Ein portr채t
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Herausgeberin: Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA Einsteinstrasse 2 CH-3003 Bern Tel. +41 (0)31 327 91 00 Fax +41 (0)31 327 91 01 info@finma.ch www.finma.ch Gestaltung:
BBF AG, Basel
Fotografie:
Marion Nitsch, Zürich
Druck:
Neidhart + Schön AG, Zürich
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09.13 2500 860317186
Impressum
Inhaltsverzeichnis
Die Aufsicht ist ein Gütesiegel für den Finanzplatz
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Konsequent in der Aufsicht
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Aufsichtskonzept: Die Kompetenzen der FINMA
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Aufsichtsinstrumente: Was zu den Aufgaben der FINMA gehört
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Aufsichtspraxis: Die tägliche Aufsichtsarbeit der FINMA
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Unabhängig in der Entscheidfindung
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Unabhängigkeit: Kein Selbstzweck und mit klarem Rahmen
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Regulierung: Nur mit Blick auf die Aufsichtsziele
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Prüfgesellschaften: Im Einsatz für die FINMA
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Verantwortungsvoll in den Handlungen
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Unter die Oberfläche blicken
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Sozialkompetenzen sind gefragt
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Korrekte Lösungen finden
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Rückblick: Die Geburtsstunde der FINMA
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Kontakt 40 Welche Auskünfte die FINMA erteilt
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Die Aufsicht ist ein Gütesiegel für den Finanzplatz Die Finanzbranche ist zentral für das Funktionieren der gesamten Wirtschaft. Ohne Geldwirtschaft und Absicherung geht es nicht. Deshalb ist der Sektor weltweit einer der am stärksten regulierten Bereiche. Für dessen Über wachung braucht es eine starke, kompetente und unabhängige Aufsicht.
Die Ereignisse von 2008 haben es in Erinnerung gerufen: Krisen, die vom Finanzsystem ausgehen, wirken sich ungleich stärker aus als Krisen in anderen Sektoren. Das gilt weltweit, das gilt in besonderem Mass auch für die Schweiz. Hierzulande ist der Sektor mit seinen gut 300 Banken, über 200 Versicherungen und mehreren Tausend Fonds im internationalen Vergleich überdurchschnittlich gross. Ein Marktversagen hat entsprechend schwerwiegende Folgen. Das ordnungspolitische Grundprinzip, dass der Staat möglichst wenig in die Mechanismen des Marktes eingreifen soll, ist deshalb für den Finanzsektor zu relativieren. Die Schweiz braucht eine starke und unabhängige Aufsichtsbehörde, die über die nötigen Kompetenzen und Instrumente verfügt, um ihren Auftrag professionell erfüllen zu können. Zum einen schützt die FINMA die Finanzmarktkunden: vor den Folgen eines Konkurses von Instituten, vor unlauteren Geschäftspraktiken und vor Ungleichbehandlung. Zum anderen wacht die Finanzmarktaufsicht zusammen mit der Schweizerischen Nationalbank auch über die Stabilität des Finanzsystems. Die FINMA versucht, Risiken zu erkennen, die das System gefährden, und sie sorgt dafür, dass diese vermieden oder gemildert werden. Auf internationaler Ebene ist es wichtig, dass die FINMA die Interessen des Finanzmarktes und der Aufsicht gegenüber ausländischen Partnerbehörden einbringen kann, so auch in den Arbeiten der internationalen Standardsetzungsgremien.
Die FINMA strebt möglichst viel Transparenz für alle Marktteilnehmer an und versucht, die negativen Folgen von wirtschaftlichen Entscheiden, die externen Kosten, möglichst klein zu halten. Ziel ist es, wenn immer möglich ein Marktversagen zu verhindern. Sind Banken oder Versicherungen gut überwacht, wächst das Vertrauen von Privaten und Unternehmen in die Finanzbranche. Das wirkt sich positiv auf die Gesamtwirtschaft aus. Banken, Versicherungen, Börsen und Fonds sind Teil des globalen und immer stärker vernetzten Finanzsystems. Deshalb ist es von Vorteil, dass die FINMA als integrierte Finanzmarktaufsicht die daraus resultierenden Risiken ganzheitlich analysiert und beurteilt. Gelingt es ihr, sowohl die Kunden als auch das System zu schützen, trägt dies zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und des Ansehens des Finanzplatzes Schweiz bei. Eine professionelle, glaubwürdige und unabhängige Aufsichtsarbeit ist damit ein Gütesiegel für den Finanzplatz.
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Konsequent in der Aufsicht
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Die FINMA hat eine Aufsichtsfunktion zum Schutz der Finanzmarktkunden und eines funktionierenden Finanzplatzes Schweiz. Ihre Aufsichtsaufgaben nimmt sie mit den Instrumenten von Bewilligung, Überwachung, Enforcement und Regulierung wahr. Dabei verfolgt sie einen risikoorientierten Ansatz und achtet bei ihrer Handlungsweise auf Kontinuität und Berechenbarkeit. Die FINMA pflegt den Dialog mit Beaufsichtigten, Behörden, Verbänden und weiteren wichtigen Institutionen national und international.
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Aufsichtskonzept
Die Kompetenzen der FINMA Die FINMA hat hoheitliche Befugnisse über Banken, Versicherungen, Börsen, Effektenhändler und Fonds. Sie bewilligt, überwacht und greift korrigierend ein. Dort, wo notwendig, reguliert sie auch.
Am Anfang steht – fast immer – die Bewilligung: Will jemand Gelder von Anlegern entgegennehmen, Versicherungspolicen zeichnen oder Fonds auflegen, so braucht er dafür das grüne Licht der FINMA. Das Etikett «Bewilligt von der FINMA» erhält nur, wer die gesetzlichen Anforderungen erfüllt. Wer ungenügend organisiert ist, wer seine Besitzstrukturen nicht offenlegt oder wer einen zweifelhaften Ruf hat, läuft Gefahr, im Bewilligungsprozess zu scheitern. Ist die Bewilligungshürde genommen, so kann der Finanzmarktteilnehmer die Geschäftstätigkeit aufnehmen und wird von der FINMA überwacht – allerdings unterschiedlich stark: Je nach gesetzlicher Grundlage reicht das Spektrum von einer intensiven Aufsicht bis zu einer reinen Registrierung ohne laufende Überwachung. Es ist deshalb oft nicht einfach, abzuschätzen, was das Etikett «Bewilligt von der FINMA» im Einzelfall genau abdeckt. Aus diesem Grund setzt sich die FINMA für mehr Transparenz ein. Die Finanzmarktkunden sollen wissen, welche Art von Bewilligung vorliegt und wie intensiv die Institute beaufsichtigt sind. Im Zentrum der Arbeit der FINMA steht die prudenzielle, vorausschauende Aufsicht. Banken, Versicherungen und andere unterstellte Finanzintermediäre müssen laufend über genügend hohe Kapitalpolster verfügen, liquide sein und ihre Risiken im Griff haben. Und sie müssen dafür sorgen, dass die leitenden Kader den hohen fachlichen und persönlichen Anforderungen der FINMA genügen.
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Die FINMA überwacht nicht jedes Finanzinstitut gleich intensiv. Um in der Aufsicht die richtigen Prioritäten zu setzen, verfolgt die FINMA einen risikoorientierten Ansatz: Grosse und vernetzte Institute, die riskante Geschäfte tätigen und unter Umständen die Stabilität des gesamten Finanzsystems gefährden, werden bewusst intensiver überwacht als kleinere Marktteilnehmer mit tiefen Risiken, die nicht relevant sind für das System. Die FINMA teilt Banken, Versicherungen und kollektive Kapitalanlagen entsprechend deren Grösse, Komplexität und Risikostruktur in sechs verschiedene Risikokategorien ein, vom äusserst grossen und komplexen Institut mit einem sehr hohen Risiko bis hin zum kleinen Marktteilnehmer mit tiefem Risiko und dem Marktteilnehmer ohne prudenzielle Aufsicht. Und was, wenn trotz aller Überwachung etwas schiefläuft? Wenn eine Bank grosse Verluste macht oder eine Versicherung ihre Anlagerisiken nicht im Griff hat? Wurde gegen das Aufsichtsrecht verstossen, schreitet die FINMA ein. Mit einem eingreifenden Verwaltungsverfahren, «Enforcement» genannt, geht die FINMA den Ursachen auf den Grund und zielt darauf ab, den ordnungsgemässen Zustand wiederherzustellen. Am Schluss steht eine Verfügung: Organisatorische Korrekturen können verlangt, Gewinne eingezogen oder Berufsverbote verhängt werden, damit sich der gleiche Fehler nicht wiederholt. Auch Insiderdelikte und Ungleichbehandlung an der Börse werden abgeklärt und – wenn Fehler passiert sind – sanktioniert. Im Extremfall
kann dies bis zum Entzug der Bewilligung oder zur Liquidation führen. Die Betroffenen können alle Verfügungen der FINMA vor Gericht anfechten. In strittigen Fällen haben also Bundesverwaltungsgericht oder Bundesgericht das letzte Wort. Weshalb diese weitreichenden Kompetenzen? Die FINMA hat den Auftrag, Gläubiger, Anleger und Versicherte zu schützen. So setzt sie sich beispielsweise aktiv dafür ein, dass die Finanz institute ihre Kunden ausreichend über Finanzprodukte informieren und sie klar über allfällige Risiken aufklären. Grosse Teile der Aufsichtsarbeit haben zum Ziel, dafür zu sorgen, dass die Beaufsichtigten finanziell stabil bleiben und im Falle von Krisen genügend Eigenmittel haben, um Verluste zu tragen. Gelingt dies nicht und wird ein Institut insolvent oder geht gar in Konkurs, dann muss die FINMA in erster Linie die Interessen der Kunden schützen. Sie hat dafür zu sorgen, dass die nicht mehr überlebensfähigen Unternehmen möglichst geordnet aus dem Markt austreten.
