FINMA Annual Report 2010 DE

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JAHRESBERICHT 2010


FINMA Jahresbericht 2010


Herausgeberin:

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA Einsteinstrasse 2 CH-3003 Bern Tel. +41 (0)31 327 91 00 Fax +41 (0)31 327 91 01 info@finma.ch www.finma.ch

Gestaltung:

BBF AG, Basel

Fotografie:

Marion Nitsch, Zürich

Druck:

Stämpfli Publikationen AG, Bern

Jahresrechnung Die Jahresrechnung 2010 der FINMA wird separat veröffentlicht. Geschlechtsneutrale Formulierung Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird auf die geschlechterspezifische Differenzierung  – beispielsweise Gläubigerinnen und Gläubiger oder Anlegerinnen und Anleger – verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter.

2

Jahresbericht 2010 | FINMA

03.11 1700 860262199

Impressum


Inhaltsverzeichnis

VORWORT DES PRÄSIDENTEN

9

EINLEITUNG DES DIREKTORS

10

DIE FINMA IM ÜBERBLICK SCHWERPUNKTTHEMEN

14

Regulierungsprojekt zu den Vertriebsregeln

14

Situation im Hypothekarmarkt

16

Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes

18

NATIONALE VERNETZUNG

21

Verstärkung der Zusammenarbeit von SNB und FINMA

21

Zusammenarbeit mit dem EFD

21

Aussprachen mit dem Parlament und dem Bundesrat

22

Dialog mit Verbänden und Institutionen

22

Untersuchungen und Lehren aus der Krise

24

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010

25

INTERNATIONALE EINBETTUNG UND AGENDA

26

Internationale Präsenz der FINMA

26

Internationale Zusammenarbeit der Schweiz

27

IOSCO Task Force on Commodity Futures Markets

28

Fragen der internationalen Bankenregulierung

28

Revision des Regulierungs- und Aufsichtsrahmens für Verwalter alternativer Investmentfonds

29

Supervisory Colleges

30

Internationale Amtshilfe

30

Jahresbericht 2010 | FINMA

3


REGULIERUNG UND AUFSICHT GENERELLE THEMEN

34

Aufsichtskonzepte

34

Vorschläge zur Lösung des Too-big-to-fail-Problems

34

Zunahme der Rechts- und Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft

38

Vergütungssysteme

40

Outsourcing und Datenschutz

41

Veröffentlichung von Daten und Markttransparenz

42

BANKEN UND EFFEKTENHÄNDLER Grundlagen Allgemeine Situation im Bankensektor Regulierung

43 44 44

Änderungen des Bankengesetzes

47

Bankensanierungsverordnung

47

Corporate Governance und interne Kontrolle

48 48

Bewilligungen Banken und Effektenhändler

48

Unterstellung der PostFinance

48

Aufsichtspraxis

50

Grossbankenaufsicht

50

Aufsicht übrige Banken

51

VERSICHERUNGEN Regulierung

52 52

Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes

52

Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln

52

Lebensversicherung Grundlagen Marktsituation Aufsichtspraxis Aufsicht über die Kollektivversicherung berufliche Vorsorge Schadenversicherung Grundlagen Marktsituation Regulierung Motion Bischofberger

56 56 56 57 57 58 58 58 59 59

Rückversicherung

60

Grundlagen

60

Marktsituation

Jahresbericht 2010 | FINMA

43

Kapital- und Liquiditätserfordernisse

Bewilligungen

4

43

60


Krankenversicherung Grundlagen Marktsituation Regulierung Rundschreiben «Krankenversicherung nach VVG» Aufsichtspraxis Tarife der Krankenzusatzversicherung MÄRKTE UND FINANZINTERMEDIÄRE Börsen- und Marktaufsicht Regulierung

61 61 61 62 62 63 63 64 64 64

Änderung des Börsengesetzes betreffend Börsendelikte und Marktmissbrauch

64

Strukturierte Produkte

65

Bewilligungen Zulassung von ausländischen Eigenhändlern als Börsenteilnehmer Aufsichtspraxis

65 65 66

SIX Swiss Exchange

66

Interoperabilität

66

Ausblick Energiehandel Übernahme und Offenlegung Grundlagen Verfahrensführung im Offenlegungsrecht Regulierung Offenlegungsrecht: Mandat zur Teilrevision der Börsenverordnung-FINMA Kollektive Kapitalanlagen Grundlagen Rahmenbedingungen und Entwicklungen im Bereich kollektive Kapitalanlagen Regulierung Geltungsbereich des Kollektivanlagengesetzes im Bereich der Beteiligungsgesellschaften Bewilligungen

67 67 68 68 68 68 68 69 69 69 69 69 70

Steigerung der Effektivität und Effizienz in der Aufsicht

70

Kollektive Kapitalanlagen im Immobilienbereich

70

Bewilligungsverfahren

71

Aufsichtspraxis

72

Selbst- und fremdverwaltete SICAV

72

Sacheinlage und -auslage bei Publikumsfonds

72

Begriff der öffentlichen Werbung

73

Jahresbericht 2010 | FINMA

5


Prüfgesellschaften, Ratingagenturen und Accounting Regulierung

74 74

Behandlung strukturierter Produkte im Rundschreiben «Rechnungslegung Banken»

74

Prüfwesen

74

Verhandlungen über Joint Inspections von PCAOB, RAB und FINMA

75

Aufsichtspraxis

76

Umfrage zum Umfang der Prüfarbeiten bei Banken und Effektenhändlern

76

Einsatz von aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaften

76

Qualitätssicherung bei Prüfgesellschaften

76

Überprüfung von Abschlüssen

77

Geldwäscherei

78

Grundlagen

78

Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismus­finanzierung auf internationaler Ebene Regulierung

78 78

Geldwäschereiverordnung-FINMA

78

Rundschreiben «Finanzintermediation nach GwG»

79

Aufsichtspraxis

80

FINMA-Mitteilung zu Risiken bei Geschäftsbeziehungen mit Iran

80

Aufsichtskonzept für die Geldwäschereibekämpfung

81

ENFORCEMENT ENFORCEMENTPRAXIS

6

Jahresbericht 2010 | FINMA

84

UBS-Cross-Border-Geschäft – mögliche Verfahren gegen frühere Organe der Bank

85

Weitere Verfahren gegen prudenziell beaufsichtigte Institute

86

Insolvenzverfahren

89

Vorgehen gegen unterstellungspflichtige bzw. unerlaubte Tätigkeiten

90

Konkurse und Liquidationen bei unbewilligten Instituten

93

Enforcement im Bereich Marktaufsicht sowie Offenlegungs- und Übernahmerecht

93


DIE FINMA ALS BEHÖRDE VERWALTUNGSRAT UND GESCHÄFTSLEITUNG Verwaltungsrat Verwaltungsratsausschüsse Geschäftsleitung

98 98 98 99

Erweiterte Geschäftsleitung

99

Enforcementausschuss

99

PERSONAL

100

Rechtsgrundlagen

100

Personal- und Lohnpolitik

100

Personalbestand und -struktur

101

Organigramm

102

Verhaltenskodex

103

FINANZMARKTREGULIERUNG 2010  – RÜCKBLICK UND PLANUNG

104

STATISTIKEN

112

ANHANG VERTRETUNG DER FINMA IN INTERNATIONALEN ARBEITSGRUPPEN

116

ABKÜRZUNGEN

118

Jahresbericht 2010 | FINMA

7


Dr. Eugen Haltiner, Pr채sident (links), Dr. Patrick Raaflaub, Direktor

8

Jahresbericht 2010 | FINMA


VORWORT DES PRÄSIDENTEN

Erreichtes Ein Jahresbericht dient der Rechenschaftsab-

und eine deutlich verbesserte sektorübergreifende

lage. Transparent soll das Erreichte kommentiert

Zusammenarbeit. Diese Vernetzung ist wichtig,

werden, verbunden mit einem Hinweis auf die

denn die Risiken in der Finanzintermediation sind

weiterhin bestehenden Herausforderungen. Dies

zunehmend übergreifend und nicht mehr nur

gilt auch für eine Aufsichtsbehörde wie die FINMA,

branchenbezogen. Vergleichbare Risiken verlangen

die in den letzten Jahren mit ihren Entscheidungen

vergleichbare Standards – eine Konvergenz heute

vermehrt im Licht, auch in der Kritik der Öffent-

noch unterschiedlicher Ansätze in den Bereichen

lichkeit stand. Massstab der Beurteilung ist ein

der

Vergleich des ­Erreichten mit den gesetzten Zielen.

des zur Verfügung stehenden Instrumentariums

Erstmals wurden im September 2009 die strategi-

ist deshalb, wo immer vertretbar, anzustreben.

schen Ziele der FINMA vom Bundesrat genehmigt

­Weiter zu fördern ist zudem das vernetzte Denken

und anschlies­send veröffentlicht. Sie gliedern sich

zwischen der institutsbezogenen Einzelaufsicht

Regulierung,

der

Aufsichtskonzepte

und

in sieben Themenbereiche, die den Arbeiten der

und dem makroökonomischen Umfeld. So ist die

Aufsichtsbehörde eine längerfristige Orientierung

Risikoüberwachung noch vermehrt in einem erwei-

geben. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen von Pro-

terten Kontext zu sehen, unter Einbezug möglicher

jekten, unterstützt von jährlichen Leistungszielen

gesamtwirtschaftlicher Entwicklungen von syste-

auf allen Führungsebenen.

mischer Bedeutung.

In allen Bereichen wurde die Umsetzung an

Erfreulich ist die Leistungsbereitschaft der

die Hand genommen und konnten wesentliche

FINMA-Mitarbeitenden. Für ihre Arbeit gebührt

Meilensteine erreicht werden. Der vorliegende

ihnen öffentlich Dank und Anerkennung, denn sie

Jahres­bericht liefert dazu die entsprechenden Infor-

nehmen ihre Aufgaben auf einem schwierigen, oft

mationen.

konfliktreichen Terrain wahr. Spannungsfelder gibt

Die FINMA ist auf Kurs und erfüllt die ihr über-

es viele, und diese lassen sich nie zur Zufriedenheit

tragenen gesetzlichen Aufgaben wirkungsvoll.

aller lösen. Unbeirrt von Kritik, die häufig auf unsach-

So konnten durch organisatorische Massnahmen

lichen Behauptungen und Halbwissen beruht,

und eine zielgerichtete Rekrutierung sowohl die

­setzen sie sich beharrlich für die zu erreichenden

Effizienz als auch die Professionalität der Behörde

Ziele ein, ohne die Orientierung zu verlieren. Ich

gestärkt werden. Noch ist die Integration der

entbiete ihnen dafür meinen persönlichen Respekt.

Vorgängerorganisationen

nicht

abgeschlossen,

doch zeigen sich bereits erste Synergiegewinne

Dr. Eugen Haltiner, Präsident, im Dezember 2010

Jahresbericht 2010 | FINMA

9


EINLEITUNG DES DIREKTORS

Die FINMA hatte sich für das Jahr 2010

In der Schweiz stand für die FINMA denn auch

anspruchsvolle und herausfordernde Ziele gesetzt,

das strategische Ziel im Vordergrund, angemessene

welche die vom Bundesrat genehmigten übergeord-

regulatorische Antworten auf die systemischen

neten strategischen Ziele konkretisieren. Dabei blie-

Risiken für den Schweizer Finanzplatz zu finden,

ben und bleiben die Herausforderungen innerhalb

die namentlich durch die Grösse und Komplexität

und ausserhalb unserer Behörde weiterhin hoch.

der Grossbanken ausgelöst werden. Ganz zentral

Das wirtschaftliche Umfeld an den Finanzmärkten

ist hier das aktive Mitwirken der FINMA in der

ist zwar nicht mehr in der akuten Krisensituation

Expertenkommission «Too big to fail», die dem

der vergangenen Jahre, die Rahmenbedingungen

Bundesrat konkrete Vorschläge für ein Bündel von

für die von der FINMA beaufsichtigten Institute

Massnahmen zur Limitierung von volkswirtschaft-

sind aber anhaltend schwierig. Die Gefahr einer

lichen Risiken durch Grossunternehmen vorgelegt

Konjunkturverschlechterung besteht weiter und

hat. Aber auch auf anderen Gebieten wurde

das historisch niedrige Zinsniveau sowie die von

diesbezüglich einiges erreicht. Mit Augenmass,

den Nationalbanken notgedrungen in die Märkte

ohne Aktionismus und unter Berücksichtigung der

gegebene Liquidität bergen die Gefahr neuer Preis-

internationalen Bestrebungen, die beispielsweise

blasen.

die Schweizer Massnahmen im Bereich der Liquidi-

Hinzu kommt, dass für eine Aufsichtsbehörde

tätsvorschriften oder die Anpassung der Eigenmit-

die Arbeit mit dem Ende einer Krise nicht abge-

telanforderungen ebenfalls in sehr ähnlicher Form

schlossen ist. Das Gegenteil ist der Fall: Die Finanz-

vorsehen.

krise hatte deutliche Mängel in der geltenden

10

Die gezielte Verbesserung des Kundenschutzes

Regulierung aufgezeigt, die nun dringend behoben

stellt ein weiteres übergeordnetes strategisches Ziel

werden müssen. Das umfassende Reformprojekt

der FINMA dar, zu dem wichtige Arbeiten voran-

des Basler Ausschusses, die Bankenregulierung

getrieben wurden. So lösten die bis in die Schweiz

mit dem Regelwerk «Basel III» international auf

reichenden Auswirkungen des Zusammenbruchs

neue Beine zu stellen, ist Ausdruck dafür, dass

von Lehman Brothers sowie des Betrugsfalls

die Regulatoren weltweit gewillt sind, die Lehren

Madoff eine umfassende Untersuchung der FINMA

aus der Krise zu ziehen. Klar ist auch, dass die so

aus, die einen Verbesserungsbedarf hinsichtlich

erreichten Regelwerke internationale Konsens-

des Kundenschutzes und insbesondere bei den

lösungen darstellen, die den länderspezifischen

Transparenzvorschriften zeigte. Die FINMA stellte

Herausforderungen in einzelnen Bereichen nicht

in der Folge ein umfassendes Diskussionspapier

oder nur unzureichend gerecht werden können.

zur Regulierung des Vertriebs von Finanzprodukten

Jahresbericht 2010 | FINMA


mit Fokus auf Kleinkunden vor, das Mängel in der

unterstützte Abläufe die Effizienz zu steigern, um

heutigen Regulierung und Handlungsoptionen aus

mit gleichen Ressourcen einen noch grösseren Bei-

Sicht der FINMA darlegt. Im Bereich der Versiche-

trag leisten zu können. Diese sehr anspruchsvolle

rungsaufsicht bedeutet die vollständige Umset-

innerbetriebliche Weiterentwicklung wurde 2010

zung des Schweizer Solvenztestes einen zentralen

geplant, gestartet und wird nun etappenweise

Schritt zur Verbesserung des Versichertenschutzes.

vorangetrieben.

Zur Steigerung von Effektivität und Effizienz in

All die gesetzten Ziele und das Erreichte abwä-

ihrer Tätigkeit entwickelte die FINMA für sämtliche

gend, komme ich zum Schluss, dass in diesem für

Aufsichtsbereiche ein Aufsichtskonzept, das sich

die FINMA erneut sehr anspruchsvollen Jahr vieles

an einem risikobasierten Ansatz orientiert. Dazu

erreicht und in die Wege geleitet wurde. Meinen

werden die Institute, abhängig von Grösse und

Kolleginnen und Kollegen gebührt dafür an dieser

Risikowirkung, in verschiedene Aufsichtskategorien

Stelle mein herzlicher Dank für ihren Einsatz. Und

eingeteilt, die eine entsprechend unterschiedlich

aufgrund der Erfahrungen in den vergangenen

intensive direkte Beaufsichtigung durch die FINMA

zwei Jahren freue ich mich darauf, die bereits

zur Folge haben. Ziel ist es, die begrenzten Auf-

wartenden neuen Aufgaben und anspruchsvollen

sichtsressourcen verstärkt dort einzusetzen, wo

Herausforderungen für das Jahr 2011 zusammen

die grössten Risiken für die Gläubiger, Anleger und

mit den Mitarbeitenden der FINMA anzugehen.

Versicherten drohen. Neben dieser hier angedeuteten Palette an fachlichen Herausforderungen und Errungenschaften im Jahr 2010 standen weitere Etappen auch in der betrieblichen Weiterentwicklung der FINMA an. Wir stellen bereits jetzt fest, dass sich in wichtigen Bereichen fachliche Synergien aus dem

Dr. Patrick Raaflaub, Direktor,

Zusammenschluss nutzen lassen. Die Fusion der

im Dezember 2010

drei Behörden sowie der gezielte Ausbau wichtiger, bisher personell unterdotierter Aufsichtsbereiche führen zu einer mit rund 400 Mitarbeitenden deutlich gewachsenen Organisation. Dies erfordert organisatorische Anpassungen. Ziel ist es, durch vereinheitlichte und mit neuen Instrumenten

Jahresbericht 2010 | FINMA

11



DIE FINMA IM ÜBERBLICK


SCHWERPUNKTTHEMEN

Regulierungsprojekt zu den Vertriebsregeln Nach ihren im September 2009 veröffentlichten

betraf. Unter Berücksichtigung ausländischer und

strategischen Zielen für die Jahre 2010 bis 2012 setzt

internationaler Rechtsentwicklungen setzte sich die

sich die FINMA unter anderem für eine Verbesse-

FINMA mit folgenden Themen auseinander:

rung des Kundenschutzes auf dem schweizerischen

– Verhaltens- und Vertriebsregeln

Finanzmarkt ein. Die FINMA stellte deshalb in

– Regeln zu Vergütungen

Aussicht, die Vertriebsregeln sektorübergreifend

– Produktregeln

zu untersuchen. Zudem beabsichtigte sie, die Auf-

– Regeln zum grenzüberschreitenden Vertrieb

sichtsregeln über Vermittler sowie die Abgrenzung zwischen qualifizierten Anlegern und Kleinkunden

vom Ausland in die Schweiz – Regeln zur Aufsicht über Vermittler

zu überprüfen. Auch das Verhältnis der Vertriebs- zu den Produktregeln sollte erörtert werden. Für den

Die gewonnenen Erkenntnisse wurden im

Absatz von Finanzprodukten am Verkaufspunkt

November 2010 im Bericht «Regulierung von Pro-

(Point of Sale) galt es zudem, die Durchsetzung

duktion und Vertrieb von Finanzprodukten an Privat-

angemessener Sorgfalts-, Offenlegungs- und

kunden – Stand, Mängel und Handlungsoptionen»

Aufklärungspflichten zu fördern. Ziel der FINMA

(FINMA-Vertriebsbericht 2010)2 veröffentlicht und

war es, zu den Vertriebsregeln sektorübergreifend

bis 2. Mai 2011 zur Diskussion gestellt.

und produktneutral die relevanten Grundlagen zu

Die im Bericht der FINMA zusammengefassten Erkenntnisse zeigen beim Vertrieb von Finanzpro-

erarbeiten.

dukten ein erhebliches Informationsgefälle und somit Ergebnisse der Madoff- und Lehman-

ein Kräfteungleichgewicht zwischen Produzenten,

Untersuchungen

Vertreibern und weiteren Finanzdienstleistern einer-

Anfang März 2010 veröffentlichte die FINMA

seits sowie Privatkunden andererseits. Privatkunden

die Ergebnisse ihrer zwei gross angelegten Untersu-

kennen sich in Finanzfragen oft nur oberflächlich

chungen zum Vertrieb von Finanzanlagen mit Bezug

aus und haben kaum Erfahrung mit Finanzanlagen.

auf Bernard L. Madoff sowie auf Lehman Brothers

Zudem mangelt es nicht selten am Zugang zu den

Holdings Inc. Dabei zeigte sich, dass nicht alle unter-

notwendigen Informationen. Professionelle Anbie-

suchten Institute bei der Auswahl und Empfehlung

ter verfügen dagegen meist über die erforderlichen

von Finanzprodukten für ihre Kunden gleich sorgfäl-

Spezialkenntnisse, um die Chancen und Risiken

tig vorgingen. Die FINMA ortete Handlungsbedarf

eines Geschäfts richtig abschätzen zu können. Im

hinsichtlich

geltenden Recht kommen diese und andere wichtige

– transparenter Informationen über die Gewinn-

Problemfelder nur punktuell bzw. ungenügend zur

und Verlustaussichten in der Verkaufsdokumen-

Sprache.

tation, – klarer Kundenprofile, die auf einer eingehenden Abklärung der Risikofähigkeit und des Risikobe-

Problemfelder auf der Produktund Vertriebsebene Nach geltendem Recht unterstehen gewisse

wusstseins der Kunden beruhen, sowie – einer ausreichenden Diversifikation der Anlagen.

1

Finanzdienstleister keiner Registrierungspflicht, was den Kundenschutz erheblich erschwert. Die FINMA

vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 49 ff. 2 vgl. http://www.finma.ch/d/ regulierung/anhoerungen/ Documents/diskussionspapiervertriebsregeln-20101110-d.pdf 1

14

FINMA-Vertriebsbericht 2010

schlägt deshalb vor, für die bisher nicht beaufsichtig-

In der Folge startete die FINMA ein Projekt zum

ten Finanzdienstleister eine solche Pflicht einzufüh-

Thema «Vertriebsregeln», das alle von der FINMA

ren. Dadurch liessen sich auch die zu schaffenden

regulierten Finanzprodukte und -dienstleistungen Verhaltensregeln überprüfen.

Jahresbericht 2010 | FINMA


Weiter hat sich gezeigt, dass die Transparenz bei den Finanzprodukten gestärkt werden muss. So

Produktneutrale Kundensegmentierung und Ausbau des schweizerischen Ombudssystems

müssen die Kunden beispielsweise bei Anlagepro-

Die Einführung und die Überwachung der

dukten im Prospekt über die wesentlichen Risiken

genannten Massnahmen würden zu einer erhebli-

aufgeklärt werden. Zusätzlich ist die Vergleich-

chen Ausdehnung der aufsichtsrechtlichen Aufga-

barkeit zusammengesetzter Finanzprodukte zu

ben der FINMA führen. Es sollen jedoch keine regu-

verbessern – dies durch die Veröffentlichung einer

latorischen Massnahmen eingeleitet werden, deren

produktneutralen und standardisierten Information

Nutzen den daraus resultierenden Aufwand nicht zu

über die wesentlichen Eigenschaften der jeweiligen

rechtfertigen vermag. Gestützt darauf, befürwortet

Produkte (Produktbeschreibung). Schliesslich soll für

die FINMA die Einführung einer produktneutralen

die Produkte auch eine geeignete Folgepublizität

Kundensegmentierung. Professionelle Kunden

gewährleistet werden.

benötigen in der Regel ein geringeres Mass an

Sowohl die Anforderungen an Produktbeschrei-

Beratung und können sich die notwendigen Infor-

bungen als auch die eigentlichen Prospektpflichten

mationen auch ohne das Vorliegen ausführlicher

wurden bisher nicht vereinheitlicht. Im Streitfall

Prospekt­dokumentationen beschaffen. Für sie sollen

sind die Kunden regelmässig mit einer Verteilung

daher die Informations- und Erkundigungspflich-

der Beweislast konfrontiert, welche die Durchset-

ten von Produzenten und Finanzdienstleistern in

zung ihrer Ansprüche im Zivilprozess erschwert.

deutlich eingeschränkter Form umgesetzt werden.

Ausserdem unterscheidet sich der Kundenschutz

Eine zusätz­liche Erleichterung in der Beilegung von

bei schweizerischen Finanzdienstleistern gegenüber

Streitigkeiten über Finanzdienstleistungen ist durch

jenem grenzüberschreitend tätiger Anbieter aus

den Ausbau des schweizerischen Ombudssystems

dem Ausland erheblich. Die Ansätze der verschie-

anzustreben. Die Schaffung einer unabhängigen

denen Schweizer Finanzmarktgesetze sind in diesen

Ombudsstelle als Schlichtungseinrichtung für Finanz-

Fragen nicht aufeinander abgestimmt. So wird

dienstleistungen auf dem Schweizer Finanzplatz

insbesondere grenzüberschreitendes Cold Calling3 kann Privatkunden vor der Durchführung kostspiefür Banken und Effektenhändler vom Ausland aus in

liger und risikobehafteter Gerichtsprozesse gegen

die Schweiz regulatorisch nicht erfasst. Zudem fehlt

ihre Vertragspartner am Point of Sale bewahren.

eine Bewilligungspflicht zur grenzüberschreitenden Werbung für Publikumseinlagen. Auf der Stufe des Vertriebs bestehen heute

Verordnung des Bundesrates und Finanzdienstleistungsgesetz

keine produktunabhängigen Verhaltensregeln am

Zur Umsetzung der von ihr befürworteten Hand-

Point of Sale. Die FINMA erachtet die Einführung

lungsoptionen stellte die FINMA in ihrem Bericht

von einheit­lichen oder zumindest besser aufein-

die Schaffung eines allgemeinen «Finanzdienstleis-

ander abgestimmten Verhaltensregeln für sämt-

tungsgesetzes» zur Diskussion. Ein solches Gesetz-

liche Finanzdienstleister als sinnvoll. Diese Regeln

gebungsprojekt braucht bis zu seinem Inkrafttreten

be­inhalten namentlich angemessene Erkundigungs-,

erfahrungsgemäss aber mehrere Jahre, selbst wenn

Informations- und Dokumentationspflichten zum

der politische Wille dazu eindeutig gegeben wäre.

Kundenprofil sowie zu den Kundengesprächen.

Schneller könnte deshalb eine Verordnung des Bun-

Vorhandene und mögliche Interessenkonflikte sowie

desrates zu Verhaltenspflichten im Effektenhandel

Vergütungen Dritter sind konsequent offenzulegen.

sowie beim Vertrieb von Kollektivanlagen geschaf-

Bei der Ausgestaltung der erwähnten Pflichten ist

fen und umgesetzt werden.

zudem zwischen Beratungs- und Verwaltungsdienstleistungen sowie reinen Verkaufs- oder Abwicklungshandlungen zu unterscheiden.

3

Darunter versteht man grundsätzlich nicht erbetene Werbe­ anrufe.

Jahresbericht 2010 | FINMA

15


Situation im Hypothekarmarkt Bereits seit einiger Zeit beobachtet die FINMA

Die aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaften füh-

bei den unterstellten Banken sowie bei anderen

ren jährlich bei sämtlichen Banken risikoorientiert

Finanzintermediären eine erhöhte Kreditvergabe für

Prüfungen durch. Auch 2010 wurde bei zahlreichen

Immobilien. Aufgrund der für die Schuldner vorteil-

Banken das Hypothekargeschäft einer Schwer-

haften Zinssituation hat die Nachfrage nach Hypo-

punktprüfung unterzogen. Die Prüfgesellschaften

theken deutlich zugenommen. Im Hypothekarmarkt

legen ihre Erkenntnisse in einem umfassenden

herrscht zudem ein sehr intensiver Wettbewerb.

Prüfbericht zuhanden des Verwaltungsrats der Bank

Dieser schlägt sich nicht nur in sinkenden Margen

sowie der FINMA dar. Schwachstellen werden the-

nieder, sondern führt teilweise auch zu Qualitätsab-

matisiert und Fristen zur Verbesserung der Situation

strichen, beispielsweise bei den Tragbarkeits- oder

festgelegt.

Belehnungsbestimmungen. Verschiedene

Immobilienindizes

zeigen

Kreditvergabeprozess

steigende Preise. Dabei sind regional deutliche

und Kreditrisikomanagement

Unterschiede auszumachen. Im internationalen

im Fokus der Aufseher

Vergleich ist die Preisentwicklung in der Schweiz

Die FINMA verschaffte sich zudem bei ausge-

jedoch weniger ausgeprägt als in jenen Ländern,

wählten Banken vor Ort selbst ein Bild, insbesondere

die von einer Immobilienblase betroffen waren, wie

über den Kreditvergabeprozess sowie das Kredit­

die USA, Spanien, Grossbritannien oder Irland. Die

risikomanagement. In mehrtägigen Prüfhandlungen

gegenwärtige Entwicklung lässt sich auch nicht mit

(Supervisory Reviews) liessen sich Spezialisten der

der Situation Ende der Achtzigerjahre vergleichen,

FINMA über die operative Abwicklung des Kredit­

als es in der Schweiz letztmals zu einer Immobi­

geschäfts informieren und analysierten anhand

lienblase kam. Sowohl die wirtschaftliche als auch

von Stichproben das Kreditrisikomanagement. Die

die aufsichtsrechtliche Situation stellen sich heute

Untersuchungen zeigten, dass die bankinternen

anders dar. Die Bodenknappheit, die tiefe Wohnei-

Weisungen, Reglemente und Prozesse zu den

gentumsquote sowie eine hohe Zuwanderung in die

grundpfandgesicherten Krediten zum Teil lücken-

Schweiz verstärken jedoch den Preisauftrieb.

haft oder der spezifischen Situation der Bank

Verstärkte Aufsichtstätigkeit der FINMA

­beispielsweise, wenn es darum geht, die Tragbarkeit

im Bereich des Hypothekarmarkts

grundpfandgesicherter Kredite an Private zu bestim-

nicht angemessen sind. Handlungsbedarf besteht

16

Die FINMA verfolgt die Entwicklungen im Hypo-

men und insbesondere die Einkommensverhältnisse

thekarmarkt mit grosser Aufmerksamkeit. Einzelne

festzulegen. Ebenso sind Schwachstellen bei der

Elemente, die eine Immobilienblase begünstigen,

Verwendung von Schätzmodellen in der Immobi­

sind zurzeit festzustellen. Hinzu kommt die weit-

lienbewertung möglich. Ein besonderes Augenmerk

verbreitete Einschätzung, bei Immobilien handle es

gilt der Behandlung von sogenannten Exception-to-

sich um praktisch risikolose Anlagen. Die FINMA

Policy-Geschäften. Dies sind Kredite, die abweichend

verstärkte ihre Aufsichtstätigkeit im Bereich des

von den internen Weisungen der kreditgebenden

Hypothekarmarkts im Jahr 2010. Mit umfangrei-

Bank gewährt wurden, beispielsweise weil die

chen Datenanalysen wurde die Situation bei den

Belehnungshöhe, die Tragbarkeits- oder die Amor-

einzelnen Banken, bei Bankgruppen sowie auf dem

tisationsbestimmungen ausserhalb der vom Institut

Gesamtmarkt genauer untersucht. Im Mittelpunkt

festgelegten Grenzwerte liegen, und die deshalb

der Untersuchungen standen Wachstums-, Markt-

einem besonderen Bewilligungsprozess unterliegen

anteils- und Kreditportfolioanalysen.

sollten. Der Anteil solcher Geschäfte nahm deutlich

Jahresbericht 2010 | FINMA


zu. Zum Teil fehlen den Banken jedoch die organi-

Erwartungen und Massnahmen der FINMA

satorischen und technischen Voraussetzungen, um

Die FINMA erwartet, dass erkannte Schwach-

solche Geschäfte risikogerecht zu bewirtschaften.

stellen im Kreditrisikomanagement von den Banken

Entsprechend sind die Banken oft auch nicht in der

rasch korrigiert werden. Unabhängig davon über-

Lage, aggregierte Auswertungen über diese Auslei-

prüft die FINMA die Eigenmittelanforderungen

hungen zu erstellen.

für grundpfandgesicherte Kredite. Dabei wird

Übereinstimmende Erkenntnisse

Risikogewichte für mit Grundpfandtiteln gesicherte

von SNB und FINMA

Ausleihungen an Private erhöht werden sollen.

insbesondere untersucht, ob die zurzeit geltenden

Die Erkenntnisse der FINMA decken sich mit den

Temporär fordert die FINMA in Einzelfällen auch

Resultaten einer von der Schweizerischen National-

institutsspezifisch Eigenmittelzuschläge. Sie kann

bank (SNB) im ersten Quartal 2010 durchgeführten

dies beispielsweise als Reaktion auf ein erhöhtes

Umfrage bei 32 ausgewählten Banken. Die SNB

Kreditwachstum oder erhöhte Kreditexpositionen

stellte dabei ebenfalls fest, dass verschiedene Banken

in kritischen Segmenten oder aufgrund eines man-

4

über keine Daten zu den tatsächlich angewendeten,

gelhaften Kreditrisikomanagements anordnen. Die

aber von den internen Richtlinien abweichenden

FINMA verstärkt zudem ihre Analysetätigkeit und

Vergabekriterien bei Immobilienkrediten verfügten.

prüft insbesondere den Einsatz von Stresstests. Parallel dazu wird die FINMA ihre Vor-Ort-Ein-

SBVg-Richtlinien

sätze bei den Banken fortsetzen. Die Erkenntnisse

Die FINMA reagierte mittels Aussprachen und

aus den Prüfhandlungen der FINMA werden mit

Öffentlichkeitsarbeit auf diese Situation. Damit soll

dem Management der Banken besprochen. Gege-

eine Verbesserung des qualitativen Kreditrisikoma-

benenfalls auferlegt die FINMA Massnahmen zur

nagements erreicht werden. Die Eckwerte dazu

Verbesserung der Situation oder ordnet zusätzliche

sind derzeit in den «Richtlinien für die Prüfung,

Untersuchungen durch Prüfgesellschaften an.

Bewertung und Abwicklung grundpfandgesicherter Kredite»5 der Schweizerischen Bankiervereinigung

Immobilien und Hypotheken

(SBVg) festgelegt. Die FINMA anerkannte diese

im Versicherungsbereich

2004 im Rahmen der Selbstregulierung erlassenen Richtlinien damals als Mindeststandards.

Immobilien und Hypotheken stellen auch für Versicherungen eine wichtige Anlageklasse

Mit der SBVg wird zurzeit abgeklärt, in wel-

in einem zumeist breit diversifizierten Portfolio

chem Umfang sich die Richtlinien überarbeiten

dar. So lag der Anteil der Hypotheken an den

und konkreter ausgestalten lassen. Im Mittelpunkt

gesamten Kapitalanlagen (gebundenes und freies

stehen dabei die Bestimmungen zur Tragbarkeit, zur

Vermögen) der Versicherungsunternehmen per

Belehnung und Bewertung sowie zur Behandlung

30.  September 2010 für Lebensversicherer bei

von Exception-to-Policy-Geschäften. Zudem soll in

neun Prozent, für Schadenversicherer bei drei

Sachen Belehnungshöhe, Tragbarkeitsgrenzen und

Prozent und für Rückversicherer bei einem Pro-

Amortisationsdauer die Einführung quantitativer

zent, wobei der Anteil der Hypotheken im freien

Limitenvorgaben geprüft werden. Die aufsichts-

Vermögen vernachlässigbar ist.

rechtlichen

Prüfgesellschaften

wurden

vgl. Bericht zur Finanzstabilität 2010 der SNB, S. 27, Box 2 bzw. http://www.snb.ch/de/mmr/ reference/stabrep_2010/source/ stabrep_2010.de.pdf 5 vgl. http://www.swissbanking. org/richtlinien_grundpf_ kredite.pdf 6 Art. 79 Abs. 1 Bst. g AVO 7 vgl. http://www.finma.ch/d/ regulierung/Documents/finmars-2008-18.pdf, insbesondere Randziffern 282 bis 305 4

zudem

Das Hypothekargeschäft der Versicherungen

aufgefordert, bei den betroffenen Banken in den

im gebundenen Vermögen muss den Vorgaben der

Prüfberichten vertieft zur Einhaltung der SBVg-

Aufsichtsverordnung6 und des FINMA-Rundschrei-

Richtlinien Stellung zu nehmen und insbesondere

bens 08/18 «Anlagerichtlinien Versicherer»7 ent-

die Behandlung von Exception-to-Policy-Geschäften

sprechen. Grundsätzlich sind Hypotheken auf nicht

genauer zu untersuchen.

in der Schweiz gelegene Immobilien als Anlagen im

Jahresbericht 2010 | FINMA

17


gebundenen Vermögen ausgeschlossen. Es dürfen

rungsvorschriften. Die Einhaltung der Regulierung

weiterhin nur Wohn- und Geschäftshäuser belehnt

zum gebundenen Vermögen wird jährlich durch die

werden, welche die Kriterien der Anlagerichtlinien

externe Revision überwacht.

erfüllen. Nicht belehnt werden dürfen beispielsweise

Parallel zur verstärkten Aufsichtstätigkeit bei den

Bauland, Produktionsstätten, Fabriken, Sportstät-

Banken führte die FINMA im vierten Quartal 2010

ten, Hotels, Restaurants, Alters- und Pflegeheime,

auch bei ausgewählten Versicherungen Vor-Ort-Ins-

Ferienwohnungen und -häuser sowie Objekte im

pektionen betreffend Hypotheken und Immobilien

Miteigentum. Für Versicherungsunternehmen gel-

durch, um selbst ein Bild über die Einhaltung der

ten auch bezüglich der Belehnungshöhe verhältnis-

Regulierung zu gewinnen. Die Inspektionen waren

mässig strenge Vorschriften. Eine Belehnung über

schwerpunktmässig auf die Investitionsstrategie,

662/3 Prozent des Verkehrswertes wird an konkrete

Investitionsprozesse, Bewertungsfragen sowie die

Auflagen gebunden.

