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Frauen in Führung – drei weibliche Führungskräfte im Gespräch
from SH Wirtschaft 4/2022
by BBF.CH
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Wirtschaftsförderung Kanton Schaffhausen
Linn Warzelhan-Kato Lara Guillod
Lea Haines
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FRAUEN SIND GROSSTEILS NOCH IMMER IN DER MINDERHEIT IN SCHWEIZER FÜHRUNGSETAGEN. LEA HAINES, LARA GUILLOD UND LINN WARZELHAN-KATO KENNEN DIE SITUATION BESTENS. SIE ALLE SIND BEI GLOBAL TÄTIGEN UNTERNEHMEN MIT SITZ IM KANTON SCHAFFHAUSEN ANGESTELLT UND LEITEN DORT GROSSE TEAMS MIT ZUM TEIL MEHR ALS 100 PERSONEN. TROTZ FORTSCHRITTEN IN JÜNGERER VERGANGENHEIT SEI DER WEG FÜR MEHR FRAUEN IN LEITENDEN POSITIONEN NOCH WEIT, SIND SIE SICH EINIG. EIN GESPRÄCH ÜBER FÜHRUNG, SELBSTBEWUSSTSEIN UND MUT.
SIE ALLE SIND IN IHREM UNTERNEHMEN IN EINER FÜHRUNGSPOSITION TÄTIG. WELCHE ASPEKTE SIND FÜR SIE WICHTIG ALS FÜHRUNGSPERSON?
Lea Haines: Zum einen will ich als Führungsperson authentisch sein. Also ich selbst sein und vorleben, was ich von meinem Team erwarte. Das schafft Vertrauen. Zum anderen ist es mir wichtig, den Leuten Raum zu geben, um sich selbst zu verwirklichen. Ich denke, es ist ein veraltetes Bild, dass man Menschen einstellt, um ihnen dann zu diktieren, was sie zu tun haben. Wir stellen ja Leute ein, die talentiert sind und Erfahrungen mitbringen. Dann sollen sie das auch zeigen können. Ich will mein Team bewusst fördern und nicht die allwissende Chefin sein.
Lara Guillod: Das ist gut zu hören, denn Authentizität und Vertrauen sind zwei Schlüsselerkenntnisse meiner noch jungen Karriere. Die Karriereleiter ging bei mir sehr schnell nach oben, kurz nach meinem Studienabschluss war ich schon in einer leitenden Position. Mit nur einem Jahr Führungserfahrung wurde ich kurz darauf in die Geschäftsleitung befördert. Es war ein unglaubliches Vertrauen vom Unternehmen in mich da, dass das funktionieren wird. In all meinen Positionen bin ich mir stets treu geblieben, gehe voran und lebe meine Prinzipien vor.
Linn Warzelhan-Kato: Früher dachte man als Manager, man müsse der oder die Beste sein, der Experte. Aber das ist ja genau nicht der Fall, denn nur als Team kann man erfolgreich sein. Ich kenne das aus meiner Karriere, als ich die HR-Leitung von Europa übernommen habe und plötzlich ein riesiges Team führen durfte. Da kommen ja verschiedene Bildungshintergründe, Altersklassen und Kulturen zusammen. Da ist viel Wissen und Erfahrung da. Und da sind Authentizität und auch Vulnerability (dt. Verletzlichkeit) wichtig. Letzteres ist wohl mehr eine weibliche Eigenschaft. Einfach mal hinzustehen und offen zu sagen, dass man etwas nicht schafft und Hilfe vom Team braucht.
Text Pascal Schmidlin | Layout BBF | Fotos Philip Böni
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ALSO GEHÖRT AUCH KOMMUNIKATION ZU DIESEN WICHTIGEN EIGENSCHAFTEN?