Die prudenzielle Aufsicht zielt in erster Linie auf die Sicherung der Solvenz, eine genügende Risikokontrolle und die Gewähr einer sorgfältigen Geschäftsführung der einzelnen Institute. Damit trägt die prudenzielle Aufsicht auch zur Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte und zur Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz bei. Die prudenzielle Aufsicht über Banken, Versicherungen und andere Finanzintermediäre beruht dabei auf der Bewilligungspflicht einer bestimmten Tätigkeit, der laufenden Überwachung der Bewilligungsvoraussetzungen sowie weiteren regulierten Sachverhalten.
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Aufsichtsinstrumente
Was zu den Aufgaben der FINMA gehört Die FINMA setzt sich für den Schutz der Gläubiger, Anleger und Versicherten sowie für den Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte ein. Ihre Aufsichtsaufgaben nimmt die FINMA mit den Instrumenten von Bewilligung, Überwachung, Enforcement und Regulierung wahr.
Bewilligung
Überwachung
Natürliche und juristische Personen benötigen für verschiedene Tätigkeiten im Finanzmarkt eine Bewilligung der FINMA. Wer die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, hat Anspruch auf eine Bewilligung. Aber Bewilligung ist nicht gleich Bewilligung: Es kann sich um eine Bewilligung mit prudenzieller Aufsicht handeln oder lediglich um eine einmalige Autorisierung für eine Tätigkeit, die in der Folge nicht mehr von der FINMA überwacht wird. Die Finanzmarktgesetze knüpfen unterschiedlich strenge Anforderungen an die verschiedenen Bewilligungsformen.
Die FINMA lässt sich bei ihrer Aufsichtstätigkeit konsequent von den gesetzlichen Zielen leiten: dem Schutz von Gläubigern, Anlegern und Versicherten und dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte. Sie nimmt ihre Aufgaben risikoorientiert wahr, indem sie weniger riskante Bereiche bewusst weniger intensiv überwacht, dafür in den für den Individual- und Funktionsschutz zentralen Bereichen eine deutlich stärkere Aufsichtstätigkeit ausübt. In den Gesetzen sind verschiedene Aufsichtsintensitäten und -aufgaben festgelegt.
Enforcement
Regulierung
Die FINMA bereinigt Gesetzesverletzungen und Missstände. Sie setzt das Aufsichtsrecht mit den gesetzlich vorgesehenen Massnahmen durch («Enforcement»). Im Enforcement geht es darum, festzustellen, ob wirklich eine Verletzung von Aufsichtsrecht vorliegt. Die Verfügungen der FINMA sind anfechtbar, können also gerichtlich überprüft werden.
Die FINMA setzt sich für eine international kompatible und prinzipienbasierte Regulierung ein, bei der die Qualität der Finanzmarktteilnehmer und ihrer Dienstleistungen im Vordergrund steht. Die Regulierung soll es der FINMA erlauben, zur richtigen Zeit am richtigen Ort mit den richtigen Mitteln einzugreifen und das Aufsichtsrecht glaubhaft durchzusetzen. Damit wird die Reputation und Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes gestärkt.
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Bewilligung Das sind die Aufgaben der FINMA
Das gehört nicht zu den Aufgaben der FINMA
–– Die FINMA bewilligt Banken, Effektenhändler und Versicherer. Diese werden anschliessend laufend überwacht.
–– Nicht jeder Finanzintermediär, der eine FINMA-Bewilli gung hat, wird ständig prudenziell und eng von der FINMA überwacht.
–– Die FINMA bewilligt Fondsleitungen, Depotbanken, Vermögensverwalter von Fonds und Vertreter ausländischer Fonds. Diese werden anschliessend laufend überwacht.
–– Die FINMA bewilligt direkt unterstellte Finanzinter mediäre nur im Rahmen der Geldwäschereiprävention.
–– Die FINMA genehmigt schweizerische Fonds und auch ausländische, die in oder von der Schweiz aus an nicht qualifizierte Anleger vertrieben werden.
–– Die FINMA bewilligt keine bankexternen Vermögens verwalter und Anlageberater.
–– Die FINMA bewilligt Finanzmarktinfrastrukturen wie Börsen, zentrale Gegenparteien und Effekten-Zentral verwahrer.
–– Die FINMA registriert Versicherungsvermittler, ohne diese laufend zu überwachen.
–– Die FINMA bewilligt keine Pensionskassen.
–– Die FINMA bewilligt Finanzintermediäre des Nicht bankensektors, die nicht einer Selbstregulierungs organisation angeschlossen sind. –– Die FINMA anerkennt Selbstregulierungsorganisa tionen im Geldwäschereibereich.
Enforcement Das sind die Aufgaben der FINMA
Das gehört nicht zu den Aufgaben der FINMA
–– Werden Vorschriften verletzt, so sorgt die FINMA dafür, dass der ordnungsgemässe Zustand wiederhergestellt wird.
–– Die FINMA führt keine Strafverfahren durch und spricht keine Strafen aus.
–– Die Massnahmen der FINMA reichen von der Feststellung einer Gesetzesverletzung bis zum Entzug der Bewilligung oder zur Liquidation der betroffenen Gesellschaft. Die FINMA kann Berufsverbote verhängen und Gewinne einziehen, die im Widerspruch zu den Aufsichtsvorschriften erzielt wurden. –– Die FINMA reicht bei den Strafbehörden Strafanzeige ein, wenn sie Kenntnis hat von Verbrechen, Vergehen oder von Widerhandlungen gegen die Finanzmarkt gesetze. –– Die FINMA führt Sanierungsverfahren durch. –– Ist eine Sanierung nicht möglich, sorgt die FINMA für einen geordneten Marktaustritt mittels eines Konkurses. –– Werden Beteiligungen nicht korrekt offengelegt, führt die FINMA ein Verfahren. –– Die FINMA schreitet gegen Marktmissbräuche wie das unzulässige Ausnützen von Insiderinformationen ein. –– Die FINMA geht gegen illegale Finanzintermediäre vor.
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–– Die FINMA ist nicht zuständig für zivilrechtliche Streitigkeiten. –– Die FINMA hat keine B ussenkompetenz. –– Die FINMA fahndet nicht nach unbewilligten Instituten. Sie greift nur ein, wenn sie konkrete Hinweise auf unbewilligte Tätigkeiten hat. –– Ist ein ausländisches Institut über eine Zweignieder lassung oder eine Tochtergesellschaft in der Schweiz tätig, kann die FINMA nur gegen die in der Schweiz domizilierten Organisationseinheiten vorgehen; gegen das ausländische Mutterhaus jedoch bleiben Massnahmen verwehrt.
Überwachung Das sind die Aufgaben der FINMA
Das gehört nicht zu den Aufgaben der FINMA
–– Die FINMA stellt sicher, dass sich die Beaufsichtigten an die Gesetze, Verordnungen und Rundschreiben halten.
–– Die FINMA überwacht keine Vertriebsträger von Fonds.
–– Die FINMA sorgt dafür, dass die Beaufsichtigten dauernd die Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen. –– Die FINMA führt Vor-Ort-Kontrollen durch. –– Die FINMA überwacht neben quantitativen Aspekten wie Kapital oder Solvenz auch qualitative Faktoren wie die Corporate Governance und das Risikomanagement.
