JAHRESBERICHT 2010
FINMA Jahresbericht 2010
Herausgeberin:
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA Einsteinstrasse 2 CH-3003 Bern Tel. +41 (0)31 327 91 00 Fax +41 (0)31 327 91 01 info@finma.ch www.finma.ch
Gestaltung:
BBF AG, Basel
Fotografie:
Marion Nitsch, Zürich
Druck:
Stämpfli Publikationen AG, Bern
Jahresrechnung Die Jahresrechnung 2010 der FINMA wird separat veröffentlicht. Geschlechtsneutrale Formulierung Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechterspezifische Differenzierung – beispielsweise Gläubigerinnen und Gläubiger oder Anlegerinnen und Anleger – verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.
2
Jahresbericht 2010 | FINMA
03.11 1700 860262199
Impressum
Inhaltsverzeichnis
VORWORT DES PRÄSIDENTEN
9
EINLEITUNG DES DIREKTORS
10
DIE FINMA IM ÜBERBLICK SCHWERPUNKTTHEMEN
14
Regulierungsprojekt zu den Vertriebsregeln
14
Situation im Hypothekarmarkt
16
Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes
18
NATIONALE VERNETZUNG
21
Verstärkung der Zusammenarbeit von SNB und FINMA
21
Zusammenarbeit mit dem EFD
21
Aussprachen mit dem Parlament und dem Bundesrat
22
Dialog mit Verbänden und Institutionen
22
Untersuchungen und Lehren aus der Krise
24
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010
25
INTERNATIONALE EINBETTUNG UND AGENDA
26
Internationale Präsenz der FINMA
26
Internationale Zusammenarbeit der Schweiz
27
IOSCO Task Force on Commodity Futures Markets
28
Fragen der internationalen Bankenregulierung
28
Revision des Regulierungs- und Aufsichtsrahmens für Verwalter alternativer Investmentfonds
29
Supervisory Colleges
30
Internationale Amtshilfe
30
Jahresbericht 2010 | FINMA
3
REGULIERUNG UND AUFSICHT GENERELLE THEMEN
34
Aufsichtskonzepte
34
Vorschläge zur Lösung des Too-big-to-fail-Problems
34
Zunahme der Rechts- und Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft
38
Vergütungssysteme
40
Outsourcing und Datenschutz
41
Veröffentlichung von Daten und Markttransparenz
42
BANKEN UND EFFEKTENHÄNDLER Grundlagen Allgemeine Situation im Bankensektor Regulierung
43 44 44
Änderungen des Bankengesetzes
47
Bankensanierungsverordnung
47
Corporate Governance und interne Kontrolle
48 48
Bewilligungen Banken und Effektenhändler
48
Unterstellung der PostFinance
48
Aufsichtspraxis
50
Grossbankenaufsicht
50
Aufsicht übrige Banken
51
VERSICHERUNGEN Regulierung
52 52
Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes
52
Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln
52
Lebensversicherung Grundlagen Marktsituation Aufsichtspraxis Aufsicht über die Kollektivversicherung berufliche Vorsorge Schadenversicherung Grundlagen Marktsituation Regulierung Motion Bischofberger
56 56 56 57 57 58 58 58 59 59
Rückversicherung
60
Grundlagen
60
Marktsituation
Jahresbericht 2010 | FINMA
43
Kapital- und Liquiditätserfordernisse
Bewilligungen
4
43
60
Krankenversicherung Grundlagen Marktsituation Regulierung Rundschreiben «Krankenversicherung nach VVG» Aufsichtspraxis Tarife der Krankenzusatzversicherung MÄRKTE UND FINANZINTERMEDIÄRE Börsen- und Marktaufsicht Regulierung
61 61 61 62 62 63 63 64 64 64
Änderung des Börsengesetzes betreffend Börsendelikte und Marktmissbrauch
64
Strukturierte Produkte
65
Bewilligungen Zulassung von ausländischen Eigenhändlern als Börsenteilnehmer Aufsichtspraxis
65 65 66
SIX Swiss Exchange
66
Interoperabilität
66
Ausblick Energiehandel Übernahme und Offenlegung Grundlagen Verfahrensführung im Offenlegungsrecht Regulierung Offenlegungsrecht: Mandat zur Teilrevision der Börsenverordnung-FINMA Kollektive Kapitalanlagen Grundlagen Rahmenbedingungen und Entwicklungen im Bereich kollektive Kapitalanlagen Regulierung Geltungsbereich des Kollektivanlagengesetzes im Bereich der Beteiligungsgesellschaften Bewilligungen
67 67 68 68 68 68 68 69 69 69 69 69 70
Steigerung der Effektivität und Effizienz in der Aufsicht
70
Kollektive Kapitalanlagen im Immobilienbereich
70
Bewilligungsverfahren
71
Aufsichtspraxis
72
Selbst- und fremdverwaltete SICAV
72
Sacheinlage und -auslage bei Publikumsfonds
72
Begriff der öffentlichen Werbung
73
Jahresbericht 2010 | FINMA
5
Prüfgesellschaften, Ratingagenturen und Accounting Regulierung
74 74
Behandlung strukturierter Produkte im Rundschreiben «Rechnungslegung Banken»
74
Prüfwesen
74
Verhandlungen über Joint Inspections von PCAOB, RAB und FINMA
75
Aufsichtspraxis
76
Umfrage zum Umfang der Prüfarbeiten bei Banken und Effektenhändlern
76
Einsatz von aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaften
76
Qualitätssicherung bei Prüfgesellschaften
76
Überprüfung von Abschlüssen
77
Geldwäscherei
78
Grundlagen
78
Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung auf internationaler Ebene Regulierung
78 78
Geldwäschereiverordnung-FINMA
78
Rundschreiben «Finanzintermediation nach GwG»
79
Aufsichtspraxis
80
FINMA-Mitteilung zu Risiken bei Geschäftsbeziehungen mit Iran
80
Aufsichtskonzept für die Geldwäschereibekämpfung
81
ENFORCEMENT ENFORCEMENTPRAXIS
6
Jahresbericht 2010 | FINMA
84
UBS-Cross-Border-Geschäft – mögliche Verfahren gegen frühere Organe der Bank
85
Weitere Verfahren gegen prudenziell beaufsichtigte Institute
86
Insolvenzverfahren
89
Vorgehen gegen unterstellungspflichtige bzw. unerlaubte Tätigkeiten
90
Konkurse und Liquidationen bei unbewilligten Instituten
93
Enforcement im Bereich Marktaufsicht sowie Offenlegungs- und Übernahmerecht
93
DIE FINMA ALS BEHÖRDE VERWALTUNGSRAT UND GESCHÄFTSLEITUNG Verwaltungsrat Verwaltungsratsausschüsse Geschäftsleitung
98 98 98 99
Erweiterte Geschäftsleitung
99
Enforcementausschuss
99
PERSONAL
100
Rechtsgrundlagen
100
Personal- und Lohnpolitik
100
Personalbestand und -struktur
101
Organigramm
102
Verhaltenskodex
103
FINANZMARKTREGULIERUNG 2010 – RÜCKBLICK UND PLANUNG
104
STATISTIKEN
112
ANHANG VERTRETUNG DER FINMA IN INTERNATIONALEN ARBEITSGRUPPEN
116
ABKÜRZUNGEN
118
Jahresbericht 2010 | FINMA
7
Dr. Eugen Haltiner, Pr채sident (links), Dr. Patrick Raaflaub, Direktor
8
Jahresbericht 2010 | FINMA
VORWORT DES PRÄSIDENTEN
Erreichtes Ein Jahresbericht dient der Rechenschaftsab-
und eine deutlich verbesserte sektorübergreifende
lage. Transparent soll das Erreichte kommentiert
Zusammenarbeit. Diese Vernetzung ist wichtig,
werden, verbunden mit einem Hinweis auf die
denn die Risiken in der Finanzintermediation sind
weiterhin bestehenden Herausforderungen. Dies
zunehmend übergreifend und nicht mehr nur
gilt auch für eine Aufsichtsbehörde wie die FINMA,
branchenbezogen. Vergleichbare Risiken verlangen
die in den letzten Jahren mit ihren Entscheidungen
vergleichbare Standards – eine Konvergenz heute
vermehrt im Licht, auch in der Kritik der Öffent-
noch unterschiedlicher Ansätze in den Bereichen
lichkeit stand. Massstab der Beurteilung ist ein
der
Vergleich des Erreichten mit den gesetzten Zielen.
des zur Verfügung stehenden Instrumentariums
Erstmals wurden im September 2009 die strategi-
ist deshalb, wo immer vertretbar, anzustreben.
schen Ziele der FINMA vom Bundesrat genehmigt
Weiter zu fördern ist zudem das vernetzte Denken
und anschliessend veröffentlicht. Sie gliedern sich
zwischen der institutsbezogenen Einzelaufsicht
Regulierung,
der
Aufsichtskonzepte
und
in sieben Themenbereiche, die den Arbeiten der
und dem makroökonomischen Umfeld. So ist die
Aufsichtsbehörde eine längerfristige Orientierung
Risikoüberwachung noch vermehrt in einem erwei-
geben. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen von Pro-
terten Kontext zu sehen, unter Einbezug möglicher
jekten, unterstützt von jährlichen Leistungszielen
gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen von syste-
auf allen Führungsebenen.
mischer Bedeutung.
In allen Bereichen wurde die Umsetzung an
Erfreulich ist die Leistungsbereitschaft der
die Hand genommen und konnten wesentliche
FINMA-Mitarbeitenden. Für ihre Arbeit gebührt
Meilensteine erreicht werden. Der vorliegende
ihnen öffentlich Dank und Anerkennung, denn sie
Jahresbericht liefert dazu die entsprechenden Infor-
nehmen ihre Aufgaben auf einem schwierigen, oft
mationen.
konfliktreichen Terrain wahr. Spannungsfelder gibt
Die FINMA ist auf Kurs und erfüllt die ihr über-
es viele, und diese lassen sich nie zur Zufriedenheit
tragenen gesetzlichen Aufgaben wirkungsvoll.
aller lösen. Unbeirrt von Kritik, die häufig auf unsach-
So konnten durch organisatorische Massnahmen
lichen Behauptungen und Halbwissen beruht,
und eine zielgerichtete Rekrutierung sowohl die
setzen sie sich beharrlich für die zu erreichenden
Effizienz als auch die Professionalität der Behörde
Ziele ein, ohne die Orientierung zu verlieren. Ich
gestärkt werden. Noch ist die Integration der
entbiete ihnen dafür meinen persönlichen Respekt.
Vorgängerorganisationen
nicht
abgeschlossen,
doch zeigen sich bereits erste Synergiegewinne
Dr. Eugen Haltiner, Präsident, im Dezember 2010
Jahresbericht 2010 | FINMA
9
EINLEITUNG DES DIREKTORS
Die FINMA hatte sich für das Jahr 2010
In der Schweiz stand für die FINMA denn auch
anspruchsvolle und herausfordernde Ziele gesetzt,
das strategische Ziel im Vordergrund, angemessene
welche die vom Bundesrat genehmigten übergeord-
regulatorische Antworten auf die systemischen
neten strategischen Ziele konkretisieren. Dabei blie-
Risiken für den Schweizer Finanzplatz zu finden,
ben und bleiben die Herausforderungen innerhalb
die namentlich durch die Grösse und Komplexität
und ausserhalb unserer Behörde weiterhin hoch.
der Grossbanken ausgelöst werden. Ganz zentral
Das wirtschaftliche Umfeld an den Finanzmärkten
ist hier das aktive Mitwirken der FINMA in der
ist zwar nicht mehr in der akuten Krisensituation
Expertenkommission «Too big to fail», die dem
der vergangenen Jahre, die Rahmenbedingungen
Bundesrat konkrete Vorschläge für ein Bündel von
für die von der FINMA beaufsichtigten Institute
Massnahmen zur Limitierung von volkswirtschaft-
sind aber anhaltend schwierig. Die Gefahr einer
lichen Risiken durch Grossunternehmen vorgelegt
Konjunkturverschlechterung besteht weiter und
hat. Aber auch auf anderen Gebieten wurde
das historisch niedrige Zinsniveau sowie die von
diesbezüglich einiges erreicht. Mit Augenmass,
den Nationalbanken notgedrungen in die Märkte
ohne Aktionismus und unter Berücksichtigung der
gegebene Liquidität bergen die Gefahr neuer Preis-
internationalen Bestrebungen, die beispielsweise
blasen.
die Schweizer Massnahmen im Bereich der Liquidi-
Hinzu kommt, dass für eine Aufsichtsbehörde
tätsvorschriften oder die Anpassung der Eigenmit-
die Arbeit mit dem Ende einer Krise nicht abge-
telanforderungen ebenfalls in sehr ähnlicher Form
schlossen ist. Das Gegenteil ist der Fall: Die Finanz-
vorsehen.
krise hatte deutliche Mängel in der geltenden
10
Die gezielte Verbesserung des Kundenschutzes
Regulierung aufgezeigt, die nun dringend behoben
stellt ein weiteres übergeordnetes strategisches Ziel
werden müssen. Das umfassende Reformprojekt
der FINMA dar, zu dem wichtige Arbeiten voran-
des Basler Ausschusses, die Bankenregulierung
getrieben wurden. So lösten die bis in die Schweiz
mit dem Regelwerk «Basel III» international auf
reichenden Auswirkungen des Zusammenbruchs
neue Beine zu stellen, ist Ausdruck dafür, dass
von Lehman Brothers sowie des Betrugsfalls
die Regulatoren weltweit gewillt sind, die Lehren
Madoff eine umfassende Untersuchung der FINMA
aus der Krise zu ziehen. Klar ist auch, dass die so
aus, die einen Verbesserungsbedarf hinsichtlich
erreichten Regelwerke internationale Konsens-
des Kundenschutzes und insbesondere bei den
lösungen darstellen, die den länderspezifischen
Transparenzvorschriften zeigte. Die FINMA stellte
Herausforderungen in einzelnen Bereichen nicht
in der Folge ein umfassendes Diskussionspapier
oder nur unzureichend gerecht werden können.
zur Regulierung des Vertriebs von Finanzprodukten
Jahresbericht 2010 | FINMA
mit Fokus auf Kleinkunden vor, das Mängel in der
unterstützte Abläufe die Effizienz zu steigern, um
heutigen Regulierung und Handlungsoptionen aus
mit gleichen Ressourcen einen noch grösseren Bei-
Sicht der FINMA darlegt. Im Bereich der Versiche-
trag leisten zu können. Diese sehr anspruchsvolle
rungsaufsicht bedeutet die vollständige Umset-
innerbetriebliche Weiterentwicklung wurde 2010
zung des Schweizer Solvenztestes einen zentralen
geplant, gestartet und wird nun etappenweise
Schritt zur Verbesserung des Versichertenschutzes.
vorangetrieben.
Zur Steigerung von Effektivität und Effizienz in
All die gesetzten Ziele und das Erreichte abwä-
ihrer Tätigkeit entwickelte die FINMA für sämtliche
gend, komme ich zum Schluss, dass in diesem für
Aufsichtsbereiche ein Aufsichtskonzept, das sich
die FINMA erneut sehr anspruchsvollen Jahr vieles
an einem risikobasierten Ansatz orientiert. Dazu
erreicht und in die Wege geleitet wurde. Meinen
werden die Institute, abhängig von Grösse und
Kolleginnen und Kollegen gebührt dafür an dieser
Risikowirkung, in verschiedene Aufsichtskategorien
Stelle mein herzlicher Dank für ihren Einsatz. Und
eingeteilt, die eine entsprechend unterschiedlich
aufgrund der Erfahrungen in den vergangenen
intensive direkte Beaufsichtigung durch die FINMA
zwei Jahren freue ich mich darauf, die bereits
zur Folge haben. Ziel ist es, die begrenzten Auf-
wartenden neuen Aufgaben und anspruchsvollen
sichtsressourcen verstärkt dort einzusetzen, wo
Herausforderungen für das Jahr 2011 zusammen
die grössten Risiken für die Gläubiger, Anleger und
mit den Mitarbeitenden der FINMA anzugehen.
Versicherten drohen. Neben dieser hier angedeuteten Palette an fachlichen Herausforderungen und Errungenschaften im Jahr 2010 standen weitere Etappen auch in der betrieblichen Weiterentwicklung der FINMA an. Wir stellen bereits jetzt fest, dass sich in wichtigen Bereichen fachliche Synergien aus dem
Dr. Patrick Raaflaub, Direktor,
Zusammenschluss nutzen lassen. Die Fusion der
im Dezember 2010
drei Behörden sowie der gezielte Ausbau wichtiger, bisher personell unterdotierter Aufsichtsbereiche führen zu einer mit rund 400 Mitarbeitenden deutlich gewachsenen Organisation. Dies erfordert organisatorische Anpassungen. Ziel ist es, durch vereinheitlichte und mit neuen Instrumenten
Jahresbericht 2010 | FINMA
11
DIE FINMA IM ÜBERBLICK
SCHWERPUNKTTHEMEN
Regulierungsprojekt zu den Vertriebsregeln Nach ihren im September 2009 veröffentlichten
betraf. Unter Berücksichtigung ausländischer und
strategischen Zielen für die Jahre 2010 bis 2012 setzt
internationaler Rechtsentwicklungen setzte sich die
sich die FINMA unter anderem für eine Verbesse-
FINMA mit folgenden Themen auseinander:
rung des Kundenschutzes auf dem schweizerischen
– Verhaltens- und Vertriebsregeln
Finanzmarkt ein. Die FINMA stellte deshalb in
– Regeln zu Vergütungen
Aussicht, die Vertriebsregeln sektorübergreifend
– Produktregeln
zu untersuchen. Zudem beabsichtigte sie, die Auf-
– Regeln zum grenzüberschreitenden Vertrieb
sichtsregeln über Vermittler sowie die Abgrenzung zwischen qualifizierten Anlegern und Kleinkunden
vom Ausland in die Schweiz – Regeln zur Aufsicht über Vermittler
zu überprüfen. Auch das Verhältnis der Vertriebs- zu den Produktregeln sollte erörtert werden. Für den
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden im
Absatz von Finanzprodukten am Verkaufspunkt
November 2010 im Bericht «Regulierung von Pro-
(Point of Sale) galt es zudem, die Durchsetzung
duktion und Vertrieb von Finanzprodukten an Privat-
angemessener Sorgfalts-, Offenlegungs- und
kunden – Stand, Mängel und Handlungsoptionen»
Aufklärungspflichten zu fördern. Ziel der FINMA
(FINMA-Vertriebsbericht 2010)2 veröffentlicht und
war es, zu den Vertriebsregeln sektorübergreifend
bis 2. Mai 2011 zur Diskussion gestellt.
und produktneutral die relevanten Grundlagen zu
Die im Bericht der FINMA zusammengefassten Erkenntnisse zeigen beim Vertrieb von Finanzpro-
erarbeiten.
dukten ein erhebliches Informationsgefälle und somit Ergebnisse der Madoff- und Lehman-
ein Kräfteungleichgewicht zwischen Produzenten,
Untersuchungen
Vertreibern und weiteren Finanzdienstleistern einer-
Anfang März 2010 veröffentlichte die FINMA
seits sowie Privatkunden andererseits. Privatkunden
die Ergebnisse ihrer zwei gross angelegten Untersu-
kennen sich in Finanzfragen oft nur oberflächlich
chungen zum Vertrieb von Finanzanlagen mit Bezug
aus und haben kaum Erfahrung mit Finanzanlagen.
auf Bernard L. Madoff sowie auf Lehman Brothers
Zudem mangelt es nicht selten am Zugang zu den
Holdings Inc. Dabei zeigte sich, dass nicht alle unter-
notwendigen Informationen. Professionelle Anbie-
suchten Institute bei der Auswahl und Empfehlung
ter verfügen dagegen meist über die erforderlichen
von Finanzprodukten für ihre Kunden gleich sorgfäl-
Spezialkenntnisse, um die Chancen und Risiken
tig vorgingen. Die FINMA ortete Handlungsbedarf
eines Geschäfts richtig abschätzen zu können. Im
hinsichtlich
geltenden Recht kommen diese und andere wichtige
– transparenter Informationen über die Gewinn-
Problemfelder nur punktuell bzw. ungenügend zur
und Verlustaussichten in der Verkaufsdokumen-
Sprache.
tation, – klarer Kundenprofile, die auf einer eingehenden Abklärung der Risikofähigkeit und des Risikobe-
Problemfelder auf der Produktund Vertriebsebene Nach geltendem Recht unterstehen gewisse
wusstseins der Kunden beruhen, sowie – einer ausreichenden Diversifikation der Anlagen.
1
Finanzdienstleister keiner Registrierungspflicht, was den Kundenschutz erheblich erschwert. Die FINMA
vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 49 ff. 2 vgl. http://www.finma.ch/d/ regulierung/anhoerungen/ Documents/diskussionspapiervertriebsregeln-20101110-d.pdf 1
14
FINMA-Vertriebsbericht 2010
schlägt deshalb vor, für die bisher nicht beaufsichtig-
In der Folge startete die FINMA ein Projekt zum
ten Finanzdienstleister eine solche Pflicht einzufüh-
Thema «Vertriebsregeln», das alle von der FINMA
ren. Dadurch liessen sich auch die zu schaffenden
regulierten Finanzprodukte und -dienstleistungen Verhaltensregeln überprüfen.
Jahresbericht 2010 | FINMA
Weiter hat sich gezeigt, dass die Transparenz bei den Finanzprodukten gestärkt werden muss. So
Produktneutrale Kundensegmentierung und Ausbau des schweizerischen Ombudssystems
müssen die Kunden beispielsweise bei Anlagepro-
Die Einführung und die Überwachung der
dukten im Prospekt über die wesentlichen Risiken
genannten Massnahmen würden zu einer erhebli-
aufgeklärt werden. Zusätzlich ist die Vergleich-
chen Ausdehnung der aufsichtsrechtlichen Aufga-
barkeit zusammengesetzter Finanzprodukte zu
ben der FINMA führen. Es sollen jedoch keine regu-
verbessern – dies durch die Veröffentlichung einer
latorischen Massnahmen eingeleitet werden, deren
produktneutralen und standardisierten Information
Nutzen den daraus resultierenden Aufwand nicht zu
über die wesentlichen Eigenschaften der jeweiligen
rechtfertigen vermag. Gestützt darauf, befürwortet
Produkte (Produktbeschreibung). Schliesslich soll für
die FINMA die Einführung einer produktneutralen
die Produkte auch eine geeignete Folgepublizität
Kundensegmentierung. Professionelle Kunden
gewährleistet werden.
benötigen in der Regel ein geringeres Mass an
Sowohl die Anforderungen an Produktbeschrei-
Beratung und können sich die notwendigen Infor-
bungen als auch die eigentlichen Prospektpflichten
mationen auch ohne das Vorliegen ausführlicher
wurden bisher nicht vereinheitlicht. Im Streitfall
Prospektdokumentationen beschaffen. Für sie sollen
sind die Kunden regelmässig mit einer Verteilung
daher die Informations- und Erkundigungspflich-
der Beweislast konfrontiert, welche die Durchset-
ten von Produzenten und Finanzdienstleistern in
zung ihrer Ansprüche im Zivilprozess erschwert.
deutlich eingeschränkter Form umgesetzt werden.
Ausserdem unterscheidet sich der Kundenschutz
Eine zusätzliche Erleichterung in der Beilegung von
bei schweizerischen Finanzdienstleistern gegenüber
Streitigkeiten über Finanzdienstleistungen ist durch
jenem grenzüberschreitend tätiger Anbieter aus
den Ausbau des schweizerischen Ombudssystems
dem Ausland erheblich. Die Ansätze der verschie-
anzustreben. Die Schaffung einer unabhängigen
denen Schweizer Finanzmarktgesetze sind in diesen
Ombudsstelle als Schlichtungseinrichtung für Finanz-
Fragen nicht aufeinander abgestimmt. So wird
dienstleistungen auf dem Schweizer Finanzplatz
insbesondere grenzüberschreitendes Cold Calling3 kann Privatkunden vor der Durchführung kostspiefür Banken und Effektenhändler vom Ausland aus in
liger und risikobehafteter Gerichtsprozesse gegen
die Schweiz regulatorisch nicht erfasst. Zudem fehlt
ihre Vertragspartner am Point of Sale bewahren.
eine Bewilligungspflicht zur grenzüberschreitenden Werbung für Publikumseinlagen. Auf der Stufe des Vertriebs bestehen heute
Verordnung des Bundesrates und Finanzdienstleistungsgesetz
keine produktunabhängigen Verhaltensregeln am
Zur Umsetzung der von ihr befürworteten Hand-
Point of Sale. Die FINMA erachtet die Einführung
lungsoptionen stellte die FINMA in ihrem Bericht
von einheitlichen oder zumindest besser aufein-
die Schaffung eines allgemeinen «Finanzdienstleis-
ander abgestimmten Verhaltensregeln für sämt-
tungsgesetzes» zur Diskussion. Ein solches Gesetz-
liche Finanzdienstleister als sinnvoll. Diese Regeln
gebungsprojekt braucht bis zu seinem Inkrafttreten
beinhalten namentlich angemessene Erkundigungs-,
erfahrungsgemäss aber mehrere Jahre, selbst wenn
Informations- und Dokumentationspflichten zum
der politische Wille dazu eindeutig gegeben wäre.
Kundenprofil sowie zu den Kundengesprächen.
Schneller könnte deshalb eine Verordnung des Bun-
Vorhandene und mögliche Interessenkonflikte sowie
desrates zu Verhaltenspflichten im Effektenhandel
Vergütungen Dritter sind konsequent offenzulegen.
sowie beim Vertrieb von Kollektivanlagen geschaf-
Bei der Ausgestaltung der erwähnten Pflichten ist
fen und umgesetzt werden.
zudem zwischen Beratungs- und Verwaltungsdienstleistungen sowie reinen Verkaufs- oder Abwicklungshandlungen zu unterscheiden.
3
Darunter versteht man grundsätzlich nicht erbetene Werbe anrufe.
Jahresbericht 2010 | FINMA
15
Situation im Hypothekarmarkt Bereits seit einiger Zeit beobachtet die FINMA
Die aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaften füh-
bei den unterstellten Banken sowie bei anderen
ren jährlich bei sämtlichen Banken risikoorientiert
Finanzintermediären eine erhöhte Kreditvergabe für
Prüfungen durch. Auch 2010 wurde bei zahlreichen
Immobilien. Aufgrund der für die Schuldner vorteil-
Banken das Hypothekargeschäft einer Schwer-
haften Zinssituation hat die Nachfrage nach Hypo-
punktprüfung unterzogen. Die Prüfgesellschaften
theken deutlich zugenommen. Im Hypothekarmarkt
legen ihre Erkenntnisse in einem umfassenden
herrscht zudem ein sehr intensiver Wettbewerb.
Prüfbericht zuhanden des Verwaltungsrats der Bank
Dieser schlägt sich nicht nur in sinkenden Margen
sowie der FINMA dar. Schwachstellen werden the-
nieder, sondern führt teilweise auch zu Qualitätsab-
matisiert und Fristen zur Verbesserung der Situation
strichen, beispielsweise bei den Tragbarkeits- oder
festgelegt.
Belehnungsbestimmungen. Verschiedene
Immobilienindizes
zeigen
Kreditvergabeprozess
steigende Preise. Dabei sind regional deutliche
und Kreditrisikomanagement
Unterschiede auszumachen. Im internationalen
im Fokus der Aufseher
Vergleich ist die Preisentwicklung in der Schweiz
Die FINMA verschaffte sich zudem bei ausge-
jedoch weniger ausgeprägt als in jenen Ländern,
wählten Banken vor Ort selbst ein Bild, insbesondere
die von einer Immobilienblase betroffen waren, wie
über den Kreditvergabeprozess sowie das Kredit
die USA, Spanien, Grossbritannien oder Irland. Die
risikomanagement. In mehrtägigen Prüfhandlungen
gegenwärtige Entwicklung lässt sich auch nicht mit
(Supervisory Reviews) liessen sich Spezialisten der
der Situation Ende der Achtzigerjahre vergleichen,
FINMA über die operative Abwicklung des Kredit
als es in der Schweiz letztmals zu einer Immobi
geschäfts informieren und analysierten anhand
lienblase kam. Sowohl die wirtschaftliche als auch
von Stichproben das Kreditrisikomanagement. Die
die aufsichtsrechtliche Situation stellen sich heute
Untersuchungen zeigten, dass die bankinternen
anders dar. Die Bodenknappheit, die tiefe Wohnei-
Weisungen, Reglemente und Prozesse zu den
gentumsquote sowie eine hohe Zuwanderung in die
grundpfandgesicherten Krediten zum Teil lücken-
Schweiz verstärken jedoch den Preisauftrieb.
haft oder der spezifischen Situation der Bank
Verstärkte Aufsichtstätigkeit der FINMA
beispielsweise, wenn es darum geht, die Tragbarkeit
im Bereich des Hypothekarmarkts
grundpfandgesicherter Kredite an Private zu bestim-
nicht angemessen sind. Handlungsbedarf besteht
16
Die FINMA verfolgt die Entwicklungen im Hypo-
men und insbesondere die Einkommensverhältnisse
thekarmarkt mit grosser Aufmerksamkeit. Einzelne
festzulegen. Ebenso sind Schwachstellen bei der
Elemente, die eine Immobilienblase begünstigen,
Verwendung von Schätzmodellen in der Immobi
sind zurzeit festzustellen. Hinzu kommt die weit-
lienbewertung möglich. Ein besonderes Augenmerk
verbreitete Einschätzung, bei Immobilien handle es
gilt der Behandlung von sogenannten Exception-to-
sich um praktisch risikolose Anlagen. Die FINMA
Policy-Geschäften. Dies sind Kredite, die abweichend
verstärkte ihre Aufsichtstätigkeit im Bereich des
von den internen Weisungen der kreditgebenden
Hypothekarmarkts im Jahr 2010. Mit umfangrei-
Bank gewährt wurden, beispielsweise weil die
chen Datenanalysen wurde die Situation bei den
Belehnungshöhe, die Tragbarkeits- oder die Amor-
einzelnen Banken, bei Bankgruppen sowie auf dem
tisationsbestimmungen ausserhalb der vom Institut
Gesamtmarkt genauer untersucht. Im Mittelpunkt
festgelegten Grenzwerte liegen, und die deshalb
der Untersuchungen standen Wachstums-, Markt-
einem besonderen Bewilligungsprozess unterliegen
anteils- und Kreditportfolioanalysen.
sollten. Der Anteil solcher Geschäfte nahm deutlich
Jahresbericht 2010 | FINMA
zu. Zum Teil fehlen den Banken jedoch die organi-
Erwartungen und Massnahmen der FINMA
satorischen und technischen Voraussetzungen, um
Die FINMA erwartet, dass erkannte Schwach-
solche Geschäfte risikogerecht zu bewirtschaften.
stellen im Kreditrisikomanagement von den Banken
Entsprechend sind die Banken oft auch nicht in der
rasch korrigiert werden. Unabhängig davon über-
Lage, aggregierte Auswertungen über diese Auslei-
prüft die FINMA die Eigenmittelanforderungen
hungen zu erstellen.
für grundpfandgesicherte Kredite. Dabei wird
Übereinstimmende Erkenntnisse
Risikogewichte für mit Grundpfandtiteln gesicherte
von SNB und FINMA
Ausleihungen an Private erhöht werden sollen.
insbesondere untersucht, ob die zurzeit geltenden
Die Erkenntnisse der FINMA decken sich mit den
Temporär fordert die FINMA in Einzelfällen auch
Resultaten einer von der Schweizerischen National-
institutsspezifisch Eigenmittelzuschläge. Sie kann
bank (SNB) im ersten Quartal 2010 durchgeführten
dies beispielsweise als Reaktion auf ein erhöhtes
Umfrage bei 32 ausgewählten Banken. Die SNB
Kreditwachstum oder erhöhte Kreditexpositionen
stellte dabei ebenfalls fest, dass verschiedene Banken
in kritischen Segmenten oder aufgrund eines man-
4
über keine Daten zu den tatsächlich angewendeten,
gelhaften Kreditrisikomanagements anordnen. Die
aber von den internen Richtlinien abweichenden
FINMA verstärkt zudem ihre Analysetätigkeit und
Vergabekriterien bei Immobilienkrediten verfügten.
prüft insbesondere den Einsatz von Stresstests. Parallel dazu wird die FINMA ihre Vor-Ort-Ein-
SBVg-Richtlinien
sätze bei den Banken fortsetzen. Die Erkenntnisse
Die FINMA reagierte mittels Aussprachen und
aus den Prüfhandlungen der FINMA werden mit
Öffentlichkeitsarbeit auf diese Situation. Damit soll
dem Management der Banken besprochen. Gege-
eine Verbesserung des qualitativen Kreditrisikoma-
benenfalls auferlegt die FINMA Massnahmen zur
nagements erreicht werden. Die Eckwerte dazu
Verbesserung der Situation oder ordnet zusätzliche
sind derzeit in den «Richtlinien für die Prüfung,
Untersuchungen durch Prüfgesellschaften an.
Bewertung und Abwicklung grundpfandgesicherter Kredite»5 der Schweizerischen Bankiervereinigung
Immobilien und Hypotheken
(SBVg) festgelegt. Die FINMA anerkannte diese
im Versicherungsbereich
2004 im Rahmen der Selbstregulierung erlassenen Richtlinien damals als Mindeststandards.
Immobilien und Hypotheken stellen auch für Versicherungen eine wichtige Anlageklasse
Mit der SBVg wird zurzeit abgeklärt, in wel-
in einem zumeist breit diversifizierten Portfolio
chem Umfang sich die Richtlinien überarbeiten
dar. So lag der Anteil der Hypotheken an den
und konkreter ausgestalten lassen. Im Mittelpunkt
gesamten Kapitalanlagen (gebundenes und freies
stehen dabei die Bestimmungen zur Tragbarkeit, zur
Vermögen) der Versicherungsunternehmen per
Belehnung und Bewertung sowie zur Behandlung
30. September 2010 für Lebensversicherer bei
von Exception-to-Policy-Geschäften. Zudem soll in
neun Prozent, für Schadenversicherer bei drei
Sachen Belehnungshöhe, Tragbarkeitsgrenzen und
Prozent und für Rückversicherer bei einem Pro-
Amortisationsdauer die Einführung quantitativer
zent, wobei der Anteil der Hypotheken im freien
Limitenvorgaben geprüft werden. Die aufsichts-
Vermögen vernachlässigbar ist.
rechtlichen
Prüfgesellschaften
wurden
vgl. Bericht zur Finanzstabilität 2010 der SNB, S. 27, Box 2 bzw. http://www.snb.ch/de/mmr/ reference/stabrep_2010/source/ stabrep_2010.de.pdf 5 vgl. http://www.swissbanking. org/richtlinien_grundpf_ kredite.pdf 6 Art. 79 Abs. 1 Bst. g AVO 7 vgl. http://www.finma.ch/d/ regulierung/Documents/finmars-2008-18.pdf, insbesondere Randziffern 282 bis 305 4
zudem
Das Hypothekargeschäft der Versicherungen
aufgefordert, bei den betroffenen Banken in den
im gebundenen Vermögen muss den Vorgaben der
Prüfberichten vertieft zur Einhaltung der SBVg-
Aufsichtsverordnung6 und des FINMA-Rundschrei-
Richtlinien Stellung zu nehmen und insbesondere
bens 08/18 «Anlagerichtlinien Versicherer»7 ent-
die Behandlung von Exception-to-Policy-Geschäften
sprechen. Grundsätzlich sind Hypotheken auf nicht
genauer zu untersuchen.
in der Schweiz gelegene Immobilien als Anlagen im
Jahresbericht 2010 | FINMA
17
gebundenen Vermögen ausgeschlossen. Es dürfen
rungsvorschriften. Die Einhaltung der Regulierung
weiterhin nur Wohn- und Geschäftshäuser belehnt
zum gebundenen Vermögen wird jährlich durch die
werden, welche die Kriterien der Anlagerichtlinien
externe Revision überwacht.
erfüllen. Nicht belehnt werden dürfen beispielsweise
Parallel zur verstärkten Aufsichtstätigkeit bei den
Bauland, Produktionsstätten, Fabriken, Sportstät-
Banken führte die FINMA im vierten Quartal 2010
ten, Hotels, Restaurants, Alters- und Pflegeheime,
auch bei ausgewählten Versicherungen Vor-Ort-Ins-
Ferienwohnungen und -häuser sowie Objekte im
pektionen betreffend Hypotheken und Immobilien
Miteigentum. Für Versicherungsunternehmen gel-
durch, um selbst ein Bild über die Einhaltung der
ten auch bezüglich der Belehnungshöhe verhältnis-
Regulierung zu gewinnen. Die Inspektionen waren
mässig strenge Vorschriften. Eine Belehnung über
schwerpunktmässig auf die Investitionsstrategie,
662/3 Prozent des Verkehrswertes wird an konkrete
Investitionsprozesse, Bewertungsfragen sowie die
Auflagen gebunden.
Dossierführung ausgerichtet.
Die Gesamtallokation eines Versicherungs-
Diese Prüfungen ergaben keine Hinweise auf
unternehmens in Hypotheken ist auf 25 Prozent
gravierende Probleme oder einen grösseren zusätz-
des Sollbetrages des gebundenen Vermögens
lichen Regulierungsbedarf. Einzelne Schwachstellen
begrenzt, wobei eine einzelne Hypothek maximal
werden mit den jeweiligen Gesellschaften diskutiert
fünf Prozent des Sollbetrages ausmachen darf. Ein
und die Umsetzung von Massnahmen zur Verbes-
Versicherungsunternehmen darf im gebundenen
serung begleitet. Es ist geplant, im ersten Quartal
Vermögen maximal 35 Prozent Immobilien und
2011 weitere Versicherungsunternehmen in den
Hypotheken insgesamt halten. Weiterhin gelten für
vertieften Prüfprozess einzubeziehen.
Immobilien und Hypotheken konkrete Dossierfüh-
Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung
Grosse Bedeutung der Zinsen
der Weltkonjunktur im Nachgang zur Finanz- und
am Beispiel der langfristigen Verträge
Wirtschaftskrise bleiben hoch. Die Nachwirkungen
in der Lebensversicherung
sind weiterhin spürbar, da sich die Situation der
Das traditionelle Lebensversicherungsgeschäft
öffentlichen Haushalte in vielen Industrieländern
zeichnet sich durch seine langfristigen Verpflich-
durch die staatlichen Stützungsprogramme ver-
tungen aus. Bei einer anwartschaftlichen Leibrente
schlechtert hat. Die Flucht in sichere Anlagen – unter
zum Beispiel kann die Vertragslaufzeit mehrere
anderem als Reaktion auf die defizitären Staatshaus-
Jahrzehnte betragen. Entsprechend spielen die Zin-
halte im Ausland – drückte die Renditen sicherer
sen eine grosse Rolle, und zwar sowohl bei der Tari-
Schweizer Anleihen weiter nach unten. Die Renditen
fierung als auch bei der Bildung der Rückstellungen
von Anleihen der schweizerischen Eidgenossenschaft
(Reservierung). Mit dem technischen Zinssatz wird
mit längerer Laufzeit gaben im Laufe des Jahres 2010
dem Kunden bei Vertragsabschluss eine garantierte
weiter nach. Mitte Juni 2010 betrug die Rendite von
Mindestverzinsung auf dem Sparteil der Prämie
zehnjährigen Anleihen noch 1,55 Prozent. Bis Ende
zugesichert. Der technische Zinssatz regelt also die
August 2010 fiel sie auf 1,07 Prozent und damit auf
Minimalverzinsung, und dies während der ganzen
einen langfristigen Tiefstand. Seitdem stieg sie wieder
Vertragsdauer; er kann nicht nachträglich angepasst
an und lag Ende Dezember 2010 bei 1,62 Prozent.
werden. Änderungen des Garantiezinses gelten immer nur für neue Verträge. Das ist gegenwärtig
18
Jahresbericht 2010 | FINMA
ein Problem für die Branche, denn im Versicherten-
versicherer die entsprechenden Quoten im Zuge
bestand müssen wegen der zahlreichen Altverträge
der Finanzkrise zum Teil massiv zurückgefahren. Ein
mit verhältnismässig hohen Garantiezinsen noch
solches Vorgehen wäre zudem aus der Perspektive
durchschnittlich rund 2,5 bis 3 Prozent Garantiezins
der Finanzstabilität wenig wünschenswert. Res
erwirtschaftet werden.
triktionen in Bezug auf die Anlagepolitik ergeben sich für die Direktversicherung einerseits durch die
Hoher Nachreservierungsbedarf
Anlagerichtlinie, andererseits durch den Schweizer
der Lebensversicherer
Solvenztest (SST)8, bei dem die Mindesthöhe an
Trotz dieser verbindlichen Zusagen dürfen die Lebensversicherer bei ihren Investitionen keine zu
Eigenkapital im Verhältnis zu den eingegangenen Risiken festgelegt wird.
grossen Risiken eingehen. Sie legen daher einen
Die Risikofähigkeit bei Lebensversicherern ist
Grossteil der Kundengelder in festverzinslichen
wegen der tiefen Zinsen zurzeit stärker eingeschränkt
Wertpapieren an und sind somit unmittelbar von der
als sonst. Im SST werden sowohl die Aktiven als auch
Zinsentwicklung abhängig. Obwohl die Rechnungsgrundlagen bei Vertragsabschluss wie bei den Sterblichkeitsannahmen vorsichtig gewählt werden, zeigt das Beispiel der Zinsen, dass sich die Realität ganz
Durch den Schweizer Solvenztest wird die Tiefzinsproblematik sofort sichtbar.
anders entwickeln kann. Die Lebensversicherungen müssen daher zusätzliche Rückstellungen bilden, um die künftigen Leistungen erbringen zu können.
die Passiven marktnah bewertet. Im Fall der versiche-
Eine Senkung des für die Reservierung verwendeten
rungstechnischen Verpflichtungen bedeutet dies,
Zinssatzes um 0,5 Prozentpunkte kann bei grossen
dass diese stets mit der aktuellen Zinsstrukturkurve
Lebensversicherern einen Nachreservierungsbedarf
bewertet werden: je tiefer die Zinsen, desto höher der
in dreistelliger Millionenhöhe verursachen.
Wert der versicherungstechnischen Verpflichtungen
Heute wird zum Teil immer noch mehr als die
und desto kleiner die anrechenbaren Eigenmittel im
erwirtschaftete Nettoverzinsung der Kapitalanlagen
SST. Mit dem SST steht der FINMA ein Instrument zur
ausgeschüttet. Der Grund liegt etwa im Geschäft der
Verfügung, das die Tiefzinsproblematik sofort sicht-
Rückdeckung der beruflichen Vorsorge darin, dass
bar macht, während die klassischen Solvenz-I-Regeln
die Erträge zuerst in den Überschussfonds fliessen.
diesbezüglich praktisch keine Transparenz schaffen.
So lässt sich die Ausschüttungspolitik der Unterneh-
Entsprechend kann die FINMA Massnahmen zum
men langfristig besser steuern. Inzwischen dürfte
Schutz der Versicherten ergreifen, sollte dies die
dieser Spielraum jedoch deutlich kleiner geworden
Situation erfordern.
sein, sodass in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld mit deutlich geringeren Zuteilungen gerechnet
Langfristiges Niedrigzinsumfeld und rascher
werden muss.
Zinsanstieg als ernsthafte Probleme In einem langfristigen Niedrigzinsumfeld wird
Risikofähigkeit der Versicherungsunternehmen
es für die Lebensversicherer immer schwieriger, nur
Eine Anlagerendite von mindestens der Höhe
schon den Garantiezins zu erwirtschaften. Bleiben die
des durchschnittlichen Garantiezinses ist zurzeit mit
Zinsen also dauerhaft tief, führt dies für die Branche
risikoarmen Kapitalanlagen (Bundesobligationen)
mit ihrem grossen Bestand an klassischen Policen und
praktisch nicht zu erwirtschaften. Auf der Suche
langfristigen Verpflichtungen zu einem ernsthaften
nach Rendite wäre es daher naheliegend, wieder
Problem. In Japan beispielsweise sind in den Neun-
verstärkt in risikoreichere oder alternative Kapitalan-
zigerjahren mehrere Lebensversicherer als Folge der
lagen zu investieren. Allerdings haben die Lebens-
andauernden Tiefzinsphase Konkurs gegangen.
8
vgl. Kap. «Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln», S. 52
Jahresbericht 2010 | FINMA
19
Kommt es wegen der hohen Staatsverschuldungen zu schnell steigenden Inflationsraten, dürfte
Anordnung hin auf ein übernahmebereites Versicherungsunternehmen übertragen werden.
dies wiederum zu höheren Zinsen führen. Aber es dauert seine Zeit, bis ein Lebensversicherer seine
Tiefzinsproblematik auch im Bankenbereich
Kapitalanlagen umgeschichtet hat. Bei einer rasch
Die tiefen Marktzinsen stellen auch für die
steigenden Inflation würden die Erträge zunächst
Banken eine grosse Herausforderung dar. Die
also weiter sinken und zugleich die Auszahlun-
Zinsen auf Kontoeinlagen befinden sich bereits
gen an Wert einbüssen. Erst langsam würde das
seit Monaten auf historischen Tiefstständen und
Renditeniveau wieder angehoben. Das grösste
können nicht mehr substanziell gesenkt werden.
