schaffhauser wirtschaft
transparenz Zwei Direktorinnen, eine Gemeindepräsidentin sowie eine Geschäftsleiterin und ihr Weg zur Spitze.
netzwerk Drei weibliche Führungs kräfte internationaler Unternehmen über den Erfolg von Förderung und Mentoring.
magazin Dezember 2022 CHF 8.–Frauen in Führung Wirtschaftsförderung Kanton Schaffhausen Mit
das
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Liebe Leserinnen und Leser
Nur rund ein Drittel der leitenden Positionen in Schweizer Unternehmen ist von Frauen belegt, obwohl Frauen über 50 Prozent der Bevölkerung stellen und bei höheren Ausbil dungsabschlüssen in der Mehrheit sind.
Für diese Ausgabe haben wir darum Frauen aus der Region Schaffhausen porträtiert und zu Wort kommen lassen, die an der Spitze einer Organisation oder eines Unternehmens stehen. Sie haben diese Topposition erreicht, weil sie qualifiziert sind, sich den Karriereschritt erarbeitet und die Chance ergriffen haben, als sie sich ihnen bot. Diese sieben, beruflich erfolgrei chen Frauen, die offen über ihre Erfahrungen in Spitzenpositio nen reden, können ein Vorbild sein und anderen Frauen Mut machen, mehr zu wagen, und weitere Frauen motivieren, Ver antwortung zu übernehmen und die Berufswelt auf weibliche Art zu gestalten. Sie können auch Unternehmen dazu anregen, Anforderungen an Führungsfunktionen zu überdenken. Dazu gehören Sharing-Modelle in der Führung, die auch für Frauen mit Teilzeitarbeit Entwicklungschancen bieten. Um weibliche Führungskräfte zu fördern, bieten viele interna tional tätige Unternehmen Unterstützung an: interne Förderpro gramme wie Mentoring, explizite Positionierung als Arbeitgeber für Frauen und Männer oder flexible Arbeitsmodelle. Was es jedoch auch braucht, für Frauen mit Kindern, sind Betreuungs strukturen, die ein stärkeres berufliches Engagement ermögli chen. Viele Mütter reduzieren im Alter zwischen 30 und 40 Jah ren ihr Arbeitspensum zugunsten der Familie. Das ist genau in der Phase, wenn die meisten Beförderungen in Unternehmen anstehen. So erstaunt es nicht, dass über 60 Prozent der Frauen in Kaderpositionen kinderlos sind. Einfach so wird der Anteil Frauen in Führungspositionen nicht ansteigen. Es braucht Unterstützung von Unternehmen, Rah menbedingungen für Betreuung und vor allem starke, vorwärts orientierte Frauen, die diesen Schritt aktiv angehen.
FRAUEN IN FÜHRUNG
04 Der Talentpool an Frauen ist gut gefüllt. Trotzdem gelangen immer noch zu wenig an die Spitze. Vier Frauen aus der Region erzählen, wie sie die Topposition erfolgreich erreicht haben. 16 Frauen in Führung – drei weibliche Führungskräfte im Gespräch 24
Firmennews
PowerPitch – Kapital, Investoren und Ideen verbinden Innovative SIG-Verpackungen prämiert 13. Tischmesse Schaffhausen 2023 25 Finanzen
Mehr Freiheiten bei der Nachlassplanung 27 RSE-News
Handlungsanalyse Fachkräftemangel zeigt Problemfelder auf 29 ITS-News
Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit in der Schaffhauser Wirtschaft fördern 31 KGV-News Kurs nach oben – Frauen in die Führung 32 IVS-News
Palumbo Redaktorin «Schaffhauser Wirtschaft»
IMPRESSUM
Roost Projektleiterin Wirtschaftsförderung Kanton Schaffhausen
ERSCHEINT VIERTELJÄHRLICH, 8. JAHRGANG, AUSGABE NR. 4, DEZEMBER 2022 HERAUSGEBER «SCHAFFHAUSER WIRTSCHAFT» MEIER + CIE AG SCHAFFHAUSEN, VORDERGASSE 58, 8201 SCHAFFHAUSEN REDAKTION DANIELA PALUMBO GRAFIKKONZEPT UND PRODUKTION FRANZISKA RÜTSCHI TITELBILD KATHARINA EPPRECHT; FOTO: ROBERTA FELE HERAUSGEBER «NEWSLETTER» WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG KANTON SCHAFFHAUSEN, FREIER PLATZ 10, 8200 SCHAFFHAUSEN REDAKTION PASCAL SCHMIDLIN GESTALTUNG UND PRODUKTION BBF COMMUNICATION + DESIGN; TRIX BRUNNER VERLAG VERLAG «SCHAFFHAUSER NACHRICHTEN», BEAT RECHSTEINER ANZEIGENVER KAUF «SCHAFFHAUSER NACHRICHTEN», TELEFON 052 633 32 77, E-ANZEIGEN@SHN.CH ABONNEMENTE JÄHRLICH FR. 28.–, EINZEL NUMMER FR. 8.–, TELEFON 052 633 33 66, ABOSERVICE@SHN.CH. DAS ABONNEMENT IST IN DEN MITGLIEDERBEITRÄGEN DES KANTONALEN GEWERBEVERBANDES KGV UND DER INDUSTRIE- & WIRTSCHAFTSVEREINIGUNG IVS REGION SCHAFFHAUSEN SOWIE IM ABONNEMENT DER «SCHAFFHAUSER NACHRICHTEN» ENTHALTEN. AUFLAGE 22 000 EXPL. ISSN 2297-5276 DRUCK AVD GOLDACH AG
Energie: Zu einer Krise darf es gar nicht komme n 33 IVS-Mitglieder Meetingpoint Schaffhausen Präsidentenwechsel bei der IVS
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Berufsporträt
Tina Ehrat schafft täuschend echte Objekte und Menschen in ihrer Illusionswerkstatt 3 8 Leute
TCS-Ball 2022 in Schaffhausen
Petra
3 INHALT
Daniela
Illustartion: 123RF 4 FRAUEN IN FÜHRUNG
An qualifizierten Frauen mangelt es nicht. Trotzdem gelangen immer noch zu wenige an die Spitze. Je höher die Kaderposition, desto männlicher die Zusammensetzung der Führungsgremien. Daran hat sich in den letzten Jahren nichts geändert. Hauptursache ist, dass genau in der Zeitspanne zwischen 30 und 40 Jahren, wenn die meisten Karriereschritte stattfinden, die Frauen Kinder kriegen.
TEXT DANIELA PALUMBO
Der Durchbruch sei gelungen. Das Jahr 2022 mar kiere eine Trendwende. Dies die euphorischen Worte des Schilling Reports, der seit 2006 zählt, wie viele Frauen in der Schweiz als CEO oder Ver waltungsrätin an die Spitze gelangen. Im Privaten Sektor war erstmals ein Anstieg von 4 Prozent auf 17 Prozent in der Geschäftsleitung zu verzeichnen.
Zu einem weniger optimistischen Schluss kommt der Gender Intelligence Report 2022 der Universität St. Gallen (HSG). Fortschritte seien da, aber im Schne ckentempo gehe es Richtung Geschlechterparität.
Am Talentpool scheint es nicht zu liegen. Immer mehr Frauen studieren und steigen danach erfolg reich in die Berufswelt ein. Die Schweiz hat kein Nachwuchsproblem, so die aktuelle Studie des HSG. 44 Prozent der Angestellten ohne Kaderfunktion sind Frauen. Doch im Kader dominieren immer noch die Männer. Die meisten Frauen, die es ins untere Kader schaffen, besetzen jedoch keine Sprungbrettfunktionen. Sie arbeiten als Expertin nen oder in der Verwaltung. Für eine Beförderung
sei Personalverantwortung indes wichtig. Auf die sen Positionen, die mit Einfluss und Entscheidungs macht einhergehen, sitzen allerdings oft Männer. Als Nachteil für die Beförderung erweist sich auch, die unter den Frauen weit verbreitete Teilzeitarbeit. Mehr als jede zweite Frau hat keine Vollzeitstelle, was immer noch der Norm entspricht, wenn man die niedrigen Werte der Männer anschaut, die kein 100-Prozent-Pensum erreichen (15,5 % Teilzeit). Wäh rend der Familienzeit sinkt der Beschäftigungsgrad der Frauen. Und zwar ausgerechnet in der Alters gruppe der 31- bis 40-Jährigen, in der die meisten Beförderungen stattfinden.
Eine Chance auf Beschleunigung wittern die Stu dienautoren und andere Experten immerhin, so bald die Babyboomer scharenweise in Pension ge hen und Platz machen für Spitzenpositionen. Ein Betrieb, der Frauen frühzeitig in Stellung bringt, sie in Schlüsselpositionen befördert, ihnen Gre mienerfahrung ermöglicht, sie vernetzt und sicht bar macht, wird wesentlich zur Geschlechterparität beitragen.
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An vorderster Front – der Lohn für die Leidenschaft
An der Spitze des Museums zu Allerheiligen steht seit sieben Jahren eine Direktorin. Katharina Epprecht führt das Mehrspartenhaus und ihre Mitarbeitenden mit Engagement und Erfahrung sowie einem hohen Anspruch an die Qualität.
TEXT DANIELA PALUMBO BILD ROBERTA FELE
«Wer Karriere machen will, muss unbedingt aufhören, Stunden zu zählen», sagt die Museumsdirektorin Katharina Epprecht mit Inbrunst. «Wer weiterkommen will, muss mit Herzblut bei der Sache sein, über das Normalmass hinaus.» Es hört sich an wie das Mantra von Elon Musk. Überdurchschnittlicher Einsatz, flies sende Übergänge zwischen Arbeit und Freizeit. Kein geschlechts spezifisches Verhalten, sondern Ausdruck einer Führungspersön lichkeit, die ihre Aufgabe als Berufung ausübt.
CHA-CHA-CHA ALS AUSGLEICH
Katharina Epprecht hat ihre Karriere nicht geplant. Absichtslos gab sie sich von Anfang an ihren Interessen hin, lernte nach dem Studium in Kunstgeschichte Japanisch und verbrachte mehrere Jahre im Land der aufgehenden Sonne. «Geduld haben und sich Zeit nehmen, etwas zu vertiefen», rät sie Frauen, die eine Füh rungsfunktion anstreben. «Ein mäandrierender Lebenslauf, menschliche Erfahrungen und unerwartete Kenntnisse können für einen Betrieb sehr wertvoll sein. Diverse Disziplinen befruch ten sich», sagt die Direktorin des Mehrspartenmuseums. Sie selbst schränkt sich inhaltlich nicht gern ein. Neugier und Offenheit haben sie dorthin geführt, wo sie jetzt ist. Das spiegelt sich auch in ihrem Privatleben wider, wo sie immer Neues ausprobiert. Vor einem Jahr fing sie zum Beispiel mit klassischem Ballett an. Ihre Freunde scherzten: «Schon mit sechs Jahren ist man zu alt dafür, aber mit 60 definitiv.» Sie lacht darüber. Auf diese unkonventio nelle Weise stillt sie jedoch ihren Bewegungsdrang, spürt die Beweglichkeit ihres Körpers und lüftet so ihren Kopf. Zudem besuchte sie in Begleitung ihres langjährigen Lebenspartners erstmals zwei Tanzkurse und lernte Cha-Cha-Cha, Rock ’n’ Roll und Foxtrott.
Mit ihrem Lebenspartner, der als selbstständiger IT-Spezialist tätig ist, führt sie eine intensive Beziehung und täglich stunden lange Gespräche. Die Themen gehen ihnen nie aus. Da er sich ein Familienleben nicht vorstellen konnte, bestand sie nicht auf ihren Kinderwunsch, als sie ihn mit 30 kennenlernte. Katharina Epprechts zahlreiche Eskapaden nach Japan im Alter zwischen 30 und 40 Jahren wären allerdings mit Kind ohnehin undenkbar gewesen, gesteht sie: «Danach war alles parat. Ich hatte mir viel angeeignet. Als Mutter hätte ich nicht mit gleichviel ungeteilter Energie loslegen können.» Statt Nachwuchs bekam sie 1998 die Stelle als Kuratorin für japanische Kunst am Museum Rietberg. Manchmal bedauert sie die Kinderlosigkeit. «Ich bin ein Familien mensch und mag es, wenn viele Leute an einem grossen Tisch sitzen und zusammen essen.» Ihre gesellige Ader lebt sie mit ihren Verwandten und Freunden aus.
Am Museum Rietberg feierte sie etliche Erfolge. Nicht nur in fachlicher Hinsicht mit «überragenden Ausstellungen», wie Experten lobend anerkannten, sondern auch innerbetrieblich. Engagiert brachte sie jeweils an Teamsitzungen Ideen ein und halste sich eine Aufgabe nach der anderen zusätzlich zur Kuratorenstelle auf. Zunächst übergab man ihr die Medienverantwortung, danach wurde sie Abtei lungsleiterin im Marketing- und Eventbereich. Ob das Pensum auch dementsprechend stieg? Sie über legt. Gerechnet hat sie offensichtlich nicht. Genau wisse sie es nicht mehr. «Am Schluss war ich sicher auf 100 Prozent», sagt sie lachend. Dann war sie auch stellvertretende Direktorin.
Ihr Einsatz lässt nicht nach. Rund um die Uhr – oft kommen ihr die Ideen im Bett. Das Thema für ihre Doktorarbeit zum Beispiel oder für Ausstellungen. Belastend sei das nicht, eher bereichernd. Nur ein mal kam sie an eine Grenze. Ihre Managementaus bildung an der Universität Zürich machte sie neben dem 100-Prozent-Job im Museum Rietberg. Dafür opferte sie ein Jahr lang ihre Ferien und die freien Stunden abends und am Wochenende. Geprüft wurde sie im Zweiwochenrhythmus. «Das würde ich nicht mehr so machen. Das war eindeutig zu viel.»