Dossierführung ausgerichtet.

Die Gesamtallokation eines Versicherungs-

Diese Prüfungen ergaben keine Hinweise auf

unternehmens in Hypotheken ist auf 25 Prozent

gravierende Probleme oder einen grösseren zusätz-

des Sollbetrages des gebundenen Vermögens

lichen Regulierungsbedarf. Einzelne Schwachstellen

begrenzt, wobei eine einzelne Hypothek maximal

werden mit den jeweiligen Gesellschaften diskutiert

fünf Prozent des Sollbetrages ausmachen darf. Ein

und die Umsetzung von Massnahmen zur Verbes-

Versicherungsunternehmen darf im gebundenen

serung begleitet. Es ist geplant, im ersten Quartal

Vermögen maximal 35 Prozent Immobilien und

2011 weitere Versicherungsunternehmen in den

Hypotheken insgesamt halten. Weiterhin gelten für

vertieften Prüfprozess einzubeziehen.

Immobilien und Hypotheken konkrete Dossierfüh-

Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes Die Unsicherheiten über die weitere Entwicklung

Grosse Bedeutung der Zinsen

der Weltkonjunktur im Nachgang zur Finanz- und

am Beispiel der langfristigen Verträge

Wirtschaftskrise bleiben hoch. Die Nachwirkungen

in der Lebensversicherung

sind weiterhin spürbar, da sich die Situation der

Das traditionelle Lebensversicherungsgeschäft

öffentlichen Haushalte in vielen Industrieländern

zeichnet sich durch seine langfristigen Verpflich-

durch die staatlichen Stützungsprogramme ver-

tungen aus. Bei einer anwartschaftlichen Leibrente

schlechtert hat. Die Flucht in sichere Anlagen – unter

zum Beispiel kann die Vertragslaufzeit mehrere

anderem als Reaktion auf die defizitären Staatshaus-

Jahrzehnte betragen. Entsprechend spielen die Zin-

halte im Ausland – drückte die Renditen sicherer

sen eine grosse Rolle, und zwar sowohl bei der Tari-

Schweizer Anleihen weiter nach unten. Die Renditen

fierung als auch bei der Bildung der Rückstellungen

von Anleihen der schweizerischen Eidgenossenschaft

(Reservierung). Mit dem technischen Zinssatz wird

mit längerer Laufzeit gaben im Laufe des Jahres 2010

dem Kunden bei Vertragsabschluss eine garantierte

weiter nach. Mitte Juni 2010 betrug die Rendite von

Mindestverzinsung auf dem Sparteil der Prämie

zehnjährigen Anleihen noch 1,55 Prozent. Bis Ende

zugesichert. Der technische Zinssatz regelt also die

August 2010 fiel sie auf 1,07 Prozent und damit auf

Minimalverzinsung, und dies während der ganzen

einen langfristigen Tiefstand. Seitdem stieg sie wieder

Vertragsdauer; er kann nicht nachträglich angepasst

an und lag Ende Dezember 2010 bei 1,62 Prozent.

werden. Änderungen des Garantiezinses gelten immer nur für neue Verträge. Das ist gegenwärtig

18

Jahresbericht 2010 | FINMA


ein Problem für die Branche, denn im Versicherten-

versicherer die entsprechenden Quoten im Zuge

bestand müssen wegen der zahlreichen Altverträge

der Finanzkrise zum Teil massiv zurückgefahren. Ein

mit verhältnismässig hohen Garantiezinsen noch

solches Vorgehen wäre zudem aus der Perspektive

durchschnittlich rund 2,5 bis 3 Prozent Garantiezins

der Finanzstabilität wenig wünschenswert. Res­

erwirtschaftet werden.

triktionen in Bezug auf die Anlagepolitik ergeben sich für die Direktversicherung einerseits durch die

Hoher Nachreservierungsbedarf

Anlagerichtlinie, andererseits durch den Schweizer

der Lebensversicherer

Solvenztest (SST)8, bei dem die Mindesthöhe an

Trotz dieser verbindlichen Zusagen dürfen die Lebensversicherer bei ihren Investitionen keine zu

Eigenkapital im Verhältnis zu den eingegangenen Risiken festgelegt wird.

grossen Risiken eingehen. Sie legen daher einen

Die Risikofähigkeit bei Lebensversicherern ist

Grossteil der Kundengelder in festverzinslichen

wegen der tiefen Zinsen zurzeit stärker eingeschränkt

Wertpapieren an und sind somit unmittelbar von der

als sonst. Im SST werden sowohl die Aktiven als auch

Zinsentwicklung abhängig. Obwohl die Rechnungsgrundlagen bei Vertragsabschluss wie bei den Sterblichkeitsannahmen vorsichtig gewählt werden, zeigt das Beispiel der Zinsen, dass sich die Realität ganz

Durch den Schweizer Solvenztest wird die Tiefzinsproblematik sofort sichtbar.

anders entwickeln kann. Die Lebensversicherungen müssen daher zusätzliche Rückstellungen bilden, um die künftigen Leistungen erbringen zu können.

die Passiven marktnah bewertet. Im Fall der versiche-

Eine Senkung des für die Reservierung verwendeten

rungstechnischen Verpflichtungen bedeutet dies,

Zinssatzes um 0,5 Prozentpunkte kann bei grossen

dass diese stets mit der aktuellen Zinsstrukturkurve

Lebensversicherern einen Nachreservierungsbedarf

bewertet werden: je tiefer die Zinsen, desto höher der

in dreistelliger Millionenhöhe verursachen.

Wert der versicherungstechnischen Verpflichtungen

Heute wird zum Teil immer noch mehr als die

und desto kleiner die anrechenbaren Eigenmittel im

erwirtschaftete Nettoverzinsung der Kapitalanlagen

SST. Mit dem SST steht der FINMA ein Instrument zur

ausgeschüttet. Der Grund liegt etwa im Geschäft der

Verfügung, das die Tiefzinsproblematik sofort sicht-

Rückdeckung der beruflichen Vorsorge darin, dass

bar macht, während die klassischen Solvenz-I-­Regeln

die Erträge zuerst in den Überschussfonds fliessen.

diesbezüglich praktisch keine Transparenz schaffen.

So lässt sich die Ausschüttungspolitik der Unterneh-

Entsprechend kann die FINMA Massnahmen zum

men langfristig besser steuern. Inzwischen dürfte

Schutz der Versicherten ergreifen, sollte dies die

dieser Spielraum jedoch deutlich kleiner geworden

Situation erfordern.

sein, sodass in einem anhaltenden Niedrigzinsumfeld mit deutlich geringeren Zuteilungen gerechnet

Langfristiges Niedrigzinsumfeld und rascher

werden muss.

Zinsanstieg als ernsthafte Probleme In einem langfristigen Niedrigzinsumfeld wird

Risikofähigkeit der Versicherungsunternehmen

es für die Lebensversicherer immer schwieriger, nur

Eine Anlagerendite von mindestens der Höhe

schon den Garantiezins zu erwirtschaften. Bleiben die

des durchschnittlichen Garantiezinses ist zurzeit mit

Zinsen also dauerhaft tief, führt dies für die Branche

risikoarmen Kapitalanlagen (Bundesobligationen)

mit ihrem grossen Bestand an klassischen Policen und

praktisch nicht zu erwirtschaften. Auf der Suche

langfristigen Verpflichtungen zu einem ernsthaften

nach Rendite wäre es daher naheliegend, wieder

Problem. In Japan beispielsweise sind in den Neun-

verstärkt in risikoreichere oder alternative Kapitalan-

zigerjahren mehrere Lebensversicherer als Folge der

lagen zu investieren. Allerdings haben die Lebens-

andauernden Tiefzinsphase Konkurs gegangen.

8

vgl. Kap. «Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln», S. 52

Jahresbericht 2010 | FINMA

19


Kommt es wegen der hohen Staatsverschuldungen zu schnell steigenden Inflationsraten, dürfte

Anordnung hin auf ein übernahmebereites Versicherungsunternehmen übertragen werden.

dies wiederum zu höheren Zinsen führen. Aber es dauert seine Zeit, bis ein Lebensversicherer seine

Tiefzinsproblematik auch im Bankenbereich

Kapitalanlagen umgeschichtet hat. Bei einer rasch

Die tiefen Marktzinsen stellen auch für die

steigenden Inflation würden die Erträge zunächst

Banken eine grosse Herausforderung dar. Die

also weiter sinken und zugleich die Auszahlun-

Zinsen auf Kontoeinlagen befinden sich bereits

gen an Wert einbüssen. Erst langsam würde das

seit Monaten auf historischen Tiefstständen und

Renditeniveau wieder angehoben. Das grösste

können nicht mehr substanziell gesenkt werden.

Problem für einen Lebensversicherer dürfte sich in

Trotzdem verzeichnen die Banken Zuwachsraten

einem solchen Szenario durch die zu erwartende

bei den Kundeneinlagen und damit auch steigende

Zunahme an Rückkäufen ergeben. Wohl beinhalten

Kosten für die Kundenbetreuung. Auf der Seite der Ausleihungen drückt der intensive Wettbewerb insbesondere im inländischen Hypothekarmarkt

Bis ein Lebensversicherer seine Kapitalanlagen umgeschichtet hat, dauert es seine Zeit.

auf die Zinserträge. Risikoreichere oder alternative Anlagemöglichkeiten mit höherer Verzinsung existieren nur unter Inkaufnahme erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeiten. Insgesamt führt diese Situation zu

Lebensversicherungsverträge in der Regel einen

einer deutlichen Schmälerung des Zinsüberschus-

Rückkaufsabzug. Doch bei sprunghaft anstei-

ses. Auslaufende, vor ein paar Jahren zu höheren

genden Zinsen sind Rückkäufe dennoch denkbar.

Zinssätzen abgeschlossene Anlagen können nur zu

Der Lebensversicherer erleidet dabei in der Regel

den heute tieferen Sätzen wieder angelegt werden,

ebenfalls einen Verlust. Es ist wahrscheinlich, dass

was die Ertragslage weiter belastet.

er wegen der gestiegenen Zinsen die zur Bede-

Zudem hat die Nachfrage nach langfristigen

ckung der Verpflichtung gehaltene festverzinsliche

Festhypotheken in den vergangenen Monaten

Kapitalanlage zu einem Preis veräussern muss, der

deutlich zugenommen. Besonders gefragt sind

unter dem Rückkaufswert liegt.

dabei Laufzeiten von über fünf Jahren, mit denen sich die Kreditnehmer auf mittlere Frist tiefe Zinsbe-

Vorsorgliche Massnahmen zum Kapitalschutz

kurzfristig zwar zu willkommenen Zinseinnahmen,

den Problemen der Lebensversicherer auseinander

jedoch erhöht sich dadurch ihr Zinsänderungsrisiko.

und sensibilisiert diesbezüglich die Versicherungs-

Sollten die Marktzinsen in nächster Zeit deutlich

unternehmen. Mit der vollständigen Einführung

steigen, sähen sich die Banken wohl gezwungen,

des SST per 1. Januar 2011 können im Fall einer

die Zinsen auf den Kontoeinlagen anzuheben, um

ungenügenden

eines

nicht umfangreiche Kontorückzüge hinnehmen

Versicherers vorsorgliche Massnahmen zum Kapi-

zu müssen. Bei den Festhypotheken bleiben die

ökonomischen

Solvenz

talschutz ergriffen werden. Diese beinhalten etwa,

Zinseinnahmen jedoch bis zum Verfalltermin unver-

Dividendenauszahlungen oder Aktienrückkäufe zu

ändert. Dies wiederum kann ohne Absicherung des

untersagen, damit das Eigenkapital nicht vermin-

Zinsänderungsrisikos zu einer weiteren empfindli-

dert wird, oder die Risikosituation zu entschärfen.

chen Belastung des Zinsüberschusses führen. Aber

Unternehmensorganen können bei Bedarf auch

auch eine Absicherung verursacht Kosten.

Entscheidungsbefugnisse entzogen werden. Zudem lassen sich Vermögenswerte sperren. Im Extremfall kann ein Versichertenbestand auf behördliche

20

lastungen sichern können. Dies führt für die Bank

Die FINMA setzt sich intensiv mit den drohen-

Jahresbericht 2010 | FINMA


NATIONALE VERNETZUNG

Verstärkung der Zusammenarbeit von SNB und FINMA Die letzte Finanzkrise zeigte, dass eine effektive

vormalige Eidgenössische Bankenkommission (EBK)

Finanzmarktüberwachung nicht nur bei den Risiko-

bereits 2007 eine gegenseitige Absichtserklärung

expositionen der einzelnen Institute ansetzen sollte,

(Memorandum of Understanding [MoU]) ab. Darin

sondern auch das makroökonomische Umfeld

festgelegt ist der gegenseitige Informations- und

berücksichtigen muss, in dem sich die Finanzmarkt-

Meinungsaustausch, aber auch die Berücksichti-

teilnehmer bewegen. Regulatorische und aufsichts-

gung der Auswirkungen von Interventionen und

geldpolitische

Massnahmen auf die jeweils andere Institution. Am

Entscheide haben massgebliche Auswirkungen auf

rechtliche

Interventionen

sowie

23. Februar 2010 unterzeichneten Vertreter beider

das Verhalten der Marktteilnehmer und damit auf

Institutionen ein revidiertes MoU, das die nunmehr

die Finanzstabilität. Ein solcher sogenannt makro-

vertiefte Zusammenarbeit formell regelt. Auf Basis

prudenzieller Aufsichts- und Regulierungsansatz

des MoU verfolgen beide Institutionen zurzeit

bedingt eine Abstimmung zwischen Zentralbanken

mehrere Initiativen, zum Beispiel hinsichtlich der

und Aufsichtsbehörden auf nationaler und interna-

Liquiditätsregulierung, der Too-big-to-fail-Thematik

tionaler Ebene.

sowie bei der Untersuchung des Schweizer Hypo-

Sowohl die SNB als auch die FINMA nehmen bei

thekarmarkts. Auch bei der Revision der Eigenmit-

der Wahrung der Stabilität und der Funktionsfähig-

telvorschriften (Basel III9) arbeiteten SNB und FINMA

keit der Schweizer Finanzmärkte eine wichtige Rolle

sowohl auf nationaler als auch auf internationaler

ein. Ihre Zusammenarbeit ist durch die gesetzlich

Ebene eng zusammen. Ziel ist es, künftig die makro-

geregelten Verantwortlichkeiten und Instrumente

prudenzielle Aufsicht gemeinsam auszubauen. Ent-

vorgegeben. Zur generellen Koordination ihrer

sprechende Konzepte werden zurzeit ausgearbeitet

Zusammenarbeit und der erforderlichen regulato-

und umgesetzt.

rischen Massnahmen schlossen die SNB und die

Zusammenarbeit mit dem EFD Nach dem FINMAG verkehrt die FINMA mit dem

und Direktor FINMA mit den jeweils verantwort­

Bundesrat über das Eidgenössische Finanzdeparte-

lichen Geschäftsleitungsmitgliedern, andererseits bei

ment (EFD). Namentlich bei Wahl- und Personalge-

gemeinsamen Projekten. SIF und FINMA pflegen auf

schäften der FINMA kommt das Generalsekretariat

allen hierarchischen Ebenen regelmässige Kontakte.

des EFD (GS EFD) zum Zug, in Sachen Strafverfolgung

Das SIF repräsentiert die Schweiz in verschiedenen

nach FINMAG der Rechtsdienst des GS EFD. Für ­Fragen

internationalen Organisationen. Zur optimalen Aufga-

der Finanzmarktregulierung und der Finanzplatz­

benerfüllung von SIF und FINMA ist ein regelmässiger

politik entstand für die FINMA mit der Schaffung

Informationsaustausch über die wesentlichen natio-

des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen

nalen und internationalen Entwicklungen notwendig.

(SIF) auf den 1. März 2010 ein neuer Ansprechpartner

Die Zusammenarbeit zwischen EFD, SNB und

im EFD. Hier galt es, die behördenübergreifenden

FINMA hat in der Krisenbewältigung der jüngsten

Abläufe zu regeln und die Tätigkeiten zu koordinieren,

Finanzkrise insgesamt gut funktioniert. Das Zusam-

insbesondere bei der Finanzmarktregulierung und der

menwirken der drei Behörden war massgeblich

Finanzplatzpolitik. Dies geschieht einerseits bei insti-

geprägt durch enge persönliche Kontakte, gegensei-

tutionalisierten Treffen auf Stufe Staatssekretär   SIF

tiges Vertrauen und ein hohes Engagement. Gerade

9

vgl. Kap. «Fragen der internationalen Bankenregulierung», S. 28

Jahresbericht 2010 | FINMA

21


die Erfahrungen während der Finanzkrise haben die

die SNB und die FINMA eine tripartite Vereinbarung

Wichtigkeit einer einwandfreien Zusammenarbeit

in Form eines MoU im Bereich Finanzstabilität und

unter den drei Behörden aufgezeigt. Vor dem

Informationsaustausch zur Finanzmarktregulierung,

Hintergrund dieser Erkenntnis erarbeiteten das EFD,

dessen Unterzeichnung für Januar 2011 geplant ist.

Aussprachen mit dem Parlament und dem Bundesrat Bei den Aussprachen mit dem Schweizer

des Treffens war die Umsetzung der vom Bundesrat

Parlament standen im Jahr 2010 vor allem die

am 30. September 2009 genehmigten strategischen

Aufarbeitung und Bewältigung der Finanzkrise,

Ziele der FINMA. Der Verwaltungsratspräsident

die Finanzmarktstrategie, die Gesetzgebung zur

der FINMA erstattete Bericht über die strategisch

Einlagensicherung,

relevanten Veränderungen im wirtschaftlichen und

die

Too-big-to-fail-Thematik

sowie die internationale Regulierungsdebatte im

politischen Umfeld des Jahres 2010 und orientierte

Vordergrund.

über den Stand der Strategieumsetzung. Zudem

Am 3. Dezember 2010 führte der Bundesrat seine

informierte er den Bundesrat über die Prioritäten

jährliche Aussprache mit dem Verwaltungsratspräsi-

der Finanzmarktaufsicht in den kommenden Jahren.

denten der FINMA. Wichtiges Schwerpunktthema

Dialog mit Verbänden und Institutionen Aufgrund ihres breiten Aufgabenspektrums

Kontakte in unterschiedlicher Form statt. Neben

steht die FINMA mit einer grossen Zahl nationaler

Aufsichts- und Strafverfolgungsbehörden sowie

Anspruchsgruppen in Kontakt. Neben der gesetzlich

weiteren Behörden und Bundesstellen bilden die

verankerten Verpflichtung, über ihre Aufsichtstätig-

Verbände der Beaufsichtigten der FINMA die wich-

keit zu informieren, verfolgt die FINMA gegenüber

tigste Anspruchsgruppe. Ebenfalls von Bedeutung

den Beaufsichtigten, den übrigen Anspruchs­

sind die Kontakte zu den übrigen Wirtschaftsver-

gruppen und der Öffentlichkeit, soweit zulässig,

bänden, Berufsverbänden, Konsumentenschutz-

eine offene und transparente Informations­politik.

organisationen, Börsen und Ombudsstellen. Mit

Damit will die FINMA das Verständnis für Regu-

den wichtigsten Verbänden der Beaufsichtigten

lierungsfragen verbessern und die Sensibilität für

führt die FINMA institutionalisierte Jahres- oder

Finanzmarktthemen stärken.

Halbjahresgespräche. Dabei kamen 2010 in erster

Mit zahlreichen Institutionen und Verbänden aus einem breiten Spektrum finden regelmässig

22

Jahresbericht 2010 | FINMA

Linie folgende Themen zur Sprache:


Banken

Versicherungen

Börsen

Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg)

Schweizerischer Versicherungsverband (SVV)

SIX Group

– Finanzplatzstrategie – Situation mit den USA – PostFinance – Vertriebsregeln – Einlegerschutz – Basel III – Risikoverteilungsvorschriften – Aufsicht über unabhängige Vermögensverwalter

– Einführung des SST – Anerkennung der Äquivalenz der schweizerischen Versiche rungsaufsicht durch die EU – Selbstregulierungs organisation (SRO) des SVV – Rechts- und Reputations risiken von Insurance Wrappers

– Praxis bezüglich ausländischer Eigenhändler – High-Frequency Trading – Handelsreglement SIX – Meldestelle und Reglement Meldestelle SIX – Reglement Exchange-Traded Products (ETP) SIX

Kantonalbanken

Kollektive Kapitalanlagen

Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB)

Swiss Funds Association (SFA)

– Situation auf dem Immobilienmarkt – Abgeltungsmodelle und Entschädigung der Staatsgarantie – Too big to fail – Künftige Eigenkapital regulierung – Rollenverständnis zwischen FINMA, externer Prüfgesellschaft und Bank

– Strategische Ziele der FINMA – Strategische Ziele der SFA – Alternative Investment Fund Managers (AIFM) – Strategie Marktzugang – Fund of Hedge Funds für Publikumsanleger – Swiss Fund Data AG – Zusammenarbeit zwischen FINMA und Fondsindustrie – Musterreglemente

Auslandbanken

Prüfgesellschaften/Revision

Verband der Auslandbanken in der Schweiz (VAS)

Treuhand-Kammer (TK)

– Weissgeldstrategie – Abgeltungssteuer – Doppelbesteuerungs- abkommen – Grenzüberschreitendes Geschäft und Marktzutritt – Basel III und Regulierung

– Einsatz von Prüfgesellschaften – Prüfwesen – Regulatorische Themen – Risiken im Hypothekarmarkt – Zinsänderungsrisiken – Organisation und Strategie FINMA

Jahresbericht 2010 | FINMA

23


Untersuchungen und Lehren aus der Krise Am 12. Mai 2010 veröffentlichte der Bundes-

lungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen und

rat seinen Untersuchungsbericht «Verhalten der

aufzuzeigen, wie und bis wann sie die Empfehlungen

Finanzmarktaufsicht in der Finanzmarktkrise – Leh-

der beiden Kommissionen umzusetzen gedenkt. Sie

ren für die Zukunft» (Bericht David)10. Der Bericht

kam dieser Aufforderung mit ihrer Stellungnahme

des Bundesrates wurde in Beantwortung zweier

vom 26. November 2010 nach. Darin begrüsste die

parlamentarischer Vorstösse11 erstellt und beruht

FINMA die Aufarbeitung der Geschehnisse durch die

sowie

parlamentarische Oberaufsicht rund um das Verhal-

einem FINMA-eigenen Bericht13 zur Aufarbeitung

ten der Behörden zur Finanzkrise und die Herausgabe

der Finanzkrise.

der ­UBS-Kundendaten. Die Darstellung der GPK ist

auf zwei externen Expertengutachten

12

In seinem Bericht kam der Bundesrat zum Schluss,

sorgfältig recherchiert und insgesamt ausgewogen.

dass die betroffenen Behörden und die FINMA in der

Die FINMA kam daher in ihrer Stellungnahme auf

Krise umsichtig und entschlossen gehandelt hatten.

nur wenige ihr für die Zukunft der Aufsichtstätigkeit

Auch wurden weder massive Schwächen in der

wichtig erscheinende Feststellungen zu sprechen. Es

Organisation noch in der Governance der FINMA

sind dies der Zugang der Behörde zum Bundesrat

festgestellt. Grundsätzlich legte der Bundesrat in

sowie ihre Unabhängigkeit.

seinem Bericht dar, dass als Lehre aus der Krise keine FINMAG-Änderung notwendig sei und dass Korrekturen vielmehr bei anderen Finanzmarktgesetzen

vgl. http://www.efd. admin.ch/dokumentation/ zahlen/00578/01697/index. html?lang=de 11 Postulat David (08.4039) und Motion WAK-N (09.3010) 12 «Expertengutachten über das Verhalten der Finanzmarktaufsicht in der Finanzkrise», Prof. Dr. Hans Geiger, 31. Dezember 2009, und «The Conduct of Financial Market Supervision during the Financial Crisis», David Green, January 2010 (vgl. http://www. efd.admin.ch/dokumentation/ zahlen/00578/01697/index. html?lang=de) 13 Bericht der FINMA «Finanzmarktkrise und Finanzmarktaufsicht» vom 14. September 2009 (vgl. http://www.finma.ch/d/aktuell/ Documents/Finanzmarktkrise %20und%20Finanzmarktaufsicht_Endversion_d.pdf) 14 vgl. http://www.parlament. ch/d/dokumentation/berichte/ berichte-aufsichtskommissionen/ geschaeftspruefungskommissionGPK/berichte-2010/Documents/ bericht-gpk-ns-ubs-kundendaten-usa-2010-05-30-d.pdf 15 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 16 f. 10

24

Unabhängige Entscheide der FINMA Entscheide der FINMA werden ausschliesslich

angebracht wären, namentlich beim Bankengesetz

von der Sache und ihrem gesetzlichen Auftrag

zur Entschärfung der Too-big-to-fail-Problematik.

bestimmt und sind weder von Druckversuchen

Mit dem Bericht David beantwortete der

Dritter noch von der Beeinflussung durch die

Bundes­rat verschiedene parlamentarische Vorstös­se.

Beaufsichtigten gelenkt. Die FINMA fällt ihre Ent-

Die FINMA wurde nicht offiziell aufgefordert, zum

scheide zur Wahrnehmung dieser Schutzfunktion

veröffentlichten Bericht des Bundesrates Stellung

unabhängig. Sie hielt fest, dass die damalige EBK

zu beziehen. Es ergab sich somit kein direkter

(heute FINMA) aufgrund ihrer eigenen Einschätzung

Handlungsbedarf hinsichtlich des Berichts David,

der Bedrohungslage dem Bundesrat rechtzeitig und

der nicht auch mit der Stellungnahme zum Bericht

transparent signalisiert hatte, dass sie als ultima ratio

der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) des

in Erfüllung ihres gesetzlichen Mandats verpflichtet

National­rates und des Ständerates abgedeckt wer-

sei, auf der Grundlage des Bankengesetzes die Her-

den konnte.

ausgabe der Kundendaten anzuordnen. Entgegen

Die GPK veröffentlichten am 31. Mai 2010 ihre

der Feststellung der GPK wurde die FINMA jedoch

Untersuchung «Die Behörden unter dem Druck

vom Bundesrat nicht gedrängt, diesen Entscheid zu

der Finanzkrise und der Herausgabe von UBS-

treffen.

Kundendaten an die USA» (GPK-Bericht)14. Nach dem Bericht der FINMA vom 14. September 200915 Vertiefte Aussprachen zwischen FINMA und dem auf zwei Expertengutachten beruhenden

und Bundesrat

Bericht des Bundesrates vom 12. Mai 2010 stellt der

Die GPK forderten den Bundesrat auf, den

GPK-Bericht zum Behördenverhalten während der

­Präsidenten des FINMA-Verwaltungsrats regelmäs­

Finanzkrise aus Schweizer Sicht den gewichtigsten

sig zu einer Aussprache einzuladen. Auf Anfrage

Beitrag zu den Untersuchungen dar.

des FINMA-Verwaltungsrats sollten auch ausserhalb

Mit dem GPK-Bericht wurde die FINMA aufgefor-

dieser Treffen Aussprachen des Verwaltungsratsprä-

dert, bis Ende 2010 zu den sie betreffenden Feststel-

sidenten mit dem Wirtschaftsausschuss des Bundes-

Jahresbericht 2010 | FINMA


rates stattfinden. Das FINMAG verlangt mindestens

Verantwortlichkeiten ist von zentraler Bedeutung.

einmal pro Jahr eine Aussprache der FINMA mit dem

Aufsichts­instrumente sollten möglichst nur ein Ziel

Bundesrat. Die FINMA erachtet diesen Austausch als

ver­folgen, und deren Einsatz sollte von einer Behörde

wertvolles Gegengewicht zu ihrer Unabhängigkeit

verantwortet werden. Auch bei neuen ­Instrumenten,

und begrüsst daher die Stossrichtung des Vorschlags der GPK ausdrücklich. Auch Gespräche mit einem Ausschuss des Bundesrates erachtet sie als sehr wertvoll. Was die Empfehlungen angeht, nahm die

Aufsichtsinstrumente sollten möglichst nur ein Ziel verfolgen, und deren Einsatz sollte von einer Behörde verantwortet werden.

FINMA zunächst zur Empfehlung 10 Stellung. Diese ist die einzige Empfehlung aus dem Bericht, die sich direkt an die FINMA richtet. Mit der Empfehlung 10

die diskutiert werden, ist es notwendig, dass die

forderten die GPK die FINMA auf, «angesichts der

Kompetenzen und Verantwortlichkeiten klar zuge-

grossen Tragweite dieser Affäre die Frage, wie viel

wiesen werden. Funktionale Überschneidungen oder

die oberste Leitung der UBS von den QIA-Verletzun-

gar eine Vermischung der Zuständigkeiten würden

gen der Bank und ihrer Mitarbeiter wusste, vertieft

die Wirksamkeit der Instrumente infrage stellen und

abzuklären».16

letztlich beide Institutionen schwächen. Schliesslich wies die FINMA mit ihrer Stellung-

Zusammenarbeit zwischen Behörden

nahme an die GPK auch darauf hin, dass nach der

Verschiedentlich wird im GPK-Bericht die behör-

Aufarbeitung der Vergangenheit die zukunftsge-

denübergreifende Zusammenarbeit thematisiert.

richteten Massnahmen für eine bessere Regulierung

Die GPK verlangten eine Klärung von Rollen und

und Aufsicht wichtig sind. Die FINMA hat diese

Kompetenzen. Wie die FINMA in ihrer Stellung-

Arbeiten bereits an die Hand genommen. Der vor-

nahme an die GPK aufzeigte, ist für sie namentlich

liegende Jahresbericht enthält dazu einige Beispiele.

die Aufgabenteilung zwischen SNB und FINMA

Bei entscheidenden Fragen ist aber der Gesetzgeber

wichtig. Die FINMA beurteilt die heutige gesetzliche

gefordert, denn dieser schafft die eigentlichen Rah-

Regelung als grundsätzlich richtig. Die heute bereits

menbedingungen für einen stabilen Finanzplatz und

bestehende klare Zuweisung von Kompetenzen und

eine erfolgreiche Aufsichtstätigkeit.

Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Januar 2010 Mit Verfügung vom 18. Februar 2009 ordnete

als rechtswidrig. Gemäss Bundesverwaltungsgericht

die FINMA die Herausgabe von knapp 300 Bankkun-

stellen die angerufenen Bestimmungen im Bankenge-

dendaten der UBS an US-Justizbehörden an, um eine

setz keine genügenden gesetzlichen Grundlagen zur

unmittelbar drohende Anklage der UBS durch die

Herausgabe von Bankkundendaten an ausländische

­US-Strafbehörde zu verhindern. Die FINMA stützte

Behörden dar. Die FINMA hat gegen den Entscheid

sich in ihrer Verfügung auf Art. 25 und Art. 26 BankG,

des Bundesverwaltungsgerichts beim Bundesgericht

wonach die FINMA befugt ist, bei einer begründeten

Beschwerde eingereicht.

Besorgnis über ernsthafte Liquiditätsprobleme einer Bank Schutzmassnahmen anzuordnen. Mit Entscheid vom 5. Januar 2010 beurteilte das Bundesverwaltungsgericht die Verfügung der FINMA

16

vgl. Kap. «UBS-Cross-BorderGeschäft – mögliche Verfahren gegen frühere Organe der Bank», S. 85

Jahresbericht 2010 | FINMA

25


INTERNATIONALE EINBETTUNG UND AGENDA

Internationale Präsenz der FINMA Die weltweite Vernetzung der Finanzmärkte

es zu einer Schlechterstellung der Institute der ent-

sowie die grenzüberschreitend aktiven Finanz-

sprechenden Staaten, und unter Umständen wird

unternehmen geben der Tätigkeit der FINMA

ihnen gar der Marktzugang erschwert.

sowohl bei den Regulierungsinitiativen als auch bei Aufsichts- und Enforcementaktivitäten eine

Aktives Mitwirken der Schweizer Vertreter

internationale Dimension. Der Beziehungspflege

auf internationaler Ebene

zu ausländischen Aufsichtsbehörden sowie der

Die FINMA vertritt in den genannten Gremien

aktiven Teilnahme an den Arbeiten der internatio-

die Interessen der Schweiz, im BCBS und im FSB teil-

nalen Finanzmarktaufsichtsgremien wie dem Basler

weise zusammen mit der SNB und dem SIF. Über die

Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on

Jahre konnte sich die Schweiz dank eines initiativen

Banking Supervision [BCBS]), der Internationalen

Mitwirkens der SNB und der FINMA Anerkennung

Organisation

auf internationaler Ebene verschaffen. So flossen

der

Wertpapieraufsichtsbehörden

(International Organization of Securities Commis-

beispielsweise ihre Beiträge zur Too-big-to-fail-

sions [IOSCO]), der Internationalen Vereinigung der

Thematik, zur Vergütungsregulierung sowie zur

Versicherungsaufseher (International Association

Versicherungsgruppenaufsicht direkt in die Ent-

of Insurance Supervisors [IAIS]) und dem Financial

wicklung der internationalen Standards ein.

Stability Board (FSB) kommen daher eine besondere Bedeutung zu.

Optimaler Zugang für Schweizer Finanzinstitute zu ausländischen

Hoher Koordinationsaufwand für internationale Regulierungsprojekte Die

notwendigen

Koordinationsarbeiten

Finanzmärkten Angesichts der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleistungen durch Schweizer Finanz-

schränken den Handlungsspielraum bei interna­

institute ist der optimale Zugang zu ausländischen

tionalen Initiativen erheblich ein. Eine erfolgreiche

Märkten ein Dauerthema. Der Zugang zu einem oft

Abstimmung unter den verschiedenen Staaten

umfassend regulierten Finanzmarkt eines anderen

verhindert jedoch eine regulatorische Arbitrage

Landes ist in vielen Fällen nur dann möglich, wenn

und trägt damit zur Integrität und Stabilität der

die entsprechenden Institute die Anforderungen

Finanzmärkte auf der ganzen Welt bei. Zwischen

des lokalen Aufsichtsrechts erfüllen. Wie die

den Rahmenbedingungen der einzelnen Länder

Aufsichtsbehörden anderer Länder richtet sich die

bestehen aber nach wie vor teilweise erhebliche

Schweizer Aufsicht sehr stark nach den Richtlinien

Unterschiede.

der internationalen Standardsetzer mit allfälligen Unterschieden in Nebenaspekten. Dennoch gibt es

Weltweit anwendbare Mindeststandards

26

immer wieder kleinere und grössere Unterschiede.