Problem für einen Lebensversicherer dürfte sich in
Trotzdem verzeichnen die Banken Zuwachsraten
einem solchen Szenario durch die zu erwartende
bei den Kundeneinlagen und damit auch steigende
Zunahme an Rückkäufen ergeben. Wohl beinhalten
Kosten für die Kundenbetreuung. Auf der Seite der Ausleihungen drückt der intensive Wettbewerb insbesondere im inländischen Hypothekarmarkt
Bis ein Lebensversicherer seine Kapitalanlagen umgeschichtet hat, dauert es seine Zeit.
auf die Zinserträge. Risikoreichere oder alternative Anlagemöglichkeiten mit höherer Verzinsung existieren nur unter Inkaufnahme erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeiten. Insgesamt führt diese Situation zu
Lebensversicherungsverträge in der Regel einen
einer deutlichen Schmälerung des Zinsüberschus-
Rückkaufsabzug. Doch bei sprunghaft anstei-
ses. Auslaufende, vor ein paar Jahren zu höheren
genden Zinsen sind Rückkäufe dennoch denkbar.
Zinssätzen abgeschlossene Anlagen können nur zu
Der Lebensversicherer erleidet dabei in der Regel
den heute tieferen Sätzen wieder angelegt werden,
ebenfalls einen Verlust. Es ist wahrscheinlich, dass
was die Ertragslage weiter belastet.
er wegen der gestiegenen Zinsen die zur Bede-
Zudem hat die Nachfrage nach langfristigen
ckung der Verpflichtung gehaltene festverzinsliche
Festhypotheken in den vergangenen Monaten
Kapitalanlage zu einem Preis veräussern muss, der
deutlich zugenommen. Besonders gefragt sind
unter dem Rückkaufswert liegt.
dabei Laufzeiten von über fünf Jahren, mit denen sich die Kreditnehmer auf mittlere Frist tiefe Zinsbe-
Vorsorgliche Massnahmen zum Kapitalschutz
kurzfristig zwar zu willkommenen Zinseinnahmen,
den Problemen der Lebensversicherer auseinander
jedoch erhöht sich dadurch ihr Zinsänderungsrisiko.
und sensibilisiert diesbezüglich die Versicherungs-
Sollten die Marktzinsen in nächster Zeit deutlich
unternehmen. Mit der vollständigen Einführung
steigen, sähen sich die Banken wohl gezwungen,
des SST per 1. Januar 2011 können im Fall einer
die Zinsen auf den Kontoeinlagen anzuheben, um
ungenügenden
eines
nicht umfangreiche Kontorückzüge hinnehmen
Versicherers vorsorgliche Massnahmen zum Kapi-
zu müssen. Bei den Festhypotheken bleiben die
ökonomischen
Solvenz
talschutz ergriffen werden. Diese beinhalten etwa,
Zinseinnahmen jedoch bis zum Verfalltermin unver-
Dividendenauszahlungen oder Aktienrückkäufe zu
ändert. Dies wiederum kann ohne Absicherung des
untersagen, damit das Eigenkapital nicht vermin-
Zinsänderungsrisikos zu einer weiteren empfindli-
dert wird, oder die Risikosituation zu entschärfen.
chen Belastung des Zinsüberschusses führen. Aber
Unternehmensorganen können bei Bedarf auch
auch eine Absicherung verursacht Kosten.
Entscheidungsbefugnisse entzogen werden. Zudem lassen sich Vermögenswerte sperren. Im Extremfall kann ein Versichertenbestand auf behördliche
20
lastungen sichern können. Dies führt für die Bank
Die FINMA setzt sich intensiv mit den drohen-
Jahresbericht 2010 | FINMA
NATIONALE VERNETZUNG
Verstärkung der Zusammenarbeit von SNB und FINMA Die letzte Finanzkrise zeigte, dass eine effektive
vormalige Eidgenössische Bankenkommission (EBK)
Finanzmarktüberwachung nicht nur bei den Risiko-
bereits 2007 eine gegenseitige Absichtserklärung
expositionen der einzelnen Institute ansetzen sollte,
(Memorandum of Understanding [MoU]) ab. Darin
sondern auch das makroökonomische Umfeld
festgelegt ist der gegenseitige Informations- und
berücksichtigen muss, in dem sich die Finanzmarkt-
Meinungsaustausch, aber auch die Berücksichti-
teilnehmer bewegen. Regulatorische und aufsichts-
gung der Auswirkungen von Interventionen und
geldpolitische
Massnahmen auf die jeweils andere Institution. Am
Entscheide haben massgebliche Auswirkungen auf
rechtliche
Interventionen
sowie
23. Februar 2010 unterzeichneten Vertreter beider
das Verhalten der Marktteilnehmer und damit auf
Institutionen ein revidiertes MoU, das die nunmehr
die Finanzstabilität. Ein solcher sogenannt makro-
vertiefte Zusammenarbeit formell regelt. Auf Basis
prudenzieller Aufsichts- und Regulierungsansatz
des MoU verfolgen beide Institutionen zurzeit
bedingt eine Abstimmung zwischen Zentralbanken
mehrere Initiativen, zum Beispiel hinsichtlich der
und Aufsichtsbehörden auf nationaler und interna-
Liquiditätsregulierung, der Too-big-to-fail-Thematik
tionaler Ebene.
sowie bei der Untersuchung des Schweizer Hypo-
Sowohl die SNB als auch die FINMA nehmen bei
thekarmarkts. Auch bei der Revision der Eigenmit-
der Wahrung der Stabilität und der Funktionsfähig-
telvorschriften (Basel III9) arbeiteten SNB und FINMA
keit der Schweizer Finanzmärkte eine wichtige Rolle
sowohl auf nationaler als auch auf internationaler
ein. Ihre Zusammenarbeit ist durch die gesetzlich
Ebene eng zusammen. Ziel ist es, künftig die makro-
geregelten Verantwortlichkeiten und Instrumente
prudenzielle Aufsicht gemeinsam auszubauen. Ent-
vorgegeben. Zur generellen Koordination ihrer
sprechende Konzepte werden zurzeit ausgearbeitet
Zusammenarbeit und der erforderlichen regulato-
und umgesetzt.
rischen Massnahmen schlossen die SNB und die
Zusammenarbeit mit dem EFD Nach dem FINMAG verkehrt die FINMA mit dem
und Direktor FINMA mit den jeweils verantwort
Bundesrat über das Eidgenössische Finanzdeparte-
lichen Geschäftsleitungsmitgliedern, andererseits bei
ment (EFD). Namentlich bei Wahl- und Personalge-
gemeinsamen Projekten. SIF und FINMA pflegen auf
schäften der FINMA kommt das Generalsekretariat
allen hierarchischen Ebenen regelmässige Kontakte.
des EFD (GS EFD) zum Zug, in Sachen Strafverfolgung
Das SIF repräsentiert die Schweiz in verschiedenen
nach FINMAG der Rechtsdienst des GS EFD. Für Fragen
internationalen Organisationen. Zur optimalen Aufga-
der Finanzmarktregulierung und der Finanzplatz
benerfüllung von SIF und FINMA ist ein regelmässiger
politik entstand für die FINMA mit der Schaffung
Informationsaustausch über die wesentlichen natio-
des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen
nalen und internationalen Entwicklungen notwendig.
(SIF) auf den 1. März 2010 ein neuer Ansprechpartner
Die Zusammenarbeit zwischen EFD, SNB und
im EFD. Hier galt es, die behördenübergreifenden
FINMA hat in der Krisenbewältigung der jüngsten
Abläufe zu regeln und die Tätigkeiten zu koordinieren,
Finanzkrise insgesamt gut funktioniert. Das Zusam-
insbesondere bei der Finanzmarktregulierung und der
menwirken der drei Behörden war massgeblich
Finanzplatzpolitik. Dies geschieht einerseits bei insti-
geprägt durch enge persönliche Kontakte, gegensei-
tutionalisierten Treffen auf Stufe Staatssekretär SIF
tiges Vertrauen und ein hohes Engagement. Gerade
9
vgl. Kap. «Fragen der internationalen Bankenregulierung», S. 28
Jahresbericht 2010 | FINMA
21
die Erfahrungen während der Finanzkrise haben die
die SNB und die FINMA eine tripartite Vereinbarung
Wichtigkeit einer einwandfreien Zusammenarbeit
in Form eines MoU im Bereich Finanzstabilität und
unter den drei Behörden aufgezeigt. Vor dem
Informationsaustausch zur Finanzmarktregulierung,
Hintergrund dieser Erkenntnis erarbeiteten das EFD,
dessen Unterzeichnung für Januar 2011 geplant ist.
Aussprachen mit dem Parlament und dem Bundesrat Bei den Aussprachen mit dem Schweizer
des Treffens war die Umsetzung der vom Bundesrat
Parlament standen im Jahr 2010 vor allem die
am 30. September 2009 genehmigten strategischen
Aufarbeitung und Bewältigung der Finanzkrise,
Ziele der FINMA. Der Verwaltungsratspräsident
die Finanzmarktstrategie, die Gesetzgebung zur
der FINMA erstattete Bericht über die strategisch
Einlagensicherung,
relevanten Veränderungen im wirtschaftlichen und
die
Too-big-to-fail-Thematik
sowie die internationale Regulierungsdebatte im
politischen Umfeld des Jahres 2010 und orientierte
Vordergrund.
über den Stand der Strategieumsetzung. Zudem
Am 3. Dezember 2010 führte der Bundesrat seine
informierte er den Bundesrat über die Prioritäten
jährliche Aussprache mit dem Verwaltungsratspräsi-
der Finanzmarktaufsicht in den kommenden Jahren.
denten der FINMA. Wichtiges Schwerpunktthema
Dialog mit Verbänden und Institutionen Aufgrund ihres breiten Aufgabenspektrums
Kontakte in unterschiedlicher Form statt. Neben
steht die FINMA mit einer grossen Zahl nationaler
Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden sowie
Anspruchsgruppen in Kontakt. Neben der gesetzlich
weiteren Behörden und Bundesstellen bilden die
verankerten Verpflichtung, über ihre Aufsichtstätig-
Verbände der Beaufsichtigten der FINMA die wich-
keit zu informieren, verfolgt die FINMA gegenüber
tigste Anspruchsgruppe. Ebenfalls von Bedeutung
den Beaufsichtigten, den übrigen Anspruchs
sind die Kontakte zu den übrigen Wirtschaftsver-
gruppen und der Öffentlichkeit, soweit zulässig,
bänden, Berufsverbänden, Konsumentenschutz-
eine offene und transparente Informationspolitik.
organisationen, Börsen und Ombudsstellen. Mit
Damit will die FINMA das Verständnis für Regu-
den wichtigsten Verbänden der Beaufsichtigten
lierungsfragen verbessern und die Sensibilität für
führt die FINMA institutionalisierte Jahres- oder
Finanzmarktthemen stärken.
Halbjahresgespräche. Dabei kamen 2010 in erster
Mit zahlreichen Institutionen und Verbänden aus einem breiten Spektrum finden regelmässig
22
Jahresbericht 2010 | FINMA
Linie folgende Themen zur Sprache:
Banken
Versicherungen
Börsen
Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg)
Schweizerischer Versicherungsverband (SVV)
SIX Group
– Finanzplatzstrategie – Situation mit den USA – PostFinance – Vertriebsregeln – Einlegerschutz – Basel III – Risikoverteilungsvorschriften – Aufsicht über unabhängige Vermögensverwalter
– Einführung des SST – Anerkennung der Äquivalenz der schweizerischen Versiche rungsaufsicht durch die EU – Selbstregulierungs organisation (SRO) des SVV – Rechts- und Reputations risiken von Insurance Wrappers
– Praxis bezüglich ausländischer Eigenhändler – High-Frequency Trading – Handelsreglement SIX – Meldestelle und Reglement Meldestelle SIX – Reglement Exchange-Traded Products (ETP) SIX
Kantonalbanken
Kollektive Kapitalanlagen
Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB)
Swiss Funds Association (SFA)
– Situation auf dem Immobilienmarkt – Abgeltungsmodelle und Entschädigung der Staatsgarantie – Too big to fail – Künftige Eigenkapital regulierung – Rollenverständnis zwischen FINMA, externer Prüfgesellschaft und Bank
– Strategische Ziele der FINMA – Strategische Ziele der SFA – Alternative Investment Fund Managers (AIFM) – Strategie Marktzugang – Fund of Hedge Funds für Publikumsanleger – Swiss Fund Data AG – Zusammenarbeit zwischen FINMA und Fondsindustrie – Musterreglemente
Auslandbanken
Prüfgesellschaften/Revision
Verband der Auslandbanken in der Schweiz (VAS)
Treuhand-Kammer (TK)
– Weissgeldstrategie – Abgeltungssteuer – Doppelbesteuerungs- abkommen – Grenzüberschreitendes Geschäft und Marktzutritt – Basel III und Regulierung
– Einsatz von Prüfgesellschaften – Prüfwesen – Regulatorische Themen – Risiken im Hypothekarmarkt – Zinsänderungsrisiken – Organisation und Strategie FINMA
Jahresbericht 2010 | FINMA
23
Untersuchungen und Lehren aus der Krise Am 12. Mai 2010 veröffentlichte der Bundes-
lungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen und
rat seinen Untersuchungsbericht «Verhalten der
aufzuzeigen, wie und bis wann sie die Empfehlungen
Finanzmarktaufsicht in der Finanzmarktkrise – Leh-
der beiden Kommissionen umzusetzen gedenkt. Sie
ren für die Zukunft» (Bericht David)10. Der Bericht
kam dieser Aufforderung mit ihrer Stellungnahme
des Bundesrates wurde in Beantwortung zweier
vom 26. November 2010 nach. Darin begrüsste die
parlamentarischer Vorstösse11 erstellt und beruht
FINMA die Aufarbeitung der Geschehnisse durch die
sowie
parlamentarische Oberaufsicht rund um das Verhal-
einem FINMA-eigenen Bericht13 zur Aufarbeitung
ten der Behörden zur Finanzkrise und die Herausgabe
der Finanzkrise.
der UBS-Kundendaten. Die Darstellung der GPK ist
auf zwei externen Expertengutachten
12
In seinem Bericht kam der Bundesrat zum Schluss,
sorgfältig recherchiert und insgesamt ausgewogen.
dass die betroffenen Behörden und die FINMA in der
Die FINMA kam daher in ihrer Stellungnahme auf
Krise umsichtig und entschlossen gehandelt hatten.
nur wenige ihr für die Zukunft der Aufsichtstätigkeit
Auch wurden weder massive Schwächen in der
wichtig erscheinende Feststellungen zu sprechen. Es
Organisation noch in der Governance der FINMA
sind dies der Zugang der Behörde zum Bundesrat
festgestellt. Grundsätzlich legte der Bundesrat in
sowie ihre Unabhängigkeit.
seinem Bericht dar, dass als Lehre aus der Krise keine FINMAG-Änderung notwendig sei und dass Korrekturen vielmehr bei anderen Finanzmarktgesetzen
vgl. http://www.efd. admin.ch/dokumentation/ zahlen/00578/01697/index. html?lang=de 11 Postulat David (08.4039) und Motion WAK-N (09.3010) 12 «Expertengutachten über das Verhalten der Finanzmarktaufsicht in der Finanzkrise», Prof. Dr. Hans Geiger, 31. Dezember 2009, und «The Conduct of Financial Market Supervision during the Financial Crisis», David Green, January 2010 (vgl. http://www. efd.admin.ch/dokumentation/ zahlen/00578/01697/index. html?lang=de) 13 Bericht der FINMA «Finanzmarktkrise und Finanzmarktaufsicht» vom 14. September 2009 (vgl. http://www.finma.ch/d/aktuell/ Documents/Finanzmarktkrise %20und%20Finanzmarktaufsicht_Endversion_d.pdf) 14 vgl. http://www.parlament. ch/d/dokumentation/berichte/ berichte-aufsichtskommissionen/ geschaeftspruefungskommissionGPK/berichte-2010/Documents/ bericht-gpk-ns-ubs-kundendaten-usa-2010-05-30-d.pdf 15 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 16 f. 10
24
Unabhängige Entscheide der FINMA Entscheide der FINMA werden ausschliesslich
angebracht wären, namentlich beim Bankengesetz
von der Sache und ihrem gesetzlichen Auftrag
zur Entschärfung der Too-big-to-fail-Problematik.
bestimmt und sind weder von Druckversuchen
Mit dem Bericht David beantwortete der
Dritter noch von der Beeinflussung durch die
Bundesrat verschiedene parlamentarische Vorstösse.
Beaufsichtigten gelenkt. Die FINMA fällt ihre Ent-
Die FINMA wurde nicht offiziell aufgefordert, zum
scheide zur Wahrnehmung dieser Schutzfunktion
veröffentlichten Bericht des Bundesrates Stellung
unabhängig. Sie hielt fest, dass die damalige EBK
zu beziehen. Es ergab sich somit kein direkter
(heute FINMA) aufgrund ihrer eigenen Einschätzung
Handlungsbedarf hinsichtlich des Berichts David,
der Bedrohungslage dem Bundesrat rechtzeitig und
der nicht auch mit der Stellungnahme zum Bericht
transparent signalisiert hatte, dass sie als ultima ratio
der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des
in Erfüllung ihres gesetzlichen Mandats verpflichtet
Nationalrates und des Ständerates abgedeckt wer-
sei, auf der Grundlage des Bankengesetzes die Her-
den konnte.
ausgabe der Kundendaten anzuordnen. Entgegen
Die GPK veröffentlichten am 31. Mai 2010 ihre
der Feststellung der GPK wurde die FINMA jedoch
Untersuchung «Die Behörden unter dem Druck
vom Bundesrat nicht gedrängt, diesen Entscheid zu
der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-
treffen.
Kundendaten an die USA» (GPK-Bericht)14. Nach dem Bericht der FINMA vom 14. September 200915 Vertiefte Aussprachen zwischen FINMA und dem auf zwei Expertengutachten beruhenden
und Bundesrat
Bericht des Bundesrates vom 12. Mai 2010 stellt der
Die GPK forderten den Bundesrat auf, den
GPK-Bericht zum Behördenverhalten während der
Präsidenten des FINMA-Verwaltungsrats regelmäs
Finanzkrise aus Schweizer Sicht den gewichtigsten
sig zu einer Aussprache einzuladen. Auf Anfrage
Beitrag zu den Untersuchungen dar.
des FINMA-Verwaltungsrats sollten auch ausserhalb
Mit dem GPK-Bericht wurde die FINMA aufgefor-
dieser Treffen Aussprachen des Verwaltungsratsprä-
dert, bis Ende 2010 zu den sie betreffenden Feststel-
sidenten mit dem Wirtschaftsausschuss des Bundes-
Jahresbericht 2010 | FINMA
rates stattfinden. Das FINMAG verlangt mindestens
Verantwortlichkeiten ist von zentraler Bedeutung.
einmal pro Jahr eine Aussprache der FINMA mit dem
Aufsichtsinstrumente sollten möglichst nur ein Ziel
Bundesrat. Die FINMA erachtet diesen Austausch als
verfolgen, und deren Einsatz sollte von einer Behörde
wertvolles Gegengewicht zu ihrer Unabhängigkeit
verantwortet werden. Auch bei neuen Instrumenten,
und begrüsst daher die Stossrichtung des Vorschlags der GPK ausdrücklich. Auch Gespräche mit einem Ausschuss des Bundesrates erachtet sie als sehr wertvoll. Was die Empfehlungen angeht, nahm die
Aufsichtsinstrumente sollten möglichst nur ein Ziel verfolgen, und deren Einsatz sollte von einer Behörde verantwortet werden.
FINMA zunächst zur Empfehlung 10 Stellung. Diese ist die einzige Empfehlung aus dem Bericht, die sich direkt an die FINMA richtet. Mit der Empfehlung 10
die diskutiert werden, ist es notwendig, dass die
forderten die GPK die FINMA auf, «angesichts der
Kompetenzen und Verantwortlichkeiten klar zuge-
grossen Tragweite dieser Affäre die Frage, wie viel
wiesen werden. Funktionale Überschneidungen oder
die oberste Leitung der UBS von den QIA-Verletzun-
gar eine Vermischung der Zuständigkeiten würden
gen der Bank und ihrer Mitarbeiter wusste, vertieft
die Wirksamkeit der Instrumente infrage stellen und
abzuklären».16
letztlich beide Institutionen schwächen. Schliesslich wies die FINMA mit ihrer Stellung-
Zusammenarbeit zwischen Behörden
nahme an die GPK auch darauf hin, dass nach der
Verschiedentlich wird im GPK-Bericht die behör-
Aufarbeitung der Vergangenheit die zukunftsge-
denübergreifende Zusammenarbeit thematisiert.
richteten Massnahmen für eine bessere Regulierung
Die GPK verlangten eine Klärung von Rollen und
und Aufsicht wichtig sind. Die FINMA hat diese
Kompetenzen. Wie die FINMA in ihrer Stellung-
Arbeiten bereits an die Hand genommen. Der vor-
nahme an die GPK aufzeigte, ist für sie namentlich
liegende Jahresbericht enthält dazu einige Beispiele.
die Aufgabenteilung zwischen SNB und FINMA
Bei entscheidenden Fragen ist aber der Gesetzgeber
wichtig. Die FINMA beurteilt die heutige gesetzliche
gefordert, denn dieser schafft die eigentlichen Rah-
Regelung als grundsätzlich richtig. Die heute bereits
menbedingungen für einen stabilen Finanzplatz und
bestehende klare Zuweisung von Kompetenzen und
eine erfolgreiche Aufsichtstätigkeit.
Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010 Mit Verfügung vom 18. Februar 2009 ordnete
als rechtswidrig. Gemäss Bundesverwaltungsgericht
die FINMA die Herausgabe von knapp 300 Bankkun-
stellen die angerufenen Bestimmungen im Bankenge-
dendaten der UBS an US-Justizbehörden an, um eine
setz keine genügenden gesetzlichen Grundlagen zur
unmittelbar drohende Anklage der UBS durch die
Herausgabe von Bankkundendaten an ausländische
US-Strafbehörde zu verhindern. Die FINMA stützte
Behörden dar. Die FINMA hat gegen den Entscheid
sich in ihrer Verfügung auf Art. 25 und Art. 26 BankG,
des Bundesverwaltungsgerichts beim Bundesgericht
wonach die FINMA befugt ist, bei einer begründeten
Beschwerde eingereicht.
Besorgnis über ernsthafte Liquiditätsprobleme einer Bank Schutzmassnahmen anzuordnen. Mit Entscheid vom 5. Januar 2010 beurteilte das Bundesverwaltungsgericht die Verfügung der FINMA
16
vgl. Kap. «UBS-Cross-BorderGeschäft – mögliche Verfahren gegen frühere Organe der Bank», S. 85
Jahresbericht 2010 | FINMA
25
INTERNATIONALE EINBETTUNG UND AGENDA
Internationale Präsenz der FINMA Die weltweite Vernetzung der Finanzmärkte
es zu einer Schlechterstellung der Institute der ent-
sowie die grenzüberschreitend aktiven Finanz-
sprechenden Staaten, und unter Umständen wird
unternehmen geben der Tätigkeit der FINMA
ihnen gar der Marktzugang erschwert.
sowohl bei den Regulierungsinitiativen als auch bei Aufsichts- und Enforcementaktivitäten eine
Aktives Mitwirken der Schweizer Vertreter
internationale Dimension. Der Beziehungspflege
auf internationaler Ebene
zu ausländischen Aufsichtsbehörden sowie der
Die FINMA vertritt in den genannten Gremien
aktiven Teilnahme an den Arbeiten der internatio-
die Interessen der Schweiz, im BCBS und im FSB teil-
nalen Finanzmarktaufsichtsgremien wie dem Basler
weise zusammen mit der SNB und dem SIF. Über die
Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on
Jahre konnte sich die Schweiz dank eines initiativen
Banking Supervision [BCBS]), der Internationalen
Mitwirkens der SNB und der FINMA Anerkennung
Organisation
auf internationaler Ebene verschaffen. So flossen
der
Wertpapieraufsichtsbehörden
(International Organization of Securities Commis-
beispielsweise ihre Beiträge zur Too-big-to-fail-
sions [IOSCO]), der Internationalen Vereinigung der
Thematik, zur Vergütungsregulierung sowie zur
Versicherungsaufseher (International Association
Versicherungsgruppenaufsicht direkt in die Ent-
of Insurance Supervisors [IAIS]) und dem Financial
wicklung der internationalen Standards ein.
Stability Board (FSB) kommen daher eine besondere Bedeutung zu.
Optimaler Zugang für Schweizer Finanzinstitute zu ausländischen
Hoher Koordinationsaufwand für internationale Regulierungsprojekte Die
notwendigen
Koordinationsarbeiten
Finanzmärkten Angesichts der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen durch Schweizer Finanz-
schränken den Handlungsspielraum bei interna
institute ist der optimale Zugang zu ausländischen
tionalen Initiativen erheblich ein. Eine erfolgreiche
Märkten ein Dauerthema. Der Zugang zu einem oft
Abstimmung unter den verschiedenen Staaten
umfassend regulierten Finanzmarkt eines anderen
verhindert jedoch eine regulatorische Arbitrage
Landes ist in vielen Fällen nur dann möglich, wenn
und trägt damit zur Integrität und Stabilität der
die entsprechenden Institute die Anforderungen
Finanzmärkte auf der ganzen Welt bei. Zwischen
des lokalen Aufsichtsrechts erfüllen. Wie die
den Rahmenbedingungen der einzelnen Länder
Aufsichtsbehörden anderer Länder richtet sich die
bestehen aber nach wie vor teilweise erhebliche
Schweizer Aufsicht sehr stark nach den Richtlinien
Unterschiede.
der internationalen Standardsetzer mit allfälligen Unterschieden in Nebenaspekten. Dennoch gibt es
Weltweit anwendbare Mindeststandards
26
immer wieder kleinere und grössere Unterschiede.
Weltweit anwendbare Mindeststandards sollen
Bereits kleine Abweichungen im Regulierungsansatz
zwar konkret und verbindlich sein, müssen aber
können zu Problemen führen und die Erbringung
den jeweiligen Ländern ausreichend Flexibilität für
von Finanzdienstleistungen für Schweizer Institute
eine wirksame nationale Umsetzung ermöglichen.
im Ausland behindern oder gar verunmöglichen.
Dabei stellen die Mindeststandards für die
Ein Instrument unter mehreren bildet die formelle
Mitgliedsländer kein bindendes Recht dar. Ihre
Anerkennung einer Äquivalenz der Schweizer Regu-
Einhaltung wird indessen immer stärker über Peer
lierung und Aufsicht im Ausland. Die FINMA setzt
Reviews überprüft. Werden in den Regelungen
sich mit Nachdruck dafür ein. Bei einigen Themen
sowie in der Umsetzung Lücken gefunden, kommt
sind Anpassungen des Schweizer Rahmenwerkes
Jahresbericht 2010 | FINMA
aber unumgänglich. Hier ortet die FINMA Hand-
weitergehende Kooperationen, zum Beispiel auf
lungsbedarf und beurteilt mögliche Optionen.
dem Gebiet der Regulierung. Der Austausch über
Auch bei Aufsichtsthemen bestehen interna
die institutsspezifische Aufsicht dient ferner der
tional Berührungspunkte: Im Vordergrund steht der
Vertrauensbildung. Zudem arbeitet die FINMA bei
Informationsaustausch über die Risikoexposition der
der grenzüberschreitenden Verfolgung von Börsen
Institute. Die institutsbezogene Aufsichtstätigkeit
delikten mit den entsprechenden ausländischen
erweist sich nicht selten als Ausgangspunkt für
Behörden zusammen.
Internationale Zusammenarbeit der Schweiz Europäische Union Die FINMA führt mit hochrangigen Vertretern der
sich die Europäische Kommission gegenüber CEIOPS gewillt, die Schweiz – mit Blick auf die Prüfung der
Europäischen Kommission in regelmässigen Abstän-
Gleichwertigkeit nach der Solvency-II-Richtlinie über
den Gespräche und arbeitet mit den Ausschüssen
die Versicherungsaufsicht – in die Liste der Länder
der europäischen Aufsichtsbehörden zusammen
aufzunehmen, deren Aufsichtsregime in einer
– dies auf dem Gebiet der Banken (Committee of
ersten Runde auf Gleichwertigkeit zu prüfen ist.17
European Banking Supervisors [CEBS]), der Ver-
Diese Prüfung ist gegenwärtig im Gang.
sicherungen (Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors [CEIOPS])
International Association of Insurance
und der Wertschriften (Committee of European
Supervisors
Securities Regulators [CESR]). Die FINMA nimmt
Die FINMA beteiligt sich innerhalb der IAIS aktiv
im entsprechenden CEIOPS-Unterausschuss für die
an den Arbeiten des Executive Committee, des
Aufsicht über Versicherungsgruppen als Beobachter
Technical Committee und des Financial Stability
teil, soweit Schweizer Gruppen betroffen sind. Nach
Committee sowie in verschiedenen Subcommittees.
Umwandlung der bestehenden EU-Ausschüsse
Im Oktober 2010 wurde die Vizepräsidentin der
in die europäischen Aufsichtsbehörden European
FINMA zur Vorsitzenden des Technical Committee
Banking Authority (EBA), European Insurance and
gewählt.
Occupational Pensions Authority (EIOPA) und
Im unlängst geschaffenen Financial Stability
European Securities and Markets Authority (ESMA),
Committee der IAIS lag das Hauptaugenmerk 2010
die ab Januar 2011 über erweiterte Kompetenzen
auf der Analyse möglicher systemischer Risiken im
verfügen werden, soll die Zusammenarbeit weiter-
Versicherungssektor sowie auf der Erarbeitung von
geführt und, wo möglich, noch verstärkt werden.
Grundlagen und Instrumenten für die makropru-
Im Frühjahr 2010 führte die FINMA einen umfas-
denzielle Aufsicht. Mit dem Common Framework for
senden Rechtsvergleich zwischen dem schweizeri-
the Supervision of Internationally Active Insurance
schen Finanzmarktrecht und dem entsprechenden
Groups (ComFrame) treibt die IAIS die Schaffung
EU-Acquis durch. Dabei stellte sie je nach Bereich
eines internationalen Rahmens für die Aufsicht
einen unterschiedlichen Grad an Übereinstimmung
über international tätige Versicherungsgruppen
zwischen der schweizerischen Regulierung und den
weiter voran. Unter Leitung der Vizepräsidentin der
EU-Bestimmungen fest. Im Februar 2010 anerkannte
FINMA begann nach Abschluss der Vorbereitungs-
CEIOPS die Gleichwertigkeit der schweizerischen
phase im Sommer 2010 die konkrete Ausarbeitung
Rückversicherungsaufsicht gegenüber der EU-Rück-
der entsprechenden Vorgaben zur Aufsicht über
versicherungsrichtlinie. Im November 2010 zeigte
Versicherungsgruppen.
17
vgl. Kap. «Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln», S. 52
Jahresbericht 2010 | FINMA
27
IOSCO Task Force on Commodity Futures Markets Als Antwort auf die Verlautbarung der G-20-
Anwendung von standardisierten Dokumentationen
Staats- und Regierungschefs der grossen Industrie-
vorsehen, beispielsweise Master Agreements der
und Schwellenländer zu den Energiemärkten von
International Swaps and Derivatives Association
September 2009 setzte die IOSCO die Task Force
(ISDA). Ausserdem empfahl die Task Force verläss-
on Commodity Futures Markets ein, zu deren Mit-
liche Preisinformationen von sogenannten Price
gliedern auch die FINMA gehört.
Reporting Agencies. Die FINMA ihrerseits beantwor-
Um die Transparenz und die Marktstabilität auf
tete zuhanden der G-20-Staaten einen umfassenden
den Energiemärkten, insbesondere den Ölmärkten,
Fragebogen über die Aufsicht der Energiemärkte in
zu erhöhen, erachtet es die G-20 als wichtig, regel-
der Schweiz sowie über die Finanzinstrumente mit
mässig Daten zu veröffentlichen und die Regulie-
Energiebasiswerten, die an schweizerischen Börsen
rung zu verbessern. Die Aufsichtsbehörden sollen
gehandelt werden, insbesondere Futures und Optio-
einen umfassenderen Überblick über die Aktivitäten
nen, aber auch Warrants und strukturierte Produkte.
der Marktteilnehmer in den genannten Bereichen gewinnen.
Die
Eidgenössische
Elektrizitätskommission
(ElCom), das Bundesamt für Energie (BFE) und die
In ihrem Zwischenbericht an die G-20-Staaten
FINMA haben bereits einen Teil der G-20-Empfeh-
von Oktober 2010 regte die Task Force an, dass
lungen umgesetzt, indem sie eine gemeinsame
die Marktteilnehmer für nicht börslich gehandelte
Marktbeobachtung über die Handelsaktivitäten
Transaktionen im Energiemarkt – unter anderem für
im Energie- und Stromsektor der Schweiz18 durch-
Öl und Öldestillate – einen zentralen Datenaufbe-
führten.
wahrungsort (Trade Repository) schaffen sowie die
Fragen der internationalen Bankenregulierung Das BCBS erarbeitete im Nachgang zur Finanzkrise zahlreiche Massnahmen auf mikro- und
schriften will das BCBS die erforderlichen Eigenmittel
makroprudenzieller Ebene, um die Robustheit der
zur Unterlegung der risikogewichteten Aktiven aus
Finanzinstitute dauerhaft zu erhöhen. Die entspre-
Handelsaktivitäten erhöhen. In der Schweiz werden
chenden Regelungen werden unter dem Begriff
die genannten Massnahmen in enger Abstimmung
«Basel III» zusammengefasst und gehen von der
mit anderen nationalen regulatorischen Reformen
Eigenkapitalmessung von Basel II und den diesbe-
zu den Kapital- und Liquiditätsvorschriften bereits
züglichen Eigenmittelanforderungen aus.
per 1. Januar 2011 eingeführt.19
Zeitlich vorgezogene neue
Das Reformpaket «Basel III»
Marktrisikovorschriften «Basel 2.5»
vgl. Kap. «Energiehandel», S. 67 vgl. «Marktrisiken und Verbriefungen» in Kap. «Kapital- und Liquiditätserfordernisse», S. 44 f.
18 19
28
«Basel 2.5» bekannt. Mit den neuen Marktrisikovor-
Die FINMA ist in den massgebenden Arbeits-
Die Eigenkapitalanforderungen von Basel II
gruppen des BCBS aktiv vertreten, welche die
hinsichtlich der Behandlung von Marktrisiken
verschiedenen Massnahmen im Detail ausarbeiteten
waren letztmals im Jahr 2009 angepasst worden.
und zu einem Grossteil im Jahr 2010 zum Abschluss
Die neuen Marktrisikovorschriften sollen nach BCBS
brachten. Das vorgeschlagene Reformpaket – die
per 31. Dezember 2011, also vor Basel III, eingeführt
Basis von Basel III – wurde vom BCBS im Dezember
werden und sind deshalb auch unter dem Begriff
2009 mit einem Konsultationspapier der Öffentlich-
Jahresbericht 2010 | FINMA
keit zur Stellungnahme unterbreitet. Im Juli 2010
fest. Am Gipfeltreffen der G-20 von November 2010
einigte sich das Führungsorgan des BCBS – die
in Seoul befürworteten die Staats- und Regierungs-
Governors and Heads of Supervision (GHOS) –
chefs die neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken
auf die wichtigsten Ausgestaltungselemente des
(Basel III) mit einem Umsetzungsplan bis 2019.20
Reformpakets. Diese Gruppe der Zentralbankprä-
Das BCBS verabschiedete bei seiner Sitzung im
sidenten und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen
Dezember 2010 das Regelwerk Basel III (Rules Text)
legte in ihrer Sitzung von September 2010 die
zu Liquidität und Eigenkapital, das anschliessend
Kalibrierung und die Umsetzung der Massnahmen
durch die GHOS genehmigt wurde.
Revision des Regulierungs- und Aufsichtsrahmens für Verwalter alternativer Investmentfonds Auch der Fondsmarkt ist von den laufenden
halten werden, die materiell in einigen Bereichen
Regulierungsinitiativen auf internationaler Ebene
weit über die IOSCO-Prinzipien hinausgehen. Dies
betroffen. Insbesondere der regulatorische Hand-
wird allerdings ohne eine Anpassung der schweize-
lungsbedarf im Bereich der Hedge Funds wird seit
rischen Revision des Regulierungs- und Aufsichts-
der Finanzkrise intensiv untersucht. Unter schwei-
rahmens für Verwalter alternativer Investmentfonds
zerischer Beteiligung erarbeitete die IOSCO sechs
nur schwer gelingen.21
Prinzipien zur Regulierung und Überwachung von Hedge Funds. Diese sehen namentlich erhöhte
Handlungsbedarf in der Schweiz
Transparenzpflichten gegenüber dem investieren-
Unabhängig von der Situation auf internationa-
den Kunden sowie gegenüber den Aufsichtsbe-
ler Ebene besteht auch in der Schweiz Handlungs-
hörden vor. Dazu gehören aber auch prudenzielle
bedarf. Die Schweiz hat zu entscheiden, wie sie
Anforderungen, beispielsweise auf dem Gebiet des
sich zu den Vorschriften der AIFM-Richtlinie stellt.
Risikomanagements. In der EU wurde eine Richt-
Diese gehen in einigen Bereichen weit über die
linie zu Verwaltern alternativer Investmentfonds
Anforderungen der IOSCO, die Bestimmungen des
(Alternative Investment Fund Managers Directive
Kollektivanlagengesetzes und der UCITS-Richtlinie
[AIFM-Richtlinie]) verabschiedet, die alle nicht
hinaus.
EU-kompatiblen kollektiven Kapitalanlagen betrifft.
Hinsichtlich eines allfälligen Systemrisikos von
Ziel der AIFM-Richtlinie ist es, analog zur bestehen-
Hedge Funds beteiligt sich die Schweiz aktiv an den
den UCITS-Regulierung in der EU einen einheitlichen
weltweiten Erhebungen der IOSCO und hat dazu
Markt für alternative Anlagen zu schaffen. Nach
bereits zwei Umfragen unter Schweizer Fondsmana-
der endgültigen Fassung der Richtlinie wird dieser
gern durchgeführt. Angesichts der grenzüberschrei-
«EU-Pass» auch Nicht-EU-Anbietern zugänglich
tenden Struktur des Geschäfts ist eine internationale
sein, einschliesslich jenen aus der Schweiz, jedoch
Koordination wichtig.
unter der Bedingung, dass die Vorschriften einge-
vgl. hierzu detaillierte Angaben zum internationalen Regulierungsrahmen für Banken (Basel III): http://www.bis.org/ bcbs/basel3.htm 21 vgl. EBK-Jahresbericht 2008, S. 72 20
Jahresbericht 2010 | FINMA
29
Supervisory Colleges Die Zuständigkeiten einer nationalen Aufsichts-
menarbeit von Aufsichtsbehörden im Rahmen von
behörde enden nicht an der Landesgrenze. Der
Supervisory Colleges zu institutionalisieren. Diese
«Home Regulator» – in der Regel am Ort der Leitung
vom jeweiligen Home Regulator einberufenen
einer Finanzgruppe – überwacht deren ausländi-
Treffen zu einem grenzüberschreitend aktiven Ins-
sche Geschäftstätigkeiten zusammen mit dem pro
titut bringen alle betroffenen Aufsichtsbehörden
Land jeweils zuständigen «Host Regulator». Dabei
regelmässig mit dem obersten Management des
ist ein angemessener Informationsfluss zwischen
Instituts zusammen. Dabei erfolgt unter anderem
den beteiligten Aufsichtsbehörden sicherzustellen.
ein Meinungsaustausch zwischen der Leitung der
So kann der Host Regulator die Risikoexpositionen
Gruppe und den Aufsichtsbehörden. Die FINMA,
des ihm unterstellten Instituts im Ausland besser
die massgeblich an der Entwicklung der entspre-
beurteilen, während der Home Regulator einen
chenden Standards des BCBS und der IAIS beteiligt
besseren Einblick in die Geschäftstätigkeit und
war, hat inzwischen für mehrere Institute Super
Strategie auf konsolidierter Gruppenstufe erhält.
visory Colleges geleitet und selbst an Colleges von
Die FINMA hat bereits mehrjährige Erfahrung
ausländischen Gruppen mit Geschäftstätigkeit in
mit entsprechenden Koordinationsgremien. Der
der Schweiz teilgenommen. Zudem organisierte sie
enge Kontakt, insbesondere zu den britischen
für die grossen Schweizer Banken Crisis Manage-
und US-amerikanischen Behörden, erwies sich
ment Colleges. Gegenstand der entsprechenden
gerade während der Finanzkrise als ausgesprochen
Treffen waren Vorkehrungen zur Krisenbewälti-
wirkungsvoll. Die internationalen Gremien, wie FSB, BCBS
gung. Für die grossen Versicherer sind für 2011 ähnliche Treffen geplant.
und IAIS, empfehlen ihren Mitgliedern, die Zusam-
Internationale Amtshilfe
30
In den letzten Jahren erhielt die FINMA immer
neu auch zu Fragen wie konsolidierte Aufsicht,
mehr Anfragen von ausländischen Behörden,
Supervisory Colleges, Kooperation in Krisenfällen,
welche die Zusammenarbeit mit ihr suchten. Diese
Cross-Border-Tätigkeiten oder Outsourcing um
Tendenz verstärkte sich 2010 in allen Zuständig-
Informationen und Zusammenarbeit gebeten.
keitsbereichen der FINMA. Die internationale
Im Börsenbereich ist es der FINMA nach jahre-
Zusammenarbeit beschränkt sich nicht mehr nur
langen Bemühungen im Februar 2010 gelungen,
auf Ersuchen um Informationsaustausch im Rah-
im Multilateral Memorandum of Understanding
men von Untersuchungen einzelner deliktischer
(MMoU) der IOSCO über die gegenseitige Zusam-
Handlungen. Immer häufiger betrifft sie auch
menarbeit und den Informationsaustausch zwi-
andere Sachverhalte, zu denen die ausländischen
schen den Börsenaufsichtsbehörden den Status
Behörden die Informationshilfe der FINMA und die
eines A-Signatars zu erlangen. Im Gegenzug
Zusammenarbeit mit ihr wünschen. Neben den übli-
werden auf internationaler Ebene die Erwartungen
chen Anfragen, die grösstenteils den Börsenbereich
an die FINMA zunehmen, sowohl im Hinblick auf
betreffen, beispielsweise bezogen auf Tatbestände
die Zahl der Gesuche als auch auf den Umfang der
wie Insiderhandel, Kursmanipulation oder Verlet-
angeforderten Informationen. Die Statusänderung
zung von Offenlegungspflichten, wird die FINMA
konnte die Schwierigkeiten mit der EU aber nicht
Jahresbericht 2010 | FINMA
beseitigen. Die Schweizer Amtshilfepraxis wird vom
seines Namens aber verweigern darf, stösst zu
CESR und von seinen Mitgliedern nach wie vor
Recht auf Unverständnis seitens der ausländischen
kritisiert.
Behörden.
Im Zentrum steht dabei das schweizerische
Aufgrund der raschen Veränderungen im
Kundenverfahren selbst sowie die spezifische Rege-
Bereich der internationalen Zusammenarbeit erwei-
lung bei Verwaltungsvollmachten («unverwickelter
sen sich die schweizerischen Rechtsgrundlagen als
Dritter» ). 22
Zu restriktive Schweizer Rechtsgrundlagen Das
Bundesverwaltungsgericht
hiess
zwei
Im Börsenbereich ist es der FINMA gelungen, im MMoU der IOSCO den Status eines A-Signatars zu erlangen.
Entscheide der FINMA gut und bestätigte dadurch, dass die Organe einer Offshore-Gesellschaft keine «unverwickelte Dritte» darstellen und die Ange-
zu restriktiv, um eine geeignete Zusammenarbeit im
stellten eines externen Vermögensverwalters im
Interesse des Schweizer Finanzplatzes zu ermögli-
Amtshilfeverfahren keine Parteistellung haben.
chen – dies nicht nur hinsichtlich der Amtshilfe im
Zugleich hielt das Bundesverwaltungsgericht aber
Börsenbereich, sondern auch bezogen auf die kon-
fest, dass bei Verwaltungsvollmachten der externe
solidierte Aufsicht und die grenzüberschreitenden
unabhängige Vermögensverwalter im Verfahren
Prüfungen. Die FINMA informierte den Bundesrat
über eine Parteistellung verfügt. Die Tatsache, dass
über die negativen Folgen dieser Rechtslage, damit
ein professioneller Vermögensverwalter bzw. ein
eine Gesetzesrevision in Erwägung gezogen werden
Finanzintermediär auf den ausländischen Märkten
kann.
tätig sein kann, die unmittelbare Übermittlung
22
vgl. Bericht der FINMA «Internationale Amtshilfe im Börsenbereich», Abschnitt 6.2, S. 19 (http://www.finma.ch/ d/aktuell/Documents/ Amtshilfebericht_ 20090916_d.pdf)
Jahresbericht 2010 | FINMA
31
REGULIERUNG UND AUFSICHT
GENERELLE THEMEN
Aufsichtskonzepte Die FINMA strebt entsprechend ihren vom Bun-
kung für Gläubiger, Anleger, Versicherte sowie für
desrat genehmigten strategischen Zielen eine effek-
das Gesamtsystem und die Reputation des schwei-
tive und effiziente Aufsicht an. Zur Umsetzung hat
zerischen Finanzplatzes in sechs Aufsichtskatego-
die Aufsichtsbehörde daher Arbeiten zur Optimie-
rien eingeteilt. Dabei zeichnen sich Beaufsichtigte
rung und Neuausrichtung ihrer Aufsichtskonzepte in
der Kategorie 1 durch grosse, auch globale Relevanz
den jeweiligen Aufsichtsbereichen aufgenommen.
und entsprechend bedeutende Risiken auf den
Die FINMA verfügt im Verhältnis zu ihren
verschiedenen Ebenen aus. Das Risikopotenzial der
vielfältigen Aufgabengebieten und den hohen
Institute in den weiteren Kategorien nimmt stufen-
Anforderungen in vielen Aufsichtsbereichen über
weise bis zur Kategorie 5 ab; die Marktteilnehmer in
knappe personelle Ressourcen. Ein verantwortungs-
der risikoarmen Kategorie 6 werden nicht pruden-
voller und schonender Umgang mit den finanziellen
ziell beaufsichtigt.