–– Die FINMA überwacht direkt unterstellte Finanz intermediäre im Geldwäschereibereich nicht pruden ziell, das heisst nicht umfassend. –– Die FINMA überwacht keine bankexternen Vermögensverwalter und Anlageberater. –– Die FINMA überwacht keine Pensionskassen.
–– Die FINMA überwacht Niederlassungen ausländischer Finanzinstitute. –– Die FINMA überwacht laufend die Einhaltung der Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung der Geldwäscherei. –– Die FINMA ist Aufsichtsbehörde im Bereich der Offen legung von Beteiligungen bei Instituten, die börsen kotiert sind. –– Die FINMA beaufsichtigt das Gebiet der öffentlichen Kaufangebote. –– Die FINMA steht in regelmässigem Kontakt mit ausländischen Aufsichtsbehörden. –– Die FINMA leistet Amtshilfe.
Regulierung Das sind die Aufgaben der FINMA
Das gehört nicht zu den Aufgaben der FINMA
–– Mit ihrem Fachwissen unterstützt die FINMA die Erarbeitung von Vorlagen auf Gesetzes- und Bundesratsverordnungsstufe.
–– Die FINMA gibt sich ihren gesetzlichen Rahmen für ihre Aufsichtstätigkeit nicht selbst (Gesetze oder Bundesratsverordnungen).
–– Im parlamentarischen Prozess steht die FINMA begleitend zur Verfügung, bringt ihre Aufsichtsperspektive ein und weist sachlich auf Auswirkungen von regula torischen Vorhaben hin. –– Die FINMA kann eigene Verordnungen und Rund schreiben erlassen. Damit präzisiert sie ihren Umgang mit den beaufsichtigten Instituten. –– Die FINMA ist für die Anerkennung von Selbstregulierungen der Branchenorganisationen zuständig.
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Aufsichtspraxis
Die tägliche Aufsichtsarbeit der FINMA Fachkompetenz und Marktkenntnisse, Glaubwürdigkeit und internationale Vernetzung, Durchsetzungsvermögen und Verhältnismässigkeit: Dies sind die wichtigsten Voraussetzungen für eine professionelle Aufsicht über die Finanzbranche.
Fachkompetenz und Marktkenntnisse Die meisten Mitarbeitenden der FINMA sind spezialisierte Fachleute. Zum Beispiel der Aktuar, der vor drei Jahren von einem international tätigen Versicherungskonzern zur FINMA gewechselt hat.1 Er prüft, ob die komplexen mathematischen Modelle, mit denen die Versicherer ihre Risiken erfassen und bewerten, korrekt und ökonomisch plausibel sind. Die FINMA hat dazu als Messlatte den Schweizer Solvenztest (SST) entwickelt, der die Solidität der Versicherer marktnah und risikobasiert misst. Das SST-Team der FINMA muss in der Lage sein, zu erkennen, ob die Unternehmen die Risiken richtig einschätzen. Die Einschätzungen der FINMA
1 Alle Fallbeispiele in diesem Kapitel sind fiktiv, könnten sich aber in dieser oder ähnlicher Form tatsächlich zugetragen haben.
und der beaufsichtigten Unternehmen stimmen manchmal nicht überein. Dann sind die SST-Experten gefordert, schlüssig und mit guten Argumenten zu erklären, weshalb die FINMA das vorgelegte interne SST-Modell nicht oder nur mit Auflagen genehmigen kann. Oder die Fachexperten im Geschäftsbereich Banken: Neben Bankspezialisten und Wirtschaftsprüfern, die die komplexen Bankgeschäfte verstehen, analysieren Mathematiker und Physiker die Risikomodelle für die Kapitalunterlegung. Nur so lässt sich beurteilen, ob die beaufsichtigten Finanzinstitute den gesetzlichen
Die lange Zeit gebräuchliche Methode zur Prüfung der Solvenz, die «Solvenz I», trug der tatsächlichen Risikosituation einer Versicherung nur ungenügend Rechnung. Deshalb erarbeiteten Aufsichtsbehörden auf der ganzen Welt neue Prüfinstrumente, in der EU beispielsweise «Solvency II». In der Schweiz gilt seit dem 1. Januar 2011 der Schweizer Solvenztest (SST). Der SST bewertet Kapitalanlagen und Versicherungsverpflichtungen konsistent und möglichst marktnah. Er ist risikoorientiert, das heisst, je höher die eingegangenen Risiken, desto höher der Kapitalbedarf.
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Die FINMA erlaubt keine Routine. Sie bietet ein dynamisches Umfeld am Puls des Finanzplatzes, das die kontinuierliche Weiterbildung seiner Mitarbeitenden fordert und fördert. Dank meiner langjährigen Erfahrung in der Branche kann ich meinem Geschäftsbereichsleiter den Rücken von operativen Aufgaben freihalten.
Anforderungen nachkommen und über eine genügend grosse Eigenkapitaldecke verfügen, um damit auch grössere Krisen ohne Schaden und staatliche Hilfe überstehen zu können. Die FINMA-Fachspezialisten aus allen Geschäftsbereichen stützen sich bei ihrer Arbeit nicht nur auf die Berichte der Prüf gesellschaften und die Daten der Beaufsichtigten. Sie tauschen sich regelmässig auch mit den Verantwortlichen der Institute aus. Und sie gehen bei Bedarf selbst vor Ort, hinein in die Zweig niederlassungen oder Filialen, um zu prüfen, ob die aufsichtsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Etwa im Hypothekargeschäft: Dort wird unter anderem anhand von konkreten Dossiers geprüft, ob die Kreditvergabe politik vorsichtig und die internen Prozesse stabil sind. Oft bringt
Senior Manager, 58 Jahre, Geschäftsbereich Versicherungen
erst der direkte Blick in das Kundendossier zum Vorschein, dass Hypotheken an Personen vergeben werden, die bei einer höheren Zinslast in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Kreditausfälle bringen aber unter Umständen auch die Banken selbst in Schwierigkeiten. Deshalb ist es wichtig, dass Vorgaben zu Tragbarkeit, Belehnung und Amortisation in den bankinternen Weisungen festgehalten werden. Und es müssen Tragbarkeits kriterien oder Belehnungsgrenzen definiert und sauber eingehalten werden. Stellt die FINMA bei ihren Vor-Ort-Kontrollen Mängel fest, konfrontiert sie die Verantwortlichen zuerst mündlich damit und anschliessend in einem schriftlichen Bericht. Wo die FINMA Korrekturen verlangt, stösst sie in den meisten Fällen auf Einsicht.
Die FINMA führt bei Banken pro Jahr mehrere Dutzend Vor-Ort-Kontrollen durch, sogenannte Supervisory Reviews. Nach dem risikoorientierten Aufsichtsansatz werden die grossen Institute der Risikokategorien 1 und 2 mehrere Male pro Jahr kontrolliert. Bei den mittelgrossen Instituten der Kategorie 3 geht die FINMA normalerweise alle zwei bis drei Jahre vor Ort. Ist die Bank in Schwierigkeiten und hat deshalb ein tiefes Rating der FINMA, erfolgen die Kontrollen jährlich. Bei allen kleineren Instituten werden Vor-Ort-Kontrollen nur punktuell bei Auffälligkeiten durchgeführt.
