Im Guten (kennen Sie plötzlich auftauchende Bilder an die glücklichsten Momente Ihres Lebens?) wie im Alltäglichen (sich aufdrängende „Horrorszenen“ aus Spielfilmen). Ob sich im Anschluss an ein Trauma (im Sinne der ICD-10) eine „Traumafolgestörung“ entwickelt, hängt von der Art des Traumas (ca. 50 % bei Kriegs- und Folteropfern, 25 % nach Gewaltverbrechen, 10 % bei Verkehrsunfallopfern), den persönlichen Vorerfahrungen und Ressourcen des Opfers und dessen aktueller Lebenssituation ab.
Nach einem traumatisierenden Ereignis kann eine Sicherheit gebende, das Selbstgefühl stabilisierende und emotional unterstützende Nachbetreuung die Entwicklung von Traumafolgen in vielen Fällen abmildern oder auch verhindern. Entsprechendes ist die Aufgabe u.a. von Einsatzteams, die z.B. nach Katastrophen Betroffene psychologisch betreuen. In und für Berufsgruppen, bei denen damit zu rechnen ist, dass sie mit potentiell traumatisierenden Situationen konfrontiert werden (Polizei, Feuerwehr, Soldaten, Sanitäter, Notärzte u.a.) wurde es üblich, zum einen präventiv über den Umgang mit entsprechenden Ereignissen zu informieren und entsprechende Ressourcen zu stärken. Zum anderen haben sich unterstützende Netzwerke, kollegiale Selbsthilfe und/oder professionelle Angebote bewährt, in denen Betroffene nach dem Ereignis ihre Erlebnisse in stützendem Rahmen „aufarbeiten“ können. Gerade der Aspekt der Kollegialität kann dabei ein die eigenen Kompetenzen aufzeigender, Hilflosigkeitserleben relativierender Faktor sein. Eine tragfähige Förderung entsprechender Angebote für Beamte ist wünschenswert. Wenn eine „Traumafolgestörung“ nicht abgewendet werden kann, dann gibt es Therapieformen, in denen es nach einer ersten Stabilisierung darum geht, mit den Betroffenen das Trauma-Ereignis strukturiert „durchzuarbeiten“, um dem Gehirn die Möglichkeit einer angemessenen Verarbeitung zu geben. Die Nachhallerinnerungen werden seltener und weniger belastend, die Übererregbarkeit und das Vermeidungsverhalten nehmen ab. Retrospektiv wird das Trauma-Geschehen so in die Lebensgeschichte integriert, dass es als ein schreckliches, aber überwindbares Ereignis gespeichert werden kann und somit eine kompetente Bewältigung möglich wird. Entsprechende Trauma-Therapien sind zwar belastend, aber durchaus erfolgreich. In jedem Fall gilt: Prävention (auf allen Ebenen!) ist besser und gesünder als heilen!
„EIN SOUVERÄNER UMGANG MIT DEM THEMA ‚AGGRESSIONEN‘ SETZT VORAUS, SICH PERSÖNLICH
ENTSPRECHENDEN SITUATIONEN GEWACHSEN ZU FÜHLEN. PRAKTISCHE ERFAHRUNGEN SIND DIESBEZÜGLICH ENTSCHEIDEND.“
PROF. DR. DR. ANDREAS HILLERT Facharzt für Psychotherapeutische Medizin,
Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt an der Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
„SOLLTE ES ZU PSYCHISCHEN
STÖRUNGEN AUFGRUND VON GEWALTERFAHRUNGEN
KOMMEN, IST PSYCHOTHERAPIE DAS MITTEL DER WAHL.“
DR. MARIA ROVERING-DIJKSTRA Fachärztin für Psychosomatische Medizin,
Psychiatrie und Psychotherapie, Oberärztin an der Schön Klinik Roseneck, Prien am Chiemsee
„ANGESICHTS DES STEIGENDEN GEWALTPOTENTIALS IN UNSER
GESELLSCHAFT SOLLTEN
POTENTIELL EXPONIERTE
PERSONEN, ALSO LETZTLICH ALLE, IM ADÄQUATEN UMGANG
DAMIT GESCHULT SEIN.“
DR. MARTIN GREETFELD Facharzt für Psychosomatische Medizin,
Psychiatrie und Psychotherapie, Chefarzt an der Schön Klinik Roseneck,
Prien am Chiemsee und Schön Klinik Tagesklinik in München