Mitteln bedingt daher, dass die Ressourcen der
Neben der Einteilung in Risikokategorien erhält
Aufsichtsbehörde auf jene Aufgaben konzentriert
jedes Institut ein internes Rating, das die Einschät-
werden, die wegen der ihnen zugrunde liegenden
zung der FINMA zu dessen aktueller Verfassung
Risiken erhöhte Aufmerksamkeit verlangen. Ein
darstellt. Aufgrund dieser beiden Grössen – Katego-
wichtiges Element bildet die konsequente Verfol-
risierung und Institutsrating – werden die Aufsichts-
gung eines risikobasierten Ansatzes in sämtlichen
konzepte, die Aufsichtsintensität, der Einsatz der
Aufsichtsbereichen der FINMA. Die verschiede-
Aufsichtsinstrumente sowie das Zusammenwirken
nen Aufsichtsgesetze räumen der FINMA einen
zwischen direkter Aufsicht durch die FINMA und
Handlungsspielraum bezüglich Gewichtung der
Einsatz der Prüfgesellschaften für die einzelnen
Überwachungsintensität der einzelnen Institute ein.
Institute festgelegt.
Dieser Handlungsspielraum soll in Zukunft unter
Mit diesem Aufsichtsansatz strebt die FINMA
Berücksichtigung der von den Instituten ausgehen-
in Zukunft eine differenziertere Aufsicht und eine
den Risiken konsequenter genutzt werden.
effizientere Zuteilung der Aufsichtsressourcen an.
Aufgrund der geschilderten Ausgangslage hat die FINMA alle Beaufsichtigten nach ihrer Risikowir-
Vorschläge zur Lösung des Too-big-to-fail-Problems
34
Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zeigte
Ansteckungsrisiken für das gesamte Finanzsystem
deutlich, dass vom Ausfall einzelner Unternehmen
führen dazu, dass die beiden Schweizer Grossban-
des Finanzsektors für eine Volkswirtschaft ein
ken einen faktischen Bestandesschutz geniessen.
erhebliches Systemrisiko ausgehen kann. Damit
Gegenüber nicht systemrelevanten sowie kleineren
für die Volkswirtschaft wichtige Bankfunktionen
Banken führt dies zu einer Verzerrung des Wett-
aufrechterhalten werden, mussten systemrelevante
bewerbs. Zudem sind disziplinierende Marktme-
Banken in der Krise vom Staat unterstützt werden.
chanismen ausser Kraft gesetzt und die Chancen
Sie waren «too big to fail». Ihre Grösse in Bezug
von den Risiken entkoppelt. Durch die globalen
auf Marktanteil und Bilanzsumme, die fehlende
Bankenrettungspakete blieben das Management
kurzfristige Ersetzbarkeit ihrer Leistungen, ihre
und die Investoren von den Verlusten, die sich aus
internationale Vernetzung und die Angst vor
ihren Entscheidungen ergaben, teilweise verschont.
Jahresbericht 2010 | FINMA
International suchen Zentralbanken, Bankenauf
System der beruflichen Vorsorge zu stützen, wären
seher und Politiker zurzeit nach Lösungen des Too-
die Lebensversicherer von den entsprechenden
big-to-fail-Problems. Ziel ist es, durch geeignete
Massnahmen betroffen, da sie bei der beruflichen
Vorbereitungsmassnahmen auch systemrelevante
Vorsorge Rückdeckung gewähren. Ein solch sozial
Banken in einer Krise geordnet zu sanieren oder
politisch motivierter Staatseingriff ist jedoch von
zu liquidieren. Zudem müssen die Eigner und die
einem untragbaren Systemrisiko für den Finanzplatz
Gläubiger wieder einkalkulieren, dass sie – bei
und die Realwirtschaft, wie es im Zusammenhang
durchaus realistischen Konkursszenarien – die Ver-
mit Banken diskutiert wird, zu unterscheiden.
luste aus ihren Investitionsentscheidungen selbst
Im Gegensatz zu den Banken gehen auch Rating
zu tragen haben. Dies sollte ihre Risikobereitschaft
agenturen für ihre Einschätzung der Bonität nicht
senken und zur Stabilität des Finanzsektors beitra-
von einer faktischen Staatsgarantie für die grossen
gen. Nachdem die UBS im Oktober 2008 mit einer
Versicherer aus. Dies schliesst jedoch nicht endgültig
Pflichtwandelanleihe der Eidgenossenschaft und
aus, dass auch im Versicherungssektor systemische
einer Vermögenswertübertragung auf die SNB
Risiken zutage treten können, insbesondere über
hatte gestützt werden müssen, setzte der Bundes-
versicherungsfremde und bankähnliche Aktivitäten.
rat am 4. November 2009 die «Expertenkommission
Da sich das bestehende Aufsichtsregime im Versi-
zur Limitierung volkswirtschaftlicher Risiken durch
cherungsbereich – gestützt durch das traditionelle
Grossunternehmen» ein. In dieser Kommission
Geschäftsmodell der Versicherungsunternehmen
nahmen unter anderem Vertreter von Schweizer
– grundsätzlich als angemessen erweist, drängen
Finanzunternehmen, der Eidgenössischen Finanz-
sich heute keine grundlegenden Änderungen
verwaltung (EFV), der SNB und der FINMA Einsitz.
des Aufsichtskonzepts für Versicherungen auf. Im Rahmen ihrer Untersuchungen für die Exper-
Schlussbericht der Expertenkommission In ihrem am 4. Oktober 2010 veröffentlichten
tenkommission veröffentlichte die FINMA im Juni 2010 ein Arbeitspapier mit dem Titel «Systemische
umschrieb die Expertenkommis-
Risiken im Versicherungssektor? Betrachtungen
sion zunächst den von ihr verwendeten Begriff
mit Fokus auf die schweizerische Assekuranz»24.
Schlussbericht
23
der systemischen Relevanz. Nach jener Definition
Gezielte Verbesserungen im Aufsichtsregime sind
ist ein Unternehmen systemisch relevant, wenn
im Rahmen der allgemeinen Weiterentwicklung der
es aufgrund seiner Grösse, seiner Marktkonzent-
Versicherungsaufsicht vorzunehmen.
ration und Vernetzung mit einer Vielzahl weiterer Marktteilnehmer sowie wegen der fehlenden kurz-
Von der Expertenkommission empfohlene
fristigen Substituierbarkeit der von ihm erbrachten
Kernmassnahmen
Leistungen für die Volkswirtschaft unverzichtbar
Der beschriebenen Situation entsprechend,
ist. Im Schweizer Finanzsektor erfüllen zurzeit die
richtete die Expertenkommission ihr Hauptaugen-
beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse diese
merk auf den Bankensektor. Sie schlug für die
Kriterien. Obwohl der Versicherungssektor für die
Schweiz geeignete und zugleich tragbare Massnah-
Schweizer Gesamtwirtschaft unzweifelhaft von
men vor, mit denen systemrelevante Banken ihre
wesentlicher Bedeutung ist, ortete die Experten-
Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen erhöhen.
kommission hinsichtlich der genannten Massstäbe
Sollte eine systemrelevante Bank scheitern, gilt
im schweizerischen Versicherungssektor unter den
es, ihren Marktaustritt unter Fortführung der
heutigen Gegebenheiten weder eine Too-big-to-
systemrelevanten Funktionen bei gleichzeitiger
fail- noch eine Too-big-to-be-rescued-Situation.
Vermeidung staatlicher Beihilfen zu gewährleis-
Müsste der Staat aufgrund sozialpolitischer
ten. Die Expertenkommission schlägt dazu in den
Überlegungen eingreifen, beispielsweise, um das
Bereichen Eigenmittel, Liquidität, Risikoverteilung
23 vgl. http://www.sif.admin.ch/ dokumentation/00514/00519/ 00592/ 24 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ wp_juni2010_systemische risiken-im-versicherungssektor_ 20100628_d.pdf
Jahresbericht 2010 | FINMA
35
und Organisation vier sich gegenseitig ergänzende
umgewandelt oder entsprechend abgeschrieben
Kernmassnahmen vor. Von Grössenbegrenzungen
werden. Falls CoCos für Teile des Puffers zum
oder gar der Zerschlagung der Grossbanken sahen
Einsatz kommen, werden diese bei einem Trigger
die Vertreter der Kommission ebenso ab wie von
von sieben Prozent gewandelt, um das Abgleiten
umfassenden strukturellen Eingriffen. Verworfen
der Bank in die Sanierungs- bzw. Liquidationsphase
wurden zudem Steuerlösungen, wie sie zum Teil in
(Recovery bzw. Resolution) zu verhindern. Für
Europa erörtert werden. Nach Meinung der Exper-
CoCos in der progressiven Komponente schlägt die
tenkommission leisten solche Ansätze keinen wirk-
Expertenkommission einen Trigger von fünf Prozent
samen Beitrag zur Finanzstabilität und setzen ohne
vor, um für den Fall der Resolution ausreichend
glaubhafte Konkursdrohung sogar Fehlanreize.
Mittel zur Weiterführung der systemrelevanten
Erhöhte Eigenmittelanforderungen
Verfügung zu haben.
Funktionen sowie zur Abwicklung der Restbank zur Die erste Kernmassnahme sieht vor, die Eigenmittelanforderungen an die beiden Grossbanken qualitativ und quantitativ deutlich zu erhöhen.
Verschärfte Liquiditätsanforderungen Im Rahmen der zweiten Kernmassnahme bestätigt die Expertenkommission die bereits Ende Juni 2010 umgesetzten verschärften Liquiditätsanfor-
Die Expertenkommission schlägt in den Bereichen Eigenmittel, Liquidität, Risikoverteilung und Organisation vier sich gegenseitig ergänzende Kernmassnahmen vor.
derungen an die beiden Schweizer Grossbanken. Für UBS und Credit Suisse gelten seither Liquiditätsvorschriften, nach denen die in einem strengen Szenario geschätzten Liquiditätsabflüsse während mindestens 30 Tagen aus eigener Kraft zu decken
Die Anforderungen unterteilen sich künftig in eine
sind. 26
Basisanforderung, einen Puffer zur Abfederung grösserer Verluste sowie eine progressive Komponente, die mit zunehmender Systemrelevanz der
Senkung der Risikokonzentration Im Bereich der Risikoverteilungsvorschriften fordert die Expertenkommission als dritte Kernmass-
betroffenen Banken ansteigt. Die Höhe der Anforderungen wird sowohl
nahme eine Senkung der Risikokonzentration ande-
als auch
rer Banken gegenüber systemrelevanten Instituten
mithilfe der Leverage Ratio auf der Grundlage nicht
und umgekehrt. Flankierend dazu ist beabsichtigt,
auf Basis der risikogewichteten Aktiven
25
risikogewichteter Aktiven bemessen. Mindestens
die verschiedenen operationellen Abhängigkeiten
zehn Prozent der risikogewichteten Aktiven müssen
kleinerer Banken gegenüber systemrelevanten
aus Eigenmitteln der höchsten Qualität (Common
Instituten zu senken.
Equity) bestehen. Die Anforderungen des Puffers können in Höhe von bis zu 35 Prozent mit beding-
Mithilfe von Zuschlagsfaktoren können dabei auch Ausser bilanzgeschäfte berücksichtigt werden. 26 vgl. «Neues Liquiditätsregime für Schweizer Grossbanken» in Kap. «Kapital- und Liquiditätserfordernisse», S. 44 25
36
Organisatorische Anforderungen
ten Pflichtwandelanleihen (Contingent Convertible
Einen wesentlichen Teil des Gesamtpakets
Bonds [CoCos]) erfüllt werden. Die progressive
stellen schliesslich die organisatorischen Anforde-
Komponente, die sich nach gegenwärtigem Stand
rungen an systemrelevante Banken dar. Die Exper-
auf etwa sechs Prozent der risikogewichteten
tenkommission verlangt von solchen Banken, dass
Aktiven für jede der beiden Grossbanken belaufen
die Weiterführung systemrelevanter Funktionen
wird, darf vollständig aus CoCos bestehen. Bei den
auch im Fall drohender Insolvenz sichergestellt ist.
CoCos handelt es sich um neue Kapitalinstrumente,
Als systemrelevant gelten insbesondere der Zah-
die beim Unterschreiten vordefinierter Eigenkapi-
lungsverkehr sowie das inländische Einlagen- und
talquoten (Triggers) automatisch in Eigenkapital
Kreditgeschäft. In diesem Zusammenhang sollen
Jahresbericht 2010 | FINMA
die Eigenmittel einen wichtigen Beitrag leisten,
men ihre Geschäftsmodelle sowie die rechtlichen
dass im Falle einer Herauslösung der systemrele-
bzw. organisatorischen Strukturen vereinfachen
vanten Funktionen sowohl der neue Rechtsträger,
und harmonisieren. Wichtige Daten und Dienst-
auf den diese Funktionen übertragen werden, als
leistungen müssen umfassend und zeitgerecht zur
27
auch die in der Restbank verbleibenden Teile über
Verfügung stehen. Ferner sind die Abhängigkeiten
eine solide Kapitalisierung und eine entsprechend
und Ansteckungsrisiken innerhalb des Konzerns zu
hohe Überlebensfähigkeit verfügen. Aus Gründen
verringern. Werden geografische Ungleichgewichte
der Verhältnismässigkeit im Rahmen von verfas-
minimiert und sind die Aktiven dort belegen, wo
sungsmässig geschützten Rechten – konkret der
die Verbindlichkeiten bestehen (Self-Sufficiency),
Wirtschafts- und Eigentumsfreiheit – ist es primär
kann das Risiko des «Ring Fencing» nationaler
Aufgabe der jeweiligen Bank, die erforderlichen
Aufsichtsbehörden deutlich herabgesetzt werden.
organisatorischen Vorkehrungen zu treffen (Sub-
Ergänzend zum dargestellten Anreizsystem, wird
sidiaritätsprinzip). Kann die Bank hingegen keine
die Sanier- und Liquidierbarkeit systemrelevanter
wirksamen Massnahmen nachweisen, zum Beispiel
Banken auch im Rahmen des Bankinsolvenzrechts
eine überzeugende und nachvollziehbare Notfall-
verbessert, das gegenwärtig revidiert wird. 28
planung (Recovery and Resolution Plan [RRP]), muss die FINMA diese anordnen.
Die Umsetzung einzelner von der Expertenkommission vorgeschlagener Massnahmen setzt eine Änderung des Bankengesetzes voraus. Daher
Brückenbank und Anreizsystem Spätestens, wenn eine Bank die Eigenmittel-
hat die Expertenkommission einen entsprechenden Entwurf für eine Teilrevision vorgelegt, der
quote von fünf Prozent unterschreitet, sollten sich
als Grundlage für die weiteren gesetzgeberischen
die systemrelevanten Funktionen in kurzer Zeit auf
Arbeiten dienen kann.
einen unabhängigen Rechtsträger, eine sogenannte
Der Bundesrat gab an seiner Sitzung vom
Brückenbank, übertragen lassen. Zugleich sind die
22. Dezember 2010 Gesetzesvorschläge für den
CoCos in Common Equity umzuwandeln, damit
Umgang mit Systemrisiken von Grossbanken in
die Umsetzung der Notfallplanung finanziell gesi-
die Vernehmlassung. Der Entwurf für eine ent-
chert ist. Übertrifft eine Bank die an sie gestellten
sprechende Änderung des Bankengesetzes stützt
organisatorischen Mindestanforderungen und ver-
sich auf die Vorschläge der Expertenkommission.
bessert somit die Sanier- und Liquidierbarkeit der
Um die Ausgabe von neuem Vorrats- und Wand-
Gesamtbank, so wird dies durch einen Abschlag
lungskapital in der Schweiz zu fördern, schlägt der
bei
Bundesrat zudem steuerliche Massnahmen vor. Die
der
progressiven
Eigenmittelkomponente
honoriert. Zu diesem Zweck sollten die Unterneh-
Vernehmlassung dauert bis zum 23. März 2011.
27
28
vgl. Kap. «Änderungen des Bankengesetzes», S. 47 vgl. Kap. «Änderungen des Bankengesetzes» und Kap. «Bankensanierungsverordnung», S. 47
Jahresbericht 2010 | FINMA
37
Zunahme der Rechts- und Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft Die FINMA erachtet das grenzüberschreitende
Quellen von Rechts- und Reputationsrisiken
Finanzdienstleistungsgeschäft und die damit ver-
Die Quellen von Rechts- und Reputationsrisiken
bundenen Entwicklungen als strategisch wichtig.
im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsge-
2009 hatte die FINMA ihr Hauptaugenmerk in die-
schäft sind vielfältig. Häufig liegen sie im auslän-
sem Bereich auf das grenzüberschreitende Vermö-
dischen Aufsichtsrecht begründet. Dort bestehen
gensverwaltungsgeschäft der Banken und die dies-
primär zwei Risikobereiche: Der eine betrifft die
bezüglichen Rechts- und Reputationsrisiken gelegt.
grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienst-
2010 stand das Geschäft der Lebensversicherer mit
leistungen, der andere das grenzüberschreitende
im Ausland ansässigen Kunden im Vordergrund.
Angebot von Finanzprodukten. Beides wird in
Besondere Aufmerksamkeit galt dabei dem Geschäft
vielen Rechtsordnungen an restriktive Bedingungen
mit sogenannten Versicherungsmänteln (Wrapper-
– zum Beispiel physische Präsenz, Registrierung oder
Geschäft). Neben einer Grundlagenanalyse führte
Zulassung, Prospektpflicht – geknüpft. Während die
die FINMA bei einer Auswahl Beaufsichtigter eine
Schweiz im Bankensektor vergleichsweise weniger
Bestandesaufnahme sowie teilweise auch Vor-Ort-
Schranken für ausländische Marktteilnehmer kennt,
Prüfungen durch. Nach Abschluss dieser Arbeiten
sind in gewissen Ländern bereits relativ einfache
prüfte die FINMA verschiedene Handlungsalterna-
Aktivitäten eingeschränkt oder verboten, beispiels-
tiven und beschloss im Herbst 2010, ihren Stand-
weise unerbetene Telefonanrufe. Solche Vorschrif-
punkt in einem Positionspapier darzulegen. Dieses
ten hemmen im Ergebnis den Zugang zu ausländi-
richtet sich an die von der FINMA überwachten
schen Märkten. Sie rufen bei Missachtung für die
Banken, Versicherungen, Effektenhändler sowie
betroffenen Institute und gegebenenfalls für deren
die prudenziell überwachten Bewilligungsträger
Mitarbeitende erhebliche Rechts- und Reputations-
nach Kollektivanlagengesetz, die grenzüberschrei-
risiken hervor und können sowohl verwaltungs- als
tend tätig sind. Im Positionspapier werden die
auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Risikobereiche aufgezeigt und die Erwartungen
Oft ergeben sich aus Aufsichtsrechtsverletzungen
der Aufsicht formuliert. Die Umsetzung dieser für
für die Institute auch zivilrechtliche Haftungsrisiken.
das grenzüberschreitende Geschäft konkretisierten
Besonders verwundbar sind Institute, die denselben
aufsichtsrechtlichen Anforderungen wird über den
Markt zugleich auch über Tochtergesellschaften
Aufsichtsprozess mit den Beaufsichtigten vermehrt
bzw. Niederlassungen vor Ort (onshore) bedienen
zur Sprache gebracht. Die von der FINMA vertretene
oder andere relevante Beziehungen zu einem Land
Position wird sich künftig auch in ihrer Enforcement-
unterhalten. Auf dem Gebiet des Steuer- und Straf-
praxis niederschlagen.
rechts besteht das Risiko, dass ein Finanzintermediär
Die Rechts- und Reputationsrisiken, die im
oder dessen Angestellte nach ausländischem Recht
grenzüberschreitenden Geschäft als Folge von
zu strafbaren Teilnehmern – zum Beispiel zu Gehilfen
Verletzungen oder Umgehungen ausländischer
oder Anstiftern – an Steuerdelikten ausländischer
Vorschriften entstehen können, nahmen in den
Kunden werden. Je nach Rechtsordnung kann sogar
vergangenen Jahren merklich zu. Dies liegt weniger
ein Verhalten strafbar sein, das ausschliesslich oder
an schärferen ausländischen Regulierungen als
überwiegend ausserhalb dieses Landes, beispiels-
vielmehr an deren konsequenterer Durchsetzung.
weise auf Schweizer Territorium, stattgefunden hat.
Zudem haben sich die Beweiserhebungsmethoden
Häufige grenzüberschreitende Aktivitäten und die
ausländischer Behörden teilweise gewandelt.
wiederholte physische Präsenz von Institutsvertretern können ferner eine Steuerpflicht des Finanz
38
Jahresbericht 2010 | FINMA
intermediärs selbst auslösen. Im Steuerbereich ist
mögenswerten missbraucht werden, die bei einer
auch der U.S. Foreign Account Tax Compliance Act
Bank deponiert sind, mit dem Zweck einer illegalen
(FATCA) zu erwähnen. Damit führen die Vereinigten
Steuerverkürzung oder Umgehung erb- und kon-
Staaten per 1. Januar 2013 ein neues Quellensteu-
kursrechtlicher Verpflichtungen. Dem ist so, weil
erregime ein, das sehr weitreichende Auswirkungen
nach Zeichnung der Police durch den Kunden neu
auch auf Schweizer Finanzintermediäre haben
der Versicherer als Vertragspartner der Bank auftritt
wird. Das Vorhaben ist geeignet, die Rechts- und
und dieser aufgrund einer Lücke in der Vereinba-
Reputationsrisiken der Finanzinstitute noch einmal
rung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht
empfindlich zu erhöhen. Weitere Risiken können
der Banken (VSB) bisher keine Erklärung über die
sich aus dem ausländischen Geldwäschereirecht,
wirtschaftliche Berechtigung abgeben musste. Die
aus zivil-, kollisions- und prozessrechtlichen Normen
FINMA-Mitteilung 9 vom 27. April 2010 mit dem
sowie aus dem übrigen Wirtschaftsrecht gewisser
Titel «Behandlung von Insurance Wrappers nach
Staaten ergeben.
Geldwäschereigesetz»29 verminderte die Möglichkeiten der Verschleierung, indem sie die Feststellung
Das Geschäft mit Versicherungsmänteln
der wirtschaftlichen Berechtigung an den mit dem
Die genannten Risiken bestehen grundsätzlich
Versicherungsmantel verbundenen Vermögenswer-
auch im Geschäft mit Versicherungsmänteln.
ten vorschreibt. Die Versicherer bleiben unabhängig
Dabei handelt es sich um Versicherungsverträge,
davon und in jedem Fall für die Erfüllung ihrer Iden-
bei denen die Prämie in Form eines Wertschrif-
tifikationspflichten verantwortlich. Die Mitteilung 9
tendepots eingebracht wird. Die entsprechenden
hat einige Fragen aufgeworfen. Nach Diskussionen
Produkte werden häufig über im Ausland lizenzierte
mit Vertretern der Banken- und Versicherungs-
Tochtergesellschaften von Schweizer Versicherern
branche präzisierte die FINMA die Pflichten der
vertrieben. Vielfach sind diese Produkte auf die
jeweils betroffenen Finanzintermediäre in der
zivil-, aufsichts- und steuerrechtlichen Anforderun-
FINMA-Mitteilung 18 vom 30. Dezember 2010 mit
gen des jeweiligen Wohnsitzlandes des Kunden
dem Titel «Behandlung von Lebensversicherungen
zugeschnitten und bieten diesem dadurch legale
mit separater Konto-/Depotführung»30. Diese neue
Steuerprivilegien. Es ist aber zu beachten, dass die
Mitteilung löste die Mitteilung 9 ab.31 In die neue
steuerrechtliche Privilegierung des Produkts nicht
Mitteilung flossen die mit der Mitteilung 9, die mit
zwingend einen Rückschluss auf die Steuerkon-
der gesamten Thematik der Insurance Wrappers
formität des Versicherungsnehmers selbst zulässt.
gewonnenen Erfahrungen sowie die in der Diskus-
Daneben gibt es auch Produkte, die den Anforde-
sion mit Branchenvertretern erlangten Ansichten
rungen an eine Lebensversicherung im Domizilland
ein. Die Mitteilung 18 bezweckt, einen angemesse-
des Kunden nicht genügen und deshalb steuerlich
nen Umgang mit solchen Produkten sicherzustellen.
nicht privilegiert behandelt werden. Zudem unterliegen sie auch dem Risiko der Rechtsänderung.
Angemessene Erfassung, Begrenzung
Zwar decken solche Versicherungen legitime und
und Überwachung der Risiken
nachvollziehbare Bedürfnisse ab, jedoch wird
Vorbehaltlich
spezifischer
Anforderungen
deren Vermittlung während sensitiver Phasen (bei-
des Versicherungsaufsichtsgesetzes statuiert das
spielsweise Steueramnestien) als besonders heikel
schweizerische Aufsichtsrecht keine direkte und
betrachtet. In solchen Fällen sind die Risiken einer
explizit formulierte Pflicht der Beaufsichtigten,
strafrechtlichen Teilnahme an Steuerdelikten der
ausländisches Recht einzuhalten. Dennoch können
Kunden zu berücksichtigen.
Verstösse gegen ausländische Vorschriften nach
Ein Produkt kann beispielsweise zur Verschlei-
Schweizer Aufsichtsrecht relevant sein und insbeson-
erung der wirtschaftlichen Berechtigung an Ver-
dere die Gewähr für eine einwandfreie Geschäfts-
vgl. http://www.finma.ch/d/finma/ publikationen/Documents/finmamitteilung-09-2010-d.pdf 30 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ finma-mitteilung-18-2010-d.pdf 31 Die FINMA widmete sich in einem Positionspapier besonders den beschriebenen Rechtsrisiken bei Versicherungsmänteln (vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ positionspapier_rechtsrisiken_ d.pdf) 29
Jahresbericht 2010 | FINMA
39
tätigkeit infrage stellen. Vor allem aber verlangen
tungsgeschäfts sowie die damit verbundenen Risiken
die aufsichtsrechtlichen Organisationsvorschriften,
vertieft analysieren. Zum Analyseprozess gehört es,
dass alle Risiken, einschliesslich der Rechts- und
dass die Beaufsichtigten alle ihre Zielmärkte und die
Reputationsrisiken, angemessen erfasst, begrenzt
auf sie anwendbaren ausländischen Rechtsvorschrif-
und überwacht werden und ein wirksames internes
ten kennen. Sodann ist zu prüfen, ob die tatsächli-
Kontrollsystem aufgesetzt wird.
chen Aktivitäten rechtskonform sind. Zudem gilt es, die mit diesen Aktivitäten verbundenen Risiken zu erfassen. In einem weiteren Schritt sind geeignete
Die FINMA erwartet, dass das ausländische Aufsichtsrecht befolgt und für jeden Zielmarkt ein konformes Dienstleistungsmodell festgelegt wird.
Massnahmen zur Risikoeliminierung oder -minimierung zu treffen. Als Aufsichtsbehörde erwartet die FINMA, dass insbesondere das ausländische Aufsichtsrecht befolgt und für jeden Zielmarkt ein konformes Dienstleistungsmodell festgelegt wird.
Aus Sicht der FINMA ist es angesichts der Ent-
Die Umsetzung dieser Erwartungen wird in den
wicklungen der letzten Jahre unerlässlich, dass die
kommenden Jahren ein Schwerpunkt im laufenden
Beaufsichtigten die rechtlichen Rahmenbedingun-
Aufsichtsprozess der FINMA sein und sich letztlich
gen ihres grenzüberschreitenden Finanzdienstleis-
auch in der Enforcementpraxis niederschlagen.
Vergütungssysteme
32 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2010-01-d.pdf
40
Finanzinstitute werden nicht nur durch Kon-
FINMA auf den bestehenden Vergütungspraktiken
trollen, sondern auch durch Anreize gesteuert.
der bedeutendsten Banken und Versicherer. Gewicht
Am 1. Januar 2010 trat das FINMA-Rundschreiben
gab die FINMA auch den Vorbereitungen, welche
10/1 «Vergütungssysteme»32 in Kraft, das Min-
die Finanzinstitute im Hinblick auf die Anpassungen
deststandards für Vergütungssysteme bei Banken,
an das FINMA-Rundschreiben 10/1 vornahmen. In
Versicherungen, Effektenhändlern und weiteren
die wichtigen Gespräche bezog die FINMA jeweils
Marktteilnehmern festlegt. Diese Mindeststan-
den Vorsitzenden des Vergütungsausschusses oder
dards stimmen mit jenen überein, die 2009 vom
einen anderen Vertreter des Verwaltungsrats der
FSB erlassen wurden. Im Rundschreiben werden
Institute ein – dies ganz im Sinne des Rundschrei-
einerseits Anforderungen an den Verwaltungsrat
bens, das dem Verwaltungsrat eine zentrale Rolle
zur Ausgestaltung und Steuerung der Vergütungs-
zuschreibt.
systeme gestellt, andererseits wird gefordert, dass
Die Aufgabe der FINMA besteht nicht darin,
bei der Berechnung der Vergütung neben anderen
die Höhe der Vergütungen zu bestimmen, diese zu
Faktoren auch Leistung, Risiko und Kapital
beschränken oder spezifische Kompensationsinstru-
verwendung einzubeziehen sind. Dabei sollen die
mente vorzuschreiben, sondern darauf zu achten,
Vergütungssysteme die von einem Finanzinstitut
dass die individuellen Regelungen mit dem nachhal-
beschäftigten Personen dazu veranlassen, den
tigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens im
langfristigen Erfolg des Instituts und dessen Stabi-
Einklang stehen. Die FINMA erwartet deshalb, dass
lität zu fördern. Institute, die vom Rundschreiben
der Verwaltungsrat keine Vergütungssysteme geneh-
betroffen sind, müssen dieses bis am 1. Januar 2011
migt, die eine unangemessene Risikoübernahme
vollständig umgesetzt haben.
Jahresbericht 2010 | FINMA
Im Jahr 2010 lag das Hauptaugenmerk der
fördern. In diesem Zusammenhang achtet die FINMA speziell darauf,
– wie die betroffenen Institute Entschädigungsentscheidungen treffen, – welche Corporate Governance in den Instituten herrscht,
Bereits vor der Umsetzungspflicht haben einige Unternehmen ihre Vergütungspraxis geändert, beispielsweise, indem Hebelwirkungen verringert, der Anteil aufgeschobener Auszahlungen erhöht und
– welche Leistungskriterien herangezogen werden,
die Komplexität der Vergütungsstrukturen insgesamt
– wie gut die Institute diese Kriterien anwenden
reduziert wurden. Es gibt auch Hinweise dafür, dass
und – welche Anpassungen die Institute vornehmen – dies angesichts vorhersehbarer Veränderungen
Unternehmen ihre Vergütungspolitik generell einer rigoroseren Governance und einem strengeren Risikomanagement unterwerfen.
in den Kapitalpositionen des Unternehmens, der Liquidität und der Profitabilität sowie angesichts anstehender Risikobelastungen.
Outsourcing und Datenschutz Die Problematik um das Outsourcing von Dienst-
mit ihren beiden Rundschreiben 08/7 «Outsourcing
leistungen im Finanzsektor und den Schutz der
Banken»33 und 08/24 «Überwachung und interne
Vertraulichkeit von Personendaten verschärfte sich
Kontrolle»34 zahlreiche Bestimmungen dazu.
in jüngster Zeit bei den Beaufsichtigten. Wegen der
Mit Schwerpunktprüfungen untersucht die
elektronischen Datenverarbeitung und der Verfüg-
FINMA die Umsetzung und Einhaltung der not-
barkeit grosser personenbezogener Datenmengen
wendigen Sicherheitskonzepte und Vorschriften
besteht die Gefahr, dass der Zugriff auf vertrauliche
intensiv. Der Detaillierungsgrad der gesetzlichen
Daten von Unbefugten missbraucht wird. Im Jahr
Vorgaben und anderen Regelungen wird seitens
2010 zeigte es sich auch, dass Datendiebstahl für
der Aufsichtsbehörde zurzeit noch als ungenügend
Unternehmen ein zunehmendes Risiko mit grossem
empfunden, um eine wirkungsvolle Datensicherheit
Schadenspotenzial darstellt.
zu gewährleisten. Die entsprechenden Anforde-
Da Outsourcing in der Regel für ein Unterneh-
rungen sollen daher weiter konkretisiert und deren
men mit Kostenvorteilen verbunden ist, kam es
Umsetzung sowie Einhaltung strenger kontrolliert
in jüngster Zeit zu einer vermehrten Auslagerung
werden.
– auch ins Ausland – von Daten und Datenverarbei-
Der unbefugte Umgang mit Daten einschliesslich
tung. Beim Outsourcing gilt der Grundsatz, dass der
Datendiebstahl steht nach dem Strafgesetzbuch35
Auftraggeber als Inhaber der Daten unverändert für
unter Strafe. Aus Furcht vor Reputationsschäden
die Daten verantwortlich bleibt. Er muss jederzeit
wird allerdings nicht jeder Datendiebstahl gemeldet.
über die Daten bestimmen können und sicherstel-
Täter fühlen sich dadurch oft vor Strafverfolgung
len, dass die Datenschutzbestimmungen eingehal-
sicher und nutzen ihr Erpressungspotenzial.
ten werden. Im Bankenbereich erliess die FINMA
33 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-07.pdf 34 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-24.pdf 35 Art. 143 ff. StGB
Jahresbericht 2010 | FINMA
41
Veröffentlichung von Daten und Markttransparenz Mit öffentlich zugänglichen Informationen
des
Versicherungsaufsichtsgesetzes
veröffent-
sowohl den Beaufsichtigten als auch den übrigen
licht die FINMA auf ihrer Website – zusätzlich zu
Marktteilnehmern einen Quervergleich und eine
den von den Versicherungsunternehmen selbst
bessere Risikoeinschätzung ermöglichen.
bereitgestellten Informationen – Daten über den
Im Jahr 2010 untersuchte eine Arbeitsgruppe
Versicherungsmarkt. Im Bankenbereich hingegen
verschiedener Fachexperten der FINMA die beste-
werden alle regulatorischen Offenlegungspflichten
henden Regelungen sowie die Möglichkeiten einer
von den beaufsichtigten Instituten selbst wahr-
erweiterten Veröffentlichung von Information.
genommen. Die SNB veröffentlicht ausserdem
Beurteilt wurde der Umfang der öffentlich zugäng-
Daten zum Bankensektor in aggregierter Form.
lichen Informationen über die beaufsichtigten
Insgesamt werden der Öffentlichkeit bereits heute
Unternehmen sowie über den Aufsichtsprozess.
zahlreiche Informationen zur Verfügung gestellt,
Gegenwärtig sind zwischen dem Banken- und dem Versicherungsbereich deutliche Unterschiede festzustellen. Dafür gibt es konzeptionelle Gründe:
42
Nach den besonderen gesetzlichen Regelungen
über die beaufsichtigten Institute will die FINMA
Jahresbericht 2010 | FINMA
die eine Beurteilung der Situation im Finanzsektor ermöglichen.
BANKEN UND EFFEKTENHÄNDLER
Grundlagen Allgemeine Situation im Bankensektor Die Finanzkrise stellte an die Banken hohe
Tiefe Erträge und kleine Zinsmargen Die Erträge aus der Vermögensverwaltung und
Anforderungen. Deren Bewältigung sowie weitere
der Anlageberatung liegen noch immer deutlich
mit den wirtschaftlichen und politischen Entwick-
unter den Werten vor Ausbruch der Finanzkrise.
lungen verknüpfte Herausforderungen führten bei
Unverändert tiefe Handelsvolumen sowie konser-
einzelnen Banken zur Überprüfung ihrer bisherigen
vative Anlagestrategien bei den Kunden wirken
Geschäftsstrategie.
sich direkt auf die Erträge aus. Zwischenzeitlich
Da das Bankkundengeheimnis in seiner bisherigen Form künftig kaum mehr durchsetzbar
können grösstenteils wieder Zuwachsraten ausgewiesen werden.
sein wird, überdenken die Banken ihre Geschäfts
Bei den Retailbanken führen die anhaltend
modelle und passen diese – auch zur Vermeidung
rekordtiefen Zinsen zu grossen Wachstumsraten
von Reputationsrisiken – entsprechend an. Gerade
im Hypothekargeschäft. Aufgrund der Konkur-
im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungs-
renzsituation sind die Banken eher bereit, höhere
geschäft nahmen die Rechts- und Reputationsrisi-
Risiken einzugehen und tiefere Margen in Kauf
2010 deutlich zu. Wachstum durch Akqui-
zu nehmen.37 Dies schlägt sich direkt in tieferen
sitionsstrategien verursacht infolge regulatorischer
Zinserträgen nieder. Dabei müssen sich die Banken
Unsicherheiten zusätzliche Risiken.
darauf einstellen, dass die erzielbaren Margen über
ken
36
Bei ihrer Neuausrichtung versuchen insbeson-
längere Zeit auf ausserordentlich tiefem Niveau
dere kleinere Banken, in Nischenmärkte vorzustos
verharren könnten. Gleichzeitig lässt sich wegen
sen. Dabei betreiben sie vermehrt auch Geschäfte,
der starken Nachfrage nach Festhypotheken
für die ihre organisatorischen Strukturen, das Risi-
ein deutlicher Anstieg der Zinsänderungsrisiken
komanagement und die internen Kontrollsysteme
beobachten. Die Absicherung der Banken gegen
nicht angemessen sind. Andere Banken verstärken
einen starken Anstieg der Zinssätze belastet ihre
ihr Engagement im Onshore-Geschäft und verzich-
Erfolgsrechnung zusätzlich. Auch die nach wie vor
ten dafür auf Tätigkeiten in Ländern ohne Präsenz
sehr tiefen Wertberichtigungs- und Rückstellungs-
vor Ort. Der Konzentrationsprozess bei den grenz-
quoten werden sich bei einer Verschlechterung
überschreitend tätigen Vermögensverwaltungs-
der wirtschaftlichen Situation in der Schweiz
und Handelsbanken wird zweifellos weitergehen.
nicht halten lassen. Deshalb ist bei zunehmenden Ausfallwahrscheinlichkeiten im Kreditmarkt mit zusätzlichen Gewinneinbussen zu rechnen. Umso wichtiger ist in dieser Situation eine komfortable Eigenkapitalausstattung über das gesetzliche und regulatorische Minimum hinaus.
vgl. Kap. «Zunahme der Rechtsund Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft», S. 38 37 vgl. Kap. «Situation im Hypothekarmarkt», S. 16 36
Jahresbericht 2010 | FINMA
43
Regulierung Kapital- und Liquiditätserfordernisse
Finanzmärkten nicht mehr refinanzieren. Die neuen
Im Bereich der Kapital- und Liquiditätsanforde-
Vorschriften verlangen nun, dass die Banken über
rungen für Banken standen für die FINMA im Jahr
ausreichend Liquidität verfügen, um die in diesem
2010 drei Regulierungsthemen im Vordergrund:
Szenario geschätzten Abflüsse während mindestens
– Per 30. Juni 2010 trat das neue Liquiditätsregime
eines Monats decken zu können. Dies gewährt der
für die beiden Grossbanken in Kraft. – Hinsichtlich
der
Kapitalvorschriften
betroffenen Bank und den Behörden die minimal leitete
notwendige Zeit, um weitere Massnahmen einzu-
die FINMA in erster Linie von geplanter und
leiten und die Krisensituation zu stabilisieren. Die
zwischenzeitlich
Regulierung
neuen Liquiditätsanforderungen sind antizyklisch
im internationalen Kontext Massnahmen ab,
ausgestaltet: In wirtschaftlich guten Zeiten soll ein
beschlossener
namentlich von den Marktrisikovorschriften des
Liquiditätspuffer aufgebaut bzw. gehalten werden,
BCBS («Basel 2.5»).38
der sich in einer Stresssituation einsetzen lässt. Die
– Darüber hinaus veröffentlichte die FINMA ein
beiden Grossbanken müssen den Nachweis, dass
Diskussionspapier zur «Anpassung der Eigen-
sie die Anforderungen erfüllen, im Rahmen eines
mittelanforderungen unter der Säule 2 und
monatlichen Reportings erbringen.
Einführung einer Leverage Ratio»39 und stellte den Erlass eines Rundschreibens in Aussicht.
Die vom BCBS Ende 2010 finalisierten internationalen Liquiditätsmindeststandards dürfen dabei nicht als Substitut für die eigens auf die Beson-
Neues Liquiditätsregime
derheiten einer systemisch relevanten Bank in der
für Schweizer Grossbanken
Schweiz ausgerichteten Anforderungen angesehen
Im Bereich der Liquidität erkannte die FINMA
werden. Sie sind aber methodisch mit dem Schwei-
seit längerer Zeit dringenden Handlungsbedarf,
zer Ansatz kompatibel. Das unterstellte Szenario ist
was die Liquiditätsvorschriften, insbesondere für die
jedoch weniger konservativ. Die SNB und die FINMA
Grossbanken, betrifft. Das bisherige schweizerische
prüfen den Abstimmungsbedarf dieser Regulierung
Liquiditätsregime konnte für grosse und komplexe
hinsichtlich der internationalen Standards, die ab
international tätige Bankenkonzerne die geforderte
2015 bzw. 2018 in Kraft treten. Insbesondere die
Krisenresistenz nicht genügend sicherstellen. Des-
Einführung einer Net Stable Funding Ratio könnte
halb erarbeiteten die SNB und die FINMA in enger
den Schweizer Ansatz mit einem strukturellen
Zusammenarbeit mit den betroffenen Grossbanken
Liquiditätsmass für den Einjahreshorizont sinnvoll
ein neues Liquiditätsregime, das per 30. Juni 2010 in
ergänzen. Die Liquiditätsvorschriften für die Nicht-
Kraft trat. Das neue Regime beruht auf folgendem
Grossbanken werden voraussichtlich parallel zu den
Konzept: Die SNB und die FINMA definieren ein
internationalen Vorschriften eingeführt.
allgemeines Stressszenario und geben die relevanten Parameter vor. Die Grossbanken bestimmen die unter diesem Szenario zu erwartenden Zu- und Abflüsse.
vgl. Kap. «Fragen der internationalen Bankenregulierung», S. 28 39 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ diskussionspapier-saeule-2-beikmb-20100618-d.pdf 38
44
Marktrisiken und Verbriefungen Die Finanzkrise führte eindrücklich Defizite im regulatorischen Bereich vor Augen, namentlich die
Das Szenario geht von einer allgemeinen
viel zu tiefe Eigenmittelunterlegung von Marktrisi-
Stresssituation auf den Finanzmärkten sowie
ken und Verbriefungen. Diese nicht risikoorientierte
einem
Vertrauensverlust
Unterlegung begünstigte im Vorfeld der Krise den
der Gläubiger gegenüber der Bank aus: Verunsi-
Aufbau grosser Risikopositionen bei weiterhin genü-
cherte Einleger ziehen ihr Geld zurück. Die Bank
genden Kapitalkenngrössen (BIS-Ratios). Das BCBS
kann sich auf dem Interbankenmarkt und an den
hatte diese Entwicklungen vor Ausbruch der Krise
Jahresbericht 2010 | FINMA
grossen
spezifischen
erkannt und bereits Reformarbeiten eingeleitet,
des Interbankengeschäftes, führte zur Verschärfung
aber diese kamen bekanntlich zu spät. Insbesondere
der bestehenden nationalen Regelungen und wurde
wenn man bedenkt, dass bis zur konkreten Umset-
mit der Anpassung des Rundschreibens 08/23
zung revidierter Basler Mindeststandards in natio-
umgesetzt. Die Regulierung erfolgte in Absprache
nales Recht mehrere Jahre vergehen. Für die dring-
mit dem SIF und der SNB.
lichsten ergänzenden Massnahmen veröffentlichte das BCBS im Juli 2009 sein revidiertes Regime zur
Diskussionspapier zur Anpassung der
Unterlegung von Marktrisiken und Verbriefungen.
Eigenmittelanforderungen unter der Säule 2
Ursprünglich für ein Inkrafttreten am Jahreswechsel
Zur Verbesserung der risikogerechten Kapital-
2010/2011 vorgesehen, wurde dessen Umsetzung
ausstattung startete die FINMA 2010 mit einem
überraschend um ein Jahr auf Ende 2011 verscho-
Diskussionspapier zur Anpassung der Eigenmittelan-
ben. Dies wurde im zweiten Quartal 2010 bekannt,
forderungen unter der Säule 2 eine weitere Initiative.
zu einem Zeitpunkt, als die von der FINMA geleitete
Gegenstand der geplanten Regulierung sind alle
nationale Arbeitsgruppe bereits die notwendigen
Banken, ausser den Grossbanken, für die stattdessen
Anpassungen auf Stufe der Eigenmittelverordnung
das Too-big-to-fail-Regime vorgesehen ist.
und zugehöriger Ausführungsbestimmungen in
Die Basel-II-Mindeststandards sehen zu Kapi-
Form von FINMA-Rundschreiben weitestgehend
talanforderungen und Kapitaladäquanz vor, dass
erarbeitet hatte. Die von dieser Revision hauptsäch-
Kredit- und Marktrisiken sowie operationelle Risiken
lich betroffenen Grossbanken waren Mitte 2010 in
nach regulatorischen Vorgaben bemessen und im
der Umsetzung der neuen Regulierung zudem bereits
Rahmen der sogenannten Säule 1 als Untergrenzen
weit fortgeschritten und verfügten über genügend
mit Eigenkapital zu unterlegen sind. Darüber hinaus
Eigenmittel, um die verschärften Vorschriften
müssen unter der Säule 2 alle für das betreffende
erfüllen zu können. Die FINMA sprach sich daher
Institut wesentlichen Risikoarten mit nach bankin-
dafür aus, am ursprünglichen Zeitplan festzuhalten
ternen Messmethoden zu bestimmendem Kapital
und die Beseitigung eines inhaltlich unbestrittenen
unterlegt werden. Die unter Säule 2 erforderliche
Regulierungsdefizits abweichend von den Basler
Unterlegung mit Eigenmitteln geht dabei über die
Beschlüssen nicht um ein Jahr weiter hinauszu-
Mindeststandards der Säule 1 hinaus.
schieben. Mit einem Beschluss von November 2010
Diese Sicherheitsmarge durch die Säule 2 soll
stimmte der Bundesrat diesem ursprünglichen Fahr-
gewährleisten, dass künftig jederzeit – selbst in
plan der revidierten Unterlegungsvorschriften für
schweren Krisen – die Mindestanforderungen nach
Marktrisiken und Verbriefungen zu und setzte die
Säule 1 eingehalten und darüber hinaus jene durch die
revidierte Eigenmittelverordnung auf den 1. Januar
Mindestanforderungen nicht oder nur unzureichend
2011 in Kraft.
erfassten Risiken ausreichend gedeckt werden. Die
Die Revision der Eigenmittelverordnung wurde
Bank kann dabei für die Säule 2 neben einem indi-
ergänzt durch die Anpassung der vier FINMA-Rund-
viduellen Berechnungsmodell für die Bestimmung
schreiben 08/19 «Kreditrisiken Banken»40, 08/20
der Risiken auch einen von den Säule-1-Regelungen
«Marktrisiken Banken» , 08/22 «EM-Offenlegung
abweichenden Kapitalbegriff verwenden.