Warzelhan-Kato: Genau, deren Bedeutung kann man nicht genug unterstreichen. Haines: Dieser moderne Führungsstil ist auch eine Chance, um zu zeigen, dass man nicht perfekt sein muss. Egal in welcher Rolle, ob als Mutter oder im Arbeitsleben, es war mir immer wichtig, zu sagen, dass ich nicht perfekt bin. Ich bin nicht Super-Woman, auch ich brauche Hilfe und zwischendurch mache ich es falsch. Das ist aber Ok. Denn aus Fehlern lernt man und
Lea Haines
Lea Haines
gerade in Führungspositionen ist man in einem lebenslangen Lernprozess. Das macht für mich den Job auch spannend.
INWIEFERN IST PERFEKTION HINDERLICH?
Haines: Wenn man immer nur perfekt ist, haben andere das Gefühl, sie müssen auch perfekt sein. Sie können dann nicht zugeben, dass etwas schiefgelaufen ist. Aber es ist ganz wichtig im Arbeitsleben, sagen zu können, dass etwas nicht richtig gelaufen ist. Oder nicht so, wie geplant. Daraus lernt man und aus diesem Lernen kann man wiederum wachsen.
Guillod: Ich habe zu Beginn als Führungsperson zu viel von meinem Team gefordert. Die Ansprüche, die ich an mich selbst stelle, habe ich auch von allen in meinem Team erwartet. Dabei habe ich gelernt, dass ich jedes Individuum einzeln anschauen und ihm oder ihr Raum zur Entfaltung geben muss, damit sie oder er ihre Bestleistung abrufen kann.
LARA GUILLOD, SIE HABEN EINE SEHR STEILE KARRIERE IN DEN VERGANGENEN JAHREN GEMACHT. WIE KAM ES DAZU?
Guillod: Ich glaube, ich bin Teil einer ersten Generation, in der Frauen vermehrt in Führungspositionen reinwachsen. Auch spielte für mich der Teamgedanke stets eine grosse Rolle, sei es in der Schule oder im Studium. Für mich war meine Karriere ein natürlicher Werdegang, geprägt von viel Leistung, viel Kommunizieren und zur richtigen Zeit am richtigen Ort die Leute mit meinen Ideen abholen. So hat sich alles natürlich ergeben. Entscheidend war sicher, dass ich einen Geschäftsführer hatte, der an mich geglaubt und mich gefördert hat.
Linn Warzelhan-Kato
Warzelhan-Kato: Die richtigen Personen im Umfeld zu haben, die einen fördern, ist dabei eklatant wichtig.
WIE HAT SICH DAS BEI IHNEN GEZEIGT?
Warzelhan-Kato: Es gab immer Leute, die mir etwas zugetraut haben und mich unterstützten. Nachdem ich bei AGCO in Neuhausen am Rheinfall angefangen hatte, kam nach einem halben Jahr die HR-Chefin der USA auf mich zu. Sie sagte, dass AGCO eine Osteuropa/Asien-Region eröffne und sie mich für die HR-Leitung vorsehe. Später, als ich von China zurückkehrte, bekam ich das Angebot, die HR-Leitung der Europaregion zu übernehmen. Das war nochmals ein grosser Sprung in meiner Karriere. Auch da hat sie mich unterstützt und intern positioniert. Persönlich hat mir zudem die Zusammenarbeit mit einem Coach geholfen, der ein wichtiger Sparringspartner für mich war. Das kann ich nur weiterempfehlen.
Guillod: Bei mir war es auch mein Vorgesetzter, der mich gefördert hat – und manchmal auch überfordert, damit ich aus der Situation lernen konnte. Das war die Erfolgskombination für mich. Und schön ist, dass ich jetzt auch selbst als Vorbild vorangehen kann.
Linn Warzelhan-Kato
WIE ÄUSSERT SICH DAS?