STELLE AUF DEM SILBERTABLETT
Vor sieben Jahren wurde Katharina Epprecht zur Direktorin des Museums zu Allerheiligen gewählt. Sie war damals 53 Jahre alt, und sie realisierte, wollte sie an die Spitze eines Unternehmens, dann war jetzt der Moment gekommen: «Ich hatte Lust auf einen Karriereschritt und konnte nicht warten, bis mein Vorgesetzter pensioniert wurde.» Just zu dieser Zeit suchte das Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen eine Führungsperson. «Die Stelle lag wie auf dem Silbertablett da. Sie war auf mich zu geschnitten», sagt sie, immer noch erstaunt über diese perfekte Gelegenheit. Erfolgreich setzte sie sich gegenüber den 35 Mitbewerbenden durch. «Die Karriere wird einem auch geschenkt», glaubt sie darum. «Man kann sie nicht planen, aber sich in Position bringen. Abheben gelingt aber nur, wenn die Umgebung merkt, wie gross die Leidenschaft für die Sache ist.»
6 FRAUEN IN FÜHRUNG
Vielseitig und perfektionistisch: Katharina Epprecht, Direktorin des Museums zu Allerheiligen.
Katharina Epprecht stellt dabei hohe Ansprüche an sich selbst und andere. Sie bezeichnet sich als pin gelig. Ihren Perfektionismus sieht man überall. In ihrem Arbeitszimmer im Museum zu Allerheiligen sind die modernen Designerstühle im gleichen Farbton bezogen wie der alte, grüne Kachelofen. Kein Zufall, sagt ein Mitarbeiter, der vorbeischaut, während sie sich fürs Fotoshooting zurechtmacht. Ein gutes Auge für Ästhetik, keine Kompromisse
bei der Qualität, urteilte die NZZ, als sie nach Schaffhausen wechselte.
Die Museumsdirektorin will auch ihrer Führungs rolle gerecht werden. «Ich fühle mich manchmal wie ein Leuchtturm, dessen Scheinwerfer überall hin leuchtet und prüft, ob alles parat ist, an alles gedacht wurde.» Dass Frauen sich mehr unter Be weis stellen müssen als ihre männlichen Kolle
gen, diese Tendenz bestätigt sie. «Die Wertschät zung für eine Idee, die eine Frau einbringt, ist zu rückhaltender.» Einen weiteren Unterschied zu ihren Kollegen in Toppositionen sieht sie darin, dass sie ihre Entscheidungen zu begründen versuche, während Männer mit weniger Worten und dezidier ter führen. «Meine Transparenz kann für meine Mitarbeitenden manchmal anstrengend sein», sagt sie offen und direkt.
Diese Direktheit stellt ihr hie und da auch ein Bein. Diplomatie behagt ihr nicht, ebenso wenig wie Seil schaften und Absprachen im Hinterzimmer. Dafür ist sie fachlich gut vernetzt, national wie interna tional. In ihrem Fach fühlt sie sich sicher, und An erkennung bekam sie auch auf ungewöhnliche Weise, wie eine Anekdote illustriert, die sie bis heute noch über ihr Glück wundern lässt. Als sie Kuratorin im Museum Rietberg war, sass sie eines Morgens zu Hause im Calida-Pyjama auf dem Sofa. Ihr Partner hatte den Briefkasten geleert und über gab ihr einen Umschlag. Darin befand sich ein gros ser Scheck mit einer Summe von 10 000 Dollar. Ein handgeschriebener Zettel dazu: «Viel Glück in Ja pan!» Aus heiterem Himmel hatte eine amerikani sche Stiftung ihr diesen Betrag zur bedingungslo
sen Verfügung gestellt. Sie reiste mit dem Geld nach Japan und ermöglichte damit eine Ausstellung, die 30 000 Leute in der Schweiz begeisterte.
SPRACHROHR FÜR GROSSE SACHE
Katharina Epprecht ist ein Sonnenkind. Ihre Eltern förderten ihre Neigungen und Begabungen: «Meine Kindheit war ein Schlaraffenland an Bildung», sagt sie und strahlt übers ganze Gesicht. Gleichzeitig musste sie sich gegenüber ihren zwei älteren Brü dern durchsetzen. «Ich habe ein gesundes Selbst vertrauen, stehe gern vorne als Sprachrohr für eine grosse Sache. Das gebe ich zu», sagt sie mit einem entwaffnenden Lächeln.
Die Museumsdirektorin scheut sich aber nicht, Ent scheide zu fällen, die fachlich begründet, aber viel leicht von einer Frau anders erwartet würden. So besetzte sie die letzte von einer Kuratorin frei wer dende Stelle mit einem Mann. «Hätte ich eine so gut qualifizierte Person einfach vorbeiziehen lassen sollen?» Es sei allerdings schon schlimm, jetzt führe sie ein Team, das nur aus Männern bestehe. Ihr Hauptkriterium ist letztlich nicht das Geschlecht, sondern eins, das sie selbst vorlebt: «Ich fördere alle, die mit Herzblut bei ihrer Sache sind.»
Jung, parteilos und erst noch eine Frau
Nadja Hallauer steht bereits in der zweiten Legislatur der Gemeinde Hallau vor. Im Führungsgremium ist sie die einzige Frau unter lauter Männern. Ihre profunde Kenntnis der Gemeindeverwaltung führte sie an die Spitze.
TEXT KARIN LÜTHI BILD ROBERTA FELE
Von den 26 Gemeinden des Kantons Schaffhausen werden zurzeit nur gerade fünf von Frauen geführt. Eine dieser Frauen ist Nadja Hallauer, die seit 2017 die Geschicke von Hallau mit ruhiger und sicherer Hand leitet. In die Klettgauer Gemeinde war Nadja Hal lauer zusammen mit ihrem Mann Markus erst 2012 gezogen. Als sie nur vier Jahre später von einer unabhängigen Findungskom mission angefragt wurde, ob sie für das Amt als Gemeindepräsi dentin kandidieren würde, überlegte sie sich das gründlich. Da das Ehepaar keine Kinder hat, war von dieser Seite her eine Kan didatur möglich. Weiter sprach ihre berufliche Qualifikation dafür: Da sie seit ihrer KV-Lehre vor rund 25 Jahren praktisch immer auf Gemeindeverwaltungen gearbeitet hatte, zuletzt als Finanzverwalterin in Flaach, kannte sie die diversen Arbeitsbe reiche in einer Gemeinde sehr genau und wusste, welche Belas tungen einerseits, andererseits aber auch Herausforderungen ein solches Amt mit sich bringen würde. Zudem rechnete sie sich kaum Chancen für eine Wahl aus, denn, wie sie sagt, es hätten doch einige gewichtige Nachteile gegen sie gesprochen: Sie war jung, parteilos und erst noch eine Frau. Noch nie hatte eine Frau in Hallau das Gemeindepräsidium innegehabt – doch die junge
Neuzuzügerin setzte sich mit einer sehr komfor tablen Mehrheit gegen ihren Konkurrenten durch. Und 2021 wurde sie mit einem guten Ergebnis wie dergewählt. Zufall? Wohl eher nicht.
AM GLEICHEN STRICK ZIEHEN
Dass Nadja Hallauer nun an der Spitze von Hallau steht, ohne zuvor im Gemeinderat tätig gewesen zu sein, hat sicher auch mit ihren profunden Kennt nissen der Gemeindestrukturen und deren Prozesse zu tun. Dieses Wissen hilft ihr, den Überblick zu behalten und vorauszuplanen. «Das thematische Spektrum in einer Gemeinde ist sehr breit, aber auch interessant. So liegt es in der Natur der Sache, dass die Anliegen und Herausforderungen, welche an die Behörde gestellt werden, mannigfaltig sind, zu denen eine Antwort oder eine Lösung von uns erwartet wird, manchmal auch kurzfristig. Dann ist es wichtig, dass wir den Entscheidungsprozess stets darauf fokussieren, was das Dorf, die Bevölke
8 FRAUEN IN FÜHRUNG
Transparent und zuverlässig: Nadja Hallauer, Gemeinde präsidentin von Hallau.
rung braucht oder der Sache am besten dient. Jetzt und langfristig.» Allein gelinge das aber nicht, sagt sie, es brauche in der Führung einer Gemeinde ein Team, das miteinander am gleichen Strick ziehe –«und zwar in die gleiche Richtung, nicht gegenein ander!» Die fachliche Kompetenz der Behördenmit glieder fliesse im Gremium in Hallau ideal zusam men und ergebe eine beeindruckende kollektive Intelligenz, erklärt sie und weiter: «Gepaart mit dem positiven Arbeitsklima im Gemeinderat hinter
lässt das nicht nur solide Entscheide, sondern macht auch Freude.»
NUMBER ONE IN HALLAU
Grosses Wissen und Teamfähigkeit: Reicht das, um eine Gemeinde in der Schweiz gut zu führen? Es seien wichtige Eigenschaften, findet die Gemeinde präsidentin, doch die politische Exekutivarbeit er fordere auch ein gewisses Mass an Multitasking, erklärt Hallauer. Doch damit nicht genug, denn
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mit diesen drei Eigenschaften ist eine sichere Füh rung noch nicht gewährleistet. Was bringt eine Frau im besten Alter – Nadja Hallauer ist 42 Jahre alt – für Attribute mit, dass sie als Number One in Hallau so geschätzt wird? Sich selbst bezeichnet sie als trans parente, verantwortungsbewusste und zuverlässige Persönlichkeit. Sie ergänzt: «Will man karrieremäs sig gewisse Schritte gehen, muss man selbstkritisch sein und einen gewissen Anspruch an sich selbst haben. Und man muss auch ambitioniert sein. Im Sinne von Erfolg hat das drei Buchstaben: T-U-N. Zudem ist in einem Job wie diesem auch eine ge wisse Selbstständigkeit nötig.» De facto sei es so,
dass für die Behördentätigkeit Teamwork zwar sehr wichtig sei, doch die Arbeit im einzelnen Ressort sei selbstständig zu organisieren. Es erfolgten keine Arbeitsanweisungen, erklärt Hallauer.
SENSIBEL FÜRS NONVERBALE
Die Hallauer Gemeindebehörde besteht aus der Ge meindepräsidentin Nadja Hallauer und vier Gemein deräten, die alle Männer sind. In ihrem Berufsleben auf den Gemeindeverwaltungen hat sie mehrheit lich mit Männern zusammengearbeitet und kann deswegen zumindest eine empirische Antwort auf die Frage geben, ob Frauen und Männer unter schiedliche Führungseigenschaften besitzen. «Ja, ich finde, es gibt Unterschiede, aber diese liegen im Detail. Männer wie Frauen arbeiten zweifelsohne sachbezogen. Dabei schätze ich es jedoch sehr, wie Männer fokussiert an einem Thema dran sind und ihren Standpunkt klar und direkt vertreten, aber sie hinterfragen sich vielleicht seltener als Frauen. Frauen beziehen in einem Arbeits- oder Entschei dungsprozess oft das Gesamtumfeld mit ein und sind ein Stück sensibler auf das Nonverbale.» Diese Unterschiede seien jedoch sehr wertvoll, ergänzt Hallauer. Wichtig sei, dass man einander den nöti gen Respekt entgegenbringe. Gerade in der Zusam menarbeit im Gemeindegremium ergebe sich da durch ein fruchtbares Miteinander: «Ziel ist, dass wir unsere Aufgaben zum Wohle aller erledigen, unabhängig davon, ob dies durch einen Mann oder eine Frau gemacht wird. Die Qualität muss stim men! Wenn man Frauen vielleicht einen Ratschlag geben könnte, wäre es der, sich etwas zuzutrauen und Mut zu haben.» Sie selbst halte sich an das Motto «MZF»: Mut zum Fehler, einen wertvollen Tipp einer ihrer Lehrmeister der Verwaltungslehre, den sie heute ganz anders zu schätzen weiss als während der Ausbildung.
Die grösste Herausforderung für die Gemeinde präsidentin ist es, alles unter einen Hut zu bringen. Planung und Organisation aller Termine und Sit zungen, der mannigfaltigen Aufgaben, sowie die Anliegen der Bevölkerung oder des Personals. Und beim Organisieren all dessen den Überblick zu be halten über Wichtigkeit und Dringlichkeit und diese richtig zu priorisieren. «Das war besonders in meinem ersten Jahr eine grosse Herausforde rung, denn so nebenbei lässt sich ein solches Amt nicht machen. Ich musste über die Bücher. In der Folge kündigte ich meine Anstellung auf der Ge meinde in Flaach», sagt sie rückblickend. Nach dieser anspruchsvollen ersten Zeit hat Nadja Hal lauer längst die Balance gefunden – man sieht es ihr an. Was hat ihr dabei geholfen? «Wichtig für die eigene Energie ist der Support durch ein gutes Umfeld. Darüber hinaus würde sicher auch die Möglichkeit einer Supervision oder ein ‹Götti› oder eine ‹Gotte› mit Erfahrung im Berufsfeld helfen.» Auf diese Weise erwächst ihr trotz der grossen Verantwortung viel Freude bei der Arbeit fürs
meinwohl.
Ge
Geschlechterverteilung nach Kaderstufe Frauen Männer Frauen Männer NichtKader Unterstes Kader Unteres Kader Mittleres Kader Oberstes und oberes Kader 44% 44% 27% 27% 17% 17% 83% 83% 73% 73% 35% 35% 22 22% 56% 56% 65% 65% 78% 78% Quelle: Gender Intelligence Report 2022 11 FRAUEN IN FÜHRUNG
Der Charakter ist entscheidend
In einem halben Jahr ist Katrin Breitling die neue Chefärztin der Frauenklinik am Kantonsspital Schaffhausen und Mitglied der Spitalleitung. In ihrer etwa 30-jährigen Berufskarriere hat sie sich nie benachteiligt gefühlt. Die grösste Herausforderung war, die Rolle der Mutter und der Berufsfrau unter einen Hut zu bringen. Ihr Ehemann hielt ihr dabei den Rücken frei.