41
Banken»42 und 08/23 «Risikoverteilung Banken»43.
Um die Grundsätze des BCBS im Bereich Säule 2
Durch das überarbeitete Rundschreiben 08/20
zu konkretisieren, erstellte die FINMA im Juni 2010
mit
Unterlegungsvorschriften
als Beilage zu ihrer Mitteilung 1044 das erwähnte
erfolgte die Umsetzung in Schweizer Recht der
Diskussionspapier zur Anpassung der Eigenmittel
neuen Basel- II-Standards der Säule 1 im Bereich
anforderungen unter der Säule 2 und Einführung
entsprechenden
der Marktrisiken. Eine neue EU-Richtlinie zu den
einer Leverage Ratio, in dem sie den Instituten die
Risikoverteilungsvorschriften, vor allem hinsichtlich
Motive und Grundzüge des neuen Eigenmittel
vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-19.pdf 41 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-20.pdf 42 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-22.pdf 43 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-23.pdf 44 vgl. http://www.finma.ch/ d/finma/publikationen/ Documents/finma-mitteilung10-2010-d.pdf 40
Jahresbericht 2010 | FINMA
45
regimes ankündigte. Im Allgemeinen wurde in den
gewährleisten, mussten die für die Kategorisierung
Stellungnahmen der Banken die mit dem Säule-2-
bestimmenden Kriterien festgelegt werden. Die
Rundschreiben verfolgte Zielsetzung der FINMA
FINMA entschied sich für Bilanzsumme, verwaltete
begrüsst.
Vermögen, privilegierte Einlagen und erforderliche
Allerdings wurde darauf hingewiesen, dass die
Eigenmittel. Berechtigte Anliegen der beaufsichtig-
Forderung nach zusätzlichen Eigenmitteln unter der
ten Institute aus den Stellungnahmen zum Diskus-
Säule 2 mit dem Reformpaket nach Basel III und den
sionspapier sowie der Bezug zu den mittlerweile
Empfehlungen der Expertenkommission zur Limitie-
finalisierten Reformvorhaben unter Basel III werden
rung volkswirtschaftlicher Risiken von Grossunter-
in den Entwurf des FINMA-Rundschreibens zur
nehmen abgestimmt sein müsste. Die FINMA wird
Säule 2 einfliessen.
unter Berücksichtigung der zum Diskussionspapier eingegangenen Kommentare, der im Kern festste-
Weitere umfangreiche Regulierungsarbeiten
henden Reform der Eigenmittelanforderungen des
und Auswirkungen von Basel III
BCBS (Basel III) sowie der Empfehlungen der Expertenkommission einen Entwurf des Rundschreibens
gesehenen Regulierungen im Bereich Kapital und
zu zusätzlichen Eigenmitteln unter Säule 2 erstellen.
Liquidität werden in der Schweiz weitere umfang-
Dieser wird voraussichtlich im ersten Quartal 2011 in
reiche Anpassungen auslösen. Vonseiten der FINMA
eine öffentliche Anhörung gegeben. Das Inkrafttre-
ist geplant, das Basel-III-Regelwerk per 1. Januar
ten des Rundschreibens ist für Mitte 2011 geplant.
2013 in Schweizer Recht umzusetzen. Dies wird eine
Heute gilt bezüglich Säule 2 die bereits unter
Überarbeitung von bundesrätlichen Verordnungen
Basel I etablierte Praxis, wonach kleine und mittlere
sowie den zugehörigen Ausführungsbestimmun-
Banken pauschal einen Eigenmittelüberschuss von
gen der Aufsichtsbehörde (FINMA-Rundschreiben)
mindestens 20 Prozent über den Säule-1-Mindest-
erfordern. Betroffen sind davon in erster Linie die
anforderungen nach Art. 33 ERV einzuhalten haben.
Eigenmittelverordnung und die Bankenverordnung.
Darüber hinaus können bei Vorliegen besonderer
Die bereits mit der Umsetzung von Basel II befasste
Umstände weiterhin institutsspezifische Eigenmittel-
nationale Arbeitsgruppe wurde analog auch mit
zielzuschläge angeordnet werden. Mit Art. 34 ERV
den Umsetzungsarbeiten von Basel III betraut. Die
wurde der Grundsatz der zusätzlichen Eigenmittel
SNB, das SIF und die FINMA starteten im vierten
nach der Säule 2 ins schweizerische Recht übernom-
Quartal 2010 entsprechende Vorarbeiten.
men. Die vorhandenen Möglichkeiten sollen nun von
Basel III mit seinen Änderungen – insbesondere
der FINMA ausgeschöpft werden, um hinsichtlich
im Bereich der anrechenbaren Eigenmittel, der erfor-
der Eigenmittelanforderungen unter Säule 2 einen
derlichen Eigenmittel, der Liquidität und der Leverage
risikoorientierteren Ansatz anzuwenden. Dabei wer-
Ratio – wird in der Schweiz die Grossbanken stärker
den die betroffenen kleinen und mittleren Institute
treffen als die mittleren und kleinen Banken. Die
stärker nach Risikokategorien unterschieden. Die Höhe der zusätzlichen Eigenmittel unter
46
Die in den kommenden Jahren international vor-
Änderungen im Bereich der Liquiditätsregulierung werden aber auch für zahlreiche weitere Institute
Säule 2 soll künftig aufgrund der entsprechenden
spürbar sein. Grundsätzlich sieht Basel III lange
Kategorisierung der Institute nach objektiven Krite-
Übergangsfristen vor, sodass die unmittelbaren Fol-
rien differenziert und degressiv festgelegt werden.
gen nach Einschätzung der FINMA für die Banken
Da das Scheitern eines grösseren Instituts entspre-
verkraftbar sein werden. Signifikante Verschärfun-
chend grössere Auswirkungen hat, muss dieses
gen im Bereich der anrechenbaren Eigenmittel wie
aus einer Risikosicht einen grösseren Risikopuffer
auch der für das OTC-Derivatgeschäft erforderlichen
aufweisen. Um die Vorherseh- und Nachvollziehbar-
Eigenmittel werden jedoch bereits mit Inkrafttreten
keit der zusätzlichen Eigenmittelanforderungen zu
von Basel III namentlich die Grossbanken erfahren.
Jahresbericht 2010 | FINMA
Änderungen des Bankengesetzes Das
laufende
Gesetzgebungsverfahren
die Gesetzesrevision insbesondere folgende Neuezur
Änderung des Bankengesetzes spricht folgende Themenkreise an:
rungen: – eine verfahrensrechtliche Beschleunigung des Sanierungs- und Konkursverfahrens, – die internationale Anwendbarkeit von Sanie-
Umgang mit nachrichtenlosen Vermögenswerten
rungsmassnahmen,
Nach einem längeren Prozess soll der Umgang
– die Regelung der Unwiderruflichkeit (Finalität)
mit nachrichtenlosen Vermögenswerten im Ban-
von Aufträgen, die in Zahlungs- und Abwick-
kengesetz geregelt werden. Dies beantragte der
lungssysteme eingebracht werden, sowie
Bundesrat dem Parlament in einer Zusatzbotschaft45 – die Möglichkeit der Übertragung einzelner von Oktober 2010. Mit einer einfachen Bestimmung
Bankdienstleistungen auf einen unabhängigen
wird den Banken die Möglichkeit gegeben, diese
Rechtsträger.
Vermögenswerte nach vorgängiger Veröffentlichung zu liquidieren. Der Liquidationserlös soll dem Bund
Hervorzuheben ist ferner, dass die hoheitliche
zufallen, wobei die Ansprüche von Berechtigten,
Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (Debt
die sich auch auf die Publikation hin nicht gemeldet
Equity Swap) als Sanierungsmassnahme ausdrücklich
haben, erlöschen.
in das Gesetz aufgenommen wird.
Verstärkung des Einlegerschutzes
Bankensanierungsverordnung
sowie der Sanierungs- und Insolvenzregeln
Der Bedarf nach einer eingehenderen Regu-
Im Parlament hängig ist zudem eine Vorlage
lierung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen
zur Verstärkung des Einlegerschutzes sowie der
des Sanierungsrechts für Banken ist seit Längerem
Sanierungs- und Insolvenzregeln (Botschaft46 von
ausgewiesen. Die Finanzkrise zeigte die Bedeutung
Mai 2010). Die Bundesversammlung beschloss am
des Sanierungsrechts und des Sanierungsverfahrens
19. Dezember 2008 in einer dringlich erklärten
auch für systemrelevante Banken. Die FINMA bereitet
Gesetzesänderung Sofortmassnahmen zur Verstär-
deshalb in einer gemischten Arbeitsgruppe unter
kung des Schutzes der Bankeinlagen. Diese gelten bis
ihrer Leitung eine Bankensanierungsverordnung
Ende 2012 und sollen nun ins Dauerrecht überführt
vor. Die in den eidgenössischen Räten diskutierte
werden. Dabei geht es in erster Linie um
Revision der Insolvenzbestimmungen des Banken-
– die Anhebung der privilegierten Einlagen auf
gesetzes sieht eine Befugnis der FINMA vor, die für
100 000 Schweizer Franken pro Kunde, – die Deckung dieser Einlagen zu 125 Prozent mit inländisch belegenen Aktiven, – die Erstreckung der Sofortauszahlung auf alle privilegierten Einlagen sowie – die Anhebung der Systemobergrenze auf sechs Milliarden Schweizer Franken.
die Durchführung des Sanierungsverfahrens notwendigen Anordnungen und Verfügungen zu erlassen. Diese Norm entspräche dem geltenden Art. 34 Abs. 3 BankG, der die Grundlage der geltenden Bankenkonkursverordnung der FINMA bildet. Die geplante Bankensanierungsverordnung soll primär verfahrensrechtliche Bestimmungen enthalten. Die Regulierung im Bereich der Sanierung ist allerdings
Von einem vorfinanzierten Fonds unter staatlicher Beteiligung wurde jedoch abgesehen.
komplex. Ein Sanierungsverfahren kennt, anders als das Konkursverfahren, keinen strikt standardisierten Ablauf. Die Regulierung muss den notwendigen
In derselben Vorlage ist eine Revision des
Handlungsspielraum der FINMA wahren, aber
Sanierungsverfahrens und der Insolvenzregeln im
zugleich dem Bedürfnis nach Voraussehbarkeit und
Bankengesetz enthalten. In dieser Hinsicht umfasst
Bestimmtheit genügen.
45 46
BBl 2010 7495 BBl 2010 3993
Jahresbericht 2010 | FINMA
47
Corporate Governance und interne Kontrolle Die Geschäftsführung und die Verantwortlichen
Ein für alle Beaufsichtigten geltendes CorporateGovernance-Rundschreiben ist in Vorbereitung und
für das Risikomanagement beeinflussen massgeblich,
soll 2011 erlassen werden. Darauf aufbauend kann die
wie gut und konsequent die entsprechende Bank
Verbesserung der Aufsicht über die Corporate Gover-
oder das jeweilige Versicherungsunternehmen die
nance in Angriff genommen werden. Der Ansatz bleibt
Corporate-Governance-Vorschriften
ein integrierter, soll aber noch systematischer auf die
umsetzt.
Die
Anstrengungen der FINMA, die Corporate Gover-
zuständigen Schlüsselorgane und -funktionen sowie
nance der beaufsichtigten Institute zu verstehen, zu
die einschlägigen Prozesse und Kontrollen ausgerichtet
beurteilen und zu überwachen, sind deshalb ein wich-
sein. Corporate-Governance-Analysen werden regel-
tiger Schritt im Bestreben, Effizienz und Effektivität
mässiger Teil der Überwachung durch die FINMA. Die
von Regulierung und Aufsicht zu steigern.
daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen als zusätzli-
Unter diesen Vorzeichen werden zurzeit alle für
ches Mittel, um die risikobasierte Aufsicht umzusetzen.
die beaufsichtigten Institute geltenden Corporate-
Im Versicherungsbereich kommt die FINMA diesem
Governance-Rundschreiben und -Regulierungen
Anliegen mit dem Swiss Qualitative Assessment (SQA)
überprüft. Dabei soll festgelegt werden, in welchen
nach, das zurzeit weiterentwickelt wird.47
Bereichen ein harmonisierter Ansatz sinnvoll ist.
Bewilligungen Bewilligungen Banken und Effektenhändler
Anwärtern, die sich innerhalb der Übergangsfrist als
Trotz der Finanzkrise wurden auch 2010 Bewil-
Devisenhändler gemeldet hatten, schliesslich nur
ligungen nachgefragt. Insgesamt konnte sieben
zwei Institute die erforderliche Bewilligung als Bank.
neuen Banken eine Bewilligung erteilt werden.
Die Regulierung der Devisenhändler vermochte
Entgegen einiger Darstellungen in den Medien kam
somit deren spekulatives und missbrauchsanfälliges
es nur zu wenigen Gesuchen aus Schwellenländern.
Geschäftsmodell wirksam einzudämmen und den
Die FINMA wurde zwar verschiedentlich mit solchen
Ruf des Finanzplatzes zu stärken.
Projekten konfrontiert, sie war aber nicht bereit, die
Die Anzahl bewilligter Effektenhändler ohne
Bewilligungshürde aufzuweichen und einen im euro-
Bankenstatus verharrt seit Jahren auf konstantem
päischen Vergleich leichteren Zutritt zum Schweizer
Niveau von rund 70 Einheiten. Bewilligt wurden
Finanzmarkt zu gewähren.
2010 drei kleinere Vermögensverwalter aus der
Zu den neu bewilligten Instituten gehören eine
Westschweiz und vier Zweigniederlassungen aus-
Tochterbank mit brasilianischem Konzernhinter-
ländischer Effektenhändler mit Haupttätigkeit im
grund, ein Dienstleister im Prepaid-Zahlungsverkehr
institutionellen Wertschriftengeschäft.
sowie zwei Finanzboutiquen mit Schwergewicht in der Vermögensverwaltung für eine ausgewählte
47
vgl. FINMA-Mitteilung 17 vom 29. Dezember 2010 mit Informationen zum geplanten SQA II (http://www.finma.ch/d/finma/ publikationen/Documents/ finma-mitteilung-17-2010-d.pdf)
48
Unterstellung der PostFinance
Kundschaft. Daneben beanspruchen zwei Effekten-
Die PostFinance ist als eigenständiger Geschäfts-
händler neu den Bankenstatus, um von den erweiter-
bereich innerhalb der Schweizerischen Post für
ten Geschäftsmöglichkeiten als Bank zu profitieren.
das
Geschäftsfeld
der
Finanzdienstleistungen
Im Bereich Devisenhandel wurde 2010 nur noch
zuständig. In den vergangenen Jahren entwickelte
eine weitere Lizenz erteilt. Ein zweiter Gesuchsteller
sich die PostFinance zu einem bedeutenden
wurde von einer bestehenden Schweizer Bank
Finanzdienstleister im Schweizer Retailmarkt. Ihre
übernommen. Damit erlangten von den zahlreichen
Dienstleistungspalette umfasst heute ein breites
Jahresbericht 2010 | FINMA
Angebot an Produkten aus den Bereichen Zahlen,
Eigenmittel als auch im operativen Bereich über das
Sparen, Finanzieren, Anlegen und Vorsorgen. Der
gesetzliche Minimum hinaus. Aufgrund des gegen-
Handlungsrahmen von Post und PostFinance ist im
wärtigen Geschäftsmodells der PostFinance sowie
Postgesetz und der dazugehörigen Postverordnung
des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr
geregelt. Mit der Revision der Postgesetzgebung
wird namentlich den Anforderungen an die zu hal-
wird eine rechtliche Neuorganisation der Post
tenden Eigenmittel, an die Risikobewirtschaftung,
angestrebt. Nach dem in der Wintersession 2010
Corporate Governance und Geldwäschereipräven-
von den eidgenössischen Räten verabschiedeten
tion ein hoher Stellenwert eingeräumt. Eine grosse
Postorganisationsgesetz ist die PostFinance in eine
Herausforderung stellt die durch den gesetzlichen
privatrechtliche Aktiengesellschaft auszugliedern.
Rahmen eingeschränkte Bilanzstruktur dar. Die
Damit werden die Voraussetzungen für eine FINMA-Unterstellung geschaffen. Der Einstieg in das Kreditgeschäft bleibt der PostFinance aber weiterhin verwehrt. Gestützt auf das Postorganisationsgesetz, beabsichtigt die PostFinance, bei der
Eine Bewilligung wird der PostFinance erst erteilt, wenn sie alle aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen umfassend erfüllt.
FINMA ein Gesuch um Erteilung einer Bankbewilligung einzureichen. Die FINMA beharrt auf einer aufsichtsrecht-
dadurch entstehenden Zinsänderungsrisiken müssen
lichen Gleichstellung der PostFinance mit den
aus aufsichtsrechtlicher Sicht angemessen bewirt-
übrigen beaufsichtigten Instituten und lehnt im
schaftet oder, wo notwendig, abgebaut werden. Die
Rahmen des Bewilligungsprozesses jeglichen auf-
Eckpunkte des künftigen Aufsichtsregimes wurden
sichtsrechtlichen Sonderstatus ab. Eine Bewilligung
der PostFinance mitgeteilt.
wird erst erteilt, wenn die zuständigen FINMA-
Die Post strebt – vor einer prudenziellen Unter-
Organe überzeugt sind, dass die PostFinance alle
stellung nach Bankengesetz – möglichst rasch eine
Voraussetzungen umfassend erfüllt.
Direktunterstellung unter die Geldwäschereiaufsicht
Im Hinblick auf die Gesuchstellung schuf die
der FINMA nach Geldwäschereigesetz an. Auch in
FINMA intern eine Projektorganisation, welche die
Bezug auf dieses Begehren vertritt die FINMA den
Begleitung der PostFinance im Bewilligungsprozess
Standpunkt, dass die Post – insbesondere bei der
erlaubt. Die FINMA arbeitete für die PostFinance
Geld- und Wertübertragung ins Ausland – hohen
einen allgemeinen Aufsichtsmassstab aus. Daraus
Anforderungen genügen muss.
werden die einzelnen regulatorischen Anforderun-
Neben der Überprüfung zur Einhaltung der
gen abgeleitet. Der angewendete Aufsichtsmass-
Bewilligungsvoraussetzungen ist das Unterstel-
stab orientiert sich an der Grösse, der Risikoneigung
lungsverfahren abhängig vom politischen Prozess.
sowie am Geschäftsmodell des Instituts. Die von
Erst mit der Ausgliederung in eine eigenständige
der FINMA festgelegten Anforderungen gehen
rechtliche Einheit kann von der FINMA eine Unter-
deshalb sowohl hinsichtlich der erforderlichen
stellung verfügt werden.
Jahresbericht 2010 | FINMA
49
Aufsichtspraxis Grossbankenaufsicht Die Intensität der Aufsicht über die Grossbanken
48
notwendig, verlangt die FINMA die Behebung von
war auch 2010 hoch. Neben den diversen regulato-
Schwachstellen, auch im Licht der Lehren aus der
rischen Initiativen wurde auch die laufende Aufsicht
Krise. Im gegebenen Umfeld, selbst wenn sich die
auf allen Stufen stetig erweitert. Schwerpunkte
Ertragslage stabilisiert hat, ist das genaue Verständ-
bildeten die Kapitalplanung, das Liquiditätsma-
nis der Risikonahme, des Verlustpotenzials und des
nagement sowie die Investmentbanken und insbe-
Geschäftsmodells zentral. Die FINMA erachtet es
sondere deren Risikoentwicklung unter weiterhin
als besonders wichtig, die Reduktion der Eigenhan-
schwierigen Marktbedingungen. Das Instrument
delspositionen und deren Kontrolle zu überprüfen.
der Supervisory Reviews wurde weiter ausgebaut
Dabei spielen zahlreiche Aspekte eine Rolle, nicht
– dies mit dem Ziel, verstärkt Vergleiche zwischen
zuletzt die Sicherstellung einer hohen Bilanzliquidi-
den Grossbanken anzustellen, um Schwachstellen
tät sowie einer hohen Reaktionsgeschwindigkeit,
und Unterschiede in den internen Prozessen, in der
wenn Probleme auftauchen. So verlief das Jahr
Risikonahme sowie in den Ertragsquellen systema-
2010 ohne bedeutende Verluste auf neuen, sich als
tisch analysieren zu können. Beispiel dafür waren
illiquid herausstellenden Positionen.
die Tätigkeiten der Grossbanken in den Bereichen
Die enge Zusammenarbeit mit den wichtigsten
Emerging Markets oder im Einsatz von anteilge-
ausländischen Aufsichtsbehörden, der britischen
bundenen Lebensversicherungen im Bereich der
Financial Services Authority (FSA) und der Federal
Vermögensverwaltung. Die Entlöhnungssysteme
Reserve Bank of New York, wurde fortgesetzt.
wurden ebenfalls einer Prüfung unterzogen. Insge-
Ergänzend dazu fanden sogenannte Supervisory
samt führte die FINMA im Rahmen der Grossban-
Colleges 48 statt, bei denen ein grösserer Kreis von
kenüberwachung elf Supervisory Reviews durch,
Aufsichtsbehörden mit dem obersten Manage-
die überwiegende Mehrzahl davon vergleichend,
ment der Grossbanken zusammentraf, um die
vgl. Kap. «Supervisory Colleges», S. 30
50
das heisst parallel bei beiden Grossbanken. Wo
Jahresbericht 2010 | FINMA
drängendsten Fragestellungen zu erörtern. Dies fördert das gemeinsame Verständnis für die globalen Belange der Grossbanken.
2010
wurden
beispielsweise
Supervisory
Reviews bei mehreren Instituten in verschiedenen Geschäftsfeldern durchgeführt. Aufgrund der
Quartalsweise Verlustpotenzialanalysen, basie-
gegenwärtigen Situation am Schweizer Hypothe-
rend auf zusammen mit der SNB entwickelten
karmarkt stand dabei der Bereich der privaten
Stressszenarien, sind eine wichtige Ergänzung des
Wohnbaufinanzierungen im Vordergrund.50 Mit
Aufsichtsinstrumentariums. Dabei wird überprüft,
diesem Aufsichtsinstrument verschafft sich die
ob die Grossbanken das Eintreten des Szenarios
FINMA einen eigenständigen Überblick über die
auffangen können, ohne dass die regulatorischen
Situation in einem bestimmten Bereich von einem
Minimalanforderungen
oder mehreren Instituten.
unterschritten
werden.
Weiter erlaubt die Analyse ein besseres Verständnis über die Verwundbarkeit der Banken in einzelnen Portfolien. Neben der Fortführung der bewährten Instrumente will die FINMA in den nächsten Jahren die folgenden Instrumente ausbauen, um die Effektivität
Aufsicht übrige Banken Auch die übrigen Banken wurden 2010 intensiv
der Aufsicht weiter zu steigern:
überwacht; einige Institute mussten eng begleitet
– verstärkte Zusammenarbeit mit den wichtigsten Aufsichtsbehörden
werden. Um die risikoorientierte Aufsicht noch aus-
– Ausbau der Supervisory Reviews (insbesondere als Vergleichsanalysen)
geprägter und auch künftig mit den knappen per-
– mehr sektorübergreifende und interdisziplinäre Bearbeitung von
sonellen Ressourcen sicherstellen zu können, opti-
wichtigen Fragestellungen
miert die FINMA derzeit die Aufsichtskonzepte . Je
– Analyse und Verbesserung von internen Geschäftsprozessen
49
nach Einteilung in eine Risikokategorie bzw. je nach institutsabhängigem Rating werden künftig neue Instrumente verwendet oder bestehende intensiver
Dies soll durch einen massvollen und gezielten Ressourcenausbau unterstützt werden.
eingesetzt.
49
50
vgl. Kap. «Aufsichtskonzepte», S. 34 vgl. Kap. «Situation im Hypothekarmarkt», S. 16
Jahresbericht 2010 | FINMA
51
VERSICHERUNGEN
Regulierung Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes Im Rahmen der zurzeit hängigen Revision des
Stundung und die Anordnung der Aufstockung des gebundenen Vermögens bis zur Höhe des Sollbe-
Bankengesetzes51 wurden auch die insolvenzrecht-
trags explizit in die exemplarische Aufführung von
lichen Regelungen im Versicherungsbereich überar-
sichernden Massnahmen in Art. 51 Abs. 2 VAG
beitet. Die Konkurseröffnung über Versicherungen erfolgt nach geltender Regelung im Versiche-
aufgenommen. Die Abstützung auf die allgemeine Massnahmenorm nach Art. 51 Abs. 1 VAG entfällt dadurch.
rungsaufsichtsgesetz im Rahmen eines komplexen Zusammenspiels von FINMA und ordentlichem Kon-
Schweizer Solvenztest und europäische
kursrichter. Wie das Beispiel der Spar- und Leihkasse
Solvenzregeln
Thun im Bankenbereich gezeigt hat, bewährt sich
Als neue Methode zur Beurteilung der Solva-
eine geteilte Zuständigkeitsordnung im Insolvenz-
bilität von Versicherungsunternehmen wurde am
recht nicht. Das Versicherungsaufsichtsgesetz soll
1. Januar 2006 mit dem total revidierten Versiche-
deshalb dahingehend geändert werden, dass die
rungsaufsichtsgesetz und der dazugehörenden
Kompetenz zur Abwicklung von Insolvenzverfahren
bundesrätlichen Aufsichtsverordnung der Schwei-
einheitlich auf die FINMA übertragen wird. Wie bei
zer Solvenztest (SST) eingeführt. Dabei wird die
den Banken sollen auch die Konkurse über Versiche-
finanzielle Situation der Versicherungsunternehmen
rungsunternehmen in die alleinige Zuständigkeit der
aufgrund des Verhältnisses zwischen den anrechen-
FINMA fallen.
baren Eigenmitteln (risikotragendes Kapital) und den
Die vorgesehenen neuen Normen in Art. 52 ff.
erforderlichen Eigenmitteln (Zielkapital) beurteilt.
VAG orientieren sich stark an der mittlerweile praxiser-
Letztere werden abhängig von den eingegangenen
probten Regelung im Bankenbereich. Als Grundlage
Risiken ermittelt.
für die Abwicklung eines Konkursverfahrens werden wie bis anhin die Normen des Bundesgesetzes über
Risikotragendes Kapital
Schuldbetreibung und Konkurs gelten. Diese stehen
Die grossen Lebens- und Schadenversicherer
jedoch unter dem Vorbehalt der künftig erweiterten
führen den SST seit 2006 durch, die übrigen seit
Konkursbestimmungen des Versicherungsaufsichts-
2008. Die Versicherungsunternehmen haben das
gesetzes. Hervorzuheben ist dabei Art. 54 Abs. 3
zur Bedeckung des Zielkapitals erforderliche risiko
VAG, der die FINMA ermächtigt, vom Bundesgesetz
tragende Kapital innerhalb von fünf Jahren nach
über Schuldbetreibung und Konkurs abweichende
Inkrafttreten der Aufsichtsverordnung, das heisst
Verfügungen und Anordnungen zu treffen. Auf der
bis zum 1. Januar 2011, aufzubauen.52 Ab diesem
Grundlage dieser Delegationsnorm besteht für die
Zeitpunkt reichen sie die Ergebnisse des SST mit
FINMA insbesondere auch die Möglichkeit, analog
Stichtag 1. Januar jeweils spätestens am darauf-
zum Bankenrecht eine auf die Bedürfnisse von Ver-
folgenden 30. April ein. Für Versicherungsgruppen
sicherungen zugeschnittene Konkursverordnung zu
erfolgt die Berechnung des SST auf halbjährlicher
schaffen. Neu ist zudem in Art. 54d VAG vorgese-
Basis mit den Stichtagen 1. Januar und 1. Juli.
hen, dass die FINMA für die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Insolvenzmassnahmen nach Art. 166 ff. IPRG sowie für die Koordination mit ausländischen Insolvenzverfahren zuständig ist.
Zielkapital und Minimalkapitalanforderung Der SST ist ein prinzipienbasiertes Aufsichtsinstrument, das einen Gesamtbilanzansatz vorsieht
51
Um allfällige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden,
und auf marktnahen ökonomischen Bewertungs-
52
werden zudem bei den sichernden Massnahmen die
methoden beruht. Mit dem SST wird die finanzielle
vgl. Kap. «Änderungen des Bankengesetzes», S. 47 nach Art. 216 Abs. 4 Bst. d AVO
52
Jahresbericht 2010 | FINMA
Sicherheit eines Versicherungsunternehmens und
und arbeitsintensiv ist. Dasselbe gilt für den nach-
einer Versicherungsgruppe in Abhängigkeit der
folgenden Prüfprozess. Aus diesem Grund konnten
Risiken beurteilt, denen das Unternehmen ausge-
bis zum Ende der Übergangsfrist weniger interne
setzt ist. Das Zielkapital ist eine risikobasierte Kapi-
Modelle genehmigt werden als ursprünglich ange-
talanforderung und entspricht dem eigentlichen
nommen. Im Hinblick auf die fristgerechte Umset-
Solvenzkontrollniveau. Es soll alle quantifizierbaren
zung des SST per 1. Januar 2011 wurde deshalb
Risiken des Versicherers widerspiegeln und Risiko
eine Übergangslösung gefunden. Die FINMA teilte
minderungstechniken
das
jedem SST-pflichtigen Versicherungsunternehmen
berücksichtigen.
Ist
risikotragende Kapital grösser als das Zielkapital,
bis am 30. September 2010 mit, auf welcher Basis
bedeutet dies, dass ein Versicherungsunternehmen
das Zielkapital für den SST 2011 zu ermitteln ist: Stan-
über genügend anrechenbare Eigenmittel verfügt,
dardmodell, internes Modell oder Übergangsmodell.
um den durchschnittlichen Verlust bei einem soge-
Diese Mitteilung erfolgte in Form eines Aufsichts
nannten 100-Jahr-Ereignis verkraften zu können.
briefes zusammen mit einer technischen Beilage,
Zusätzlich zum Zielkapital wird eine Minimalkapi-
welche die Begründung für die Modellwahl enthielt.
talanforderung festgelegt. Bei Unterschreiten dieser Anforderung werden regulatorische Massnahmen eingeleitet. Dies kann im Extremfall zum Entzug der Bewilligung führen.53
Immobilienrisikomodell Bereits seit einiger Zeit diskutieren einzelne Versicherungsunternehmen und die FINMA darüber, wie Immobilien im Rahmen des SST zu behandeln
Standardmodell, internes Modell
sind. Die Frage, inwiefern die Liegenschaftspreise
oder provisorisches Übergangsmodell
durch Zinsänderungen beeinflusst werden, wird
Der SST lässt zwei Methoden zur Berechnung des
dabei unterschiedlich beurteilt. Konsens herrscht
Zielkapitals zu: ein von der FINMA vorgegebenes Stan-
darüber, dass die Mietzinse mehr oder weniger
dardmodell54 oder, falls dieses der Risikosituation der
stabile Einnahmequellen darstellen, die – ähnlich
Gesellschaft zu wenig entspricht, ein teilweise oder
den Couponzahlungen von Obligationen – zur
vollständig internes bzw. unternehmensspezifisches
Bedeckung der laufenden Aufwendungen aus
Modell , das der FINMA zur Genehmigung vorge-
Lebensversicherungsverträgen verwendet werden
legt werden muss. In der FINMA-Mitteilung 1156
können. Uneinigkeit besteht allerdings darin,
vom 16. Juli 2010 kündigte die FINMA an, dass
inwiefern diese Zahlungsströme den Preis einer
sie das Standardmodell für Lebensversicherer neu
Liegenschaft beeinflussen. Eine signifikante lineare
55
definieren wird. Dieses ist unter dem Namen Delta-
Abhängigkeit zwischen den Immobilienpreisen
Gamma-Verfahren bekannt. Das Ziel dabei ist, die
und den Zinsen, wie von der Lebensversicherungs
Nichtlinearitätseffekte besser zu erfassen, was mit
industrie gefordert, kann jedoch nicht nachgewie-
dem bisherigen Standardmodell nicht möglich war.
sen werden. Der Grund dafür ist möglicherweise
Solche Effekte treten insbesondere in Lebensver-
auf die Komplexität des Zusammenhangs zwischen
sicherungsportfolios auf, da die Verträge in der
diesen Risikofaktoren zurückzuführen, oder auch
Regel Renditegarantien oder Wahlmöglichkeiten
darauf, dass die Verbindung zwischen Zinsen und
für den Versicherungsnehmer, beispielsweise vor-
Immobilienpreisen nicht isoliert betrachtet werden
zeitigen Rückkauf, enthalten. Rund die Hälfte aller
darf. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass
SST-pflichtigen Versicherungsunternehmen wird
die Zinseffekte durch andere preisbestimmende
jedoch ein (teilweise) internes Modell verwenden.
Variablen überlagert werden. Der Beweis, dass sich
Es handelt sich dabei oft um simulationsbasierte
Immobilien ähnlich wie Obligationen verhalten und
Risikomodelle. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die
sich für Duration-Matching-Zwecke verwenden
Entwicklung eines internen Modells äusserst zeit-
lassen, konnte nicht erbracht werden.
vgl. Kap. «Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes», S. 18 nach Art. 43 Abs. 2 AVO 55 nach Art. 43 Abs. 3 AVO 56 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/ Documents/finma-mitteilung 11-2010-d.pdf 53
54
Jahresbericht 2010 | FINMA
53
Inkrafttreten von neuen Interventionsschwellen Die fristgerechte Umsetzung des SST wird zusätzlich durch die Folgen der Finanzkrise
bekannten Solvenzanforderungen vorerst in Kraft, wobei eine Abstimmung mit der Einführung von Solvency II in der EU verfolgt wird.
und die rekordtiefen Zinsen erschwert, was insbesondere die Lebensversicherer vor grössere Herausforderungen stellt, umso mehr als mit der
Neue Solvenzanforderungen in der EU Das Europäische Parlament und der Euro-
Umsetzung des SST auch die Bestimmungen von
päische Rat folgen den Regeln von Solvabilität I
Anhang 4 mit dem Titel «Interventionsschwellen»
ebenfalls. Es stellte sich aber auch in der EU her-
des FINMA-Rundschreibens 08/44 «SST»57 in
aus, dass eine grundlegendere und umfassendere
Kraft treten. Nach diesen Bestimmungen ist bei
Überprüfung der Solvenzanforderungen notwen-
einem risikotragenden Kapital unterhalb des Ziel-
dig war, unter Einbezug der gesamten Finanz- und Risikosituation der Versicherungsunternehmen. Dieses Projekt ist als «Solvency II» bekannt
Der Schweizer Solvenztest ist ein prinzipienbasiertes Aufsichtsinstrument, das einen Gesamtbilanzansatz vorsieht und auf marktnahen ökonomischen Bewertungsmethoden beruht.
und soll nach gegenwärtigem Wissensstand per 1. Januar 2013 in allen EU-Mitgliedstaaten Solvenzanforderungen einführen, die auf das wirtschaftliche Risiko der Versicherungsunternehmen und Versicherungsgruppen direkt abstellen. Analog zu den Regelungen des SST werden die
kapitals, das heisst einer Solvenzquote von unter
neuen Solvenzanforderungen differenzierter sein,
100 Prozent, ein zur Verbesserung geeigneter
damit den tatsächlichen Risiken der einzelnen
Massnahmenplan vorzulegen und umzusetzen.
Versicherer besser Rechnung getragen werden
Bestimmte Entscheide, beispielsweise bezogen
kann. Die Solvency-II-Richtlinie, die neben den
auf Dividendenzahlungen oder auf die Zuteilung
eigentlichen Kapitalanforderungen auch weitrei-
von Überschüssen, müssen im genannten Fall von
chende Grundlagen der Versicherungsaufsicht
der FINMA genehmigt werden. Um einem solchen
EU-weit vereinheitlicht, wurde im April 2009 vom
Szenario vorzubeugen, ziehen viele (Lebens-)Ver-
Europäischen Parlament und im November 2009
sicherer stabilisierende Massnahmen in Betracht.
von den EU-Finanzministern verabschiedet.
Falls
ein
Versicherungsunternehmen
über
zu wenig risikotragendes Kapital verfügt, um
57 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-44.pdf
54
Drei-Säulen-Struktur von Solvency II
das Zielkapital zu bedecken, so kann es den
Solvency II beruht auf einer Drei-Säulen-
rechtmässigen Zustand herstellen, indem es das
Struktur. Die erste Säule enthält die quantitativen
verfügbare Kapital erhöht oder seine Risiken und
Anforderungen, zum einen die Solvenzkapitalan-
somit das erforderliche Kapital vermindert. Dabei
forderung (Solvency Capital Requirement), zum
können Kapitaleinschüsse, aber auch weitere Ins-
andern die Mindestkapitalanforderung (Minimum
trumente wie hybrides Kapital, Rückversicherung
Capital Requirement). Die Solvenzkapitalanfor-
und bis zu einem gewissen Grad Garantien von
derung kann entweder mit einer europäischen
gut kapitalisierten Gruppengesellschaften ein-
Standardformel oder mit firmeninternen Modellen
gesetzt werden. In begründeten Fällen kann die
ermittelt werden. Dabei sollen alle quantifizierba-
FINMA eine Frist von bis zu drei Jahren einräumen,
ren Risiken berücksichtigt werden. Bei Verstoss
um das Zielkapital mit risikotragendem Kapital zu
gegen die Mindest- bzw. Minimalkapitalanforde-
bedecken.
rung wird die Genehmigung entzogen.
Mit der definitiven Umsetzung des SST bleiben
In der zweiten Säule von Solvency II werden
die bisherigen unter dem Namen «Solvabilität I»
einerseits die Grundsätze und Methoden der Auf-
Jahresbericht 2010 | FINMA
sicht, andererseits die qualitativen Anforderungen
hörden verstärkt. Versicherungsgruppen wird es
an die Ausübung der Tätigkeit der Versicherungs-
zudem ermöglicht, gruppenweite interne Modelle
unternehmen festgelegt.
zu verwenden und Gruppendiversifizierungsvor-
Die dritte Säule schliesslich umfasst Vor-
teile zu nutzen.
schriften zur Berichterstattung und Offenlegung. Unternehmen werden bestimmte Informationen
Anerkennung der Gleichwertigkeit von
veröffentlichen müssen, die zur Marktdisziplin
europäischer und schweizerischer Aufsicht
beitragen und mithelfen, die Stabilität von
Die FINMA setzt sich dafür ein, dass die
Versicherern zu gewährleisten (Offenlegung).
schweizerische Versicherungsaufsicht gegenüber
Zudem werden die Unternehmen aufgefordert,
dem europäischen auf der Solvency-II-Richtlinie
ihren Aufsichtsbehörden darüber hinausgehende
beruhenden Aufsichtsregime als gleichwertig
Informationen
anerkannt wird. Das Schwergewicht der Prüfung
mitzuteilen
(aufsichtsbezogene
Berichterstattung).
liegt vor allem auf der Versicherungsgruppenauf-
Der SST und Solvency II stimmen in ihren
sicht einschliesslich der quantitativen und qua-
Grundprinzipien wie beispielsweise der marktna-
litativen Anforderungen. Ebenfalls geprüft wird
hen Bewertung von Aktiven und Passiven oder
die Aufsicht über die Rückversicherung, wobei
der
Solvenzkapitalanforderung
CEIOPS die schweizerische Rückversicherungsauf-
überein. Punktuell lassen sich aber Unterschiede
sicht im Februar 2010 bereits als gleichwertig zur
risikobasierten
in der Ausgestaltung von Einzelheiten ausmachen.
EU-Rückversicherungsrichtlinie (in diesem Bereich eine Vorgängerrichtlinie zur Solvency-II-Richtlinie)
Regelungen für Versicherungsgruppen
anerkannt hat. Erfolgt die Äquivalenzanerkennung
Solvency II wird auch die Beaufsichtigung von
nach der Solvency-II-Richtlinie, würden schweize-
Versicherungsgruppen modernisieren und die
rische Versicherungs(sub)gruppen im EU-Raum
wirtschaftlichen Realitäten in den Strukturen und
nur von einer einzigen Aufsichtsbehörde, der
Abläufen der Gruppen anerkennen. Die neuen
FINMA, prudenziell überwacht.58 Der Entscheid,
Regelungen werden die Rechte des Gruppenaufse-
ob das schweizerische Aufsichtsregime gegenüber
hers stärken und dazu dienen, dass gruppenweite
Solvency II als gleichwertig anerkannt wird, fällt
Risiken nicht vernachlässigt werden. Ebenso wird
jedoch voraussichtlich erst im Sommer 2012.
die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbe-
58
vgl. Kap. «Internationale Zusammenarbeit der Schweiz», S. 27
Jahresbericht 2010 | FINMA
55
Lebensversicherung Grundlagen Marktsituation
Erfolg zeigen. Damit sind zudem andere Risiken
Die tiefen langfristigen Zinssätze haben bei den
verbunden. So ist die anteilgebundene Lebens-
Lebensversicherern einen erheblichen Kapitalverzehr
versicherung ohne Garantien momentan wenig
und damit einen Substanzverlust zur Folge. Dies
attraktiv. Zusätzliche Garantieversprechen wie etwa
wirkte sich insbesondere auf ihren SST-Bedeckungs-
bei Variable Annuities ziehen jedoch neue Risiken
grad negativ aus. An den Kapitalmärkten wird
nach sich. Das hochvolumige, aber niedermargige
kurzfristig nicht mit einem deutlichen Zinsanstieg
Ummantelungsgeschäft ist mit erheblichen Rechts-
gerechnet. Vielmehr erscheint das Szenario einer
risiken verbunden, welche die erwirtschafteten
lang andauernden Tiefzinsphase zunehmend als
Erträge als unangemessen klein erscheinen lassen.60
realistisch. Zudem ist die (Wieder-)Anlage von Ver-
Erträge aus dem Auslandgeschäft werden ausser-
59
dem durch die gegenwärtige Frankenstärke negativ beeinflusst.
Die Lebensversicherungsunternehmen sind mit dem Zielkonflikt «Sicherheit versus Ertrag» konfrontiert.
Kapitalausstattung und Risikofähigkeit Bei einer schwachen Kapitalausstattung ist die Risikofähigkeit gegenüber Marktrisiken stark einge-
mögenswerten zurzeit mit grossen Unsicherheiten
schränkt. Mit Risikoabbau auf der Aktivseite versu-
behaftet. Die Lebensversicherungsunternehmen sind
chen einige Lebensversicherungen, das notwendige
dabei mit dem Zielkonflikt «Sicherheit versus Ertrag»
Zielkapital zu verringern und mit einer Verbesserung
konfrontiert. Mit einem Portfolio von auf Sicherheit
ihrer internen SST-Ansätze die Genauigkeit der
bedachten Anlagen ist es zurzeit sehr schwierig bis
Messung der effektiven Risiken zu erhöhen. Letz-
unmöglich, die notwendige Rendite zur Bedienung
teres führt häufig ebenfalls zu einer Reduktion des
der Verpflichtungen aus den laufenden Policen, die
erforderlichen Zielkapitals. In der Regel können
oft höhere Zinsgarantien aus früheren Perioden
aber keine Massnahmen zur echten Verstärkung
beinhalten, zu erwirtschaften. Der zusätzliche
des risikotragenden Kapitals festgestellt werden.
Aufbau von Kapital aus den Erträgen ist unmöglich.
Projekte zur Kostensenkung und Umstrukturierung
Die Versicherungsgesellschaften müssen vielmehr
des Vertriebs benötigen einige Zeit, um Wirkung zu
von ihrem Kapitalpolster zehren und haben dabei
zeigen.
wenig Spielraum, dem drohenden Substanzverlust entgegenzuwirken.