Weltweit anwendbare Mindeststandards sollen

Bereits kleine Abweichungen im Regulierungsansatz

zwar konkret und verbindlich sein, müssen aber

können zu Problemen führen und die Erbringung

den jeweiligen Ländern ausreichend Flexibilität für

von Finanzdienstleistungen für Schweizer Institute

eine wirksame nationale Umsetzung ermöglichen.

im Ausland behindern oder gar verunmöglichen.

Dabei stellen die Mindeststandards für die

Ein Instrument unter mehreren bildet die formelle

Mitgliedsländer kein bindendes Recht dar. Ihre

Anerkennung einer Äquivalenz der Schweizer Regu-

Einhaltung wird indessen immer stärker über Peer

lierung und Aufsicht im Ausland. Die FINMA setzt

Reviews überprüft. Werden in den Regelungen

sich mit Nachdruck dafür ein. Bei einigen Themen

sowie in der Umsetzung Lücken gefunden, kommt

sind Anpassungen des Schweizer Rahmenwerkes

Jahresbericht 2010 | FINMA


aber unumgänglich. Hier ortet die FINMA Hand-

weitergehende Kooperationen, zum Beispiel auf

lungsbedarf und beurteilt mögliche Optionen.

dem Gebiet der Regulierung. Der Austausch über

Auch bei Aufsichtsthemen bestehen interna­

die institutsspezifische Aufsicht dient ferner der

tional Berührungspunkte: Im Vordergrund steht der

Vertrauensbildung. Zudem arbeitet die FINMA bei

Informationsaustausch über die Risikoexposition der

der grenzüberschreitenden Verfolgung von Börsen­

Institute. Die institutsbezogene Aufsichtstätigkeit

delikten mit den entsprechenden ausländischen

erweist sich nicht selten als Ausgangspunkt für

Behörden zusammen.

Internationale Zusammenarbeit der Schweiz Europäische Union Die FINMA führt mit hochrangigen Vertretern der

sich die Europäische Kommission gegenüber CEIOPS gewillt, die Schweiz – mit Blick auf die Prüfung der

Europäischen Kommission in regelmässigen Abstän-

Gleichwertigkeit nach der Solvency-II-Richtlinie über

den Gespräche und arbeitet mit den Ausschüssen

die Versicherungsaufsicht – in die Liste der Länder

der europäischen Aufsichtsbehörden zusammen

aufzunehmen, deren Aufsichts­regime in einer

– dies auf dem Gebiet der Banken ­(Committee of

­ersten Runde auf Gleichwertigkeit zu prüfen ist.17

European Banking Supervisors [CEBS]), der Ver-

Diese Prüfung ist gegenwärtig im Gang.

sicherungen (Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors [CEIOPS])

International Association of Insurance

und der Wertschriften (Committee of European

Supervisors

Securities Regulators [CESR]). Die FINMA nimmt

Die FINMA beteiligt sich innerhalb der IAIS aktiv

im entsprechenden CEIOPS-Unterausschuss für die

an den Arbeiten des Executive Committee, des

Aufsicht über Versicherungsgruppen als Beobachter

Technical Committee und des Financial Stability

teil, soweit Schweizer Gruppen betroffen sind. Nach

Committee sowie in verschiedenen Subcommittees.

Umwandlung der bestehenden EU-Ausschüsse

Im Oktober 2010 wurde die Vizepräsidentin der

in die europäischen Aufsichtsbehörden European

FINMA zur Vorsitzenden des Technical Committee

Banking Authority (EBA), European Insurance and

gewählt.

Occupational Pensions Authority (EIOPA) und

Im unlängst geschaffenen Financial Stability

European Securities and Markets Authority (ESMA),

Committee der IAIS lag das Hauptaugenmerk 2010

die ab Januar 2011 über erweiterte Kompetenzen

auf der Analyse möglicher systemischer Risiken im

verfügen werden, soll die Zusammenarbeit weiter-

Versicherungssektor sowie auf der Erarbeitung von

geführt und, wo möglich, noch verstärkt werden.

Grundlagen und Instrumenten für die makropru-

Im Frühjahr 2010 führte die FINMA einen umfas-

denzielle Aufsicht. Mit dem Common Framework for

senden Rechtsvergleich zwischen dem schweizeri-

the Supervision of Internationally Active Insurance

schen Finanzmarktrecht und dem entsprechenden

Groups (ComFrame) treibt die IAIS die Schaffung

EU-Acquis durch. Dabei stellte sie je nach Bereich

eines internationalen Rahmens für die Aufsicht

einen unterschiedlichen Grad an Übereinstimmung

über international tätige Versicherungsgruppen

zwischen der schweizerischen Regulierung und den

weiter voran. Unter Leitung der Vizepräsidentin der

EU-Bestimmungen fest. Im Februar 2010 anerkannte

FINMA begann nach Abschluss der Vorbereitungs-

CEIOPS die Gleichwertigkeit der schweizerischen

phase im Sommer 2010 die konkrete Ausarbeitung

Rückversicherungsaufsicht gegenüber der EU-Rück-

der entsprechenden Vorgaben zur Aufsicht über

versicherungsrichtlinie. Im November 2010 zeigte

Versicherungsgruppen.

17

vgl. Kap. «Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln», S. 52

Jahresbericht 2010 | FINMA

27


IOSCO Task Force on Commodity Futures Markets Als Antwort auf die Verlautbarung der G-20-

Anwendung von standardisierten Dokumentationen

Staats- und Regierungschefs der grossen Industrie-

vorsehen, beispielsweise Master Agreements der

und Schwellenländer zu den Energiemärkten von

International Swaps and ­Derivatives Association

September 2009 setzte die IOSCO die Task Force

(ISDA). Ausserdem empfahl die Task Force verläss-

on Commodity Futures Markets ein, zu deren Mit-

liche Preisinformationen von sogenannten Price

gliedern auch die FINMA gehört.

Reporting Agencies. Die FINMA ihrerseits beantwor-

Um die Transparenz und die Marktstabilität auf

tete zuhanden der G-20-Staaten einen umfassenden

den Energiemärkten, insbesondere den Ölmärkten,

Fragebogen über die Aufsicht der Energiemärkte in

zu erhöhen, erachtet es die G-20 als wichtig, regel-

der Schweiz sowie über die Finanzinstrumente mit

mässig Daten zu veröffentlichen und die Regulie-

Energiebasiswerten, die an schweizerischen Börsen

rung zu verbessern. Die Aufsichtsbehörden sollen

gehandelt werden, insbesondere Futures und Optio-

einen umfassenderen Überblick über die Aktivitäten

nen, aber auch Warrants und strukturierte Produkte.

der Marktteilnehmer in den genannten Bereichen gewinnen.

Die

Eidgenössische

Elektrizitätskommission

(ElCom), das Bundesamt für Energie (BFE) und die

In ihrem Zwischenbericht an die G-20-Staaten

FINMA haben bereits einen Teil der G-20-Empfeh-

von Oktober 2010 regte die Task Force an, dass

lungen umgesetzt, indem sie eine gemeinsame

die Marktteilnehmer für nicht börslich gehandelte

Marktbeobachtung über die Handelsaktivitäten

Transaktionen im Energiemarkt – unter anderem für

im Energie- und Stromsektor der Schweiz18 durch-

Öl und Öldestillate – einen zentralen Datenaufbe-

führten.

wahrungsort (Trade Repository) schaffen sowie die

Fragen der internationalen Bankenregulierung Das BCBS erarbeitete im Nachgang zur Finanzkrise zahlreiche Massnahmen auf mikro- und

schriften will das BCBS die erforderlichen Eigenmittel

makroprudenzieller Ebene, um die Robustheit der

zur Unterlegung der risikogewichteten Aktiven aus

Finanzinstitute dauerhaft zu erhöhen. Die entspre-

Handelsaktivitäten erhöhen. In der Schweiz werden

chenden Regelungen werden unter dem Begriff

die genannten Massnahmen in enger Abstimmung

«Basel III» zusammengefasst und gehen von der

mit anderen nationalen regulatorischen Reformen

Eigenkapitalmessung von Basel II und den diesbe-

zu den Kapital- und Liquiditätsvorschriften bereits

züglichen Eigenmittelanforderungen aus.

per 1. Januar 2011 eingeführt.19

Zeitlich vorgezogene neue

Das Reformpaket «Basel III»

Marktrisikovorschriften «Basel 2.5»

vgl. Kap. «Energiehandel», S. 67 vgl. «Marktrisiken und Verbriefungen» in Kap. «Kapital- und Liquiditätserfordernisse», S. 44 f.

18 19

28

«Basel 2.5» bekannt. Mit den neuen Marktrisikovor-

Die FINMA ist in den massgebenden Arbeits-

Die Eigenkapitalanforderungen von Basel II

gruppen des BCBS aktiv vertreten, welche die

hinsichtlich der Behandlung von Marktrisiken

verschiedenen Massnahmen im Detail ausarbeiteten

waren letztmals im Jahr 2009 angepasst worden.

und zu einem Grossteil im Jahr 2010 zum Abschluss

Die neuen Marktrisikovorschriften sollen nach BCBS

brachten. Das vorgeschlagene Reformpaket – die

per 31. Dezember 2011, also vor Basel III, eingeführt

Basis von Basel III – wurde vom BCBS im Dezember

werden und sind deshalb auch unter dem Begriff

2009 mit einem Konsultationspapier der Öffentlich-

Jahresbericht 2010 | FINMA


keit zur Stellungnahme unterbreitet. Im Juli 2010

fest. Am Gipfeltreffen der G-20 von November 2010

einigte sich das Führungsorgan des BCBS – die

in Seoul befürworteten die Staats- und Regierungs-

Governors and Heads of Supervision (GHOS) –

chefs die neuen Eigenkapitalvorschriften für Banken

auf die wichtigsten Ausgestaltungselemente des

(Basel III) mit einem Umsetzungsplan bis 2019.20

Reformpakets. Diese Gruppe der Zentralbankprä-

Das BCBS verabschiedete bei seiner Sitzung im

sidenten und Leiter der Bankenaufsichtsinstanzen

Dezember 2010 das Regelwerk Basel III (Rules Text)

legte in ihrer Sitzung von September 2010 die

zu Liquidität und Eigenkapital, das anschliessend

Kalibrierung und die Umsetzung der Massnahmen

durch die GHOS genehmigt wurde.

Revision des Regulierungs- und Aufsichtsrahmens für Verwalter alternativer Investmentfonds Auch der Fondsmarkt ist von den laufenden

halten werden, die materiell in einigen Bereichen

Regulierungsinitiativen auf internationaler Ebene

weit über die IOSCO-Prinzipien hinausgehen. Dies

betroffen. Insbesondere der regulatorische Hand-

wird allerdings ohne eine Anpassung der schweize-

lungsbedarf im Bereich der Hedge Funds wird seit

rischen Revision des Regulierungs- und Aufsichts-

der Finanzkrise intensiv untersucht. Unter schwei-

rahmens für Verwalter alternativer Investmentfonds

zerischer Beteiligung erarbeitete die IOSCO sechs

nur schwer gelingen.21

Prinzipien zur Regulierung und Überwachung von Hedge Funds. Diese sehen namentlich erhöhte

Handlungsbedarf in der Schweiz

Transparenzpflichten gegenüber dem investieren-

Unabhängig von der Situation auf internationa-

den Kunden sowie gegenüber den Aufsichtsbe-

ler Ebene besteht auch in der Schweiz Handlungs-

hörden vor. Dazu gehören aber auch prudenzielle

bedarf. Die Schweiz hat zu entscheiden, wie sie

Anforderungen, beispielsweise auf dem Gebiet des

sich zu den Vorschriften der AIFM-Richtlinie stellt.

Risikomanagements. In der EU wurde eine Richt-

Diese gehen in einigen Bereichen weit über die

linie zu Verwaltern alternativer Investmentfonds

Anforderungen der IOSCO, die Bestimmungen des

(Alternative Investment Fund Managers Directive

Kollektivanlagengesetzes und der UCITS-Richtlinie

[AIFM-Richtlinie]) verabschiedet, die alle nicht

hinaus.

­EU-kompatiblen kollektiven Kapitalanlagen betrifft.

Hinsichtlich eines allfälligen Systemrisikos von

Ziel der AIFM-Richtlinie ist es, analog zur bestehen-

Hedge Funds beteiligt sich die Schweiz aktiv an den

den UCITS-Regulierung in der EU einen einheitlichen

weltweiten Erhebungen der IOSCO und hat dazu

Markt für alternative Anlagen zu schaffen. Nach

bereits zwei Umfragen unter Schweizer Fondsmana-

der endgültigen Fassung der Richtlinie wird dieser

gern durchgeführt. Angesichts der grenzüberschrei-

­«EU-Pass» auch Nicht-EU-Anbietern zugänglich

tenden Struktur des Geschäfts ist eine internationale

sein, einschliesslich jenen aus der Schweiz, jedoch

Koordination wichtig.

unter der Bedingung, dass die Vorschriften einge-

vgl. hierzu detaillierte Angaben zum internationalen Regulierungsrahmen für Banken (Basel III): http://www.bis.org/ bcbs/basel3.htm 21 vgl. EBK-Jahresbericht 2008, S. 72 20

Jahresbericht 2010 | FINMA

29


Supervisory Colleges Die Zuständigkeiten einer nationalen Aufsichts-

menarbeit von Aufsichtsbehörden im Rahmen von

behörde enden nicht an der Landesgrenze. Der

Supervisory Colleges zu institutionalisieren. Diese

«Home Regulator» – in der Regel am Ort der Leitung

vom jeweiligen Home Regulator einberufenen

einer Finanzgruppe – überwacht deren ausländi-

Treffen zu einem grenzüberschreitend aktiven Ins-

sche Geschäftstätigkeiten zusammen mit dem pro

titut bringen alle betroffenen Aufsichtsbehörden

Land jeweils zuständigen «Host Regulator». Dabei

regelmässig mit dem obersten Management des

ist ein angemessener Informationsfluss zwischen

Instituts zusammen. Dabei erfolgt unter anderem

den beteiligten Aufsichtsbehörden sicherzustellen.

ein Meinungsaustausch zwischen der Leitung der

So kann der Host Regulator die Risikoexpositionen

Gruppe und den Aufsichtsbehörden. Die FINMA,

des ihm unterstellten Instituts im Ausland besser

die massgeblich an der Entwicklung der entspre-

beurteilen, während der Home Regulator einen

chenden Standards des BCBS und der IAIS beteiligt

besseren Einblick in die Geschäftstätigkeit und

war, hat inzwischen für mehrere Institute Super­

Strategie auf konsolidierter Gruppenstufe erhält.

visory Colleges geleitet und selbst an Colleges von

Die FINMA hat bereits mehrjährige Erfahrung

ausländischen Gruppen mit Geschäftstätigkeit in

mit entsprechenden Koordinationsgremien. Der

der Schweiz teilgenommen. Zudem organisierte sie

enge Kontakt, insbesondere zu den britischen

für die grossen Schweizer Banken Crisis Manage-

und US-amerikanischen Behörden, erwies sich

ment Colleges. Gegenstand der entsprechenden

gerade während der Finanzkrise als ausgesprochen

Treffen waren Vorkehrungen zur Krisenbewälti-

­wirkungsvoll. Die internationalen Gremien, wie FSB, BCBS

gung. Für die grossen Versicherer sind für 2011 ähnliche Treffen geplant.

und IAIS, empfehlen ihren Mitgliedern, die Zusam-

Internationale Amtshilfe

30

In den letzten Jahren erhielt die FINMA immer

neu auch zu Fragen wie konsolidierte Aufsicht,

mehr Anfragen von ausländischen Behörden,

Supervisory Colleges, Kooperation in Krisenfällen,

welche die Zusammenarbeit mit ihr suchten. Diese

Cross-Border-Tätigkeiten oder Outsourcing um

Tendenz verstärkte sich 2010 in allen Zuständig-

Informationen und Zusammenarbeit gebeten.

keitsbereichen der FINMA. Die internationale

Im Börsenbereich ist es der FINMA nach jahre-

Zusammenarbeit beschränkt sich nicht mehr nur

langen Bemühungen im Februar 2010 gelungen,

auf Ersuchen um Informationsaustausch im Rah-

im Multilateral Memorandum of Understanding

men von Untersuchungen einzelner deliktischer

(MMoU) der IOSCO über die gegenseitige Zusam-

Handlungen. Immer häufiger betrifft sie auch

menarbeit und den Informationsaustausch zwi-

andere Sachverhalte, zu denen die ausländischen

schen den Börsenaufsichtsbehörden den ­Status

Behörden die Informationshilfe der FINMA und die

eines A-Signatars zu erlangen. Im Gegenzug

Zusammenarbeit mit ihr wünschen. Neben den übli-

werden auf internationaler Ebene die Erwartungen

chen Anfragen, die grösstenteils den Börsenbereich

an die FINMA zunehmen, sowohl im Hinblick auf

betreffen, beispielsweise bezogen auf Tatbestände

die Zahl der Gesuche als auch auf den Umfang der

wie Insiderhandel, Kursmanipulation oder Verlet-

angeforderten Informationen. Die Statusänderung

zung von Offenlegungspflichten, wird die FINMA

konnte die Schwierigkeiten mit der EU aber nicht

Jahresbericht 2010 | FINMA


beseitigen. Die Schweizer Amtshilfepraxis wird vom

seines Namens aber verweigern darf, stösst zu

CESR und von seinen Mitgliedern nach wie vor

Recht auf Unverständnis seitens der ausländischen

kritisiert.

Behörden.

Im Zentrum steht dabei das schweizerische

Aufgrund der raschen Veränderungen im

Kundenverfahren selbst sowie die spezifische Rege-

Bereich der internationalen Zusammenarbeit erwei-

lung bei Verwaltungsvollmachten («unverwickelter

sen sich die schweizerischen Rechtsgrundlagen als

Dritter» ). 22

Zu restriktive Schweizer Rechtsgrundlagen Das

Bundesverwaltungsgericht

hiess

zwei

Im Börsenbereich ist es der FINMA gelungen, im MMoU der IOSCO den Status eines A-Signatars zu erlangen.

Entscheide der FINMA gut und bestätigte dadurch, dass die Organe einer Offshore-Gesellschaft keine «unverwickelte Dritte» darstellen und die Ange-

zu restriktiv, um eine geeignete Zusammenarbeit im

stellten eines externen Vermögens­verwalters im

Interesse des Schweizer Finanzplatzes zu ermögli-

Amtshilfeverfahren keine Partei­stellung haben.

chen – dies nicht nur hinsichtlich der Amtshilfe im

Zugleich hielt das Bundesverwaltungsgericht aber

Börsenbereich, sondern auch bezogen auf die kon-

fest, dass bei Verwaltungsvollmachten der externe

solidierte Aufsicht und die grenzüberschreitenden

unabhängige Vermögensverwalter im Verfahren

Prüfungen. Die FINMA informierte den Bundesrat

über eine Parteistellung verfügt. Die Tatsache, dass

über die negativen Folgen dieser Rechtslage, damit

ein professioneller Vermögensverwalter bzw. ein

eine Gesetzesrevision in Erwägung gezogen werden

Finanz­intermediär auf den ausländischen Märkten

kann.

tätig sein kann, die unmittelbare Übermittlung

22

vgl. Bericht der FINMA «Internationale Amtshilfe im Börsenbereich», Abschnitt 6.2, S. 19 (http://www.finma.ch/ d/aktuell/Documents/ Amtshilfebericht_ 20090916_d.pdf)

Jahresbericht 2010 | FINMA

31



REGULIERUNG UND AUFSICHT


GENERELLE THEMEN

Aufsichtskonzepte Die FINMA strebt entsprechend ihren vom Bun-

kung für Gläubiger, Anleger, Versicherte sowie für

desrat genehmigten strategischen Zielen eine effek-

das Gesamtsystem und die Reputation des schwei-

tive und effiziente Aufsicht an. Zur Umsetzung hat

zerischen Finanzplatzes in sechs Aufsichtskatego-

die Aufsichtsbehörde daher Arbeiten zur Optimie-

rien eingeteilt. Dabei zeichnen sich Beaufsichtigte

rung und Neuausrichtung ihrer Aufsichtskonzepte in

der Kategorie 1 durch grosse, auch globale Relevanz

den jeweiligen Aufsichtsbereichen aufgenommen.

und entsprechend bedeutende Risiken auf den

Die FINMA verfügt im Verhältnis zu ihren

verschiedenen Ebenen aus. Das Risikopotenzial der

vielfältigen Aufgabengebieten und den hohen

Institute in den weiteren Kategorien nimmt stufen-

Anforderungen in vielen Aufsichtsbereichen über

weise bis zur Kategorie 5 ab; die Marktteilnehmer in

knappe personelle Ressourcen. Ein verantwortungs-

der risikoarmen Kategorie 6 werden nicht pruden-

voller und schonender Umgang mit den finanziellen

ziell beaufsichtigt.

Mitteln bedingt daher, dass die Ressourcen der

Neben der Einteilung in Risikokategorien erhält

Aufsichtsbehörde auf jene Aufgaben konzentriert

jedes Institut ein internes Rating, das die Einschät-

werden, die wegen der ihnen zugrunde liegenden

zung der FINMA zu dessen aktueller Verfassung

Risiken erhöhte Aufmerksamkeit verlangen. Ein

darstellt. Aufgrund dieser beiden Grössen – Katego-

wichtiges Element bildet die konsequente Verfol-

risierung und Institutsrating – werden die Aufsichts-

gung eines risikobasierten Ansatzes in sämtlichen

konzepte, die Aufsichtsintensität, der Einsatz der

Aufsichts­bereichen der FINMA. Die verschiede-

Aufsichtsinstrumente sowie das Zusammenwirken

nen Aufsichtsgesetze räumen der FINMA einen

zwischen direkter Aufsicht durch die FINMA und

Handlungsspielraum bezüglich Gewichtung der

Einsatz der Prüfgesellschaften für die einzelnen

Überwachungsintensität der einzelnen Institute ein.

Institute festgelegt.

Dieser Handlungsspielraum soll in Zukunft unter

Mit diesem Aufsichtsansatz strebt die FINMA

Berücksichtigung der von den Instituten ausgehen-

in Zukunft eine differenziertere Aufsicht und eine

den Risiken konsequenter genutzt werden.

effizientere Zuteilung der Aufsichtsressourcen an.

Aufgrund der geschilderten Ausgangslage hat die FINMA alle Beaufsichtigten nach ihrer Risikowir-

Vorschläge zur Lösung des Too-big-to-fail-Problems

34

Die globale Finanz- und Wirtschaftskrise zeigte

Ansteckungs­risiken für das gesamte Finanzsystem

deutlich, dass vom Ausfall einzelner Unternehmen

führen dazu, dass die beiden Schweizer Grossban-

des Finanzsektors für eine Volkswirtschaft ein

ken einen faktischen Bestandesschutz geniessen.

erhebliches Systemrisiko ausgehen kann. Damit

Gegenüber nicht systemrelevanten sowie kleineren

für die Volkswirtschaft wichtige Bankfunktionen

Banken führt dies zu einer Verzerrung des Wett-

aufrechterhalten werden, mussten systemrelevante

bewerbs. Zudem sind disziplinierende Marktme-

Banken in der Krise vom Staat unterstützt werden.

chanismen ausser Kraft gesetzt und die Chancen

Sie waren «too big to fail». Ihre Grösse in Bezug

von den Risiken entkoppelt. Durch die globalen

auf Marktanteil und Bilanzsumme, die fehlende

Bankenrettungs­pakete blieben das Management

kurzfristige Ersetzbarkeit ihrer Leistungen, ihre

und die Investoren von den Verlusten, die sich aus

internationale Vernetzung und die Angst vor

ihren Entscheidungen ergaben, teilweise verschont.

Jahresbericht 2010 | FINMA


International suchen Zentralbanken, Bankenauf­

System der beruflichen Vorsorge zu stützen, wären

seher und Politiker zurzeit nach Lösungen des Too-

die Lebensversicherer von den entsprechenden

big-to-fail-Problems. Ziel ist es, durch geeignete

Massnahmen betroffen, da sie bei der beruflichen

Vorbereitungsmassnahmen auch systemrelevante

Vorsorge Rückdeckung gewähren. Ein solch sozial­

Banken in einer Krise geordnet zu sanieren oder

politisch motivierter Staatseingriff ist jedoch von

zu liquidieren. Zudem müssen die ­Eigner und die

einem untragbaren Systemrisiko für den Finanzplatz

Gläubiger wieder einkalkulieren, dass sie – bei

und die Realwirtschaft, wie es im Zusammenhang

durchaus realistischen Konkursszenarien – die Ver-

mit Banken diskutiert wird, zu unterscheiden.

luste aus ihren Investitionsentscheidungen selbst

Im Gegensatz zu den Banken gehen auch Rating­

zu tragen haben. Dies sollte ihre Risikobereitschaft

agenturen für ihre Einschätzung der Bonität nicht

senken und zur Stabilität des Finanzsektors beitra-

von einer faktischen Staatsgarantie für die grossen

gen. Nachdem die UBS im Oktober 2008 mit einer

Versicherer aus. Dies schliesst jedoch nicht endgültig

Pflichtwandelanleihe der Eidgenossenschaft und

aus, dass auch im Versicherungssektor systemische

einer Vermögenswertübertragung auf die SNB

Risiken zutage treten können, insbesondere über

hatte gestützt werden müssen, setzte der Bundes-

versicherungsfremde und bankähnliche Aktivitäten.

rat am 4. November 2009 die «Expertenkommission

Da sich das bestehende Aufsichtsregime im Versi-

zur Limitierung volkswirtschaftlicher Risiken durch

cherungsbereich – gestützt durch das traditionelle

Grossunternehmen» ein. In dieser Kommission

Geschäftsmodell der Versicherungsunternehmen

nahmen unter anderem Vertreter von Schweizer

– grundsätzlich als angemessen erweist, drängen

Finanzunternehmen, der Eidgenössischen Finanz-

sich heute keine grundlegenden Änderungen

verwaltung (EFV), der SNB und der FINMA Einsitz.

des Aufsichtskonzepts für Versicherungen auf. Im Rahmen ihrer Untersuchungen für die Exper-

Schlussbericht der Expertenkommission In ihrem am 4. Oktober 2010 veröffentlichten

tenkommission veröffentlichte die FINMA im Juni 2010 ein Arbeitspapier mit dem Titel «Systemische

umschrieb die Expertenkommis-

Risiken im Versicherungssektor? Betrachtungen

sion zunächst den von ihr verwendeten Begriff

mit Fokus auf die schweizerische Assekuranz»24.

Schlussbericht

23

der systemischen Relevanz. Nach jener Definition

Gezielte Verbesserungen im Aufsichtsregime sind

ist ein Unternehmen systemisch relevant, wenn

im Rahmen der allgemeinen Weiterentwicklung der

es aufgrund seiner Grösse, seiner Marktkonzent-

Versicherungsaufsicht vorzunehmen.

ration und Vernetzung mit einer Vielzahl weiterer Marktteilnehmer sowie wegen der fehlenden kurz-

Von der Expertenkommission empfohlene

fristigen Substituierbarkeit der von ihm erbrachten

Kernmassnahmen

Leistungen für die Volkswirtschaft unverzichtbar

Der beschriebenen Situation entsprechend,

ist. Im Schweizer Finanzsektor erfüllen zurzeit die

richtete die Expertenkommission ihr Hauptaugen-

beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse diese

merk auf den Bankensektor. Sie schlug für die

Kriterien. Obwohl der Versicherungssektor für die

Schweiz geeignete und zugleich tragbare Massnah-

Schweizer Gesamtwirtschaft unzweifelhaft von

men vor, mit denen systemrelevante Banken ihre

wesentlicher Bedeutung ist, ortete die Experten-

Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen erhöhen.

kommission hinsichtlich der genannten Massstäbe

Sollte eine systemrelevante Bank scheitern, gilt

im schweizerischen Versicherungssektor unter den

es, ihren Marktaustritt unter Fortführung der

heutigen Gegebenheiten weder eine Too-big-to-

systemrelevanten Funktionen bei gleichzeitiger

fail- noch eine Too-big-to-be-rescued-Situation.

Vermeidung staatlicher Beihilfen zu gewährleis-

Müsste der Staat aufgrund sozialpolitischer

ten. Die Expertenkommission schlägt dazu in den

Überlegungen eingreifen, beispielsweise, um das

Bereichen Eigenmittel, Liquidität, Risikoverteilung

23 vgl. http://www.sif.admin.ch/ dokumentation/00514/00519/ 00592/ 24 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ wp_juni2010_systemische risiken-im-versicherungssektor_ 20100628_d.pdf

Jahresbericht 2010 | FINMA

35


und Organisation vier sich gegenseitig ergänzende

umgewandelt oder entsprechend abgeschrieben

Kernmassnahmen vor. Von Grössenbegrenzungen

werden. Falls CoCos für Teile des Puffers zum

oder gar der Zerschlagung der Grossbanken sahen

Einsatz kommen, werden diese bei einem Trigger

die Vertreter der Kommission ebenso ab wie von

von sieben Prozent gewandelt, um das Abgleiten

umfassenden strukturellen Eingriffen. Verworfen

der Bank in die Sanierungs- bzw. Liquidationsphase

wurden zudem Steuerlösungen, wie sie zum Teil in

(Recovery bzw. Resolution) zu verhindern. Für

Europa erörtert werden. Nach Meinung der Exper-

CoCos in der progressiven Komponente schlägt die

tenkommission leisten solche Ansätze keinen wirk-

Expertenkommission einen Trigger von fünf Prozent

samen Beitrag zur Finanzstabilität und setzen ohne

vor, um für den Fall der Resolution ausreichend

glaubhafte Konkursdrohung sogar Fehlanreize.

Mittel zur Weiterführung der systemrelevanten

Erhöhte Eigenmittelanforderungen

Verfügung zu haben.

Funktionen sowie zur Abwicklung der Restbank zur Die erste Kernmassnahme sieht vor, die Eigenmittelanforderungen an die beiden Grossbanken qualitativ und quantitativ deutlich zu erhöhen.

Verschärfte Liquiditätsanforderungen Im Rahmen der zweiten Kernmassnahme bestätigt die Expertenkommission die bereits Ende Juni 2010 umgesetzten verschärften Liquiditätsanfor-

Die Expertenkommission schlägt in den Bereichen Eigenmittel, Liquidität, Risikoverteilung und Organisation vier sich gegenseitig ergänzende Kernmassnahmen vor.

derungen an die beiden Schweizer Grossbanken. Für UBS und Credit Suisse gelten seither Liquiditätsvorschriften, nach denen die in einem strengen Szenario geschätzten Liquiditätsabflüsse während mindestens 30 Tagen aus eigener Kraft zu decken

Die Anforderungen unterteilen sich künftig in eine

sind. 26

Basisanforderung, einen Puffer zur Abfederung grösserer Verluste sowie eine progressive Komponente, die mit zunehmender Systemrelevanz der

Senkung der Risikokonzentration Im Bereich der Risikoverteilungsvorschriften fordert die Expertenkommission als dritte Kernmass-

betroffenen Banken ansteigt. Die Höhe der Anforderungen wird sowohl

nahme eine Senkung der Risikokonzentration ande-

als auch

rer Banken gegenüber systemrelevanten Instituten

mithilfe der Leverage Ratio auf der Grundlage nicht

und umgekehrt. Flankierend dazu ist beabsichtigt,

auf Basis der risikogewichteten Aktiven

25

risikogewichteter Aktiven bemessen. Mindestens

die verschiedenen operationellen Abhängigkeiten

zehn Prozent der risikogewichteten Aktiven müssen

kleinerer Banken gegenüber systemrelevanten

aus Eigenmitteln der höchsten Qualität (Common

Instituten zu senken.

Equity) bestehen. Die Anforderungen des Puffers können in Höhe von bis zu 35 Prozent mit beding-

Mithilfe von Zuschlagsfaktoren können dabei auch Ausser­ bilanzgeschäfte berücksichtigt werden. 26 vgl. «Neues Liquiditätsregime für Schweizer Grossbanken» in Kap. «Kapital- und Liquiditätserfordernisse», S. 44 25

36

Organisatorische Anforderungen

ten Pflichtwandelanleihen (Contingent Convertible

Einen wesentlichen Teil des Gesamtpakets

Bonds [CoCos]) erfüllt werden. Die progressive

stellen schliesslich die organisatorischen Anforde-

Komponente, die sich nach gegenwärtigem Stand

rungen an systemrelevante Banken dar. Die Exper-

auf etwa sechs Prozent der risikogewichteten

tenkommission verlangt von solchen Banken, dass

Aktiven für jede der beiden Grossbanken belaufen

die Weiterführung systemrelevanter Funktionen

wird, darf vollständig aus CoCos bestehen. Bei den

auch im Fall drohender Insolvenz sichergestellt ist.

CoCos handelt es sich um neue Kapitalinstrumente,

Als systemrelevant gelten insbesondere der Zah-

die beim Unterschreiten vordefinierter Eigenkapi-

lungsverkehr sowie das inländische Einlagen- und

talquoten (Triggers) automatisch in Eigenkapital

Kreditgeschäft. In diesem Zusammenhang sollen

Jahresbericht 2010 | FINMA


die Eigenmittel einen wichtigen Beitrag leisten,

men ihre Geschäftsmodelle sowie die rechtlichen

dass im Falle einer Herauslösung der systemrele-

bzw. organisatorischen Strukturen vereinfachen

vanten Funktionen sowohl der neue Rechtsträger,

und harmonisieren. Wichtige Daten und Dienst-

auf den diese Funktionen übertragen werden, als

leistungen müssen umfassend und zeitgerecht zur

27

auch die in der Restbank verbleibenden Teile über

Verfügung stehen. Ferner sind die Abhängigkeiten

eine solide Kapitalisierung und eine entsprechend

und Ansteckungsrisiken innerhalb des Konzerns zu

hohe Überlebensfähigkeit verfügen. Aus Gründen

verringern. Werden geografische Ungleichgewichte

der Verhältnismässigkeit im Rahmen von verfas-

minimiert und sind die Aktiven dort belegen, wo

sungsmässig geschützten Rechten – konkret der

die Verbindlichkeiten bestehen (Self-Sufficiency),

Wirtschafts- und Eigentumsfreiheit – ist es primär

kann das Risiko des «Ring Fencing» nationaler

Aufgabe der jeweiligen Bank, die erforderlichen

Aufsichtsbehörden deutlich herabgesetzt werden.

organisatorischen Vorkehrungen zu treffen (Sub-

Ergänzend zum dargestellten Anreizsystem, wird

sidiaritätsprinzip). Kann die Bank hingegen keine

die Sanier- und Liquidierbarkeit systemrelevanter

wirksamen Massnahmen nachweisen, zum Beispiel

Banken auch im Rahmen des Bankinsolvenzrechts

eine überzeugende und nachvollziehbare Notfall-

verbessert, das gegenwärtig revidiert wird. 28

planung (Recovery and Resolution Plan [RRP]), muss die FINMA diese anordnen.