TEXT VINCENT FLUCK BILD ROBERTA FELE
Schaffhausen ist zur zweiten Heimat von Katrin Breitling ge worden. Erstmals in Kontakt mit der Munotstadt kam die ge bürtige Deutsche in ihrem Medizinstudium. 1998, während ihres Praktikumsjahrs, war sie vier Monate lang als Unterassistentin am Kantonsspital tätig. «Das war mein erster Berührungspunkt mit dem Schweizer Gesundheitssystem», erinnert sie sich. Der Umgang, der hier zwischen Ärzten und Patienten, aber auch unter Kollegen gepflegt wurde, gefiel ihr. Ihr sagten auch die Ausbil dungsmöglichkeiten und generell die Region zu. So beschloss sie, wieder zu kommen und startete nach Abschluss ihres Studiums am 1. April 2000 in Schaffhausen als Assistenzärztin. Mit Aus nahme eines Jahres in St. Gallen war sie die ganze Zeit hier. 2007 wurde sie Oberärztin, 2012 Leitende Ärztin und stellvertretende Chefärztin der Frauenklinik. Seit 2019 leitet sie das Brustzentrum Schaffhausen-Wetzikon. Und ab 1. Juli 2023 wird sie Chefärztin der Frauenklinik. In dieser Funktion wird sie auch Einsitz in die Spitalleitung der Spitäler Schaffhausen nehmen. Im Brustzent rum werden übrigens nicht nur Frauen behandelt. Denn in einem von 100 Fällen sind Männer von Brustkrebs betroffen.
NETZWERK HILFREICH
Wenn man zurückblickt, erkennt man einen gradlinigen Weg nach oben. Alle paar Jahre erklomm die Gynäkologin eine neue Karrierestufe. War das so geplant? «Das kann man nicht mit Ja oder Nein beantworten», sagt sie und stellt eine Gegenfrage: «Wann fängt man an, seine Karriere zu planen?» Ihr sei schon als Kind klar gewesen, dass sie eines Tages Kinderärztin sein würde. Deshalb habe sie Medizin studiert. Ein Praktikum habe sie dann in die Geburtshilfe und in die Gynäkologie geführt. Dies gefiel ihr sehr, sodass sie von ihrem Kindheitsziel leicht abwich. «Dann habe ich gemerkt, dass ich sehr gerne operativ tätig bin.» Mit einer eige nen Praxis ist Operieren schwierig, so zeichnete sich der Weg am Spital ab. Irgendwie war Katrin Breitling jeweils zur richtigen Zeit am richtigen Ort. «Immer, wenn ich an einem Punkt war, wo ich dachte, jetzt muss ich einen nächsten Schritt gehen, hat sich eine Möglichkeit ergeben. Und ich habe sie dann ergriffen.» So war es auch, als die Leitung der Frauenklinik beziehungsweise des «Leis tungszentrums Frau und Kind» frei wurde. Sie bewarb sich und wurde zur Nachfolgerin des amtierenden Chefarztes Markus Eber hard gewählt, der im kommenden Sommer pensioniert wird.
Hatte die heute 50-Jährige ein Netzwerk, das ihr den Weg nach oben erleichterte? Anfänglich sicher nicht. Denn aufgewachsen ist sie im ostdeutschen Leipzig, als Deutschland noch zweigeteilt war. Als sie in Schaffhausen anfing, konnte sie sich nicht auf Schulfreunde abstützen. «Mein Netzwerk entwickelte sich erst
im Lauf der Zeit», sagt sie. Jetzt und auch für ihre zukünftige Aufgabe sei dieses Netzwerk jedoch eine unabdingbare Voraussetzung. Die Vernetzung mit ehemaligen Kollegen, die zum Teil an anderen Spi tälern tätig sind, sei wichtig für den Austausch von neuen Ideen und für Kooperationen. Hilfreich auf dem Karriereweg seien auch erfahrene Berufskol legen gewesen, «die einen unterstützen, fördern und natürlich auch fordern».
KINDERKRIPPE AM SPITAL
Die Tatsache, dass sie eine Frau ist, hatte keine Aus wirkung auf ihre Karriere, findet Katrin Breitling. Die nötigen Charaktereigenschaften seien für beide Geschlechter gleich. «Vielleicht sind Frauen manch mal ein bisschen teamorientierter und vielleicht auch ein bisschen fürsorglicher.» Aber es gebe auch Frauen mit sogenannt typisch männlichen Eigen schaften, die schneller entscheiden oder auch ein mal mit dem Kopf durch die Wand gehen. «Als Charaktereigenschaften braucht man sicher eine gewisse Form von Zielstrebigkeit, Beharrlichkeit und Durchsetzungsvermögen, vielleicht auch Krea tivität und Organisationstalent.»
Manchmal hört man, dass Frauen im Vergleich zu Männern doppelte Leistung erbringen müssen. Doch auch dies hat Katrin Breitling nicht so erlebt. Den Unterschied sieht sie in der Tatsache, dass die Frauen die Kinder auf die Welt bringen. Damit sei in der Regel ein beruflicher Unterbruch verbunden. «Das kann manchmal einen Rückschritt in der Kar riereentwicklung bedeuten, zumindest zeitlich. Doch das holen die Frauen wieder auf.» Eine Schwierigkeit sei, dass sie oft beides – Familie und Beruf – unter einen Hut bringen wollen. «Wenn Frauen beruflich erfolgreich tätig sein wollen, un abhängig vom Pensum, dann müssen sie in der Familie meist irgendwelche Abstriche machen, und das ist nicht immer einfach.» Als Mutter einer mitt lerweile 20-jährigen Tochter weiss sie, wovon sie spricht.
Um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, reduzierte die Ärztin ihr Pensum zwischenzeitlich auf 60 Prozent. Eine grosse Hilfe war die Tatsache,
12 FRAUEN IN FÜHRUNG
Zielstrebig und fürsorglich: Katrin Breitling, Chefärztin der Frauenklinik am Kantonsspital Schaffhausen.
dass die Spitäler Schaffhausen über eine eigene Kinderkrippe verfügen. Die Tochter dort zu platzie ren, habe gut funktioniert. Einzig die Öffnungs zeiten hätten nicht immer mit ihren Schichtplänen zusammengepasst. Als die Tochter ins Kindergar tenalter kam, gab es dort keinen Mittagstisch. Über brückung leisteten zeitweise eine Tagesmutter und auch die Freunde ihrer Tochter beziehungsweise deren Familien. Schliesslich einigten sich Katrin Breitling und ihr Mann, mit dem sie seit 25 Jahren zusammen ist, dass er sein Pensum als Fitnesstrai ner auf 50 Prozent reduziert und sich um Kind und Haushalt kümmert. Ohne ihn wäre die Karriere am Spital nicht möglich gewesen. «Er unterstützt mich und hält mir bei meinem doch sehr arbeitsintensi ven Job den Rücken frei.» Eine solche Unterstützung bräuchten nicht nur Frauen in Führungspositionen, sondern bekanntermassen auch Männer.
Die Work-Life-Balance, das Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit, ist auch für Katrin Breitling nicht immer einfach zu finden. «Meine Wochen sind sehr gut ausgefüllt, da gibt es oft mehr Work als Life», schmunzelt sie. «Aber grundsätzlich arbeite ich gerne. Ich bekomme von meinen Patientinnen und Patienten, aber auch von meinen Kollegen viel zurück.» Sie schaue jedoch, dass sie die Wochenen den in Feuerthalen mit der Familie verbringe. An sonsten sei sie gerne in der Natur unterwegs, fahre Velo, wandere und reite. Einen Teil ihrer Energie widmet Katrin Breitling seit 2016 der Krebsliga Schaffhausen. Als Vorstandsmitglied ist sie für den Bereich Brustkrebs zuständig. «Das ist eine sehr in teressante Tätigkeit. Ich lerne viele Leute auf einer ganz anderen Ebene kennen. So kann ich auch prä ventiv tätig sein und etwas für die Vorsorge der Be völkerung tun.»
Zwischen Systemtechnik und Stillen
Mirjam Baumann hat sich auf dem zweiten Bildungsweg zur Informatikerin ausbilden lassen. Nun ist vorgesehen, dass sie den elterlichen IT-Betrieb übernimmt. Das verzögert sich, denn sie hat zwei Kleinkinder, die zurzeit ihre volle Aufmerksamkeit erfordern.
TEXT VINCENT FLUCK BILD ROBERTA FELE
Wäre Mirjam Baumann ein Mann, dann wäre sie jetzt Geschäfts führerin der Schaffhauser RCS IT Services. Ihr Vater Fritz Friedli hat das offizielle Pensionsalter überschritten und wäre bereit, die Leitung abzugeben. Doch Mirjam Baumann wurde vor zwei einhalb Jahren Mutter. Das erschwert die Übergabe. Damals hat sie ihr Pensum auf 40 Prozent reduziert. Und nun, seit der Geburt der zweiten Tochter im Mai, hat sie sich ganz ausgeklinkt und macht bist Ende Dezember eine Mutterschaftspause. «Im Moment ist es so, dass meine Kinder für mich die höchste Priorität haben», sagt sie. Auch ihre Vorstandsämter beim Gewerbeverband der Stadt Schaffhausen und bei der Branchenvereinigung ICT Berufs bildung Schaffhausen legte sie vorübergehend nieder. Das ist eine ganz neue Erfahrung: «Bis jetzt war ich mein ganzes Leben lang voll erwerbstätig.»
Ganz vom Familienunternehmen lösen konnte sich die 37-Jährige indessen nicht. «Seit ein paar Wochen arbeite ich wieder einen Tag in der Woche, weil wir so viel Arbeit haben.» Ihre Mutter, die für die Buchhaltung der Firma zuständig ist, kümmert sich dann jeweils um die Kleinen. Und da die jüngere immer noch gestillt wird, versucht die Informatikerin möglichst viel «remote» zu arbeiten, also über den Computer im Hallauer Homeoffice. Im Januar will sie dann wieder ihr Pensum erhöhen. Zusätzlich zur Grossmutter wird sich dann auch eine Kindertagesstätte um den Nachwuchs kümmern.
GETEILTE CHEFPOSITION
Die RCS IT Services ist im Schaffhauser Mühlental angesiedelt. Sie beschäftigt zehn Mitarbeitende, darunter zwei Lernende. Im Auftrag der Kundschaft richtet die Firma Computer-Netzwerke und Backup-Systeme ein, stellt Server auf oder bietet Cloud-Lö sungen an. Zum Kundenkreis gehören nebst KMU auch inter nationale Konzerne. Wann genau Mirjam Baumann die Verant wortung für den Familienbetrieb übernehmen wird, ist offen. «Das ist noch in Klärung», sagt sie. «Jedenfalls müssen wir einen Geschäftsführer haben. Dann wird die Führung aufgeteilt – auf diese Person und mich.» Vorläufig werde sie sich nämlich nicht voll der Firma widmen können. Einen Versuch, einen Angestell ten mit der Geschäftsführung zu betrauen, hat ihr Vater bereits unternommen. Doch nach einiger Zeit hat Fritz Friedli das Steuer wieder übernommen. Könnte Mirjam Baumann nicht einen Teil der Kinderbetreuung ihrem Gatten abtreten, damit sie mehr Zeit für die Firma hat? Das sei kein Thema, antwortet sie. «Mein Mann ist ebenfalls in einer Führungsposition. Er kann nicht weniger als 100 Prozent arbeiten.»
Dass sich die Hallauerin mit Informatik befasst, war nicht von Anfang an klar. Zuerst hat sie nämlich Coiffeuse gelernt und drei
Jahre lang in Zürich als solche gearbeitet. «Ich habe dann gemerkt, dass dieser Beruf nicht das ist, was ich mir gewünscht hatte», erinnert sie sich. So machte sie ab 2008 eine Ausbildung in IT-System technik und arbeitete nebenbei bei ihrem Vater und dann bei der KSD, dem Informatikunternehmen von Stadt und Kanton. Nach dem Abschluss mit dem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis folgten Lehrund Wanderjahre, die sie für einige Zeit auch ins amerikanische Princeton zur Firma Tyco führten. Im Auftrag eines in der Region Schaffhausen täti gen Konzerns hatte sie unter anderem auch Ein sätze in der britischen Hauptstadt. Daran erinnert sie sich sehr gerne. «Ich liebe London», sagt sie. «Ich war damals jedes Jahr ein paar Mal dort.»
LOHNGLEICHHEIT FÜR FRAUEN
Geplant war Mirjam Baumanns Karriere nicht. Sie hat sich ergeben. Ihre familiäre Herkunft ist der Grund, weshalb sie jetzt für die Unternehmensfüh rung vorgesehen ist. «Als ich noch jünger war, sagte ich zwar immer, dass ich das nicht unbedingt will. Denn damit ist viel Verantwortung verbunden.» Mit jedem zusätzlichen Jahr an Berufserfahrung habe sich dies aber geändert. Sie ist die einzige der drei Schwestern, die sich beruflich in diese Richtung entwickelt hat. Ihre Zwillingsschwester beispiels weise absolvierte die Hotelfachschule.
Informatik gilt gemeinhin als Männerdomäne. Wie konnte sich Mirjam Baumann in dieser Branche be haupten? Dieses Bild stimme nur zum Teil, antwor tet sie. «Wir haben relativ viele Frauen. Bei uns in der Firma haben diesen Sommer zwei Lernende abgeschlossen, eine davon war eine Frau.» Und diese habe die beste Schaffhauser Abschlussarbeit aller Zeiten abgeliefert. «Darüber waren wir sehr stolz.» Es sei zwar schon so, dass sich junge Frauen nicht unbedingt zur Informatik hingezogen fühlten, das merke sie immer wieder an den Berufsmessen, die sie für ICT Berufsbildung Schaffhausen organisiere. Auch in ihrer Ausbildung sei die unterschiedliche berufliche Ausrichtung der Geschlechter deutlich ins Auge gestochen. «Bei den Coiffeuren waren nur Frauen, bei der Informatik nur Männer.» Dennoch stünden die Türen für Informatikerinnen weit of fen. «Die meisten IT-Firmen sind froh, wenn sie eine Frau haben. Deshalb findet keine Benachteiligung
14 FRAUEN IN FÜHRUNG
statt.» Und in ihrer Firma gebe es auch lohnmässig keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern. «Ausserdem habe ich nie das Gefühl gehabt, dass die Kunden ein Problem haben, dass ich eine Frau bin und weniger glaubwürdig wäre.»
Stimmt denn wenigstens das Bild des Informatikers als rational denkenden Menschen, der logisch
strukturiert vorgeht? In der Regel stimme das, aber nicht immer, antwortet Mirjam Baumann. Sie sel ber entspreche diesem Bild. «Ganz allgemein stelle ich immer einen Plan auf», sagt sie. «Das mache ich auch jetzt als Hausfrau so. Ich brauche eine gewisse Struktur.» Obwohl viele dieser Pläne mit den Kin dern immer wieder über den Haufen geworfen würden. Sie lacht.