Die Möglichkeiten zur Verbesserung einer geringen SST-Bedeckung von Lebensversicherungsunternehmen gestalten sich bei den einzelnen
Geringe Wachstums- und Ertragsperspektiven sowie neue Risiken
vgl. Kap. «Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes», S. 18 60 vgl. Kap. «Zunahme der Rechtsund Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft», S. 38 59
56
Unternehmen unterschiedlich. Bei Tochtergesellschaften von ausländischen Konzernen sowie
Aufgrund der tiefen Zinsen ergeben sich im
bei gut kapitalisierten schweizerischen Versiche-
traditionellen Lebensversicherungsgeschäft – infolge
rungsgruppen wird eine Kapitalverstärkung durch
der zurzeit geringen Attraktivität für Neukunden –
die Muttergesellschaft angestrebt. Bei anderen
nur beschränkt Wachstums- und Ertragsperspekti-
Lebensversicherungsunternehmen erreicht man die
ven. Die Anstrengungen, die Zinsabhängigkeit mit
höhere SST-Bedeckung über Kapitalmarkttransak-
nichttraditionellem Lebensversicherungsgeschäft
tionen oder mithilfe massgeschneiderter zeitlich
künftig zu senken, werden erst im Laufe der Zeit
gestaffelter Massnahmenpläne.
Jahresbericht 2010 | FINMA
Statistik der Lebensversicherungsunternehmen
– die Aufteilung auf der Basis der SST-Quotienten
zum SST 2010
vorgenommen wurde, wie die Lebensversiche-
Die nachfolgend aufgeführte Tabelle gibt einen
rer sie selbst gemeldet hatten, das heisst ohne
Überblick über die Verteilung der SST-Quotienten
Korrekturen durch die FINMA,
der Lebensversicherungsunternehmen, unterteilt
– die FINMA beim ziel- bzw. risikotragenden
in die vier Interventionsbereiche Rot, Orange,
Kapital Zu- bzw. Abschläge vornehmen wird
Gelb und Grün nach FINMA-Rundschreiben 08/44
(allerdings gibt es inzwischen deutliche Verbes-
«SST»61. Die Verteilung der SST-Quotienten wird mit
serungen in der Modellentwicklung, sodass der
der Rendite einer zehnjährigen Bundesobligation verglichen. Dabei ist zu beachten, dass
Umfang der Korrekturen abnimmt) und – Niederlassungen keinen SST durchführen, weshalb sie in dieser Tabelle nicht berücksichtigt sind.
Rendite zehnjährige Bundesobligation
Anzahl Lebensversicherer mit SST-Quotient in Interventionsbereichen
<33%
33% – <80%
80% – <100%
≥100%
1. Januar 2009
2,15%
0
7
3
11
1. Januar 2010
1,97%
0
3
3
15
Am 1. Januar 2011 betrug die Rendite einer zehnjährigen Bundesobligation 1,67 Prozent. Den
ben zu den SST-Quotienten wird die FINMA im April 2011 erhalten.
SST-Bericht 2011 mit den entsprechenden Anga-
Aufsichtspraxis Aufsicht über die Kollektivversicherung berufliche Vorsorge Mit der Offenlegung der Betriebsrechnungen der beruflichen Vorsorge bei Lebensversicherungs-
– Auf dem Gebiet der «Kollektivversicherung berufliche Vorsorge» ist betreffend Rechnungslegung und Geschäftsführung eine hohe Transparenz zu schaffen.
unternehmen informiert die FINMA die versicherten
– Den versicherten Vorsorgeeinrichtungen muss
Personen und die Öffentlichkeit über die Entwick-
der ihnen zugeteilte Anteil am erwirtschafteten
lung der Versicherungsunternehmen in diesem
Überschuss aufgezeigt und die Einhaltung der
Bereich.
damit verbundenen Mindestquote nachgewie-
Die Betriebsrechnungen erfüllen drei Aufgaben:
sen werden.
– Die Versicherungstätigkeit in der beruflichen Vorsorge («Kollektivversicherung berufliche Vorsorge»), einem Bereich der Sozialversicherung,
vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-44.pdf 62 vgl. http://www.finma.ch/ d/beaufsichtigte/versicherungen/ betriebsrechnung-bv/ Documents/BVG-Offenlegungsbericht-2009_d.pdf 61
BVG-Offenlegungsbericht der FINMA Der Bericht der FINMA zur Offenlegung der
soll vom übrigen Lebensversicherungsgeschäft
Betriebsrechnungen 2009 der beruflichen Vorsorge
abgegrenzt werden.
bei Lebensversicherungsunternehmen62 zeigt, dass
Jahresbericht 2010 | FINMA
57
die gesetzlichen Vorschriften durch die beaufsichtig-
der Verzinsung der Altersguthaben und hinsichtlich
ten Lebensversicherer eingehalten und die gesetz
der Umwandlung der Altersguthaben in Rente für
liche Mindestquote für die unterstellten Kollektivver-
das BVG-Obligatorium.
sicherungsverträge in den rechenschaftspflichtigen
Die von der Aufsichtsbehörde durch die Offen
Betriebsjahren 2005 bis 2009 stets übertroffen
legung über Jahre hinweg verfolgte Transparenz
wurden. Das niedrige Zinsumfeld und die schwie-
wirkt sich positiv auf das Verhalten der beaufsich-
rigen Kapitalmärkte stellen für die Versicherungs-
tigten Lebensversicherer aus. Wichtige Kennzahlen
unternehmen eine besondere Herausforderung
– zum Beispiel zu den Kosten, zur Ausschüttungs-
dar, um den Mindestvorgaben des Bundesgesetzes
politik und zu den Kapitalanlagen – zeigen Stärken
über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
und Schwächen der Marktteilnehmer und erlauben
Invalidenvorsorge nachzukommen. Speziell heraus-
Konkurrenzvergleiche. Dies kommt letztlich den
gefordert sind die Versicherungsunternehmen bei
Versicherten zugute.
Schadenversicherung Grundlagen Marktsituation In der Schadenversicherung hatten die Versiche-
die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) beaufsichtigten Krankenkassen betrieben wird). Danach
rungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz 200963 folgen die Unfallversicherung (ohne die ebenfalls
63
einen schwachen Anstieg ihrer Prämieneinnahmen
vom BAG beaufsichtigte Suva), die Motorfahrzeug-
um 160 Millionen Schweizer Franken zu verzeich-
haftpflichtversicherung und die übrigen Motor-
nen. Im inländischen Geschäft wies das Prämienvo-
fahrzeugversicherungen mit Anteilen von je um die
lumen in den einzelnen Versicherungszweigen mit
zwölf Prozent. Die Solvabilität I ergibt sich aus dem
Ausnahme der Kredit- und Kautionsversicherung
Verhältnis zwischen verfügbarer und geforderter
(minus 15 Prozent) und der Rechtsschutzversiche-
Solvabilitätsspanne. Die Nicht-Lebensversicherer
rung (plus sieben Prozent) nur geringe Bewegungen
erreichten per Ende Dezember 2009 den Solvabi-
auf. Die Schadenzahlungen der Schadenversiche-
litätswert von 377 Prozent (Vorjahr: 324 Prozent).
rungsunternehmen im direkten Schweizer Geschäft
Neben einer leichten Reduktion der geforderten
konnten in allen Versicherungszweigen durch die
Solvabilitätsspanne um rund drei Prozent stiegen
Prämienerträge gedeckt werden. Der mittlere Scha-
die anrechenbaren Eigenmittel um 13 Prozent. Da
denquotient betrug 67 Prozent.
die Betrachtungen im SST auf der Basis der markt-
Der mit 37 Prozent weitaus grösste Anteil am
nahen Bewertung durchgeführt werden, sind hier
Prämienvolumen der Schadenversicherung wird in
im Berichtszeitraum stärkere Veränderungen zu
der privaten Krankenversicherung erreicht (ohne die
beobachten. Das Verhältnis zwischen risikotragen-
obligatorische Krankenversicherung nach Bundes
dem Kapital und Zielkapital nahm in dieser Zeit von
gesetz über die Krankenversicherung, die durch
145 auf 233 Prozent zu.
Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz sind die beaufsichtigten Schadenversicherungseinrichtungen verpflichtet, ihre Berichterstattung der Aufsicht bis zum 30. April des Folgejahres einzureichen. Dementsprechend liegen die Daten per 31. Dezember 2010 erst im Mai 2011 vor.
58
Jahresbericht 2010 | FINMA
Regulierung Motion Bischofberger
und finanziell abgesicherten Betrieb des Versiche-
Mit einer Motion64 verlangt Ständerat Bischof-
rungsgeschäfts nicht gewachsen sind, sollten nicht
berger eine Änderung des Versicherungsaufsichts-
dadurch gelöst werden, dass sie von den Aufsichts-
gesetzes. Versicherungsgenossenschaften, die eng
pflichten entbunden werden. Ausnahmen sind
mit einem Verein oder Verband verbunden sind,
nach Art. 2 VAG daher nur in ganz engen Grenzen
sollen nach dieser Motion von der Versicherungs-
zulässig. Aufgrund des Versicherungsabkommens
aufsicht ausgenommen werden. Der Motionär
mit der EU sind Ausnahmen von der Aufsicht nur
begründet sein Begehren damit, dass die auf-
für Schadenversicherungsunternehmen möglich,
sichtsrechtlichen Vorschriften zum Mindestkapital,
deren jährliche Prämieneinnahmen drei Millionen
zum gebundenen Vermögen, zum Aktuariat, zur
Schweizer Franken nicht übersteigen. Richtiger-
externen Revision sowie zur Solvabilität bei diesen Versicherern zu unverhältnismässigem Aufwand und hohen Kosten führen. Der Bundesrat stellte sich klar gegen die Motion, die im Widerspruch zu zentralen Anliegen des Ver-
Das Schutzbedürfnis der Versicherten ist weder von der Grösse noch von der Struktur des Versicherungsunternehmens abhängig.
sicherungsaufsichtsgesetzes steht. Die FINMA teilt die Auffassung des Bundesrates. Die Motion führt als Problembereiche gerade jene Pflichten aus dem
weise müssten diese Unternehmen sich so orga-
Aufsichtsrecht auf, die als zentrale Voraussetzungen
nisieren, dass sie in der Lage sind, den rechtlichen
eines geordneten, den Interessen der Versicherten
Minimalanforderungen zu genügen oder sonst ent-
verpflichteten Versicherungsbetriebes gelten. Die
sprechende Konsequenzen zu ziehen. Die Motion
Unterstellung unter die Versicherungsaufsicht und
wurde entgegen dem Antrag des Bundesrates von
die entsprechenden Vorschriften des Versiche-
beiden Räten angenommen. Der Bundesrat wird
rungsaufsichtsgesetzes sollen sicherstellen, dass die
somit eine Änderung von Art. 2 VAG in die Wege
Versicherer die Leistungen an die Versicherten dau-
leiten. Die FINMA beaufsichtigt in der Schadenversi-
ernd erbringen können. Das Schutzbedürfnis der
cherung zurzeit vier genossenschaftlich organisierte
Versicherten ist grundsätzlich nicht von der Grösse
Versicherer, deren Prämieneinnahmen unter drei
oder der Struktur des Versicherungsunternehmens
Millionen Schweizer Franken liegen und die mit
abhängig. Probleme von Kleinstversicherern, die
der Umsetzung der Motion voraussichtlich aus der
dadurch entstehen, dass diese den aufsichtsrecht-
Aufsicht entlassen würden.
lichen Anforderungen an einen technisch korrekten
64
Motion 09.3965 «Versicherungsaufsichtsgesetz»
Jahresbericht 2010 | FINMA
59
Rückversicherung Grundlagen Marktsituation Die
bedeutender Gesellschaften. Die Schweiz entwickelt
Situation
der
Rückversicherungsgesell-
sich seit einiger Zeit von einem Standort mit einer
schaften in der Schweiz kann als stabil bezeichnet
dominierenden Rückversicherungsgruppe zu einem
werden. Kapitalbasis und Solvenz verbesserten sich
dynamischen Marktplatz mit einer bedeutenden
2009 stark und – von wenigen Ausnahmen abge-
Anzahl mittelgrosser, international sehr aktiver
sehen – weisen die professionellen Rückversiche-
Rückversicherungsgesellschaften.
65
rungsgesellschaften eine bedeutende Überdeckung
Neben Neubewilligungen von Rückversiche-
der SST-Ratio auf. Hingegen zeigen sich Tendenzen,
rungsgesellschaften siedelten sich in den letzten
dass – bedingt durch die Erhöhung der weltweiten
zwei Jahren auch weitere Rückversicherungsnieder-
Kapazitäten – das Preisniveau für Rückversiche-
lassungen, zum Teil von bekannten ausländischen
rungsdeckungen in vielen Märkten sinkt.
an. Diese werden von der FINMA nach heutigem
Rückversicherungen scheint ungebrochen. Dies
Recht nicht beaufsichtigt66, sofern sie in der Schweiz
trifft jedoch nicht für alle Gesellschaften zu und
nur die Rückversicherung betreiben. International
ist daher auch nicht direkt aus der Anzahl der
betrachtet, ist die Nichtbeaufsichtigung von Rück-
Beaufsichtigten ersichtlich. Im Bereich der Rückver-
versicherungsniederlassungen eher die Ausnahme.
sicherungscaptives wurden einige Gesellschaften
Diese Entwicklung des Schweizer Rückversiche-
mit sehr tiefem Geschäftsvolumen und – absolut
rungsmarktes wirft die Frage auf, ob und falls ja,
betrachtet – bescheidener Kapitalbasis aus der
wie solche Einheiten zu beaufsichtigen wären. Eine
Aufsicht entlassen, nachdem sie ihre Versicherungs-
Ausdehnung der Aufsicht bedingte allerdings eine
verpflichtungen vollständig abgelöst hatten. Deren
Gesetzesänderung.
Kapitalbasis war insgesamt tiefer als jene der 2010
Im Rahmen der Äquivalenz unter der Solvency-II-
einzigen neubewilligten Rückversicherungscaptive.
Richtlinie wird auch die Rückversicherungsregulie-
Im Jahr 2010 bearbeitete die FINMA Bewilligungs-
rung erneut beurteilt werden. Die Anerkennung ist
gesuche
für den Standort von zentraler Bedeutung.67
Nach Art. 25 Abs. 3 VAG sind die beaufsichtigten Rückversicherungsgesellschaften verpflichtet, ihre Berichterstattung der Aufsicht bis zum 30. Juni des Folgejahres einzureichen. Dementsprechend liegen die Daten zum Geschäftsjahr 2010 erst im Juli 2011 vor. 66 nach Art. 2 Abs. 2 Bst. a VAG 67 vgl. Kap. «Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln», S. 52 ff. 65
60
Rückversicherungsgesellschaften, in der Schweiz
Die Attraktivität des Standortes Schweiz für
Jahresbericht 2010 | FINMA
zur
professionellen
Rückversicherung
Krankenversicherung Grundlagen Marktsituation
ein automatisiertes Auswertungstool geschaffen,
Die FINMA beaufsichtigt 58 Krankenversicherer
das eine Verknüpfung von Daten aus dem FINMA
und Krankenkassen sowie vier Niederlassungen,
Insurance Reporting and Supervising Tool (FIRST)
welche die Krankenversicherung als Kerngeschäft
für das Zusatzversicherungsgeschäft, aus dem SST
anbieten. Weitere 17 Schaden- und Lebensversicherer vertreiben Krankenversicherungsprodukte als Nicht-Kerngeschäft. Insgesamt sind heute über 900 heterogene Produkte der Krankenzusatzversicherung auf dem Markt, die ein Prämienvolumen
Die Krankenversicherungsbranche erlebt eine fortschreitende Strukturbereinigung und Marktkonzentration.
von 8,6 Milliarden Schweizer Franken generieren. Die Branche erlebt eine fortschreitende Strukturbereinigung und Marktkonzentration durch Zusam-
sowie aus der obligatorischen Grundversicherung
menschlüsse.
herstellt. Die im Tool ermittelten Kennzahlen und
Im Bereich der Krankenversicherer war 2010
eingegebenen Parameter werden mit Benchmarks
viel in Bewegung. Das Gesundheitswesen ver-
verglichen. Zudem sind diverse Stresstests eingebaut
teuert sich stetig. Durchschnittlich steigen die von
und Kennzahlen werden über die Zeit verglichen.
den Krankenversicherern erbrachten Leistungen
Dieser einheitliche, standardisierte und weitgehend
um vier Prozent pro Jahr. Diese Entwicklung führt
automatisierte Analyseprozess hilft bei der Prob-
zwangsläufig zu höheren Tarifen, wobei bei vielen
lempriorisierung und unterstützt den Entscheid
Krankenversicherungen auch eine Verstärkung der
über eine intensivierte Aufsicht bei Gesellschaften
versicherungstechnischen Rückstellungen notwen-
mit Problemen. Als Nebeneffekt wird damit auch
dig ist. Im Jahr 2010 stand die zweite gewichtige
eine Plausibilisierung der im SST eingesetzten Para-
Prämienrunde in Folge an. Hinzu kommt die stark
meter und Bewertungen durchgeführt.
68
durch politische Einflüsse geprägte Entwicklung in
Die gezielt intensivierte Aufsicht äussert sich
der obligatorischen Grundversicherung, wo die Aus-
beispielsweise
wirkungen der Kostenspirale in der Vergangenheit
Kontrollen oder weitreichenderen Aufsichtsmass-
teilweise nur ungenügend auf die Prämien überwälzt
nahmen. Im Jahr 2010 wurden insgesamt bei zwölf
wurden. Der dadurch entstehende finanzielle Druck
verschiedenen Krankenversicherungen Vor-Ort-
in
Interimsreportings,
Vor-Ort-
auf die Krankenzusatzversicherung bei etlichen Kon-
Kontrollen durchgeführt. Bei drei Gesellschaften
zernen ist für die FINMA Gegenstand besonderer
musste ein Enforcementverfahren eröffnet werden,
Aufmerksamkeit. Quersubventionierungen werden
und in einem Fall wurde ein unabhängiger externer
nicht unterbunden, solange es sich dabei um die
Untersuchungsbeauftragter eingesetzt. Zudem
Verwendung eines erwirtschafteten risikogerechten
wurden gegen drei Gewährsträger Verfahren eröff-
Gewinnes handelt.
net, die zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch
Zur Verbesserung der ökonomischen Gesamtüberwachung der Krankenversicherer wurde 2010
hängig waren.69 vgl. Kap. «Tarife der Kranken zusatzversicherung», S. 63 vgl. «Untersuchung bei der KPT: Fusion und Mitarbeiter beteiligungsprogramm» in Kap. «Weitere Verfahren gegen prudenziell beauf sichtigte Institute», S. 87 68
69
Jahresbericht 2010 | FINMA
61
Regulierung Rundschreiben «Krankenversicherung
der erwartete Gewinn in einem Missverhältnis
nach VVG»
zum übernommenen technischen Risiko steht.
Am 1. Mai 2010 trat das FINMA-Rundschreiben 10/3 «Krankenversicherung nach VVG»70 in Kraft. Das Rundschreiben konkretisiert den gesetzlichen Auftrag, wonach die FINMA im präventiven
Nach Aufsichtsrecht liegt auch bei einer versicherungstechnisch nicht begründbaren erheblichen Ungleichbehandlung, namentlich bei den Prämienabstufungen, Missbrauch vor.
Tarifgenehmigungsverfahren sicherstellen muss,
– Behandlung relevanter Fragen im Zusammen-
dass die Prämien in der Krankenzusatzversicherung
hang mit Finanzierungsverfahren und Rückstel-
nach Versicherungsvertragsgesetz weder solvenz
lungsbildung: Das Finanzierungsverfahren muss
gefährdend noch missbräuchlich hoch sind. Die
so ausgestaltet sein, dass den Verpflichtungen
FINMA eröffnete am 1. September 2009 die öffent-
längerfristig nachgekommen werden kann.
liche Anhörung zum Entwurf des Rundschreibens.
Deshalb muss es gegenüber allen vorherseh-
27 Parteien reichten eine Stellungnahme ein. Die
baren Risiken, insbesondere dem Risiko einer
Inkraftsetzung erfolgte nach diversen Gesprächen
Änderung in der Bestandsstruktur, robust sein.
und Auseinandersetzungen mit Experten und Bran-
Die notwendigen versicherungstechnischen
chenvertretern.
Rückstellungen sind zu bewerten, transparent
Das vorliegende Rundschreiben regelt in grundsätzlicher Weise versicherungstechnische Fragen zur Tarifierung und zu den Rückstellungen. Dabei
auszuweisen und bei der Prämienfestlegung zu berücksichtigen. – Regelungen hinsichtlich der Bildung und Auf-
werden folgende Hauptpunkte angesprochen:
lösung von versicherungstechnischen Rückstel-
– Klärung von Unterstellungsfragen: In Ergänzung
lungen.
zum Gesetz definiert das Rundschreiben, welche Produkte der Genehmigungspflicht unter-
Das neue Rundschreiben verlangt somit von allen
stehen. Davon werden jene ausgeschlossen, bei
der FINMA unterstellten Krankenzusatzversicherern,
denen das Krankenversicherungsrisiko lediglich
dass aktuariell bestätigte versicherungstechnische
akzessorisch ist.
Grundlagen erarbeitet werden. Die Unternehmen
– Festlegung des zulässigen Rahmens bei der
müssen bis spätestens Ende April 2013 die kranken-
Tarifierung: Genehmigungsfähige Tarife müssen
versicherungstechnischen Teile der Geschäftspläne
die Anforderungen von Art. 38 VAG erfüllen.
revidieren und an die Anforderungen des Rund-
Das Rundschreiben präzisiert diesen Rahmen
schreibens anpassen. Einige Gesellschaften stehen
und verlangt, dass die Tarife die eingegangenen
aufgrund von seit Jahren vertriebenen Produkten
Verpflichtungen hinreichend decken und dass
mit garantierter Eintrittsalterstarifierung vor finan-
kein missbräuchlich hoher Gewinn entsteht.
ziellen Herausforderungen.
Missbrauch von Versicherten liegt vor, wenn
vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2010-03-d.pdf 70
62
Jahresbericht 2010 | FINMA
Aufsichtspraxis Tarife der Krankenzusatzversicherung Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz sowie
Versichertenstruktur besser auffangen zu können.
weiteren Aufsichtsregelungen sind die in der
Dies trifft besonders auch auf die Spitalzusatz-
Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversiche-
produkte der Versicherungen zu, bei denen sich
rung geltenden Tarife vor ihrem Inkrafttreten von
die Teuerung direkt auf die Prämien der Kunden
der FINMA zu genehmigen. Dies gilt ebenfalls für die Änderung geltender Tarife. Bis zum Ablauf der Einreichungsfrist am 31. Juli 2010 haben 43 private Versicherungsunternehmen oder Krankenkassen der FINMA Anpassungen ihrer Tarife in der Kranken-
Der Trend von 2009 setzt sich fort, die Tarife in der Krankenzusatzversicherung risikogerechter auszugestalten.
zusatzversicherung zur Genehmigung vorgelegt. Diese Anpassungen, die am 1. Januar 2011 in Kraft traten, betreffen 250 verschiedene Produkte,
auswirkt. Zudem gilt dies für die verschiedenen
die etwa 55 Prozent des Markts für Kranken
Rabattsysteme, die besser auf die effektiven Kosten
zusatzversicherungen ausmachen. In einigen Fällen
abgestimmt werden.
wurden der FINMA auch Änderungen der Versicherungsbedingungen zur Genehmigung vorgelegt. Die Anzahl der Tarifanpassungen war 2010
Die vorgelegten Tarife müssen genehmigt werden, damit die Versicherten vor Missbrauch geschützt sind und die Tarife nicht die Solvenz
deutlich höher als in den Vorjahren, aber vergleich-
des Versicherungsunternehmens gefährden. Die
bar mit 2009. Mit den vorliegenden Anpassungen
Tarife wurden von der FINMA nach diesen beiden
setzt sich der Trend von 2009 fort, die Tarife risiko-
Gesichtspunkten überprüft.
gerechter auszugestalten, um Veränderungen der
Jahresbericht 2010 | FINMA
63
MÄRKTE UND FINANZINTERMEDIÄRE
Börsen- und Marktaufsicht Regulierung Änderung des Börsengesetzes betreffend
Ausweitung des strafrechtlichen Tatbestandes der
Börsendelikte und Marktmissbrauch
Kursmanipulation konnte sich die FINMA unter der
Die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates
Bedingung einverstanden erklären, dass dafür das
vom 13. Januar 2010 schlug – gestützt auf den
Aufsichtsrecht in der Vorlage konsequent ausgestal-
Bericht der vom Bundesrat eingesetzten Experten-
tet wird. Das heisst, es muss ein umfassendes Verbot
kommission Börsendelikte und Marktmissbrauch
aller bekannten Manipulationsformen vorliegen,
vom 29. Januar 2009 – eine materiell- und verfah-
die der Funktionsfähigkeit des Marktes und der
rensrechtliche Revision des Straf- und Aufsichtsrechts
Chancengleichheit der Investoren schaden können
im Bereich des Insiderverbots, der Kursmanipulation
(allgemeine Marktaufsicht). Ein Teilverbot, wie es
und der Offenlegung von Beteiligungen (sogenannte
die Variante der erweiterten Finanzmarktaufsicht
Börsendelikte) sowie des Marktmissbrauchs vor.
vorsieht, schützt den Markt und die Anleger nach Meinung der FINMA nicht ausreichend und birgt
Die Vorlage umfasst unter anderem
erhebliche Reputationsrisiken für den Effektenhan-
– einen neuen strafrechtlichen Tatbestand des
del in der Schweiz.
Insiderverbots, – die Überführung des Insiderverbots und der Kursmanipulation vom Strafgesetzbuch ins Börsengesetz sowie
Aufsichtsinstrument der Verwaltungsbusse Zur Durchsetzung der Marktverhaltensregeln gegen nicht prudenziell Beaufsichtigte bzw. Teil-
– die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft
beaufsichtigte forderte die FINMA die Einführung
und der Bundesgerichte für die strafrechtliche
des Aufsichtsinstruments einer Verwaltungsbusse.
Verfolgung und Beurteilung der Börsendelikte.
Während im Bereich der unterstellten Institute und Personen das bestehende Massnahmeninstrumen-
Bezüglich des Aufsichtsrechts wurden die
tarium71 genügt und durchaus auch abschreckende
Vernehmlassungsteilnehmer aufgefordert, sich zu
Wirkung entfaltet, ist dies für die Teilbeaufsichtig-
äussern, ob sie die Einführung
ten, die keiner Zulassung oder Bewilligung bedür-
– einer sogenannt allgemeinen Finanzmarktauf-
fen, nicht der Fall. Hier könnte die FINMA bei einer
sicht bevorzugen, die ein Verbot für sämtliche
Verletzung der Aufsichtsregeln – zum Beispiel im
echten marktmanipulatorischen Transaktionen
Fall von Frontrunning – lediglich eine Feststellungs-
für nicht prudenziell Beaufsichtigte vorsieht,
verfügung erlassen, diese allenfalls veröffentlichen
oder
und den erzielten Gewinn einziehen. Alle anderen
– einer sogenannt erweiterten Finanzmarktauf-
Massnahmen stünden nicht zur Disposition. Des-
sicht, die nur auf einem Verbot von einigen
halb soll dem fehlbaren Teilbeaufsichtigten durch
ausgewählten echten marktmanipulatorischen
die Verwaltungsbusse ein Nachteil auferlegt werden
Verhaltensweisen für nicht prudenziell Beauf-
können, um dadurch eine präventive Wirkung zu
sichtigte beruht.
erzielen. Für die strafrechtliche Verfolgung und Beurtei-
Art. 33 ff. FINMAG und Art. 35a BEHG 71
64
Die FINMA sprach sich in ihrer Stellungnahme
lung der Börsendelikte befürwortete die FINMA
für die Überführung des Insiderverbots und
die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft und
der Kursmanipulation vom Strafgesetzbuch ins
der Bundesgerichte, sprach sich aber gegen die
Börsengesetz aus. Mit dem Verzicht auf eine
Delegationskompetenz
Jahresbericht 2010 | FINMA
der
Bundesanwaltschaft
an die Kantone in einfachen Fällen aus. Ausserdem
Die Abgrenzungspraxis der FINMA von struktu-
forderte die FINMA eine klarere Abgrenzung von
rierten Produkten zu kollektiven Kapitalanlagen wird
Aufsichts- und Strafrecht. Im Offenlegungsrecht
in den FINMA-FAQ «Strukturierte Produkte» festge-
soll nach Meinung der Aufsichtsbehörde die
halten. Die angepassten FAQ wurden im Dezember
Zuständigkeit der Stimmrechtssuspendierung vom
2010 auf der FINMA-Website veröffentlicht.
Zivilrichter auf die FINMA übertragen und mit einem
Zur Vermeidung jeglicher Täuschungs- und
Zukaufsverbot ergänzt werden. Im Übernahmerecht
Verwechslungsgefahr hat der Emittent von struk-
hingegen soll die Übernahmekommission (UEK) die
turierten Produkten eine Etikettierungspflicht. Der
Stimmrechtssuspendierung sowie ein Zukaufsver-
Hinweis, dass das strukturierte Produkt weder eine
bot verhängen können.
kollektive Kapitalanlage ist noch der Bewilligung der
Strukturierte Produkte
turierten Produkten an prominenter Stelle auf der
Aufsichtsbehörde untersteht, muss bei allen strukDie FINMA fällte 2009 den Grundsatzentscheid,
ersten Seite des vereinfachten Prospekts sowie auf
dass die Abgrenzung von strukturierten Produkten
sämtlichen anderen Unterlagen – unter anderem auf
zu kollektiven Kapitalanlagen neu aufgrund einer
indikativen Termsheets und Offering Circulars – fett
formell-rechtlichen Beurteilung der Erfüllung der
gedruckt angebracht werden.
Begriffsmerkmale der kollektiven Kapitalanlage
Diese Neuausrichtung der Abgrenzungspraxis
erfolgen soll.72 Dazu wurde bei den Marktteilneh-
ermöglichte es der SIX Swiss Exchange, ein neues
mern und Anspruchsgruppen eine Anhörung durch-
Segment für Exchange-Traded Products (ETP) ein-
geführt. Eine eingehende Analyse der diesbezüglich
zuführen. ETP sind besicherte, auf Inhaber lautende
bei der FINMA eingegangenen Stellungnahmen
strukturierte Produkte, die als Effekten ausgegeben
zeigte, dass bei der Abgrenzung zwischen struktu-
werden. Sie bilden die Kursentwicklung eines
rierten Produkten und kollektiven Kapitalanlagen der
zugrunde liegenden Basiswerts unverändert oder
Übergang zur formell-rechtlichen Beurteilung sowie
gehebelt ab. Durch die Besicherung wird das Emit-
die Einführung der entsprechenden unmissverständ-
tentenrisiko minimiert. Die FINMA genehmigte die
lichen Etikettierungspflicht begrüsst werden.
entsprechenden Regularien.
Bewilligungen Zulassung von ausländischen Eigenhändlern als Börsenteilnehmer Ausländische Eigenhändler (Proprietary Traders)
und der Scoach Schweiz AG eingereicht. Darunter befanden sich fünf Anträge von nicht regulierten Eigenhändlern. Die aufsichtsrechtliche Bewilligung
werden im europäischen Raum nach der Markets
der FINMA zur Zulassung als Remote Member
in Financial Instruments Directive (MiFID)73 von
könnte, gestützt auf die Börsenverordnung75, aber
den zuständigen Aufsichtsbehörden nicht mehr
nicht erteilt werden, weil infolge nicht vorhandener
prudenziell überwacht.74 Sie werden allerdings auf
Aufsichtskompetenz keine ausländische Aufsichts-
europäischen Handelsplätzen uneingeschränkt zum
behörde die vorausgesetzte Aufsichtsbestätigung
72
Handel mit Wertschriften in eigenem Namen und
ausstellen kann. Die Nichtzulassung von auslän-
73
auf eigene Rechnung zugelassen. Bei der SIX Swiss
dischen Eigenhändlern würde für die SIX Swiss
Exchange wurden 2010 rund zwei Dutzend Zulas-
Exchange im internationalen Wettbewerb aber zu
sungsanträge von ausländischen Eigenhändlern zur
einem nicht unwesentlichen Konkurrenznachteil
Teilnahme am Handel an der SIX Swiss Exchange
führen. Angesichts der hart umkämpften Markt-
vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 65 Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanz instrumente 74 nach Art. 2 Abs. 1 Bst. d der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente 75 nach Art. 53 BEHV
Jahresbericht 2010 | FINMA
65
anteile um Handelsvolumen, vor allem hinsichtlich
hoheitlichen Bestätigung haben die nicht regulier-
schweizerischer Blue Chips, aufgrund der starken
ten Eigenhändler eine Erklärung zu unterzeichnen,
Konkurrenz durch die europäischen Multilateral
mit der sie zur Einhaltung regulatorischer Auflagen
Trading Facilities (MTF) sowie wegen der von der
wie Melde- und Auskunftspflichten und Journal-
europäischen
führung sowie zu entsprechendem Marktverhalten
Rechtsentwicklung
inzwischen
überholten Bestimmungen von Art. 53 BEHV
verpflichtet werden.
wurde eine Praxisänderung eingeführt. Demnach
Diese Praxis für ausländische Eigenhändler
können nicht regulierte ausländische Eigenhändler
muss aber positivrechtlich verankert werden. Aus
als Remote Member vorläufig auch ohne die nach
Gründen der Gleichbehandlung ist eine analoge
Börsenverordnung erforderliche Bestätigung der
Regelung auch für schweizerische Eigenhändler
ausländischen Aufsichtsbehörde zum Handel an der
anzustreben. Regulierungsbestrebungen in diese
SIX Swiss Exchange zugelassen werden. Anstelle der
Richtung wurden deshalb angegangen.
Aufsichtspraxis SIX Swiss Exchange
weniger stark reguliert und verfügen nicht zuletzt
Die Revision des europäischen Finanzmarkt-
deshalb über eine schlankere Kostenstruktur und
rechts durch die MiFID löste im grenzüberschrei-
damit über einen Wettbewerbsvorteil. Zum andern
tenden Börsenhandel ökonomische Turbulenzen
fördern die europäischen Staaten und deren Auf-
aus. Insbesondere die Zulassung der MTF führte zu
sichtsbehörden die eigenen Handelsplätze gezielt.
einem massiv verschärften Wettbewerb unter den
In diesem harten internationalen Konkurrenzkampf
Handelsplätzen. Dies war auch bei der SIX Swiss
ist die SIX Swiss Exchange einerseits selbst gefordert,
Exchange spürbar: Sie musste einen markanten
andererseits ist im FINMAG76 festgelegt, dass die
Rückgang des Anteils am Handelsvolumen in
schweizerische Aufsichtsbehörde zur Stärkung der
europäischen Blue Chips hinnehmen. Wesentliche
Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz
Marktanteile gingen namentlich an MTF Chi-X in
beizutragen hat. Dabei geht es auch darum, das
London. Diese war Ende Jahr auf dem europäischen
schweizerische Recht und die entsprechende
Börsenmarkt volumenmässig der zweitgrösste Han-
Praxis an die europäische Rechtswirklichkeit her-
delsplatz, knapp vor der NYSE Euronext und hinter
anzuführen. Ein Beispiel dazu ist die Zulassung von
der London Stock Exchange. Bei den Abschlüssen
nicht regulierten ausländischen Eigenhändlern als
in europäischen Blue Chips lag Chi-X gar an erster
Börsenteilnehmer an der SIX Swiss Exchange.77 Hier
Stelle. Die SIX Swiss Exchange konnte hinsichtlich
ist allerdings infrage zu stellen, ob in der Schweiz
ihres Handelsvolumens im Vergleich zu 2009 ihren
bestehende strenge Aufsichtsregeln aus Wettbe-
sechsten Rang halten. Bei der Anzahl Transaktionen
werbsgründen und im Ringen um Standortvorteile
fiel die SIX Swiss Exchange im Vergleich zum Vorjahr
– verbunden mit entsprechenden Reputations
vom achten auf den zehnten Rang zurück.
risiken – weiter aufgeweicht werden sollen, um im
Aufweichen von Aufsichtsregeln zugunsten der
schweizerischer Marktteilnehmer zu erhalten.
Vergleich zum EU-Recht die Wettbewerbsfähigkeit Wettbewerbsfähigkeit der Marktteilnehmer Art. 5 FINMAG vgl. Kap. «Zulassung von ausländischen Eigenhändlern als Börsenteilnehmer», S. 65 76
77
66
Im europäischen Umfeld wird der Wettbewerb
Interoperabilität
heute intensiv geführt. Zum einen sind die MTF im
Im Jahr 2010 richtete die SIX x-clear AG ihr
Vergleich zu den herkömmlichen Börsen generell
Hauptaugenmerk darauf, als Zentrale Gegenpartei
Jahresbericht 2010 | FINMA
Zugang zu ausländischen Börsen und MTF zu
Group Ltd, European Central Counterparty Limited
erreichen – dies durch Interoperabilität mit den
und European Multilateral Clearing Facility) unter-
ansässigen Clearinghäusern. Gestützt auf den
stützen. Die Regulatoren sind sich einig, dass das
europäischen Code of Conduct für Clearing und
gemeinsame Inter-CCP-Risiko-Modell nicht nur
Settlement, der in der Clearing- und Abwick-
den besonderen Risiken der Interoperabilität
lungsbranche als Verhaltenskodex gilt, geht es
z wischen den Clearinghäusern Rechnung tragen
bei der Interoperabilität um die «Verlinkung»
muss, sondern auch im Einklang zu stehen hat mit
mehrerer Clearinghäuser für das Clearing von
– den Standards zur Interoperabilität des
Effektentransaktionen. Die Regulatoren78 der
•
Schweiz (SNB und FINMA), Grossbritanniens (FSA und Bank of England) und der Niederlande (Autoriteit Financiële Markten und De Nederlandsche Bank) hielten in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass sie die Bestrebungen ihrer jeweiligen
European System of Central Banks Committee of European Securities Regulators und des
•
Committee on Payment and Settlement Systems der IOSCO
– sowie mit entsprechenden Entwicklungen in der Gesetzgebung der Europäischen Kommission.
Clearinghäuser (SIX x-clear AG, LCH.Clearnet
Ausblick Energiehandel Mit der Liberalisierung des Strommarktes nah-
rung im Zusammenhang mit der im September 2009 eingereichten Motion Rechsteiner80, nahm die
men in der Schweiz die Aktivitäten der Marktteilneh-
FINMA zusammen mit der ElCom und dem BFE im
mer im Stromhandel, insbesondere im Stromderiva-
Frühjahr 2010 eine Marktbeobachtung zu Risiken im
tehandel, spürbar zu. Dabei übersteigt das bilaterale
Energiehandel vor. Dabei wurden die zehn grössten
OTC-Geschäft der Schweizer Energiehändler hin-
schweizerischen Energieversorgungsunternehmen
sichtlich der erzielten Umsätze und Kontraktwerte
aufgefordert, zu ihren Markt- und Kreditrisiken im
die an Börsen getätigten Abschlüsse immer noch
Energiehandel Stellung zu nehmen. Anlässlich einer
deutlich. Die OTC-Geschäfte fallen nicht unter den
weiteren Fragerunde Ende September 2010 konzen-
Effektenbegriff nach Börsengesetz79 und werden
trierten sich die involvierten Behörden sodann auf
demzufolge nicht direkt von der FINMA reguliert
die drei grössten Energieversorgungsunternehmen
und überwacht. Um dennoch einen Überblick über
sowie auf vertiefte Fragestellungen zu den Risiken
die relevanten Marktteilnehmer und die involvierten
im Energie-Eigenhandel. Die Auswertung der Ant-
Risiken zu erhalten sowie als weiterführende Abklä-
worten war Ende 2010 noch nicht abgeschlossen.
Effektenhandelsaufsichts behörden und Zentralbanken Art. 2 Bst. a BEHG 80 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 66 78
79
Jahresbericht 2010 | FINMA
67
Übernahme und Offenlegung Grundlagen Verfahrensführung im Offenlegungsrecht
börsengesetzlichen Meldepflichten beim EFD
Die mit dem FINMAG per 1. Januar 2009 in
an, sofern ein begründeter Verdacht vorliegt. Sie
Kraft getretene Revision von Art. 41 BEHG führte
prüft im Einzelfall, zu welchem Zeitpunkt sie eine
neu die Sanktion von fahrlässigen Meldepflicht-
Anzeige erstattet. Grundsätzlich hat für die FINMA
verletzungen nach Art. 20 BEHG ein, was zu einer
die Abklärung des aufsichtsrechtlichen Sachverhalts
erheblichen Zunahme mutmasslicher Meldepflicht-
Priorität. Soweit die FINMA als Aufsichtsbehörde
verletzungsfälle bzw. -anzeigen führte. Vor diesem
also ein Interesse hat, vertiefte Abklärungen zu tref-
Hintergrund sowie im Rahmen ihrer Anzeigepflicht
fen, wird sie mögliche Meldepflichtverletzungen in
nach Art. 38 Abs. 3 FINMAG wird die FINMA ihre
der Regel erst nach Durchführung entsprechender
Praxis künftig verschärfen und wie folgt vorgehen:
Abklärungen anzeigen.
Die FINMA zeigt jede mögliche Verletzung von
Regulierung Offenlegungsrecht: Mandat zur Teilrevision der Börsenverordnung-FINMA Der Wortlaut von Art. 17 BEHV-FINMA, einer
– die Meldepflicht für Anlegerfonds oder kollektive Kapitalanlagen mit kleiner Investorenzahl (qualifizierte Anleger).
Sondernorm zur Meldepflicht schweizerischer und ausländischer kollektiver Kapitalanlagen, bereitet
81 82
mittelfristig
Schwierigkeiten. Probleme treten sowohl bei Inves-
erzielen lässt. Weiter sucht die FINMA mit Blick
toren als auch bei den für Einzelfragen zuständigen
auf die passive Meldepflicht nach Möglichkeiten,
Offenlegungsstellen auf und betreffen namentlich
um den Überwachungsaufwand für Investoren zu
– die Befreiung von der Pflicht zur Konsolidierung
senken. Geprüft wird eine standardisierte und zen-
eine
entsprechende
Verbesserung
im Konzernverhältnis bei schweizerischen kol-
trale Veröffentlichung der für die Berechnung der
lektiven Kapitalanlagen,
Grenzwerte notwendigen Parameter.81 Schliesslich
– die explizite Vorgabe einer Unabhängigkeitsbe-
evaluiert die FINMA eine Präzisierung des Wortlauts
scheinigung der zuständigen Aufsichtsbehörde
von Art. 20 BEHG für jene Investoren, die in einem
im Sitzstaat für ausländische kollektive Kapital-
ersten Schritt exakt einen Grenzwert erreichen und
anlagen sowie
diesen später über- oder unterschreiten.82
Art. 12 Abs. 2 BEHV-FINMA Art. 11 BEHV-FINMA
68
Die FINMA prüft daher, auf welche Weise sich
bei seiner Auslegung und Anwendung regelmässig
Jahresbericht 2010 | FINMA
Kollektive Kapitalanlagen Grundlagen Rahmenbedingungen und Entwicklungen
Mitteilungen83 sollen die Bewilligungsträger direkt
im Bereich kollektive Kapitalanlagen
und zeitnah über wesentliche Aufsichtsthemen,
Sowohl im Genehmigungsverfahren als auch bei
über aktuelle Aspekte der Aufsicht sowie über
der Überwachung ist der Informationsaustausch ein
internationale Entwicklungen informieren. In jenen
wesentlicher Faktor. Mit über 1 300 genehmigten
Mitteilungen veröffentlicht die Aufsichtsbehörde
inländischen und über 5 200 zum öffentlichen
zudem Statistiken über die Behandlungsdauer von
Vertrieb in oder von der Schweiz aus zugelassenen
Gesuchen. Diese Statistiken geben anonymisiert
ausländischen kollektiven Kapitalanlagen ist die
Auskunft
Zusammenarbeit zwischen Markt und Aufsichts-
(seitens des Gesuchstellers und seitens der FINMA)
behörde im Bereich der kollektiven Kapitalanlagen
von Gesuchen zu inländischen kollektiven Kapital-
besonders intensiv.
anlagen. Die Statistiken ermöglichen es der FINMA,
über
die
Gesamtbehandlungsdauer
mit Gesuchstellern, die überdurchschnittlich viel FINMA-Mitteilung «Kollektive Kapitalanlagen» Als Ergänzung zu den einzelnen Kontakten mit
Zeit benötigen, den Dialog über Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Behandlungsdauer
Marktteilnehmern veröffentlicht die FINMA seit
aufzunehmen. Die zahlreichen Reaktionen zeigen,
der Erstpublikation im April 2010 in regelmässigen
dass die neue Publikation bei den Marktteilnehmern
Abständen eine FINMA-Mitteilung mit dem Titel
auf grosses Interesse stösst und positiv aufgenom-
«Kollektive Kapitalanlagen». Die entsprechenden
men wird.
Regulierung Geltungsbereich des Kollektivanlagengesetzes
ist und die sowohl dem breiten Publikum als auch
im Bereich der Beteiligungsgesellschaften
qualifizierten Anlegern offenstehen kann. Für Publi-
Im Rahmen der Totalrevision des früheren Anla-
kums-SICAF war eine Kotierung an einer Schweizer
gefondsgesetzes war beabsichtigt, neue Rechtsfor-
Börse zwingend vorgesehen. Die Bestimmungen
men für schweizerische kollektive Kapitalanlagen
rund um die SICAF führten in den parlamentarischen
einzuführen. Neben der aus der europäischen
Debatten jedoch zu kontroversen Diskussionen,
Gesetzgebung bereits bekannten Investmentge-
nicht zuletzt auch hinsichtlich der Definition einer
sellschaft mit variablem Kapital (SICAV) waren dies
SICAF. Der Ständerat einigte sich schliesslich auf
die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalan-
einen Kompromissvorschlag, dem in der Folge auch
lagen sowie die Investmentgesellschaft mit festem
der Nationalrat zustimmte. Dementsprechend sind
Kapital (SICAF).