Die Umsetzung einzelner von der Expertenkommission vorgeschlagener Massnahmen setzt eine Änderung des Bankengesetzes voraus. Daher

Brückenbank und Anreizsystem Spätestens, wenn eine Bank die Eigenmittel-

hat die Expertenkommission einen entsprechenden Entwurf für eine Teilrevision vorgelegt, der

quote von fünf Prozent unterschreitet, sollten sich

als Grundlage für die weiteren gesetzgeberischen

die systemrelevanten Funktionen in kurzer Zeit auf

Arbeiten dienen kann.

einen unabhängigen Rechtsträger, eine sogenannte

Der Bundesrat gab an seiner Sitzung vom

Brückenbank, übertragen lassen. Zugleich sind die

22. Dezember 2010 Gesetzesvorschläge für den

CoCos in Common Equity umzuwandeln, damit

Umgang mit Systemrisiken von Grossbanken in

die Umsetzung der Notfallplanung finanziell gesi-

die Vernehmlassung. Der Entwurf für eine ent-

chert ist. Übertrifft eine Bank die an sie gestellten

sprechende Änderung des Bankengesetzes stützt

organisatorischen Mindestanforderungen und ver-

sich auf die Vorschläge der Expertenkommission.

bessert somit die Sanier- und Liquidierbarkeit der

Um die Ausgabe von neuem Vorrats- und Wand-

Gesamtbank, so wird dies durch einen Abschlag

lungskapital in der Schweiz zu fördern, schlägt der

bei

Bundesrat zudem steuerliche Massnahmen vor. Die

der

progressiven

Eigenmittelkomponente

honoriert. Zu diesem Zweck sollten die Unterneh-

Vernehmlassung dauert bis zum 23. März 2011.

27

28

vgl. Kap. «Änderungen des Bankengesetzes», S. 47 vgl. Kap. «Änderungen des Bankengesetzes» und Kap. «Bankensanierungsverordnung», S. 47

Jahresbericht 2010 | FINMA

37


Zunahme der Rechts- und Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft Die FINMA erachtet das grenzüberschreitende

Quellen von Rechts- und Reputationsrisiken

Finanzdienstleistungsgeschäft und die damit ver-

Die Quellen von Rechts- und Reputationsrisiken

bundenen Entwicklungen als strategisch wichtig.

im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsge-

2009 hatte die FINMA ihr Hauptaugenmerk in die-

schäft sind vielfältig. Häufig liegen sie im auslän-

sem Bereich auf das grenzüberschreitende Vermö-

dischen Aufsichtsrecht begründet. Dort bestehen

gensverwaltungsgeschäft der Banken und die dies-

primär zwei Risikobereiche: Der eine betrifft die

bezüglichen Rechts- und Reputationsrisiken gelegt.

grenzüberschreitende Erbringung von Finanzdienst-

2010 stand das Geschäft der Lebensversicherer mit

leistungen, der andere das grenzüberschreitende

im Ausland ansässigen Kunden im Vordergrund.

Angebot von Finanzprodukten. Beides wird in

Besondere Aufmerksamkeit galt dabei dem Geschäft

vielen Rechtsordnungen an restriktive Bedingungen

mit sogenannten Versicherungsmänteln (Wrapper-

– zum Beispiel physische Präsenz, Registrierung oder

Geschäft). Neben einer Grundlagenanalyse führte

Zulassung, Prospektpflicht – geknüpft. Während die

die FINMA bei einer Auswahl Beaufsichtigter eine

Schweiz im Bankensektor vergleichsweise weniger

Bestandesaufnahme sowie teilweise auch Vor-Ort-

Schranken für ausländische Marktteilnehmer kennt,

Prüfungen durch. Nach Abschluss dieser Arbeiten

sind in gewissen Ländern bereits relativ einfache

prüfte die FINMA verschiedene Handlungsalterna-

Aktivitäten eingeschränkt oder verboten, beispiels-

tiven und beschloss im Herbst 2010, ihren Stand-

weise unerbetene Telefonanrufe. Solche Vorschrif-

punkt in einem Positions­papier darzulegen. Dieses

ten hemmen im Ergebnis den Zugang zu ausländi-

richtet sich an die von der FINMA überwachten

schen Märkten. Sie rufen bei Missachtung für die

Banken, Versicherungen, Effektenhändler sowie

betroffenen Institute und gegebenenfalls für deren

die prudenziell überwachten Bewilligungsträger

Mitarbeitende erhebliche Rechts- und Reputations-

nach Kollektivanlagengesetz, die grenzüberschrei-

risiken hervor und können sowohl verwaltungs- als

tend tätig sind. Im Positions­papier werden die

auch strafrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Risikobereiche aufgezeigt und die Erwartungen

Oft ergeben sich aus Aufsichtsrechtsverletzungen

der Aufsicht formuliert. Die Umsetzung dieser für

für die Institute auch zivilrechtliche Haftungsrisiken.

das grenzüberschreitende Geschäft konkretisierten

Besonders verwundbar sind Institute, die denselben

aufsichtsrechtlichen Anforderungen wird über den

Markt zugleich auch über Tochtergesellschaften

Aufsichtsprozess mit den Beaufsichtigten vermehrt

bzw. Niederlassungen vor Ort (onshore) bedienen

zur Sprache gebracht. Die von der FINMA vertretene

oder andere relevante Beziehungen zu einem Land

Position wird sich künftig auch in ihrer Enforcement-

unterhalten. Auf dem Gebiet des Steuer- und Straf-

praxis niederschlagen.

rechts besteht das Risiko, dass ein Finanzintermediär

Die Rechts- und Reputationsrisiken, die im

oder dessen Angestellte nach ausländischem Recht

grenzüberschreitenden Geschäft als Folge von

zu strafbaren Teilnehmern – zum Beispiel zu Gehilfen

Verletzungen oder Umgehungen ausländischer

oder Anstiftern  –  an Steuerdelikten ausländischer

Vorschriften entstehen können, nahmen in den

Kunden werden. Je nach Rechtsordnung kann sogar

vergangenen Jahren merklich zu. Dies liegt weniger

ein Verhalten strafbar sein, das ausschliesslich oder

an schärferen ausländischen Regulierungen als

überwiegend ausserhalb dieses Landes, beispiels-

vielmehr an deren konsequenterer Durchsetzung.

weise auf Schweizer Territorium, stattgefunden hat.

Zudem haben sich die Beweiserhebungsmethoden

Häufige grenzüberschreitende Aktivitäten und die

ausländischer Behörden teilweise gewandelt.

wiederholte physische Präsenz von Institutsvertretern können ferner eine Steuerpflicht des Finanz­

38

Jahresbericht 2010 | FINMA


intermediärs selbst auslösen. Im Steuerbereich ist

mögenswerten missbraucht werden, die bei einer

auch der U.S. Foreign Account Tax Compliance Act

Bank deponiert sind, mit dem Zweck einer illegalen

(FATCA) zu erwähnen. Damit führen die Vereinigten

Steuerverkürzung oder Umgehung erb- und kon-

Staaten per 1. Januar 2013 ein neues Quellensteu-

kursrechtlicher Verpflichtungen. Dem ist so, weil

erregime ein, das sehr weitreichende Auswirkungen

nach Zeichnung der Police durch den Kunden neu

auch auf Schweizer Finanzintermediäre haben

der Versicherer als Vertragspartner der Bank auftritt

wird. Das Vorhaben ist geeignet, die Rechts- und

und dieser aufgrund einer Lücke in der Vereinba-

Reputationsrisiken der Finanzinstitute noch einmal

rung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht

empfindlich zu erhöhen. Weitere Risiken können

der Banken (VSB) bisher keine Erklärung über die

sich aus dem ausländischen Geldwäschereirecht,

wirtschaftliche Berechtigung abgeben musste. Die

aus zivil-, kollisions- und prozessrechtlichen Normen

FINMA-Mitteilung 9 vom 27. April 2010 mit dem

sowie aus dem übrigen Wirtschaftsrecht gewisser

Titel «Behandlung von Insurance Wrappers nach

Staaten ergeben.

Geldwäschereigesetz»29 verminderte die Möglichkeiten der Verschleierung, indem sie die Feststellung

Das Geschäft mit Versicherungsmänteln

der wirtschaftlichen Berechtigung an den mit dem

Die genannten Risiken bestehen grundsätzlich

Versicherungsmantel verbundenen Vermögenswer-

auch im Geschäft mit Versicherungsmänteln.

ten vorschreibt. Die Versicherer bleiben unabhängig

Dabei handelt es sich um Versicherungsverträge,

davon und in jedem Fall für die Erfüllung ihrer Iden-

bei denen die Prämie in Form eines Wertschrif-

tifikationspflichten verantwortlich. Die Mitteilung 9

tendepots eingebracht wird. Die entsprechenden

hat einige Fragen aufgeworfen. Nach Diskussionen

Produkte werden häufig über im Ausland lizenzierte

mit Vertretern der Banken- und Versicherungs-

Tochtergesellschaften von Schweizer Versicherern

branche präzisierte die FINMA die Pflichten der

vertrieben. Vielfach sind diese Produkte auf die

jeweils betroffenen Finanzintermediäre in der

zivil-, aufsichts- und steuerrechtlichen Anforderun-

FINMA-Mitteilung 18 vom 30. Dezember 2010 mit

gen des jeweiligen Wohnsitzlandes des Kunden

dem Titel «Behandlung von Lebensversicherungen

zugeschnitten und bieten diesem dadurch legale

mit separater Konto-/Depotführung»30. Diese neue

Steuerprivilegien. Es ist aber zu beachten, dass die

Mitteilung löste die Mitteilung 9 ab.31 In die neue

steuerrechtliche Privilegierung des Produkts nicht

Mitteilung flossen die mit der Mitteilung 9, die mit

zwingend einen Rückschluss auf die Steuerkon-

der gesamten Thematik der Insurance Wrappers

formität des Versicherungsnehmers selbst zulässt.

gewonnenen Erfahrungen sowie die in der Diskus-

Daneben gibt es auch Produkte, die den Anforde-

sion mit Branchenvertretern erlangten Ansichten

rungen an eine Lebensversicherung im Domizilland

ein. Die Mitteilung 18 bezweckt, einen angemesse-

des Kunden nicht genügen und deshalb steuerlich

nen Umgang mit solchen Produkten sicherzustellen.

nicht privilegiert behandelt werden. Zudem unterliegen sie auch dem Risiko der Rechtsänderung.

Angemessene Erfassung, Begrenzung

Zwar decken solche Versicherungen legitime und

und Überwachung der Risiken

nachvollziehbare Bedürfnisse ab, jedoch wird

Vorbehaltlich

spezifischer

Anforderungen

deren Vermittlung während sensitiver Phasen (bei-

des Versicherungsaufsichtsgesetzes statuiert das

spielsweise Steueramnestien) als besonders heikel

schweizerische Aufsichtsrecht keine direkte und

betrachtet. In solchen Fällen sind die Risiken einer

explizit formulierte Pflicht der Beaufsichtigten,

strafrechtlichen Teilnahme an Steuerdelikten der

ausländisches Recht einzuhalten. Dennoch können

Kunden zu berücksichtigen.

Verstösse gegen ausländische Vorschriften nach

Ein Produkt kann beispielsweise zur Verschlei-

Schweizer Aufsichtsrecht relevant sein und insbeson-

erung der wirtschaftlichen Berechtigung an Ver-

dere die Gewähr für eine einwandfreie Geschäfts-

vgl. http://www.finma.ch/d/finma/ publikationen/Documents/finmamitteilung-09-2010-d.pdf 30 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ finma-mitteilung-18-2010-d.pdf 31 Die FINMA widmete sich in einem Positionspapier besonders den beschriebenen Rechtsrisiken bei Versicherungsmänteln (vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ posi­tionspapier_rechtsrisiken_ d.pdf) 29

Jahresbericht 2010 | FINMA

39


tätigkeit infrage stellen. Vor allem aber verlangen

tungsgeschäfts sowie die damit verbundenen Risiken

die aufsichtsrechtlichen Organisationsvorschriften,

vertieft analysieren. Zum Analyseprozess gehört es,

dass alle Risiken, einschliesslich der Rechts- und

dass die Beaufsichtigten alle ihre Zielmärkte und die

Reputationsrisiken, angemessen erfasst, begrenzt

auf sie anwendbaren ausländischen Rechtsvorschrif-

und überwacht werden und ein wirksames internes

ten kennen. Sodann ist zu prüfen, ob die tatsächli-

Kontrollsystem aufgesetzt wird.

chen Aktivitäten rechtskonform sind. Zudem gilt es, die mit diesen Aktivitäten verbundenen Risiken zu erfassen. In einem weiteren Schritt sind geeignete

Die FINMA erwartet, dass das ausländische Aufsichtsrecht befolgt und für jeden Zielmarkt ein konformes Dienstleistungsmodell festgelegt wird.

Massnahmen zur Risikoeliminierung oder -minimierung zu treffen. Als Aufsichtsbehörde erwartet die FINMA, dass insbesondere das ausländische Aufsichtsrecht befolgt und für jeden Zielmarkt ein konformes Dienstleistungsmodell festgelegt wird.

Aus Sicht der FINMA ist es angesichts der Ent-

Die Umsetzung dieser Erwartungen wird in den

wicklungen der letzten Jahre unerlässlich, dass die

kommenden Jahren ein Schwerpunkt im laufenden

Beaufsichtigten die rechtlichen Rahmenbedingun-

Aufsichtsprozess der FINMA sein und sich letztlich

gen ihres grenzüberschreitenden Finanzdienstleis-

auch in der Enforcementpraxis niederschlagen.

Vergütungssysteme

32 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2010-01-d.pdf

40

Finanzinstitute werden nicht nur durch Kon-

FINMA auf den bestehenden Vergütungspraktiken

trollen, sondern auch durch Anreize gesteuert.

der bedeutendsten Banken und Versicherer. Gewicht

Am 1. Januar 2010 trat das FINMA-Rundschreiben

gab die FINMA auch den Vorbereitungen, welche

10/1 «Vergütungssysteme»32 in Kraft, das Min-

die Finanzinstitute im Hinblick auf die Anpassungen

deststandards für Vergütungssysteme bei Banken,

an das FINMA-Rundschreiben 10/1 vornahmen. In

Versicherungen, Effektenhändlern und weiteren

die wichtigen Gespräche bezog die FINMA jeweils

Marktteilnehmern festlegt. Diese Mindeststan-

den Vorsitzenden des Vergütungsausschusses oder

dards stimmen mit jenen überein, die 2009 vom

einen anderen Vertreter des Verwaltungsrats der

FSB erlassen wurden. Im Rundschreiben werden

Institute ein – dies ganz im Sinne des Rundschrei-

einerseits Anforderungen an den Verwaltungsrat

bens, das dem Verwaltungsrat eine zentrale Rolle

zur Ausgestaltung und Steuerung der Vergütungs-

zuschreibt.

systeme gestellt, andererseits wird gefordert, dass

Die Aufgabe der FINMA besteht nicht darin,

bei der Berechnung der Vergütung neben anderen

die Höhe der Vergütungen zu bestimmen, diese zu

Faktoren auch Leistung, Risiko und Kapital­

beschränken oder spezifische Kompensationsinstru-

verwendung einzubeziehen sind. Dabei sollen die

mente vorzuschreiben, sondern darauf zu achten,

Vergütungssysteme die von einem Finanzinstitut

dass die individuellen Regelungen mit dem nachhal-

beschäftigten Personen dazu veranlassen, den

tigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens im

langfristigen Erfolg des Instituts und dessen Stabi-

Einklang stehen. Die FINMA erwartet deshalb, dass

lität zu fördern. Institute, die vom Rundschreiben

der Verwaltungsrat keine Vergütungssysteme geneh-

betroffen sind, müssen dieses bis am 1. Januar 2011

migt, die eine unangemessene Risikoübernahme

vollständig umgesetzt haben.

Jahresbericht 2010 | FINMA

Im Jahr 2010 lag das Hauptaugenmerk der

fördern. In diesem Zusammenhang achtet die FINMA speziell darauf,


– wie die betroffenen Institute Entschädigungsentscheidungen treffen, – welche Corporate Governance in den Instituten herrscht,

Bereits vor der Umsetzungspflicht haben einige Unternehmen ihre Vergütungspraxis geändert, beispielsweise, indem Hebelwirkungen verringert, der Anteil aufgeschobener Auszahlungen erhöht und

– welche Leistungskriterien herangezogen werden,

die Komplexität der Vergütungsstrukturen insgesamt

– wie gut die Institute diese Kriterien anwenden

reduziert wurden. Es gibt auch Hinweise dafür, dass

und – welche Anpassungen die Institute vornehmen – dies angesichts vorhersehbarer Veränderungen

Unternehmen ihre Vergütungspolitik generell einer rigoroseren Governance und einem strengeren Risikomanagement unterwerfen.

in den Kapitalpositionen des Unternehmens, der Liquidität und der Profitabilität sowie angesichts anstehender Risikobelastungen.

Outsourcing und Datenschutz Die Problematik um das Outsourcing von Dienst-

mit ihren beiden Rundschreiben 08/7 «Outsourcing

leistungen im Finanzsektor und den Schutz der

Banken»33 und 08/24 «Überwachung und interne

Vertraulichkeit von Personendaten verschärfte sich

Kontrolle»34 zahlreiche Bestimmungen dazu.

in jüngster Zeit bei den Beaufsichtigten. Wegen der

Mit Schwerpunktprüfungen untersucht die

elektronischen Datenverarbeitung und der Verfüg-

FINMA die Umsetzung und Einhaltung der not-

barkeit grosser personenbezogener Datenmengen

wendigen Sicherheitskonzepte und Vorschriften

besteht die Gefahr, dass der Zugriff auf vertrauliche

intensiv. Der Detaillierungsgrad der gesetzlichen

Daten von Unbefugten missbraucht wird. Im Jahr

Vorgaben und anderen Regelungen wird seitens

2010 zeigte es sich auch, dass Datendiebstahl für

der Aufsichtsbehörde zurzeit noch als ungenügend

Unternehmen ein zunehmendes Risiko mit grossem

empfunden, um eine wirkungsvolle Datensicherheit

Schadenspotenzial darstellt.

zu gewährleisten. Die entsprechenden Anforde-

Da Outsourcing in der Regel für ein Unterneh-

rungen sollen daher weiter konkretisiert und deren

men mit Kostenvorteilen verbunden ist, kam es

Umsetzung sowie Einhaltung strenger kontrolliert

in jüngster Zeit zu einer vermehrten Auslagerung

werden.

– auch ins Ausland – von Daten und Datenverarbei-

Der unbefugte Umgang mit Daten einschliesslich

tung. Beim Outsourcing gilt der Grundsatz, dass der

Datendiebstahl steht nach dem Strafgesetzbuch35

Auftraggeber als Inhaber der Daten unverändert für

unter Strafe. Aus Furcht vor Reputationsschäden

die Daten verantwortlich bleibt. Er muss jederzeit

wird allerdings nicht jeder Datendiebstahl gemeldet.

über die Daten bestimmen können und sicherstel-

Täter fühlen sich dadurch oft vor Strafverfolgung

len, dass die Datenschutzbestimmungen eingehal-

sicher und nutzen ihr Erpressungspotenzial.

ten werden. Im Bankenbereich erliess die FINMA

33 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-07.pdf 34 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-24.pdf 35 Art. 143 ff. StGB

Jahresbericht 2010 | FINMA

41


Veröffentlichung von Daten und Markttransparenz Mit öffentlich zugänglichen Informationen

des

Versicherungsaufsichtsgesetzes

veröffent-

sowohl den Beaufsichtigten als auch den übrigen

licht die FINMA auf ihrer Website – zusätzlich zu

Marktteilnehmern einen Quervergleich und eine

den von den Versicherungsunternehmen selbst

bessere Risikoeinschätzung ermöglichen.

bereitgestellten Informationen – Daten über den

Im Jahr 2010 untersuchte eine Arbeitsgruppe

Versicherungsmarkt. Im Bankenbereich hingegen

verschiedener Fachexperten der FINMA die beste-

werden alle regulatorischen Offenlegungspflichten

henden Regelungen sowie die Möglichkeiten einer

von den beaufsichtigten Instituten selbst wahr-

erweiterten Veröffentlichung von Information.

genommen. Die SNB veröffentlicht ausserdem

Beurteilt wurde der Umfang der öffentlich zugäng-

Daten zum Bankensektor in aggregierter Form.

lichen Informationen über die beaufsichtigten

Insgesamt werden der Öffentlichkeit bereits heute

Unternehmen sowie über den Aufsichtsprozess.

zahlreiche Informationen zur Verfügung gestellt,

Gegenwärtig sind zwischen dem Banken- und dem Versicherungsbereich deutliche Unterschiede festzustellen. Dafür gibt es konzeptionelle Gründe:

42

Nach den besonderen gesetzlichen Regelungen

über die beaufsichtigten Institute will die FINMA

Jahresbericht 2010 | FINMA

die eine Beurteilung der Situation im Finanzsektor ermöglichen.


BANKEN UND EFFEKTENHÄNDLER

Grundlagen Allgemeine Situation im Bankensektor Die Finanzkrise stellte an die Banken hohe

Tiefe Erträge und kleine Zinsmargen Die Erträge aus der Vermögensverwaltung und

Anforderungen. Deren Bewältigung sowie weitere

der Anlageberatung liegen noch immer deutlich

mit den wirtschaftlichen und politischen Entwick-

unter den Werten vor Ausbruch der Finanzkrise.

lungen verknüpfte Herausforderungen führten bei

Unverändert tiefe Handelsvolumen sowie konser-

einzelnen Banken zur Überprüfung ihrer bisherigen

vative Anlagestrategien bei den Kunden wirken

Geschäftsstrategie.

sich direkt auf die Erträge aus. Zwischenzeitlich

Da das Bankkundengeheimnis in seiner bisherigen Form künftig kaum mehr durchsetzbar

können grösstenteils wieder Zuwachsraten ausgewiesen werden.

sein wird, überdenken die Banken ihre Geschäfts­

Bei den Retailbanken führen die anhaltend

modelle und passen diese – auch zur Vermeidung

rekordtiefen Zinsen zu grossen Wachstumsraten

von Reputationsrisiken – entsprechend an. Gerade

im Hypothekargeschäft. Aufgrund der Konkur-

im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungs-

renzsituation sind die Banken eher bereit, höhere

geschäft nahmen die Rechts- und Reputationsrisi-

Risiken einzugehen und tiefere Margen in Kauf

2010 deutlich zu. Wachstum durch Akqui-

zu nehmen.37 Dies schlägt sich direkt in tieferen

sitionsstrategien verursacht infolge regulatorischer

Zinserträgen nieder. Dabei müssen sich die Banken

Unsicherheiten zusätzliche Risiken.

darauf einstellen, dass die erzielbaren Margen über

ken

36

Bei  ihrer Neuausrichtung versuchen insbeson-

längere Zeit auf ausserordentlich tiefem Niveau

dere kleinere Banken, in Nischenmärkte vorzustos­

verharren könnten. Gleichzeitig lässt sich wegen

sen. Dabei betreiben sie vermehrt auch Geschäfte,

der starken Nachfrage nach Festhypotheken

für die ihre organisatorischen Strukturen, das Risi-

ein deutlicher Anstieg der Zinsänderungsrisiken

komanagement und die internen Kontrollsysteme

beo­bachten. Die Absicherung der Banken gegen

nicht angemessen sind. Andere Banken verstärken

einen starken Anstieg der Zinssätze belastet ihre

ihr Engagement im Onshore-Geschäft und verzich-

Erfolgsrechnung zusätzlich. Auch die nach wie vor

ten dafür auf Tätigkeiten in Ländern ohne Präsenz

sehr tiefen Wertberichtigungs- und Rückstellungs-

vor Ort. Der Konzentrationsprozess bei den grenz-

quoten werden sich bei einer Verschlechterung

überschreitend tätigen Vermögensverwaltungs-

der wirtschaftlichen Situation in der Schweiz

und Handelsbanken wird zweifellos weitergehen.

nicht halten lassen. Deshalb ist bei zunehmenden Ausfallwahrscheinlichkeiten im Kreditmarkt mit zusätzlichen Gewinneinbussen zu rechnen. Umso wichtiger ist in dieser Situation eine komfortable Eigenkapitalausstattung über das gesetzliche und regulatorische Minimum hinaus.

vgl. Kap. «Zunahme der Rechtsund Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft», S. 38 37 vgl. Kap. «Situation im Hypothekarmarkt», S. 16 36

Jahresbericht 2010 | FINMA

43


Regulierung Kapital- und Liquiditätserfordernisse

Finanzmärkten nicht mehr refinanzieren. Die neuen

Im Bereich der Kapital- und Liquiditätsanforde-

Vorschriften verlangen nun, dass die Banken über

rungen für Banken standen für die FINMA im Jahr

ausreichend Liquidität verfügen, um die in diesem

2010 drei Regulierungsthemen im Vordergrund:

Szenario geschätzten Abflüsse während mindestens

– Per 30. Juni 2010 trat das neue Liquiditätsregime

eines Monats decken zu können. Dies gewährt der

für die beiden Grossbanken in Kraft. – Hinsichtlich

der

Kapitalvorschriften

betroffenen Bank und den Behörden die minimal leitete

notwendige Zeit, um weitere Massnahmen einzu-

die FINMA in erster Linie von geplanter und

leiten und die Krisensituation zu stabilisieren. Die

zwischenzeitlich

Regulierung

neuen Liquiditätsanforderungen sind antizyklisch

im internationalen Kontext Massnahmen ab,

ausgestaltet: In wirtschaftlich guten Zeiten soll ein

beschlossener

namentlich von den Marktrisikovorschriften des

Liquiditätspuffer aufgebaut bzw. gehalten werden,

BCBS («Basel 2.5»).38

der sich in einer Stresssituation einsetzen lässt. Die

– Darüber hinaus veröffentlichte die FINMA ein

beiden Grossbanken müssen den Nachweis, dass

Diskussionspapier zur «Anpassung der Eigen-

sie die Anforderungen erfüllen, im Rahmen eines

mittelanforderungen unter der Säule 2 und

monatlichen Reportings erbringen.

Einführung einer Leverage Ratio»39 und stellte den Erlass eines Rundschreibens in Aussicht.

Die vom BCBS Ende 2010 finalisierten internationalen Liquiditätsmindeststandards dürfen dabei nicht als Substitut für die eigens auf die Beson-

Neues Liquiditätsregime

derheiten einer systemisch relevanten Bank in der

für Schweizer Grossbanken

Schweiz ausgerichteten Anforderungen angesehen

Im Bereich der Liquidität erkannte die FINMA

werden. Sie sind aber methodisch mit dem Schwei-

seit längerer Zeit dringenden Handlungsbedarf,

zer Ansatz kompatibel. Das unterstellte Szenario ist

was die Liquiditätsvorschriften, insbesondere für die

jedoch weniger konservativ. Die SNB und die FINMA

Grossbanken, betrifft. Das bisherige schweizerische

prüfen den Abstimmungsbedarf dieser Regulierung

Liquiditätsregime konnte für grosse und komplexe

hinsichtlich der internationalen Standards, die ab

international tätige Bankenkonzerne die geforderte

2015 bzw. 2018 in Kraft treten. Insbesondere die

Krisenresistenz nicht genügend sicherstellen. Des-

Einführung einer Net Stable Funding Ratio könnte

halb erarbeiteten die SNB und die FINMA in enger

den Schweizer Ansatz mit einem strukturellen

Zusammenarbeit mit den betroffenen Grossbanken

Liquiditätsmass für den Einjahreshorizont sinnvoll

ein neues Liquiditätsregime, das per 30. Juni 2010 in

ergänzen. Die Liquiditätsvorschriften für die Nicht-

Kraft trat. Das neue Regime beruht auf folgendem

Grossbanken werden voraussichtlich parallel zu den

Konzept: Die SNB und die FINMA definieren ein

internationalen Vorschriften eingeführt.

allgemeines Stressszenario und geben die relevanten Parameter vor. Die Grossbanken bestimmen die unter diesem Szenario zu erwartenden Zu- und Abflüsse.

vgl. Kap. «Fragen der internationalen Bankenregulierung», S. 28 39 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Documents/ diskussionspapier-saeule-2-beikmb-20100618-d.pdf 38

44

Marktrisiken und Verbriefungen Die Finanzkrise führte eindrücklich Defizite im regulatorischen Bereich vor Augen, namentlich die

Das Szenario geht von einer allgemeinen

viel zu tiefe Eigenmittelunterlegung von Marktrisi-

Stresssituation auf den Finanzmärkten sowie

ken und Verbriefungen. Diese nicht risikoorientierte

einem

Vertrauensverlust

Unterlegung begünstigte im Vorfeld der Krise den

der Gläubiger gegenüber der Bank aus: Verunsi-

Aufbau grosser Risikopositionen bei weiterhin genü-

cherte Einleger ziehen ihr Geld zurück. Die Bank

genden Kapitalkenngrössen (BIS-Ratios). Das BCBS

kann sich auf dem Interbankenmarkt und an den

hatte diese Entwicklungen vor Ausbruch der Krise

Jahresbericht 2010 | FINMA

grossen

spezifischen


erkannt und bereits Reformarbeiten eingeleitet,

des Interbankengeschäftes, führte zur Verschärfung

aber diese kamen bekanntlich zu spät. Insbesondere

der bestehenden nationalen Regelungen und wurde

wenn man bedenkt, dass bis zur konkreten Umset-

mit der Anpassung des Rundschreibens 08/23

zung revidierter Basler Mindeststandards in natio-

umgesetzt. Die Regulierung erfolgte in Absprache

nales Recht mehrere Jahre vergehen. Für die dring-

mit dem SIF und der SNB.

lichsten ergänzenden Massnahmen veröffentlichte das BCBS im Juli 2009 sein revidiertes Regime zur

Diskussionspapier zur Anpassung der

Unterlegung von Marktrisiken und Verbriefungen.

Eigenmittelanforderungen unter der Säule 2

Ursprünglich für ein Inkrafttreten am Jahreswechsel

Zur Verbesserung der risikogerechten Kapital-

2010/2011 vorgesehen, wurde dessen Umsetzung

ausstattung startete die FINMA 2010 mit einem

überraschend um ein Jahr auf Ende 2011 verscho-

Diskussionspapier zur Anpassung der Eigenmittelan-

ben. Dies wurde im zweiten Quartal 2010 bekannt,

forderungen unter der Säule 2 eine weitere Initiative.

zu einem Zeitpunkt, als die von der FINMA geleitete

Gegenstand der geplanten Regulierung sind alle

nationale Arbeitsgruppe bereits die notwendigen

Banken, ausser den Grossbanken, für die stattdessen

Anpassungen auf Stufe der Eigenmittelverordnung

das Too-big-to-fail-Regime vorgesehen ist.

und zugehöriger Ausführungsbestimmungen in

Die Basel-II-Mindeststandards sehen zu Kapi-

Form von FINMA-Rundschreiben weitestgehend

talanforderungen und Kapitaladäquanz vor, dass

erarbeitet hatte. Die von dieser Revision hauptsäch-

Kredit- und Marktrisiken sowie operationelle Risiken

lich betroffenen Grossbanken waren Mitte 2010 in

nach regulatorischen Vorgaben bemessen und im

der Umsetzung der neuen Regulierung zudem bereits

Rahmen der sogenannten Säule 1 als Untergrenzen

weit fortgeschritten und verfügten über genügend

mit Eigenkapital zu unterlegen sind. Darüber hinaus

Eigenmittel, um die verschärften Vorschriften

müssen unter der Säule 2 alle für das betreffende

erfüllen zu können. Die FINMA sprach sich daher

Institut wesentlichen Risikoarten mit nach bankin-

dafür aus, am ursprünglichen Zeitplan festzuhalten

ternen Messmethoden zu bestimmendem Kapital

und die Beseitigung eines inhaltlich unbestrittenen

unterlegt werden. Die unter Säule 2 erforderliche

Regulierungsdefizits abweichend von den Basler

Unterlegung mit Eigenmitteln geht dabei über die

Beschlüssen nicht um ein Jahr weiter hinauszu-

Mindeststandards der Säule 1 hinaus.

schieben. Mit einem Beschluss von November 2010

Diese Sicherheitsmarge durch die Säule 2 soll

stimmte der Bundesrat diesem ursprünglichen Fahr-

gewährleisten, dass künftig jederzeit – selbst in

plan der revidierten Unterlegungsvorschriften für

schweren Krisen – die Mindestanforderungen nach

Marktrisiken und Verbriefungen zu und setzte die

Säule 1 eingehalten und darüber hinaus jene durch die

revidierte Eigenmittelverordnung auf den 1.  Januar

Mindestanforderungen nicht oder nur unzureichend

2011 in Kraft.

erfassten Risiken ausreichend gedeckt werden. Die

Die Revision der Eigenmittelverordnung wurde

Bank kann dabei für die Säule  2 neben einem indi-

ergänzt durch die Anpassung der vier FINMA-Rund-

viduellen Berechnungsmodell für die Bestimmung

schreiben 08/19 «Kreditrisiken Banken»40, 08/20

der Risiken auch einen von den Säule-1-Regelungen

«Markt­risiken Banken» , 08/22 «EM-Offenlegung

abweichenden Kapitalbegriff verwenden.

41

Banken»42 und 08/23 «Risikoverteilung Banken»43.

Um die Grundsätze des BCBS im Bereich Säule 2

Durch das überarbeitete Rundschreiben 08/20

zu konkretisieren, erstellte die FINMA im Juni 2010

mit

Unterlegungsvorschriften

als Beilage zu ihrer Mitteilung 1044 das erwähnte

erfolgte die Umsetzung in Schweizer Recht der

Diskussionspapier zur Anpassung der Eigenmittel­

neuen Basel- II-Standards der Säule 1 im Bereich

anforderungen unter der Säule 2 und Einführung

entsprechenden

der Marktrisiken. Eine neue EU-Richtlinie zu den

einer Leverage Ratio, in dem sie den Instituten die

Risikoverteilungsvorschriften, vor allem hinsichtlich

Motive und Grundzüge des neuen Eigenmittel­

vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-19.pdf 41 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-20.pdf 42 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-22.pdf 43 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-23.pdf 44 vgl. http://www.finma.ch/ d/finma/publikationen/ Documents/finma-mitteilung10-2010-d.pdf 40

Jahresbericht 2010 | FINMA

45


regimes ankündigte. Im Allgemeinen wurde in den

gewährleisten, mussten die für die Kategorisierung

Stellungnahmen der Banken die mit dem Säule-2-

bestimmenden Kriterien festgelegt werden. Die

Rundschreiben verfolgte Zielsetzung der FINMA

FINMA entschied sich für Bilanzsumme, verwaltete

begrüsst.

Vermögen, privilegierte Einlagen und erforderliche

Allerdings wurde darauf hingewiesen, dass die

Eigenmittel. Berechtigte Anliegen der beaufsichtig-

Forderung nach zusätzlichen Eigenmitteln unter der

ten Institute aus den Stellungnahmen zum Diskus-

Säule 2 mit dem Reformpaket nach Basel III und den

sionspapier sowie der Bezug zu den mittlerweile

Empfehlungen der Expertenkommission zur Limitie-

finalisierten Reformvorhaben unter Basel III werden

rung volkswirtschaftlicher Risiken von Grossunter-

in den Entwurf des FINMA-Rundschreibens zur

nehmen abgestimmt sein müsste. Die FINMA wird

Säule 2 einfliessen.

unter Berücksichtigung der zum Diskussionspapier eingegangenen Kommentare, der im Kern festste-

Weitere umfangreiche Regulierungsarbeiten

henden Reform der Eigenmittelanforderungen des

und Auswirkungen von Basel III

BCBS (Basel III) sowie der Empfehlungen der Expertenkommission einen Entwurf des Rundschreibens

gesehenen Regulierungen im Bereich Kapital und

zu zusätzlichen Eigenmitteln unter Säule 2 erstellen.

Liquidität werden in der Schweiz weitere umfang-

Dieser wird voraussichtlich im ersten Quartal 2011 in

reiche Anpassungen auslösen. Vonseiten der FINMA

eine öffentliche Anhörung gegeben. Das Inkrafttre-

ist geplant, das Basel-III-Regelwerk per 1. Januar

ten des Rundschreibens ist für Mitte 2011 geplant.