Guillod: Wir müssen eine Nachfolgeposition in der Region Naher und Mittlerer Osten neu besetzen. Und dort gibt es eine Frau, die gute Arbeit leistet und sich einsetzt. Dass ich im Unternehmen als junge Frau eine Führungsposition eingenommen habe, hat den dortigen Leiter motiviert, diese Frau als seine Nachfolgerin zu bestimmen und entsprechend zu fördern.
EIN BELIEBTES INSTRUMENT ZUR FÖRDERUNG VON WEIBLICHEN NACHWUCHSTALENTEN IST DAS MENTORING-PROGRAMM. GIBT ES SOLCHE BEI IHNEN IM UNTERNEHMEN?
Warzelhan-Kato: Ja, bei uns gibt es zahlreiche solcher Initiativen. Nicht nur für Frauen, aber gerade auch für sie. In Mentoring-Programmen wird einem etwa eine Führungskraft an die Seite gestellt, wir haben eine Business Advisory Group AGWN (AGCO's Global Women's Network) und verschiedene Netzwerke. Ich finde solche Angebote wichtig und gut, denn so findet man Gleichgesinnte und Vorbilder.
Haines: Bei uns bei AbbVie gibt es auch solche Angebote. Tendenziell finde ich, wird Mentoring aber leider wenig genutzt – und es sind immer dieselben Personen, die an Netzwerk-Events teilnehmen. Ich weiss nicht, ob es eine Hemmschwelle gibt oder zu wenig Bewusstsein für die Existenz der Angebote vorhanden ist. Dabei finde ich Mentoring- und Coaching-Programme enorm wichtig und hilfreich. In unserer AbbVie-Niederlassung in Cham haben die Mitarbeiterinnen selbst ein FemPower-Netzwerk initiiert, wo sie sich austauschen und vernetzen können. So führen sie zum Beispiel Kurse wie Self-Branding durch, an denen alle, die interessiert sind, teilnehmen können. Denn es ist wichtig zu wissen, wie Frau vom Gegenüber wahrgenommen wird und wie sie sich präsentiert. Etwa wenn sie zurückhaltend ist. Zurückhaltung ist herzig und nett, bringt dich aber nicht weiter. Es ist gut, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wie man sich selbst präsentiert.
Warzelhan-Kato: Und sich gegenseitig ermutigt! Wir brauchen Vorbilder, die vorangehen und andere inspirieren und ermutigen. Sodass sich in Zukunft mehr Frauen trauen, Herausforderungen anzunehmen. Es hat dich, Lara, bestimmt viel Mut gekostet, um zu sagen: «Ich habe zwar noch nicht so viel Führungserfahrung, aber ich mach das jetzt», und zu erkennen, dass man noch nicht ganz bereit dafür ist, aber sicher hineinwachsen wird. Da sind wir wieder beim perfekt sein. Studien zeigen, dass sich Männer auf eine Stelle bewerben, wenn ihr Profil zu etwa 60 Prozent zu den Anforderungen passt, Frauen aber nur, wenn ihr Profil zu circa 90 Prozent passt. Da brauchts schon noch mehr Selbstbewusstsein von uns Frauen.
UNTERSUCHUNGEN ZEIGEN AUCH, DASS FRAUEN EHER ALS MÄNNER VON SELBSTZWEIFELN IM JOB GEPLAGT WERDEN.
Guillod: Selbstzweifel waren früher – und sind auch noch heute – eine Hürde für mich. Ich machte mir oft Tausende Gedanken und fragte mich, ob ich gut genug bin. Meistens war es dann mein Umfeld, das mich ermutigte. Ich weiss von männlichen Kollegen in solchen Situationen, dass die einfach mal gemacht haben. Selbstzweifel führen dazu, dass sich viele Frauen selbst ein Bein stellen.