SICAF nun Aktiengesellschaften nach Schweizer
Definition der SICAF
die kollektive Kapitalanlage ist, deren Aktionärinnen
Obligationenrecht, deren ausschliesslicher Zweck Im Entwurf zum Kollektivanlagengesetz wurde
und Aktionäre nicht im Sinne von Art. 10 Abs. 3
die SICAF als Aktiengesellschaft nach schweize-
KAG qualifiziert sein müssen und die nicht an einer
rischem Obligationenrecht definiert, deren aus-
Schweizer Börse kotiert sind.
schliesslicher Zweck die kollektive Kapitalanlage
83
vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Seiten/ finma-mitteilungen.aspx
Jahresbericht 2010 | FINMA
69
Revisionsbedarf
weiten Geltungsbereich erhält. Die bisher mit der
Die geltenden Bestimmungen über die SICAF
Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen gesam-
sind grundsätzlich auch auf bereits vor dem Inkraft-
melten Erfahrungen zeigen, dass sich die daraus
treten des Kollektivanlagengesetzes gegründete
entstehenden Unklarheiten und teilweise sogar
Aktiengesellschaften anwendbar. In der Praxis
Widersprüche nicht nur durch die Entwicklung einer
stellte sich diese Anwendung allerdings als äusserst
Bewilligungspraxis beseitigen lassen, sondern dass
schwierig heraus, da klare Abgrenzungskriterien
vielmehr eine Revision der einschlägigen Gesetzes-
hinsichtlich einer Unterstellungspflicht fehlen und
bestimmungen notwendig ist.
das Kollektivanlagengesetz dadurch einen sehr
Bewilligungen Steigerung der Effektivität und Effizienz
Kollektive Kapitalanlagen
in der Aufsicht
im Immobilienbereich
Im Sinne einer Dienstleistung für die unterstell-
Im Jahr 2010 wurden vermehrt Gesuche für die
ten Bewilligungsträger hatte die Aufsichtsbehörde
Bewilligung bzw. Genehmigung von kollektiven
früher zum Teil Tätigkeiten vorgenommen, zu denen
Kapitalanlagen im Immobilienbereich eingereicht,
keine gesetzliche Pflicht bestand. Zur Steigerung
sowohl in der Form von offenen kollektiven Kapi-
der Effektivität und Effizienz in der Aufsicht über
talanlagen (vertragliche Anlagefonds und SICAV)
die kollektiven Kapitalanlagen verzichtet die FINMA
als auch in der Form von geschlossenen kollektiven
nun bei der Genehmigung von Produkten und
Kapitalanlagen (Kommanditgesellschaften für kol-
deren Änderungen so weit wie möglich auf solche
lektive Kapitalanlagen).
freiwilligen Tätigkeiten. Neben der Abschaffung der
Bei der Einreichung des Gesuchs obliegt es dem
Prüfung der Vorgesuche für nicht EU-kompatible
Gesuchsteller, nachzuweisen, dass das eingereichte
ausländische kollektive Kapitalanlagen (sogenannte
Produkt eine kollektive Kapitalanlage im Sinne von
Non-UCITS) und der Vereinfachung der Verfahren
Art. 7 Abs. 1 KAG darstellt. Kollektive Kapitalanla-
für ausländische UCITS III – unter anderem durch
gen sind Vermögen, die von Anlegern zur gemein-
die Abschaffung des Swiss Finish – verzichtet die
schaftlichen Kapitalanlage aufgebracht und für
FINMA nun auch bei vertraglichen Anlagefonds
deren Rechnung verwaltet werden. Die einzelnen
schweizerischen Rechts auf die Überprüfung von
Konstitutivelemente dieser Legaldefinition müssen
Prospekten und vereinfachten Prospekten bzw. auf
dabei kumulativ vorhanden sein.
deren Änderung sowie die vorgängige Prüfung von Fondsvertragsänderungen dieser Produkte.
70
Grundsatz der Fremdverwaltung
Solche Dienstleistungen verlängerten teilweise
Eines dieser Konstitutivelemente ist der Grund-
nicht nur die Verfahren, sondern führten auch
satz der Fremdverwaltung bzw. die zwingende Ver-
dazu, dass sich die Bewilligungsträger des Umfangs
waltung des Vermögens durch einen Dritten. Unter
ihrer Verantwortung nicht immer ausreichend
dem Kollektivanlagengesetz gilt dieser Grundsatz
bewusst waren. Parallel zum Verzicht auf solche
unabhängig von der Rechtsform der kollektiven
Dienstleistungen muss deshalb die Überwachung
Kapitalanlage. Deshalb muss der Gesuchsteller
– insbesondere hinsichtlich der Wahrnehmung
unter anderem nachweisen, dass die Anleger
der Verantwortung durch die Bewilligungsträger –
unter keinen Umständen in den Anlageentschei-
intensiviert werden.
dungsprozess eingreifen können. Bei kollektiven
Jahresbericht 2010 | FINMA
Kapitalanlagen im Immobilienbereich besteht aber
der kollektiven Kapitalanlagen dar und erfordert
je nach Ausgestaltung die Möglichkeit, dass Anleger
deshalb eine sorgfältige Abwägung von sämtlichen
in den genannten Entscheidungsprozess eingreifen,
mit dem konkreten Gesuch in Zusammenhang
da meist nur wenige Transaktionen getätigt wer-
stehenden Umständen. Aus diesem Grund kann die
den und die Anzahl der erworbenen Immobilien
FINMA beispielsweise auf anonymisierte Gesuche
beschränkt ist. Viele Gesuchsteller konnten denn
nicht eingehen, mit denen vorab oft die Abklärung
auch den Nachweis des Vorliegens einer Fremdver-
der Machbarkeit eines Projekts verlangt wird.
waltung im konkreten Fall nicht erbringen. Unterschied zwischen BewilligungsÜbernahme- und Abtretungsverbot
und Genehmigungsverfahren
Bei kollektiven Kapitalanlagen im Immobi
Oft scheinen sich die Gesuchsteller des mate-
lienbereich ist weiter das Übernahme- und Abtre-
riellen Unterschieds zwischen Bewilligungs- und
tungsverbot von Art. 63 KAG zu beachten. Danach
Genehmigungsverfahren bzw. der Bedeutung des
dürfen die Fondsleitung, die Depotbank und
Bewilligungsverfahrens zu wenig bewusst zu sein,
deren Beauftragte sowie die ihnen nahestehenden
gerade auch im Zusammenhang mit kollektiven
natürlichen und juristischen Personen von Immo-
Kapitalanlagen, die sowohl den Charakter eines
bilienfonds keine Immobilienwerte übernehmen
Produkts als auch jenen eines Instituts aufweisen.
oder ihnen abtreten. Einer Immobilien-SICAV ist
So beobachtete die FINMA verschiedentlich, dass
es untersagt, Immobilienwerte ihrer Unternehmer-
für zahlreiche Gesuchsteller die Lancierung eines
aktionäre oder von ihr nahestehenden natürlichen
Produkts im Vordergrund stand und sich deren
und juristischen Personen zu übernehmen bzw.
Anstrengungen entsprechend auf das Produkt kon-
diese Immobilienwerte an jene Personen abzutre-
zentrierten. Demzufolge wurde den Anforderungen
ten. Das Übernahme- und Abtretungsverbot von
an das zugehörige Institut zu wenig Beachtung
Art. 63 KAG ist als zwingend zu qualifizieren, das
geschenkt, und das Gesuch musste schliesslich
heisst, auch bei einem Immobilienfonds bzw. einer
abgelehnt werden.
Immobilien-SICAV für qualifizierte Anleger können keine Ausnahmen gewährt werden.
Ausbau der risikoorientierten Aufsicht Der Ausbau der risikoorientierten Aufsicht im
Bewilligungsverfahren
Bereich der kollektiven Kapitalanlagen stellt eines
Die Bewilligung von Instituten stellt neben der
der Kernelemente in der Umsetzung des strategi-
Genehmigung von Produkten eine der Haupttätig-
schen Ziels zur Verbesserung des Kundenschutzes
keiten der Abteilung «Kollektive Kapitalanlagen»
der FINMA dar. Dies soll nicht zuletzt auch die
der FINMA dar. Auch wenn diese beiden Tätigkeiten
Bedeutung der Institute nach dem Kollektivanla-
eng beieinanderliegen, so unterscheiden sie sich
gengesetz wieder in Erinnerung rufen und den
doch wesentlich.
Aufsichtsaspekt auch so in den Bewilligungsprozess
Die Bewilligung eines Instituts stellt das umfas-
einfliessen lassen.
sendste Zulassungsverfahren auf dem Gebiet
Jahresbericht 2010 | FINMA
71
Aufsichtspraxis Selbst- und fremdverwaltete SICAV Mit Inkrafttreten des Kollektivanlagengesetzes
ihre Fondsleitung delegieren, die über die erforderlichen Eigenmittel verfügt. Eine SICAV qualifiziert sich
wurden neue Rechtsformen für kollektive Kapitalan-
damit nur dann als fremdverwaltet, wenn sowohl die
lagen eingeführt. Eine dieser neuen Rechtsformen
Administration als auch die Vermögensverwaltung
stellt die SICAV dar. Sie ist eine spezialgesetzliche
an eine bewilligte Fondsleitung delegiert werden.
Aktiengesellschaft mit variablem Kapital, die sowohl
Hinsichtlich der Vermögensverwaltung besteht
als selbstverwaltete als auch als fremdverwaltete
jedoch die Möglichkeit, diese über die Fondsleitung
SICAV ausgestaltet werden kann. Die Hauptunter-
an einen nach Kollektivanlagengesetz bewilligten
schiede dieser beiden Typen liegen im Umfang der
Vermögensverwalter zu delegieren. Dieses Regime
delegierten Aufgaben, der Höhe der Mindestein-
entspricht im Übrigen auch den Vorstellungen
lage sowie der Identität der Bewilligungsträger,
des Gesetzgebers, der davon ausging, dass eine
welche die erforderlichen Eigenmittel aufbringen
fremdverwaltete SICAV – abgesehen von der
müssen (Fondsleitung oder SICAV). Demgegen-
Generalversammlung und vom Verwaltungsrat –
über bestehen keine Unterschiede hinsichtlich des
keine weiteren organisatorischen Voraussetzungen
Anlegerschutzes: Anleger von fremdverwalteten
erfüllen und kein zusätzliches Personal aufweisen
Publikums-SICAV müssen gleichwertig geschützt
muss.
sein wie Anleger von selbstverwalteten PublikumsSICAV.
Selbstverwaltete SICAV
Rolle der Eigenmittel
durch die SICAV selbst wahrgenommen werden,
Publikums-SICAV, bei denen gewisse Tätigkeiten Im Zusammenhang mit dem Anlegerschutz
sind immer als selbstverwaltete SICAV zu qualifi-
kommt den Eigenmitteln eine grosse Bedeutung
zieren. In ihrem Fall wird die Administration nicht
zu. Diese sollen sicherstellen, dass eine Fondsleitung
vollständig und die Vermögensverwaltung nicht an
oder eine SICAV in der Lage ist, die sich aus ihrer
eine bewilligte Fondsleitung delegiert. Selbstver-
Tätigkeit ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen
waltete Publikums-SICAV haben entsprechend den
und damit entsprechende Stabilität zu gewährleis-
Tätigkeiten, die sie selbst wahrnehmen, zusätzliches
ten. Bei der selbstverwalteten SICAV ist dauernd
Personal und eine spezielle Organisation sowie
ein angemessenes Verhältnis zwischen den Eigen-
Infrastruktur aufzuweisen. Diese Regelung gilt
mitteln und dem Gesamtvermögen der Gesellschaft
jedoch nicht bei SICAV für qualifizierte Anleger,
einzuhalten.84 Die fremdverwaltete SICAV hingegen
da für diese die grösstmögliche Flexibilität gewahrt
hat ihr Vermögen nicht selbst mit eigenen Mitteln
bleiben soll.
zu unterlegen; an ihrer Stelle muss vielmehr die beauftragte Fondsleitung das Gesamtvermögen der SICAV für die Berechnung ihrer Eigenmittel mit einbeziehen.
85
Sacheinlage und -auslage bei Publikumsfonds Bei der Sacheinlage (Payment in Kind) bringen die Anleger ihre Anlagen in einen Fonds ein, bei der Sachauslage (Redemption in Kind) hingegen wer-
Fremdverwaltete SICAV
Art. 39 Abs. 1 KAG Art. 48 Abs. 4 KKV 86 Art. 78 KAG 84 85
72
den sie mithilfe von Anlagen ausbezahlt. Unter dem
Da eine fremdverwaltete Publikums-SICAV
Kollektivanlagengesetz sind bei Publikumsfonds
selbst über keine eigenen Mittel verfügt, darf diese
sowohl die Sacheinlage als auch -auslage grund-
weder die Administration noch die Vermögensver-
sätzlich verboten, wobei die FINMA Ausnahmen
waltung der SICAV wahrnehmen. Vielmehr muss sie
gewähren kann.86 Die FINMA hat entschieden,
aus Anlegerschutzgründen sämtliche Tätigkeiten an
die Sacheinlage und -auslage bei Publikumsfonds
Jahresbericht 2010 | FINMA
unter Einhaltung der nachfolgend beschriebenen Bedingungen jederzeit und nicht nur im Einzelfall zuzulassen.
Begriff der öffentlichen Werbung Mit dem am 30. September 2009 erfolgten vollständigen Inkrafttreten des FINMA-Rundschreibens 08/8 «Öffentliche Werbung kollektive Kapital-
Konkrete Ausgestaltung des Anlegerschutzes Bei der Sacheinlage und -auslage muss der
anlagen»88 stellt sich für die FINMA die Frage, ob unabhängige Vermögensverwalter von den
Schutz der Anleger gewahrt werden. Zudem hat
Anforderungen nach Art. 6 Abs. 2 KKV befreit sind,
die Fondsleitung bzw. die SICAV bei der Übertra-
wenn sie zugleich bereits aufgrund einer Vertriebs-
gung von Sachwerten ausschliesslich die Interessen
trägerbewilligung nach Art. 19 KAG tätig sind. Die
der Anleger zu schützen. Weiter müssen die
FINMA verfügte in einem konkreten Fall, diese Frage
Bewilligungsträger stets eine Anlagepolitik verfol-
sei zu verneinen, weil
gen, die dauernd mit dem in den massgebenden
– Vertriebsträger als Verkaufsvermittler im Dienst
Dokumenten festgelegten Anlagecharakter der kol-
der Produzenten tätig sind, während Vermö-
lektiven Kapitalanlage übereinstimmt.87 Ausserdem
gensverwalter als Einkaufsvermittler «ungebun-
dürfen Anlagen nur zum Marktpreis übernommen
den» und «unabhängig» im Dienst der Kunden
sowie Anlagen aus eigenen Beständen nur zum
aktiv sind und
Marktpreis abgetreten werden. Die Depotbank
– Vertriebsträger wegen des Kriteriums der
ihrerseits hat bei jeder Sacheinlage und -auslage die
«öffentlichen Werbung» dem Kollektivanla-
Einhaltung der Treuepflicht durch die Fondsleitung
gengesetz unterstehen, Vermögensverwalter
sowie die Bewertung der übertragenen Anlagen
hingegen aufgrund des Kriteriums der «Berufs-
und der ausgegebenen bzw. zurückgenommenen
mässigkeit» dem Geldwäschereigesetz.
Anteile zu prüfen. Allfällige Vorbehalte sind unverzüglich der Prüfgesellschaft zu melden. Schliesslich
Letztlich bestehen bei Vertriebsträgern Mini-
müssen die einzelnen Bedingungen, unter denen
malstandards für Vertriebsverträge, während bei
die Sacheinlage bzw. -auslage zulässig sein soll, im
den Vermögensverwaltern solche für Vermögens-
Fondsvertrag bzw. Anlagereglement der jeweiligen
verwaltungsverträge gelten. Gegen die Verfügung
kollektiven Kapitalanlage festgehalten werden. Die
wurde beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde
Fondsleitung bzw. die SICAV ist für deren Einhal-
eingereicht; das Verfahren ist hängig.
tung verantwortlich.
Art. 21 Abs. 1 KAG vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-08.pdf 87
88
Jahresbericht 2010 | FINMA
73
Prüfgesellschaften, Ratingagenturen und Accounting Regulierung Behandlung strukturierter Produkte im
die auf einer Fair-Value-Basis bewirtschaftet und
Rundschreiben «Rechnungslegung Banken»
deren Performance auf dieser Grundlage gemessen
Nach dem FINMA-Rundschreiben 08/2 «Rech-
wird. Die Fair-Value-Bewertung aller Komponenten
nungslegung Banken»89 sowie der diesbezüglichen
der Gruppe führt zur grundsätzlichen Vermeidung
Praxis der FINMA müssen Banken von ihnen selbst
eines sogenannten Accounting Mismatch. Weiter
emittierte strukturierte Produkte mit eigenen
sind allfällige Auswirkungen der eigenen Kredit-
Schuldverschreibungen für die Bewertung in einen
würdigkeit auf den Fair Value zu neutralisieren.
Basisvertrags- und einen Derivatteil auftrennen und
Zudem dürfen diese die Erfolgsrechnung nicht
separat bewerten (Bifurcation), wobei grundsätzlich
beeinflussen. Die Institute, die eine gesamthafte
nur der Derivatteil zum Fair Value bewertet werden
Bewertung von selbst emittierten strukturierten
darf. Die FINMA stellte fest, dass die entsprechenden
Produkten mit eigenen Schuldverschreibungen zum
Vorschriften zum Teil unterschiedlich verstanden
Fair Value vornehmen, haben zusätzliche Angaben
werden. Aus diesem Grund führte sie Gespräche mit
im Anhang offenzulegen.
betroffenen Parteien. Dabei kam sie zum Schluss, dass es Situationen gibt, in denen eine gesamthafte Bewertung der selbst emittierten strukturierten Produkte
vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-02.pdf 89
74
mit
eigenen
Prüfwesen Für die Aufsichtstätigkeit der FINMA stellen die
Schuldverschreibungen
Prüfgesellschaften eine wichtige Informationsquelle
zum Fair Value den sinnvolleren Ansatz darstellt
dar. Im Zuge der Überarbeitung der Aufsichtskon-
als die momentan geforderte Aufteilung. Dies ist
zepte in den einzelnen Aufsichtsbereichen überprüft
der Fall, wenn die selbst emittierten strukturierten
die FINMA zurzeit die Rolle der Prüfgesellschaften.
Produkte mit eigenen Schuldverschreibungen Teil
Am Einsatz von Prüfgesellschaften bei Beaufsichtig-
einer handelsähnlichen Strategie sind. Die FINMA
ten als «verlängertem Arm» der FINMA wird aber
ergänzte daher die FAQ-Rubrik «Rechnungslegung
grundsätzlich festgehalten.
von Banken» entsprechend. Selbst emittierte
Mit der Überarbeitung der Rundschreiben im
strukturierte Produkte mit eigenen Schuldver-
Prüfwesen strebt die FINMA beim Einsatz der Prüf-
schreibungen können daher, wenn sie Teil einer
gesellschaften eine weitgehende Standardisierung
handelsähnlichen Strategie sind, unter gewissen
zwischen den einzelnen Aufsichtsbereichen sowie
Bedingungen gesamthaft zum Fair Value bewertet
eine verstärkte Risikoorientierung an. Festgestellte
werden. Die Bedingungen sehen unter anderem
Nachteile des bisherigen Systems, die vor allem zu
vor, dass die erhaltenen Emissionserlöse unmittelbar
Interessenkonflikten bei den Prüfgesellschaften
zur Absicherung der Risiken der emittierten struk-
geführt haben, sind dabei so weit als möglich zu
turierten Produkte verwendet werden. Allfällige
beseitigen. Die Prüfgesellschaften sollen ihre Tätig-
Überschüsse müssen grundsätzlich innerhalb der
keit künftig mit einer höheren Unabhängigkeit vom
Handelstätigkeit verwendet werden und somit
Prüfkunden wahrnehmen können und damit in
nicht in wesentlichem Umfang zur Refinanzierung
stärkerem Masse ihrer Verantwortung gegenüber
von anderen Geschäftstätigkeiten. Zudem haben
der FINMA gerecht werden. In diesem Zusammen-
die selbst emittierten strukturierten Produkte mit
hang ist der Informationsaustausch zwischen den
eigenen Schuldverschreibungen zusammen mit den
Prüfgesellschaften und der FINMA zu verstärken,
entsprechenden Absicherungsinstrumenten eine
einschliesslich einer frühzeitigen Einbindung der
Gruppe von Finanzaktiven und -passiven zu bilden,
FINMA in die Prüfungsplanung.
Jahresbericht 2010 | FINMA
In ihrer Antwort auf den GPK-Bericht vom 31. Mai 2010 hielt die FINMA am 26. N ovember 2010 fest, dass sie die vollständige Trennung
zwischen
obligationenrechtlicher
Verhandlungen über Joint Inspections von PCAOB, RAB und FINMA Zusammen mit der Eidgenössischen Revisions-
und
aufsichtsbehörde (RAB) führte die FINMA mit dem
aufsichtsrechtlicher Prüfung erwägt und die
US-amerikanischen Public Company Accounting
Fachkompetenz sowie die Unabhängigkeit der
Oversight Board (PCAOB) Verhandlungen über
jeweiligen Prüfgesellschaften künftig strengeren
die Machbarkeit von gemeinsamen Prüfungen
Anforderungen und Qualitätskontrollen durch die
(Joint Inspections) bei Prüfgesellschaften in der
Aufsichtsbehörden unterliegen sollen. Die FINMA
Schweiz. Dies wurde notwendig, weil das PCAOB
erarbeitet derzeit die genauen Anforderungen
jede Prüfgesellschaft zu beaufsichtigen hat, welche
zur Umsetzung der Massnahmen hinsichtlich der
die Rechnung oder eine wesentliche Teilrechnung
Qualitätsverbesserung im Prüfwesen. Die FINMA
einer in den USA börsenkotierten Gesellschaft
prüft auch mögliche Auswirkungen auf Gesetzes-
prüft. Dabei sind der Sitz und das Herkunftsland der
und Verordnungsstufe, um hier gegebenenfalls
geprüften Gesellschaft und deren Prüfgesellschaft
entsprechende Vorschläge unterbreiten zu kön-
ohne Bedeutung. Die Verhandlungen, die bereits
nen. Auf der Grundlage eines Diskussionspapiers
2008 aufgenommen und im Laufe des Jahres 2010
(«Grünbuch» ), das vom zuständigen EU-Binnen-
fortgesetzt wurden, konzentrierten sich insbeson-
marktkommissar Michel Barnier im Oktober 2010
dere auf die rechtlichen Voraussetzungen sowie die
90
vorgelegt wurde, diskutiert auch die EU einen
Kriterien, die das Revisionsaufsichtsgesetz (RAG)
Katalog mit weitreichenden Vorschlägen zur
im Bereich Amtshilfe und bei grenzüberschreiten-
Neuregulierung der Wirtschaftsprüfung.
den Prüfungshandlungen vorsieht. Ein weiterer
Der Einsatz der Prüfgesellschaften soll in den
Verhandlungspunkt war zudem die Perspektive
Rundschreiben der FINMA neu geregelt werden, die
bzw. Roadmap für solche Joint Inspections sowie
an die Stelle des geltenden FINMA-Rundschreibens
die damit verbundene Anerkennung der Gleich-
08/41 «Prüfwesen»91 treten. So sollen auch einige
wertigkeit des schweizerischen Aufsichtssystems
der bisher geltenden Rundschreiben, die noch aus
über die Prüfgesellschaften durch das PCAOB.
Zeiten der FINMA-Vorgängerbehörden stammen, abgelöst werden.
Grünbuch «Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschluss prüfung: Lehren aus der Krise» (vgl. http://europa.eu/documentation/official-docs/greenpapers/index_de.htm) 91 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-41-d.pdf 90
Jahresbericht 2010 | FINMA
75
Aufsichtspraxis Umfrage zum Umfang der Prüfarbeiten
Bewilligungsverfahren tätige Prüfgesellschaft
bei Banken und Effektenhändlern
– nicht anschliessend an die Bewilligungserteilung
Die Prüfgesellschaften melden der FINMA jähr-
das Folgemandat als ordentliche aufsichtsrecht-
lich den gesamten Prüfaufwand bei Banken und
liche Prüfgesellschaft übernehmen kann und
Effektenhändlern, gemessen in Stunden und Fran-
– ein solches Prüfmandat auch nicht innerhalb
ken. Diese Erhebungen ermöglichen Quervergleiche
eines Zeitraumes von drei Jahren ab Bewilli-
und liefern wichtige Hinweise, damit in Einzelfällen
gungserteilung ausüben darf.
gezielt weitere Untersuchungen eingeleitet werden können. Die Umfragen sind wichtiger Bestandteil
Die Unabhängigkeit der Prüfgesellschaft soll damit bereits im Bewilligungsverfahren von Finanzunternehmen gezielt gestärkt werden. Eine weitere
Bei Zulassung, Aufsicht und Überwachung der Prüfgesellschaften arbeitet die FINMA eng mit der Revisionsaufsichtsbehörde zusammen.
Praxisänderung betrifft den Wechsel der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft. Der FINMA müssen alle Wechsel der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft durch den Beaufsichtigten bereits drei Monate vor Beginn des neuen Geschäftsjahres, auf das der
der Überwachung der Prüfgesellschaften. Im Ver-
Wechsel wirksam werden soll, mitgeteilt werden.
gleich zum Erhebungsjahr 2008 nahm der gesamte
Damit kann die neu gewählte aufsichtsrechtliche
Prüfaufwand (interne und externe Prüfung) 2009
Prüfgesellschaft frühzeitig planen und die alte Prüf-
um 20,8 Millionen Schweizer Franken auf 531,8 Mil-
gesellschaft ihr laufendes Prüfmandat ohne weiteren
lionen Schweizer Franken ab (Vorjahr: Zunahme von
Druck ausüben. Zugleich sollen die Kommunikation
zehn Millionen Schweizer Franken). Der Aufwand in
der neuen mit der abzulösenden aufsichtsrechtlichen
Personenjahren (ein Personenjahr entspricht rech-
Prüfgesellschaft sowie die Koordination mit der
nerisch 1 800 Prüfstunden) verringerte sich dagegen
internen Revision rechtzeitig sichergestellt werden.
im selben Zeitraum um 59 auf 1 720 Personenjahre
Dieses Vorgehen verhindert, dass bei einem Wechsel
(Vorjahr: Zunahme um 133 Personenjahre). Der
der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft Lücken in
Anteil der internen Revision am gesamten Prüfauf-
der Aufsicht entstehen.
wand, gemessen in Personenjahren, beträgt nach wie vor rund 60 Prozent.
Qualitätssicherung bei Prüfgesellschaften Die FINMA überwacht die Tätigkeit der Prüf-
vgl. Kap. «Prüfwesen», S. 74 http://www.finma.ch/d/finma/ publikationen/Documents/ finma-mitteilung-12-2010-d.pdf 94 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 74 f.
92 93
76
Einsatz von aufsichtsrechtlichen
gesellschaften im Finanzbereich. Sowohl bei der
Prüfgesellschaften
Zulassung als auch bei Aufsicht und Überwachung
Die FINMA stützt sich auch im Rahmen von
der Prüfgesellschaften arbeitet sie eng mit der RAB
Bewilligungsverfahren von neu zu Beaufsichtigen-
zusammen.94 Die FINMA führt die Verfahren für die
den auf die Arbeiten der Prüfgesellschaften. Die
spezialgesetzlichen Zulassungen von Prüfgesellschaf-
Praxis hat gezeigt, dass eine Prüfgesellschaft, die
ten und leitenden Prüfern durch. Durch Inspektionen
für die FINMA im Rahmen des Bewilligungsver-
bei den Prüfgesellschaften untersucht und beurteilt
fahrens aufsichtsrechtlich tätig ist, im Hinblick auf
die FINMA deren Arbeit an einzelnen Prüfmandaten.
das künftige Prüfmandat einem Interessenkonflikt
Die FINMA stellte vereinzelt fest, dass Prüfgesell-
unterliegt.92 Mit der FINMA-Mitteilung 12 vom
schaften auch schwere Verletzungen von aufsichts-
23. Juli 2010 zum «Einsatz von aufsichtsrechtlichen
rechtlichen Bestimmungen und schwere Missstände
Prüfgesellschaften»93 wird nun verlangt, dass die im
bei Beaufsichtigten nicht beanstanden und auch
Jahresbericht 2010 | FINMA
nicht im Prüfbericht aufnehmen. In diesem Zusam-
Exchange kotierten Emittenten. In der Vergangen-
menhang wurden die betroffenen Prüfgesellschaften
heit sind immer wieder Fragen aufgetaucht, inwie-
und insbesondere die leitenden Prüfer entsprechend
weit SIX Exchange Regulation eine solche Tätigkeit
gerügt. Weiter müssen die Prüfgesellschaften der
auch bei den von der FINMA beaufsichtigten Institu-
FINMA geeignete Massnahmen zur Verbesserung
ten vornimmt bzw. vornehmen soll. Die FINMA und
der Situation vorschlagen. Die FINMA beurteilt diese
SIX Exchange Regulation erarbeiteten daher für die
Massnahmen und verfolgt deren Umsetzung im
Fragen rund um die entsprechende Zuständigkeit
Rahmen der laufenden Überwachung.
eine grundsätzliche Lösung. Diese sieht vor, dass
Die Prüfgesellschaften beurteilen berechtigte
die Abschlüsse von Schweizer Banken, Effekten-
Feststellungen bei ihren Kunden nach wie vor
händlern und Versicherungen mit einer Kotierung
(zu) wohlwollend. Dies hat vielfältige Ursachen.
an der SIX Swiss Exchange künftig entweder von
Als korrigierende Massnahmen führt die FINMA
der FINMA oder von SIX Exchange Regulation über-
deshalb vermehrt Inspektionen bei Prüfgesell-
wacht werden. Dabei wird SIX Exchange Regulation
schaften sowie eigene Reviews bei Beaufsichtigten
für die Rechnungslegungsstandards IFRS, US GAAP
durch. Zur Abklärung spezifischer Sachverhalte
und Swiss GAAP FER zuständig sein. Die FINMA
bei Beaufsichtigten zieht die FINMA zum Teil auch
ihrerseits wird sich auf die bankengesetzlichen
Dritte und Untersuchungsbeauftragte bei. Weitere
Vorschriften zur Rechnungslegung konzentrieren.
Massnahmen zur Stärkung der Strukturen werden
Die FINMA und SIX Exchange Regulation werden
im Rahmen der Arbeiten zum Prüfwesen bzw. zum
die in ihrem Verantwortungsbereich stehende
Einsatz der Prüfgesellschaften untersucht.95
Durchsetzung
Überprüfung von Abschlüssen
Prozessen voneinander unabhängig durchführen.
der
Rechnungslegungsstandards
selbstständig und nach den von ihnen festgelegten Zu den Tätigkeiten von SIX Exchange Regulation
Diese grundsätzliche Lösung der Zuständigkeiten
gehört auch die Durchsetzung der von ihr aner-
wurde in einer gemeinsamen Medienmitteilung96
kannten Rechnungslegungsvorschriften im Zusam-
von der FINMA und SIX Exchange Regulation
menhang mit den Abschlüssen der bei der SIX Swiss
bekannt gegeben.
95 96
vgl. Kap. «Prüfwesen», S. 74 vgl. http://www.finma.ch/d/ aktuell/Documents/mm-sixexchange-finma-rechnungslegungsaufsicht-20101209_d.pdf
Jahresbericht 2010 | FINMA
77
Geldwäscherei Grundlagen Bekämpfung von Geldwäscherei und
Ansatz beauftragt. Dieses richtet sich nicht nur
Terrorismusfinanzierung auf internationaler
an die Finanzintermediäre, sondern auch an die
Ebene Im Oktober 2009 beschloss die Financial
Staaten sowie die Aufsichtsbehörden mit ihrer regulatorischen bzw. überwachenden Funktion.
Action Task Force on Money Laundering (FATF)
Der Gruppe wurde zudem die Revision der FATF-
eine Teilrevision ihrer Standards. Die zu diesem
Empfehlung97 zur Sorgfaltspflicht der Finanzinter-
Zweck geschaffenen Expertengruppen nahmen
mediäre (Empfehlung 5) übertragen. Die Gruppe
ihre Arbeit 2010 auf. Die FINMA nimmt als Mitglied
wird die Identifikation der juristischen Personen
der Schweizer FATF-Delegation unter der Führung
und Trusts sowie ihrer wirtschaftlich Berechtigten
des SIF daran teil. Die FATF wird die überarbeiteten
klären und daneben die Pflichten hinsichtlich der
Standards voraussichtlich an ihrer Plenarsitzung im
begünstigten Person einer Lebensversicherung
Oktober 2011 genehmigen und auf dieser Basis
präzisieren. Weiter wird sie sich mit der Empfeh-
2013 einen vierten Evaluationszyklus beginnen. Die erste FATF-Expertengruppe wurde mit der Ausarbeitung eines Papiers zum risikoorientierten
lung zur Delegation an Dritte (Empfehlung 9) sowie mit der Transparenz der juristischen Personen und Trusts (Empfehlungen 33 und 34) befassen.
Regulierung Geldwäschereiverordnung-FINMA Die drei Geldwäschereiverordnungen der FINMA
integriert. Weitergehende Anpassungen stiessen aufgrund des hohen Stellenwerts der Selbstregula-
(GwV-FINMA 1, GwV-FINMA 2 und GwV-FINMA 3),
tion hingegen an Grenzen. In diesem Sinn bilden die
die auf entsprechenden Verordnungen der Vor-
Verweise auf selbstregulatorische Regelwerke einen
gängerorganisationen Eidgenössische Bankenkom-
wichtigen Bestandteil der Verordnung. Neu wird für
mission, Bundesamt für Privatversicherungen und
die Lebensversicherungen auf das Reglement der
Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei
Selbstregulierungsorganisation (SRO) des Schwei-
beruht hatten, wurden in einer Verordnung zusam-
zerischen Versicherungsverbandes (SVV) verwiesen,
mengeführt. Die neue Verordnung trat am 1. Januar
der die Sorgfaltspflichten regelt. Dieses Reglement
2011 in Kraft. Sie sieht Übergangsfristen vor.
wurde als Mindeststandard für alle Lebensversicherungen anerkannt. Zudem wird nun an einer bereits
Vereinfachung der Bestimmungen dank
geltenden Praxis der FINMA explizit festgehalten,
Harmonisierung
wonach sich die FINMA im Rahmen der Genehmi-
Ziel der Harmonisierung war es, die Bestimmun-
gung der SRO-Reglemente und der Anerkennung
gen nach Möglichkeit zu vereinfachen bzw. auf eine
von Selbstregulierungen als Mindeststandard an den
Weise zu fusionieren, dass die Aktivitäten der Finanz
Eckwerten der Verordnung orientiert.
intermediäre, die untereinander kooperieren, sowie die Tätigkeit der Revisoren, welche die Anwendung vgl. http://www.fatf-gafi.org/ pages/0,3417,en_32250379_ 32236920_1_1_1_1_1,00.html 97
78
Aufnahme einiger materieller Neuerungen
überprüfen, vereinfacht werden. Zudem wurden
Im Grundsatz handelt es sich bei der neuen
möglichst viele Elemente in den allgemeinen Teil
Verordnung vorwiegend um eine technische Zusam-
Jahresbericht 2010 | FINMA
menführung der bestehenden Verordnungen. Für
Sorgfaltspflichten unter bestimmten Bedingungen
die neue Verordnung wurde auch die Umsetzung
zulässig sein kann: Leasing, Warenhauskarten und
der revidierten Geldwäschereibestimmungen des
E-Money.
Gesetzes berücksichtigt, die im Februar 2009 in Kraft gesetzt worden waren. Die Normen der
Rundschreiben «Finanzintermediation
bestehenden Verordnungen gingen grösstenteils
nach GwG»
unverändert in die neue Verordnung über. Zwecks
Die FINMA gab im Juni 2010 ein neues Rund-
Harmonisierung und um den neuesten interna
schreiben in die Anhörung, das sich zur Frage
tionalen Entwicklungen gerecht zu werden, waren
äussert, wer als Finanzintermediär im Sinne des
gewisse materielle Änderungen jedoch unabding-
Geldwäschereigesetzes zu betrachten ist. Das
bar. Die Bestimmungen zum Beizug Dritter stützen
Rundschreiben enthält Ausführungen zur Ver-
sich auf die von der FATF dargelegten Unterschei-
ordnung über die berufsmässige Ausübung der
dungen. Nach dem Papier des BCBS von Mai 2009
Finanzintermediation (VBF), die am 1. Januar 2010
wurde eine neue Pflicht für Korrespondenzbanken
in Kraft getreten ist. Sowohl die VBF als auch das
eingeführt. Infolge der
Rundschreiben übernehmen weitgehend die Praxis
Kritiken der FATF in ihrem Follow-up-Bericht von
der ehemaligen Kontrollstelle für die Bekämpfung
2009 wurden ausserdem die Bestimmungen über
der Geldwäscherei zu Art. 2 Abs. 3 GwG. Die VBF
ausländische Zweigniederlassungen und Filialen
brachte jedoch auch einige Neuerungen: So führt
über Cover Payments
98
auf alle Bereiche des Finanzsektors ausgeweitet.
die VBF die Begriffe der «akzessorischen Vermö-
Ebenfalls aufgenommen wurde ein neues Kriterium
gensübertragung als Nebenleistung», der «akzes-
zur Bestimmung von Geschäftsbeziehungen mit
sorischen Kreditgewährung» und des «akzesso-
erhöhten Risiken – die Komplexität der Strukturen,
rischen Geldwechsels» ein. Das Rundschreiben
insbesondere durch Verwendung von Sitzgesell-
präzisiert diese Begriffe und nimmt unter anderem
schaften. Ausserdem wurde der Schwellenwert
die frühere Praxis auf, wonach Investmentgesell-
von 1 500 Schweizer Franken für die Angaben bei
schaften, die vom Geltungsbereich des Kollektiv
Zahlungsaufträgen abgeschafft, um die Europa-
anlagengesetzes ausgenommen sind, grundsätz-
kompatibilität der schweizerischen Regelung im
lich dem Geldwäschereigesetz unterliegen.
Bereich des Zahlungsverkehrs zu verbessern.
Aus der Anhörung ging in erster Linie her-
Das Projekt bot auch Gelegenheit, die Norm des
vor, dass die Marktteilnehmer die Aufnahme
Geldwäschereigesetzes, die den Verzicht auf die
weiterer Ausführungen und Beispiele begrüssen.
Einhaltung der Sorgfaltspflichten bei Vermögens-
Die FINMA nahm deshalb bei der Überarbeitung
werten von geringem Wert darlegt, zu präzisieren.
des Rundschreibens nach der Anhörung weitere
Um den Begriff «geringen Wert» umzusetzen,
Praxisbeispiele in das Rundschreiben auf, zum
verzichtete die FINMA bewusst auf einen generel-
Beispiel über die Unterstellung von Zahlungen
len Schwellenwert. Sie ortete drei Produkte, deren
im Immobiliensektor. Das überarbeitete FINMA-
Geldwäschereirisiko als niedrig zu betrachten ist
Rundschreiben 11/1 «Finanzintermediation nach
und für die ein Verzicht auf die Einhaltung der
GwG»99 trat am 1. Januar 2011 in Kraft.
Cover Payments sind Deckungszahlungen, die zwischen zwei Banken ohne direkte Kontobeziehung mit hilfe von Korrespondenz banken durchgeführt werden. 99 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2011-01.pdf 98
Jahresbericht 2010 | FINMA
79
Aufsichtspraxis FINMA-Mitteilung zu Risiken bei Geschäftsbeziehungen mit Iran
Damit wurden während des zweiten Halbjahrs 2010 auch für grenzüberschreitend tätige
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen
Finanzinstitute in der Schweiz die Rechts- und
(United Nations Security Council) verschärfte
Reputationsrisiken erhöht: Aufgrund der neuen
im Frühjahr 2010 mit der Resolution 1929 die
US-amerikanischen Regulierung können Schweizer
Sanktionen gegenüber der Islamischen Republik
Unternehmen – so auch Banken und Versicherungen – von den US-amerikanischen Sanktionen betroffen sein, wenn sie die entsprechenden
Die FINMA beurteilt, ob die SRO-SVV ihre Überwachungshandlungen gegenüber ihren Mitgliedern korrekt ausübt.
Bestimmungen verletzen. Ausländischen Banken kann beispielsweise der Zugang zu Korrespondenzbankdienstleistungen in den USA eingeschränkt oder verweigert werden.
100
Iran. Die Schweizer Verordnung über Massnah-
Als Reaktion auf die genannten Entwicklungen
men gegenüber Iran wurde im August 2010 an
präzisierte die FINMA in ihrer Mitteilung 15 vom
die verbindlichen Bestimmungen der Resolution
18. Oktober 2010 zu «Risiken bei Geschäftsbezie-
angepasst. Infolge der UNO-Resolution 1929 ver-
hungen mit Iran»100 die Aufsichtsanforderungen an
schärften auch die EU und die USA ihre Sanktionen
die von der FINMA beaufsichtigten Institute, die
gegenüber dem iranischen Regime. Beide gingen
mit iranischen Unternehmen und Finanzinstituten
in der Ausgestaltung der neuen Sanktionen, ins-
Geschäftsbeziehungen unterhalten. Die FINMA
besondere jener im Finanzbereich, weit über die
erinnerte alle Finanzintermediäre an ihre Pflichten
verbindlichen Bestimmungen der UNO-Resolution
mit Blick auf die Schweizer Embargovorschriften
hinaus.
sowie die Geldwäschereibestimmungen. Zudem
vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/ Documents/finma-mitteilung15-2010-d.pdf
80
Jahresbericht 2010 | FINMA
verlangte sie von den Banken, Effektenhändlern
Ausübung der Überwachung verbleibt allerdings bei
und Versicherungen, dass sie untersuchen, ob
der FINMA. Was die Unabhängigkeit des Vorstan-
es sich aufgrund der mit ihrer Geschäftstätigkeit
des des Vereins, den Informationsaustausch mit
verbundenen Risiken aufdrängt, die EU- und
der FINMA und die Durchführung von jährlichen
US-Sanktionen gegenüber Iran einzuhalten.
externen Kontrollen bei den Lebensversicherungen angeht, setzt die FINMA Schwerpunkte bei der
Aufsichtskonzept für die
Ausgestaltung der Bedingungen, unter denen die
Geldwäschereibekämpfung
SRO-SVV eingesetzt werden soll.
Das Aufsichtskonzept der FINMA im Bereich Geldwäschereibekämpfung
unterscheidet
Dem Verein SRO-SVV selbst kommt dabei die
zwi-
Aufgabe zu, die Berichte der externen Prüfgesell-
schen dem Parabankensektor und den nach Spezial
schaften, welche die dem Verein angeschlossenen
gesetzen beaufsichtigten Sektoren. Im ersten Fall
Lebensversicherungen prüfen, zu analysieren und
fördert die FINMA die Aufsicht durch SRO im Sinne
festzustellen, ob sich die betreffende Lebens
des Geldwäschereigesetzes. Dabei führt die FINMA
versicherung an die Geldwäschereivorschriften
aber bei den SRO jeweils Vor-Ort-Kontrollen durch.
hält. Bei Verstössen kann die SRO-SVV das fehlbare
Im zweiten Fall übt die FINMA mithilfe der Prüf
Mitglied auch sanktionieren. Die FINMA überprüft
gesellschaften grundsätzlich selbst die Aufsicht
dabei die SRO-SVV und beurteilt die korrekte Aus-
aus. Eine Ausnahme bildet der Versicherungssektor.
übung der ihr aufgetragenen Überwachungshand-
Im Versicherungssektor mandatiert die FINMA
lungen gegenüber den Mitgliedern der SRO-SVV.
die SRO-SVV, die Einhaltung der Geldwäscherei-
Trotz der Überwachungstätigkeit der SRO-SVV
vorschriften durch ihre Mitglieder zu überprüfen,
kann die FINMA, sofern sie dies für notwendig hält,
das heisst bei den 19 von insgesamt 25 dem Verein
jederzeit eigene Aufsichtshandlungen gegenüber
SRO-SVV angeschlossenen schweizerischen Lebens
den Lebensversicherungen vornehmen.
versicherungen. Die Verantwortung für die korrekte
Jahresbericht 2010 | FINMA
81
ENFORCEMENT
ENFORCEMENTPRAXIS
101
Enforcement ist ein wichtiges Standbein der
hat die FINMA zur Sicherstellung einer angemesse-
FINMA. Es umfasst die Erhebung des Sachverhalts zu
nen Governance einen Enforcementausschuss (ENA)
vermuteten schweren Verletzungen von Aufsichts-
eingerichtet, der mit der Eröffnung wichtiger Verfah-
recht sowie die Anordnung und Durchsetzung ent-
ren sowie mit allen Entscheiden befasst ist, die ein
sprechend korrigierender Massnahmen im Rahmen
eingreifendes Verwaltungsverfahren abschliessen.
formell geführter Ein- oder Mehrparteienverfahren.
Er besteht aus Mitgliedern der Geschäftsleitung
Ergeben Vorabklärungen einen Verdacht auf eine
sowie den Verantwortlichen der direkt betroffenen
schwere Verletzung von Aufsichtsrecht, eröffnet
Organisationseinheiten.
die FINMA ein eingreifendes Verwaltungsverfah-
Die 2009 auf der FINMA-Website veröffent-
ren. Im Zuge eines solchen Verfahrens kommt der
lichte Enforcement-Policy101 wurde verfeinert: Die
Einhaltung der Parteirechte der Betroffenen erhöhte
FINMA sucht verstärkt die Zusammenarbeit mit
Bedeutung zu. Am Ende eines eingreifenden Ver-
Strafverfolgungsbehörden und prüft im Einzelfall
waltungsverfahrens steht eine Verfügung. Darin
insbesondere, ob deren Beizug in einem frühen
wird entweder ein Missstand festgestellt, es wer-
Verfahrensstadium – etwa zu Zwecken der Beweis-
den Korrekturmassnahmen angeordnet oder aber
sicherung – angezeigt ist. Laut Gesetz ist die FINMA
das Verfahren wird eingestellt und die Kostenfrage
verpflichtet, bei der zuständigen Behörde Strafan-
geregelt. Gegen Verfügungen der FINMA kann
zeige zu erstatten, sofern sie von einem Verbrechen,
beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erho-
einem Vergehen oder einer Widerhandlung gegen
ben werden. Eingreifende Verwaltungsverfahren
das Finanzmarktaufsichtsgesetz oder eines der
der FINMA sind für die Betroffenen kostenpflichtig.