Logisch und strukturiert: Mirjam Baumann, designierte Geschäftsführerin RCS IT Services.
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Wirtschaftsförderung Kanton Schaffhausen
Lara Guillod
Linn Warzelhan-Kato
INTERVIEW — INSPIRE 16
Lea Haines
Wir brauchen Vorbilder, die vorangehen und andere inspirieren »
FRAUEN SIND GROSSTEILS NOCH IMMER IN DER MINDERHEIT IN SCHWEIZER FÜHRUNGSETAGEN. LEA HAINES, LARA GUILLOD UND LINN WARZELHAN-KATO KENNEN DIE SITUATION BESTENS. SIE ALLE SIND BEI GLOBAL TÄTIGEN UNTERNEHMEN MIT SITZ IM KANTON SCHAFFHAUSEN ANGESTELLT UND LEITEN DORT GROSSE TEAMS MIT ZUM TEIL MEHR ALS 100 PERSONEN. TROTZ FORTSCHRITTEN IN JÜNGERER VERGANGENHEIT SEI DER WEG FÜR MEHR FRAUEN IN LEITENDEN POSITIONEN NOCH WEIT, SIND SIE SICH EINIG. EIN GESPRÄCH ÜBER FÜHRUNG, SELBSTBEWUSSTSEIN UND MUT.
Text Pascal Schmidlin | Layout BBF | Fotos Philip Böni
SIE ALLE SIND IN IHREM UNTERNEHMEN IN EINER FÜHRUNGS POSITION TÄTIG. WELCHE ASPEKTE SIND FÜR SIE WICHTIG ALS FÜHRUNGSPERSON?
Lea Haines: Zum einen will ich als Führungsperson authentisch sein. Also ich selbst sein und vorleben, was ich von meinem Team erwarte. Das schafft Vertrauen. Zum anderen ist es mir wichtig, den Leuten Raum zu geben, um sich selbst zu verwirklichen. Ich denke, es ist ein veraltetes Bild, dass man Menschen einstellt, um ihnen dann zu diktieren, was sie zu tun haben. Wir stellen ja Leute ein, die talentiert sind und Erfahrungen mitbringen. Dann sollen sie das auch zeigen können. Ich will mein Team bewusst fördern und nicht die allwissende Chefin sein.
Lara Guillod: Das ist gut zu hören, denn Authentizität und Vertrauen sind zwei Schlüsselerkenntnisse meiner noch jungen Karriere. Die Karriereleiter ging bei mir sehr schnell nach oben, kurz nach meinem Studienabschluss war ich schon in einer leitenden Position. Mit nur einem Jahr Führungserfahrung wurde ich kurz darauf in die Geschäftsleitung befördert. Es war ein unglaubliches Vertrauen vom Unternehmen in mich da, dass das funk tionieren wird. In all meinen Positionen bin ich mir stets treu geblieben, gehe voran und lebe meine Prinzipien vor.
Linn Warzelhan-Kato: Früher dachte man als Mana ger, man müsse der oder die Beste sein, der Experte. Aber das ist ja genau nicht der Fall, denn nur als Team kann man erfolgreich sein. Ich kenne das aus meiner Karriere, als ich die HR-Leitung von Europa übernom men habe und plötzlich ein riesiges Team führen durfte. Da kommen ja verschiedene Bildungshintergründe, Altersklassen und Kulturen zusammen. Da ist viel Wissen und Erfahrung da. Und da sind Authentizität und auch Vulnerability (dt. Verletzlichkeit) wichtig. Letzteres ist wohl mehr eine weibliche Eigenschaft. Einfach mal hinzustehen und offen zu sagen, dass man etwas nicht schafft und Hilfe vom Team braucht.
ALSO GEHÖRT AUCH KOMMUNIKATION ZU DIESEN WICHTIGEN EIGENSCHAFTEN?
Warzelhan-Kato: Genau, deren Bedeutung kann man nicht genug unterstreichen.
Haines: Dieser moderne Führungsstil ist auch eine Chance, um zu zeigen, dass man nicht perfekt sein muss. Egal in welcher Rolle, ob als Mutter oder im Ar beitsleben, es war mir immer wichtig, zu sagen, dass ich nicht perfekt bin. Ich bin nicht Super-Woman, auch ich brauche Hilfe und zwischendurch mache ich es falsch. Das ist aber Ok. Denn aus Fehlern lernt man und
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gerade in Führungspositionen ist man in einem lebens langen Lernprozess. Das macht für mich den Job auch spannend.
INWIEFERN IST PERFEKTION HINDERLICH?
Haines: Wenn man immer nur perfekt ist, haben andere das Gefühl, sie müssen auch perfekt sein. Sie können dann nicht zugeben, dass etwas schiefgelaufen ist. Aber es ist ganz wichtig im Arbeitsleben, sagen zu können, dass etwas nicht richtig gelaufen ist. Oder nicht so, wie geplant. Daraus lernt man und aus diesem Lernen kann man wiederum wachsen.
Guillod: Ich habe zu Beginn als Führungsperson zu viel von meinem Team gefordert. Die Ansprüche, die ich an mich selbst stelle, habe ich auch von allen in meinem Team erwartet. Dabei habe ich gelernt, dass ich jedes Indi viduum einzeln anschauen und ihm oder ihr Raum zur Entfaltung geben muss, damit sie oder er ihre Bestleistung abrufen kann.
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Es ist wichtig zu wissen, wie Frau vom Gegenüber wahrgenommen wird und wie sie sich präsentiert.
Guillod: Ich glaube, ich bin Teil einer ersten Generation, in der Frauen vermehrt in Führungspositionen reinwach sen. Auch spielte für mich der Teamgedanke stets eine grosse Rolle, sei es in der Schule oder im Studium. Für mich war meine Karriere ein natürlicher Werdegang, geprägt von viel Leistung, viel Kommunizieren und zur richtigen Zeit am richtigen Ort die Leute mit meinen Ideen abholen. So hat sich alles natürlich ergeben. Entscheidend war sicher, dass ich einen Geschäftsführer hatte, der an mich geglaubt und mich gefördert hat.
LARA GUILLOD, SIE HABEN EINE SEHR STEILE KARRIERE IN DEN VERGANGENEN JAHREN GEMACHT. WIE KAM ES DAZU?
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Lea Haines
Linn Warzelhan-Kato
Lea Haines
INTERVIEW — INSPIRE 18
Lara Guillod
Warzelhan-Kato: Die richtigen Personen im Umfeld zu haben, die einen fördern, ist dabei eklatant wichtig.
WIE HAT SICH DAS BEI IHNEN GEZEIGT?
Warzelhan-Kato: Es gab immer Leute, die mir etwas zu getraut haben und mich unterstützten. Nachdem ich bei AGCO in Neuhausen am Rheinfall angefangen hatte, kam nach einem halben Jahr die HR-Chefin der USA auf mich zu. Sie sagte, dass AGCO eine Osteuropa/Asien-Region eröffne und sie mich für die HR-Leitung vorsehe. Später, als ich von China zurückkehrte, bekam ich das Angebot, die HR-Leitung der Europaregion zu übernehmen. Das war nochmals ein grosser Sprung in meiner Karriere. Auch da hat sie mich unterstützt und intern positioniert. Persönlich hat mir zudem die Zusammenarbeit mit einem Coach geholfen, der ein wichtiger Sparringspartner für mich war. Das kann ich nur weiterempfehlen.
Guillod: Bei mir war es auch mein Vorgesetzter, der mich gefördert hat – und manchmal auch überfordert, damit ich aus der Situation lernen konnte. Das war die Erfolgskom bination für mich. Und schön ist, dass ich jetzt auch selbst als Vorbild vorangehen kann.
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Die richtigen Personen im Umfeld zu haben, die einen fördern, ist eklatant wichtig.
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Linn Warzelhan-Kato
WIE ÄUSSERT SICH DAS?
Guillod: Wir müssen eine Nachfolgeposition in der Region Naher und Mittlerer Osten neu besetzen. Und dort gibt es eine Frau, die gute Arbeit leistet und sich einsetzt. Dass ich im Unternehmen als junge Frau eine Führungsposition eingenommen habe, hat den dortigen Leiter motiviert, diese Frau als seine Nachfolgerin zu bestimmen und entsprechend zu fördern.
EIN BELIEBTES INSTRUMENT ZUR FÖRDERUNG VON WEIBLICHEN NACHWUCHSTALENTEN IST DAS MENTORING-PROGRAMM. GIBT ES SOLCHE BEI IHNEN IM UNTERNEHMEN?
Warzelhan-Kato: Ja, bei uns gibt es zahlreiche solcher Initiativen. Nicht nur für Frauen, aber gerade auch für sie. In Mentoring-Programmen wird einem etwa eine Führungskraft an die Seite gestellt, wir haben eine Business Advisory Group AGWN (AGCO's Global Women's Network) und verschiedene Netzwerke. Ich finde solche Angebote wichtig und gut, denn so findet man Gleichgesinnte und Vorbilder.
Haines: Bei uns bei AbbVie gibt es auch solche Angebote. Tendenziell finde ich, wird Mentoring aber leider wenig genutzt – und es sind immer dieselben Personen, die an Netzwerk-Events teilnehmen. Ich weiss nicht, ob es eine Hemmschwelle gibt oder zu wenig Bewusstsein für die Exis tenz der Angebote vorhanden ist. Dabei finde ich Mentoring-
und Coaching-Programme enorm wichtig und hilfreich. In unserer AbbVie-Niederlassung in Cham haben die Mitarbei terinnen selbst ein FemPower-Netzwerk initiiert, wo sie sich austauschen und vernetzen können. So führen sie zum Beispiel Kurse wie Self-Branding durch, an denen alle, die interessiert sind, teilnehmen können. Denn es ist wichtig zu wissen, wie Frau vom Gegenüber wahrgenommen wird und wie sie sich präsentiert. Etwa wenn sie zurückhaltend ist. Zurückhaltung ist herzig und nett, bringt dich aber nicht weiter. Es ist gut, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie man sich selbst präsentiert.
Warzelhan-Kato: Und sich gegenseitig ermutigt! Wir brau chen Vorbilder, die vorangehen und andere inspirieren und ermutigen. Sodass sich in Zukunft mehr Frauen trauen, He rausforderungen anzunehmen. Es hat dich, Lara, bestimmt viel Mut gekostet, um zu sagen: «Ich habe zwar noch nicht so viel Führungserfahrung, aber ich mach das jetzt», und zu erkennen, dass man noch nicht ganz bereit dafür ist, aber sicher hineinwachsen wird. Da sind wir wieder beim perfekt sein. Studien zeigen, dass sich Männer auf eine Stelle bewerben, wenn ihr Profil zu etwa 60 Prozent zu den Anforderungen passt, Frauen aber nur, wenn ihr Profil zu circa 90 Prozent passt. Da brauchts schon noch mehr Selbst bewusstsein von uns Frauen.
UNTERSUCHUNGEN ZEIGEN AUCH, DASS FRAUEN EHER ALS MÄNNER VON SELBSTZWEIFELN IM JOB GEPLAGT WERDEN.
Guillod: Selbstzweifel waren früher – und sind auch noch heute – eine Hürde für mich. Ich machte mir oft Tausende Gedanken und fragte mich, ob ich gut genug bin. Meistens war es dann mein Umfeld, das mich ermutigte. Ich weiss von männlichen Kollegen in solchen Situationen, dass die einfach mal gemacht haben. Selbstzweifel führen dazu, dass sich viele Frauen selbst ein Bein stellen.
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Selbstzweifel führen dazu, dass sich viele Frauen selbst ein Bein stellen. » Lara
Guillod
Haines: Die Zweifel gehen nie ganz weg. Bei Lohnverhand lungen ertappe ich mich manchmal auch, wie ich gehemmt bin. Und dann sage ich mir selbst: «Finde deinen inneren Mann!» Denn im Nachhinein ärgere ich mich, zu wenig selbst bewusst aufgetreten zu sein. Hinzu kommt noch, dass andere Frauen oft die stärksten Kritikerinnen sind. Es gibt sehr viele gute weibliche Vorbilder, aber eben auch solche, die weniger hilfreich sind.
JUNGE, ERFOLGREICHE FRAUEN ÄUSSERN SICH TEILWEISE ÖFFENTLICH, DASS SIE LAUTER SEIN MÜSSEN ALS MÄNNER UND NICHT ERNST GENOMMEN WERDEN. SOLCHE ERFAHRUNGEN STÄRKEN DAS SELBSTBEWUSSTSEIN NICHT GERADE…
Guillod: Ich erlebe jeden Tag Situationen, bei denen ich mich nicht ernst genommen fühle. Ich denke aber, dass es an
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meinem jungen Alter liegt, nicht am Geschlecht. Ich führte plötzlich Menschen, die seit über 30 Jahren in der Branche und dem Unternehmen sind. Da brauchte ich lange, um mir den Respekt zu erarbeiten. Dies gelang, indem ich mich jeden Tag bewies.
Warzelhan-Kato: Ich würde nicht sagen, dass ich nicht ernst genommen werde. Die Unternehmenswelt ist schon ein raues Umfeld. Da darf man gewisse Dinge nicht zu persönlich nehmen und muss seine Frau stehen. Manchmal sind wir zwei Frauen und 15 Männer in einer Sitzung. Da hilft es, nicht zu zaghaft zu sein und selbstbewusst aufzutreten. Und wenn man nicht gehört wird, dann muss man seinen Standpunkt wiederholen – laut und deutlich.
Haines: Gerade eine junge, weibliche Führungsperson stellt eine Veränderung für eine bisher stark männlich dominierte Führungsebene dar – und Veränderungen kreieren bei einigen Leuten Angst und diese äussern sie laut. Damit muss man lernen umzugehen. Ich habe viele Veränderungen in meiner Karriere vorangetrieben. Dabei habe ich gelernt, auf die positiven Stimmen zu hören, anstatt das Negative an mich heranzulassen. Wenn man sich auf diejenigen konzentriert, die den Wandel unterstützen und befürworten, kommt man weiter. Aber es braucht Durchhaltewillen als Vorreiterin.