Haines: Die Zweifel gehen nie ganz weg. Bei Lohnverhandlungen ertappe ich mich manchmal auch, wie ich gehemmt bin. Und dann sage ich mir selbst: «Finde deinen inneren Mann!» Denn im Nachhinein ärgere ich mich, zu wenig selbstbewusst aufgetreten zu sein. Hinzu kommt noch, dass andere Frauen oft die stärksten Kritikerinnen sind. Es gibt sehr viele gute weibliche Vorbilder, aber eben auch solche, die weniger hilfreich sind.
Lara Guillod
JUNGE, ERFOLGREICHE FRAUEN ÄUSSERN SICH TEILWEISE ÖFFENTLICH, DASS SIE LAUTER SEIN MÜSSEN ALS MÄNNER UND NICHT ERNST GENOMMEN WERDEN. SOLCHE ERFAHRUNGEN STÄRKEN DAS SELBSTBEWUSSTSEIN NICHT GERADE…
meinem jungen Alter liegt, nicht am Geschlecht. Ich führte plötzlich Menschen, die seit über 30 Jahren in der Branche und dem Unternehmen sind. Da brauchte ich lange, um mir den Respekt zu erarbeiten. Dies gelang, indem ich mich jeden Tag bewies.
Warzelhan-Kato: Ich würde nicht sagen, dass ich nicht ernst genommen werde. Die Unternehmenswelt ist schon ein raues Umfeld. Da darf man gewisse Dinge nicht zu persönlich nehmen und muss seine Frau stehen. Manchmal sind wir zwei Frauen und 15 Männer in einer Sitzung. Da hilft es, nicht zu zaghaft zu sein und selbstbewusst aufzutreten. Und wenn man nicht gehört wird, dann muss man seinen Standpunkt wiederholen – laut und deutlich.
Haines: Gerade eine junge, weibliche Führungsperson stellt eine Veränderung für eine bisher stark männlich dominierte Führungsebene dar – und Veränderungen kreieren bei einigen Leuten Angst und diese äussern sie laut. Damit muss man lernen umzugehen. Ich habe viele Veränderungen in meiner Karriere vorangetrieben. Dabei habe ich gelernt, auf die positiven Stimmen zu hören, anstatt das Negative an mich heranzulassen. Wenn man sich auf diejenigen konzentriert, die den Wandel unterstützen und befürworten, kommt man weiter. Aber es braucht Durchhaltewillen als Vorreiterin.
WESHALB SIND WIR NOCH NICHT SO WEIT, DASS FRAUEN IN EINER FÜHRUNGSROLLE EINE SELBSTVERSTÄNDLICHKEIT SIND?
Guillod: Das kann man nicht von heute auf morgen ändern. Es wurde schon viel Vorarbeit von den Frauen vor uns geleistet. Aber es ist ein Gesellschaftswandel, der seine Zeit braucht – und eine gesunde Kombination von verschiedenen Faktoren. Einige sind für eine Frauenquote, andere setzen auf Förderprogramme – darunter auch solche, die bereits in der Schule anfangen. Das hat mir persönlich geholfen. Der Anfang meiner Karriere wurde im Familienumfeld und Sport gelegt. Dort habe ich Ehrgeiz entwickelt und wurde mein Selbstvertrauen gepusht. Wir müssen Frauen schon im jungen Alter Selbstbewusstsein geben, damit sie Vertrauen in sich selbst entwickeln, überzeugt sind, dass sie etwas leisten können und wissen, dass man nicht perfekt sein muss – was Social Media zusätzlich erschwert. Es ist ein herausfordernder Gesellschaftswandel, bei dem es wohl kein Schlüsselrezept gibt.
Haines: Es gibt mehrere Komponenten und ist darüber hinaus auch branchenabhängig. Ich arbeite schon viele Jahre in der Pharmaindustrie und dort ist es normal, dass Mann und Frau 100 Prozent arbeiten. Aber im weiteren Umfeld, etwa im Schulischen, ist das noch nicht der Fall. Hier müssen wir die Rahmenbedingungen ändern. Heute kann man nicht mehr erwarten, dass immer ein Elternteil zu Hause bleibt und für die Kinder sorgt. Es war auch im schulischen Umfeld, wo ich mehrmals gefragt wurde, weshalb ich überhaupt Kinder habe, wenn ich 100 Prozent berufstätig bin. Aber es hat bereits ein Wandel stattgefunden, gewisse Dinge wurden verbessert. So wurde etwa der Blockunterricht in den Schulen eingeführt.