Finanzmarktgesetze Kenntnis erhält. Die FINMA
Nach dem Willen des Gesetzgebers und der
steht in regelmässigem Kontakt mit Strafverfol-
Praxis der Gerichte handelt es sich beim Vorgehen
gungsbehörden, insbesondere was die Verfolgung
der FINMA um die Anwendung von Verwaltungs-
von Insiderstraftaten und Kursmanipulation sowie
recht und Verwaltungsverfahrensrecht. Dennoch
Verstösse gegen Bewilligungspflichten angeht.
vgl. http://www.finma.ch/d/ sanktionen/enforcement/ Documents/FINMA_Enforcement-policy_20101115_d.pdf
84
Jahresbericht 2010 | FINMA
UBS-Cross-Border-Geschäft – mögliche Verfahren gegen frühere Organe der Bank
In der Kritik der GPK102 stand die FINMA hin-
gestützt auf neue, hinreichende Verdachtsmo-
sichtlich ihres Vorgehens gegen ehemalige Organe
mente für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Die in
der UBS im Zuge der Aufarbeitung der Subprime-
den Fall «UBS Cross-Border» involvierten Gewährs-
Krise sowie des Cross-Border-Geschäfts, bezogen
träger verliessen die Bank in den Jahren 2008 und
auf die USA.
2009. Ob sie weiterhin Gewähr bieten, wird nach
Im Jahr 2008 untersuchte die Eidgenössische
der etablierten und gerichtlich geschützten Praxis
Bankenkommission (EBK) das Verhalten der UBS
der FINMA und ihrer Vorgängerorganisationen
im grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Privat-
dann geprüft, wenn solche Personen erneut eine
kunden. Wegen Verletzung amerikanischer Rechts-
Position als Gewährsträger innehaben oder dies
vorschriften
verschiedene
beabsichtigen. Sind sie nicht mehr auf der Stufe
US-Behörden gegen die Bank. Das aufsichtsrecht-
eines Gewährsträgers tätig, besteht normalerweise
ermittelten
zugleich
liche Verfahren der EBK wurde im Dezember 2008 mit einer Verfügung abgeschlossen. Darin kam die EBK zum Schluss, dass die UBS in schwerer Weise gegen das Gewährs- und Organisationserfordernis des Bankengesetzes verstossen hatte. Insbesondere erfasste, begrenzte und überwachte sie die mit dem
Die FINMA hat keine Kompetenz, gegen aktuelle oder ehemalige Organe einer Bank zivilrechtliche Klagen zu erheben oder strafrechtliche Untersuchungen einzuleiten.
grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Privatkunden verbundenen Rechts- und Reputationsrisiken im Ergebnis ungenügend. Die EBK legte ferner dar, dass sie im Rahmen
kein Feststellungsinteresse. Die FINMA eröffnete in diesem Zusammenhang zwei Gewährsverfahren
der damaligen Untersuchung keine Hinweise auf
gegen ehemalige UBS-Manager. Diese wurden aber
aufsichtsrechtlich relevante Pflichtverletzungen von
angesichts des im Laufe des Verfahrens mitgeteil-
Gewährsträgern gefunden habe, die es rechtferti-
ten Verzichts auf eine Gewährsposition bei einem
gen würden, diesen gegenüber aufsichtsrechtliche
beaufsichtigten Institut eingestellt. Abgesehen von
Massnahmen zu ergreifen. Vielmehr musste sich
der Pflicht, bei Kenntnis von gemeinrechtlichen Ver-
die Bank die festgestellten Versäumnisse als Ganzes
brechen oder Vergehen die zuständigen Strafver-
anlasten lassen.
folgungsbehörden zu informieren, hat die FINMA
Die EBK sanktionierte das Verhalten der UBS mit
keine Kompetenz, gegen aktuelle oder ehemalige
dem Verbot, das grenzüberschreitende Geschäft mit
Organe einer Bank zivilrechtliche Klagen zu erheben
in den USA wohnhaften Privatkunden in Zukunft zu
oder strafrechtliche Untersuchungen einzuleiten.
betreiben. Weiter wurde die UBS verpflichtet, die
Wie öffentlich bekannt wurde, prüfte die Staatsan-
der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleis-
waltschaft des Kantons Zürich im Nachgang zum
tungen inhärenten Rechts- und Reputationsrisiken
Fall «UBS Cross-Border», ob im Zusammenhang mit
auf globaler Ebene angemessen zu erfassen, zu
dem grenzüberschreitenden Privatkundengeschäft
begrenzen und zu überwachen. Die Umsetzung
der UBS mit US-Privatkunden ein hinreichender
dieser Anordnung unterliegt der Kontrolle durch
Anfangsverdacht für strafbare Handlungen von
die FINMA.
Organvertretern der UBS vorliegt. Von der Eröff-
Die FINMA führte unmittelbar im Anschluss an
nung einer strafrechtlichen Untersuchung wurde
das aufsichtsrechtliche Verfahren gegen die Bank
bisher mangels ausreichender Verdachtsmomente
keine Verfahren gegen Individuen. Solche sind aber
abgesehen.
102
vgl. Kap. «Untersuchungen und Lehren aus der Krise», S. 24
Jahresbericht 2010 | FINMA
85
Instrument des Berufsverbots Die FINMA beabsichtigt, das mit dem FINMAG per 1. Januar 2009 eingeführte Instrument des Berufsverbots künftig vermehrt einzusetzen. Ein solches Verbot kann für maximal fünf Jahre ausgesprochen werden – dies in Fällen, in denen eine Person für eine schwere Verletzung von Aufsichts-
ihr dies die zur Verfügung stehenden Instrumente
recht verantwortlich ist. Die FINMA kann der Person verbieten, bei einem
erlauben würden.
Beaufsichtigten eine Funktion in leitender Stellung neu zu übernehmen
Gestützt auf die im Rahmen einer umfangrei-
oder weiterhin auszuüben. Mit solchen gegen Personen gerichteten Mass-
chen Untersuchung greifbaren Informationen, hatte
nahmen sollen künftige Gefährdungen von Anlegern oder Versicherten
die EBK 2008 die Schlussfolgerung gezogen, dass
vermieden oder Missstände und Gesetzesverletzungen im Rahmen des
kein Anlass bestehe, gegenüber der Bank die Ent-
Verwaltungsrechts geahndet werden.
fernung des damaligen Head Wealth Management,
An der bereits von der EBK entwickelten und gerichtlich bestätigten Praxis
des damaligen CEO und des damaligen Verwal-
zum Gewährserfordernis als Bewilligungsvoraussetzung für Beaufsichtigte
tungsratspräsidenten als Organe anzuordnen. Unter
wird festgehalten. Dies bedeutet insbesondere, dass das Gewährserfor-
dem Vorbehalt, dass der FINMA keine bislang unbe-
dernis nur für Personen gilt, die im beaufsichtigten Sektor als Organe tätig
kannten Beweise für eine schwere Pflichtverletzung
sind bzw. es werden wollen. Folglich sind Gewährsverfahren ausgeschlos-
dieser Personen zugetragen werden, besteht auch
sen, wenn sie die aufsichtsrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschiedener
heute kein Anlass, ein Gewährsverfahren zu eröff-
Organe zum Gegenstand haben. Erst wenn die entsprechende Person
nen, sollten diese Personen erneut eine leitende
beabsichtigt, wiederum eine Organfunktion zu bekleiden, stellt sich die
Funktion bei einem Beaufsichtigten übernehmen.
Frage nach einem Gewährsverfahren erneut.
Die FINMA verlangt jedoch von diesen Personen eine förmliche schriftliche Erklärung, dass sie keine
Die GPK forderten die FINMA im Mai 2010 auf,
Kenntnisse von den nach Schweizer Aufsichtsrecht
die Frage vertieft abzuklären, wie viel die oberste
relevanten Pflichtverletzungen hatten. Sollte sich
Leitung der UBS von den QIA-Verletzungen der Bank
herausstellen, dass diese Erklärung unwahr ist,
Die FINMA ist
würde dies eine Strafverfolgung nach sich ziehen.
sich der Tragweite der Geschehnisse bewusst und
Bei verschiedenen Verantwortlichen unterhalb der
klärte daher die Möglichkeiten, die das Aufsichts-
obersten Führungsebene hätte die FINMA bereits
recht für weitere Untersuchungen bietet, sorgfältig
aufgrund der vorliegenden Informationen Anlass,
und unter Berücksichtigung externer Gutachten ab.
ein Verfahren zu führen. Sie würde dies auch tun,
Dabei kam sie zum Schluss, dass weder neue Indizien
sofern jene Verantwortlichen in den nächsten Jah-
und ihrer Mitarbeitenden wusste.
103
vorhanden sind, die ein Zurückkommen auf frühere
ren eine Gewährsposition im beaufsichtigten Sektor
aufsichtsrechtliche Untersuchungen gebieten, noch
anstrebten.
Weitere Verfahren gegen prudenziell beaufsichtigte Institute Die FINMA musste sich verschiedentlich mit Bewil-
103
vgl. Kap. «Untersuchungen und Lehren aus der Krise», S. 24
86
Effektenhändler mit neuen Führungsorganen
ligungsträgern befassen, die in Sachen Einhaltung der
Im März 2010 eröffnete die FINMA ein eingrei-
Bewilligungsvoraussetzungen, der organisatorischen
fendes Verfahren gegen einen Effektenhändler,
Erfordernisse, des Risikomanagements und der inter-
nachdem sie von der Prüfgesellschaft einen Bericht
nen Kontrolle ernsthafte Schwächen aufwiesen. Infolge
mit der Erwähnung zahlreicher bewilligungsrelevan-
gewisser Vorkommnisse spielte ferner mangelnde
ter Vorkommnisse erhalten hatte. Im Rahmen ihrer
Gewähr des Instituts, aber auch einzelner Akteure – sei
Abklärungen stellte die FINMA diverse Mängel orga-
es ein Verwaltungsrat, ein Geschäftsleitungsmitglied
nisatorischer Natur sowie vielfältige Verletzungen
oder ein qualifizierter Aktionär – immer wieder eine
von Aufsichtsrecht fest: Überschreitung der Organ-
Rolle. Die nachfolgenden konkreten Beispiele stehen
kreditlimite durch den CEO, Nichtfunktionieren des
stellvertretend für jeweils ähnlich gelagerte Fälle.
Zusammenspiels zwischen Verwaltungsrat und
Jahresbericht 2010 | FINMA
Geschäftsleitung, Verletzung diverser Vorschriften
Untersuchung bei der KPT: Fusion
bei der Einräumung von Beteiligungsrechten an
und Mitarbeiterbeteiligungsprogramm
Mitarbeitende und weitere Punkte. Im September
Im Mai 2010 kündigten die beiden Kranken-
2010 legte die Gesellschaft der FINMA dar, dass sie
versicherer Sanitas und KPT eine Fusion an. Das
zahlreiche Massnahmen zur Behebung der Mängel
Gesuch für den Beteiligungswechsel104 wurde der
ergriffen hatte. Daraufhin stellte die FINMA dem
FINMA im Juni 2010 eingereicht. Als Bedingung
Effektenhändler strenge, bis Ende 2010 zu erfüllende
für diesen Beteiligungswechsel stellte die Sanitas
Auflagen, unter anderem die Erneuerung des gesam-
unter anderem den Rückkauf aller Mitarbeiteraktien
ten Verwaltungsrats sowie der Geschäftsleitung, die
durch die KPT Holding AG. Seit 2006 verfügt die
Reduktion der Aktienbeteiligung von Geschäftslei-
KPT über ein Mitarbeiteraktienprogramm, das den
tungsmitgliedern, die Erhöhung des Aktienkapitals
Kauf von Aktien der KPT Versicherungen AG durch
sowie einen nachhaltig Gewinn bringenden Busi-
Mitarbeitende, Kader, Management, Verwaltungsrat
nessplan.
und auch durch Delegierte ermöglichte. Im Zusammenhang mit der Fusion erfuhr die FINMA, dass die
Übermässige Aufgabendelegation
KPT Versicherungen AG aus besagtem Programm
im Versicherungsgeschäft
Aktienrückkäufe auslösen wollte, die auf einem
Ein ausländischer Versicherer mit Niederlassung
weitaus höheren Preis beruhten, als der Wert bei
in Genf hatte einem Versicherungsvermittler die
Aktienausgabe betragen hatte. Die FINMA stoppte
Gesamtheit der Kernaufgaben einer Versicherung
die Auszahlungen und eröffnete zur Abklärung der
– Produktion, Verwaltung der Policen und Schadens-
Vorkommnisse rund um die Mitarbeiterstiftung und
regulierung – übertragen. Diese Tätigkeit umfasste
die geplanten Aktienrückkaufe eine Untersuchung.
rund 30 Prozent seiner Schweizer Aktivität. Da er
Bei der Prüfung des Gesuchs musste die FINMA
diese Delegation, die aus Sicht der FINMA ohnehin
verschiedene aufsichtsrechtlich relevante Sachver-
als übermässig anzusehen war, der Aufsichtsbe-
halte abklären. Dies betraf beide Fusionspartner
hörde nicht angezeigt hatte, verletzte er seine Mel-
und erwies sich als sehr aufwendig. Im November
depflicht. Der Versicherer hatte sich zudem in eine
2010 wurde die Fusion im Grundsatz, jedoch mit
völlige Abhängigkeit seines Vermittlers begeben, da
Auflagen zum Schutz der Versicherten, bewilligt.105
Letzterer allein über die Versicherungsdokumenta-
Ziel dieser Auflagen war es, die versicherungstech-
tion und die Kontaktdaten der Versicherten verfügte.
nischen Rückstellungen vollständig den Versicherten
Aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen dem
zugutekommen zu lassen und eine freie Verwendung
Versicherer und seinem Vermittler schien die Ver-
zu verhindern. Dadurch konnte der vorgesehene
waltung der Policen nicht mehr gewährleistet. Die
Aktienrückkauf nicht wie ursprünglich geplant
FINMA musste feststellen, dass die Niederlassung
durchgeführt werden. Zudem wurde das Verfahren
die Bedingungen einer Versicherungstätigkeit nicht
betreffend Mitarbeiteraktien auf drei Gewährsträger
mehr erfüllte, und verlangte daraufhin die Ersetzung
der KPT ausgeweitet.
des Generalbevollmächtigten. Ferner verbot sie der
Im Dezember 2010 teilten die Fusionspartner mit,
Niederlassung, in Zukunft über Versicherungsver-
dass der Zusammenschluss nicht mehr weiter verfolgt
mittler tätig zu sein. Sie wies die Niederlassung an,
werde, da mehrere Punkte nicht in absehbarer Frist
sich sämtlicher Versicherungsverträge zu entledigen,
abschliessend geklärt werden können – dies, obwohl
deren Erfüllung Vermittlern übertragen worden war.
die Auflagen der FINMA von beiden Fusionspartnern
Zugleich verpflichtete die FINMA die Niederlassung,
als erfüllbar betrachtet worden waren. Das Verfahren
sämtlichen Verpflichtungen den Versicherten
gegen die KPT und drei Gewährsträger zur Klärung
gegenüber bis zum ordentlichen Ablauf der Verträge
der Umstände rund um die Mitarbeiterstiftung soll so
nachzukommen.
rasch als möglich seinen Abschluss finden.
nach Art. 21 VAG vgl. Medienmitteilung der FINMA vom 19. November 2010 (http://www.finma.ch/d/aktuell/ Documents/mm-fusion-kptsanitas-20101119-d.pdf)
104 105
Jahresbericht 2010 | FINMA
87
Gesuch um Erteilung einer Bankbewilligung
Bewilligungsträger: erschwerte Durchsetzung
für einen Devisenhändler
des Bewilligungsentzugs und der Liquidation
Institute, die als Devisenhändler tätig sein wol-
Die FINMA hat die gesetzliche Pflicht, Institu-
len, müssen seit der Änderung von Art. 3a BankV,
ten, welche die Bewilligungsvoraussetzungen nicht
die am 1. April 2008 in Kraft getreten ist, über eine
mehr erfüllen oder aufsichtsrechtliche Bestim-
Bankbewilligung verfügen. Den zum Zeitpunkt
mungen schwer verletzen, die Bewilligung zu
dieser Gesetzesänderung bereits tätigen Devisen-
entziehen und – beispielsweise im Fall von Banken,
händlern wurde ab Inkrafttreten eine einjährige
Effektenhändlern oder kollektiven Kapitalanlagen
Frist eingeräumt, um den Anforderungen des
– ihre Liquidation anzuordnen. Trotz dieser Pflicht
Gesetzes zu genügen und ein Bankbewilligungs-
bleibt es für die FINMA schwierig, die genannten
gesuch zu stellen. Im März 2009 stellte ein bereits
Massnahmen effektiv durchzusetzen. Dies ist ins-
aktiver Devisenhändler ein Gesuch um Erteilung der
besondere dann der Fall, wenn die finanzielle Basis
Bankbewilligung. Die FINMA wies dieses Gesuch
der Bewilligungsträger zu keinen Beanstandungen
mit Verfügung vom 12. April 2010 ab und ordnete
Anlass gibt bzw. wenn für Anleger oder Versicherte
die Liquidation der Gesellschaft an, weil sie ohne
keine unmittelbare Gefahr besteht. Die für die
Zulassung eine bewilligungspflichtige Tätigkeit
Erhebung des Sachverhalts und für das rechtliche
ausübte. Im Rahmen der gegen diese Verfügung
Gehör erforderliche Zeit gibt den Beaufsichtigten Gelegenheit, sich kooperativ zu zeigen, ihre Organisation anzupassen und die notwendigen
Instituten, welche die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen oder aufsichtsrechtliche Bestimmungen schwer verletzen, entzieht die FINMA die Bewilligung.
Vorkehrungen für die Gewähr einer einwandfreien Geschäftstätigkeit zu treffen. Wiederholt kam es am Ende dazu, dass ein Bewilligungsentzug unter solchen zum Zeitpunkt der Verfügung geänderten Umständen unverhältnismässig wäre.
eingereichten Beschwerde ordnete das Bundes-
Bisweilen ergab sich auch im Rahmen aufwendiger
verwaltungsgericht provisorische Massnahmen an
Beschwerdeverfahren wegen neuer Tatsachen im
und gewährte dem Institut bis zur Urteilsfällung
Ergebnis Ähnliches.
das Recht, neue Kunden anzunehmen. Aufgrund der Tatsache, dass der Devisenhändler während des Beschwerdeverfahrens mit einer Bank fusionierte, wurde das Bankbewilligungsgesuch obsolet und das Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht gegenstandslos.
88
Jahresbericht 2010 | FINMA
Insolvenzverfahren Ende 2010 waren acht laufende Konkursver-
gegenüber Banken, Effektenhändlern und Börsen
fahren sowie ein laufendes Liquidationsverfahren
ausgesprochen werden. Auf Einreichung eines
gegen bewilligte Institute zu verzeichnen. Im Jahr
entsprechenden Gesuchs hin wendet die FINMA
2010 wurde ein Konkursverfahren neu eröffnet.
Art. 166 ff. IPRG an. Im Mai 2009 wurden der FINMA praktisch gleichzeitig zwei Gesuche um
Aston Bank SA
Anerkennung des Konkurses der Stanford Inter-
Gestützt auf den Verdacht, dass die Aston
national Bank Ltd. mit statutarischem Sitz auf
Bank SA in Lugano die Bewilligungsvorausset-
dem Inselstaat Antigua und Barbuda eingereicht.
zungen nicht mehr erfüllt, setzte die FINMA mit
Das erste Gesuch stammte von einem durch die
Verfügung vom 2. November 2009 eine Untersu-
amerikanischen Behörden eingesetzten Verwalter,
chungsbeauftragte ein. Diese stellte fest, dass die
der davon ausging, dass das Institut über einen
Bank über eine mangelhafte Organisation verfügte
tatsächlichen Sitz in den USA verfügte. Das zweite
und eine Überschuldung in der Höhe von mindes-
Gesuch wurde von den durch die Behörden von
tens 20 Millionen Schweizer Franken auswies. Da
Antigua und Barbuda eingesetzten Liquidatoren
keine Aussicht auf Sanierung bestand, eröffnete die
eingereicht, die sich aufgrund des statutarischen
FINMA am 22. Dezember 2009 den Konkurs und
Sitzes der Bank als dafür zuständig erachteten.
entzog ihr die Bewilligung als Bank und Effekten-
Die FINMA sprach den Liquidatoren von Antigua
händlerin. Aufgrund des Verdachts der Begehung
und Barbuda im Wesentlichen die Zuständigkeit
von strafrechtlichen Delikten durch frühere Organe
zur Einreichung des Anerkennungsgesuches zu
war ausserdem bereits ein Strafverfahren eingeleitet
und stützte sich dabei auf den Umstand, dass das
worden. Die örtliche Staatsanwaltschaft und die
schweizerische Finanzmarktrecht – im Gegensatz
Konkursliquidatorin arbeiten im Interesse beider
zum europäischen Recht und zu weiteren Juris-
Verfahren eng zusammen. Mit Verfügung vom
diktionen – grundsätzlich auf das Kriterium des
17. Mai 2010 wurde eine neue Konkursliquidatorin
statutarischen Sitzes der Bank abstellt und das
ernannt. Die Aston Bank war Mitglied des Vereins
Vorliegen eines allfälligen tatsächlichen Sitzes nur
Einlagensicherung der Schweizer Banken und
subsidiär berücksichtigt, wenn das erstgenannte
Effektenhändler. Bis anhin konnten die Anzahl und
Kriterium nicht erfüllt ist. Ausserdem entschied die
Höhe der privilegierten Einlagen jedoch noch nicht
FINMA in diesem Zusammenhang, gestützt auf
bestimmt werden.
ein Gutachten des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung, dass das sogenannte Gegen-
Stanford International Bank Ltd. Nach Art. 37g BankG und Art. 36a BEHG ist
rechtserfordernis zwischen Antigua und Barbuda und der Schweiz erfüllt sei. Folglich anerkannte die
ausschliesslich die FINMA für die Anerkennung
FINMA mit Verfügung vom 8. Juni 2010 den Kon-
von Konkursdekreten sowie Liquidations- und
kursentscheid des Inselstaates und eröffnete in der
Sanierungsmassnahmen zuständig, die im Ausland
Schweiz ein sogenanntes Hilfskonkursverfahren.
Jahresbericht 2010 | FINMA
89
Vorgehen gegen unterstellungspflichtige bzw. unerlaubte Tätigkeiten Personen,
vor illegalen Finanzintermediären und versucht, die
die ohne entsprechende Bewilligung eine in den
Gegenüber
Gesellschaften
oder
Risikosensibilität potenzieller Anleger zu erhöhen.
Aufsichtsgesetzen genannte bewilligungspflichtige
Da viele Anlageklassen seit einiger Zeit praktisch ren-
Tätigkeit ausüben, trifft die FINMA die im konkreten
ditelos sind und die weitere Entwicklung der Märkte
Fall angemessenen Anordnungen. Entsprechende
unklar ist, sehen sich die Anleger versucht, ihr Geld
Hinweise erhält die FINMA etwa von Kunden,
Anbietern anzuvertrauen, die markant höhere
von ausländischen Aufsichtsbehörden oder von
Renditen versprechen. Dabei geht bei den Anlegern
Strafbehörden. Besteht Grund zur Annahme, ein
oft vergessen, dass es bekanntlich keine Anlagen
Unternehmen oder eine Person übe eine nach den
ohne Risiken gibt und die Höhe des Risikos mit der
Finanzmarktgesetzen unerlaubte Tätigkeit aus, klärt
Höhe der in Aussicht gestellten Rendite steigt. Die
die FINMA den Sachverhalt ab, mit dem Ziel, die
FINMA empfiehlt deshalb den Anlegern dringend,
Gläubiger und Anleger zu schützen.
die Anbieter von Anlagen umso genauer zu prüfen,
Einsatz von Untersuchungsbeauftragten
stehen hinter verlockend hohen Renditen unseri-
je höher die Renditeversprechungen sind. Vielfach Im Rahmen ihrer Abklärungen hat die FINMA ins-
öse Anbieter. Die FINMA verfügt über eine grosse
besondere die Möglichkeit, eine unabhängige und
Erfahrung mit vermeintlich attraktiven Angeboten
fachkundige Person als Untersuchungsbeauftragte
und unrealistischen Renditen. Allgemein kann nicht
einzusetzen, die anstelle der Organe des Unterneh-
genug gewarnt werden vor Angeboten, die schlicht
mens handeln darf. Insgesamt wurden sechs Ver-
zu gut sind. Oft handelt es sich dabei ganz einfach
fügungen mit vorsorglichen Massnahmen erlassen
um Schneeballsysteme, bei denen zu Beginn zwar
und Untersuchungsbeauftragte eingesetzt. Steht
tatsächlich hohe Renditen bezahlt, die Gelder am
fest, dass eine Gesellschaft ohne Bewilligung der
Schluss der Anlagelaufzeit jedoch nicht mehr zurück-
FINMA eine bewilligungspflichtige Tätigkeit ausübt,
erstattet werden können und somit für die Anleger
werden die notwendigen Massnahmen getroffen.
verloren sind. Die FINMA appelliert deshalb an den
Diese können bis hin zur Liquidation betroffener
gesunden Menschenverstand der Anleger. Diese
Unternehmen führen.
sollten sich nicht von Hochglanzprospekten, schön gestalteten Internetseiten oder geschickten Telefon-
Negativliste auf der FINMA-Website
verkäufern blenden lassen, sondern eine gesunde
Bei Hinweisen auf eine bewilligungspflichtige
Skepsis und Vorsicht wahren. Es empfiehlt sich, vor
Tätigkeit von Gesellschaften oder Personen ohne
einer Investition namentlich im Internet Recherchen
tatsächliche Präsenz in der Schweiz, gegen welche
über die potenziellen Anbieter und deren Produkte
die FINMA nicht direkt vorgehen kann, erfolgt eine
zu tätigen, beispielsweise auf der Negativliste der
Veröffentlichung auf der Negativliste106 der FINMA-
FINMA, im Handelsregister oder über Newsgroups.
Website. Um den Eindruck zu verhindern, dass es sich um eine Schweizer Gesellschaft handelt, werden gegebenenfalls Internetseiten und schweizerische Telefonnummern gesperrt.
Verfahren und Verfügungen Im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen illegal tätige Finanzmarktaktivitäten erliess die FINMA zwölf Endverfügungen mit Massnahmen
vgl. www.finma.ch/d/sank tionen/unbewilligte-institute/ Seiten/default.aspx 107 vgl. http://www.finma.ch/ d/finma/publikationen/ Documents/anlegerbericht20101124-d.pdf 106
90
Anlegerschutzbericht der FINMA
gegenüber insgesamt 45 Gesellschaften und natürli-
In ihrem Bericht «Kundenschutz – gemeinsam
chen Personen wegen illegaler Tätigkeit im Sinne des
gegen illegale Finanzintermediäre»107, der im Novem-
Banken-, Börsen-, Kollektivanlagen-, Versicherungs-
ber 2010 veröffentlicht wurde, warnt die FINMA
aufsichts- und/oder des Geldwäschereigesetzes.
Jahresbericht 2010 | FINMA
Zudem erstattete die FINMA gegen 22 Personen
Gold oder Silber. Bieten sie zusätzlich die Lagerung
13 Strafanzeigen wegen unerlaubter Tätigkeit.
der erworbenen Edelmetalle bei sich selbst oder
Verschiedentlich musste gleichzeitig mit der illega-
bei einem Dritten im In- oder Ausland an, muss
len Tätigkeit auch die Insolvenz festgestellt sowie
sichergestellt sein, dass sie tatsächlich physisch
gegenüber 37 Gesellschaften und natürlichen
über die Edelmetalle verfügen und dem Kunden
Personen der Konkurs eröffnet werden. Dazu ein
in einem allfälligen Konkurs des Händlers oder des
Beispiel:
Aufbewahrers ein Aussonderungsrecht zusteht.
Ein
österreichisches
Brüderpaar
nahm
im
Nur unter diesen Voraussetzungen benötigt der
Rahmen eines Schneeballsystems und mithilfe
Edelmetallhändler keine Bankenbewilligung. Nicht
verschiedener Gruppengesellschaften Gelder in
zulässig ist es demnach, sogenannte Goldkonten
der Höhe von mindestens 50 Millionen Schweizer
zu führen, bei denen das Gold nur als Referenzwert
Franken von mehreren Hundert Anlegern entgegen.
dient, ohne dass es physisch eingelagert wird. Auch
Sie versprachen diesen im Rahmen von Vermögens-
dürfen die einbezahlten Gelder nur kurz auf dem
verwaltungsverträgen jährliche Renditen von bis
Konto des Edelmetallhändlers liegen bleiben und
zu 40 Prozent. Die entgegengenommenen Gelder
müssen innerhalb weniger Tage für Goldkäufe ver-
wurden nicht, wie vereinbart, angelegt, sondern zu
wendet werden. Bewilligungspflichtig ist ebenfalls
einem Grossteil privat verwendet, oder sie flossen
das Einverlangen einer sogenannten Einrichtungsge-
an ein Modegeschäft der Ehefrau des einen Bruders.
bühr zu Beginn einer Kundenbeziehung – mit dem
Nach einem sehr aufwendigen Verfahren setzte die
Versprechen, diese den Anlegern bei Erreichen eines
FINMA im Dezember 2009 bzw. Anfang Mai 2010
bestimmten Umsatzes in Form von Gold oder eines
insgesamt zwölf Gesellschaften dieser Gruppe in
Rabatts zurückzuerstatten. In jedem Fall müssen
(Konkurs-)Liquidation, darunter eine Freizügigkeits-
Edelmetallhändler – auch jene, die keine Lagerung
stiftung, die als Vehikel benutzt wurde, um einer
anbieten – im Hinblick auf die Geldwäschereipräven-
der Gruppengesellschaften – unter dem Deckmantel
tion beaufsichtigt sein und sich dementsprechend
von Freizügigkeitsgeldern – Gelder zuzuführen. Die
einer SRO anschliessen oder sich direkt durch die
Stiftung war massiv überschuldet und – für die Gläu-
FINMA beaufsichtigen lassen.
biger besonders bitter – keinem Sicherheitsfonds angeschlossen, der den Ausfall decken könnte. Bei
Wertlose Aktien neuer Unternehmen
einer weiteren Stiftung, die auch in die Gruppenak-
Gehäuft wird die FINMA auf Fälle aufmerksam,
tivitäten involviert war, ergriff das zuständige Amt
in denen mit aggressiven Methoden (wertlose)
für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons
Aktien von Start-up-Unternehmen verkauft werden.
Zürich die notwendigen Massnahmen. Die Staatsan-
Es handelt sich meistens um Gesellschaften, die in
waltschaft des Kantons St. Gallen führt gegen die
zurzeit als attraktiv geltenden Bereichen wie dem
Hauptakteure ein Strafverfahren wegen Betrugs und
Rohstoff-, dem Alternativenergie- oder dem Medi-
Veruntreuung.
zinalbereich tätig sind. Häufig werden diese Aktien vor allem bei deutschen Anlegern stark vermarktet,
Weitere Problemkreise In Sachen unbewilligte Institute setzte sich die
vielfach sind sie auch im Freiverkehr an deutschen Börsen gelistet. Einige dieser Unternehmen werden
FINMA 2010 unter anderem mit nachfolgend darge-
in der Folge gar nie operativ tätig, das Geld wird aus
legten Problemkreisen auseinander.
der Gesellschaft abgezogen und diese schliesslich liquidiert, wodurch das investierte Kapital verloren
Goldhandel
ist. Zahlreiche Hinweise und Anfragen aus dem Pub-
Edelmetallhändler verkaufen Anlegern physi-
likum und das Interesse der Medien weisen auf eine
sches Edelmetall wie Barren oder Münzen, vorab in
relativ grosse Verbreitung dieses Phänomens hin. Die
Jahresbericht 2010 | FINMA
91
FINMA verfügt in solchen Fällen allerdings häufig nur
che Merkmale des Versicherungsbegriffs als erfüllt
über sehr begrenzte Eingriffsmöglichkeiten. Weder
und bestätigte damit die Praxis der FINMA. Der
der Verkauf eigener Aktien noch die reine Vermitt-
Entscheid wurde angefochten und ist derzeit vor
lung von Aktienkäufen sind bewilligungspflichtig.
Bundesgericht hängig.
Die FINMA kann hingegen eingreifen, wenn Aktien
Nicht in allen Fällen führt die Feststellung einer
beispielsweise im Rahmen einer Kapitalerhöhung
unerlaubten Tätigkeit zur umgehenden Auflösung
durch Dritte verkauft werden (bewilligungspflich-
des fehlbaren Finanzdienstleisters. Die FINMA prüft
tige Emissionshaustätigkeit) oder wenn der Zweck
im Einzelfall, ob eine mildere Massnahme geeignet
des Start-up-Unternehmens reine Finanzanlagen
ist, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen.
sind. In letztgenanntem Fall handelt es sich um eine bewilligungspflichtige Investmentgesellschaft.
Ausschluss des Rechtsanspruchs
In allen anderen Fällen liegt die Zuständigkeit bei
auf Unfalldeckung
den Strafverfolgungsbehörden.
Eine Stiftung ermöglicht den Mitgliedern der ihr angeschlossenen Gönnervereinigung den Bezug
Mietkautionsversicherungen
einer Versicherungsleistung, die unter gewissen
Wer in der Schweiz eine Mietkautionsversiche-
Bedingungen bei einem Unfall erbracht wird. Diese
rung anbietet, übt nach ständiger Praxis der FINMA
Leistung wird zu einem Teil aus dem Mitgliederbei-
eine bewilligungspflichtige Versicherungstätigkeit
trag für die Vereinigung finanziert, womit sich die
aus. Das Geschäft der Mietkautionsversicherungen
Erfüllung der oben beschriebenen Merkmale des
beinhaltet die Verpflichtung des Anbieters gegen-
Versicherungsbegriffs grundsätzlich in Betracht zie-
über einem Mieter zu einer Geldleistung an seinen
hen lässt. Mit den Vertretern der Vereinigung konnte
Vermieter bis zu einem vertraglich festgelegten
jedoch eine Vereinbarung erzielt werden, wonach
Betrag, wenn dessen Vermögen aufgrund des Miet-
künftig klarer hervorgehoben wird, dass auf die frag-
verhältnisses geschädigt wird. Auf der Gegenseite
liche Unfalldeckung kein Rechtsanspruch besteht,
schuldet der Mieter dem Anbieter eine Prämie. Die
diese also freiwillig erbracht wird. Insofern entfällt auch das Begriffselement der Versicherungsleistung, und der Versicherungsbegriff ist nicht erfüllt.
Die Merkmale des Versicherungsbegriffs – Risiko
Krankenversicherer ohne Bewilligung
– Leistung des Versicherungsnehmers (Prämie)
Eine Krankenkasse, die der institutionellen
– Leistung des Versicherers
Aufsicht des BAG untersteht, betrieb neben der
– Selbstständigkeit der Operation und Kompensation der Risiken nach
Grundversicherung nach Bundesgesetz über die
den Gesetzen der Statistik, das heisst planmässiger Geschäftsbetrieb
Krankenversicherung, für die sie ordnungsgemäss zugelassen war, zusätzlich noch eine Zusatzversicherung nach Versicherungsvertragsgesetz. Für diese Zusatzversicherung hätte sie eine Bewilligung der
Mietzins-, Bargeld oder Bankdepot genannt 109 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2010, B-2808/2009 108
92
Mietkautionsversicherung stellt eine Alternative für
FINMA benötigt, um die sie jedoch nie nachgesucht
die in Art. 257e OR vorgesehene Hinterlegung eines
hatte. Die FINMA bzw. bereits das BPV als deren
Geldbetrags bei einer Bank108 dar, zu welcher der
Vorgängerbehörde wies die Krankenkasse an, ihren
Mieter durch den Vermieter kraft der genannten
Bestand auf einen für den Betrieb des Zusatzversi-
Bestimmung verpflichtet werden kann. Die Praxis
cherungsgeschäfts bewilligten Krankenversicherer
der FINMA in diesem Bereich war 2010 Gegenstand
zu übertragen. Diese Bestandesübertragung ist zwi-
eines Entscheides des Bundesverwaltungsgerichts.109
schenzeitlich erfolgt. Mit Verfügung vom 29. März
Dieses erachtete beim vorliegenden Produkt sämtli-
2010, die inzwischen rechtskräftig geworden ist,
Jahresbericht 2010 | FINMA
stellte die FINMA überdies fest, dass die Kranken-
wiesen, zur Finanzierung allfälliger Altschäden eine
kasse ohne Bewilligung eine Versicherungstätigkeit
Bareinlage auf ein Sperrkonto zu hinterlegen. Weiter
ausgeübt und damit gegen das Versicherungs-
reichte die FINMA gegen die Krankenkasse beim EFD
aufsichtsgesetz verstossen hatte. Mit derselben
eine Strafanzeige wegen unbewilligter Geschäftstä-
Verfügung wurde die Krankenkasse zudem ange-
tigkeit ein.110
Konkurse und Liquidationen bei unbewilligten Instituten Konkurs- und Liquidationsverfahren (2010 neu
Aufgrund der geltenden Rechtslage sind diese aber
angeordnet: 37) gegen unbewilligte Institute sind
in jeweils separaten Verfahren abzuwickeln, was
bei einer Anfechtung der FINMA-Verfügung häufig
aufwendige Rekonstruktionen der gegenseitigen
langwierig. Bei Anfechtungen können zunächst nur
Ausgleichsforderungen zur Folge hat. Letztlich
sichernde und werterhaltende Verwertungshand-
sind – insbesondere bei Betrugsszenarien – zum
lungen vorgenommen werden. Die Erwahrung der
Zeitpunkt, in dem der Fall den Behörden bekannt
Aktiv- und Passivmasse wird in zahlreichen Fällen
wird, häufig kaum mehr Vermögenswerte vorhan-
durch eine nicht ordnungsgemässe Buchhaltung
den, sodass am Ende der Konkurs mangels Aktiven
massgeblich erschwert. Dies umso mehr, als oft
eingestellt werden muss. Es ist dann jeweils Sache
mehrere Gesellschaften aufgrund ihres Zusammen-
der Strafbehörden, nach Möglichkeit mindestens die
wirkens in finanzmarktrechtlich relevanter Hinsicht
Verantwortlichen noch strafrechtlich zu belangen.
als Gruppe zu qualifizieren und aufzulösen wären.
Enforcement im Bereich Marktaufsicht sowie Offenlegungs- und Übernahmerecht
Abklärungen und Verfahren
der Aufsicht unterstellten Instituts tätig oder war
in der Marktaufsicht
qualifizierter Aktionär eines Beaufsichtigten.
Seit Jahren überprüft die FINMA (bzw. ihre Vor-
Die FINMA ist überdies – wie vormals die EBK112
gängerbehörde EBK) gemeinsam mit den Überwa-
– zuständige Behörde zur Feststellung, ob die bör-
chungsstellen der Börsen den Handel in Effekten von
sengesetzlichen Meldepflichten verletzt wurden.113
Schweizer Emittenten mit Blick auf mögliche Börsen-
Diese Zuständigkeit gilt sowohl für Beaufsichtigte,
delikte, Marktmissbräuche und Verstösse gegen das
deren Organe, Angestellte und Eigner als auch
FINMA-Rundschreiben
«Marktverhaltens-
für Investoren, die der Aufsicht der FINMA nicht
regeln»111. 2010 wurden diesbezüglich 17 grössere
unterstehen. Zuständig für die strafrechtliche Ver-
Vorabklärungen aufgenommen. Insgesamt erstat-
folgung von Verletzungen der börsengesetzlichen
tete die FINMA bei den zuständigen kantonalen
Meldepflichten ist der Strafrechtsdienst des EFD.
08/38
Strafverfolgungsbehörden vier Strafanzeigen, in den meisten Fällen wegen Verdachts auf strafbare
nach Art. 44 FINMAG vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-38.pdf 112 vgl. «Laxey Partners und Implenia», S. 94 113 vgl. «Sulzer», S. 93 f. 114 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 70 110 111
Sulzer
Insidergeschäfte. Die Anzeigen und Notifikationen
Die FINMA schloss am 30. Oktober 2009 den
betrafen insgesamt sieben Personen. Keine dieser
Fall Sulzer ab.114 Ausgangspunkt war eine Meldung
Personen war als Organ oder Mitarbeitender eines
im April 2007, in der die Everest Beteiligungs GmbH
Jahresbericht 2010 | FINMA
93
überraschend eine Beteiligung von über 31 Prozent
Implenia-Aktien lautenden Contracts for Difference
an der Sulzer AG offenlegte. Im Rahmen jenes
(CFD).115 Mit Urteil vom 18. Dezember 2008116 bzw.
Verwaltungsverfahrens, das die FINMA gegen die
11. März 2010117 wiesen das Bundesverwaltungs-
involvierten Investoren führte, wurde namentlich
gericht bzw. das Bundesgericht die Beschwerde
festgestellt, dass die hinter Everest stehenden zwei
von Laxey Partners ab. Somit wurde unter anderem
Investoren R.P. und G.S. gesetzliche Offenlegungs-
bestätigt, dass die offenlegungsrechtlichen Bestim-
pflichten verletzt hatten. Beim dritten Investor, V.V.,
mungen der Markttransparenz dienen, das heisst die
kam die FINMA demgegenüber zum Schluss, dass
Verhinderung heimlicher Erwerbe sowie verdeckter
nicht genügend Beweise für die Feststellung einer
Veräusserungen
Verletzung der Offenlegungspflichten vorliegen.
bezwecken. Nachdem die vier Angeschuldigten
massgeblicher
Beteiligungen
Die Verfügung der FINMA wurde in der Folge durch
eine Wiedergutmachung von insgesamt einer Mil-
R.P. und G.S. angefochten. Das Bundesverwal-
lion Schweizer Franken geleistet hatten, stellte das
tungsgericht bestätigte den Entscheid der FINMA,
EFD das Strafverfahren im Dezember 2010 ein.
mit der einzigen Einschränkung, dass G.S. erst zu einem späteren als von der FINMA angenommenen
Übernahmerecht – Urteil des
Zeitpunkt Offenlegungsrecht verletzte. Mit dem
Bundesverwaltungsgerichts in Sachen
Entscheid bestätigte das Bundesverwaltungsgericht
Quadrant
insbesondere auch die Kompetenz der FINMA, als
Im Übernahmebereich war es auch im Jahr 2010
Aufsichtsbehörde in solchen Fällen gegen Investo-
sehr ruhig, sodass die per 1. Januar 2009 einge-
ren vorgehen und verfügen zu können.
führte neue Kompetenzenordnung zwischen der
Die FINMA hatte in diesem Fall zudem Strafanzeige beim EFD gegen die für die Verletzung der
neu verfügenden UEK und der FINMA als Beschwerdeinstanz bislang noch kaum getestet wurde.