WESHALB SIND WIR NOCH NICHT SO WEIT, DASS FRAUEN IN EINER FÜHRUNGSROLLE EINE SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT SIND?
Guillod: Das kann man nicht von heute auf morgen ändern. Es wurde schon viel Vorarbeit von den Frauen vor uns geleistet. Aber es ist ein Gesellschaftswandel, der seine Zeit braucht – und eine gesunde Kombination von verschiedenen Faktoren. Einige sind für eine Frauenquote, andere setzen auf Förderprogramme – darunter auch solche, die bereits in der Schule anfangen. Das hat mir persönlich geholfen. Der Anfang meiner Karriere wurde im Familienumfeld und Sport gelegt. Dort habe ich Ehrgeiz entwickelt und wurde mein Selbst vertrauen gepusht. Wir müssen Frauen schon im jungen Alter Selbstbewusstsein geben, damit sie Vertrauen in sich selbst entwickeln, überzeugt sind, dass sie etwas leisten können und wissen, dass man nicht perfekt sein muss – was Social Media zusätzlich erschwert. Es ist ein herausfordernder Ge sellschaftswandel, bei dem es wohl kein Schlüsselrezept gibt.
Haines: Es gibt mehrere Komponenten und ist darüber hin aus auch branchenabhängig. Ich arbeite schon viele Jahre in der Pharmaindustrie und dort ist es normal, dass Mann und Frau 100 Prozent arbeiten. Aber im weiteren Umfeld, etwa im Schulischen, ist das noch nicht der Fall. Hier müssen wir die Rahmenbedingungen ändern. Heute kann man nicht mehr erwarten, dass immer ein Elternteil zu Hause bleibt und für die Kinder sorgt. Es war auch im schulischen Umfeld, wo ich mehrmals gefragt wurde, weshalb ich überhaupt Kinder habe, wenn ich 100 Prozent berufstätig bin. Aber es hat bereits ein Wandel stattgefunden, gewisse Dinge wurden verbessert. So wurde etwa der Blockunterricht in den Schulen eingeführt.
LARA GUILLOD
Chief Commercial Officer bei Conica
ZUM UNTERNEHMEN:
Conica entwickelt und produziert seit über 40 Jahren innovative, fugenlose Bodenbelagslösungen auf Basis von Polyurethan- und Epoxidharzen für Sport, Spiel, Freizeit und andere Bereiche. So sind etwa die Laufbahnen im Stadion Letzigrund Zürich oder Olympiastadion Berlin Conica-Produkte. Das Unternehmen gehört weltweit zu den Marktführern und Innovationstreibern in diesem Bereich. Die anwenderorientierten Anforderungen an die technische und sportfunktionelle Leistungsfähigkeit sowie die Gebrauchstauglichkeit unter Gewährleistung gesundheitlicher Aspekte des Materials selbst und für den Anwender stehen im Mittelpunkt der Produktentwicklung. Conica hat seinen Sitz und Produktionsstandort in der Stadt Schaffhausen sowie einen Standort in Grossbritannien. Das Unternehmen ist Teil der Serafin Unternehmensgruppe mit Sitz in München.
ZUR PERSON:
Lara Guillod hat Business & Economics an der Universität Zürich studiert und nach ihrem Bachelorabschluss als Praktikantin bei Conica gestartet. Anschliessend absolvierte sie ab Februar 2016 berufsbegleitend das Masterstudium an der Universität Zürich, bevor sie 2018 eine Festanstellung als Assistentin der Geschäftsführung bei Conica antrat. Im Februar 2021 wurde sie zur Head of Product & Business Development befördert. Seit dem 1. März 2022 leitet sie als Chief Commercial Officer die Bereiche Sales, Marketing & Communication, Customer Service, Product Management sowie Development & Regulations bei Conica. Sie ist in dieser Funktion für die Umsätze und Profitabilität des internationalen Kerngeschäftes von Conica verantwortlich. Lara Guillod ist 30 Jahre alt.
INTERVIEW — INSPIRE 20
LEA HAINES
Site Head und Senior Director Clinical Operations bei AbbVie
ZUM UNTERNEHMEN:
AbbVie ist ein globales, forschungsbasiertes biopharmazeutisches Unternehmen. AbbVie fokussiert sich auf die Entdeckung und Entwicklung innovativer Therapien, die einige der schwersten und komplexesten Krankheiten der Welt bekämpfen. Ziel des Unternehmens ist es, das Leben der Menschen zu verbessern. Folgende Therapiegebiete stehen dabei im Fokus: Immunologie, Onkologie, Neurowissenschaften, Ophthalmologie, Virologie und Gastroenterologie. Darüber hinaus bietet AbbVie Produkte und Dienstleistungen über sein Allergan Aesthetics Portfolio an. AbbVie beschäftigt weltweit rund 48 000 Mitarbeitende und hat seinen Hauptsitz in Chicago, USA. In der Schweiz sind rund 250 Mitarbeitende tätig. Der Schweizer Hauptsitz von AbbVie befindet sich in Cham, während sich die Schweizer Forschungs- und Entwicklungsabteilung, registriert unter Pharmacyclics, an AbbVie company, in Schaffhausen befindet.
ZUR PERSON:
Lea Haines studierte an der Uni Basel. Bereits während des Medizinstudiums stieg sie erst über ein Teilzeitpensum, dann vollzeitig als Data Managerin in die Pharmabranche ein und wertete Daten von klinischen Studien aus. Über kontinuierliche Weiterbildungen und persönliche Weiter entwicklung übernahm sie über die Zeit Positionen mit zunehmender Verantwortung. Seit Januar 2022 leitet sie als Site Head die Schweizer R&D-Abteilung in Schaffhausen mit über 50 Angestellten und ist in globaler Rolle als Clinical Operations Therapeutic Area Head in Onkologie verantwortlich für die strategische Planung, Organisation und Umsetzung von klinischen Zulassungsstudien in Onkologie in der ganzen Welt. Sie ist seit über 25 Jahren in der Pharmabranche tätig. Lea Haines ist 50 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne und eine 16-jährige Tochter.
WARZELHAN-KATO
ZUM UNTERNEHMEN:
AGCO ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung, Herstellung und im Vertrieb von Landmaschinen und Technologien für die Präzisionslandwirtschaft. Zum Markenportfolio von AGCO zählen unter anderem Challenger®, Fendt®, GSI®, Massey Ferguson® und Valtra®. Mithilfe seiner Smart Farming Lösungen unterstützt AGCO mit seinem umfassenden Angebot an Maschinen und Dienstleistungen Landwirte dabei, die Welt nachhaltiger zu ernähren. AGCO wurde 1990 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Duluth (Georgia), USA. Im Jahre 2021 erzielte AGCO weltweit einen Nettoumsatz von 11,1 Mrd. US Dollar und beschäftigt etwa 24 000 Mitarbeiter. Seit 2007 hat AGCO seinen Europasitz in Neuhausen am Rheinfall.
ZUR PERSON:
Linn Warzelhan-Kato machte ihr Diplom in Sprachen-, Wirtschafts- und Kulturraumstudien mit Fokus Südostasien an der Universität Passau in Deutschland. Nach einem Stipendium in Shanghai arbeitete sie als Projekt-Managerin und später als Teil der Geschäftsleitung in den Bereichen HR, Key Account Management sowie als Trainerin und Speakerin für ein international tätiges Beratungsunternehmen mit Fokus auf interkulturelles Training & Entwicklung und Expatriate Management. 2008 siedelte sie in die Schweiz um und stieg als HR-Managerin bei AGCO ein. Es folgte die Funktion als HR-Director für Osteuropa und Asien, ein dreijähriger Abstecher nach China als HR-Verantwortliche für den AsiaPazifik-Bereich und 2014 die Rückkehr nach Neuhausen am Rheinfall und die Verantwortung des HR-Bereichs im Europamarkt. Seit Oktober 2021 hat sie zusätzlich globale HR Business Partner Verantwortlichkeiten übernommen als Vice President HR Europa und Mittlerer Osten und Global Fendt/Valtra, Finance & Supply Chain. Linn Warzelhan-Kato ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines Kindes.
LINN
Vice President Human Resources, EME & Global Fendt/ Valtra, Finance & Supply Chain bei AGCO
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Unsere Er fahrung, Ihre Lebensfreude.
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Gesundheit ist unsere Komp etenz , die Lebensqualität von Menschen zu verb essern ist unser Bestreb en. Dafür se tzen wir uns ein, aus Üb er zeugung und mit Leidenschaft
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Damit Frauenförderung erfolgreich betrieben werden kann, müssen die Rahmenbedingungen noch weiter verbessert werden.
Warzelhan-Kato: Die Schweiz hinkt im Vergleich mit etwa Skandinavien hinterher. Bei uns reduzieren viele Mütter ihr Pensum auf 60 oder gar 40 Prozent. Das Angebot an Kindertagesstätten ist zwar gut, aber die Ganztagesbetreuung fehlt. Sobald das Kind in den Kindergarten kommt, wird es herausfordernd, Kind und Karriere zu vereinbaren. Dass wir als Gesellschaft noch einiges ändern müssen, zeigt sich zudem am deut schen Begriff «Rabenmutter». Dieser impliziert, dass man nicht gut genug als Mutter ist, wenn man Kinder hat und arbeitet. Der Ausdruck existiert in keiner anderen Sprache. Aber auch Elternzeit für Väter ist so ein Thema. Diese wollen sich heute stärker in die Kindererziehung einbringen – und stossen ebenso auf Widerstände. Wenn ich meine HR-Brille aufsetze, dann sehe ich, dass wir als Gesellschaft noch einen grossen Schritt machen müssen, damit Frauen noch mehr mit am Tisch sitzen und gehört werden.
Guillod: Ich glaube, es hat sich einiges positiv verändert im Laufe der Zeit. Vieles ist heute besser – aber wir haben noch einen langen Weg vor uns.
WÜRDEN SIE ABSCHLIESSEND EINER JUNGEN FRAU AUF IHREN KARRIEREWEG MITGEBEN?
Haines: Jungen Frauen, wie etwa meiner Tochter, gebe ich mit auf den Weg, dass sie Ziele haben sollen und ambitioniert sein dürfen. Und dass sie den Mut haben, ihren Träumen nachzugehen. Vor allem aber auch, dass sie aus ihren Träumen heraus gehen, denn persönliches Wachstum und spannende Dinge passieren genau dort. Generell wünsche ich jungen Frauen mehr Mut. Wartet nicht, bis jemand auf euch zukommt, geht eure Zukunft aktiv an, nehmt Gelegenheiten wahr.
Warzelhan-Kato: Dem kann ich zu 100 Prozent zustimmen. Traut euch, habt Mut, neue Herausforderungen anzunehmen. Ihr müsst nicht immer perfekt sein, ihr lernt und wachst auf dem Weg. Geht diesen und sucht euch Gleichgesinnte, Personen, die euch fördern, und hört auf die positiven Stimmen – nicht die negativen.
Guillod: Habt Mut zu scheitern, rate ich den Frauen. Ich habe mir oft Gedanken gemacht, was alles passieren kann, statt einfach zu machen. Vertraut euch selbst, macht und glaubt an eure Qualitäten. Dann kommt es meist gut. Und wenn nicht, dann seht das Scheitern als Chance, etwas zu lernen.
Haines: Scheitern heisst ja nur, dass etwas nicht nach Plan verlaufen ist. Aber viele Wege führen zum Ziel. Jedes unplanmässige Korrigieren ist wieder ein Lernen und führt wiederum zu Wachstum.
Warzelhan-Kato: Genau, bleibt flexibel, die Welt ist heute hoch dyna misch. Und «Scheitern» ist ja auch wieder so ein deutscher Begriff. Im Englischen ist der Ausdruck «Trial & Error» (dt. Versuch und Irrtum) viel weiter verbreitet und zeigt, dass man etwas versuchen muss im Leben. Was nicht funktioniert, ist Teil des Weges. •
Mentoring für die Leaderinnen von morgen!
DIE WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG SCHAFFHAUSEN BIETET NEU EIN MENTORING-PROGRAMM FÜR FRAUEN AN.
Mit der «Female-Leaders-Schaffhausen»-Initiative hat die Wirtschaftsförderung des Kantons Schaffhausen ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen. Dieses hat das Ziel, Frauen in ihrer beruflichen Weiter entwicklung zu unterstützen. Das Programm vernetzt Frauen, die mehr in ihrem Arbeitsleben erreichen möchten, mit Mentorinnen, die ihre Erfahrung und ihr Netzwerk für die Leaderinnen von morgen zur Verfügung stellen möchten. So können sich Frauen aus unterschiedlichen Unternehmen, Branchen und Karrierestufen gegenseitig unterstützen: beim Einstieg in das Berufsleben, beim nächsten Karriereschritt oder beim Schritt in die Selbständigkeit.
Damit prägen Frauen in Führungspositionen die Entwicklung von Unternehmen und die Region Schaffhausen in Zukunft noch stärker.
Interessiert?
Sind Sie oder Ihr Unternehmen interessiert, Teil der Initiative zu werden?
Unter www.standort.sh.ch/mentoring erfahren Sie mehr.
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Kapital, Investoren und Ideen verbinden
Den Kanton Schaffhausen auf den Radar kapitalsuchender Unternehmerinnen und Unternehmer sowie von Start-ups mit Skalierungspotenzial zu bringen – das ist das Ziel des PowerPitchs. Das von der Pilbara AG initiierte Investoren-Format feiert im März seine Premiere im Kanton Schaffhausen. Von PASCAL SCHMIDLIN
Unternehmerinnen, Gründer und Start-ups haben im kommenden Jahr die Möglichkeit, im Kanton Schaffhausen ihre innovativen Vorhaben vor namhaften Investoren zu präsentieren. «PowerPitch» heisst das Format, das am 9. März 2023 zum ersten Mal stattfindet. Veranstaltet wird die ses von der Pilbara AG. Gian-Rico Willy, ehemaliger Leiter der UBS Schaffhausen, ist Mitgründer und Managing Partner des Unternehmens. «Wir wollen Firmen und Menschen die Chance geben, ihre Ideen po tenziellen Geldgebern zu präsentieren und den Kanton Schaffhausen so auf ihren Radar bringen», erklärt er. Vorstellen kann man sich das ein wenig wie in Sendungen wie «Die Höhle der Löwen». Allerdings in einem
privateren Rahmen und ohne direkten Abschluss vor Ort. «Der Event findet hinter verschlossenen Türen statt», so Willy. Dies in den Räum lichkeiten der Wirtschaftsförderung des Kantons Schaffhausen, welche das Patronat übernimmt.