LARA GUILLOD Chief Commercial Officer bei Conica
ZUM UNTERNEHMEN:
Conica entwickelt und produziert seit über 40 Jahren innovative, fugenlose Bodenbelagslösungen auf Basis von Polyurethan- und Epoxidharzen für Sport, Spiel, Freizeit und andere Bereiche. So sind etwa die Laufbahnen im Stadion Letzigrund Zürich oder Olympiastadion Berlin Conica-Produkte. Das Unternehmen gehört weltweit zu den Marktführern und Innovationstreibern in diesem Bereich. Die anwenderorientierten Anforderungen an die technische und sportfunktionelle Leistungsfähigkeit sowie die Gebrauchstauglichkeit unter Gewährleistung gesundheitlicher Aspekte des Materials selbst und für den Anwender stehen im Mittelpunkt der Produktentwicklung. Conica hat seinen Sitz und Produktionsstandort in der Stadt Schaffhausen sowie einen Standort in Grossbritannien. Das Unternehmen ist Teil der Serafin Unternehmensgruppe mit Sitz in München.
ZUR PERSON:
Lara Guillod hat Business & Economics an der Universität Zürich studiert und nach ihrem Bachelorabschluss als Praktikantin bei Conica gestartet. Anschliessend absolvierte sie ab Februar 2016 berufsbegleitend das Masterstudium an der Universität Zürich, bevor sie 2018 eine Festanstellung als Assistentin der Geschäftsführung bei Conica antrat. Im Februar 2021 wurde sie zur Head of Product & Business Development befördert. Seit dem 1. März 2022 leitet sie als Chief Commercial Officer die Bereiche Sales, Marketing & Communication, Customer Service, Product Management sowie Development & Regulations bei Conica. Sie ist in dieser Funktion für die Umsätze und Profitabilität des internationalen Kerngeschäftes von Conica verantwortlich. Lara Guillod ist 30 Jahre alt.
LEA HAINES Site Head und Senior Director Clinical Operations bei AbbVie
ZUM UNTERNEHMEN:
AbbVie ist ein globales, forschungsbasiertes biopharmazeutisches Unternehmen. AbbVie fokussiert sich auf die Entdeckung und Entwicklung innovativer Therapien, die einige der schwersten und komplexesten Krankheiten der Welt bekämpfen. Ziel des Unternehmens ist es, das Leben der Menschen zu verbessern. Folgende Therapiegebiete stehen dabei im Fokus: Immunologie, Onkologie, Neurowissenschaften, Ophthalmologie, Virologie und Gastroenterologie. Darüber hinaus bietet AbbVie Produkte und Dienstleistungen über sein Allergan Aesthetics Portfolio an. AbbVie beschäftigt weltweit rund 48 000 Mitarbeitende und hat seinen Hauptsitz in Chicago, USA. In der Schweiz sind rund 250 Mitarbeitende tätig. Der Schweizer Hauptsitz von AbbVie befindet sich in Cham, während sich die Schweizer Forschungs- und Entwicklungsabteilung, registriert unter Pharmacyclics, an AbbVie company, in Schaffhausen befindet.