Offenlegungspflicht verantwortlichen Investoren
Mit Entscheid vom 30. November 2010118 trat
erstattet. Nach ergangenem Bundesstrafgerichts-
das Bundesverwaltungsgericht teilweise auf die
urteil in Sachen OC Oerlikon, deren Ursache
Beschwerde der Sarasin Investmentfonds AG ein. Die
ebenfalls eine Strafanzeige wegen einer möglichen
Minderheitsaktionärin hatte den von der Anbieterin,
meldepflichtigen Gruppe war, stellte das EFD das
der Aquamit B.V., für die Beteiligungspapiere der
Strafverfahren wegen mutmasslicher Verletzung
Zielgesellschaft, der Quadrant AG, gebotenen Preis
des Börsenrechts im Fall Sulzer ein. Grundlage
angefochten. Als Begründung führte Sarasin an,
für diese Einstellung war die Bereitschaft der drei
dass die durch das Kontrollorgan vorgenommene
Beschuldigten, allfälliges beim Beteiligungsaufbau
Bewertung des Preises des vorausgegangenen
an Sulzer geschehenes strafrechtliches Unrecht mit
Erwerbs (insbesondere der Zusatzleistungen, die der
einer Wiedergutmachungsleistung im Umfang von
beherrschenden Aktionärsgruppe von der Anbieterin
zehn Millionen Schweizer Franken auszugleichen.
ausbezahlt worden sind) nicht korrekt sei. Das Bun-
Laxey Partners und Implenia
Entscheid der FINMA vom 8. Juli 2009 und in Teilen
desverwaltungsgericht hob in dieser Hinsicht den
vgl. EBK-Jahresbericht 2007, S. 66 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2008, B-2775/2008 117 Urteil des Bundesgerichts vom 11. März 2010, 2C_77/2009, 2C_78/2009 118 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2010, B-5272/2009 119 Art. 48 Abs. 1 VwVG 115
116
94
Die EBK stellte mit Verfügung vom 7. März 2008
die Entscheide der UEK vom 29. Mai und vom 16. Juni
fest, dass Laxey Partners Ltd et alii im Rahmen
2009 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im
ihres Beteiligungsaufbaus an der Implenia AG ihre
Sinne der Erwägungen an die UEK zurück. Das Bun-
Offenlegungspflichten nach Art. 20 BEHG verletzt
desverwaltungsgericht kam im Wesentlichen zum
hatten. Die Meldepflichtverletzungen erfolgten im
Schluss, dass Sarasin auf der Grundlage des Verwal-
Rahmen des insbesondere im ersten Quartal 2007
tungsverfahrensgesetzes119 zur Beschwerde berech-
realisierten Beteiligungsaufbaus und namentlich
tigt sei sowie ein aktuelles praktisches Interesse daran
im Zusammenhang mit dem Erwerb von auf
habe, auch wenn sie nur noch 0,0036 Prozent der
Jahresbericht 2010 | FINMA
Stimmrechte an Quadrant halte. Vor der UEK und
FINMA einzeln zu prüfen und darf sich nicht auf
der FINMA haben im Einklang mit Art. 33b Abs. 3
eine Prüfung der Leistungen als Ganzes beschrän-
und 33c Abs. 3 BEHG nur Aktionäre Parteistellung,
ken. Das Bundesverwaltungsgericht anerkennt,
die mindestens zwei Prozent der Stimmrechte der
dass bestimmte Leistungen schwierig zu bewerten
Zielgesellschaft halten. Diese Bestimmung ist rest-
sind. Je schwieriger die Bewertung einer Leistung
riktiver als jene, die das Bundesverwaltungsgericht
ist, desto grösser ist daher der Bewertungsspiel-
bei Verfahren im Zusammenhang mit öffentlichen
raum der Prüfstelle, die indes gleichwohl auf eine
Kaufangeboten anwendet. Zudem hat das Bundes-
verständliche Analyse abzustellen hat. Auf der
verwaltungsgericht entschieden, dass der Bericht
Grundlage dieser Feststellungen wies das Bundes-
der Prüfstelle weder transparent, verständlich
verwaltungsgericht die Sache zur Neubeurteilung
noch plausibel und zudem unvollständig sei: Nach
an die UEK zurück. Die UEK hat also die Angemes-
Bundesverwaltungsgericht hat die Prüfstelle jede
senheit des von Aquamit angebotenen Preises neu
im Rahmen eines vorausgegangenen Erwerbs
zu prüfen oder prüfen zu lassen.
erbrachte Zusatzleistung nach Art. 41 Abs. 4 BEHV-
Jahresbericht 2010 | FINMA
95
DIE FINMA ALS BEHÖRDE
VERWALTUNGSRAT UND GESCHÄFTSLEITUNG
PD Dr. Sabine Kilgus
Mitglied
Paul Müller
Mitglied
Charles Pictet
Mitglied
Dr. Bruno Porro122
Mitglied
Prof. Dr. Jean-Baptiste Zufferey
Mitglied
Verwaltungsratsausschüsse Übernahmeausschuss
Dr. Eugen Haltiner tritt Ende Dezember 2010 als Präsident des Verwaltungsrats der FINMA zurück. Seine Nachfolgerin ab 1. Januar 2011 für den Rest der laufenden Amtsperiode ist Prof. Dr. Anne Héritier Lachat. 121 ab 1. Januar 2011 Präsidentin des Verwaltungsrats der FINMA 122 Dr. Bruno Porro tritt Ende Dezember 2010 als Mitglied des Verwaltungsrats der FINMA zurück. Sein Nachfolger für den Rest der laufenden Amtsperiode ist Dr. Eugenio Brianti. 120
98
Nominations- und Entschädigungsausschuss Prüfungsausschuss
Jahresbericht 2010 | FINMA
Dr. B. Porro
Mitglied
Ch. Pictet
Prof. Dr. Anne Héritier Lachat121
P. Müller
Vizepräsident
PD Dr. S. Kilgus
Daniel Zuberbühler
Prof. Dr. A. Héritier Lachat
Vizepräsidentin
D. Zuberbühler
Dr. Monica Mächler
Dr. M. Mächler
Präsident
Dr. E. Haltiner
Dr. Eugen Haltiner120
Vorsitz
Vorsitz
Vorsitz
Prof. Dr. J.-B. Zufferey
Verwaltungsrat
Geschäftsleitung Dr. Patrick Raaflaub
Direktor
Dr. Urs Zulauf
Stellvertretender Direktor, Leiter Geschäftsbereich Strategische Grundlagen und Zentrale Dienste
Mark Branson
Leiter Geschäftsbereich Banken
Dr. René Schnieper
Leiter Geschäftsbereich Versicherungen
Franz Stirnimann
Leiter Geschäftsbereich Märkte
Erweiterte Geschäftsleitung Dr. Urs Bischof
Leiter Abteilung Risikomanagement
Kurt Bucher
Leiter Abteilung Accounting, Prüfgesellschaften und Ratingagenturen
Hans-Peter Gschwind
Leiter Abteilung Aufsicht Schadenversicherung, Leiter Gruppe Aufsichtsrecht Versicherungen
Dr. Urs Karlen
Leiter Abteilung Qualitatives Risikomanagement
Daniel Sigrist
Leiter Abteilung Aufsicht Lebensversicherung
Yann Wermeille
Leiter Abteilung Kollektive Kapitalanlagen
Andreas Wortmann
Leiter Abteilung Zentrale Dienste
Dr. David Wyss
Leiter Abteilung Enforcement und Marktaufsicht
Enforcementausschuss Der Enforcementausschuss (ENA) entscheidet über Enforcementgeschäfte oder bereitet entsprechende Geschäfte zuhanden des Verwaltungsrats vor. Ständige ENA-Mitglieder sind:
Dr. Patrick Raaflaub
Dr. Urs Zulauf
Franz Stirnimann
Dr. David Wyss Ist ein beaufsichtigtes Institut von einem Enforcementgeschäft betroffen, ist
das für die Aufsicht zuständige Geschäftsleitungsmitglied für dieses Geschäft Mitglied des ENA. Der für die internationale Amtshilfe Verantwortliche ist überdies permanenter Beisitzer mit Stimmberechtigung bei Amtshilfegeschäften.
Jahresbericht 2010 | FINMA
99
PERSONAL
Rechtsgrundlagen Die Personalpolitik der FINMA ist in Art. 13
Das Personal der FINMA ist nach der gesetz
FINMAG und in der vom Bundesrat genehmigten
lichen Vorgabe öffentlich-rechtlich angestellt. Die
FINMA-Personalverordnung verankert. Diese legt
rechtlichen Grundlagen und die Arbeitsverträge
Grundsätze fest zur Begründung und Beendi-
liegen jedoch sehr nahe beim Obligationenrecht.
gung der Anstellung, zur Lohngestaltung, zu den
Unterschiede gibt es in den Modalitäten allfälliger
Ansprüchen auf Lohnfortzahlung, zu Arbeitszeit
Kündigungen und vor allem im öffentlich-rechtlichen
und Ferien, zur beruflichen Vorsorge, zu Neben
Rechtsweg bei personalrechtlichen Auseinander
beschäftigung und öffentlichen Ämtern, Treue-
setzungen. Zuständig wäre das Bundesverwaltungs-
und Verhaltenspflichten sowie zum Rechtsweg im
gericht und nicht das Arbeitsgericht. Die FINMA
Streitfall. Das FINMA-Personalreglement und der
hatte 2010 keine personalrechtlichen Auseinander-
Verhaltenskodex präzisieren die personalrechtlichen
setzungen vor Gericht.
Rahmenbedingungen.
Personal- und Lohnpolitik Die FINMA verfolgt eine leistungs- und markt-
notwendig, da die FINMA mit ihren Mitarbeitenden
orientierte Personalpolitik. Leistungsträger sollen
auf dem Arbeitsmarkt vorwiegend mit privaten
gefördert und überdurchschnittliche Leistungen
Arbeitgebern und nicht mit der zentralen Bundes-
honoriert werden. Die Personalstatuten der FINMA
verwaltung konkurriert.
ermöglichen eine grössere Flexibilität bei der
Ein Basislohn von über 300 000 Schweizer
Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen. Dies ist
Franken bedarf der Zustimmung des Vorstehers des
Lohnband
Minimalbetrag
Maximalbetrag
1
215 000
300 000
2
170 000
260 000
3
130 000
210 000
4
100 000
160 000
5
70 000
120 000
6
50 000
90 000
Die Basis des Lohnsystems der FINMA bilden sechs sich überlappende Lohnbänder.
100
Jahresbericht 2010 | FINMA
EFD. Die Höchstsumme von Basislohn und variabler
lohns. Wenigen Mitarbeitenden wurde in diesem
Lohnkomponente wird für den Direktor oder die
Prozess der Lohn gesenkt, weil sich die Funktion
Direktorin anlässlich der Anstellung festgelegt und
geändert hatte oder deutliche und lang andau-
unterliegt der Genehmigung durch den Bundesrat.
ernde Leistungsmängel festgestellt wurden.
Der FINMA gelang es, 2010 zusätzliche qualifi-
Ausserordentliche Leistungen können durch
zierte Spezialisten mit Erfahrung im Finanzbereich
eine variable Lohnkomponente honoriert werden.123
für die Aufsicht zu gewinnen. Dies ist letztlich auch
Die FINMA nutzte diese Möglichkeit und gewährte
den gegenwärtigen günstigen Arbeitsmarktbedin-
2010 123 Mitarbeitenden (31 Prozent) eine
gungen zuzuschreiben.
«Prämie» (variable Lohnkomponente) von 7,5 Pro-
Anders als in der zentralen Bundesverwaltung
zent, 15 Prozent oder (für Geschäftsleitungsmit
glich die FINMA ihren Mitarbeitenden 2010 keine
glieder) 20 Prozent des Basislohnes. Entsprechend
Teuerung aus, da sich der für die FINMA massge-
der Vorgabe in der FINMA-Personalverordnung
bende Landesindex der Konsumentenpreise kumu-
wurden nur Personen mit einer Prämie ausgezeich-
liert um nicht mehr als ein Prozent erhöhte.
net, welche die vereinbarten Ziele übertrafen.
Per April 2010 erhielten 44 Prozent der Mit-
Im Laufe des Jahres 2010 wurde das Karriere-
arbeitenden eine Lohnerhöhung in der Höhe von
und Entwicklungsmodell der FINMA erarbeitet,
insgesamt 2,45 Prozent der Lohnsumme. Im Einzel-
das per 1. April 2011 wirksam wird. Mit dem
nen unterschieden sich die gewährten Lohnerhö-
Fachkarrieremodell der FINMA wird den Mitarbei-
hungen erheblich: Die höchste betrug 36,5 Prozent,
tenden als Alternative zur Führungskarriere eine
die niedrigste 1,2 Prozent. Die Löhne wurden dort
gleichwertige Laufbahnmöglichkeit geboten. Die
angepasst, wo dies aufgrund von erweiterten Auf-
Beförderung in der Fachlaufbahn ist an strenge
gaben bzw. einer höheren Verantwortung oder von
fachliche Kriterien gebunden und bedingt einen
Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt angezeigt
markanten Zuwachs an fachlicher Expertise. Die-
war. Die Lohnanpassungen sind von der jährlichen
ses Modell trägt dazu bei, auf dem Arbeitsmarkt
Leistungsbeurteilung abgekoppelt. Es gibt keinen
die Attraktivität der FINMA als Arbeitgeberin zu
jährlichen Automatismus zur Anpassung des Basis-
erhöhen.
Personalbestand und -struktur Das durch den Verwaltungsrat genehmigte
Das Durchschnittsalter der Mitarbeitenden
Stellendach für 2010 lag bei 380 Vollzeitstellen.
betrug 41 Jahre. Die Sprachanteile setzten sich wie
Die FINMA beschäftigte 2010 durchschnittlich
folgt zusammen: 82 Prozent Deutsch, 14 Prozent
405 Mitarbeitende auf 371 Vollzeitstellen. Rund
Französisch, 3 Prozent Italienisch, 1 Prozent Eng-
22 Prozent des Personals arbeiten Teilzeit. Für das
lisch. Der Frauenanteil lag bei 39 Prozent. Die Fluk-
Jahr 2011 genehmigte der Verwaltungsrat einen
tuation (ohne Pensionierungen) betrug 10 Prozent.
Personalbestand von 400 Vollzeitstellen.
123
Art. 22 FINMA-Personal verordnung
Jahresbericht 2010 | FINMA
101
ORGANIGRAMM (per 31. Dezember 2010)
Geschäftsbereich Verwaltungsrat Dr. Eugen Haltiner Präsident
Abteilung Gruppe
Interne Revision Philippe Jurt
* Mitglied der Geschäftsleitung ** Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung
Direktor Dr. Patrick Raaflaub*
Banken Mark Branson*
Versicherungen Dr. René Schnieper*
Märkte Franz Stirnimann*
Strategische Grundlagen und Zentrale Dienste Dr. Urs Zulauf*
Aufsicht UBS Thomas Hirschi
Aufsicht Lebensversicherung Daniel Sigrist**
Kollektive Kapitalanlagen Yann Wermeille**
Strategische Grundlagen und Internationales Dr. Oliver Wünsch
Aufsicht CS Group Eva Aigner a.i.
Aufsicht Schadenversicherung Hans-Peter Gschwind**
Enforcement und Marktaufsicht Dr. David Wyss**
Zentrale Dienste Andreas Wortmann**
Aufsicht Vermögensverwaltungsbanken und Effektenhändler François Tinguely
Aufsicht Rückversicherung Stefan Senn
Geldwäscherei und Finanzintermediäre Léonard Bôle
Human Resources Agnes Keller
Aufsicht Retail- und Universalbanken Mark Branson a.i.*
Aufsicht Krankenversicherung Markus Geissbühler
Accounting, Prüfgesellschaften und Ratingagenturen Kurt Bucher**
Kommunikation Dr. Alain Bichsel
Risikomanagement Dr. Urs Bischof**
Aufsicht Gruppen Alain Kupferschmid
Aufsicht Börsen Dr. Marcel Aellen
Generalsekretariat Dr. Nina Arquint
Bewilligungen Hansueli Geiger
Qualitatives Risikomanagement Dr. Urs Karlen**
Solvenz und Kapital Dr. Reto Schiltknecht
Quantitatives Risikomanagement Dr. Hansjörg Furrer
Aufsichtsrecht Versicherungen Hans-Peter Gschwind**
102
Jahresbericht 2010 | FINMA
Recht und Compliance Kathrin Tanner / Renate Scherrer-Jost
Verhaltenskodex Die FINMA legt grössten Wert darauf, dass sich
Im Kodex finden sich unter anderem Regelun-
die für sie tätigen Personen integer verhalten. Zu
gen zu Nebenbeschäftigungen und öffentlichen
diesem Zweck erliess die FINMA einen Verhaltens-
Ämtern, zum Halten von Effekten von Beaufsichtig-
kodex. Der Kodex bezweckt die Sicherstellung der
ten, zur Annahme von Geschenken, zum Ausstand
Integrität der Mitglieder des Verwaltungsrats sowie
sowie zum Amtsgeheimnis. Alle neu eintretenden
der Mitarbeitenden der FINMA und regelt insbeson-
Mitarbeitenden werden in den wichtigsten Fragen
dere den Umgang mit Interessenkonflikten.
des Verhaltenskodex geschult.
Jahresbericht 2010 | FINMA
103
FINANZMARKTREGULIERUNG 2010 – RÜCKBLICK UND PLANUNG (per 31. Dezember 2010)
Projekt
Kontakt und Information
Sektorübergreifend Abgaben Im November 2010 erliess der Bundesrat eine Änderung der Gebühren- und Abgabenverordnung. Neu wurde die Bemessungsgrundlage der Aufsichtsabgabe geändert. Zudem sollen die Kosten der Aufsicht für die beiden Grossbanken künftig diesen beiden Instituten direkt in Rechnung gestellt werden, um Quersubventionierungen zu korrigieren. Auch im Börsenbereich soll der Aufwand vollständig und verursachergerecht auf die entsprechenden Institute überwälzt werden.
Geldwäscherei: Konsolidierung der drei FINMA-Verordnungen Die drei Verordnungen von EBK, BPV und Kst GwG wurden in einer Verordnung zusammengeführt. Neben vereinzelten materiellen Neuerungen zwecks Harmonisierung oder Anpassung an die gegenwärtigen internationalen Entwicklungen handelt es sich in erster Linie um eine technische Zusammenführung mit Vereinfachungen im Verordnungstext. Die neue Verordnung trat am 1. Januar 2011 in Kraft. Sie sieht Übergangsfristen vor.
Prüfwesen: Konsolidierung der elf FINMA-Rundschreiben Die elf Rundschreiben von EBK, BPV und Kst GwG wurden unverändert in die FINMA überführt. Sie sollen überarbeitet und konsolidiert werden. Dabei wird beim Einsatz der Prüfgesellschaften eine weitgehende Standardisierung zwischen den einzelnen Aufsichtsbereichen innerhalb der FINMA und eine verstärkte Risikoorientierung angestrebt.
Corporate Governance Auch die Rundschreiben der EBK und des BPV zur Corporate Governance wurden für die FINMA unverändert übernommen. Eine Überprüfung soll Überarbeitungsbedarf offenlegen und aufzeigen, in welchen Bereichen ein harmonisierter Ansatz sinnvoll ist.
Insolvenz und Sanierung Die Vorlage zum Einlegerschutz bei Banken enthält auch eine Revision des Sanierungsverfahrens für Banken. Analog zu den Bestimmungen zum Bankenkonkurs wird die FINMA nunmehr auch zum Erlass einer Bankensanierungsverordnung berechtigt. Neu sind zudem Insolvenzregeln für Versicherungsunternehmen und kollektive Kapital anlagen vorgesehen.
Datenbearbeitung durch die FINMA Nach Art. 23 Abs. 1 FINMAG hat die FINMA die Einzelheiten ihrer Datenbearbeitung zu regeln. Dazu ist die Ausarbeitung einer Verordnung geplant.
SIF www.sif.admin.ch
FINMA www.finma.ch
FINMA www.finma.ch
FINMA www.finma.ch
SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch
FINMA www.finma.ch
Banken Einlagen bei Genossenschaften, Vereinen und Stiftungen Die FINMA passte im Januar 2010 das Rundschreiben 08/3 «Publikumseinlagen bei Nichtbanken» an die im Oktober 2009 durch den Bundesrat erfolgte Änderung der Bankenverordnung an. Danach dürfen Genossenschaften, Vereine und Stiftungen Einlagen aus dem Publikum künftig nur noch entgegennehmen, wenn sie diese für den gemeinschaftlichen Zweck der Organisation verwenden.
104
Jahresbericht 2010 | FINMA
FINMA www.finma.ch
Regulierungsstufe
Stand und nächste Schritte Ausarbeitung
Vernehmlassung / Anhörung
Überarbeitung
Verabschiedung
Verordnung
Verordnung
Rundschreiben
im Gang
offen
Rundschreiben
im Gang
offen
Gesetz bzw. Verordnung
im Gang
offen
(Gesetz)
(Gesetz)
(Gesetz)
(Gesetz)
Verordnung
in Planung
Rundschreiben
-----
-----
Jahresbericht 2010 | FINMA
105
Projekt
Kontakt und Information
Basel II – Säule 1 («Basel 2.5»)
SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch
Im Nachgang zur Finanzkrise wurden die Basel-II-Standards der Säule 1 im Bereich Marktrisiken und Verbriefungen sowie die EU-Standards zu den Risikoverteilungsvorschriften, vor allem hinsichtlich des Interbankengeschäfts, verschärft. Im November 2010 erfolgten Anpassungen in den Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften der Eigenmittelverordnung sowie von vier FINMA-Rundschreiben, sodass die schweizerischen Vorschriften wieder den einschlägigen internationalen Referenzstandards entsprechen. Namentlich wurde das FINMA-Rundschreiben 08/20 «Marktrisiken Banken» an die «Revisions to the Basel II Market Risk Framework and Guidelines for Computing Capital for Incremental Risk in the Trading Book» angepasst.
Basel II – Säule 2 Unter Säule 2 der Basel-II-Mindeststandards müssen alle für das betreffende Institut wesentlichen Risikoarten mit nach bankinternen Messmethoden zu bestimmendem Kapital unterlegt werden. Dabei geht die unter Säule 2 erforderliche Unterlegung mit Eigenmitteln über die Mindeststandards der Säule 1 hinaus. Diese Sicherheitsmarge soll gewährleisten, dass die Mindestanforderungen nach Säule 1 selbst in schweren Krisen eingehalten und darüber hinaus die durch die Mindestanforderungen nicht oder nur unzureichend erfassten Risiken ausreichend gedeckt werden. Die in Art. 34 ERV zur Säule 2 festgehaltenen Grundsätze müssen in einem Rundschreiben konkretisiert werden.
Basel III Beruhend auf den Erfahrungen mit Basel II sowie den Erkenntnissen aus der Finanzkrise, überarbeitete das BCBS sein Regelwerk betreffend Kapital und Liquidität. Die Umsetzung des Regelwerks in Schweizer Recht mit Inkrafttreten auf Anfang 2013 ist in Planung. Dazu soll die bereits mit der Umsetzung von Basel II befasste nationale Arbeitsgruppe betraut werden. Zusätzlich zu Basel III werden auch die Risikoverteilungsvorschriften für den Schweizer Ansatz überarbeitet.
Systemische Risiken («Too big to fail») Gestützt auf Vorschläge der von ihm eingesetzten Expertenkommission, will der Bundesrat auf dem Gesetzesweg rasch und wirksam die Risiken für die Volkswirtschaft einschränken, die von grossen, systemrelevanten Banken ausgehen. Systemrelevante Banken sollen höhere Eigenmittel halten, strengere Liquiditätsvorschriften erfüllen und ihre Risiken besser verteilen. Sie sollen so organisiert sein, dass auch bei drohender Insolvenz systemwichtige Funktionen für die Volkswirtschaft gewährleistet sind. Um die Ausgabe von neuem Vorrats- und Wandlungskapital in der Schweiz zu fördern, schlägt der Bundesrat zudem steuerliche Massnahmen vor.
Einlegerschutz Nach einer ersten Verstärkung des Einlegerschutzes im Dezember 2008 durch das Parlament soll in einem zweiten Schritt das Einlagensicherungssystem grundlegend revidiert werden. Einzelne Vorschläge des Bundesrates stiessen aber während der Vernehmlassung überwiegend auf Ablehnung, sodass gemäss der im April 2010 veröffentlichten Botschaft einzig die befristeten Sofortmassnahmen ins Dauerrecht überführt sowie die in der Vernehmlassung unbestritten gebliebenen Bestimmungen übernommen werden sollen. Es handelt sich dabei um die Regelung über die Weiterführung von Bankdienstleistungen, die Verkürzung der Frist zur Auszahlung aus der Einlagensicherung, die Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen sowie die Regelung nachrichtenloser Vermögenswerte. Bis zur endgültigen Verabschiedung der Gesetzesvorlage wurden die Sofortmassnahmen im Dezember 2010 um zwei weitere Jahre bis Ende 2012 verlängert.
106
Jahresbericht 2010 | FINMA
FINMA www.finma.ch
SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch
SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch
SIF www.sif.admin.ch
Regulierungsstufe
Stand und nächste Schritte Ausarbeitung
Vernehmlassung / Anhörung
Überarbeitung
Verabschiedung
Verordnung bzw. Rundschreiben
Rundschreiben
im Gang
geplant für Q1/11
geplant für Q2/11
geplant für Q3/11
Verordnung bzw. Rundschreiben
in Planung
Gesetz und Verordnung bzw. Rundschreiben
bis 23. März 2011
(Gesetz)
(Gesetz)
Gesetz
im Gang
offen
Jahresbericht 2010 | FINMA
107
Projekt
Kontakt und Information
Nachrichtenlose Vermögenswerte
SIF www.sif.admin.ch
Mit Änderungen des Obligationenrechts, des Zivilgesetzbuches und der Zivilprozessordnung sollte der Umgang mit nachrichtenlosen Vermögenswerten geregelt werden. Darauf wurde angesichts der kontroversen Vernehmlassungsergebnisse verzichtet. Jedoch soll mit einer einfachen Bestimmung den Banken die Möglichkeit in die Hand gegeben werden, solche Vermögenswerte nach vorgängiger Publikation zu liquidieren. Der Liquidationserlös fiele an den Bund, wobei die Ansprüche von Berechtigten, die sich auch auf die Publikation hin nicht gemeldet haben, erlöschen würden. Eine entsprechende, in einer Verordnung zu konkretisierende Zusatzvorlage wurde an die Vorlage zum Einlegerschutz angehängt (Zusatzbotschaft von Oktober 2010).
Rechnungslegung Die hängige Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts sieht auch Bestimmungen zur Rechnungslegung bei Banken und Effektenhändlern (sowie Versicherungsunternehmen) vor. Diese wird zurzeit gemeinsam mit der Volksinitiative «gegen die Abzockerei» im Parlament diskutiert. Darüber hinaus plant die FINMA eine weitergehende Revision der Rechnungslegungsvorschriften für Banken und Effektenhändler auf Stufe Rundschreiben. Dabei gilt es, zu berücksichtigen, dass aus Sicht der Investoren und der prudenziellen Aufsicht unterschiedliche Anforderungen an die Rechnungslegungsvorschriften für Finanzinstitute bestehen. Die Unterschiede müssen analysiert und gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen für die prudenzielle Aufsicht formuliert werden.
BJ www.bj.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch
Versicherungen Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung Das im März 2010 verabschiedete Rundschreiben 10/3 «Krankenversicherung nach VVG» konkretisiert die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die Tarifierung und versicherungstechnischen Rückstellungen im Bereich der Krankenzusatzversicherungen. Es definiert insbesondere den Auftrag der FINMA, durch ein präventives Tarifgenehmigungsverfahren sicherzustellen, dass die erhobenen Prämien weder solvenzgefährdend tief noch missbräuchlich hoch sind.
Versicherungsverträge Grundanliegen der Totalrevision des Versicherungsvertragsrechts sind die Anpassung des Versicherungsvertragsrechts an die veränderten Gegebenheiten und Bedürfnisse sowie die Sicherstellung eines vernünftigen und realisierbaren Versichertenschutzes. Ein Gesetzesentwurf will für eine Ausgewogenheit zwischen den Verpflichtungen der Versicherungsnehmer einerseits und jenen der Versicherungsunternehmen andererseits sorgen. Ein überarbeiteter Entwurf soll samt entsprechender Botschaft dem Parlament im Laufe des Jahres 2011 unterbreitet werden.
Technische Rückstellungen für Rückversicherer Die Aufsichtsverordnung enthält keine spezifische Regelung zu den Rückstellungen für Rückversicherer. Erforderliche Konkretisierungen müssen auf der Stufe Rundschreiben erfolgen. Ein in die Anhörung gegebener Entwurf legt Minimalanforderungen fest, die sicherstellen sollen, dass die Versicherungsunternehmen aus aktuarieller Sicht ausreichende versicherungstechnische Rückstellungen vornehmen. Vorgesehen sind Grundsätze zur Bewertung, Dokumentation und Information sowie zum Prozess und zur Kontrolle der versicherungstechnischen Rückstellungen.
108
Jahresbericht 2010 | FINMA
FINMA www.finma.ch
SIF www.sif.admin.ch
FINMA www.finma.ch
Regulierungsstufe
Stand und nächste Schritte Ausarbeitung
Vernehmlassung / Anhörung
Überarbeitung
Verabschiedung
Gesetz und Verordnung
im Gang
offen
(Gesetz)
(Gesetz)
(Gesetz)
(Gesetz)
Gesetz bzw. Rundschreiben
im Gang
offen
(Gesetz)
(Gesetz)
(Gesetz)
(Gesetz)
Rundschreiben
Gesetz
im Gang
offen
Rundschreiben
im Gang
offen
Jahresbericht 2010 | FINMA
109
Projekt
Kontakt und Information
Risikosituation bei Versicherern
FINMA www.finma.ch
Die FINMA bezweckt mittels Rundschreiben die Konkretisierung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen über das Risikomanagement bei Versicherern. Geplant sind Prinzipien zur Erfassung, insbesondere zur Erstellung und Einschätzung der Risikosituation. Weiter sollen Mindestanforderungen an Art, Inhalt und Gestaltung der Berichterstattung festgelegt werden.
Betriebsrechnung berufliche Vorsorge Das FINMA-Rundschreiben 08/36 «Betriebsrechnung berufliche Vorsorge» enthält neben der grundsätzlichen Komponente, welche die gesetzlichen Bestimmungen zur Betriebsrechnung berufliche Vorsorge konkretisiert und präzisiert, auch eine technische Komponente, welche die einzelnen Positionen im elektronischen Formularsatz zur Erhebung der Rechnungsabschluss- und Bestandesdaten durch die FINMA erläutert. Bei der grundsätzlichen Komponente wird eine Überarbeitung geprüft, bei der technischen Komponente die Ausgliederung in eine Wegleitung (zwecks besserer Flexibilität).
FINMA www.finma.ch
Märkte Finanzintermediation nach Geldwäschereigesetz Die Verordnung über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation (VBF) legt fest, wann eine nicht prudenziell beaufsichtigte Person oder Unternehmung als Finanzintermediärin des Nichtbankensektors gilt. Das im November 2010 verabschiedete FINMA-Rundschreiben 11/1 «Finanzintermediation nach GwG» definiert die Bestimmungen der VBF näher und legt die Unterstellungspraxis der FINMA in diesem Bereich dar. Diese lehnt sich weitgehend an die Praxis der ehemaligen Kst GwG an.
Börsendelikte und Marktmissbrauch Die Wirksamkeit der Regulierung soll durch eine Revision der strafrechtlichen Verfolgung von Börsendelikten erhöht werden. Inhaltlich soll der strafrechtliche Tatbestand des Insiderhandels neu geregelt werden. Zudem will man qualifizierte Tatbestände des Insiderhandels und der Kursmanipulation schaffen. Der strafrechtliche Instanzenzug soll gestrafft werden, indem die Kompetenz zur Verfolgung und Beurteilung der Börsendelikte der Bundesanwaltschaft und dem Bundesstrafgericht übertragen würde. Eine Überarbeitung der Vernehmlassungsvorlage einschliesslich entsprechender Botschaft ist für Frühjahr 2011 geplant.
110
Jahresbericht 2010 | FINMA
FINMA www.finma.ch
SIF www.sif.admin.ch
Regulierungsstufe
Stand und nächste Schritte Ausarbeitung
Vernehmlassung / Anhörung
Überarbeitung
Verabschiedung
Rundschreiben
im Gang
offen
Rundschreiben
offen
Rundschreiben
Gesetz
im Gang
offen
Jahresbericht 2010 | FINMA
111
STATISTIKEN (per 31. Dezember 2010)
Ausländische kollektive
Unterstellte Institute
124
Kapitalanlagen
(2009) 2010
Total ausländische kollektive Unterstellte Banken
(2009) 2010
Kapitalanlagen, wovon
(5159) 5791
Banken, wovon
(330)
326
– eurokompatibel (UCITS)
(4761) 5439
– ausländisch beherrscht
(123)
121
– nicht eurokompatibel
– Zweigniederlassungen
(Non-UCITS)
ausländischer Banken
Raiffeisenbanken
(398)
(35)
36
(350)
339
Unterstellte Vermögensverwalter (Asset
(52)
48
Manager) und Vertriebsträger nach KAG
Vertretungen ausländischer Banken
352
Vermögensverwalter Unterstellte Effektenhändler
(Asset Manager)
Effektenhändler, wovon
(68)
72
– ausländisch beherrscht
(18)
19
– Zweigniederlassungen
ausländischer Effektenhändler
(12)
15
83 420
und Krankenkassen Lebensversicherer, wovon
Effektenhändler
(40)
40
Anerkannte ausländische Börsenteilnehmer
(136)
139
Unterstellte Börsen
– in der Schweiz domizilierte
Versicherungsunternehmen
– Niederlassungen ausländischer
Versicherungsunternehmen
Schadenversicherer, wovon
Inländische Börsen
(3)
3
(2)
2
(41)
45
Inländische börsenähnliche Einrichtungen Anerkannte ausländische Börsen Anerkannte ausländische börsenähnliche Einrichtungen
(3)
4
(25)
25
(21)
21
(4)
4
(124)
126
– in der Schweiz domizilierte
Versicherungsunternehmen
(inkl. 20 Krankenzusatzversicherungen
[2009: 18])
– Niederlassungen ausländischer
Versicherungsunternehmen
(78)
79
(46)
47
Rückversicherer total
(69)
62
Unterstellte kollektive Kapitalanlagen
– Rückversicherer
(26)
27
Schweizerische kollektive Kapitalanlagen
– Rückversicherungscaptives
(42)
35
Total schweizerische kollektive
Krankenkassen, welche die Krankenzusatzversicherung betreiben (40)
35
Kapitalanlagen, wovon
(1343) 1400
– offene kollektive Kapital-
anlagen (nach Art. 8 KAG)
– vertragliche Anlagefonds
und SICAV
Total beaufsichtigte Versicherungs- unternehmen und Krankenkassen (1336) 1387
– davon nur für qualifizierte
Anleger bestimmt
– geschlossene kollektive
Der Begriff «unterstellt» bedeutet nicht zwingend, dass die Institute durch die FINMA beaufsichtigt werden.
112
(70) (425)
Unterstellte Versicherungsunternehmen
Vertretungen ausländischer
124
Vertriebsträger
Jahresbericht 2010 | FINMA
627
Total DUFI
(11)
11
(441)
412
Total registrierte Versicherungs-
Kapitalanlagen (nach Art. 9 KAG) – KGK und SICAF
248
Unterstellte Finanzintermediäre Total unterstellte SRO
(566)
(258)
vermittler (7)
13
(12 650) 12 854
Anerkannte Prüfgesellschaften und Ratingagenturen
(2009) 2010
Total anerkannte Prüfgesellschaften
– davon nur für direkt
unterstellte Finanzintermediäre
Total anerkannte Ratingagenturen
Versicherungen
(2009) 2010
(118)
115
– in der Schweiz domizilierte
(97)
99
Versicherungsunternehmen
(5)
5
– Niederlassungen ausländischer
Versicherungsunternehmen
Lebensversicherer, wovon
Schadenversicherer, wovon
Bewilligungen Banken und Effektenhändler Banken Bankbewilligungen (Art. 3 BankG)
– in der Schweiz domizilierte
Versicherungsunternehmen
– Niederlassungen ausländischer
Versicherungsunternehmen
(0)
1
Total
(8)
9
(633)
550
(26)
23
2
Krankenzusatzversicherung
10
Effektenhändler
Finanzintermediäre
Effektenhändlerbewilligungen
Versicherungsvermittler 5
Vertretungen (Art. 49 BEHV)
(3)
5
Zusatzbewilligungen (Art. 10 Abs. 6
DUFI
Prüfgesellschaften und Ratingagenturen Total Verfügungen für Wechsel
BEHG und Art. 56 Abs. 3 BEHV)
(1)
3
Prüfgesellschaften,
Aufhebung der Unterstellung
(0)
2
– davon bei direkt unterstellten
Finanzintermediären
(20)
17
Anerkennung ausländischer Börsenteilnehmer
3
betreiben
(1)
4
(2)
1
Zusatzbewilligungen (Art. 3ter BankG) (28)
(1)
5
(3)
Vertretungen (Art. 14 ABV-FINMA)
(0)
(5)
Rückversicherungscaptives Krankenkassen, welche die
Zweigniederlassungen (Art. 41 BEHV)
0
2
1
(Art. 10 BEHG)
(0)
2
(2)
2
0
(3)
(Art. 4 ABV-FINMA)
(4)
(0)
(0)
8
Aufhebung der Unterstellung
0
Rückversicherer
(9)
Zweigniederlassungen
(0)
Börsen
(43)
66
(12)
20
Anerkennungen von Prüfgesellschaften (5)
5
Löschungen von Prüfgesellschaften
(3)
8
Anerkennung von Ratingagenturen
(0)
0
(69)
51
Anerkennung ausländischer Börsen (inkl. börsenähnlicher Einrichtungen)
(4)
4
Verfügungen Kollektive Kapitalanlagen Verfügungen des ENA
Schweizerische kollektive Kapitalanlagen
(152)
189
Ausländische kollektive Kapitalanlagen
(984) 1184
Beschwerden und Strafanzeigen
Vermögensverwalter (Asset Manager)
Eingereichte Beschwerden
–
und Vertriebsträger nach KAG
Erledigte Beschwerden
–
24
Anzeigen an Strafverfolgungsbehörden –
32
Vermögensverwalter (Asset Manager) (19)
15
Vertriebsträger
14
(12)
27
Jahresbericht 2010 | FINMA
113
ANHANG
VERTRETUNG DER FINMA IN INTERNATIONALEN ARBEITSGRUPPEN Internationale Organisationen und Gremien
Financial Stability Board (FSB)
International Association of Insurance Supervisors
– Standing Committee on Supervisory and
(IAIS)
Regulatory Cooperation
– Executive Committee
– Steering Group on Resolution
– ComFrame Task Force
– Cross-Border Crisis Management Group
– Financial Stability Committee
– Peer Review Group on Compensation
– Technical Committee – Implementation Committee – Budget Committee
Joint Forum
– Internal Review Task Force
– Plenum (Vertretung Banken und Versicherungen)
– Solvency Subcommittee
– Task Force on the Differentiated Nature
– Accounting Subcommittee
– Insurance Contracts Subcommittee
and Scope of Regulation
– Working Group on Risk Assessment and
– Reinsurance Subcommittee
– Insurance Groups and Cross Sectoral Issues
Capital Standing
– Working Group on Revising the Principles
on Supervision of Financial Conglomerates
Committee – Governance and Compliance Subcommittee – Market Conduct Subcommittee – Insurance Core Principles Coordination Task
Basel Committee on Banking Supervision (BCBS)
Force
– Governors and Heads of Supervision – International Conference of Banking
Supervisors
Commissions (IOSCO)
– Policy Development Group
– Technical Committee
– Macroprudential Group
– Presidents’ Committee
– Working Group on Liquidity
– European Regional Committee
– Trading Book Group
– Technical Committee Task Force on Audit
– Definition of Capital Subgroup
Services
– Basel II Capital Monitoring Group
– Chairs’ Committee and Auditing
– Risk Management and Modelling Group
– Standing Committee 2
– Capital Interpretation Group – Cross-Border Banking Resolution Group – Standards Implementation Group – Standards Implementation Group on
Operational Risk
– Standards Implementation Group on Validation – Accounting Task Force – Anti-Money-Laundering / Combating the Financing of Terrorism Expert Group
116
International Organization of Securities
– Basler Hauptausschuss
– Standing Committee 3
(Regulation of Market Intermediaries) – Standing Committee 4
(Enforcement and Exchange of Information) – Standing Committee 5
(Investment Management) – Standing Committee 6 (Credit Rating Agencies)
– Governance Task Force
– Screening Group
– Top-down Calibration Group
– MMoU Verification Team 6
Jahresbericht 2010 | FINMA
(Regulation of Secondary Markets)
Internationale Foren
– Task Force on Unregulated Entities
– Futures and Options Markets Regulators‘
– Task Force on Commodity Futures Markets – Task Force on Derivatives Regulation
Meeting («Bürgenstock-Meeting») – Futures Industry Association / International Futures Industry Conference («Boca-RatonMeeting»)
Financial Action Task Force (FATF)
– Enlarged Contact Group (Treffen der Anlage-
– Plenum
fondsaufsichtsbehörden)
– Expert Group A / Expert Group B
– Wilton Park Securities Supervision Conference /
– Working Group on Typologies
International Cooperation and Enforcement
in the Securities Sector
– Senior Supervisors Group – OTC Derivatives Regulators Forum – Deutschsprachiges Vierländertreffen mit
Organisation for Economic Co-operation and
Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der
Development (OECD) – OECD Insurance and Private Pensions
Schweiz (Banken- und Versicherungsbereich) – Conférence Francophone (Versicherungsbe-
Committee (IPPC)
reich) mit Frankreich, Luxemburg, Belgien
– IPPC Private Sector Advisory Group
– IPPC Task Force on Corporate Governance
– Groupe des Superviseurs Francophones
– IPPC Task Force on Insurance Statistics
und der Schweiz (Bankenbereich)
– OECD Committee on Financial Markets – OECD Economic Survey
International Monetary Fund (IMF) – Financial Sector Assessment Program (FSAP) – Article IV Consultation
Die Aufzählung beschränkt sich auf internationale Komitees mit aktiver Beteiligung der Schweiz.
Jahresbericht 2010 | FINMA
117
ABKÜRZUNGEN
ABV-FINMA
Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 21. Oktober 1996 über die ausländischen Banken in der Schweiz (AuslandbankenverordnungFINMA; SR 952.111)
DUFI
Direkt unterstellte Finanzintermediäre
EBA
European Banking Authority
EBK
Eidgenössische Bankenkommission (Vorgängerbehörde der FINMA)
AIFM
Alternative Investment Fund Managers (Verwalter alternativer Investmentfonds)
EFD
Eidgenössisches Finanzdepartement
EFV
Eidgenössische Finanzverwaltung
AVO
Verordnung vom 9. November 2005 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung; SR 961.011)
EIOPA
European Insurance and Occupational Pensions Authority
ElCom
Eidgenössische Elektrizitätskommission
BAG
Bundesamt für Gesundheit
ENA
Enforcementausschuss
BankG
Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz; SR 952.0)
ERV
BankV
Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung; SR 952.02)
Verordnung vom 29. September 2006 über die Eigenmittel und Risikoverteilung für Banken und Effektenhändler (Eigenmittelverordnung; SR 952.03)
ESMA
European Securities and Markets Authority
BBl
Bundesblatt
ETP
Exchange-Traded Products
BCBS
Basel Committee on Banking Supervision (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht)
FATCA
U.S. Foreign Account Tax Compliance Act
FATF
Financial Action Task Force on Money Laundering
FINMA
Eidgenössische Finanzmarktaufsicht
FINMAG
Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz; SR 956.1)
FIRST
FINMA Insurance Reporting and Supervising Tool
FSA
Financial Services Authority (Grossbritannien)
BEHG
BEHV
Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz; SR 954.1) Verordnung vom 2. Dezember 1996 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung; SR 954.11)
BEHV-FINMA Verordnung vom 25. Oktober 2008 der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung-FINMA; SR 954.193) BFE
Bundesamt für Energie
BIS
Bank for International Settlements
BPV
Bundesamt für Privatversicherungen (Vorgängerbehörde der FINMA)
BVG
118
Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (SR 831.40)
BVGer
Bundesverwaltungsgericht
CCP
Central Counterparty (Zentrale Gegenpartei)
CEBS
Committee of European Banking Supervisors
CEIOPS
Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors
CESR
Committee of European Securities Regulators
CFD
Contracts for Difference
CoCos
Contingent Convertible Bonds
ComFrame
Common Framework for the Supervision of Internationally Active Insurance Groups
Jahresbericht 2010 | FINMA
FSB
Financial Stability Board
GHOS
Governors and Heads of Supervision (Führungsorgan des BCBS)
GPK
Geschäftsprüfungskommissionen
GS EFD
Generalsekretariat des Eidgenössischen Finanzdepartements
GwG
Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz; SR 955.0)
GwV-FINMA Verordnung vom 8. Dezember 2010 der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereiverordnung-FINMA; SR 955.033.0) GwV-FINMA 1 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 18. Dezember 2002 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Banken-, Effektenhändler- und Kollektivanlagenbereich (Geldwäschereiverordnung-FINMA 1; AS 2003 554, 2008 2017 5613 Ziff. I 4)
GwV-FINMA 2 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 24. Oktober 2006 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Privatversicherungsbereich (Geldwäschereiverordnung-FINMA 2; AS 2006 4413, 2008 5613 Ziff. I 5)
RAB
Eidgenössische Revisionsaufsichts- behörde
RAG
Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz; SR 221.302)
RRP
Recovery and Resolution Plan
SBVg
Schweizerische Bankiervereinigung
GwV-FINMA 3 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 6. November 2008 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im übrigen Finanzsektor (GeldwäschereiverordnungFINMA 3; AS 2008 5313)
SFA
Swiss Funds Association
SICAF
Investmentgesellschaft mit festem Kapital
IAIS
International Association of Insurance Supervisors
SICAV
Investmentgesellschaft mit variablem Kapital
IFRS
International Financial Reporting Standards
SIF
Staatssekretariat für internationale Finanzfragen
IMF
International Monetary Fund
SNB
Schweizerische Nationalbank
IOSCO
International Organization of Securities Commissions
SQA
Swiss Qualitative Assessment
SRO
Selbstregulierungsorganisation
IPRG
Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (SR 291)
SRO-SVV
Selbstregulierungsorganisation des Schweizerischen Versicherungsverbandes
ISDA
International Swaps and Derivatives Association
SST
Schweizer Solvenztest
StGB
KAG
Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz; SR 951.31)
Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0)
SVV
Schweizerischer Versicherungsverband
TK
Treuhand-Kammer
KGK
Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen
UCITS
Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities
KKV
Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagenverordnung; SR 951.311)
UEK
Übernahmekommission
US GAAP
US Generally Accepted Accounting Principles
VAG
Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz; SR 961.01)
Kst GwG
Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei (Vorgängerbehörde der FINMA)
MiFID
Markets in Financial Instruments Directive
VAS
MMoU
Multilateral Memorandum of Understanding
Verband der Auslandbanken in der Schweiz
VBF
MoU
Memorandum of Understanding
Verordnung vom 18. November 2009 über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation (VBF; SR 955.071)
MTF
Multilateral Trading Facilities
VSB
NYSE
New York Stock Exchange
Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken
OECD
Organisation for Economic Co-operation and Development
VSKB
Verband Schweizerischer Kantonalbanken
OR
Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweize rischen Zivilgesetzbuches (fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220)
VVG
Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz; SR 221.229.1)
VwVG
Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz; SR 172.021)
WAK-N
Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates
OTC
Over the Counter
PCAOB
Public Company Accounting Oversight Board
QIA
Qualified Intermediary Agreement
Jahresbericht 2010 | FINMA
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