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Glaubwürdigkeit und internationale Vernetzung In den Jahren nach ihrer Entstehung aus den drei Vorgänger behörden ist die FINMA zu einer kompetenten und integrierten Fachbehörde herangewachsen, die sich etabliert hat und geachtet wird. Die FINMA wird wahrgenommen – von der breiten Öffentlichkeit über Politik und Medien bis hin zu den Finanzmarktteilnehmern in der Schweiz. Wer kontrolliert wird, ist mit dem Kontrolleur nicht immer einverstanden. Die FINMA bewegt sich in einem Spannungsfeld verschiedener Interessen, die sich unter Umständen widersprechen. Die Branchen kritisieren teilweise die Entscheide der FINMA und deren (vermeintlich) zu strenge Aufsicht. Die Meinungen der Politik, die via Parlament die Oberaufsicht über die FINMA ausübt, reichen von mangelnder Strenge bis hin zu Überregulierung. International wird die FINMA als gleichwertiger Ansprechpartner geschätzt, dem hohe Fachkompetenz und gute Durchsetzungsfähigkeit attestiert werden. Die FINMA beteiligt sich aktiv in Leitungsgremien und in über hundert Arbeitsgruppen und Subkomitees des Financial Stability Board (FSB), des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS), der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) und der Internationalen Organisation für Effektenhandels- und Börsenaufsichtsbehörden (IOSCO). Die FINMA investiert viel Energie und
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Ressourcen in die Analyse der Entwicklungen, in die Mitarbeit in internationalen Gremien und damit in die Weiterentwicklung der Finanzmarktaufsicht. So trägt sie dazu bei, den Finanzplatz Schweiz auf globaler Ebene zu stärken. Auch in der täglichen Aufsichtsarbeit ist die nationale und internationale Zusammenarbeit für die FINMA wichtig. Zum Beispiel im Fall einer im Internet aktiven Firma, die ohne Bewilligung Publikumseinlagen entgegengenommen hat. Über einen Hinweis einer kantonalen Staatsanwaltschaft wurde die FINMA auf diese Firma aufmerksam. Der Verdacht: Anleger sollten mit unrealistisch hohen Renditeversprechen angelockt werden. Die Ermittlungen der FINMA zeigten, dass es sich um ein Schneeballsystem handelte, das in erster Linie zum Wohle des Firmenbesitzers funktionierte. Dieser hatte einen Grossteil der Gelder über eine Fondskonstruktion ins Ausland überwiesen. Die dortigen Aufsichtsbehörden beantworteten das Amtshilfegesuch der FINMA innerhalb weniger Tage. Die FINMA entschied, die unbewilligte Firma zu liquidieren. Als Konkursbehörde konnte sie neben mehreren Liegenschaften auch andere Luxusobjekte des Firmenbesitzers in der Schweiz beschlagnahmen und verkaufen. Damit erhielten die Anleger einen ansehnlichen Anteil ihres verloren geglaubten Geldes zurück.
Meine Arbeit ist sehr vielseitig: Ich arbeite in der Überwachung und führe Unter suchungen zu Geldwäscherei und Finanzkriminalität durch. Was die Bekämpfung der Geldwäscherei angeht, betreue ich als Französischsprachige sehr viele Westschweizer Fälle, unabhängig davon, ob sie Banken, Versicherungen oder direkt unterstellte Finanzintermediäre betreffen. Rechtsanwältin, 40 Jahre, Geschäftsbereich Märkte
Die FINMA ist für die Eröffnung und die Durchführung von Sanierungs- und Konkursverfahren von Einzelpersonen und Unternehmen zuständig, die eine bewilligungspflichtige Banktätigkeit ausüben oder als Effektenhändler tätig sind. Zuständig ist die FINMA auch für die Eröffnung und die Durchführung von Konkursverfahren gegenüber Versicherungs unternehmen und bestimmten Bewilligungsträgern nach dem Kollektivanlagengesetz.
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Durchsetzungsvermögen und Verhältnismässigkeit Für ihre tägliche Arbeit brauchen Finanzmarktkontrolleure eine gehörige Portion Fachkompetenz und Marktkenntnis. Doch es gilt nicht nur, Kapitalstruktur oder Anlageportefeuille von gros sen Versicherungen oder Banken zu verstehen. Es gilt auch, die Position der FINMA in Verhandlungen mit versierten Juristen und Ökonomen der Konzerne argumentativ zu belegen, auf deren Argumente einzugehen und die Haltung der FINMA zu vertreten. Kommt es zu keiner Einigung, kann die FINMA die geltenden Regeln in Form einer Verfügung durchsetzen. Ein Beispiel aus dem Fondsbereich: Die FINMA-Fondsspe zialisten müssen in ihrer täglichen Arbeit unter anderem komplex strukturierte Fondsprodukte verstehen und prüfen, ob die Anlage politik der einzelnen Fonds den Vorschriften im Kollektivanlagengesetz entsprechen. Die FINMA prüft, bewilligt und beaufsichtigt zudem die Fondsleitungen und die Vermögensverwalter von kollektiven Kapitalanlagen, deren Betriebsorganisation angemessen sein muss und deren Organe den Anforderungen an die gute Geschäftsführung zu genügen haben. Wo dies nicht der Fall ist, ergreift die FINMA Massnahmen. Etwa im Fall eines ausländischen Immobilienfonds, der auch Schweizer Publikumsanlegern hätte angeboten werden sollen. Bei der Prüfung des Genehmigungsgesuchs fand die FINMA heraus, dass sich dieser Fonds in einem Liquiditätsengpass befand, weil zahlreiche Anleger im Ausland aufgrund der Finanzkrise ihre Fondsanteile zurückgegeben hatten. Um zu neuem Geld zu kommen, wollte der Anbieter den ausländischen Immobilienfonds
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möglichst rasch an Publikumsanleger in der Schweiz vertreiben. Glücklicherweise erteilten die FINMA-Aufseher die Genehmigung zum Vertrieb in der Schweiz nicht, obwohl der Anbieter erheblichen Druck auf die FINMA ausgeübt hatte. Durchsetzungsvermögen und Härte sind aber nicht immer das richtige Mittel. Die FINMA handelt verhältnismässig und kann unter Abwägung aller Umstände im Einzelfall auch eine mildere Massnahme anordnen. Damit schöpft die FINMA ihren rechtlichen Ermessensspielraum aus. So im Fall einer kleinen Wechselstube, die ins Visier der FINMA geriet, weil sie mehrmals aussergewöhnlich hohe Geldbeträge von Euro in Schweizer Franken gewechselt hatte. Dabei hatte der Wechselstubenbesitzer die Geschäfte bewusst ohne Beleg getätigt, um Kontrollmechanismen zu umgehen. Wegen Verdachts auf Geldwäscherei schritt die FINMA ein. Zweimal befragten die Spezialisten der FINMA den Mann. Dieser gab zu, mit den Geldwechselgeschäften im Umfang von einigen Hunderttausend Euro einem alten Freund einen Gefallen getan zu haben. Die FINMA hätte die Firma auflösen und sogar ein Berufsverbot aussprechen können. Der Wechselstubenbesitzer hatte sich aber über Jahre nichts zuschulden kommen lassen und zeigte sich kooperativ und reuig. Deshalb kam die FINMA zum Schluss, dass ein Berufsverbot für den Wechselstubenbesitzer in diesem Fall über das Ziel hinausschiessen würde. Stattdessen zog die FINMA die Gewinne aus den Geschäften ein, verwarnte den Mann und machte ihm deutlich, dass seine Wechselstube beim nächsten Regelverstoss geschlossen wird.
Ein Rechtsanwalt, der im sanktionierenden Geschäftsbereich der FINMA, dem Enforcement, arbeitet, darf sich nicht einschüchtern lassen, sondern muss standfest bleiben – auch wenn auf der anderen Seite oft fachlich top ausgebildete Gegenparteien stehen, teilweise ausgewiesene Experten des Finanzmarktrechts. Dabei gilt es, höflich zu bleiben und mit Coolness und Schlagfertigkeit an die Aufgaben heranzugehen. Rechtsanwalt, 36 Jahre, Geschäftsbereich Enforcement
Die FINMA nimmt die Aufsicht über inländische und ausländische kollektive Kapital anlagen wahr. Die schweizerischen Fonds bedürfen zwingend der Genehmigung durch die FINMA, die ausländischen Fonds jedoch nur, wenn sie in oder von der Schweiz aus an nicht qualifizierte Anleger vertrieben werden. Die FINMA genehmigt in einem Jahr oft über hundert schweizerische und mehrere Hundert ausländische Fonds.
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Unabh채ngig in der Entscheidfindung
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Die FINMA ist funktionell, institutionell und finanziell unabhängig und übt eine hoheitliche Funktion im öffentlichen Interesse aus. Dabei steht sie in einem Spannungsfeld voneinander abweichender Interessen verschiedener Anspruchsgruppen. In diesem Umfeld positioniert sie sich autonom und handelt auf der Grundlage ihres gesetzlichen Auftrags. Ihre Entscheide trifft sie unabhängig und der Sachlage angemessen.
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Unabhängigkeit
Kein Selbstzweck und mit klarem Rahmen Die FINMA hat am 1. Januar 2009 ihre Arbeit aufgenommen. Dazu gewährte ihr das Parlament eine grössere Unabhängigkeit als ihren Vorgängerbehörden. Um die hoheitliche Funktion der Aufsicht über die Finanzbranche wahrnehmen zu können, organisiert sich die FINMA selbstständig und ist finanziell autonom.