2013 in Schweizer Recht umzusetzen. Dies wird eine

Heute gilt bezüglich Säule 2 die bereits unter

Überarbeitung von bundesrätlichen Verordnungen

Basel I etablierte Praxis, wonach kleine und mittlere

sowie den zugehörigen Ausführungsbestimmun-

Banken pauschal einen Eigenmittelüberschuss von

gen der Aufsichtsbehörde (FINMA-Rundschreiben)

mindestens 20 Prozent über den Säule-1-Mindest-

erfordern. Betroffen sind davon in erster Linie die

anforderungen nach Art. 33 ERV einzuhalten haben.

Eigenmittelverordnung und die Bankenverordnung.

Darüber hinaus können bei Vorliegen besonderer

Die bereits mit der Umsetzung von Basel II befasste

Umstände weiterhin institutsspezifische Eigenmittel-

nationale Arbeitsgruppe wurde analog auch mit

zielzuschläge angeordnet werden. Mit Art. 34 ERV

den Umsetzungsarbeiten von Basel III betraut. Die

wurde der Grundsatz der zusätzlichen Eigenmittel

SNB, das SIF und die FINMA starteten im vierten

nach der Säule 2 ins schweizerische Recht übernom-

Quartal 2010 entsprechende Vorarbeiten.

men. Die vorhandenen Möglichkeiten sollen nun von

Basel III mit seinen Änderungen – insbesondere

der FINMA ausgeschöpft werden, um hinsichtlich

im Bereich der anrechenbaren Eigenmittel, der erfor-

der Eigenmittelanforderungen unter Säule 2 einen

derlichen Eigenmittel, der Liquidität und der Leverage

risikoorientierteren Ansatz anzuwenden. Dabei wer-

Ratio – wird in der Schweiz die Grossbanken stärker

den die betroffenen kleinen und mittleren Institute

treffen als die mittleren und kleinen Banken. Die

stärker nach Risikokategorien unterschieden. Die Höhe der zusätzlichen Eigenmittel unter

46

Die in den kommenden Jahren international vor-

Änderungen im Bereich der Liquiditäts­regulierung werden aber auch für zahlreiche weitere Institute

Säule 2 soll künftig aufgrund der entsprechenden

spürbar sein. Grundsätzlich sieht Basel III lange

Kategorisierung der Institute nach objektiven Krite-

Übergangsfristen vor, sodass die unmittelbaren Fol-

rien differenziert und degressiv festgelegt werden.

gen nach Einschätzung der FINMA für die Banken

Da das Scheitern eines grösseren Instituts entspre-

verkraftbar sein werden. Signifikante Verschärfun-

chend grössere Auswirkungen hat, muss dieses

gen im Bereich der anrechenbaren Eigenmittel wie

aus einer Risikosicht einen grösseren Risikopuffer

auch der für das OTC-Derivatgeschäft erforderlichen

aufweisen. Um die Vorherseh- und Nachvollziehbar-

Eigenmittel werden jedoch bereits mit Inkrafttreten

keit der zusätzlichen Eigenmittelanforderungen zu

von Basel III namentlich die Grossbanken erfahren.

Jahresbericht 2010 | FINMA


Änderungen des Bankengesetzes Das

laufende

Gesetzgebungsverfahren

die Gesetzesrevision insbesondere folgende Neuezur

Änderung des Bankengesetzes spricht folgende Themenkreise an:

rungen: – eine verfahrensrechtliche Beschleunigung des Sanierungs- und Konkursverfahrens, – die internationale Anwendbarkeit von Sanie-

Umgang mit nachrichtenlosen Vermögenswerten

rungsmassnahmen,

Nach einem längeren Prozess soll der Umgang

– die Regelung der Unwiderruflichkeit (Finalität)

mit nachrichtenlosen Vermögenswerten im Ban-

von Aufträgen, die in Zahlungs- und Abwick-

kengesetz geregelt werden. Dies beantragte der

lungssysteme eingebracht werden, sowie

Bundesrat dem Parlament in einer Zusatzbotschaft45 – die Möglichkeit der Übertragung einzelner von Oktober 2010. Mit einer einfachen Bestimmung

Bankdienstleistungen auf einen unabhängigen

wird den Banken die Möglichkeit gegeben, diese

Rechtsträger.

Vermögenswerte nach vorgängiger Veröffent­lichung zu liquidieren. Der Liquidationserlös soll dem Bund

Hervorzuheben ist ferner, dass die hoheitliche

zufallen, wobei die Ansprüche von Berechtigten,

Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital (Debt

die sich auch auf die Publikation hin nicht gemeldet

Equity Swap) als Sanierungsmassnahme ausdrücklich

haben, erlöschen.

in das Gesetz aufgenommen wird.

Verstärkung des Einlegerschutzes

Bankensanierungsverordnung

sowie der Sanierungs- und Insolvenzregeln

Der Bedarf nach einer eingehenderen Regu-

Im Parlament hängig ist zudem eine Vorlage

lierung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen

zur Verstärkung des Einlegerschutzes sowie der

des Sanierungsrechts für Banken ist seit Längerem

Sanierungs- und Insolvenzregeln (Botschaft46 von

ausgewiesen. Die Finanzkrise zeigte die Bedeutung

Mai 2010). Die Bundesversammlung beschloss am

des Sanierungsrechts und des Sanierungsverfahrens

19.   Dezember 2008 in einer dringlich erklärten

auch für systemrelevante Banken. Die FINMA bereitet

Gesetzesänderung Sofortmassnahmen zur Verstär-

deshalb in einer gemischten Arbeitsgruppe unter

kung des Schutzes der Bankeinlagen. Diese gelten bis

ihrer Leitung eine Bankensanierungsverordnung

Ende 2012 und sollen nun ins Dauerrecht überführt

vor. Die in den eidgenössischen Räten diskutierte

werden. Dabei geht es in erster Linie um

Revision der Insolvenzbestimmungen des Banken-

– die Anhebung der privilegierten Einlagen auf

gesetzes sieht eine Befugnis der FINMA vor, die für

100 000 Schweizer Franken pro Kunde, – die Deckung dieser Einlagen zu 125 Prozent mit inländisch belegenen Aktiven, – die Erstreckung der Sofortauszahlung auf alle privilegierten Einlagen sowie – die Anhebung der Systemobergrenze auf sechs Milliarden Schweizer Franken.

die Durchführung des Sanierungsverfahrens notwendigen Anordnungen und Verfügungen zu erlassen. Diese Norm entspräche dem geltenden Art.  34 Abs. 3 BankG, der die Grundlage der geltenden Bankenkonkursverordnung der FINMA bildet. Die geplante Bankensanierungsverordnung soll primär verfahrensrechtliche Bestimmungen enthalten. Die Regulierung im Bereich der Sanierung ist allerdings

Von einem vorfinanzierten Fonds unter staatlicher Beteiligung wurde jedoch abgesehen.

komplex. Ein Sanierungsverfahren kennt, anders als das Konkursverfahren, keinen strikt standardisierten Ablauf. Die Regulierung muss den notwendigen

In derselben Vorlage ist eine Revision des

Handlungsspielraum der FINMA wahren, aber

Sanierungsverfahrens und der Insolvenzregeln im

zugleich dem Bedürfnis nach Voraussehbarkeit und

Bankengesetz enthalten. In dieser Hinsicht umfasst

Bestimmtheit genügen.

45 46

BBl 2010 7495 BBl 2010 3993

Jahresbericht 2010 | FINMA

47


Corporate Governance und interne Kontrolle Die Geschäftsführung und die Verantwortlichen

Ein für alle Beaufsichtigten geltendes CorporateGovernance-Rundschreiben ist in Vorbereitung und

für das Risikomanagement beeinflussen massgeblich,

soll 2011 erlassen werden. Darauf aufbauend kann die

wie gut und konsequent die entsprechende Bank

Verbesserung der Aufsicht über die Corporate Gover-

oder das jeweilige Versicherungsunternehmen die

nance in Angriff genommen werden. Der Ansatz bleibt

Corporate-Governance-Vorschriften

ein integrierter, soll aber noch systematischer auf die

umsetzt.

Die

Anstrengungen der FINMA, die Corporate Gover-

zuständigen Schlüsselorgane und -funktionen sowie

nance der beaufsichtigten Institute zu verstehen, zu

die einschlägigen Prozesse und Kontrollen ausgerichtet

beurteilen und zu überwachen, sind deshalb ein wich-

sein. Corporate-Governance-Analysen werden regel-

tiger Schritt im Bestreben, Effizienz und Effektivität

mässiger Teil der Überwachung durch die FINMA. Die

von Regulierung und Aufsicht zu steigern.

daraus gewonnenen Erkenntnisse dienen als zusätzli-

Unter diesen Vorzeichen werden zurzeit alle für

ches Mittel, um die risikobasierte Aufsicht umzusetzen.

die beaufsichtigten Institute geltenden Corporate-

Im Versicherungsbereich kommt die FINMA diesem

Governance-Rundschreiben und -Regulierungen

Anliegen mit dem Swiss Qualitative Assessment (SQA)

überprüft. Dabei soll festgelegt werden, in welchen

nach, das zurzeit weiterentwickelt wird.47

Bereichen ein harmonisierter Ansatz sinnvoll ist.

Bewilligungen Bewilligungen Banken und Effektenhändler

Anwärtern, die sich innerhalb der Übergangsfrist als

Trotz der Finanzkrise wurden auch 2010 Bewil-

Devisenhändler gemeldet hatten, schliesslich nur

ligungen nachgefragt. Insgesamt konnte sieben

zwei Institute die erforderliche Bewilligung als Bank.

neuen Banken eine Bewilligung erteilt werden.

Die Regulierung der Devisenhändler vermochte

Entgegen einiger Darstellungen in den Medien kam

somit deren spekulatives und missbrauchsanfälliges

es nur zu wenigen Gesuchen aus Schwellenländern.

Geschäftsmodell wirksam einzudämmen und den

Die FINMA wurde zwar verschiedentlich mit solchen

Ruf des Finanzplatzes zu stärken.

Projekten konfrontiert, sie war aber nicht bereit, die

Die Anzahl bewilligter Effektenhändler ohne

Bewilligungshürde aufzuweichen und einen im euro-

Bankenstatus verharrt seit Jahren auf konstantem

päischen Vergleich leichteren Zutritt zum Schweizer

Niveau von rund 70 Einheiten. Bewilligt wurden

Finanzmarkt zu gewähren.

2010 drei kleinere Vermögensverwalter aus der

Zu den neu bewilligten Instituten gehören eine

Westschweiz und vier Zweigniederlassungen aus-

Tochterbank mit brasilianischem Konzernhinter-

ländischer Effektenhändler mit Haupttätigkeit im

grund, ein Dienstleister im Prepaid-Zahlungsverkehr

institutionellen Wertschriftengeschäft.

sowie zwei Finanzboutiquen mit Schwergewicht in der Vermögensverwaltung für eine ausgewählte

47

vgl. FINMA-Mitteilung 17 vom 29. Dezember 2010 mit Informationen zum geplanten SQA II (http://www.finma.ch/d/finma/ publikationen/Documents/ finma-mitteilung-17-2010-d.pdf)

48

Unterstellung der PostFinance

Kundschaft. Daneben beanspruchen zwei Effekten-

Die PostFinance ist als eigenständiger Geschäfts-

händler neu den Bankenstatus, um von den erweiter-

bereich innerhalb der Schweizerischen Post für

ten Geschäftsmöglichkeiten als Bank zu profitieren.

das

Geschäftsfeld

der

Finanzdienst­leistungen

Im Bereich Devisenhandel wurde 2010 nur noch

zuständig. In den vergangenen Jahren entwickelte

eine weitere Lizenz erteilt. Ein zweiter Gesuchsteller

sich die PostFinance zu einem bedeutenden

wurde von einer bestehenden Schweizer Bank

Finanzdienstleister im Schweizer Retailmarkt. Ihre

übernommen. Damit erlangten von den zahlreichen

Dienstleistungspalette umfasst heute ein breites

Jahresbericht 2010 | FINMA


Angebot an Produkten aus den Bereichen Zahlen,

Eigenmittel als auch im operativen Bereich über das

Sparen, Finanzieren, Anlegen und Vorsorgen. Der

gesetzliche Minimum hinaus. Aufgrund des gegen-

Handlungsrahmen von Post und PostFinance ist im

wärtigen Geschäftsmodells der PostFinance sowie

Postgesetz und der dazugehörigen Postverordnung

des Grundversorgungsauftrags im Zahlungsverkehr

geregelt. Mit der Revision der Postgesetzgebung

wird namentlich den Anforderungen an die zu hal-

wird eine rechtliche Neuorganisation der Post

tenden Eigenmittel, an die Risikobewirtschaftung,

angestrebt. Nach dem in der Wintersession 2010

Corporate Governance und Geldwäschereipräven-

von den eidgenössischen Räten verabschiedeten

tion ein hoher Stellenwert eingeräumt. Eine grosse

Postorganisationsgesetz ist die PostFinance in eine

Herausforderung stellt die durch den gesetzlichen

privatrechtliche Aktiengesellschaft auszugliedern.

Rahmen eingeschränkte Bilanzstruktur dar. Die

Damit werden die Voraussetzungen für eine FINMA-Unterstellung geschaffen. Der Einstieg in das Kreditgeschäft bleibt der PostFinance aber weiterhin verwehrt. Gestützt auf das Postorganisationsgesetz, beabsichtigt die PostFinance, bei der

Eine Bewilligung wird der PostFinance erst erteilt, wenn sie alle aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen umfassend erfüllt.

FINMA ein Gesuch um Erteilung einer Bankbewilligung einzureichen. Die FINMA beharrt auf einer aufsichtsrecht-

dadurch entstehenden Zinsänderungsrisiken müssen

lichen Gleichstellung der PostFinance mit den

aus aufsichtsrechtlicher Sicht angemessen bewirt-

übrigen beaufsichtigten Instituten und lehnt im

schaftet oder, wo notwendig, abgebaut werden. Die

Rahmen des Bewilligungsprozesses jeglichen auf-

Eckpunkte des künftigen Aufsichtsregimes wurden

sichtsrechtlichen Sonderstatus ab. Eine Bewilligung

der PostFinance mitgeteilt.

wird erst erteilt, wenn die zuständigen FINMA-

Die Post strebt – vor einer prudenziellen Unter-

Organe überzeugt sind, dass die PostFinance alle

stellung nach Bankengesetz – möglichst rasch eine

Voraussetzungen umfassend erfüllt.

Direktunterstellung unter die Geldwäschereiaufsicht

Im Hinblick auf die Gesuchstellung schuf die

der FINMA nach Geldwäschereigesetz an. Auch in

FINMA intern eine Projektorganisation, welche die

Bezug auf dieses Begehren vertritt die FINMA den

Begleitung der PostFinance im Bewilligungsprozess

Standpunkt, dass die Post – insbesondere bei der

erlaubt. Die FINMA arbeitete für die PostFinance

Geld- und Wertübertragung ins Ausland – hohen

einen allgemeinen Aufsichtsmassstab aus. Daraus

Anforderungen genügen muss.

werden die einzelnen regulatorischen Anforderun-

Neben der Überprüfung zur Einhaltung der

gen abgeleitet. Der angewendete Aufsichtsmass-

Bewilligungsvoraussetzungen ist das Unterstel-

stab orientiert sich an der Grösse, der Risikoneigung

lungsverfahren abhängig vom politischen Prozess.

sowie am Geschäftsmodell des Instituts. Die von

Erst mit der Ausgliederung in eine eigenständige

der FINMA festgelegten Anforderungen gehen

rechtliche Einheit kann von der FINMA eine Unter-

deshalb sowohl hinsichtlich der erforderlichen

stellung verfügt werden.

Jahresbericht 2010 | FINMA

49


Aufsichtspraxis Grossbankenaufsicht Die Intensität der Aufsicht über die Grossbanken

48

notwendig, verlangt die FINMA die Behebung von

war auch 2010 hoch. Neben den diversen regulato-

Schwachstellen, auch im Licht der Lehren aus der

rischen Initiativen wurde auch die laufende Aufsicht

Krise. Im gegebenen Umfeld, selbst wenn sich die

auf allen Stufen stetig erweitert. Schwerpunkte

Ertragslage stabilisiert hat, ist das genaue Verständ-

bildeten die Kapitalplanung, das Liquiditätsma-

nis der Risikonahme, des Verlustpotenzials und des

nagement sowie die Investment­banken und insbe-

Geschäftsmodells zentral. Die FINMA erachtet es

sondere deren Risikoentwicklung unter weiterhin

als besonders wichtig, die Reduktion der Eigenhan-

schwierigen Marktbedingungen. Das Instrument

delspositionen und deren Kontrolle zu überprüfen.

der Supervisory Reviews wurde weiter ausgebaut

Dabei spielen zahlreiche Aspekte eine Rolle, nicht

– dies mit dem Ziel, verstärkt Vergleiche zwischen

zuletzt die Sicherstellung einer hohen Bilanzliquidi-

den Grossbanken anzustellen, um Schwachstellen

tät sowie einer hohen Reaktionsgeschwindigkeit,

und Unterschiede in den internen Prozessen, in der

wenn Probleme auftauchen. So verlief das Jahr

Risikonahme sowie in den Ertragsquellen systema-

2010 ohne bedeutende Verluste auf neuen, sich als

tisch analysieren zu können. Beispiel dafür waren

illiquid herausstellenden Positionen.

die Tätigkeiten der Grossbanken in den Bereichen

Die enge Zusammenarbeit mit den wichtigsten

Emerging Markets oder im Einsatz von anteilge-

ausländischen Aufsichtsbehörden, der britischen

bundenen Lebens­versicherungen im Bereich der

Financial Services Authority (FSA) und der Federal

Vermögensverwaltung. Die Entlöhnungssysteme

Reserve Bank of New York, wurde fortgesetzt.

wurden ebenfalls einer Prüfung unterzogen. Insge-

Ergänzend dazu fanden sogenannte Supervisory

samt führte die FINMA im Rahmen der Grossban-

Colleges 48 statt, bei denen ein grösserer Kreis von

kenüberwachung elf Supervisory Reviews durch,

Aufsichtsbehörden mit dem obersten Manage-

die überwiegende Mehrzahl davon vergleichend,

ment der Grossbanken zusammentraf, um die

vgl. Kap. «Supervisory Colleges», S. 30

50

das heisst parallel bei beiden Grossbanken. Wo

Jahresbericht 2010 | FINMA


drängendsten Fragestellungen zu erörtern. Dies fördert das gemeinsame Verständnis für die globalen Belange der Grossbanken.

2010

wurden

beispielsweise

Supervisory

Reviews bei mehreren Instituten in verschiedenen Geschäftsfeldern durchgeführt. Aufgrund der

Quartalsweise Verlustpotenzialanalysen, basie-

gegenwärtigen Situation am Schweizer Hypothe-

rend auf zusammen mit der SNB entwickelten

karmarkt stand dabei der Bereich der privaten

Stressszenarien, sind eine wichtige Ergänzung des

Wohnbaufinanzierungen im Vordergrund.50 Mit

Aufsichtsinstrumentariums. Dabei wird überprüft,

diesem Aufsichtsinstrument verschafft sich die

ob die Grossbanken das Eintreten des Szenarios

FINMA einen eigenständigen Überblick über die

auffangen können, ohne dass die regulatorischen

Situation in einem bestimmten Bereich von einem

Minimalanforderungen

oder mehreren Instituten.

unterschritten

werden.

Weiter erlaubt die Analyse ein besseres Verständnis über die Verwundbarkeit der Banken in einzelnen Portfolien. Neben der Fortführung der bewährten Instrumente will die FINMA in den nächsten Jahren die folgenden Instrumente ausbauen, um die Effektivität

Aufsicht übrige Banken Auch die übrigen Banken wurden 2010 intensiv

der Aufsicht weiter zu steigern:

überwacht; einige Institute mussten eng begleitet

– verstärkte Zusammenarbeit mit den wichtigsten Aufsichtsbehörden

werden. Um die risikoorientierte Aufsicht noch aus-

– Ausbau der Supervisory Reviews (insbesondere als Vergleichsanalysen)

geprägter und auch künftig mit den knappen per-

– mehr sektorübergreifende und interdisziplinäre Bearbeitung von

sonellen Ressourcen sicherstellen zu können, opti-

wichtigen Fragestellungen

miert die FINMA derzeit die Aufsichtskonzepte . Je

– Analyse und Verbesserung von internen Geschäftsprozessen

49

nach Einteilung in eine Risikokategorie bzw. je nach institutsabhängigem Rating werden künftig neue Instrumente verwendet oder bestehende intensiver

Dies soll durch einen massvollen und gezielten Ressourcenausbau unterstützt werden.

eingesetzt.

49

50

vgl. Kap. «Aufsichtskonzepte», S. 34 vgl. Kap. «Situation im Hypothekarmarkt», S. 16

Jahresbericht 2010 | FINMA

51


VERSICHERUNGEN

Regulierung Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes Im Rahmen der zurzeit hängigen Revision des

Stundung und die Anordnung der Aufstockung des gebundenen Vermögens bis zur Höhe des Sollbe-

Bankengesetzes51 wurden auch die insolvenzrecht-

trags explizit in die exemplarische Aufführung von

lichen Regelungen im Versicherungsbereich überar-

sichernden Massnahmen in Art. 51 Abs. 2 VAG

beitet. Die Konkurseröffnung über Versicherungen erfolgt nach geltender Regelung im Versiche-

aufgenommen. Die Abstützung auf die allgemeine Massnahmenorm nach Art. 51 Abs. 1 VAG entfällt dadurch.

rungsaufsichtsgesetz im Rahmen eines komplexen Zusammenspiels von FINMA und ordentlichem Kon-

Schweizer Solvenztest und europäische

kursrichter. Wie das Beispiel der Spar- und Leihkasse

Solvenzregeln

Thun im Bankenbereich gezeigt hat, bewährt sich

Als neue Methode zur Beurteilung der Solva-

eine geteilte Zuständigkeitsordnung im Insolvenz-

bilität von Versicherungsunternehmen wurde am

recht nicht. Das Versicherungsaufsichtsgesetz soll

1. Januar 2006 mit dem total revidierten Versiche-

deshalb dahingehend geändert werden, dass die

rungsaufsichtsgesetz und der dazugehörenden

Kompetenz zur Abwicklung von Insolvenzverfahren

bundesrätlichen Aufsichtsverordnung der Schwei-

einheitlich auf die FINMA übertragen wird. Wie bei

zer Solvenztest (SST) eingeführt. Dabei wird die

den Banken sollen auch die Konkurse über Versiche-

finanzielle Situation der Versicherungsunternehmen

rungsunternehmen in die alleinige Zuständigkeit der

aufgrund des Verhältnisses zwischen den anrechen-

FINMA fallen.

baren Eigenmitteln (risikotragendes Kapital) und den

Die vorgesehenen neuen Normen in Art. 52 ff.

erforderlichen Eigenmitteln (Zielkapital) beurteilt.

VAG orientieren sich stark an der mittlerweile praxiser-

Letztere werden abhängig von den eingegangenen

probten Regelung im Bankenbereich. Als Grundlage

Risiken ermittelt.

für die Abwicklung eines Konkursverfahrens werden wie bis anhin die Normen des Bundesgesetzes über

Risikotragendes Kapital

Schuldbetreibung und Konkurs gelten. Diese stehen

Die grossen Lebens- und Schadenversicherer

jedoch unter dem Vorbehalt der künftig erweiterten

führen den SST seit 2006 durch, die übrigen seit

Konkursbestimmungen des Versicherungsaufsichts-

2008. Die Versicherungsunternehmen haben das

gesetzes. Hervorzuheben ist dabei Art. 54 Abs. 3

zur Bedeckung des Zielkapitals erforderliche risiko­

VAG, der die FINMA ermächtigt, vom Bundesgesetz

tragende Kapital innerhalb von fünf Jahren nach

über Schuldbetreibung und Konkurs abweichende

Inkrafttreten der Aufsichtsverordnung, das heisst

Verfügungen und Anordnungen zu treffen. Auf der

bis zum 1. Januar 2011, aufzubauen.52 Ab diesem

Grundlage dieser Delegationsnorm besteht für die

Zeitpunkt reichen sie die Ergebnisse des SST mit

FINMA insbesondere auch die Möglichkeit, analog

Stichtag 1. Januar jeweils spätestens am darauf-

zum Bankenrecht eine auf die Bedürfnisse von Ver-

folgenden 30. April ein. Für Versicherungsgruppen

sicherungen zugeschnittene Konkursverordnung zu

erfolgt die Berechnung des SST auf halbjährlicher

schaffen. Neu ist zudem in Art. 54d VAG vorgese-

Basis mit den Stichtagen 1. Januar und 1. Juli.

hen, dass die FINMA für die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Insolvenzmassnahmen nach Art. 166 ff. IPRG sowie für die Koordination mit ausländischen Insolvenzverfahren zuständig ist.

Zielkapital und Minimalkapitalanforderung Der SST ist ein prinzipienbasiertes Aufsichtsinstrument, das einen Gesamtbilanzansatz vorsieht

51

Um allfällige Rechtsunsicherheiten zu vermeiden,

und auf marktnahen ökonomischen Bewertungs-

52

werden zudem bei den sichernden Massnahmen die

methoden beruht. Mit dem SST wird die finanzielle

vgl. Kap. «Änderungen des Bankengesetzes», S. 47 nach Art. 216 Abs. 4 Bst. d AVO

52

Jahresbericht 2010 | FINMA


Sicherheit eines Versicherungsunternehmens und

und arbeitsintensiv ist. Dasselbe gilt für den nach-

einer Versicherungsgruppe in Abhängigkeit der

folgenden Prüfprozess. Aus diesem Grund konnten

Risiken beurteilt, denen das Unternehmen ausge-

bis zum Ende der Übergangsfrist weniger interne

setzt ist. Das Zielkapital ist eine risikobasierte Kapi-

Modelle genehmigt werden als ursprünglich ange-

talanforderung und entspricht dem eigentlichen

nommen. Im Hinblick auf die fristgerechte Umset-

Solvenzkontrollniveau. Es soll alle quantifizierbaren

zung des SST per 1.   Januar 2011 wurde deshalb

Risiken des Versicherers widerspiegeln und Risiko­

eine Übergangslösung gefunden. Die FINMA teilte

minderungstechniken

das

jedem SST-pflichtigen Versicherungsunternehmen

berücksichtigen.

Ist

risikotragende Kapital grösser als das Zielkapital,

bis am 30. September 2010 mit, auf welcher Basis

bedeutet dies, dass ein Versicherungsunternehmen

das Zielkapital für den SST 2011 zu ermitteln ist: Stan-

über genügend anrechenbare Eigenmittel verfügt,

dardmodell, internes Modell oder Übergangsmodell.

um den durchschnittlichen Verlust bei einem soge-

Diese Mitteilung erfolgte in Form eines Aufsichts­

nannten 100-Jahr-Ereignis verkraften zu können.

briefes zusammen mit einer technischen Beilage,

Zusätzlich zum Zielkapital wird eine Minimalkapi-

welche die Begründung für die Modellwahl enthielt.

talanforderung festgelegt. Bei Unterschreiten dieser Anforderung werden regulatorische Massnahmen eingeleitet. Dies kann im Extremfall zum Entzug der Bewilligung führen.53

Immobilienrisikomodell Bereits seit einiger Zeit diskutieren einzelne Versicherungsunternehmen und die FINMA darüber, wie Immobilien im Rahmen des SST zu behandeln

Standardmodell, internes Modell

sind. Die Frage, inwiefern die Liegenschaftspreise

oder provisorisches Übergangsmodell

durch Zinsänderungen beeinflusst werden, wird

Der SST lässt zwei Methoden zur Berechnung des

dabei unterschiedlich beurteilt. Konsens herrscht

Zielkapitals zu: ein von der FINMA vorgegebenes Stan-

darüber, dass die Mietzinse mehr oder weniger

dardmodell54 oder, falls dieses der Risikosituation der

stabile Einnahmequellen darstellen, die – ähnlich

Gesellschaft zu wenig entspricht, ein teilweise oder

den Couponzahlungen von Obligationen – zur

vollständig internes bzw. unternehmensspezifisches

Bedeckung der laufenden Aufwendungen aus

Modell , das der FINMA zur Genehmigung vorge-

Lebensversicherungsverträgen verwendet werden

legt werden muss. In der FINMA-Mitteilung  1156

können. Uneinigkeit besteht allerdings darin,

vom 16. Juli 2010 kündigte die FINMA an, dass

inwiefern diese Zahlungsströme den Preis einer

sie das Standardmodell für Lebensversicherer neu

Liegenschaft beeinflussen. Eine signifikante lineare

55

definieren wird. Dieses ist unter dem Namen Delta-

Abhängigkeit zwischen den Immobilienpreisen

Gamma-Verfahren bekannt. Das Ziel dabei ist, die

und den Zinsen, wie von der Lebensversicherungs­

Nichtlinearitätseffekte besser zu erfassen, was mit

industrie gefordert, kann jedoch nicht nachgewie-

dem bisherigen Standardmodell nicht möglich war.

sen werden. Der Grund dafür ist möglicherweise

Solche Effekte treten insbesondere in Lebensver-

auf die Komplexität des Zusammenhangs zwischen

sicherungsportfolios auf, da die Verträge in der

diesen Risikofaktoren zurückzuführen, oder auch

Regel Renditegarantien oder Wahlmöglichkeiten

darauf, dass die Verbindung zwischen Zinsen und

für den Versicherungsnehmer, beispielsweise vor-

Immobilienpreisen nicht isoliert betrachtet werden

zeitigen Rückkauf, enthalten. Rund die Hälfte aller

darf. Vielmehr muss man davon ausgehen, dass

SST-pflichtigen Versicherungsunternehmen wird

die Zinseffekte durch andere preisbestimmende

jedoch ein (teilweise) internes Modell verwenden.

Variablen überlagert werden. Der Beweis, dass sich

Es handelt sich dabei oft um simulationsbasierte

Immobilien ähnlich wie Obligationen verhalten und

Risikomodelle. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die

sich für Duration-Matching-Zwecke verwenden

Entwicklung eines internen Modells äusserst zeit-

lassen, konnte nicht erbracht werden.

vgl. Kap. «Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes», S. 18 nach Art. 43 Abs. 2 AVO 55 nach Art. 43 Abs. 3 AVO 56 vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/ Documents/finma-mitteilung 11-2010-d.pdf 53

54

Jahresbericht 2010 | FINMA

53


Inkrafttreten von neuen Interventionsschwellen Die fristgerechte Umsetzung des SST wird zusätzlich durch die Folgen der Finanzkrise

bekannten Solvenzanforderungen vorerst in Kraft, wobei eine Abstimmung mit der Einführung von Solvency II in der EU verfolgt wird.

und die rekordtiefen Zinsen erschwert, was insbesondere die Lebensversicherer vor grössere Herausforderungen stellt, umso mehr als mit der

Neue Solvenzanforderungen in der EU Das Europäische Parlament und der Euro-

Umsetzung des SST auch die Bestimmungen von

päische Rat folgen den Regeln von Solvabilität I

Anhang 4 mit dem Titel «Interventionsschwellen»

ebenfalls. Es stellte sich aber auch in der EU her-

des FINMA-Rundschreibens 08/44 «SST»57 in

aus, dass eine grundlegendere und umfassendere

Kraft treten. Nach diesen Bestimmungen ist bei

Überprüfung der Solvenzanforderungen notwen-

einem risikotragenden Kapital unterhalb des Ziel-

dig war, unter Einbezug der gesamten Finanz- und Risikosituation der Versicherungsunternehmen. Dieses Projekt ist als «Solvency II» bekannt

Der Schweizer Solvenztest ist ein prinzipienbasiertes Aufsichtsinstrument, das einen Gesamtbilanzansatz vorsieht und auf marktnahen ökonomischen Bewertungsmethoden beruht.

und soll nach gegenwärtigem Wissensstand per 1.  Januar 2013 in allen ­EU-Mitgliedstaaten Solvenzanforderungen einführen, die auf das wirtschaftliche Risiko der Versicherungsunternehmen und Versicherungsgruppen direkt abstellen. Analog zu den Regelungen des SST werden die

kapitals, das heisst einer Solvenzquote von unter

neuen Solvenzanforderungen differenzierter sein,

100 Prozent, ein zur Verbesserung geeigneter

damit den tatsächlichen Risiken der einzelnen

Massnahmenplan vorzulegen und umzusetzen.

Versicherer besser Rechnung getragen werden

Bestimmte Entscheide, beispielsweise bezogen

kann. Die Solvency-II-Richtlinie, die neben den

auf Dividendenzahlungen oder auf die Zuteilung

eigentlichen Kapitalanforderungen auch weitrei-

von Überschüssen, müssen im genannten Fall von

chende Grundlagen der Versicherungsaufsicht

der FINMA genehmigt werden. Um einem solchen

EU-weit vereinheitlicht, wurde im April 2009 vom

Szenario vorzubeugen, ziehen viele (Lebens-)Ver-

Europäischen Parlament und im November 2009

sicherer stabilisierende Massnahmen in Betracht.

von den EU-Finanzministern verabschiedet.

Falls

ein

Versicherungsunternehmen

über

zu wenig risikotragendes Kapital verfügt, um

57 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-44.pdf

54

Drei-Säulen-Struktur von Solvency II

das Zielkapital zu bedecken, so kann es den

Solvency II beruht auf einer Drei-Säulen-

recht­mässigen Zustand herstellen, indem es das

Struktur. Die erste Säule enthält die quantitativen

verfügbare Kapital erhöht oder seine Risiken und

Anforderungen, zum einen die Solvenzkapitalan-

somit das erforderliche Kapital vermindert. Dabei

forderung (Solvency Capital Requirement), zum

können Kapitaleinschüsse, aber auch weitere Ins-

andern die Mindestkapitalanforderung (Minimum

trumente wie hybrides Kapital, Rückversicherung

Capital Requirement). Die Solvenzkapitalanfor-

und bis zu einem gewissen Grad Garantien von

derung kann entweder mit einer europäischen

gut kapitalisierten Gruppengesellschaften ein-

Standardformel oder mit firmeninternen Modellen

gesetzt werden. In begründeten Fällen kann die

ermittelt werden. Dabei sollen alle quantifizierba-

FINMA eine Frist von bis zu drei Jahren einräumen,

ren Risiken berücksichtigt werden. Bei Verstoss

um das Zielkapital mit risikotragendem Kapital zu

gegen die Mindest- bzw. Minimalkapitalanforde-

bedecken.

rung wird die Genehmigung entzogen.

Mit der definitiven Umsetzung des SST bleiben

In der zweiten Säule von Solvency II werden

die bisherigen unter dem Namen «Solvabilität I»

einerseits die Grundsätze und Methoden der Auf-

Jahresbericht 2010 | FINMA


sicht, andererseits die qualitativen Anforderungen

hörden verstärkt. Versicherungsgruppen wird es

an die Ausübung der Tätigkeit der Versicherungs-

zudem ermöglicht, gruppenweite interne Modelle

unternehmen festgelegt.

zu verwenden und Gruppendiversifizierungsvor-

Die dritte Säule schliesslich umfasst Vor-

teile zu nutzen.

schriften zur Berichterstattung und Offenlegung. Unternehmen werden bestimmte Informationen

Anerkennung der Gleichwertigkeit von

veröffentlichen müssen, die zur Marktdisziplin

europäischer und schweizerischer Aufsicht

beitragen und mithelfen, die Stabilität von

Die FINMA setzt sich dafür ein, dass die

Versicherern zu gewährleisten (Offenlegung).

schweizerische Versicherungsaufsicht gegenüber

Zudem werden die Unternehmen aufgefordert,

dem europäischen auf der Solvency-II-Richtlinie

ihren Aufsichtsbehörden darüber hinausgehende

beruhenden Aufsichtsregime als gleichwertig

Informationen

anerkannt wird. Das Schwergewicht der Prüfung

mitzuteilen

(aufsichtsbezogene

Berichterstattung).

liegt vor allem auf der Versicherungsgruppenauf-

Der SST und Solvency II stimmen in ihren

sicht einschliesslich der quantitativen und qua-

Grundprinzipien wie beispielsweise der marktna-

litativen Anforderungen. Ebenfalls geprüft wird

hen Bewertung von Aktiven und Passiven oder

die Aufsicht über die Rückversicherung, wobei

der

Solvenzkapitalanforderung

CEIOPS die schweizerische Rückversicherungsauf-

überein. Punktuell lassen sich aber Unterschiede

sicht im Februar 2010 bereits als gleichwertig zur

risikobasierten

in der Ausgestaltung von Einzelheiten ausmachen.