Pitchen nur auf Einladung
Kapital und Investoren mit Projekten, Ideen und Immobilien in der Schweiz und weltweit verbinden, das ist das Geschäftsmodell der Pil bara AG. «Der PowerPitch ist ein punktueller Event, bei dem wir unsere Dienstleistungen an einem einzelnen Tag präsentieren», erklärt Willy. Dabei ist der Anlass in zwei Teile unterteilt. Gestartet wird am Morgen mit Projekt-Pitches, deren Kapitalbedarf zwischen 100 000 und 1 Mio. Franken liegt. «Dabei geht es um Projekte, deren Finanzierung eine Bank nicht ohne Weiteres übernimmt», so der Experte. In welcher Phase die Projekte sind, spiele dabei keine Rolle.
Am Nachmittag stehen dann grosse Projekte mit einem Finanzierungs rahmen von einer bis 10 Mio. Franken im Fokus. Dort gibt es allerdings keine Pitch-Runde mehr. «Wir bringen die Start-ups und Firmen direkt mit ausgewählten Investoren zusammen, die sich dann in einem 1:1- Gespräch austauschen können», sagt Willy.
Bereits haben sich mehrere Unternehmen aus verschiedenen Kantonen angemeldet. Bei den Start-up-Nights in Winterthur im November kamen weitere interessierte Unternehmen hinzu. Nach einer Evaluation werden schliesslich die vielversprechendsten Projekte von der Pilbara AG ausge lesen und zum exklusiven Pitch-Event eingeladen.
www.powerpitch.ch
Innovative Verpackungen prämiert
Die SIG hat neue Verpackungen für Getränke entwickelt. Dabei setzt das Unternehmen auf Mikrowellentauglichkeit und Nachhaltigkeit. Beide Innovationen wurden kürzlich mit Preisen ausgezeichnet: einmal für Innovation und einmal für Nachhaltigkeit. Von PASCAL SCHMIDLIN
Praktische Verpackungslösungen sind die Kernprodukte der SIG. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Neuhausen am Rheinfall gehört zu den global führenden Anbietern von Kartonpackung für flüssige Nahrungs mittel – allen voran für Getränke wie etwa Milch oder Fruchtsäfte. Gleich zwei neue Lösungen der SIG wurden nun mit Preisen ausgezeichnet. Der Getränkekarton SIGNA TURE EVO wurde im Oktober zum Gewinner der un abhängigen Gulf Sustainability Awards 2022 in der Kategorie «Bestes nachhaltiges Produkt» gekürt. Dies für seine neue Barriereschicht. Aseptische Getränke kartons beinhalteten bisher eine Barriere aus Alumi nium, um die Getränke vor Hitze, Licht oder anderen äusseren Einwirkungen zu schützen. SIGNATURE EVO setzt auf eine nachhaltige Alternative, was den CO2 Fussabdruck der Verpackung weiter minimiert und die Verpackung vollständig recyclierbar macht.
Heissgetränke aus der Mikrowelle
Im Rahmen der Foodtech-Messe Gulfood Manufacturing 2022 in Dubai wurde zudem Anfang November der neue Getränkekarton «Heat&Go» der SIG mit dem Breakthrough Food Technology Award ausgezeichnet. «Heat&Go»kommt ebenfalls ohne Alumi nium-Barriere aus und kann deshalb in der Mikrowelle erhitzt werden – egal ob Milch, pflanzliche Getränke, Säfte oder Tees die Grundlage bilden.
www.sig.biz
«Heat&Go» heisst die neue Getränkeverpackung von SIG. Deren Inhalt lässt sich in der Mikrowelle bequem erhitzen.
Initiator Gian-Rico Willy (l.) und Wirtschaftsförderer Christoph Schärrer freuen sich auf den ersten PowerPitch im März 2023.
24 FIRMENNEWS
Jetzt für die Tischmesse anmelden
Kontakte knüpfen, Beziehungen pflegen und neue Unternehmen kennenlernen: All dies macht die Schaffhauser Tischmesse und Kontaktbörse möglich. Von PASCAL SCHMIDLIN
«Alles auf einem Tisch» lautet das Motto der Schaffhauser Tischmesse. Diese findet am Freitag, 12. Mai 2023, zum bereits 13. Mal statt. Veran staltungsort ist die IWC Arena in Schaffhausen. Wie in den vergangenen Jahren bleibt das Konzept dasselbe: Auf einem Tisch können lokale Un ternehmen ihre Produkte und Dienstleistungen präsentieren. Damit wird der Aufwand auf einem Minimum gehalten und grossen wie auch kleinen Firmen gleich viel Raum gegeben. Die alle zwei Jahre stattfindende Messe zieht jeweils mehr als 120 Ausstellerinnen und Aussteller an sowie rund 700 Besuchende. Damit ist sie eine ideale Plattform, um sich auszutau schen sowie Kontakte zu pflegen und zu knüpfen. Für die Ausgabe 2023 werden ab sofort Anmeldungen für Ausstellende entgegengenommen. Dabei läuft die Vergabe der Tische ganz getreu dem Motto «dä Schnäller isch dä Gschwinder». Eine frühe Anmeldung wird deshalb empfohlen. Organisiert wird die 13. Schaffhauser Tischmesse und Kontaktbörse von der Wirtschafts förderung des Kantons Schaffhausen in Zusammenarbeit mit der In dustrie- & Wirtschafts-Vereinigung Schaffhausen IVS, dem Kantonalen Gewerbeverband (KGV) sowie der Stadt Schaffhausen.
DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE
DATUM: Freitag, 12. Mai 2023 ZEIT: 10 bis 17 Uhr
VERANSTALTUNGSORT
IWC Arena, Freizeitpark KSS Breitenaustrasse 117, 8200 Schaffhausen
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Mehr Freiheiten bei der Nachlassplanung
Am 1. Januar 2023 wird das revidierte Erbrecht in Kraft treten. Dank der Senkung der Pflichtteile können die Erblasser zukünftig über einen grösseren Teil ihres Nachlasses frei verfügen. Von FABIAN WÄLCHLI
Das seit 1912 geltende Schweizer Erbrecht wird per 1. Januar 2023 revidiert. Indem die Pflichtteile herabgesetzt werden, erhalten Erblasser mehr Handlungsspielraum. Dies gilt für alle, die nach dem 31. Dezember 2022 versterben – unabhängig vom Datum des Testaments oder des Erbvertrages.
Reduzierte Pflichtteile
Pflichtteile sind die gesetzlichen Mindestanteile am Erbe. Bisher haben eigene Kinder, Ehegatten beziehungsweise eingetragene Partner sowie Eltern Anspruch darauf. Zukünftig wird der Pflichtteil der Kinder von bisher 75 Prozent auf 50 Prozent des gesetzlichen Erbanspruchs redu ziert. Derjenige für Ehegatten und eingetragene Partner bleibt unverän dert bei 50 Prozent des gesetzlichen Erbanspruchs. Der Pflichtteil der Eltern entfällt mit der Revision komplett. Dank der reduzierten Pflichtteile erhöht sich die frei verfügbare Quote. Damit können Erblasser im Testament beispielsweise Konkubinats partner stärker begünstigen.
Testament prüfen
Wer seinen Nachlass mit einem Testament regelt, hat künftig also mehr Freiheiten. Ohne Testament erfolgt die Erbteilung gemäss Gesetz. Die gesetzlichen Erbansprüche sind von der Revision nicht betroffen und
bleiben unverändert. Prüfen Sie, ob die Formulierungen in Ihrem Testa ment dem neuen Erbgesetz entsprechen und ob Sie die zusätzlichen Möglichkeiten ausnutzen möchten.
FABIAN WÄLCHLI
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FIRMENNEWS / FINANZEN
25 news letter Wirtschaftsförderung
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Mehr junge Menschen für technische Berufslehren begeistern
Wo drückt der Schuh bei der Fachkräfteausbildung in technischen Berufen? Dieser Frage gingen die Swissmechanic Sektion Schaffhausen und die IVS Industrie- und Wirtschafts-Vereinigung Schaffhausen in ihrem RSE-Projekt «Handlungsanalyse Fachkräftemangel» nach. Darauf aufbauend haben die beiden Verbände nun Massnahmen zur Attraktivierung der technischen Berufslehre erarbeitet. Von Pascal Schmidlin
Eine starke Industrie zeichnet den Kanton Schaffhausen aus. Damit dieses wichtige Rückgrat der lokalen Wirtschaft auch in Zukunft floriert, sind ausgebildete Arbeitskräfte ein zentrales Puzzlestück. Allerdings spüren auch die ansässigen Industriebetriebe den verstärkten Wett bewerb um Fachkräfte. Hinzu kommt, dass es immer weniger Betriebe gibt, die Lernende ausbilden – etwa aus Zeit- oder Kostengründen. Die Regional- und Standortentwicklung ermutigt regionale Akteure, ihre Kräfte zu bündeln, um eine solche strukturelle Herausforderung zu überwinden und die Attraktivität des Standorts für Fachkräfte der regionalen Wirtschaft zu steigern. In diesem Sinne haben die Swiss mechanic Sektion Schaffhausen und die IVS Industrie- und WirtschaftsVereinigung Schaffhausen im Sommer 2021 gemeinsam das RSEProjekt «Handlungsanalyse Fachkräftemangel» gestartet, um die Problemfelder der Berufsbildung im technischen Bereich zu eruieren und Massnahmen zu entwickeln. Diese sollen helfen, den Fachkräf tenachwuchs in der Region Schaffhausen zu stärken und junge Men schen für Berufsfelder wie Konstruktion, Informatik oder Polymechanik zu begeistern.
Vielfältige Herausforderungen erörtert Gestartet wurde mit einem Workshop mit zahlreichen Anspruchsgrup pen rund um das Thema der technischen Berufsbildung. In einem nächsten Schritt wurden die relevanten Anspruchsgruppen zu einer quantitativen Umfrage eingeladen. Mehr als 750 Rückmeldungen von Unternehmen, Eltern, Lehrpersonen sowie Schülerinnen und Schülern aus dem ganzen Kantonsgebiet gingen dabei ein. Insgesamt wurden durch die Umfrage 14 Problemfelder identifiziert, welche die berufliche Grundbildung von technischen Berufsbildern in Schaffhausen betreffen. Diese Problemfelder drehen sich um verschiedene Aspekte der dualen Berufsbildung. Diese reichen von den hohen sozialen Anforderungen an Berufsbildnerinnen und Berufsbildner, über fehlende ausserschuli
sche Angebote während der Berufslehre bis hin zur mangelnden Bekanntheit von Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten nach einer tech nischen Berufslehre. Aufbauend auf den Erkenntnissen der Befragung und den identifizierten Problemfeldern haben die Sektion Schaffhausen von Swissmechanic und die IVS mit weiteren Partnern rund ein Dutzend Projektideen entwickelt und geschärft. Daraus entstanden schliesslich zehn Projektmassnahmen im Entwurfsstadium, welche eine grosse Bandbreite der Herausforderungen abdecken. So soll eine Anlaufstelle für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner diese im Arbeitsalltag unter stützen, bekannte ausserschulische Angebote, etwa im MINT-Bereich, ausgebaut werden oder eine Informationsplattform helfen, technische Berufe und deren Perspektiven bekannter zu machen.
Partizipation und Co-Kreation
Die Projektträgerschaft wählte von den zehn Projekten im Entwurfssta dium deren drei aus, die sie detailliert ausarbeitete – und nun vorantreiben wird. Die Industrie näher an die Schülerinnen und Schüler zu bringen, ist das Ziel des Projekts «Schnittstellenpflege Industrie – Schule». Unterneh men mit Ausbildungsplätzen für Lernende finanziell stärker unterstützen will der «Berufsbildungsfonds». So sollen Firmen motiviert werden, Lehr stellen zu schaffen und das Ausbildungsangebot zu vergrössern. Das letzte Projekt «Berufe lokal beschulen» zielt schliesslich darauf, dass Ler nende statt in Zürich oder Winterthur direkt im Kanton Schaffhausen zur Schule gehen können. «Dank der Zusammenarbeit mit verschiedensten Anspruchsgruppen konnten wir kreative Lösungsvorschläge erarbeiten. Nun können wir die nächsten Schritte angehen», sagen Marlen Weber, IVS, und Florian Windler, Swissmechanic Sektion Schaffhausen, unisono. Damit legen die IVS und Swissmechanic Sektion Schaffhausen den Grundstein, um den Fachkräftenachwuchs aktiv zu fördern. www.rse.sh.ch
27 RSE-NEWS news letter Wirtschaftsförderung
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Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit in der Schaffhauser Wirtschaft fördern
Seit vielen Jahren ist das ITS eine feste Grösse in der Region Schaffhausen und unterstützt Firmen in verschiedensten Bereichen. Im Interview erklärt Geschäftsführer Marco Jaggi das Angebot, spricht über aktuelle Herausforderungen von Unternehmen und was das ITS für die Zukunft bereithält. Von PASCAL SCHMIDLIN
Marco Jaggi, seit Frühling 2021 sind Sie Geschäftsführer des ITS Industrie- und Techno zentrum Schaffhausen. Wie haben Sie die ver gangenen Monate mit dem ITS erlebt? Ich habe das ITS mitten in der Coronapandemie übernommen. Eine herausfordernde Zeit, zu der dann auch noch die Lieferkettenprobleme hinzu kamen. Heute haben wir generell steigende Preise und das Energiethema, welche unsere Unternehmen vor neue Hürden stellen.
Auch das ITS musste sich an die Umstände anpassen. Genau. In der Coronapandemie waren physische Veranstaltungen nicht möglich. So führten wir digitale Events durch und probierten neue For mate aus. Das hat unsere digitale Kompetenz erhöht. Auch hat die Verbindlichkeit abgenommen und kurzfristige Abmeldungen oder «No Shows» sind heute ein häufigeres Phänomen als noch vor Corona, an das wir uns anpassen mussten. Andererseits sind Akteure wie das ITS gerade in Krisen für Unternehmen wichtige Anlaufstellen und Unterstützer. Das wird positiv wahrgenommen.