Die FINMA kann Bewilligungen, etwa Banklizenzen, erteilen und entziehen, sie kann Verfahren führen und Sanktionen, zum Beispiel Berufsverbote, aussprechen. Um ihre hoheitlichen Aufgaben erfüllen und sachlich fundierte Entscheide fällen zu können, sollte die Aufsicht über den Finanzmarkt – ähnlich wie die Gerichte – möglichst frei sein von politischen Einflüssen. Der Gesetzgeber hat der FINMA deshalb eine funktionelle, institutionelle und finanzielle Unabhängigkeit gewährt. Im Zentrum steht die funktionelle Unabhängigkeit von den politischen Behörden. Diese verhindert, dass Parlament oder Regierung der FINMA Weisungen zu ihrer Aufsichtstätigkeit erteilen. Hätte die Politik einen (zu) starken Einfluss auf die Finanzmarktaufsicht, bestünde die Gefahr der Beeinflussung zugunsten von Partikularinteressen. Dies ist ordnungspolitisch unerwünscht. Wichtig ist auch die finanzielle Unabhängigkeit der FINMA. Die Tatsache, dass die FINMA nicht über Steuergelder finanziert wird, macht sie unabhängiger von den Haushaltsvorgaben und Sparanstrengungen des Bundes. Steigt etwa die Komplexität der Aufsicht, oder erteilt der Gesetzgeber der FINMA neue Aufgaben, so hat dies Auswirkungen auf den Personalbestand. Dennoch ist die FINMA stets bestrebt, ihre Effizienz zu steigern und, wo sinnvoll und notwendig, Sparanstrengungen zu unternehmen. Der Verwaltungsrat der FINMA geht mit seiner Budgethoheit verantwortungsvoll um. So ist die FINMA in den vergangenen Jahren weniger stark gewachsen als andere Finanzmarktaufsichts
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behörden. Gut 80 Prozent des jährlichen Budgets in der Höhe von 130 Millionen Franken (2012) werden mit Aufsichtsabgaben gedeckt, die restlichen knapp 20 Prozent mit Gebühren. Sowohl die Abgaben als auch die Gebühren erhebt die FINMA bei den beaufsichtigten Instituten. Um die institutionelle Unabhängigkeit zu sichern, hat der Gesetzgeber die FINMA als öffentlich-rechtliche Anstalt mit eigener Rechtspersönlichkeit konzipiert. Ihre Organe sind der Verwaltungsrat und die Geschäftsleitung. Die Rechnung der FINMA wird von der Eidgenössischen Finanzkontrolle revidiert. Der Verwaltungsrat legt unter anderem die strategische Stossrichtung fest, entscheidet über Geschäfte von grosser Tragweite und überwacht die Geschäftsleitung. Die Möglichkeit, die eigenen Arbeitsabläufe selbst zu bestimmen, verpflichtet im Gegenzug zu einer guten Unternehmensführung. Eine funktionierende Corporate Governance ist mitentscheidend für die Glaubwürdigkeit der unabhängigen Aufsicht. Um diese sicherzustellen, verfügt die FINMA über verschiedene Reglemente, einen Verhaltenskodex für alle Mitarbeitenden sowie ein institutionalisiertes System der internen Kontrolle. Auch wenn die FINMA als unabhängige Behörde handelt, so ist sie doch in das staatspolitische Gefüge der Schweiz mit seinen Ausgleichs- und Kontrollmechanismen eingebunden. Die FINMA untersteht der parlamentarischen Oberaufsicht und hat den Aufsichtskommissionen des Parlaments Rede und Antwort zu stehen.
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Die FINMA lässt viel Eigeninitiative zu, so können wir das Rechnungswesen stetig weiterentwickeln, die Arbeitsabläufe optimieren und die Finanzen noch effizienter führen. Und damit ich ebenfalls stets auf dem neuesten Stand bin, bilde ich mich – unterstützt von der FINMA – zum Master in Accounting and Finance weiter. Dipl. Betriebswirtschafter HF, 46 Jahre, Geschäftsbereich Operations
Doch das Parlament beschränkt sich auf eine externe politische Kontrolle und nimmt keinen direkten Einfluss auf die Geschäftsführung. Auch der Bundesrat übt eine Aufsichtsfunktion über die FINMA aus: Er wählt den Verwaltungsrat, bestimmt das Präsidium und hat die Wahl oder Abwahl des Direktors ebenso zu genehmigen wie die strategischen Ziele und den Geschäftsbericht der FINMA. Der Bundesrat überprüft, ob die Finanzmarktaufsicht korrekt funktioniert und ob sie die Mittel ordentlich einsetzt. Bezogen auf andere Bundesbehörden hat die FINMA die engsten Kontakte mit dem Eidgenössischen Finanzdepartement, über das die FINMA mit dem Bundesrat verkehrt.
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Regulierung
Nur mit Blick auf die Aufsichtsziele Die FINMA wird oft als Regulator der Finanzbranche bezeichnet. Doch die FINMA reguliert nur auf unters ter Stufe, wenn dies mit Blick auf die Aufsichtsziele erforderlich ist. Mit Rundschreiben macht sie ihre Aufsichtspraxis und damit die Erwartungen an die Beaufsichtigten transparent.
Die FINMA versteht sich nicht als Regulator, sondern in erster Linie als «Watchdog», als unabhängige Aufsichtsbehörde, die die Regulierung umzusetzen und deren Einhaltung zu kontrollieren hat. Sie ist damit eine Art Schiedsrichter des Finanzmarkts. Dieser hat dafür zu sorgen, dass die globalen und nationalen Regeln in der Schweiz korrekt angewendet werden. Die Regeln selbst werden anderswo aufgestellt. Auf internationaler Ebene im Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS), in der Internationalen Vereinigung der Versicherungsaufsichtsbehörden (IAIS) oder in der Internationalen Organisation für Effektenhandels- und Börsenaufsichtsbehörden (IOSCO). National in den
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eidgenössischen Räten: Die Festlegung der Rahmenbedingungen für die Finanzbranche ist Sache der Politik. Parlament und Regierung adaptieren internationale Regeln an die hiesigen Verhältnisse und erlassen Gesetze und Verordnungen. Dass die Schiedsrichter auch einen Beitrag leisten zur Entwicklung von neuen Regeln, ist nicht abzustreiten. Auch die FINMA bringt sich und ihre Expertise ein, wenn es um den künftigen Rechtsrahmen für den Finanzplatz Schweiz geht – als Unterstützung für Parlament, Bundesrat und Verwaltung in den oft komplexen Finanzmarktfragen. Und mit einer eigenen, unabhängigen Meinung als eine Stimme unter vielen.
Als Anwalt in einer Kanzlei war ich in erster Linie Einzelkämpfer, der juristische Probleme in klar abgegrenzten Bereichen bearbeitet hat. Bei der FINMA hingegen spielen auch politische Überlegungen und Policy-Fragen eine grosse Rolle. Juristisch bin ich zwar nicht mehr im gleichen Detaillierungsgrad tätig wie früher, dafür habe ich nun eine Gesamtsicht über die Entwicklungen und Herausforderungen auf wirtschaftlicher, politischer und juristischer Ebene.
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Rechtsanwalt, 35 Jahre, Geschäftsbereich Strategische Grundlagen
Nur in wenigen Bereichen reguliert die FINMA selbst: –– Wenn der Gesetzgeber dies ausdrücklich vorsieht, konkretisiert die Finanzmarktaufsicht mit FINMA-Verordnungen Details, die zu technisch oder zu dynamisch sind, um sie in Bundesratsverordnungen oder in Gesetzen zu regeln. –– In Rundschreiben hält die FINMA ihre Aufsichtspraxis fest und beschreibt, wie sie die gültigen Gesetze und Verordnungen auslegt. Die FINMA hält sich bei den eigenen Regulierungsarbeiten an die bewährten Prinzipien: keine FINMA-Verordnung ohne Anhörung, kein Rundschreiben ohne geeigneten Einbezug der Betroffenen. Zwar nimmt die FINMA deren Argumente nicht immer eins zu eins in die eigenen Regelwerke auf, doch lässt sie sich durch gute sachliche Argumente überzeugen und trägt diesen Rechnung. Die Spielregeln auf dem Schweizer Finanzmarkt müssen für alle transparent sein. Deshalb pflegt die FINMA auch andere
Formen der Kommunikation. In FINMA-Mitteilungen werden die Beaufsichtigten zeitgleich über relevante und aktuelle Aufsichtsthemen informiert. Oft haben diese Mitteilungen auch Appellcharakter, formulieren Erwartungen oder rufen Pflichten in Erinnerung. Wegleitungen, FAQ und Formulare helfen den Finanzinstituten in praktischen Anwendungsfragen. Ein Schiedsrichter kann mit seinem Stil den Charakter eines Spiels beeinflussen. Wer zu kleinlich pfeift, gefährdet den Spielfluss und setzt sich dem Vorwurf aus, dem Spiel zu schaden. Wer zu viel durchgehen lässt, muss damit rechnen, dass das Spiel ausartet und es zu Unfällen und Verletzungen kommt. Und wer offen eines der Teams bevorzugt, gefährdet den eigenen Ruf und wird vom Verband gemahnt oder gar ausgeschlossen. Denn Unabhängigkeit und Unbestechlichkeit sind für Schiedsrichter zentral. So auch für die FINMA.