­EU-Rückversicherungsrichtlinie (in diesem Bereich eine Vorgängerrichtlinie zur Solvency-II-Richtlinie)

Regelungen für Versicherungsgruppen

anerkannt hat. Erfolgt die Äquivalenzanerkennung

Solvency II wird auch die Beaufsichtigung von

nach der Solvency-II-Richtlinie, würden schweize-

Versicherungsgruppen modernisieren und die

rische Versicherungs(sub)gruppen im EU-Raum

wirtschaftlichen Realitäten in den Strukturen und

nur von einer einzigen Aufsichtsbehörde, der

Abläufen der Gruppen anerkennen. Die neuen

FINMA, prudenziell überwacht.58 Der Entscheid,

Regelungen werden die Rechte des Gruppenaufse-

ob das schweizerische Aufsichtsregime gegenüber

hers stärken und dazu dienen, dass gruppenweite

­Solvency II als gleichwertig anerkannt wird, fällt

Risiken nicht vernachlässigt werden. Ebenso wird

jedoch voraussichtlich erst im Sommer 2012.

die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbe-

58

vgl. Kap. «Internationale Zusammenarbeit der Schweiz», S. 27

Jahresbericht 2010 | FINMA

55


Lebensversicherung Grundlagen Marktsituation

Erfolg zeigen. Damit sind zudem andere Risiken

Die tiefen langfristigen Zinssätze haben bei den

verbunden. So ist die anteilgebundene Lebens-

Lebensversicherern einen erheblichen Kapitalverzehr

versicherung ohne Garantien momentan wenig

und damit einen Substanzverlust zur Folge. Dies

attraktiv. Zusätzliche Garantieversprechen wie etwa

wirkte sich insbesondere auf ihren SST-Bedeckungs-

bei Variable Annuities ziehen jedoch neue Risiken

grad negativ aus. An den Kapitalmärkten wird

nach sich. Das hochvolumige, aber niedermargige

kurzfristig nicht mit einem deutlichen Zinsanstieg

Ummantelungsgeschäft ist mit erheblichen Rechts-

gerechnet. Vielmehr erscheint das Szenario einer

risiken verbunden, welche die erwirtschafteten

lang andauernden Tiefzinsphase zunehmend als

Erträge als unangemessen klein erscheinen lassen.60

realistisch. Zudem ist die (Wieder-)Anlage von Ver-

Erträge aus dem Auslandgeschäft werden ausser-

59

dem durch die gegenwärtige Frankenstärke negativ beeinflusst.

Die Lebensversicherungsunternehmen sind mit dem Zielkonflikt «Sicherheit versus Ertrag» konfrontiert.

Kapitalausstattung und Risikofähigkeit Bei einer schwachen Kapitalausstattung ist die Risikofähigkeit gegenüber Marktrisiken stark einge-

mögenswerten zurzeit mit grossen Unsicherheiten

schränkt. Mit Risikoabbau auf der Aktivseite versu-

behaftet. Die Lebensversicherungsunternehmen sind

chen einige Lebensversicherungen, das notwendige

dabei mit dem Zielkonflikt «Sicherheit versus Ertrag»

Zielkapital zu verringern und mit einer Verbesserung

konfrontiert. Mit einem Portfolio von auf Sicherheit

ihrer internen SST-Ansätze die Genauigkeit der

bedachten Anlagen ist es zurzeit sehr schwierig bis

Messung der effektiven Risiken zu erhöhen. Letz-

unmöglich, die notwendige Rendite zur Bedienung

teres führt häufig ebenfalls zu einer Reduktion des

der Verpflichtungen aus den laufenden Policen, die

erforderlichen Zielkapitals. In der Regel können

oft höhere Zinsgarantien aus früheren Perioden

aber keine Massnahmen zur echten Verstärkung

beinhalten, zu erwirtschaften. Der zusätzliche

des risikotragenden Kapitals festgestellt werden.

Aufbau von Kapital aus den Erträgen ist unmöglich.

Projekte zur Kostensenkung und Umstrukturierung

Die Versicherungsgesellschaften müssen vielmehr

des Vertriebs benötigen einige Zeit, um Wirkung zu

von ihrem Kapitalpolster zehren und haben dabei

zeigen.

wenig Spielraum, dem drohenden Substanzverlust entgegenzuwirken.

Die Möglichkeiten zur Verbesserung einer geringen SST-Bedeckung von Lebensversicherungsunternehmen gestalten sich bei den einzelnen

Geringe Wachstums- und Ertragsperspektiven sowie neue Risiken

vgl. Kap. «Herausforderungen des Tiefzinsumfeldes», S. 18 60 vgl. Kap. «Zunahme der Rechtsund Reputationsrisiken im grenzüberschreitenden Finanzdienstleistungsgeschäft», S. 38 59

56

Unternehmen unterschiedlich. Bei Tochtergesellschaften von ausländischen Konzernen sowie

Aufgrund der tiefen Zinsen ergeben sich im

bei gut kapitalisierten schweizerischen Versiche-

­traditionellen Lebensversicherungsgeschäft – infolge

rungsgruppen wird eine Kapitalverstärkung durch

der zurzeit geringen Attraktivität für Neukunden –

die Muttergesellschaft angestrebt. Bei anderen

nur beschränkt Wachstums- und Ertragsperspekti-

Lebensversicherungsunternehmen erreicht man die

ven. Die Anstrengungen, die Zinsabhängigkeit mit

höhere SST-Bedeckung über Kapitalmarkttransak-

nichttraditionellem Lebensversicherungsgeschäft

tionen oder mithilfe massgeschneiderter zeitlich

künftig zu senken, werden erst im Laufe der Zeit

gestaffelter Massnahmenpläne.

Jahresbericht 2010 | FINMA


Statistik der Lebensversicherungsunter­nehmen

– die Aufteilung auf der Basis der SST-Quotienten

zum SST 2010

vorgenommen wurde, wie die Lebensversiche-

Die nachfolgend aufgeführte Tabelle gibt einen

rer sie selbst gemeldet hatten, das heisst ohne

Überblick über die Verteilung der SST-Quotienten

Korrekturen durch die FINMA,

der Lebensversicherungsunternehmen, unterteilt

– die FINMA beim ziel- bzw. risikotragenden

in die vier Interventionsbereiche Rot, Orange,

Kapital Zu- bzw. Abschläge vornehmen wird

Gelb und Grün nach FINMA-Rundschreiben 08/44

(allerdings gibt es inzwischen deutliche Verbes-

«SST»61. Die Verteilung der SST-Quotienten wird mit

serungen in der Modellentwicklung, sodass der

der Rendite einer zehnjährigen Bundesobligation verglichen. Dabei ist zu beachten, dass

Umfang der Korrekturen abnimmt) und – Niederlassungen keinen SST durchführen, weshalb sie in dieser Tabelle nicht berücksichtigt sind.

Rendite zehnjährige Bundesobligation

Anzahl Lebensversicherer mit SST-Quotient in Interventionsbereichen

<33%

33% – <80%

80% – <100%

≥100%

1. Januar 2009

2,15%

0

7

3

11

1. Januar 2010

1,97%

0

3

3

15

Am 1. Januar 2011 betrug die Rendite einer zehnjährigen Bundesobligation 1,67 Prozent. Den

ben zu den SST-Quotienten wird die FINMA im April 2011 erhalten.

SST-Bericht 2011 mit den entsprechenden Anga-

Aufsichtspraxis Aufsicht über die Kollektivversicherung berufliche Vorsorge Mit der Offenlegung der Betriebsrechnungen der beruflichen Vorsorge bei Lebensversicherungs-

– Auf dem Gebiet der «Kollektivversicherung berufliche Vorsorge» ist betreffend Rechnungslegung und Geschäftsführung eine hohe Transparenz zu schaffen.

unternehmen informiert die FINMA die versicherten

– Den versicherten Vorsorgeeinrichtungen muss

Personen und die Öffentlichkeit über die Entwick-

der ihnen zugeteilte Anteil am erwirtschafteten

lung der Versicherungsunternehmen in diesem

Überschuss aufgezeigt und die Einhaltung der

Bereich.

damit verbundenen Mindestquote nachgewie-

Die Betriebsrechnungen erfüllen drei Aufgaben:

sen werden.

– Die Versicherungstätigkeit in der beruflichen Vorsorge («Kollektivversicherung berufliche Vorsorge»), einem Bereich der Sozialversicherung,

vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-44.pdf 62 vgl. http://www.finma.ch/ d/beaufsichtigte/versicherungen/ betriebsrechnung-bv/ Documents/BVG-Offenlegungsbericht-2009_d.pdf 61

BVG-Offenlegungsbericht der FINMA Der Bericht der FINMA zur Offenlegung der

soll vom übrigen Lebensversicherungsgeschäft

Betriebsrechnungen 2009 der beruflichen Vorsorge

abgegrenzt werden.

bei Lebensversicherungsunternehmen62 zeigt, dass

Jahresbericht 2010 | FINMA

57


die gesetzlichen Vorschriften durch die beaufsichtig-

der Verzinsung der Altersguthaben und hinsichtlich

ten Lebensversicherer eingehalten und die gesetz­

der Umwandlung der Altersguthaben in Rente für

liche Mindestquote für die unterstellten Kollektivver-

das BVG-Obligatorium.

sicherungsverträge in den rechenschaftspflichtigen

Die von der Aufsichtsbehörde durch die Offen­

Betriebsjahren 2005 bis 2009 stets übertroffen

legung über Jahre hinweg verfolgte Transparenz

wurden. Das niedrige Zinsumfeld und die schwie-

wirkt sich positiv auf das Verhalten der beaufsich-

rigen Kapitalmärkte stellen für die Versicherungs-

tigten Lebensversicherer aus. Wichtige Kennzahlen

unternehmen eine besondere Herausforderung

– zum Beispiel zu den Kosten, zur Ausschüttungs-

dar, um den Mindestvorgaben des Bundesgesetzes

politik und zu den Kapitalanlagen – zeigen Stärken

über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und

und Schwächen der Marktteilnehmer und erlauben

Invalidenvorsorge nachzukommen. Speziell heraus-

Konkurrenzvergleiche. Dies kommt letztlich den

gefordert sind die Versicherungs­unternehmen bei

Versicherten zugute.

Schadenversicherung Grundlagen Marktsituation In der Schadenversicherung hatten die Versiche-

die vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) beaufsichtigten Krankenkassen betrieben wird). Danach

rungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz 200963 folgen die Unfallversicherung (ohne die ebenfalls

63

einen schwachen Anstieg ihrer Prämieneinnahmen

vom BAG beaufsichtigte Suva), die Motorfahrzeug-

um 160 Millionen Schweizer Franken zu verzeich-

haftpflichtversicherung und die übrigen Motor-

nen. Im inländischen Geschäft wies das Prämienvo-

fahrzeugversicherungen mit Anteilen von je um die

lumen in den einzelnen Versicherungszweigen mit

zwölf Prozent. Die Solvabilität I ergibt sich aus dem

Ausnahme der Kredit- und Kautionsversicherung

Verhältnis zwischen verfügbarer und geforderter

(minus 15 Prozent) und der Rechtsschutzversiche-

Solvabilitätsspanne. Die Nicht-Lebensversicherer

rung (plus sieben Prozent) nur geringe Bewegungen

erreichten per Ende Dezember 2009 den Solvabi-

auf. Die Schadenzahlungen der Schadenversiche-

litätswert von 377   Prozent (Vorjahr: 324 Prozent).

rungsunternehmen im direkten Schweizer Geschäft

Neben einer leichten Reduktion der geforderten

konnten in allen Versicherungszweigen durch die

Solvabilitätsspanne um rund drei Prozent stiegen

Prämienerträge gedeckt werden. Der mittlere Scha-

die anrechenbaren Eigenmittel um 13 Prozent. Da

denquotient betrug 67 Prozent.

die Betrachtungen im SST auf der Basis der markt-

Der mit 37 Prozent weitaus grösste Anteil am

nahen Bewertung durchgeführt werden, sind hier

Prämienvolumen der Schadenversicherung wird in

im Berichtszeitraum stärkere Veränderungen zu

der privaten Krankenversicherung erreicht (ohne die

beobachten. Das Verhältnis zwischen risikotragen-

obligatorische Krankenversicherung nach Bundes­

dem Kapital und Zielkapital nahm in dieser Zeit von

gesetz über die Krankenversicherung, die durch

145 auf 233 Prozent zu.

Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz sind die beaufsichtigten Schadenversicherungseinrichtungen verpflichtet, ihre Berichterstattung der Aufsicht bis zum 30. April des Folgejahres einzureichen. Dementsprechend liegen die Daten per 31. Dezember 2010 erst im Mai 2011 vor.

58

Jahresbericht 2010 | FINMA


Regulierung Motion Bischofberger

und finanziell abgesicherten Betrieb des Versiche-

Mit einer Motion64 verlangt Ständerat Bischof-

rungsgeschäfts nicht gewachsen sind, sollten nicht

berger eine Änderung des Versicherungsaufsichts-

dadurch gelöst werden, dass sie von den Aufsichts-

gesetzes. Versicherungsgenossenschaften, die eng

pflichten entbunden werden. Ausnahmen sind

mit einem Verein oder Verband verbunden sind,

nach Art. 2 VAG daher nur in ganz engen Grenzen

sollen nach dieser Motion von der Versicherungs-

zulässig. Aufgrund des Versicherungsabkommens

aufsicht ausgenommen werden. Der Motionär

mit der EU sind Ausnahmen von der Aufsicht nur

begründet sein Begehren damit, dass die auf-

für Schadenversicherungsunternehmen möglich,

sichtsrechtlichen Vorschriften zum Mindestkapital,

deren jährliche Prämieneinnahmen drei Millionen

zum gebundenen Vermögen, zum Aktuariat, zur

Schweizer Franken nicht übersteigen. Richtiger-

externen Revision sowie zur Solvabilität bei diesen Versicherern zu unverhältnismässigem Aufwand und hohen Kosten führen. Der Bundesrat stellte sich klar gegen die Motion, die im Widerspruch zu zentralen Anliegen des Ver-

Das Schutzbedürfnis der Versicherten ist weder von der Grösse noch von der Struktur des Versicherungsunternehmens abhängig.

sicherungsaufsichtsgesetzes steht. Die FINMA teilt die Auffassung des Bundesrates. Die Motion führt als Problembereiche gerade jene Pflichten aus dem

weise müssten diese Unternehmen sich so orga-

Aufsichtsrecht auf, die als zentrale Voraussetzungen

nisieren, dass sie in der Lage sind, den rechtlichen

eines geordneten, den Interessen der Versicherten

Minimalanforderungen zu genügen oder sonst ent-

verpflichteten Versicherungsbetriebes gelten. Die

sprechende Konsequenzen zu ziehen. Die Motion

Unterstellung unter die Versicherungsaufsicht und

wurde entgegen dem Antrag des Bundesrates von

die entsprechenden Vorschriften des Versiche-

beiden Räten angenommen. Der Bundesrat wird

rungsaufsichtsgesetzes sollen sicherstellen, dass die

somit eine Änderung von Art. 2 VAG in die Wege

Versicherer die Leistungen an die Versicherten dau-

leiten. Die FINMA beaufsichtigt in der Schadenversi-

ernd erbringen können. Das Schutzbedürfnis der

cherung zurzeit vier genossenschaftlich organisierte

Versicherten ist grundsätzlich nicht von der Grösse

Versicherer, deren Prämieneinnahmen unter drei

oder der Struktur des Versicherungsunternehmens

Millionen Schweizer Franken liegen und die mit

abhängig. Probleme von Kleinstversicherern, die

der Umsetzung der Motion voraussichtlich aus der

dadurch entstehen, dass diese den aufsichtsrecht-

Aufsicht entlassen würden.

lichen Anforderungen an einen technisch korrekten

64

Motion 09.3965 «Versicherungsaufsichtsgesetz»

Jahresbericht 2010 | FINMA

59


Rückversicherung Grundlagen Marktsituation Die

bedeutender Gesellschaften. Die Schweiz entwickelt

Situation

der

Rückversicherungsgesell-

sich seit einiger Zeit von einem Standort mit einer

schaften in der Schweiz kann als stabil bezeichnet

dominierenden Rückversicherungsgruppe zu einem

werden. Kapitalbasis und Solvenz verbesserten sich

dynamischen Marktplatz mit einer bedeutenden

2009 stark und – von wenigen Ausnahmen abge-

Anzahl mittelgrosser, international sehr aktiver

sehen – weisen die professionellen Rückversiche-

Rückversicherungsgesellschaften.

65

rungsgesellschaften eine bedeutende Überdeckung

Neben Neubewilligungen von Rückversiche-

der SST-Ratio auf. Hingegen zeigen sich Tendenzen,

rungsgesellschaften siedelten sich in den letzten

dass – bedingt durch die Erhöhung der weltweiten

zwei Jahren auch weitere Rückversicherungsnieder-

Kapazitäten – das Preisniveau für Rückversiche-

lassungen, zum Teil von bekannten ausländischen

rungsdeckungen in vielen Märkten sinkt.

an. Diese werden von der FINMA nach heutigem

Rückversicherungen scheint ungebrochen. Dies

Recht nicht beaufsichtigt66, sofern sie in der Schweiz

trifft jedoch nicht für alle Gesellschaften zu und

nur die Rückversicherung betreiben. International

ist daher auch nicht direkt aus der Anzahl der

betrachtet, ist die Nichtbeaufsichtigung von Rück-

Beaufsichtigten ersichtlich. Im Bereich der Rückver-

versicherungsniederlassungen eher die Ausnahme.

sicherungscaptives wurden einige Gesellschaften

Diese Entwicklung des Schweizer Rückversiche-

mit sehr tiefem Geschäftsvolumen und – absolut

rungsmarktes wirft die Frage auf, ob und falls ja,

betrachtet – bescheidener Kapitalbasis aus der

wie solche Einheiten zu beaufsichtigen wären. Eine

Aufsicht entlassen, nachdem sie ihre Versicherungs-

Ausdehnung der Aufsicht bedingte allerdings eine

verpflichtungen vollständig abgelöst hatten. Deren

Gesetzesänderung.

Kapitalbasis war insgesamt tiefer als jene der 2010

Im Rahmen der Äquivalenz unter der Solvency-II-

einzigen neubewilligten Rückversicherungscaptive.

Richtlinie wird auch die Rückversicherungsregulie-

Im Jahr 2010 bearbeitete die FINMA Bewilligungs-

rung erneut beurteilt werden. Die Anerkennung ist

gesuche

für den Standort von zentraler Bedeutung.67

Nach Art. 25 Abs. 3 VAG sind die beaufsichtigten Rückversicherungsgesellschaften verpflichtet, ihre Berichterstattung der Aufsicht bis zum 30. Juni des Folgejahres einzureichen. Dementsprechend liegen die Daten zum Geschäftsjahr 2010 erst im Juli 2011 vor. 66 nach Art. 2 Abs. 2 Bst. a VAG 67 vgl. Kap. «Schweizer Solvenztest und europäische Solvenzregeln», S. 52 ff. 65

60

Rückversicherungsgesellschaften, in der Schweiz

Die Attraktivität des Standortes Schweiz für

Jahresbericht 2010 | FINMA

zur

professionellen

Rückversicherung


Krankenversicherung Grundlagen Marktsituation

ein automatisiertes Auswertungstool geschaffen,

Die FINMA beaufsichtigt 58 Krankenversicherer

das eine Verknüpfung von Daten aus dem FINMA

und Krankenkassen sowie vier Niederlassungen,

Insurance Reporting and Supervising Tool (FIRST)

welche die Krankenversicherung als Kerngeschäft

für das Zusatzversicherungsgeschäft, aus dem SST

anbieten. Weitere 17 Schaden- und Lebensversicherer vertreiben Krankenversicherungsprodukte als Nicht-Kerngeschäft. Insgesamt sind heute über 900 heterogene Produkte der Krankenzusatzversicherung auf dem Markt, die ein Prämienvolumen

Die Krankenversicherungsbranche erlebt eine fortschreitende Strukturbereinigung und Marktkonzentration.

von 8,6 Milliarden Schweizer Franken generieren. Die Branche erlebt eine fortschreitende Strukturbereinigung und Marktkonzentration durch Zusam-

sowie aus der obligatorischen Grundversicherung

menschlüsse.

herstellt. Die im Tool ermittelten Kennzahlen und

Im Bereich der Krankenversicherer war 2010

eingegebenen Parameter werden mit Benchmarks

viel in Bewegung. Das Gesundheitswesen ver-

verglichen. Zudem sind diverse Stresstests eingebaut

teuert sich stetig. Durchschnittlich steigen die von

und Kennzahlen werden über die Zeit verglichen.

den Krankenversicherern erbrachten Leistungen

Dieser einheitliche, standardisierte und weitgehend

um vier Prozent pro Jahr. Diese Entwicklung führt

automatisierte Analyseprozess hilft bei der Prob-

zwangsläufig zu höheren Tarifen, wobei bei vielen

lempriorisierung und unterstützt den Entscheid

Krankenversicherungen auch eine Verstärkung der

über eine intensivierte Aufsicht bei Gesellschaften

versicherungstechnischen Rückstellungen notwen-

mit Problemen. Als Nebeneffekt wird damit auch

dig ist. Im Jahr 2010 stand die zweite gewichtige

eine Plausibilisierung der im SST eingesetzten Para-

Prämienrunde in Folge an. Hinzu kommt die stark

meter und Bewertungen durchgeführt.

68

durch politische Einflüsse geprägte Entwicklung in

Die gezielt intensivierte Aufsicht äussert sich

der obligatorischen Grundversicherung, wo die Aus-

beispielsweise

wirkungen der Kostenspirale in der Vergangenheit

Kontrollen oder weitreichenderen Aufsichtsmass-

teilweise nur ungenügend auf die Prämien überwälzt

nahmen. Im Jahr 2010 wurden insgesamt bei zwölf

wurden. Der dadurch entstehende finanzielle Druck

verschiedenen Krankenversicherungen Vor-Ort-

in

Interimsreportings,

Vor-Ort-

auf die Krankenzusatzversicherung bei etlichen Kon-

Kontrollen durchgeführt. Bei drei Gesellschaften

zernen ist für die FINMA Gegenstand besonderer

musste ein Enforcementverfahren eröffnet werden,

Aufmerksamkeit. Quersubventionierungen werden

und in einem Fall wurde ein unabhängiger externer

nicht unterbunden, solange es sich dabei um die

Untersuchungsbeauftragter eingesetzt. Zudem

Verwendung eines erwirtschafteten risikogerechten

wurden gegen drei Gewährsträger Verfahren eröff-

Gewinnes handelt.

net, die zum Zeitpunkt der Berichterstattung noch

Zur Verbesserung der ökonomischen Gesamtüberwachung der Krankenversicherer wurde 2010

hängig waren.69 vgl. Kap. «Tarife der Kranken­ zusatzversicherung», S. 63 vgl. «Untersuchung bei der KPT: Fusion und Mitarbeiter­ beteiligungsprogramm» in Kap. ­«Weitere Verfahren gegen prudenziell beauf sichtigte Institute», S. 87 68

69

Jahresbericht 2010 | FINMA

61


Regulierung Rundschreiben «Krankenversicherung

der erwartete Gewinn in einem Missverhältnis

nach VVG»

zum übernommenen technischen Risiko steht.

Am 1. Mai 2010 trat das FINMA-Rundschreiben 10/3 «Krankenversicherung nach VVG»70 in Kraft. Das Rundschreiben konkretisiert den gesetzlichen Auftrag, wonach die FINMA im präventiven

Nach Aufsichtsrecht liegt auch bei einer versicherungstechnisch nicht begründbaren erheblichen Ungleichbehandlung, namentlich bei den Prämienabstufungen, Missbrauch vor.

Tarifgenehmigungsverfahren sicherstellen muss,

– Behandlung relevanter Fragen im Zusammen-

dass die Prämien in der Krankenzusatzversicherung

hang mit Finanzierungsverfahren und Rückstel-

nach Versicherungsvertragsgesetz weder solvenz­

lungsbildung: Das Finanzierungsverfahren muss

gefährdend noch missbräuchlich hoch sind. Die

so ausgestaltet sein, dass den Verpflichtungen

FINMA eröffnete am 1. September 2009 die öffent-

längerfristig nachgekommen werden kann.

liche Anhörung zum Entwurf des Rundschreibens.

Deshalb muss es gegenüber allen vorherseh-

27 Parteien reichten eine Stellungnahme ein. Die

baren Risiken, insbesondere dem Risiko einer

Inkraftsetzung erfolgte nach diversen Gesprächen

Änderung in der Bestandsstruktur, robust sein.

und Auseinandersetzungen mit Experten und Bran-

Die notwendigen versicherungstechnischen

chenvertretern.

Rückstellungen sind zu bewerten, transparent

Das vorliegende Rundschreiben regelt in grundsätzlicher Weise versicherungstechnische Fragen zur Tarifierung und zu den Rückstellungen. Dabei

auszuweisen und bei der Prämienfestlegung zu berücksichtigen. – Regelungen hinsichtlich der Bildung und Auf-

werden folgende Hauptpunkte angesprochen:

lösung von versicherungstechnischen Rückstel-

– Klärung von Unterstellungsfragen: In Ergänzung

lungen.

zum Gesetz definiert das Rundschreiben, welche Produkte der Genehmigungspflicht unter-

Das neue Rundschreiben verlangt somit von allen

stehen. Davon werden jene ausgeschlossen, bei

der FINMA unterstellten Krankenzusatzversicherern,

denen das Krankenversicherungsrisiko lediglich

dass aktuariell bestätigte versicherungstechnische

akzessorisch ist.

Grundlagen erarbeitet werden. Die Unternehmen

– Festlegung des zulässigen Rahmens bei der

müssen bis spätestens Ende April 2013 die kranken-

Tarifierung: Genehmigungsfähige Tarife müssen

versicherungstechnischen Teile der Geschäftspläne

die Anforderungen von Art. 38 VAG erfüllen.

revidieren und an die Anforderungen des Rund-

Das Rundschreiben präzisiert diesen Rahmen

schreibens anpassen. Einige Gesellschaften stehen

und verlangt, dass die Tarife die eingegangenen

aufgrund von seit Jahren vertriebenen Produkten

Verpflichtungen hinreichend decken und dass

mit garantierter Eintrittsalterstarifierung vor finan-

kein missbräuchlich hoher Gewinn entsteht.

ziellen Herausforderungen.

Missbrauch von Versicherten liegt vor, wenn

vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2010-03-d.pdf 70

62

Jahresbericht 2010 | FINMA


Aufsichtspraxis Tarife der Krankenzusatzversicherung Nach dem Versicherungsaufsichtsgesetz sowie

Versichertenstruktur besser auffangen zu können.

weiteren Aufsichtsregelungen sind die in der

Dies trifft besonders auch auf die Spitalzusatz-

Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversiche-

produkte der Versicherungen zu, bei denen sich

rung geltenden Tarife vor ihrem Inkrafttreten von

die Teuerung direkt auf die Prämien der Kunden

der FINMA zu genehmigen. Dies gilt ebenfalls für die Änderung geltender Tarife. Bis zum Ablauf der Einreichungsfrist am 31. Juli 2010 haben 43 private Versicherungsunternehmen oder Krankenkassen der FINMA Anpassungen ihrer Tarife in der Kranken-

Der Trend von 2009 setzt sich fort, die Tarife in der Krankenzusatzversicherung risikogerechter auszugestalten.

zusatzversicherung zur Genehmigung vorgelegt. Diese Anpassungen, die am 1. Januar 2011 in Kraft traten, betreffen 250 verschiedene Produkte,

auswirkt. Zudem gilt dies für die verschiedenen

die etwa 55 Prozent des Markts für Kranken­

Rabattsysteme, die besser auf die effektiven Kosten

zusatzversicherungen ausmachen. In einigen Fällen

abgestimmt werden.

wurden der FINMA auch Änderungen der Versicherungsbedingungen zur Genehmigung vorgelegt. Die Anzahl der Tarifanpassungen war 2010

Die vorgelegten Tarife müssen genehmigt werden, damit die Versicherten vor Missbrauch geschützt sind und die Tarife nicht die Solvenz

deutlich höher als in den Vorjahren, aber vergleich-

des Versicherungsunternehmens gefährden. Die

bar mit 2009. Mit den vorliegenden Anpassungen

Tarife wurden von der FINMA nach diesen beiden

setzt sich der Trend von 2009 fort, die Tarife risiko-

Gesichtspunkten überprüft.

gerechter auszugestalten, um Veränderungen der

Jahresbericht 2010 | FINMA

63


MÄRKTE UND FINANZINTERMEDIÄRE

Börsen- und Marktaufsicht Regulierung Änderung des Börsengesetzes betreffend

Ausweitung des strafrechtlichen Tatbestandes der

Börsendelikte und Marktmissbrauch

Kursmanipulation konnte sich die FINMA unter der

Die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates

Bedingung einverstanden erklären, dass dafür das

vom 13. Januar 2010 schlug – gestützt auf den

Aufsichtsrecht in der Vorlage konsequent ausgestal-

Bericht der vom Bundesrat eingesetzten Experten-

tet wird. Das heisst, es muss ein umfassendes Verbot

kommission Börsendelikte und Marktmissbrauch

aller bekannten Manipulationsformen vorliegen,

vom 29. Januar 2009 – eine materiell- und verfah-

die der Funktionsfähigkeit des Marktes und der

rensrechtliche Revision des Straf- und Aufsichtsrechts

Chancengleichheit der Investoren schaden können

im Bereich des Insiderverbots, der Kursmanipulation

(allgemeine Marktaufsicht). Ein Teilverbot, wie es

und der Offenlegung von Beteiligungen (sogenannte

die Variante der erweiterten Finanzmarktaufsicht

Börsendelikte) sowie des Marktmissbrauchs vor.

vorsieht, schützt den Markt und die Anleger nach Meinung der FINMA nicht ausreichend und birgt

Die Vorlage umfasst unter anderem

erhebliche Reputationsrisiken für den Effektenhan-

– einen neuen strafrechtlichen Tatbestand des

del in der Schweiz.

Insiderverbots, – die Überführung des Insiderverbots und der Kursmanipulation vom Strafgesetzbuch ins ­Börsengesetz sowie

Aufsichtsinstrument der Verwaltungsbusse Zur Durchsetzung der Marktverhaltensregeln gegen nicht prudenziell Beaufsichtigte bzw. Teil-

– die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft

beaufsichtigte forderte die FINMA die Einführung

und der Bundesgerichte für die strafrechtliche

des Aufsichtsinstruments einer Verwaltungsbusse.

­Verfolgung und Beurteilung der Börsendelikte.

Während im Bereich der unterstellten Institute und Personen das bestehende Massnahmeninstrumen-

Bezüglich des Aufsichtsrechts wurden die

tarium71 genügt und durchaus auch abschreckende

Vernehmlassungsteilnehmer aufgefordert, sich zu

Wirkung entfaltet, ist dies für die Teilbeaufsichtig-

äussern, ob sie die Einführung

ten, die keiner Zulassung oder Bewilligung bedür-

– einer sogenannt allgemeinen Finanzmarktauf-

fen, nicht der Fall. Hier könnte die FINMA bei einer

sicht bevorzugen, die ein Verbot für sämtliche

Verletzung der Aufsichtsregeln – zum Beispiel im

echten marktmanipulatorischen Transaktionen

Fall von Frontrunning – lediglich eine Feststellungs-

für nicht prudenziell Beaufsichtigte vorsieht,

verfügung erlassen, diese allenfalls veröffentlichen

oder

und den erzielten Gewinn einziehen. Alle anderen

– einer sogenannt erweiterten Finanzmarktauf-

Massnahmen stünden nicht zur Disposition. Des-

sicht, die nur auf einem Verbot von einigen

halb soll dem fehlbaren Teilbeaufsichtigten durch

ausgewählten echten marktmanipulatorischen

die Verwaltungsbusse ein Nachteil auferlegt werden

Verhaltensweisen für nicht prudenziell Beauf-

können, um dadurch eine präventive Wirkung zu

sichtigte beruht.

erzielen. Für die strafrechtliche Verfolgung und Beurtei-

Art. 33 ff. FINMAG und Art. 35a BEHG 71

64

Die FINMA sprach sich in ihrer Stellungnahme

lung der Börsendelikte befürwortete die FINMA

für die Überführung des Insiderverbots und

die Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft und

der Kursmanipulation vom Strafgesetzbuch ins

der Bundesgerichte, sprach sich aber gegen die

Börsengesetz aus. Mit dem Verzicht auf eine

Delegationskompetenz

Jahresbericht 2010 | FINMA

der

Bundesanwaltschaft


an die Kantone in einfachen Fällen aus. Ausserdem

Die Abgrenzungspraxis der FINMA von struktu-

forderte die FINMA eine klarere Abgrenzung von

rierten Produkten zu kollektiven Kapitalanlagen wird

Aufsichts- und Strafrecht. Im Offenlegungsrecht

in den FINMA-FAQ «Strukturierte Produkte» festge-

soll nach Meinung der Aufsichtsbehörde die

halten. Die angepassten FAQ wurden im Dezember

Zuständigkeit der Stimmrechtssuspendierung vom

2010 auf der FINMA-Website veröffentlicht.

Zivilrichter auf die FINMA übertragen und mit einem

Zur Vermeidung jeglicher Täuschungs- und

Zukaufsverbot ergänzt werden. Im Übernahmerecht

Verwechslungsgefahr hat der Emittent von struk-

hingegen soll die Übernahmekommission (UEK) die

turierten Produkten eine Etikettierungspflicht. Der

Stimmrechtssuspendierung sowie ein Zukaufsver-

Hinweis, dass das strukturierte Produkt weder eine

bot verhängen können.

kollektive Kapitalanlage ist noch der Bewilligung der

Strukturierte Produkte

turierten Produkten an prominenter Stelle auf der

Aufsichtsbehörde untersteht, muss bei allen strukDie FINMA fällte 2009 den Grundsatzentscheid,

ersten Seite des vereinfachten Prospekts sowie auf

dass die Abgrenzung von strukturierten Produkten

sämtlichen anderen Unterlagen – unter anderem auf

zu kollektiven Kapitalanlagen neu aufgrund einer

indikativen Termsheets und Offering Circulars – fett

formell-rechtlichen Beurteilung der Erfüllung der

gedruckt angebracht werden.

Begriffsmerkmale der kollektiven Kapitalanlage

Diese Neuausrichtung der Abgrenzungspraxis

erfolgen soll.72 Dazu wurde bei den Marktteilneh-

ermöglichte es der SIX Swiss Exchange, ein neues

mern und Anspruchsgruppen eine Anhörung durch-

Segment für Exchange-Traded Products (ETP) ein-

geführt. Eine eingehende Analyse der diesbezüglich

zuführen. ETP sind besicherte, auf Inhaber lautende

bei der FINMA eingegangenen Stellungnahmen

strukturierte Produkte, die als Effekten ausgegeben

zeigte, dass bei der Abgrenzung zwischen struktu-

werden. Sie bilden die Kursentwicklung eines

rierten Produkten und kollektiven Kapitalanlagen der

zugrunde liegenden Basiswerts unverändert oder

Übergang zur formell-rechtlichen Beurteilung sowie

gehebelt ab. Durch die Besicherung wird das Emit-

die Einführung der entsprechenden unmissverständ-

tentenrisiko minimiert. Die FINMA genehmigte die

lichen Etikettierungspflicht begrüsst werden.

entsprechenden Regularien.