Die Events sind nur ein Teil des vielfältigen ITS-Angebots. Was genau ist das ITS und wie sieht euer vollständiges Angebot aus?
Wir untestützen Schaffhauser Unternehmen in der Stärkung ihrere Inno vationskraft und Wettbewerbsfähigkeit. Vor 20 Jahren ging das ITS aus Initiative der Industrie hervor. Wir sind als gemeinnütziger Verein organisiert und deshalb eine neutrale Anlaufsstelle für Fragen rund ums Unterneh men. Im Zentrum stehen für uns die konkreten Bedürfnisse der Firmen. Was bewegt sie? Wo liegen die Herausforderungen? Was sind ihre Ziele? Darauf stimmen wir unsere Inhalte ab. Dabei hat das ITS vier Schwer punkte: Wir vermitteln Kontakte und bauen Netzwerke auf, informieren zu aktuellen Themen und Praxisbeispielen, vermitteln praxistaugliche Methoden und Werkzeuge und wir fördern Innovationsprojekte. Ein Mail oder Telefonanruf genügt, um mit uns Kontakt aufzunehmen.
Mit welchen Anliegen kommen die Firmen zum ITS? Dieses Jahr haben wir zum Beispiel einem Unternehmen geholfen, einen Engineeringpartner mit sehr spezifischen Kompetenzen für ein Automa tisierungsprojekt zu finden. Für ein Schaffhauser Traditionsunternehmen ist es gelungen, einen Fachexperten und eine Projektförderung für die komplette Neuausrichtung ihres Produktionsprozesses zu vermitteln. Und mit einem grossen Anlass haben wir über 80 Unternehmen umfas send zur Energiemangellage informiert und Handlungsansätze zum besseren Krisenmanagement aufgezeigt.
Energie ist ein gutes Stichwort. Welche Unterstützungsangebote bietet ihr ansässigen Firmen in diesem Bereich sonst noch? Wir unterstützen Schaffhauser Unternehmen schon seit mehreren Jahren im Bereich der Energieeffizienzsteigerung über unsere Angebote in Zusam menarbeit mit der kantonalen Energiefachstelle. Zusätzlich haben wir dieses Jahr früh Unternehmen für die sich zuspitzende Situation in der Energie versorgung sensibilisiert und Informationen aufbereitet. Dabei ist uns auf
gefallen, dass es an Instrumenten fehlt, welche die Firmen bei der opera tiven Umsetzung oder dem Vorbereiten und Managen des effektiven Krisenfalls unterstützen. Deshalb haben wir zusammen mit der IVS Indus trie- & Wirtschafts-Vereinigung Schaffhausen den Stresstest Energieman gellage entwickelt. Ein sehr einfaches, praxistaugliches Instrument, das den Unternehmen nun kostenlos zur Verfügung steht.
Stresstest Energiemangellage
Kostenloses Tool für das Energie-Krisenmanagement. www.its.sh.ch/energieeffizienz/energiemangellage
Hier den Stresstest Energie mangellage herunterladen:
Was dürfen wir in Zukunft vom ITS erwarten? Unter anderem helfen wir, 2023 eine Plattform für die Kunststoffverar beitende Industrie in der Ostschweiz zu lancieren – einem der bedeu tendsten Industriezweige im Kanton Schaffhausen. Diesen Firmen wol len wir helfen, die Herausforderungen im Bereich Nachhaltigkeit zu meistern – dem ganz grossen Thema derzeit in der Kunststoffbranche.
Und zum anderen? Wir haben unser Profil geschärft, verpassen uns im nächsten Jahr einen neuen Auftritt und launchen unsere neue Website. Frischer, klarer, auf den Punkt. Zudem findet im kommenden Jahr der 11. IVS Innovationspreis der Schaffhauser Platzbanken statt, den das ITS wiederum organisiert. Zudem sehen wir, dass die kostenlosen Coachingangebote zur Lancie rung von Innovationsvorhaben Anklang finden. Das wollen wir weiter forcieren. Ausserdem werden wir weiterhin spannende Events mit hoher Praxisrelevanz anbieten und so einen konkreten Mehrwert mit unserem Angebot erzeugen. Kurzum: Das ITS wird sich auch im kommenden Jahr voll für die Wirtschafts- und Lebensregion Schaffhausen einsetzen.
www.its.sh.ch
Bewerbungsfrist läuft noch bis am 31. Januar 2023!
Jetzt für den Innovationspreis bewerben:
www.its.sh.ch/innovationspreis
IVS Innovationspreis der Schaffhauser Platzbanken
ITS-NEWS
29 news letter Wirtschaftsförderung
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Kurs nach oben – Frauen in die Führung
Frauen in die Führung gelingt, wenn die Gesellschaft akzeptiert, dass Frau und Mann unterschiedlich führen. Die Anlagen dazu werden im Kindesalter eingeübt. Während Jungs zu Wettbewerb animiert werden, werden Mädchen gelobt, wenn sie sich sozial verhalten. Braucht es daher eine Quote?
Von YVONNE RIED
Machen Frauen ein Unter nehmen besser?
Weibliche Führungskräfte haben eher einen kooperativen Führungsstil. Sie beziehen die Meinungen anderer mit ein und fokussieren stärker auf Kooperation und Konsensfindung. Mitarbeitende er fahren eine höhere Wertschätzung und sind motivierter. Das wird sich auf den Erfolg des Unternehmens auswirken.
Braucht es eine Quote?
YVONNE RIED
Partnerin
OBT AG, Schaffhausen
Frauen in die Führung heisst Frauen fördern –Rahmenbedingungen schaffen
Die Wirtschaft braucht die qualifizierten Frauen. Vermehrt fehlen Fach- und Füh rungspersönlichkeiten. Der Frauenanteil an weiterführenden Schulen ist höher als 50 Prozent. In der Führungsetage kommen die Frauen jedoch nicht an. Unternehmen führen die Laufbahngespräche mit den Mitarbeitenden im Alter zwischen 30 und 38 Jahren. Frauen machen in dieser Zeit, zur Familiengründung, eine Berufspause.
Niemand möchte eine Quotenbesetzung sein. Männer wie Frauen wollen aufgrund ihrer Fähigkeiten und Qualifikationen beurteilt und befördert werden. Auf dem Weg in die Führungs- und Entscheidungsetage gibt es jedoch viele firmenintern definierte Vorgaben, die für Frauen Killerkriterien darstellen (Bsp. Vollzeit). Das Prinzip der «homosozialen Reproduktion» beschreibt, dass man sich mit Menschen umgibt, die so sind wie wir selber. Sind Verwaltungsratsgremien und Geschäftsleitungen von Män nern besetzt, liegt es nahe, dass diese Männer wiederum Männer bevor zugen. Je weniger Frauen in Führungspositionen sind, desto schlechter stehen die Chancen für weitere Frauen aufzusteigen. Es braucht sowohl angepasste Rahmenbedingungen seitens der Unter nehmensleitung, damit Bewerbungen von Frauen überhaupt möglich sind, als auch eine «Anschubsquote». Eine einzelne Frau im Führungsgremium wird nicht zu einer Veränderung der Unternehmenskultur führen. Forscher empfehlen einen Anteil von mindestens 30 Prozent.
Vorstands- & Geschäftsleitungsmitglied des Kantonalen Gewerbeverbandes Schaffhausen Kantonaler
Das Thema «Frauen in die Führung» sollte sowohl auf der Agenda des Verwaltungsrates als auch der Geschäftsleitung stehen. Umdenken setzt voraus, dass man sich des Potenzials bewusst ist. Um die Frauen zu fördern, sind andere Modelle und Verhaltensmuster der Unternehmen gefordert. Teilzeit, für beide Geschlechter, kann kein Killerkriterium für eine Führungsposition sein.
Fazit
Unternehmen, die das Potenzial von «Frauen in der Führung» erkennen und fördern, werden als moderner, aufgeschlossener und dynamischer wahrgenommen. Die nachrückende Generation an Arbeitskräften schätzt die Werte wie Flexibilität, Kooperationsfähigkeit und Selbstbestimmung. Unternehmen, die sich bereits heute anpassen, sind ein attraktiverer Arbeitgeber und wettbewerbsfähiger. Eine firmeninterne Quote kann den Prozess beschleunigen. Zu verhindern ist er nicht.
KGV-NEWS
news letter Wirtschaftsförderung 31
Gewerbeverband Schaffhausen Dachverband der Schaffhauser KMU www.gewerbe-sh.ch info@gewerbe-sh.ch
Energie: Zu einer Krise darf es gar nicht kommen
Hohe Strompreise und ein drohender Energiemangel beunruhigen sowohl Private als auch Firmen. Sie alle sind dazu aufgerufen, Energie zu sparen. Doch es ist auch an der Politik, eine Energiemangellage in diesem Winter und auch in langfristiger Zukunft zu verhindern. Und wenn die Politik schon beim Thema ist, sollte auch die Entstehung des Strompreises genauer betrachtet werden. Von THOMAS
Quer durchs Land sind sie zu hören: Die Appelle zum Sparen von Strom und Gas. Und das ist richtig so. Denn die sauberste Energie ist und bleibt die Energie, welche nicht verbraucht wird. Doch es ist nun auch an der Politik, langfristig verbindliche Rahmenbedingungen für den ent scheidenden Zubau jetzt und in Zukunft zu liefern. Denn Strom ist die wichtigste und hochwertigste Energieform, die wir kennen. Mit Strom können wir alles; ohne Strom geht nichts. Heute sind wir in der Lage, alle bekannten Energieformen wie Öle und Benzine durch Strom zu ersetzen. Der Energiehunger durch Wachstum und die Verlagerung hin zur Elektrizität lassen den Strombedarf der Zukunft stark steigen. Wachstum bei der Bevölkerung, der Wohnfläche oder des Bruttoinland produktes allgemein, alles erfordert Energie.
Eine stabile Energieversorgung gehört zur Infrastruktur der Schweiz und muss als eigentlicher Standortvorteil genutzt werden. Zu einer Energie krise darf es daher gar nicht erst kommen. Das Bestreben, diese Ver sorgung nachhaltig mit erneuerbaren Ressourcen zu ermöglichen, ist zeitgemäss und von der Wirtschaft, der Bevölkerung und der Politik gleichermassen gefordert.
Woher kommt der hohe Strompreis?
Ohne dass bisher eine wirkliche Mangellage eingetreten ist, unterliegt der Strompreis starken Unterwerfungen. Dies offenbart ein Ungleichgewicht, dessen Entstehung bislang zu wenig beachtet wird. Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass die starken Verwerfungen des Strompreises noch keine Mangellage spiegeln. Vielmehr entstehen sie aufgrund des soge nannten «Merit-Order-Prinzips». Nach diesem Prinzip wird der Strompreis festgelegt. Es besagt, dass der Verkaufspreis von Strom an die teuerste Produktionsart angepasst wird.
Aufgrund der Revisionsarbeiten an den französischen Kernkraftwerken und des Kriegs in der Ukraine wird die Stromnachfrage aktuell mit zu sätzlichen Gaskraftwerken gedeckt. Aus Erdgas wird hier Strom. Aus Angst eines allfälligen Gasmangels und der Reduktion der Gaslieferung aus Russland ist der Preis für Erdgas jedoch stark gestiegen. Entspre
KELLENBERGER
chend teuer wird also die Stromproduktion aus Erdgas. Gemäss dem oben erwähnten «Merit-Order-Prinzip» wird der weltweite Strompreis an diese teuerste Produktionsmethode angepasst.
Demzufolge erzielen alle, welche günstiger Strom produzieren, einen ent sprechenden Mehrertrag und freuen sich an den Gewinnen. In der Schweiz ist die Energiewirtschaft mehrheitlich im Besitz der Kantone. Die Kantone als Aktionäre sind somit für die Strategien als Eigner dieser Firmen verant wortlich. Hoffen wir, dass diese Gewinne sofort für eine stabile Energiever sorgung eingesetzt werden. Dann haben wir alle etwas davon.
Das «Merit-Order-Prinzip» besagt, dass der Verkaufspreis von Strom automatisch an die teuerste Produktionsart angepasst wird.
Industrie- & Wirtschafts-Vereinigung Schaffhausen
Die Wirtschaftskammer der Region www.ivs.ch
hilft genau hier weiter. In Form einer übersichtlichen ExcelTabelle kann ein Unternehmen seine aktuelle Energiesituation abbilden und erhält sofort Informationen zu Einsparmöglichkeiten. Sämtliche Informationen sind abgestimmt auf die aktuellsten Empfehlungen des Bundes. Der Stresstest Energiemangellage ist ein Gemeinschaftsprojekt der IVS, des ITS Industrie- und Technozentrums Schaffhausen sowie der Energie-Agentur der Wirtschaft (EnAW). Er steht jedem Unternehmen kostenlos und ohne Registration zur Verfügung. Kostenloser Download www.ivs.ch/projekte
Energiesparen im Betrieb? Wir helfen Ihnen!
kann unser Betrieb wie viel Energie sparen, ohne dass unsere Abläufe gefährdet werden?» Solche Fragen stellen sich zurzeit viele Unternehmen. Der «Stresstest Energiemangellage»
32 IVS-NEWS
«Wo
Ihr Event auf den Punkt gebracht
Der Meetingpoint überzeugt mit seinem historischen Charme, einer durchdachten Licht- und Audioinstallation sowie einem umfassenden Cateringangebot. Er ist die Eventlocation mit Gesamtpaket im Herzen der Schaffhauser Altstadt. Von NATHALIE HOMBERGER
Im Meetingpoint in Schaffhausen kommen Menschen zusammen. Zu Austausch und Auszeiten. Zum Arbeiten und Abschalten. Ein Treffpunkt für ungestörte Meetings oder Ihren mobilen Arbeitsplatz. Generalver sammlungen, Seminare, Pressekonferenzen, Businessklubs oder eine Präsentation via einem 18 Quadratmeter grossen Bildschirm – Ihre Gäste werden begeistert sein. Doch der Meetingpoint kann noch viel mehr: Als Eventlocation bietet der Treffpunkt das perfekte Ambiente für jegli che Arten von Events.