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Prüfgesellschaften
Im Einsatz für die FINMA In der Aufsicht über die Schweizer Finanzbranche wird die FINMA von privaten Prüfgesellschaften unterstützt. Weshalb dies so ist, erklärt ein FINMA-Mitarbeiter, der in der Überwachung tätig ist.
Warum überprüft die FINMA nicht alle ihre Beaufsichtigten direkt vor Ort und mit eigenen Mitarbeitenden?
Was erwartet die FINMA denn von den Prüfgesellschaften?
Die FINMA ist bewusst eine schlanke und agile Aufsichts behörde. Sie kontrolliert Banken oder Versicherungen zwar immer intensiver direkt und mit eigenen Teams, aber sie hat begrenzte Ressourcen. Deshalb kann sie nicht sämtliche Prüftätigkeiten selbst vornehmen, sondern zählt auf die Mitarbeit von Prüf gesellschaften.
Wir erwarten nicht nur ein konsequentes und unabhängiges Auftreten. Wir erwarten auch, dass am Ende klare Beurteilungen vorliegen. Gefragt ist ein professionelles und vorausschauendes Urteil mit Aussagen von Gehalt. Vorausschauend heisst: Der Prüfer im Auftrag der FINMA muss vorausdenken, Szenarien berücksichtigen und die Folgen von strategischen Entscheiden der Unternehmensleitung abschätzen.
Welches sind denn die Aufgaben der Prüfer im Auftrag der FINMA? Die Prüfer müssen regelmässig die Zahlen der Beaufsichtigten, deren Organisationsform und deren Umgang mit Risiken analysieren. Je komplexer die Finanzinstitute und je grösser ihre Risiken, umso häufiger und intensiver werden sie von der FINMA überwacht und von den Prüfgesellschaften geprüft.
Haben die privaten Gesellschaften in ihrer Prüftätigkeit vollkommen freie Hand? Nein, die FINMA legt die Inhalte der Aufsichtsprüfung fest und macht den Prüfgesellschaften klare Vorgaben, was und wie sie zu prüfen haben.
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Und wie stellt die FINMA sicher, dass die Prüfer wirklich unabhängig sind und professionell arbeiten? Die Aufsichtsprüfung hat konzeptionell getrennt von der obligationenrechtlichen Prüfung zu erfolgen. Sie ist zukunfts gerichtet und erfordert eine andere Haltung als das eher rückwärtsgewandte Prüfen von Bilanz und Erfolgsrechnung. Ist das Institut sehr gross und komplex oder operiert es in einem besonders riskanten Geschäftsfeld, kann die FINMA verlangen, dass die aufsichtsrechtliche und die obligationenrechtliche Prüfung nicht nur von der Haltung, sondern auch von den Personen her getrennt werden. Dann ist ein anderer leitender Prüfer mit einem anderen Team für die Aufsicht tätig. So stellt die FINMA sicher, dass der «verlängerte Arm» der Schweizer Finanzmarktaufsicht wirkungsvoll und unabhängig arbeitet.
Wie nutzt die FINMA die Befunde der Prüfer für ihre eigene Aufsichtstätigkeit? Die Prüfgesellschaft übermittelt der FINMA die Resultate ihrer Prüfung in Form eines standardisierten schriftlichen Berichts. Gestützt auf die entsprechenden Berichte und Risikoanalysen entscheidet die FINMA, ob es beim beaufsichtigten Institut zusätz lichen Handlungsbedarf gibt.
Und was geschieht, wenn dem so ist? Dann greift die FINMA entweder selbst ein, gibt der Prüfgesellschaft den Auftrag, die Problemfelder in einer weiteren Prüfung auszuleuchten, oder setzt einen unabhängigen Prüfbeauftragten ein.
Was aber, wenn ein Finanzinstitut von einem ausser gewöhnlichen Ereignis wie einem Betrugsfall betroffen ist – kann die FINMA auch in solchen Fällen auf Prüf gesellschaften zurückgreifen? Ja, dann können wir fallbezogene Prüfungen veranlassen. Dazu setzen wir zusätzliche externe Prüfbeauftragte ein. Dies geschieht nicht nur bei einem aussergewöhnlichen Ereignis. Fallbezogene Prüfungen gibt es auch, wenn in einem Prüfgebiet zusätzliches Fachwissen erforderlich ist, etwa bei der Beurteilung komplexer IT-Systeme.
Und was passiert, wenn die Prüfgesellschaft einmal nicht so gute Arbeit geleistet hat? Die FINMA kann auch dann eine fallbezogene Prüfung anordnen, wenn die Analysen des ordentlichen Prüfers zu wenig aussagekräftig oder gar ungenügend sind. Dann ist es Zeit, eine unabhängige Drittmeinung einzuholen.
Basisprüfung, Zusatzprüfung durch die aufsichts rechtliche Prüfgesellschaft und fallbezogene Prüfungen durch einen unabhängigen Prüfbeauftragten: Das sind drei wichtige Pfeiler des Schweizer Aufsichtssystems. Mit diesem Rahmen stellt die FINMA sicher, dass die Prüfgesellschaften ihre Aufsichtsaufgaben wirtschaftlich, wirksam und unabhängig wahrnehmen.
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Verantwortungsvoll in den Handlungen
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Die Mitarbeitenden der F INMA sind verantwor tungsbewusst, integer und durchsetzungsfähig. Sie zeichnen sich aus durch Unabhängigkeit sowie ein hohes Mass an Flexibilität und Veränderungs bereitschaft. Die Mitarbeitenden sind k ompetent und können auch mit Widerständen und heraus fordernden Situationen umgehen. Veränderungen im Umfeld nehmen sie auf und leiten daraus zeitund situationsgerecht konkrete Schritte ab.
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Unter die Oberfläche blicken Er ist Rechtsanwalt, 30-jährig, und hat sich viel vorgenommen: Als einer der Ersten durchläuft Markus G. das Dreijahresprogramm «Legal & Compliance Officer», das ihm Einblick in alle Fach gebiete des Geschäftsbereichs Märkte der FINMA vermittelt und ihn so zu einem vernetzten Finanzgeneralisten mit breitem Horizont und Fachwissen macht. Ein Teilnehmer dieses Programms ist während jeweils eines Jahres als Mitarbeiter in einem Fachgebiet tätig. «On the job» erwirbt er vertiefte Kenntnisse des Finanzmarktrechts und lernt Zusammenhänge kennen und verstehen. Das erste Jahr absolvierte Markus G. in der Aufsicht über die Börsen und die Finanzmarktinfrastruktur. Im zweiten Jahr arbeitet er nun je ein Semester lang bei den FINMA-Spezialisten im Fondsbereich und jenen aus dem Gebiet der Vermögensverwaltung. Zum Schluss hat er Gelegenheit, bei der Bekämpfung der Geldwäscherei und der Finanzkriminalität sowie in der Überwachung der direkt unterstellten Finanzintermediäre mitzuwirken. Dabei kann der Jurist auch gleich fachliche S ynergien nutzen: Wenn es im zweiten Jahr beispielsweise um einen Fonds geht, der über die Börse gehandelt wird, schöpft Markus G. aus seinen Erfahrungen aus dem ersten Jahr im Börsenbereich. Nach einem Jahr in einer Anwaltskanzlei wollte Markus G. einen Schritt weitergehen und die Chance packen, das Programm «Legal & Compliance Officer» bei der FINMA zu durchlaufen. Die Bilanz nach einem Jahr FINMA fällt für ihn positiv aus: «Sich selbstständig oder in Teamarbeit laufend neues Fachwissen anzueignen und Erfahrungen zu sammeln, bereitet mir grossen Spass.»