Bewilligungen Zulassung von ausländischen Eigenhändlern als Börsenteilnehmer Ausländische Eigenhändler (Proprietary Traders)

und der Scoach Schweiz AG eingereicht. Darunter befanden sich fünf Anträge von nicht regulierten Eigenhändlern. Die aufsichtsrechtliche Bewilligung

werden im europäischen Raum nach der Markets

der FINMA zur Zulassung als Remote Member

in Financial Instruments Directive (MiFID)73 von

könnte, gestützt auf die Börsenverordnung75, aber

den zuständigen Aufsichtsbehörden nicht mehr

nicht erteilt werden, weil infolge nicht vorhandener

prudenziell überwacht.74 Sie werden allerdings auf

Aufsichtskompetenz keine ausländische Aufsichts-

europäischen Handelsplätzen uneingeschränkt zum

behörde die vorausgesetzte Aufsichtsbestätigung

72

Handel mit Wertschriften in eigenem Namen und

ausstellen kann. Die Nichtzulassung von auslän-

73

auf eigene Rechnung zugelassen. Bei der SIX Swiss

dischen Eigenhändlern würde für die SIX Swiss

Exchange wurden 2010 rund zwei Dutzend Zulas-

Exchange im internationalen Wettbewerb aber zu

sungsanträge von ausländischen Eigenhändlern zur

einem nicht unwesentlichen Konkurrenznachteil

Teilnahme am Handel an der SIX Swiss Exchange

führen. Angesichts der hart umkämpften Markt-

vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 65 Richtlinie 2004/39/EG des ­Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanz­ instrumente 74 nach Art. 2 Abs. 1 Bst. d der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente 75 nach Art. 53 BEHV

Jahresbericht 2010 | FINMA

65


anteile um Handelsvolumen, vor allem hinsichtlich

hoheitlichen Bestätigung haben die nicht regulier-

schweizerischer Blue Chips, aufgrund der starken

ten Eigenhändler eine Erklärung zu unterzeichnen,

Konkurrenz durch die europäischen Multilateral

mit der sie zur Einhaltung regulatorischer Auflagen

Trading Facilities (MTF) sowie wegen der von der

wie Melde- und Auskunftspflichten und Journal-

europäischen

führung sowie zu entsprechendem Marktverhalten

Rechtsentwicklung

inzwischen

überholten Bestimmungen von Art. 53 BEHV

verpflichtet werden.

wurde eine Praxisänderung eingeführt. Demnach

Diese Praxis für ausländische Eigenhändler

können nicht regulierte ausländische Eigenhändler

muss aber positivrechtlich verankert werden. Aus

als Remote Member vorläufig auch ohne die nach

Gründen der Gleichbehandlung ist eine analoge

Börsenverordnung erforderliche Bestätigung der

Regelung auch für schweizerische Eigenhändler

ausländischen Aufsichtsbehörde zum Handel an der

anzustreben. Regulierungsbestrebungen in diese

SIX Swiss Exchange zugelassen werden. Anstelle der

Richtung wurden deshalb angegangen.

Aufsichtspraxis SIX Swiss Exchange

weniger stark reguliert und verfügen nicht zuletzt

Die Revision des europäischen Finanzmarkt-

deshalb über eine schlankere Kostenstruktur und

rechts durch die MiFID löste im grenzüberschrei-

damit über einen Wettbewerbsvorteil. Zum andern

tenden Börsenhandel ökonomische Turbulenzen

fördern die europäischen Staaten und deren Auf-

aus. Insbesondere die Zulassung der MTF führte zu

sichtsbehörden die eigenen Handelsplätze gezielt.

einem massiv verschärften Wettbewerb unter den

In diesem harten internationalen Konkurrenzkampf

Handelsplätzen. Dies war auch bei der SIX Swiss

ist die SIX Swiss Exchange einerseits selbst gefordert,

Exchange spürbar: Sie musste einen markanten

andererseits ist im FINMAG76 festgelegt, dass die

Rückgang des Anteils am Handelsvolumen in

schweizerische Aufsichtsbehörde zur Stärkung der

europäischen Blue Chips hinnehmen. Wesentliche

Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz

Marktanteile gingen namentlich an MTF Chi-X in

beizutragen hat. Dabei geht es auch darum, das

London. Diese war Ende Jahr auf dem europäischen

schweizerische Recht und die entsprechende

Börsenmarkt volumenmässig der zweitgrösste Han-

Praxis an die europäische Rechtswirklichkeit her-

delsplatz, knapp vor der NYSE Euronext und hinter

anzuführen. Ein Beispiel dazu ist die Zulassung von

der London Stock Exchange. Bei den Abschlüssen

nicht regulierten ausländischen Eigenhändlern als

in europäischen Blue Chips lag Chi-X gar an erster

Börsenteilnehmer an der SIX Swiss Exchange.77 Hier

Stelle. Die SIX Swiss Exchange konnte hinsichtlich

ist allerdings infrage zu stellen, ob in der Schweiz

ihres Handelsvolumens im Vergleich zu 2009 ihren

bestehende strenge Aufsichtsregeln aus Wettbe-

sechsten Rang halten. Bei der Anzahl Transaktionen

werbsgründen und im Ringen um Standortvorteile

fiel die SIX Swiss Exchange im Vergleich zum Vorjahr

– verbunden mit entsprechenden Reputations­

vom achten auf den zehnten Rang zurück.

risiken – weiter aufgeweicht werden sollen, um im

Aufweichen von Aufsichtsregeln zugunsten der

schweizerischer Marktteilnehmer zu erhalten.

Vergleich zum EU-Recht die Wettbewerbsfähigkeit Wettbewerbsfähigkeit der Marktteilnehmer Art. 5 FINMAG vgl. Kap. «Zulassung von ausländischen Eigenhändlern als Börsenteilnehmer», S. 65 76

77

66

Im europäischen Umfeld wird der Wettbewerb

Interoperabilität

heute intensiv geführt. Zum einen sind die MTF im

Im Jahr 2010 richtete die SIX x-clear AG ihr

Vergleich zu den herkömmlichen Börsen generell

Hauptaugenmerk darauf, als Zentrale Gegenpartei

Jahresbericht 2010 | FINMA


Zugang zu ausländischen Börsen und MTF zu

Group Ltd, European Central Counterparty Limited

erreichen – dies durch Interoperabilität mit den

und European Multilateral Clearing Facility) unter-

ansässigen Clearinghäusern. Gestützt auf den

stützen. Die Regulatoren sind sich einig, dass das

europäischen Code of Conduct für Clearing und

gemeinsame Inter-CCP-Risiko-Modell nicht nur

Settlement, der in der Clearing- und Abwick-

den besonderen Risiken der Interoperabilität

lungsbranche als Verhaltenskodex gilt, geht es

­z wischen den Clearinghäusern Rechnung tragen

bei der Interoperabilität um die «Verlinkung»

muss, sondern auch im Einklang zu stehen hat mit

mehrerer Clearinghäuser für das Clearing von

– den Standards zur Interoperabilität des

Effektentransaktionen. Die Regulatoren78 der

Schweiz (SNB und FINMA), Grossbritanniens (FSA und Bank of England) und der Niederlande (Autoriteit Financiële Markten und De Nederlandsche Bank) hielten in einer gemeinsamen Erklärung fest, dass sie die Bestrebungen ihrer jeweiligen

European System of Central Banks Committee of European Securities Regulators und des

Committee on Payment and Settlement ­Systems der IOSCO

– sowie mit entsprechenden Entwicklungen in der Gesetzgebung der Europäischen Kommission.

Clearinghäuser ­(SIX x-clear AG, LCH.Clearnet

Ausblick Energiehandel Mit der Liberalisierung des Strommarktes nah-

rung im Zusammenhang mit der im September 2009 eingereichten Motion Rechsteiner80, nahm die

men in der Schweiz die Aktivitäten der Marktteilneh-

FINMA zusammen mit der ElCom und dem BFE im

mer im Stromhandel, insbesondere im Stromderiva-

Frühjahr 2010 eine Marktbeobachtung zu Risiken im

tehandel, spürbar zu. Dabei übersteigt das bilaterale

Energiehandel vor. Dabei wurden die zehn grössten

OTC-Geschäft der Schweizer Energiehändler hin-

schweizerischen Energieversorgungsunternehmen

sichtlich der erzielten Umsätze und Kontraktwerte

aufgefordert, zu ihren Markt- und Kreditrisiken im

die an Börsen getätigten Abschlüsse immer noch

Energiehandel Stellung zu nehmen. Anlässlich einer

deutlich. Die OTC-Geschäfte fallen nicht unter den

weiteren Fragerunde Ende September 2010 konzen-

Effektenbegriff nach Börsengesetz79 und werden

trierten sich die involvierten Behörden sodann auf

demzufolge nicht direkt von der FINMA reguliert

die drei grössten Energieversorgungsunternehmen

und überwacht. Um dennoch einen Überblick über

sowie auf vertiefte Fragestellungen zu den Risiken

die relevanten Marktteilnehmer und die involvierten

im Energie-Eigenhandel. Die Auswertung der Ant-

Risiken zu erhalten sowie als weiterführende Abklä-

worten war Ende 2010 noch nicht abgeschlossen.

Effektenhandelsaufsichts­ behörden und Zentralbanken Art. 2 Bst. a BEHG 80 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 66 78

79

Jahresbericht 2010 | FINMA

67


Übernahme und Offenlegung Grundlagen Verfahrensführung im Offenlegungsrecht

börsengesetzlichen Meldepflichten beim EFD

Die mit dem FINMAG per 1. Januar 2009 in

an, sofern ein begründeter Verdacht vorliegt. Sie

Kraft getretene Revision von Art. 41 BEHG führte

prüft im Einzelfall, zu welchem Zeitpunkt sie eine

neu die Sanktion von fahrlässigen Meldepflicht-

Anzeige erstattet. Grundsätzlich hat für die FINMA

verletzungen nach Art. 20 BEHG ein, was zu einer

die Abklärung des aufsichtsrechtlichen Sachverhalts

erheblichen Zunahme mutmasslicher Meldepflicht-

Priorität. Soweit die FINMA als Aufsichtsbehörde

verletzungsfälle bzw. -anzeigen führte. Vor diesem

also ein Interesse hat, vertiefte Abklärungen zu tref-

Hintergrund sowie im Rahmen ihrer Anzeigepflicht

fen, wird sie mögliche Meldepflichtverletzungen in

nach Art. 38 Abs. 3 FINMAG wird die FINMA ihre

der Regel erst nach Durchführung entsprechender

Praxis künftig verschärfen und wie folgt vorgehen:

Abklärungen anzeigen.

Die FINMA zeigt jede mögliche Verletzung von

Regulierung Offenlegungsrecht: Mandat zur Teilrevision der Börsenverordnung-FINMA Der Wortlaut von Art. 17 BEHV-FINMA, einer

– die Meldepflicht für Anlegerfonds oder kollektive Kapitalanlagen mit kleiner Investorenzahl (qualifizierte Anleger).

Sondernorm zur Meldepflicht schweizerischer und ausländischer kollektiver Kapitalanlagen, bereitet

81 82

mittelfristig

Schwierigkeiten. Probleme treten sowohl bei Inves-

erzielen lässt. Weiter sucht die FINMA mit Blick

toren als auch bei den für Einzelfragen zuständigen

auf die passive Meldepflicht nach Möglichkeiten,

Offenlegungsstellen auf und betreffen namentlich

um den Überwachungsaufwand für Investoren zu

– die Befreiung von der Pflicht zur Konsolidierung

senken. Geprüft wird eine standardisierte und zen-

eine

entsprechende

Verbesserung

im Konzernverhältnis bei schweizerischen kol-

trale Veröffentlichung der für die Berechnung der

lektiven Kapitalanlagen,

Grenzwerte notwendigen Parameter.81 Schliesslich

– die explizite Vorgabe einer Unabhängigkeitsbe-

evaluiert die FINMA eine Präzisierung des Wortlauts

scheinigung der zuständigen Aufsichtsbehörde

von Art. 20 BEHG für jene Investoren, die in einem

im Sitzstaat für ausländische kollektive Kapital-

ersten Schritt exakt einen Grenzwert erreichen und

anlagen sowie

diesen später über- oder unterschreiten.82

Art. 12 Abs. 2 BEHV-FINMA Art. 11 BEHV-FINMA

68

Die FINMA prüft daher, auf welche Weise sich

bei seiner Auslegung und Anwendung regelmässig

Jahresbericht 2010 | FINMA


Kollektive Kapitalanlagen Grundlagen Rahmenbedingungen und Entwicklungen

Mitteilungen83 sollen die Bewilligungsträger direkt

im Bereich kollektive Kapitalanlagen

und zeitnah über wesentliche Aufsichtsthemen,

Sowohl im Genehmigungsverfahren als auch bei

über aktuelle Aspekte der Aufsicht sowie über

der Überwachung ist der Informationsaustausch ein

internationale Entwicklungen informieren. In jenen

wesentlicher Faktor. Mit über 1 300 genehmigten

Mitteilungen veröffentlicht die Aufsichtsbehörde

inländischen und über 5 200 zum öffentlichen

zudem Statistiken über die Behandlungsdauer von

Vertrieb in oder von der Schweiz aus zugelassenen

Gesuchen. Diese Statistiken geben anonymisiert

ausländischen kollektiven Kapitalanlagen ist die

Auskunft

Zusammenarbeit zwischen Markt und Aufsichts-

(seitens des Gesuchstellers und seitens der FINMA)

behörde im Bereich der kollektiven Kapitalanlagen

von Gesuchen zu inländischen kollektiven Kapital-

besonders intensiv.

anlagen. Die Statistiken ermöglichen es der FINMA,

über

die

Gesamtbehandlungsdauer

mit Gesuchstellern, die überdurchschnittlich viel FINMA-Mitteilung «Kollektive Kapitalanlagen» Als Ergänzung zu den einzelnen Kontakten mit

Zeit benötigen, den Dialog über Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich der Behandlungsdauer

Marktteilnehmern veröffentlicht die FINMA seit

aufzunehmen. Die zahlreichen Reaktionen zeigen,

der Erstpublikation im April 2010 in regelmässigen

dass die neue Publikation bei den Marktteilnehmern

Abständen eine FINMA-Mitteilung mit dem Titel

auf grosses Interesse stösst und positiv aufgenom-

«Kollektive Kapitalanlagen». Die entsprechenden

men wird.

Regulierung Geltungsbereich des Kollektivanlagengesetzes

ist und die sowohl dem breiten Publikum als auch

im Bereich der Beteiligungsgesellschaften

qualifizierten Anlegern offenstehen kann. Für Publi-

Im Rahmen der Totalrevision des früheren Anla-

kums-SICAF war eine Kotierung an einer Schweizer

gefondsgesetzes war beabsichtigt, neue Rechtsfor-

Börse zwingend vorgesehen. Die Bestimmungen

men für schweizerische kollektive Kapitalanlagen

rund um die SICAF führten in den parlamentarischen

einzuführen. Neben der aus der europäischen

Debatten jedoch zu kontroversen Diskussionen,

Gesetzgebung bereits bekannten Investmentge-

nicht zuletzt auch hinsichtlich der Definition einer

sellschaft mit variablem Kapital (SICAV) waren dies

SICAF. Der Ständerat einigte sich schliesslich auf

die Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalan-

einen Kompromissvorschlag, dem in der Folge auch

lagen sowie die Investmentgesellschaft mit festem

der Nationalrat zustimmte. Dementsprechend sind

Kapital (SICAF).

SICAF nun Aktiengesellschaften nach Schweizer

Definition der SICAF

die kollektive Kapitalanlage ist, deren Aktionärinnen

Obligationenrecht, deren ausschliesslicher Zweck Im Entwurf zum Kollektivanlagengesetz wurde

und Aktionäre nicht im Sinne von Art. 10 Abs. 3

die SICAF als Aktiengesellschaft nach schweize-

KAG qualifiziert sein müssen und die nicht an einer

rischem Obligationenrecht definiert, deren aus-

Schweizer Börse kotiert sind.

schliesslicher Zweck die kollektive Kapitalanlage

83

vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/Seiten/ finma-mitteilungen.aspx

Jahresbericht 2010 | FINMA

69


Revisionsbedarf

weiten Geltungsbereich erhält. Die bisher mit der

Die geltenden Bestimmungen über die SICAF

Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen gesam-

sind grundsätzlich auch auf bereits vor dem Inkraft-

melten Erfahrungen zeigen, dass sich die daraus

treten des Kollektivanlagengesetzes gegründete

entstehenden Unklarheiten und teilweise sogar

Aktiengesellschaften anwendbar. In der Praxis

Widersprüche nicht nur durch die Entwicklung einer

stellte sich diese Anwendung allerdings als äusserst

Bewilligungspraxis beseitigen lassen, sondern dass

schwierig heraus, da klare Abgrenzungskriterien

vielmehr eine Revision der einschlägigen Gesetzes-

hinsichtlich einer Unterstellungspflicht fehlen und

bestimmungen notwendig ist.

das Kollektivanlagengesetz dadurch einen sehr

Bewilligungen Steigerung der Effektivität und Effizienz

Kollektive Kapitalanlagen

in der Aufsicht

im Immobilienbereich

Im Sinne einer Dienstleistung für die unterstell-

Im Jahr 2010 wurden vermehrt Gesuche für die

ten Bewilligungsträger hatte die Aufsichtsbehörde

Bewilligung bzw. Genehmigung von kollektiven

früher zum Teil Tätigkeiten vorgenommen, zu denen

Kapitalanlagen im Immobilienbereich eingereicht,

keine gesetzliche Pflicht bestand. Zur Steigerung

sowohl in der Form von offenen kollektiven Kapi-

der Effektivität und Effizienz in der Aufsicht über

talanlagen (vertragliche Anlagefonds und SICAV)

die kollektiven Kapitalanlagen verzichtet die FINMA

als auch in der Form von geschlossenen kollektiven

nun bei der Genehmigung von Produkten und

Kapitalanlagen (Kommanditgesellschaften für kol-

deren Änderungen so weit wie möglich auf solche

lektive Kapitalanlagen).

freiwilligen Tätigkeiten. Neben der Abschaffung der

Bei der Einreichung des Gesuchs obliegt es dem

Prüfung der Vorgesuche für nicht EU-kompatible

Gesuchsteller, nachzuweisen, dass das eingereichte

ausländische kollektive Kapitalanlagen (sogenannte

Produkt eine kollektive Kapitalanlage im Sinne von

Non-UCITS) und der Vereinfachung der Verfahren

Art. 7 Abs. 1 KAG darstellt. Kollektive Kapitalanla-

für ausländische UCITS III – unter anderem durch

gen sind Vermögen, die von Anlegern zur gemein-

die Abschaffung des Swiss Finish – verzichtet die

schaftlichen Kapitalanlage aufgebracht und für

FINMA nun auch bei vertraglichen Anlagefonds

deren Rechnung verwaltet werden. Die einzelnen

schweizerischen Rechts auf die Überprüfung von

Konstitutivelemente dieser Legaldefinition müssen

Prospekten und vereinfachten Prospekten bzw. auf

dabei kumulativ vorhanden sein.

deren Änderung sowie die vorgängige Prüfung von Fondsvertragsänderungen dieser Produkte.

70

Grundsatz der Fremdverwaltung

Solche Dienstleistungen verlängerten teilweise

Eines dieser Konstitutivelemente ist der Grund-

nicht nur die Verfahren, sondern führten auch

satz der Fremdverwaltung bzw. die zwingende Ver-

dazu, dass sich die Bewilligungsträger des Umfangs

waltung des Vermögens durch einen Dritten. Unter

ihrer Verantwortung nicht immer ausreichend

dem Kollektivanlagengesetz gilt dieser Grundsatz

bewusst waren. Parallel zum Verzicht auf solche

unabhängig von der Rechtsform der kollektiven

Dienstleistungen muss deshalb die Überwachung

Kapitalanlage. Deshalb muss der Gesuchsteller

– insbesondere hinsichtlich der Wahrnehmung

unter anderem nachweisen, dass die Anleger

der Verantwortung durch die Bewilligungsträger –

unter keinen Umständen in den Anlageentschei-

intensiviert werden.

dungsprozess eingreifen können. Bei kollektiven

Jahresbericht 2010 | FINMA


Kapitalanlagen im Immobilienbereich besteht aber

der kollektiven Kapitalanlagen dar und erfordert

je nach Ausgestaltung die Möglichkeit, dass Anleger

deshalb eine sorgfältige Abwägung von sämtlichen

in den genannten Entscheidungsprozess eingreifen,

mit dem konkreten Gesuch in Zusammenhang

da meist nur wenige Transaktionen getätigt wer-

stehenden Umständen. Aus diesem Grund kann die

den und die Anzahl der erworbenen Immobilien

FINMA beispielsweise auf anonymisierte Gesuche

beschränkt ist. Viele Gesuchsteller konnten denn

nicht eingehen, mit denen vorab oft die Abklärung

auch den Nachweis des Vorliegens einer Fremdver-

der Machbarkeit eines Projekts verlangt wird.

waltung im konkreten Fall nicht erbringen. Unterschied zwischen BewilligungsÜbernahme- und Abtretungsverbot

und Genehmigungsverfahren

Bei kollektiven Kapitalanlagen im Immobi­

Oft scheinen sich die Gesuchsteller des mate-

lienbereich ist weiter das Übernahme- und Abtre-

riellen Unterschieds zwischen Bewilligungs- und

tungsverbot von Art. 63 KAG zu beachten. Danach

Genehmigungsverfahren bzw. der Bedeutung des

dürfen die Fondsleitung, die Depotbank und

Bewilligungsverfahrens zu wenig bewusst zu sein,

deren Beauftragte sowie die ihnen nahestehenden

gerade auch im Zusammenhang mit kollektiven

natürlichen und juristischen Personen von Immo-

Kapitalanlagen, die sowohl den Charakter eines

bilienfonds keine Immobilienwerte übernehmen

Produkts als auch jenen eines Instituts aufweisen.

oder ihnen abtreten. Einer Immobilien-SICAV ist

So beobachtete die FINMA verschiedentlich, dass

es untersagt, Immobilienwerte ihrer Unternehmer-

für zahlreiche Gesuchsteller die Lancierung eines

aktionäre oder von ihr nahestehenden natürlichen

Produkts im Vordergrund stand und sich deren

und juristischen Personen zu übernehmen bzw.

Anstrengungen entsprechend auf das Produkt kon-

diese Immobilienwerte an jene Personen abzutre-

zentrierten. Demzufolge wurde den Anforderungen

ten. Das Übernahme- und Abtretungsverbot von

an das zugehörige Institut zu wenig Beachtung

Art. 63 KAG ist als zwingend zu qualifizieren, das

geschenkt, und das Gesuch musste schliesslich

heisst, auch bei einem Immobilienfonds bzw. einer

abgelehnt werden.

Immobilien-SICAV für qualifizierte Anleger können keine Ausnahmen gewährt werden.

Ausbau der risikoorientierten Aufsicht Der Ausbau der risikoorientierten Aufsicht im

Bewilligungsverfahren

Bereich der kollektiven Kapitalanlagen stellt eines

Die Bewilligung von Instituten stellt neben der

der Kernelemente in der Umsetzung des strategi-

Genehmigung von Produkten eine der Haupttätig-

schen Ziels zur Verbesserung des Kundenschutzes

keiten der Abteilung «Kollektive Kapitalanlagen»

der FINMA dar. Dies soll nicht zuletzt auch die

der FINMA dar. Auch wenn diese beiden Tätigkeiten

Bedeutung der Institute nach dem Kollektivanla-

eng beieinanderliegen, so unterscheiden sie sich

gengesetz wieder in Erinnerung rufen und den

doch wesentlich.

Aufsichtsaspekt auch so in den Bewilligungsprozess

Die Bewilligung eines Instituts stellt das umfas-

einfliessen lassen.

sendste Zulassungsverfahren auf dem Gebiet

Jahresbericht 2010 | FINMA

71


Aufsichtspraxis Selbst- und fremdverwaltete SICAV Mit Inkrafttreten des Kollektivanlagengesetzes

ihre Fondsleitung delegieren, die über die erforderlichen Eigenmittel verfügt. Eine SICAV qualifiziert sich

wurden neue Rechtsformen für kollektive Kapitalan-

damit nur dann als fremdverwaltet, wenn sowohl die

lagen eingeführt. Eine dieser neuen Rechtsformen

Administration als auch die Vermögensverwaltung

stellt die SICAV dar. Sie ist eine spezialgesetzliche

an eine bewilligte Fondsleitung delegiert werden.

Aktiengesellschaft mit variablem Kapital, die sowohl

Hinsichtlich der Vermögensverwaltung besteht

als selbstverwaltete als auch als fremdverwaltete

jedoch die Möglichkeit, diese über die Fondsleitung

SICAV ausgestaltet werden kann. Die Hauptunter-

an einen nach Kollektivanlagengesetz bewilligten

schiede dieser beiden Typen liegen im Umfang der

Vermögensverwalter zu delegieren. Dieses Regime

delegierten Aufgaben, der Höhe der Mindestein-

entspricht im Übrigen auch den Vorstellungen

lage sowie der Identität der Bewilligungsträger,

des Gesetzgebers, der davon ausging, dass eine

welche die erforderlichen Eigenmittel aufbringen

fremdverwaltete SICAV – abgesehen von der

müssen (Fondsleitung oder SICAV). Demgegen-

Generalversammlung und vom Verwaltungsrat –

über bestehen keine Unterschiede hinsichtlich des

keine weiteren organisatorischen Voraussetzungen

Anlegerschutzes: Anleger von fremdverwalteten

erfüllen und kein zusätzliches Personal aufweisen

Publikums-SICAV müssen gleichwertig geschützt

muss.

sein wie Anleger von selbstverwalteten PublikumsSICAV.

Selbstverwaltete SICAV

Rolle der Eigenmittel

durch die SICAV selbst wahrgenommen werden,

Publikums-SICAV, bei denen gewisse Tätigkeiten Im Zusammenhang mit dem Anlegerschutz

sind immer als selbstverwaltete SICAV zu qualifi-

kommt den Eigenmitteln eine grosse Bedeutung

zieren. In ihrem Fall wird die Administration nicht

zu. Diese sollen sicherstellen, dass eine Fondsleitung

vollständig und die Vermögensverwaltung nicht an

oder eine SICAV in der Lage ist, die sich aus ihrer

eine bewilligte Fondsleitung delegiert. Selbstver-

Tätigkeit ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen

waltete Publikums-SICAV haben entsprechend den

und damit entsprechende Stabilität zu gewährleis-

Tätigkeiten, die sie selbst wahrnehmen, zusätzliches

ten. Bei der selbstverwalteten SICAV ist dauernd

Personal und eine spezielle Organisation sowie

ein angemessenes Verhältnis zwischen den Eigen-

Infra­struktur aufzuweisen. Diese Regelung gilt

mitteln und dem Gesamtvermögen der Gesellschaft

jedoch nicht bei SICAV für qualifizierte Anleger,

einzuhalten.84 Die fremdverwaltete SICAV hingegen

da für diese die grösstmögliche Flexibilität gewahrt

hat ihr Vermögen nicht selbst mit eigenen Mitteln

bleiben soll.

zu unterlegen; an ihrer Stelle muss vielmehr die beauftragte Fondsleitung das Gesamtvermögen der SICAV für die Berechnung ihrer Eigenmittel mit einbeziehen.

85

Sacheinlage und -auslage bei Publikumsfonds Bei der Sacheinlage (Payment in Kind) bringen die Anleger ihre Anlagen in einen Fonds ein, bei der Sachauslage (Redemption in Kind) hingegen wer-

Fremdverwaltete SICAV

Art. 39 Abs. 1 KAG Art. 48 Abs. 4 KKV 86 Art. 78 KAG 84 85

72

den sie mithilfe von Anlagen ausbezahlt. Unter dem

Da eine fremdverwaltete Publikums-SICAV

Kollektivanlagengesetz sind bei Publikumsfonds

selbst über keine eigenen Mittel verfügt, darf diese

sowohl die Sacheinlage als auch -auslage grund-

weder die Administration noch die Vermögensver-

sätzlich verboten, wobei die FINMA Ausnahmen

waltung der SICAV wahrnehmen. Vielmehr muss sie

gewähren kann.86 Die FINMA hat entschieden,

aus Anlegerschutzgründen sämtliche Tätigkeiten an

die Sacheinlage und -auslage bei Publikumsfonds

Jahresbericht 2010 | FINMA


unter Einhaltung der nachfolgend beschriebenen Bedingungen jederzeit und nicht nur im Einzelfall zuzulassen.

Begriff der öffentlichen Werbung Mit dem am 30. September 2009 erfolgten vollständigen Inkrafttreten des FINMA-Rundschreibens 08/8 «Öffentliche Werbung kollektive Kapital-

Konkrete Ausgestaltung des Anlegerschutzes Bei der Sacheinlage und -auslage muss der

anlagen»88 stellt sich für die FINMA die Frage, ob unabhängige Vermögensverwalter von den

Schutz der Anleger gewahrt werden. Zudem hat

Anforderungen nach Art. 6 Abs. 2 KKV befreit sind,

die Fondsleitung bzw. die SICAV bei der Übertra-

wenn sie zugleich bereits aufgrund einer Vertriebs-

gung von Sachwerten ausschliesslich die Interessen

trägerbewilligung nach Art. 19 KAG tätig sind. Die

der Anleger zu schützen. Weiter müssen die

FINMA verfügte in einem konkreten Fall, diese Frage

Bewilligungsträger stets eine Anlagepolitik verfol-

sei zu verneinen, weil

gen, die dauernd mit dem in den massgebenden

– Vertriebsträger als Verkaufsvermittler im Dienst

Dokumenten festgelegten Anlagecharakter der kol-

der Produzenten tätig sind, während Vermö-

lektiven Kapitalanlage übereinstimmt.87 Ausserdem

gensverwalter als Einkaufsvermittler «ungebun-

dürfen Anlagen nur zum Marktpreis übernommen

den» und «unabhängig» im Dienst der Kunden

sowie Anlagen aus eigenen Beständen nur zum

aktiv sind und

Marktpreis abgetreten werden. Die Depotbank

– Vertriebsträger wegen des Kriteriums der

ihrerseits hat bei jeder Sacheinlage und -auslage die

«öffentlichen Werbung» dem Kollektivanla-

Einhaltung der Treuepflicht durch die Fondsleitung

gengesetz unterstehen, Vermögensverwalter

sowie die Bewertung der übertragenen Anlagen

hingegen aufgrund des Kriteriums der «Berufs-

und der ausgegebenen bzw. zurückgenommenen

mässigkeit» dem Geldwäschereigesetz.

Anteile zu prüfen. Allfällige Vorbehalte sind unverzüglich der Prüfgesellschaft zu melden. Schliesslich

Letztlich bestehen bei Vertriebsträgern Mini-

müssen die einzelnen Bedingungen, unter denen

malstandards für Vertriebsverträge, während bei

die Sacheinlage bzw. -auslage zulässig sein soll, im

den Vermögensverwaltern solche für Vermögens-

Fondsvertrag bzw. Anlagereglement der jeweiligen

verwaltungsverträge gelten. Gegen die Verfügung

kollektiven Kapitalanlage festgehalten werden. Die

wurde beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde

Fondsleitung bzw. die SICAV ist für deren Einhal-

eingereicht; das Verfahren ist hängig.

tung verantwortlich.

Art. 21 Abs. 1 KAG vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-08.pdf 87

88

Jahresbericht 2010 | FINMA

73


Prüfgesellschaften, Ratingagenturen und Accounting Regulierung Behandlung strukturierter Produkte im

die auf einer Fair-Value-Basis bewirtschaftet und

Rundschreiben «Rechnungslegung Banken»

deren Performance auf dieser Grundlage gemessen

Nach dem FINMA-Rundschreiben 08/2 «Rech-

wird. Die Fair-Value-Bewertung aller Komponenten

nungslegung Banken»89 sowie der diesbezüglichen

der Gruppe führt zur grundsätzlichen Vermeidung

Praxis der FINMA müssen Banken von ihnen selbst

eines sogenannten Accounting Mismatch. Weiter

emittierte strukturierte Produkte mit eigenen

sind allfällige Auswirkungen der eigenen Kredit-

Schuldverschreibungen für die Bewertung in einen

würdigkeit auf den Fair Value zu neutralisieren.

Basisvertrags- und einen Derivatteil auftrennen und

Zudem dürfen diese die Erfolgsrechnung nicht

separat bewerten (Bifurcation), wobei grundsätzlich

beeinflussen. Die Institute, die eine gesamthafte

nur der Derivatteil zum Fair Value bewertet werden

Bewertung von selbst emittierten strukturierten

darf. Die FINMA stellte fest, dass die entsprechenden

Produkten mit eigenen Schuldverschreibungen zum

Vorschriften zum Teil unterschiedlich verstanden

Fair Value vornehmen, haben zusätzliche Angaben

werden. Aus diesem Grund führte sie Gespräche mit

im Anhang offenzulegen.

betroffenen Parteien. Dabei kam sie zum Schluss, dass es Situationen gibt, in denen eine gesamthafte Bewertung der selbst emittierten strukturierten Produkte

vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-02.pdf 89

74

mit

eigenen

Prüfwesen Für die Aufsichtstätigkeit der FINMA stellen die

Schuldverschreibungen

Prüfgesellschaften eine wichtige Informationsquelle

zum Fair Value den sinnvolleren Ansatz darstellt

dar. Im Zuge der Überarbeitung der Aufsichtskon-

als die momentan geforderte Aufteilung. Dies ist

zepte in den einzelnen Aufsichtsbereichen überprüft

der Fall, wenn die selbst emittierten strukturierten

die FINMA zurzeit die Rolle der Prüfgesellschaften.

Produkte mit eigenen Schuldverschreibungen Teil

Am Einsatz von Prüfgesellschaften bei Beaufsichtig-

einer handelsähnlichen Strategie sind. Die FINMA

ten als «verlängertem Arm» der FINMA wird aber

ergänzte daher die FAQ-Rubrik «Rechnungslegung

grundsätzlich festgehalten.

von Banken» entsprechend. Selbst emittierte

Mit der Überarbeitung der Rundschreiben im

strukturierte Produkte mit eigenen Schuldver-

Prüfwesen strebt die FINMA beim Einsatz der Prüf-

schreibungen können daher, wenn sie Teil einer

gesellschaften eine weitgehende Standardisierung

handelsähnlichen Strategie sind, unter gewissen

zwischen den einzelnen Aufsichtsbereichen sowie

Bedingungen gesamthaft zum Fair Value bewertet

eine verstärkte Risikoorientierung an. Festgestellte

werden. Die Bedingungen sehen unter anderem

Nachteile des bisherigen Systems, die vor allem zu

vor, dass die erhaltenen Emissionserlöse unmittelbar

Interessenkonflikten bei den Prüfgesellschaften

zur Absicherung der Risiken der emittierten struk-

geführt haben, sind dabei so weit als möglich zu

turierten Produkte verwendet werden. Allfällige

beseitigen. Die Prüfgesellschaften sollen ihre Tätig-

Überschüsse müssen grundsätzlich innerhalb der

keit künftig mit einer höheren Unabhängigkeit vom

Handelstätigkeit verwendet werden und somit

Prüfkunden wahrnehmen können und damit in

nicht in wesentlichem Umfang zur Refinanzierung

stärkerem Masse ihrer Verantwortung gegenüber

von anderen Geschäftstätigkeiten. Zudem haben

der FINMA gerecht werden. In diesem Zusammen-

die selbst emittierten strukturierten Produkte mit

hang ist der Informationsaustausch zwischen den

eigenen Schuldverschreibungen zusammen mit den

Prüfgesellschaften und der FINMA zu verstärken,

entsprechenden Absicherungsinstrumenten eine

einschliesslich einer frühzeitigen Einbindung der

Gruppe von Finanzaktiven und -passiven zu bilden,

FINMA in die Prüfungsplanung.