ZUR PERSON:
Lea Haines studierte an der Uni Basel. Bereits während des Medizinstudiums stieg sie erst über ein Teilzeitpensum, dann vollzeitig als Data Managerin in die Pharmabranche ein und wertete Daten von klinischen Studien aus. Über kontinuierliche Weiterbildungen und persönliche Weiterentwicklung übernahm sie über die Zeit Positionen mit zunehmender Verantwortung. Seit Januar 2022 leitet sie als Site Head die Schweizer R&D-Abteilung in Schaffhausen mit über 50 Angestellten und ist in globaler Rolle als Clinical Operations Therapeutic Area Head in Onkologie verantwortlich für die strategische Planung, Organisation und Umsetzung von klinischen Zulassungsstudien in Onkologie in der ganzen Welt. Sie ist seit über 25 Jahren in der Pharmabranche tätig. Lea Haines ist 50 Jahre alt, verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne und eine 16-jährige Tochter.
LINN WARZELHAN-KATO Vice President Human Resources, EME & Global Fendt/ Valtra, Finance & Supply Chain bei AGCO
ZUM UNTERNEHMEN:
AGCO ist ein weltweit führendes Unternehmen in der Entwicklung, Herstellung und im Vertrieb von Landmaschinen und Technologien für die Präzisionslandwirtschaft. Zum Markenportfolio von AGCO zählen unter anderem Challenger®, Fendt®, GSI®, Massey Ferguson® und Valtra®. Mithilfe seiner Smart Farming Lösungen unterstützt AGCO mit seinem umfassenden Angebot an Maschinen und Dienstleistungen Landwirte dabei, die Welt nachhaltiger zu ernähren. AGCO wurde 1990 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Duluth (Georgia), USA. Im Jahre 2021 erzielte AGCO weltweit einen Nettoumsatz von 11,1 Mrd. US Dollar und beschäftigt etwa 24 000 Mitarbeiter. Seit 2007 hat AGCO seinen Europasitz in Neuhausen am Rheinfall.
ZUR PERSON:
Linn Warzelhan-Kato machte ihr Diplom in Sprachen-, Wirtschafts- und Kulturraumstudien mit Fokus Südostasien an der Universität Passau in Deutschland. Nach einem Stipendium in Shanghai arbeitete sie als Projekt-Managerin und später als Teil der Geschäftsleitung in den Bereichen HR, Key Account Management sowie als Trainerin und Speakerin für ein international tätiges Beratungsunternehmen mit Fokus auf interkulturelles Training & Entwicklung und Expatriate Management. 2008 siedelte sie in die Schweiz um und stieg als HR-Managerin bei AGCO ein. Es folgte die Funktion als HR-Director für Osteuropa und Asien, ein dreijähriger Abstecher nach China als HR-Verantwortliche für den AsiaPazifik-Bereich und 2014 die Rückkehr nach Neuhausen am Rheinfall und die Verantwortung des HR-Bereichs im Europamarkt. Seit Oktober 2021 hat sie zusätzlich globale HR Business Partner Verantwortlichkeiten übernommen als Vice President HR Europa und Mittlerer Osten und Global Fendt/Valtra, Finance & Supply Chain. Linn Warzelhan-Kato ist 44 Jahre alt, verheiratet und Mutter eines Kindes.
Damit Frauenförderung erfolgreich betrieben werden kann, müssen die Rahmenbedingungen noch weiter verbessert werden.
Warzelhan-Kato: Die Schweiz hinkt im Vergleich mit etwa Skandinavien hinterher. Bei uns reduzieren viele Mütter ihr Pensum auf 60 oder gar 40 Prozent. Das Angebot an Kindertagesstätten ist zwar gut, aber die Ganztagesbetreuung fehlt. Sobald das Kind in den Kindergarten kommt, wird es herausfordernd, Kind und Karriere zu vereinbaren. Dass wir als Gesellschaft noch einiges ändern müssen, zeigt sich zudem am deutschen Begriff «Rabenmutter». Dieser impliziert, dass man nicht gut genug als Mutter ist, wenn man Kinder hat und arbeitet. Der Ausdruck existiert in keiner anderen Sprache. Aber auch Elternzeit für Väter ist so ein Thema. Diese wollen sich heute stärker in die Kindererziehung einbringen – und stossen ebenso auf Widerstände. Wenn ich meine HR-Brille aufsetze, dann sehe ich, dass wir als Gesellschaft noch einen grossen Schritt machen müssen, damit Frauen noch mehr mit am Tisch sitzen und gehört werden.