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Im ersten Jahr besonders geschätzt hat Markus G. den regen Austausch mit den beaufsichtigten Instituten und anderen Behörden. «In einem Jahr bin ich mit vielen zentralen ‹Playern› im Finanzmarkt in Berührung gekommen.» Ein besonderes Highlight für Markus G. war die Mitarbeit an einem interdisziplinären Projekt der FINMA zu internationalen Regulierungsinitiativen: «Der internationale Rahmen und die Wichtigkeit dieses Projekts waren attraktiv und motivierend.» Markus G. wurde sogar die Leitung eines Teilprojekts übertragen, was eine grosse Herausforderung für den jungen Anwalt war: Er musste seine Ergebnisse auch immer wieder vor Geschäftsleitungsmitgliedern und anderen erfahrenen FINMA-Kollegen überzeugend vertreten. Da es bei der FINMA meist um komplexe Fachthemen geht, war dies oft eine Knacknuss. «Wer bei der FINMA arbeiten will, muss definitiv unter die Oberfläche blicken wollen. Nur so lassen sich potenzielle Risiken richtig einschätzen. Erfüllend ist die Tätigkeit als Aufseher vor allem dann, wenn man grosses Interesse an Finanzfragen hat, sich kontinuierlich weiterbildet und eine hohe Einsatzbereitschaft zeigt», so der Eindruck von Markus G. nach einem Jahr FINMA. «Wer offen ist für Neues und ein guter Teamplayer, dem bietet die FINMA eine spannende, herausfordernde und abwechslungsreiche Tätigkeit mit Entwicklungsmöglichkeiten.»
Markus G., Rechtsanwalt (Name frei erfunden)
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Sozialkompetenzen sind gefragt Als Ökonomin hat sie in Deutschland doktoriert und ihre universitäre Laufbahn anschliessend als Post-Doktorandin fortgesetzt. Nach einer Familien pause suchte die zweifache Mutter eine neue berufliche Herausforderung ausserhalb der Universität. Schon als Studentin und später als Doktorandin hatte sich Verena H. auf die Kapitalmärkte spezialisiert. Deshalb zögerte sie nicht lange, als sie ein Inserat einer der Vorgänger behörden der FINMA, des damaligen Bundesamts für Privatversicherungen (BPV), entdeckte. Das BPV hatte eine Stelle für eine Kapitalanlageexpertin ausgeschrieben. Da die Aufsichts behörde in ihrem Fachgebiet ein so breites Tätigkeitsfeld bietet wie kaum ein anderer Arbeitgeber, wagte sie im Jahr 2008 mit ihrer Familie den Schritt in die Schweiz. Ihr Wunsch ging in Erfüllung: «Was ich früher in der T heorie diskutiert hatte, kann ich heute bei der FINMA in der Praxis anwenden. Ich freue mich, nun echte Probleme praxistauglich lösen zu können.» Als Kapitalanlageexpertin beaufsichtigt Verena H. die Investmentseite aller Versicherungsunternehmen über alle Sparten hinweg. Die Ökonomin arbeitet deshalb eng mit den FINMAAufsichtsbeauftragten zusammen. Bei den Schaden-, den Lebens- und den Krankenversicherern befasst sie sich namentlich mit dem «gebundenen Vermögen». Um die Ansprüche der Versicherten sicherzustellen, muss jeder dieser Erstversicherer ausreichend versicherungstechnische Rückstellungen bilden. Diese müssen jederzeit mit gebundenem Vermögen gedeckt sein. Für die Anlagen des gebundenen Vermögens gelten deshalb strenge Vorschriften zur Risikostreu-
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ung, zu den zulässigen Anlagekategorien sowie zum Risikomanagement und zur Bewirtschaftung der Kapitalanlagen. Genau da setzt die Arbeit von Verena H. an: «Wir sind regelmässig im Kontakt mit den Versicherungsunternehmen und auch vor Ort, um Kapitalanlagen zu prüfen. Dadurch gewinnen wir einen breiten Einblick in eine Vielzahl von Versicherungsgesellschaften und deren Investmententscheide.» Insbesondere die Möglichkeit zu Quervergleichen zwischen den Unternehmen macht die Arbeit bei der FINMA für die Kapitalanlageexpertin besonders spannend und im Vergleich zu einer Tätigkeit bei einem Versicherungsunternehmen einzigartig. 2009 wurde Verena H. Leiterin eines FINMA-Spezialistenteams. Ihre Mitarbeitenden waren in den vergangenen Jahren stark gefordert, wurden wegen der Situation an den Finanzmärkten doch immer wieder neue Themen aktuell. So sorgten jüngst beispielsweise Immobilien und Hypotheken – früher eine vergleichsweise unspektakuläre Anlageklasse – auf einmal für Dauerschlagzeilen. Das Team von Verena H. ist auch an vielen geschäftsbereichsübergreifenden Projekten der FINMA beteiligt. «In unserer Tätigkeit sind Sozialkompetenzen besonders wichtig, weil wir mit sehr unterschiedlichen Fachexperten zusammenarbeiten. Seien es Juristen, Ökonomen oder Aktuare – alle sprechen ihre eigene Fachsprache und haben unterschiedliche Denk- und Vorgehensweisen. Deshalb übernimmt unser Team vielfach eine Art Schnittstellenfunktion.»
Verena H., Ökonomin (Name frei erfunden)
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Korrekte Lösungen finden Als junge Rechtsanwältin stieg Anita M. im Sommer 2005 bei der Eidgenössischen Bankenkommission ein. Dort war sie für die Bewilligung von Banken und Effektenhändlern zuständig. Auch heute, in der FINMA, leitet sie Bewilligungsverfahren. Die Tätigkeit bei der FINMA an der Schnittstelle von juristischen und wirtschaftlichen Zusammenhängen empfindet sie als sehr vielfältig: «Einerseits bin ich Anlaufstelle für die Beaufsichtigten und Dritte, andererseits setze ich mich mit Neubewilligungen oder Änderungen der Bewilligungsvoraussetzungen auseinander. Und gelegentlich verlassen Finanzmarktteilnehmer auch freiwillig den Aufsichtsbereich der FINMA. Die umfassend sten und damit auch besonders interessanten Fälle sind aber klar die Neubewilligungen. Hier ist namentlich das Projekt rund um die Bankbewilligung für die PostFinance erwähnenswert, das von seinen Dimensionen her einmalig war.» Beantragt jemand eine Bankbewilligung, so prüft Anita M. das Bewilligungsgesuch mit dem Geschäftsplan in personeller, organisatorischer und finanzieller Hinsicht. Zum Beispiel bei der personellen Prüfung ist die mehrjährige Erfahrung von Anita M. gefragt. Im Vordergrund steht die Frage, ob die Geschäftsleitung und der Verwaltungsrat einer künftigen Bank Gewähr bieten für eine einwandfreie Geschäftstätigkeit. Zur Beantwortung dieser Frage prüft die Rechtsanwältin Dokumente, holt Referenzen ein und führt Gespräche mit den potenziellen Gewährs trägern. So erarbeitet sie sich ein eigenes Bild über die Reputation, aber auch über die Fachkompetenz der Schlüssel personen. «Ziel ist es, genau zu verstehen, was die entsprechenden Manager im Sinn haben. Erst dann lässt sich ein Gesuch
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schlüssig beurteilen.» Dabei strebt Anita M. in erster Linie Lösungen an, die nicht nur juristisch korrekt sind, sondern auch wirtschaftlich aufgehen. «Obwohl die FINMA streng sein und auch mal Nein sagen muss, geht es nicht darum, gegen die Akteure auf dem Finanzplatz zu arbeiten, sondern unter Berücksichtigung der jeweiligen Rollen korrekte und nachhaltige Ansätze zu finden.» Es versteht sich von selbst, dass die FINMA-Mitarbeiterin neben dem juristi schen Fachwissen auch über ein breites Grundlagenverständnis im Finanzbereich verfügen muss. «In jüngster Zeit nehmen die Fusionen und Übernahmen zu, das heisst, wir müssen auch in diesen Rechtsgebieten sattelfest sein. Ebenfalls stark an Bedeutung gewonnen haben zudem Fragen rund um die grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungen.» Um sowohl im Banking als auch im Prüfwesen über eine profunde Gesamtsicht zu verfügen, hat Anita M. neben einem mehrmonatigen externen Einsatz bei einer Prüfgesellschaft auch ein eineinhalb Jahre dauerndes Programm am Swiss Finance Institute absolviert. Diese Weiterbildungsmöglichkeiten bei der FINMA sind für Anita M. ein Mehrwert für ihre Tätigkeit in einem dynamischen Umfeld. Das in Theorie und Praxis erworbene Fachwissen und die über Jahre gesammelte Erfahrung gibt Anita M. auch gerne an jüngere Mitarbeitende weiter: Sie übernimmt regelmässig die Einführung und das Coaching von Nachwuchskräften. Dieser Wissenstransfer stellt sicher, dass künftige Problemstellungen mit einem einheitlichen und praxisnahen Aufsichtsansatz bearbeitet werden.