Exklusives Ambiente für Ihren Anlass
Kulturanlass, Public Viewing, Liveübertragung: Den Möglichkeiten für Ihren Anlass im Meetingpoint in Schaffhausen sind keine Grenzen ge setzt. Die geschichtsträchtigen Mauern der Eventlocation im Haus der Wirtschaft am Herrenacker sorgen für ein einzigartiges Ambiente und legen den Grundstein für einen unvergesslichen Anlass.
Dank einer durchdachten Audio- und Lichtinstallation, einem modernen, 18 Quadratmeter grossen Bildschirm und einem auserwählten CateringAngebot erhalten die Kunden ein Gesamtpaket und müssen sich um nichts weiter kümmern.
Ein Taufessen, ein runder Geburtstag, eine Hochzeitsfeier? Gerne kön nen Sie den Meetingpoint auch für Privatanlässe buchen. Wir bieten Ihnen eine sorgfältige Organisation, einen feierlichen Rahmen und erst
klassige Bewirtung. Zusammen mit diversen Catering-Partnern kocht man gerne für Feinschmecker, egal ob zum Apéro riche oder zum mehr gängigen Dinner. Bei der Planung Ihres exklusiven Events helfen wir Ihnen gerne!
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Präsidentenwechsel bei der IVS
Eine Ära geht zu Ende: Nach 17 Jahren an der Spitze der IVS tritt Prof. Dr. Giorgio Behr per März 2023 als Präsident zurück. Für seine Nachfolge steht ein Co-Präsidium bereit, bestehend aus Thomas Kellenberger, Bernhard Klauser und Martin Vogel.
Von NINA SCHÄRRER
Giorgio Behr hat sowohl die IVS als auch den Wirtschaftsort Schaffhausen mass geblich geprägt: Unter seiner Führung stabilisierte sich die finanzielle Situa tion der IVS, während gleichzeitig sehr viele nachhaltig prägende und erfolgrei che Projekte sowie Veranstaltungsreihen ins Leben gerufen wurden. Dazu gehören unter vielen anderen beispielsweise das go tec!, die IVS-Schifffahrt, das Engagement für zeitgemässe Tagesstrukturen sowie der Innovationspreis.
Interne Nachfolgelösung
Angesichts der zunehmenden Belastung der Führungspersonen wird es immer schwieriger, Persönlichkeiten für die Leitung von Institutionen
zu gewinnen. Die Führung der IVS wird daher neu in Form eines CoPräsidiums ausgestaltet. So wird eine moderne Führungsform etabliert. Konkret wird der IVS-Mitgliederversammlung mit Bernhard Klauser, Tho mas Kellenberger und Martin Vogel ein Dreiergremium vorgeschlagen. Alle drei Führungspersonen sind schon länger im Leitungsgremium der IVS engagiert. Dies garantiert Kontinuität und die Weiterführung der vielen laufenden Projekte und Initiativen. Die drei künftigen Co-Präsidenten brin gen ein breites Wissen und Erfahrungen aus unterschiedlichen Fachbe reichen mit, welche eine Einzelperson kaum in sich vereinen kann. So wird der steigenden Komplexität und der zunehmenden thematischen Vernetztheit, mit der unsere Wirtschaft konfrontiert ist, Rechnung getra gen. Mit dem neuen Führungsgremium ist die IVS optimal aufgestellt, um die Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen.
www.ivs.ch
33 news letter Wirtschaftsförderung IVS-MITGLIEDER
Der Meetingpoint in Schaffhausen überzeugt mit einzigartiger Atmosphäre, geschmackvoller Einrichtung und hochstehender technischer Ausstattung. (Bild: Peter Sch ä ublin)
«Silicon ist eine Diva»
In dieser Werkstatt in den Arova-Hallen trifft Handwerk auf die Poesie der Täuschung: Tina Ehrat verwischt mit ihren Arbeiten die Grenze zwischen Realität und Abbild. Menschen, Tiere und Objekte wirken so echt, dass sie bei vielen Betrachtern Reaktionen wie Staunen, Neugierde oder gar Erschrecken auslösen.
UND BILDER JEANNETTE VOGEL
Die ehemaligen Büroräume der «Bindi» in Flurlin gen wirken eher wie eine Wunderkammer, denn eine Werkstatt: Falke, Krähe und Papagei sitzen traulich zusammen, der Oberkörper einer Köni gin und ein ausgewachsener Biber geben sich ein Stelldichein, eine haarige Hand hingegen hat einen Soloauftritt und erinnert an das «eiskalte Händchen», das die Fans der «Ad dams Family» so lieben. Seit nunmehr 18 Jahren beschäftigt Tina Ehrat sich mit Täuschungen, mit Museums- und anderen An schauungsobjekten. Sie bezeichnet sich selbst als «Objektgestal terin oder so», eine Berufsbezeichnung für ihre Tätigkeit gibt es nicht. Auch «Margrith» befindet sich nun wieder in den Werk statträumen von Marcel Nyffenegger und Tina Ehrat auf dem früheren Industrieareal. Während der Ausstellung «Hühner –Unterschätztes Federvieh» im Museum zu Allerheiligen umkreis ten viele das etwas gebrechlich scheinende Grosi, bevor sie sicher waren, dass sie nicht aus Fleisch und Blut sei. So sicher man sich eben sein kann, bei einer täuschend echt wirkenden Figur, von den Kleidern über die Körperhaltung, die Frisur bis zu den Alters
flecken auf dem Handrücken: alles wirkt stimmig. Ein eingeris senes Nagelhäutchen vervollkommnet das Gesamtbild. «Es fällt auf, wenn etwas fehlt, und wenn es bloss ein winziges Detail ist.» Kein Zweifel, da spricht eine Perfektionistin.
Dabei hat Tina Ehrat einst ganz woanders angefangen, wurde bei der IWC zur Uhrmacherin ausgebildet, wechselte dann zu einer auf Film spezialisierten Schule und wurde Maskenbildne rin. Kurz nach der Jahrtausendwende, während eines Praktikums im Atelier von Marcel Nyffenegger, lernte sie einiges über Schä delaufbau und Gesichtsrekonstruktionen – und blieb. Der Präpa rator befasst sich mit künstlichen Nachbildungen aller Art. «Er ist gelernter Zimmermann und eher der Mann fürs Grobe, ich bin die Frau fürs Feine.» Die beiden teilen sich nicht nur Räume, sondern teilen auch die Faszination für hyperreale Abbilder. Sie haben einen grossen Bedarf an Haaren und arbeiten mit Werk stoffen wie Polyesterharz und Silicon, wobei: «Silicon ist eine Diva», sagt Tina Ehrat. «Auf Silicon kann nur Silicon aufgetragen werden.» Ein einzelnes weisses Kunsthaar hat sich zwischen
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34 BERUFSPORTRÄT
Täuschend echt: Die ausgebildete Maskenbildnerin Tina Ehrat erschafft die Illusion der Realität.
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ihren beiden Brillen verfangen, die sie lässig übereinander trägt. Sie blickt prüfend auf den Kopf vor sich und führt das Instrument mit chirurgischer Präzision zu seinem linken Auge: Der Bärtige zuckt mit keiner seiner überlangen Wimpern. Die Nachbildung, an der sie gerade arbeitet, ist für ein auswärtiges Museum be stimmt. Hauptauftraggeber des Duos sind denn auch Museen im In- und Ausland.
150 000 EINZELNE HAARE
Es braucht viel Vorstellungskraft, allein um sich ein Bild von einer menschlichen Hand mit ihren 27 Knochen, 33 Muskeln und drei Nerven zu machen, geschweige denn eine ganze Figur zu erschaffen. Ihre Arbeit prägt ihre Sicht auf die Dinge: «Als ich eine Nase modellieren musste, habe ich jedem, den ich angetrof fen habe, bloss auf die Nase gestarrt und mir Details gemerkt.» Trotzdem – Schwierigkeiten gebe es immer, sagt Tina Ehrat: «Viel Ausschuss produzieren wir auch.» Vier bis fünf Personen braucht es, bis eine menschliche Figur entsteht. Freie Mitarbeitende sind beispielsweise eine Schneiderin und ein Holzbildhauer, aber vor allem werden Kopfhaarstecker benötigt: «Sie fädeln bis zu 150 000 einzelne Haare ein.» Augenbrauen, Wimpern, Arm- und Handhaare sind hingegen Tina Ehrats Spezialität, sie rückt ihnen nach dem Einfädeln mit Kamm, Schere und Onduliereisen zu Leibe. Das Team arbeitet so lange, bis es zum Aha-Erlebnis kommt, bis die Figur – wenn auch bloss für Sekunden – das eigene Auge täuscht, wenn es die Grenze zwischen Realität und Illusion nicht mehr zu unterscheiden vermag. Tina Ehrats Konklusion: «Die Körpersprache macht einen Menschen, aber auch ein Tier aus.»
Perfekt nachgebildet und auch unter dem Hut perfekt frisiert: In der Illusionswerkstatt wird haargenau auf jedes Detail geachtet.
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Die Gestalterin arbeitet mit chirurgischer Präzision an einer Figur für ein auswärtiges Museum.
In der Illusionswerkstatt von Tina Ehrat geht es nicht um l’art pour l’art. Sie sieht sich als Handwerkerin, die Genauigkeit liebt und ihre Vorliebe für Denkaufgaben und Details beruflich aus leben kann. «Illusion» lautete 2004 das vorgegebene Thema ihrer Maturaarbeit. Mit ihrer Licht-Installation nahm sie sich der Frosch-Prinz-Problematik an und schuf Abhilfe: Der Schatten ihres Frosches sah aus wie ein Prinz. «Alles, was wir sehen, kann auch anders gesehen werden. Ich frage mich deshalb: Ist nicht ohnehin alles, was wir sehen, bloss eine Illusion?» – diese Ge danken des Berner Künstlers Sandro Del-Prete bilden den men talen Ausgangspunkt für ihre Werke. «Sie sind meine innere Triebfeder», sagt Tina Ehrat.
«REALITÄT VERPFLICHTET»
«Einen Stein oder einen Apfel täuschend echt nachzumachen, finde ich faszinierend.» Erst wenn sich jemand beim Anblick ihrer Glacekugeln sorgt, dass die süsse Pracht gleich zerläuft, ist Ehrat ganz mit ihrer Arbeit zufrieden. Mit ihrer Illusionswerk statt will sie ein Publikum ausserhalb der Museumsbranche an sprechen. «Ich würde gerne Requisiten für einen Filmdreh her stellen. Beispielsweise einen scheinbar schweren Gegenstand, den man dem «Opfer» über den Schädel ziehen kann.» Arbeiten für den Film seien nicht mit solchen fürs Theater vergleichbar, sagt Tina Ehrat: «Beim Film darf man auf nahe Distanz die Ver änderung nicht erkennen, im Theater kommt es mehr auf den Effekt an.»
Ein Müsterli ihrer Arbeit liegt auch bei Tina Ehrat zu Hause in der Fruchtschale: «Viele fallen auf das falsche Mandarinli herein», freut sie sich. Ihren Freund sieht sie hingegen ab und zu doppelt: «Einmal im Original und einmal, etwas jünger, als Figur.» Immer wieder stellt sie Vogeleier und Tierkot her, wobei Letzteres das weit grössere Geschäft ist. Ohne Anfang oder Ende erscheint das Ei. Wenn im Innern aber Leben heranwächst, gibt es mehr zu zeigen als Schale, Eiweiss und Eigelb. Die Lösung für das Dar stellen der zarten Blutgefässe war ein roter Nähfaden, den Tina Ehrat in Einzelfäden zerlegte: «Realität verpflichtet. Ich bin nicht auf Schönheit spezialisiert.» Frisch wirkende Häufchen von ein heimischen Waldtieren werden besonders häufig bestellt, und auch naturgetreuer, effektvoll bemalter Kot von Affen, Elefanten oder Nashörnern wird von Tierkundlern oder Zoos nachgefragt. Auch hier geht es zuerst um eine genaue Recherche, häufig in Büchern, seltener über das fast allwissende Internet: «Otter haben Schuppen und Fischgräte im Kot. Der Wolf hat viele Haare drin.»
WANGENKNOCHEN À LA BÖSE FEE
Tina Ehrats Malerhose wirkt fast wie ein angezogenes Gemälde, ihrer Fantasie und Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt – Gren zen setzt aber häufig das Budget. «Wenn potenzielle Kunden hören, wie viel ihr Wunsch in etwa kosten wird, springen viele ab.» Doch auch in diesem Punkt lohnt sich kreatives Denken: «Eine Privatkundin wollte als ‹Maleficent› an eine Märchenparty gehen», erzählt Tina Ehrat. Charakteristisch für die «dunkle Fee» sind rote Lippen, bleiche Haut, dunkle Augen und vor allem spitze Wangenknochen. Deren Herstellung wäre aber zu teuer gewesen, die Objektgestalterin fand eine Lösung. Sie bestellte die Wangen knochen in England: «Dort gibt es schon entsprechende Formen.» Aufkleben und Schminken dauerte dann rund drei Stunden.
Und in der Wunderkammer auf dem Arova-Areal wird nicht bloss das Auge getäuscht. Als Tina Ehrat die Radiomusik abstellt, schallt weiterhin Gesang: «Der kommt aus der Werkstatt nebenan, die singen wirklich.»
37 BERUFSPORTRÄT
1 Thomas
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und
TCS-Präsident Schaffhausen (v. l.) 5 Doris
Verwaltungsrätin TCS und Organisatorin des TCS-Balls.
Der Mobilitätsclub in Festlaune TCS-Ball im «Hombergerhaus» in Schaffhausen am 26.11.2022 1 2 3 4 5 38 LEUTE
Bollinger, Inhaber von Thomas Bollinger GmbH und Ivon Nufer
Franziska Looser, Inhaberin Ballettschule Looser und Eduard Looser, Altrektor PHSH
Raphaël Rohner, Stadtrat Schaffhausen und Hannes Germann, Ständerat (v. l.)
Roger Roth, neuer TCS-Präsident Schaffhausen
Hans Werner Iselin, ehemaliger
Iselin,
BILDER ROBERTA FELE
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