Guillod: Ich glaube, es hat sich einiges positiv verändert im Laufe der Zeit. Vieles ist heute besser – aber wir haben noch einen langen Weg vor uns.
WAS WÜRDEN SIE ABSCHLIESSEND EINER JUNGEN FRAU AUF IHREN KARRIEREWEG MITGEBEN?
Haines: Jungen Frauen, wie etwa meiner Tochter, gebe ich mit auf den Weg, dass sie Ziele haben sollen und ambitioniert sein dürfen. Und dass sie den Mut haben, ihren Träumen nachzugehen. Vor allem aber auch, dass sie aus ihren Träumen heraus gehen, denn persönliches Wachstum und spannende Dinge passieren genau dort. Generell wünsche ich jungen Frauen mehr Mut. Wartet nicht, bis jemand auf euch zukommt, geht eure Zukunft aktiv an, nehmt Gelegenheiten wahr.
Warzelhan-Kato: Dem kann ich zu 100 Prozent zustimmen. Traut euch, habt Mut, neue Herausforderungen anzunehmen. Ihr müsst nicht immer perfekt sein, ihr lernt und wachst auf dem Weg. Geht diesen und sucht euch Gleichgesinnte, Personen, die euch fördern, und hört auf die positiven Stimmen – nicht die negativen.
Guillod: Habt Mut zu scheitern, rate ich den Frauen. Ich habe mir oft Gedanken gemacht, was alles passieren kann, statt einfach zu machen. Vertraut euch selbst, macht und glaubt an eure Qualitäten. Dann kommt es meist gut. Und wenn nicht, dann seht das Scheitern als Chance, etwas zu lernen.
Haines: Scheitern heisst ja nur, dass etwas nicht nach Plan verlaufen ist. Aber viele Wege führen zum Ziel. Jedes unplanmässige Korrigieren ist wieder ein Lernen und führt wiederum zu Wachstum.
Warzelhan-Kato: Genau, bleibt flexibel, die Welt ist heute hoch dynamisch. Und «Scheitern» ist ja auch wieder so ein deutscher Begriff. Im Englischen ist der Ausdruck «Trial & Error» (dt. Versuch und Irrtum) viel weiter verbreitet und zeigt, dass man etwas versuchen muss im Leben. Was nicht funktioniert, ist Teil des Weges. •
Mentoring für die Leaderinnen von morgen!
DIE WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG SCHAFFHAUSEN BIETET NEU EIN MENTORING-PROGRAMM FÜR FRAUEN AN.
Mit der «Female-Leaders-Schaffhausen»-Initiative hat die Wirtschaftsförderung des Kantons Schaffhausen ein Mentoring-Programm ins Leben gerufen. Dieses hat das Ziel, Frauen in ihrer beruflichen Weiterentwicklung zu unterstützen. Das Programm vernetzt Frauen, die mehr in ihrem Arbeitsleben erreichen möchten, mit Mentorinnen, die ihre Erfahrung und ihr Netzwerk für die Leaderinnen von morgen zur Verfügung stellen möchten. So können sich Frauen aus unterschiedlichen Unternehmen, Branchen und Karrierestufen gegenseitig unterstützen: beim Einstieg in das Berufsleben, beim nächsten Karriereschritt oder beim Schritt in die Selbständigkeit.
Damit prägen Frauen in Führungspositionen die Entwicklung von Unternehmen und die Region Schaffhausen in Zukunft noch stärker.
Interessiert?
Sind Sie oder Ihr Unternehmen interessiert, Teil der Initiative zu werden?
Unter www.standort.sh.ch/mentoring erfahren Sie mehr.