Anita M., Rechtsanwältin (Name frei erfunden)
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Rückblick
Die Geburtsstunde der FINMA Die FINMA ist am 1. Januar 2009 aus der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK), dem Bundesamt für Privat versicherungen (BPV) und der Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei (Kst GwG) entstanden. Damit übertrug der Gesetzgeber die Aufsicht über den Finanzmarkt einer integrierten Behörde.
Das herkömmliche System der schweizerischen Finanzmarktaufsicht mit den drei Vorgängerbehörden der FINMA vermochte schon vor der Finanzkrise von 2008 nicht mehr voll zu befriedigen. Die dynamische Entwicklung der Finanzmärkte und das interna tionale Umfeld verlangten nach einer neuen starken Behörde, die Kräfte und Wissen bündelt und ihre Aufsichtsinstrumente vereinheitlicht. Gestützt auf die Empfehlungen einer Expertenkommission unter dem Vorsitz von Prof. Jean-Baptiste Zufferey beauftragte der Bundesrat eine zweite Expertengruppe unter der Leitung von Prof. Ulrich Zimmerli, einen Gesetzesentwurf für eine integrierte schweizerische Finanzmarktaufsicht auszuarbeiten. Als eines der ersten Industrieländer liess die Schweiz 2001 ihren Finanzsektor freiwillig vom Internationalen Währungsfonds (IWF) überprüfen. Der IWF empfahl der Schweiz unter anderem, die prudenziellen Aufsichtsinstrumente zu verbessern, die Versicherungsaufsicht zu optimieren und der EBK grössere Sanktionsbefugnisse zu erteilen. Die Expertenkommission Zimmerli empfahl dem Bundesrat, EBK und BPV in der FINMA zusammenzuführen und dem Parlament dazu ein Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMAG) zu unterbreiten. Das Finanzmarktrecht sollte auf diese Weise in einem einzigen Grunderlass harmonisiert und die Spezialgesetze (Bankengesetz, Börsengesetz, Kollektiv anlagengesetz, Geldwäschereigesetz, Versicherungsaufsichtsgesetz, Versicherungsvertragsgesetz, Pfandbriefgesetz
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und Revisionsaufsichtsgesetz) entlastet werden. In ihrer Substanz sollten die Spezialgesetze aber möglichst unangetastet bleiben, damit für die verschiedenen Finanzmarktbereiche weiterhin massgeschneiderte Aufsichtsansätze gelten. Die Expertenkommission empfahl auch eine Neuordnung des Sanktionssystems, das sich in der Vergangenheit als zu wenig griffig erwiesen hatte. Die Vorschläge der Expertenkommission zur Einführung des FINMAG als Dachgesetz wurden vom Bundesrat in seiner Botschaft aufgenommen: Ziel des Bundesrats war es, nach dem Grundsatz «same business, same risks, same rules» eine konsistente aufsichtsrechtliche Behandlung gleicher oder ähnlicher Sachverhalte zu erreichen. Doppelspurigkeiten sollten verhindert und Synergien geschaffen werden. Zudem galt es, eine neue integrierte Aufsicht zu schaffen, die auch von ausländischen Behörden als gleichwertige Ansprechpartnerin anerkannt wird. Neben der Zusammenführung von EBK und BPV sah der Bundesrat vor, auch die Kst GwG in die FINMA zu integrieren. Am 22. Juni 2007 verabschiedeten die eidgenössischen Räte das FINMAG. Am 1. Januar 2009 trat dieses Gesetz zusammen mit den damit verbundenen Anpassungen der Finanzmarkt spezialgesetze und den dazugehörigen Verordnungen in Kraft. Dies war die Geburtsstunde der FINMA.
Die Anfänge der Aufsicht Ende des 19. Jahrhunderts herrschte in den industrialisierten Staaten eine Gründungs euphorie. In der Folge kam es zu einem harten Wettbewerb in der Versicherungs- und in der Bankenbranche, der in eine Reihe von Unternehmenszusammenbrüchen mündete. Etliche Kunden verloren viel Geld, was Regierungen in verschiedenen Staaten veranlasste, sich mit der Frage der Aufsicht über Versicherungen und Banken zu befassen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden deshalb die ersten Aufsichtsbehörden gegründet. Auch in der Schweiz wurde der Bankensektor in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aufgebaut: Mit dem Wachstum der Textil- und der Maschinenindustrie und mit dem Eisenbahnbau stieg die Nachfrage nach Krediten. Eine Regulierung des Bankensektors existierte nicht oder nur vereinzelt in wenigen Kantonen. Auf eidgenössischer Ebene fehlten bis 1874 die verfassungsrechtlichen Grundlagen. Während der Weltwirtschaftskrise in den Dreissigerjahren des letzten Jahrhunderts gerieten viele Schweizer Banken in finanzielle Schwierigkeiten, etliche von ihnen waren auf Staatshilfe angewiesen. Deshalb erliess der Gesetzgeber 1934 das erste Banken gesetz,
das 1935 in Kraft trat. Als vollziehende Behörde schuf er dabei eine neue Instanz in Form der Eidgenössischen Bankenkommission (EBK). Der Boom der Privatversicherungen setzte in der Schweiz ebenfalls in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Die Indus trialisierung verlangte nach Risikodeckung. Längst nicht alle Versicherer verfügten damals jedoch über das technische Handwerkszeug und die finanziellen Mittel zur Ausübung des Versicherungsgeschäfts. Und die kantonalen Behörden waren nicht in der Lage, entsprechende Kontrollen durchzuführen. Dies veranlasste das Parlament bei der Verfassungsrevision von 1874, Gesetzgebung und Aufsicht über die Privatversicherungen dem Bund zu übertragen. 1885 verabschiedete das Parlament das Versicherungsaufsichtsgesetz, das noch im selben Jahr in Kraft trat. Parallel dazu wurde damals das Eidgenössische Versicherungsamt (EVA) geschaffen. Die Umwandlung des EVA in das Bundesamt für Privatversicherungen (BPV) erfolgte im Zuge der Totalrevision des früheren Versicherungsaufsichtsgesetzes vom Juni 1978.
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Kontakt Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA Postanschrift: Tel. +41 (0)31 327 91 00 Einsteinstrasse 2 Fax +41 (0)31 327 91 01 CH-3003 Bern info@finma.ch www.finma.ch
Ab Frühjahr 2014: Laupenstrasse 27 CH-3003 Bern
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Velokuriere, Banken-CEO oder Bundesrat: Am Empfang der FINMA muss ich aufmerksam zuhören und organisieren, multitaskingfähig und flexibel sein – auch wenn dies manchmal über mein Pflichtenheft hinausgeht: Wir nähen auch mal einen Knopf an oder geben einen Tipp für ein gutes Restaurant. Mitarbeiterin Welcome Desk, 43 Jahre, Geschäftsbereich Operations
Weitere Räumlichkeiten: Badenerstrasse 47 CH-8004 Zürich
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Welche Auskünfte die FINMA erteilt Die FINMA gibt Auskunft darüber, ob sie einem Unternehmen eine Bewilligung erteilt hat und um was für eine Bewilligung es sich handelt. Die FINMA informiert, wenn Konkurse und Liquidationen vorliegen und wenn ein Untersuchungsbeauftragter zum Einsatz kommt. Sie setzt die Öffentlichkeit auch über einzelne unbewilligte Institute in Kenntnis. Weiter kann sie – unter Angabe von Personendaten – ihre rechtskräftigen Verfügungen in elektronischer oder gedruckter Form veröffentlichen, dies aber nur, wenn eine schwere Verletzung aufsichtsrechtlicher Bestimmungen vorliegt.
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Die FINMA informiert grundsätzlich nicht über laufende Verfahren gegen unterstellte oder ohne Bewilligung tätige Unternehmen. Sie untersteht nicht dem Öffentlichkeitsgesetz des Bundes und erteilt somit beispielsweise keine Auskunft über die finanzielle Lage der unterstellten Institute. Wird der FINMA ein Missstand angezeigt, so hat der Anzeiger kein Recht auf Akteneinsicht und wird nicht über das Vorgehen der Finanzmarktaufsicht informiert. Die Aufsichtsbehörde erteilt auch keine Rechtsberatung.
Nach mehreren Jahren auf der Bankenseite wollte ich den Finanzplatz von einer anderen Seite betrachten. Meine abwechslungsreiche Aufgabe bei der FINMA gibt mir eine ganzheitliche Sicht auf den Finanzmarkt und bringt mich mit unterschiedlichen Ansprechpartnern in Kontakt. Jeder Beaufsichtigte ist anders. In meiner Tätigkeit sind deshalb aktives Zuhören, Pragmatismus und Überzeugungskraft besonders wichtig. Betriebsökonomin, 43 Jahre,
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Geschäftsbereich Banken