Jahresbericht 2010 | FINMA


In ihrer Antwort auf den GPK-Bericht vom 31.  Mai 2010 hielt die FINMA am 26.  N ovember 2010 fest, dass sie die vollständige Trennung

zwischen

obligationenrechtlicher

Verhandlungen über Joint Inspections von PCAOB, RAB und FINMA Zusammen mit der Eidgenössischen Revisions-

und

aufsichtsbehörde (RAB) führte die FINMA mit dem

aufsichtsrechtlicher Prüfung erwägt und die

US-amerikanischen Public Company Accounting

Fachkompetenz sowie die Unabhängigkeit der

Oversight Board (PCAOB) Verhandlungen über

jeweiligen Prüfgesellschaften künftig strengeren

die Machbarkeit von gemeinsamen Prüfungen

Anforderungen und Qualitätskontrollen durch die

(Joint Inspections) bei Prüfgesellschaften in der

Aufsichtsbehörden unterliegen sollen. Die FINMA

Schweiz. Dies wurde notwendig, weil das PCAOB

erarbeitet derzeit die genauen Anforderungen

jede Prüfgesellschaft zu beaufsichtigen hat, welche

zur Umsetzung der Massnahmen hinsichtlich der

die Rechnung oder eine wesentliche Teilrechnung

Qualitätsverbesserung im Prüfwesen. Die FINMA

einer in den USA börsenkotierten Gesellschaft

prüft auch mögliche Auswirkungen auf Gesetzes-

prüft. Dabei sind der Sitz und das Herkunftsland der

und Verordnungsstufe, um hier gegebenenfalls

geprüften Gesellschaft und deren Prüfgesellschaft

entsprechende Vorschläge unterbreiten zu kön-

ohne Bedeutung. Die Verhandlungen, die bereits

nen. Auf der Grundlage eines Diskussionspapiers

2008 aufgenommen und im Laufe des Jahres 2010

(«Grünbuch» ), das vom zuständigen EU-Binnen-

fortgesetzt wurden, konzentrierten sich insbeson-

marktkommissar Michel Barnier im Oktober 2010

dere auf die rechtlichen Voraussetzungen sowie die

90

vorgelegt wurde, diskutiert auch die EU einen

Kriterien, die das Revisionsaufsichtsgesetz (RAG)

Katalog mit weitreichenden Vorschlägen zur

im Bereich Amtshilfe und bei grenzüberschreiten-

Neuregulierung der Wirtschaftsprüfung.

den Prüfungshandlungen vorsieht. Ein weiterer

Der Einsatz der Prüfgesellschaften soll in den

Verhandlungspunkt war zudem die Perspektive

Rundschreiben der FINMA neu geregelt werden, die

bzw. Roadmap für solche Joint Inspections sowie

an die Stelle des geltenden FINMA-Rundschreibens

die damit verbundene Anerkennung der Gleich-

08/41 «Prüfwesen»91 treten. So sollen auch einige

wertigkeit des schweizerischen Aufsichtssystems

der bisher geltenden Rundschreiben, die noch aus

über die Prüfgesellschaften durch das PCAOB.

Zeiten der FINMA-Vorgängerbehörden stammen, abgelöst werden.

Grünbuch «Weiteres Vorgehen im Bereich der Abschluss prüfung: Lehren aus der Krise» (vgl. http://europa.eu/documentation/official-docs/greenpapers/index_de.htm) 91 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-41-d.pdf 90

Jahresbericht 2010 | FINMA

75


Aufsichtspraxis Umfrage zum Umfang der Prüfarbeiten

Bewilligungsverfahren tätige Prüfgesellschaft

bei Banken und Effektenhändlern

– nicht anschliessend an die Bewilligungserteilung

Die Prüfgesellschaften melden der FINMA jähr-

das Folgemandat als ordentliche aufsichtsrecht-

lich den gesamten Prüfaufwand bei Banken und

liche Prüfgesellschaft übernehmen kann und

Effektenhändlern, gemessen in Stunden und Fran-

– ein solches Prüfmandat auch nicht innerhalb

ken. Diese Erhebungen ermöglichen Quervergleiche

eines Zeitraumes von drei Jahren ab Bewilli-

und liefern wichtige Hinweise, damit in Einzelfällen

gungserteilung ausüben darf.

gezielt weitere Untersuchungen eingeleitet werden können. Die Umfragen sind wichtiger Bestandteil

Die Unabhängigkeit der Prüfgesellschaft soll damit bereits im Bewilligungsverfahren von Finanzunternehmen gezielt gestärkt werden. Eine weitere

Bei Zulassung, Aufsicht und Überwachung der Prüfgesellschaften arbeitet die FINMA eng mit der Revisionsaufsichtsbehörde zusammen.

Praxisänderung betrifft den Wechsel der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft. Der FINMA müssen alle Wechsel der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft durch den Beaufsichtigten bereits drei Monate vor Beginn des neuen Geschäftsjahres, auf das der

der Überwachung der Prüfgesellschaften. Im Ver-

Wechsel wirksam werden soll, mitgeteilt werden.

gleich zum Erhebungsjahr 2008 nahm der gesamte

Damit kann die neu gewählte aufsichtsrechtliche

Prüfaufwand (interne und externe Prüfung) 2009

Prüfgesellschaft frühzeitig planen und die alte Prüf-

um 20,8 Millionen Schweizer Franken auf 531,8 Mil-

gesellschaft ihr laufendes Prüfmandat ohne weiteren

lionen Schweizer Franken ab (Vorjahr: Zunahme von

Druck ausüben. Zugleich sollen die Kommunikation

zehn Millionen Schweizer Franken). Der Aufwand in

der neuen mit der abzulösenden aufsichtsrechtlichen

Personenjahren (ein Personenjahr entspricht rech-

Prüfgesellschaft sowie die Koordination mit der

nerisch 1 800 Prüfstunden) verringerte sich dagegen

internen Revision rechtzeitig sichergestellt werden.

im selben Zeitraum um 59 auf 1 720 Personenjahre

Dieses Vorgehen verhindert, dass bei einem Wechsel

(Vorjahr: Zunahme um 133 Personenjahre). Der

der aufsichtsrechtlichen Prüfgesellschaft Lücken in

Anteil der internen Revision am gesamten Prüfauf-

der Aufsicht entstehen.

wand, gemessen in Personenjahren, beträgt nach wie vor rund 60 Prozent.

Qualitätssicherung bei Prüfgesellschaften Die FINMA überwacht die Tätigkeit der Prüf-

vgl. Kap. «Prüfwesen», S. 74 http://www.finma.ch/d/finma/ publikationen/Documents/ finma-mitteilung-12-2010-d.pdf 94 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 74 f.

92 93

76

Einsatz von aufsichtsrechtlichen

gesellschaften im Finanzbereich. Sowohl bei der

Prüfgesellschaften

Zulassung als auch bei Aufsicht und Überwachung

Die FINMA stützt sich auch im Rahmen von

der Prüfgesellschaften arbeitet sie eng mit der RAB

Bewilligungsverfahren von neu zu Beaufsichtigen-

zusammen.94 Die FINMA führt die Verfahren für die

den auf die Arbeiten der Prüfgesellschaften. Die

spezialgesetzlichen Zulassungen von Prüfgesellschaf-

Praxis hat gezeigt, dass eine Prüfgesellschaft, die

ten und leitenden Prüfern durch. Durch Inspektionen

für die FINMA im Rahmen des Bewilligungsver-

bei den Prüfgesellschaften untersucht und beurteilt

fahrens aufsichtsrechtlich tätig ist, im Hinblick auf

die FINMA deren Arbeit an einzelnen Prüfmandaten.

das künftige Prüfmandat einem Interessenkonflikt

Die FINMA stellte vereinzelt fest, dass Prüfgesell-

unterliegt.92 Mit der FINMA-Mitteilung 12 vom

schaften auch schwere Verletzungen von aufsichts-

23.  Juli 2010 zum «Einsatz von aufsichtsrechtlichen

rechtlichen Bestimmungen und schwere Missstände

Prüfgesellschaften»93 wird nun verlangt, dass die im

bei Beaufsichtigten nicht beanstanden und auch

Jahresbericht 2010 | FINMA


nicht im Prüfbericht aufnehmen. In diesem Zusam-

Exchange kotierten Emittenten. In der Vergangen-

menhang wurden die betroffenen Prüfgesellschaften

heit sind immer wieder Fragen aufgetaucht, inwie-

und insbesondere die leitenden Prüfer entsprechend

weit SIX Exchange Regulation eine solche Tätigkeit

gerügt. Weiter müssen die Prüfgesellschaften der

auch bei den von der FINMA beaufsichtigten Institu-

FINMA geeignete Massnahmen zur Verbesserung

ten vornimmt bzw. vornehmen soll. Die FINMA und

der Situation vorschlagen. Die FINMA beurteilt diese

SIX Exchange Regulation erarbeiteten daher für die

Massnahmen und verfolgt deren Umsetzung im

Fragen rund um die entsprechende Zuständigkeit

Rahmen der laufenden Überwachung.

eine grundsätzliche Lösung. Diese sieht vor, dass

Die Prüfgesellschaften beurteilen berechtigte

die Abschlüsse von Schweizer Banken, Effekten-

Feststellungen bei ihren Kunden nach wie vor

händlern und Versicherungen mit einer Kotierung

(zu) wohlwollend. Dies hat vielfältige Ursachen.

an der SIX Swiss Exchange künftig entweder von

Als korrigierende Massnahmen führt die FINMA

der FINMA oder von SIX Exchange Regulation über-

deshalb vermehrt Inspektionen bei Prüfgesell-

wacht werden. Dabei wird SIX Exchange Regulation

schaften sowie eigene Reviews bei Beaufsichtigten

für die Rechnungslegungsstandards IFRS, US GAAP

durch. Zur Abklärung spezifischer Sachverhalte

und Swiss GAAP FER zuständig sein. Die FINMA

bei Beaufsichtigten zieht die FINMA zum Teil auch

ihrerseits wird sich auf die bankengesetzlichen

Dritte und Untersuchungsbeauftragte bei. Weitere

Vorschriften zur Rechnungslegung konzentrieren.

Massnahmen zur Stärkung der Strukturen werden

Die FINMA und SIX Exchange Regulation werden

im Rahmen der Arbeiten zum Prüfwesen bzw. zum

die in ihrem Verantwortungsbereich stehende

Einsatz der Prüfgesellschaften untersucht.95

Durchsetzung

Überprüfung von Abschlüssen

Prozessen voneinander unabhängig durchführen.

der

Rechnungslegungsstandards

selbstständig und nach den von ihnen festgelegten Zu den Tätigkeiten von SIX Exchange ­Regulation

Diese grundsätzliche Lösung der Zuständigkeiten

gehört auch die Durchsetzung der von ihr aner-

wurde in einer gemeinsamen Medienmitteilung96

kannten Rechnungslegungsvorschriften im Zusam-

von der FINMA und SIX Exchange Regulation

menhang mit den Abschlüssen der bei der SIX Swiss

bekannt gegeben.

95 96

vgl. Kap. «Prüfwesen», S. 74 vgl. http://www.finma.ch/d/ aktuell/Documents/mm-sixexchange-finma-rechnungslegungsaufsicht-20101209_d.pdf

Jahresbericht 2010 | FINMA

77


Geldwäscherei Grundlagen Bekämpfung von Geldwäscherei und

Ansatz beauftragt. Dieses richtet sich nicht nur

Terrorismus­finanzierung auf internationaler

an die Finanzintermediäre, sondern auch an die

Ebene Im Oktober 2009 beschloss die Financial

Staaten sowie die Aufsichtsbehörden mit ihrer regulatorischen bzw. überwachenden Funktion.

Action Task Force on Money Laundering (FATF)

Der Gruppe wurde zudem die Revision der FATF-

eine Teilrevision ihrer Standards. Die zu diesem

Empfehlung97 zur Sorgfaltspflicht der Finanzinter-

Zweck geschaffenen Expertengruppen nahmen

mediäre (Empfehlung 5) übertragen. Die Gruppe

ihre Arbeit 2010 auf. Die FINMA nimmt als Mitglied

wird die Identifikation der juristischen Personen

der Schweizer FATF-Delegation unter der Führung

und Trusts sowie ihrer wirtschaftlich Berechtigten

des SIF daran teil. Die FATF wird die überarbeiteten

klären und daneben die Pflichten hinsichtlich der

Standards voraussichtlich an ihrer Plenarsitzung im

begünstigten Person einer Lebensversicherung

Oktober 2011 genehmigen und auf dieser Basis

präzisieren. Weiter wird sie sich mit der Empfeh-

2013 einen vierten Evaluationszyklus beginnen. Die erste FATF-Expertengruppe wurde mit der Ausarbeitung eines Papiers zum risikoorientierten

lung zur Delegation an Dritte (Empfehlung 9) sowie mit der Transparenz der juristischen Personen und Trusts (Empfehlungen 33 und 34) befassen.

Regulierung Geldwäschereiverordnung-FINMA Die drei Geldwäschereiverordnungen der FINMA

integriert. Weitergehende Anpassungen stiessen aufgrund des hohen Stellenwerts der Selbstregula-

(GwV-FINMA 1, GwV-FINMA 2 und GwV-FINMA  3),

tion hingegen an Grenzen. In diesem Sinn bilden die

die auf entsprechenden Verordnungen der Vor-

Verweise auf selbstregulatorische Regelwerke einen

gängerorganisationen Eidgenössische Bankenkom-

wichtigen Bestandteil der Verordnung. Neu wird für

mission, Bundesamt für Privatversicherungen und

die Lebensversicherungen auf das Reglement der

Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei

Selbstregulierungsorganisation (SRO) des Schwei-

beruht hatten, wurden in einer Verordnung zusam-

zerischen Versicherungsverbandes (SVV) verwiesen,

mengeführt. Die neue Verordnung trat am 1.  Januar

der die Sorgfaltspflichten regelt. Dieses Reglement

2011 in Kraft. Sie sieht Übergangsfristen vor.

wurde als Mindeststandard für alle Lebensversicherungen anerkannt. Zudem wird nun an einer bereits

Vereinfachung der Bestimmungen dank

geltenden Praxis der FINMA explizit festgehalten,

Harmonisierung

wonach sich die FINMA im Rahmen der Genehmi-

Ziel der Harmonisierung war es, die Bestimmun-

gung der SRO-Reglemente und der Anerkennung

gen nach Möglichkeit zu vereinfachen bzw. auf eine

von Selbstregulierungen als Mindeststandard an den

Weise zu fusionieren, dass die Aktivitäten der Finanz­

Eckwerten der Verordnung orientiert.

intermediäre, die untereinander kooperieren, sowie die Tätigkeit der Revisoren, welche die Anwendung vgl. http://www.fatf-gafi.org/ pages/0,3417,en_32250379_ 32236920_1_1_1_1_1,00.html 97

78

Aufnahme einiger materieller Neuerungen

überprüfen, vereinfacht werden. Zudem wurden

Im Grundsatz handelt es sich bei der neuen

möglichst viele Elemente in den allgemeinen Teil

Verordnung vorwiegend um eine technische Zusam-

Jahresbericht 2010 | FINMA


menführung der bestehenden Verordnungen. Für

Sorgfaltspflichten unter bestimmten Bedingungen

die neue Verordnung wurde auch die Umsetzung

zulässig sein kann: Leasing, Warenhauskarten und

der revidierten Geldwäschereibestimmungen des

E-Money.

Gesetzes berücksichtigt, die im Februar 2009 in Kraft gesetzt worden waren. Die Normen der

Rundschreiben «Finanzintermediation

bestehenden Verordnungen gingen grösstenteils

nach GwG»

unverändert in die neue Verordnung über. Zwecks

Die FINMA gab im Juni 2010 ein neues Rund-

Harmonisierung und um den neuesten interna­

schreiben in die Anhörung, das sich zur Frage

tionalen Entwicklungen gerecht zu werden, waren

äussert, wer als Finanzintermediär im Sinne des

gewisse materielle Änderungen jedoch unabding-

Geldwäschereigesetzes zu betrachten ist. Das

bar. Die Bestimmungen zum Beizug Dritter stützen

Rundschreiben enthält Ausführungen zur Ver-

sich auf die von der FATF dargelegten Unterschei-

ordnung über die berufsmässige Ausübung der

dungen. Nach dem Papier des BCBS von Mai 2009

Finanzintermediation (VBF), die am 1. Januar 2010

wurde eine neue Pflicht für Korrespondenzbanken

in Kraft getreten ist. Sowohl die VBF als auch das

eingeführt. Infolge der

Rundschreiben übernehmen weitgehend die Praxis

Kritiken der FATF in ihrem Follow-up-Bericht von

der ehemaligen Kontrollstelle für die Bekämpfung

2009 wurden ausserdem die Bestimmungen über

der Geldwäscherei zu Art. 2 Abs. 3 GwG. Die VBF

ausländische Zweigniederlassungen und Filialen

brachte jedoch auch einige Neuerungen: So führt

über Cover Payments

98

auf alle Bereiche des Finanzsektors ausgeweitet.

die VBF die Begriffe der «akzessorischen Vermö-

Ebenfalls aufgenommen wurde ein neues Kriterium

gensübertragung als Nebenleistung», der «akzes-

zur Bestimmung von Geschäftsbeziehungen mit

sorischen Kreditgewährung» und des «akzesso-

erhöhten Risiken – die Komplexität der Strukturen,

rischen Geldwechsels» ein. Das Rundschreiben

insbesondere durch Verwendung von Sitzgesell-

präzisiert diese Begriffe und nimmt unter anderem

schaften. Ausserdem wurde der Schwellenwert

die frühere Praxis auf, wonach Investmentgesell-

von 1 500 Schweizer Franken für die Angaben bei

schaften, die vom Geltungsbereich des Kollektiv­

Zahlungsaufträgen abgeschafft, um die Europa-

anlagengesetzes ausgenommen sind, grundsätz-

kompatibilität der schweizerischen Regelung im

lich dem Geldwäschereigesetz unterliegen.

Bereich des Zahlungsverkehrs zu verbessern.

Aus der Anhörung ging in erster Linie her-

Das Projekt bot auch Gelegenheit, die Norm des

vor, dass die Marktteilnehmer die Aufnahme

Geldwäschereigesetzes, die den Verzicht auf die

weiterer Ausführungen und Beispiele begrüssen.

Einhaltung der Sorgfaltspflichten bei Vermögens-

Die FINMA nahm deshalb bei der Überarbeitung

werten von geringem Wert darlegt, zu präzisieren.

des Rundschreibens nach der Anhörung weitere

Um den Begriff «geringen Wert» umzusetzen,

Praxis­beispiele in das Rundschreiben auf, zum

verzichtete die FINMA bewusst auf einen generel-

Beispiel über die Unterstellung von Zahlungen

len Schwellenwert. Sie ortete drei Produkte, deren

im Immobilien­sektor. Das überarbeitete FINMA-

Geldwäschereirisiko als niedrig zu betrachten ist

Rundschreiben 11/1 «Finanzintermediation nach

und für die ein Verzicht auf die Einhaltung der

GwG»99 trat am 1.  Januar 2011 in Kraft.

Cover Payments sind Deckungszahlungen, die zwischen zwei Banken ohne direkte Kontobeziehung mit­ hilfe von Korrespondenz banken durchgeführt werden. 99 vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2011-01.pdf 98

Jahresbericht 2010 | FINMA

79


Aufsichtspraxis FINMA-Mitteilung zu Risiken bei Geschäftsbeziehungen mit Iran

Damit wurden während des zweiten Halbjahrs 2010 auch für grenzüberschreitend tätige

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

Finanz­institute in der Schweiz die Rechts- und

(United Nations Security Council) verschärfte

Reputationsrisiken erhöht: Aufgrund der neuen

im Frühjahr 2010 mit der Resolution 1929 die

US-amerikanischen Regulierung können Schweizer

Sanktionen gegenüber der Islamischen Republik

Unternehmen – so auch Banken und Versicherungen – von den US-amerikanischen Sanktionen betroffen sein, wenn sie die entsprechenden

Die FINMA beurteilt, ob die SRO-SVV ihre Überwachungshandlungen gegenüber ihren Mitgliedern korrekt ausübt.

Bestimmungen verletzen. Ausländischen Banken kann beispielsweise der Zugang zu Korrespondenzbankdienstleistungen in den USA eingeschränkt oder verweigert werden.

100

Iran. Die Schweizer Verordnung über Massnah-

Als Reaktion auf die genannten Entwicklungen

men gegenüber Iran wurde im August 2010 an

präzisierte die FINMA in ihrer Mitteilung 15 vom

die verbindlichen Bestimmungen der Resolution

18. Oktober 2010 zu «Risiken bei Geschäftsbezie-

angepasst. Infolge der UNO-Resolution 1929 ver-

hungen mit Iran»100 die Aufsichtsanforderungen an

schärften auch die EU und die USA ihre Sanktionen

die von der FINMA beaufsichtigten Institute, die

gegenüber dem iranischen Regime. Beide gingen

mit iranischen Unternehmen und Finanz­instituten

in der Ausgestaltung der neuen Sanktionen, ins-

Geschäftsbeziehungen unterhalten. Die FINMA

besondere jener im Finanzbereich, weit über die

erinnerte alle Finanzintermediäre an ihre Pflichten

verbindlichen Bestimmungen der UNO-Resolution

mit Blick auf die Schweizer Embargovorschriften

hinaus.

sowie die Geldwäschereibestimmungen. Zudem

vgl. http://www.finma.ch/d/ finma/publikationen/ Documents/finma-mitteilung15-2010-d.pdf

80

Jahresbericht 2010 | FINMA


verlangte sie von den Banken, Effektenhändlern

Ausübung der Überwachung verbleibt allerdings bei

und Versicherungen, dass sie untersuchen, ob

der FINMA. Was die Unabhängigkeit des Vorstan-

es sich aufgrund der mit ihrer Geschäftstätigkeit

des des Vereins, den Informationsaustausch mit

verbundenen Risiken aufdrängt, die EU- und

der FINMA und die Durchführung von jährlichen

­US-Sanktionen gegenüber Iran einzuhalten.

externen Kontrollen bei den Lebensversiche­rungen angeht, setzt die FINMA Schwerpunkte bei der

Aufsichtskonzept für die

Ausgestaltung der Bedingungen, unter denen die

Geldwäschereibekämpfung

SRO-SVV eingesetzt werden soll.

Das Aufsichtskonzept der FINMA im Bereich Geldwäschereibekämpfung

unterscheidet

Dem Verein SRO-SVV selbst kommt dabei die

zwi-

Aufgabe zu, die Berichte der externen Prüfgesell-

schen dem Parabankensektor und den nach Spezial­

schaften, welche die dem Verein angeschlossenen

gesetzen beaufsichtigten Sektoren. Im ersten Fall

Lebensversicherungen prüfen, zu analysieren und

fördert die FINMA die Aufsicht durch SRO im Sinne

festzustellen, ob sich die betreffende Lebens­

des Geldwäschereigesetzes. Dabei führt die FINMA

versicherung an die Geldwäschereivorschriften

aber bei den SRO jeweils Vor-Ort-Kontrollen durch.

hält. Bei Verstössen kann die SRO-SVV das fehlbare

Im zweiten Fall übt die FINMA mithilfe der Prüf­

Mitglied auch sanktionieren. Die FINMA überprüft

gesellschaften grundsätzlich selbst die Aufsicht

dabei die SRO-SVV und beurteilt die korrekte Aus-

aus. Eine Ausnahme bildet der Versicherungssektor.

übung der ihr aufgetragenen Überwachungshand-

Im Versicherungssektor mandatiert die FINMA

lungen gegenüber den Mitgliedern der SRO-SVV.

die SRO-SVV, die Einhaltung der Geldwäscherei-

Trotz der Überwachungstätigkeit der SRO-SVV

vorschriften durch ihre Mitglieder zu überprüfen,

kann die FINMA, sofern sie dies für notwendig hält,

das heisst bei den 19 von insgesamt 25 dem ­Verein

jederzeit eigene Aufsichtshandlungen gegenüber

SRO-SVV angeschlossenen schweizerischen Lebens­

den Lebensversicherungen vornehmen.

versicherungen. Die Verantwortung für die korrekte

Jahresbericht 2010 | FINMA

81



ENFORCEMENT


ENFORCEMENTPRAXIS

101

Enforcement ist ein wichtiges Standbein der

hat die FINMA zur Sicherstellung einer angemesse-

FINMA. Es umfasst die Erhebung des Sachverhalts zu

nen Governance einen Enforcementausschuss (ENA)

vermuteten schweren Verletzungen von Aufsichts-

eingerichtet, der mit der Eröffnung wichtiger Verfah-

recht sowie die Anordnung und Durchsetzung ent-

ren sowie mit allen Entscheiden befasst ist, die ein

sprechend korrigierender Massnahmen im Rahmen

eingreifendes Verwaltungsverfahren abschliessen.

formell geführter Ein- oder Mehrparteienverfahren.

Er besteht aus Mitgliedern der Geschäftsleitung

Ergeben Vorabklärungen einen Verdacht auf eine

sowie den Verantwortlichen der direkt betroffenen

schwere Verletzung von Aufsichtsrecht, eröffnet

Organisationseinheiten.

die FINMA ein eingreifendes Verwaltungsverfah-

Die 2009 auf der FINMA-Website veröffent-

ren. Im Zuge eines solchen Verfahrens kommt der

lichte Enforcement-Policy101 wurde verfeinert: Die

Einhaltung der Parteirechte der Betroffenen erhöhte

FINMA sucht verstärkt die Zusammenarbeit mit

Bedeutung zu. Am Ende eines eingreifenden Ver-

Strafverfolgungsbehörden und prüft im Einzelfall

waltungsverfahrens steht eine Verfügung. Darin

insbesondere, ob deren Beizug in einem frühen

wird entweder ein Missstand festgestellt, es wer-

Verfahrensstadium – etwa zu Zwecken der Beweis-

den Korrekturmassnahmen angeordnet oder aber

sicherung – angezeigt ist. Laut Gesetz ist die FINMA

das Verfahren wird eingestellt und die Kostenfrage

verpflichtet, bei der zuständigen Behörde Strafan-

geregelt. Gegen Verfügungen der FINMA kann

zeige zu erstatten, sofern sie von einem Verbrechen,

beim Bundesverwaltungsgericht Beschwerde erho-

einem Vergehen oder einer Widerhandlung gegen

ben werden. Eingreifende Verwaltungsverfahren

das Finanzmarktaufsichtsgesetz oder eines der

der FINMA sind für die Betroffenen kostenpflichtig.

Finanzmarktgesetze Kenntnis erhält. Die FINMA

Nach dem Willen des Gesetzgebers und der

steht in regelmässigem Kontakt mit Strafverfol-

­Praxis der Gerichte handelt es sich beim Vorgehen

gungsbehörden, insbesondere was die Verfolgung

der FINMA um die Anwendung von Verwaltungs-

von Insiderstraftaten und Kursmanipulation sowie

recht und Verwaltungsverfahrensrecht. Dennoch

Verstösse gegen Bewilligungspflichten angeht.

vgl. http://www.finma.ch/d/ sanktionen/enforcement/ Documents/FINMA_Enforcement-policy_20101115_d.pdf

84

Jahresbericht 2010 | FINMA


UBS-Cross-Border-Geschäft – mögliche Verfahren gegen frühere Organe der Bank

In der Kritik der GPK102 stand die FINMA hin-

gestützt auf neue, hinreichende Verdachtsmo-

sichtlich ihres Vorgehens gegen ehemalige Organe

mente für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Die in

der UBS im Zuge der Aufarbeitung der Subprime-

den Fall «UBS Cross-Border» involvierten Gewährs-

Krise sowie des Cross-Border-Geschäfts, bezogen

träger verliessen die Bank in den Jahren 2008 und

auf die USA.

2009. Ob sie weiterhin Gewähr bieten, wird nach

Im Jahr 2008 untersuchte die Eidgenössische

der etablierten und gerichtlich geschützten Praxis

Bankenkommission (EBK) das Verhalten der UBS

der FINMA und ihrer Vorgängerorganisationen

im grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Privat-

dann geprüft, wenn solche Personen erneut eine

kunden. Wegen Verletzung amerikanischer Rechts-

Position als Gewährsträger innehaben oder dies

vorschriften

verschiedene

beabsichtigen. Sind sie nicht mehr auf der Stufe

­US-Behörden gegen die Bank. Das aufsichtsrecht-

eines Gewährsträgers tätig, besteht normalerweise

ermittelten

zugleich

liche Verfahren der EBK wurde im Dezember 2008 mit einer Verfügung abgeschlossen. Darin kam die EBK zum Schluss, dass die UBS in schwerer Weise gegen das Gewährs- und Organisationserfordernis des Bankengesetzes verstossen hatte. Insbesondere erfasste, begrenzte und überwachte sie die mit dem

Die FINMA hat keine Kompetenz, gegen aktuelle oder ehemalige Organe einer Bank zivilrechtliche Klagen zu erheben oder strafrechtliche Untersuchungen einzuleiten.

grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Privatkunden verbundenen Rechts- und Reputationsrisiken im Ergebnis ungenügend. Die EBK legte ferner dar, dass sie im Rahmen

kein Feststellungsinteresse. Die FINMA eröffnete in diesem Zusammenhang zwei Gewährsverfahren

der damaligen Untersuchung keine Hinweise auf

gegen ehemalige UBS-Manager. Diese wurden aber

aufsichtsrechtlich relevante Pflichtverletzungen von

angesichts des im Laufe des Verfahrens mitgeteil-

Gewährsträgern gefunden habe, die es rechtferti-

ten Verzichts auf eine Gewährsposition bei einem

gen würden, diesen gegenüber aufsichtsrechtliche

beaufsichtigten Institut eingestellt. Abgesehen von

Massnahmen zu ergreifen. Vielmehr musste sich

der Pflicht, bei Kenntnis von gemeinrechtlichen Ver-

die Bank die festgestellten Versäumnisse als Ganzes

brechen oder Vergehen die zuständigen Strafver-

anlasten lassen.

folgungsbehörden zu informieren, hat die FINMA

Die EBK sanktionierte das Verhalten der UBS mit

keine Kompetenz, gegen aktuelle oder ehemalige

dem Verbot, das grenzüberschreitende Geschäft mit

Organe einer Bank zivilrechtliche Klagen zu erheben

in den USA wohnhaften Privatkunden in Zukunft zu

oder strafrechtliche Untersuchungen einzuleiten.

betreiben. Weiter wurde die UBS verpflichtet, die

Wie öffentlich bekannt wurde, prüfte die Staatsan-

der Erbringung grenzüberschreitender Dienstleis-

waltschaft des Kantons Zürich im Nachgang zum

tungen inhärenten Rechts- und Reputationsrisiken

Fall «UBS Cross-Border», ob im Zusammenhang mit

auf globaler Ebene angemessen zu erfassen, zu

dem grenzüberschreitenden Privatkundengeschäft

begrenzen und zu überwachen. Die Umsetzung

der UBS mit US-Privatkunden ein hinreichender

dieser Anordnung unterliegt der Kontrolle durch

Anfangsverdacht für strafbare Handlungen von

die FINMA.

Organvertretern der UBS vorliegt. Von der Eröff-

Die FINMA führte unmittelbar im Anschluss an

nung einer strafrechtlichen Untersuchung wurde

das aufsichtsrechtliche Verfahren gegen die Bank

bisher mangels ausreichender Verdachtsmomente

keine Verfahren gegen Individuen. Solche sind aber

abgesehen.

102

vgl. Kap. «Untersuchungen und Lehren aus der Krise», S. 24

Jahresbericht 2010 | FINMA

85


Instrument des Berufsverbots Die FINMA beabsichtigt, das mit dem FINMAG per 1. Januar 2009 eingeführte Instrument des Berufsverbots künftig vermehrt einzusetzen. Ein solches Verbot kann für maximal fünf Jahre ausgesprochen werden – dies in Fällen, in denen eine Person für eine schwere Verletzung von Aufsichts-

ihr dies die zur Verfügung stehenden Instrumente

recht verantwortlich ist. Die FINMA kann der Person verbieten, bei einem

erlauben würden.

Beaufsichtigten eine Funktion in leitender Stellung neu zu übernehmen

Gestützt auf die im Rahmen einer umfangrei-

oder weiterhin auszuüben. Mit solchen gegen Personen gerichteten Mass-

chen Untersuchung greifbaren Informationen, hatte

nahmen sollen künftige Gefährdungen von Anlegern oder Versicherten

die EBK 2008 die Schlussfolgerung gezogen, dass

vermieden oder Missstände und Gesetzesverletzungen im Rahmen des

kein Anlass bestehe, gegenüber der Bank die Ent-

Verwaltungsrechts geahndet werden.

fernung des damaligen Head Wealth Management,

An der bereits von der EBK entwickelten und gerichtlich bestätigten Praxis

des damaligen CEO und des damaligen Verwal-

zum Gewährserfordernis als Bewilligungsvoraussetzung für Beaufsichtigte

tungsratspräsidenten als Organe anzuordnen. Unter

wird festgehalten. Dies bedeutet insbesondere, dass das Gewährserfor-

dem Vorbehalt, dass der FINMA keine bislang unbe-

dernis nur für Personen gilt, die im beaufsichtigten Sektor als Organe tätig

kannten Beweise für eine schwere Pflichtverletzung

sind bzw. es werden wollen. Folglich sind Gewährsverfahren ausgeschlos-

dieser Personen zugetragen werden, besteht auch

sen, wenn sie die aufsichtsrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschiedener

heute kein Anlass, ein Gewährsverfahren zu eröff-

Organe zum Gegenstand haben. Erst wenn die entsprechende Person

nen, sollten diese Personen erneut eine leitende

beabsichtigt, wiederum eine Organfunktion zu bekleiden, stellt sich die

Funktion bei einem Beaufsichtigten übernehmen.

Frage nach einem Gewährsverfahren erneut.

Die FINMA verlangt jedoch von diesen Personen eine förmliche schriftliche Erklärung, dass sie keine

Die GPK forderten die FINMA im Mai 2010 auf,

Kenntnisse von den nach Schweizer Aufsichtsrecht

die Frage vertieft abzuklären, wie viel die oberste

relevanten Pflichtverletzungen hatten. Sollte sich

Leitung der UBS von den QIA-Verletzungen der Bank

herausstellen, dass diese Erklärung unwahr ist,

Die FINMA ist

würde dies eine Strafverfolgung nach sich ziehen.

sich der Tragweite der Geschehnisse bewusst und

Bei verschiedenen Verantwortlichen unterhalb der

klärte daher die Möglichkeiten, die das Aufsichts-

obersten Führungsebene hätte die FINMA bereits

recht für weitere Untersuchungen bietet, sorgfältig

aufgrund der vorliegenden Informationen Anlass,

und unter Berücksichtigung externer Gutachten ab.

ein Verfahren zu führen. Sie würde dies auch tun,

Dabei kam sie zum Schluss, dass weder neue Indizien

sofern jene Verantwortlichen in den nächsten Jah-

und ihrer Mitarbeitenden wusste.

103

vorhanden sind, die ein Zurückkommen auf frühere

ren eine Gewährsposition im beaufsichtigten Sektor

aufsichtsrechtliche Untersuchungen gebieten, noch

anstrebten.

Weitere Verfahren gegen prudenziell beaufsichtigte Institute Die FINMA musste sich verschiedentlich mit Bewil-

103

vgl. Kap. «Untersuchungen und Lehren aus der Krise», S. 24

86

Effektenhändler mit neuen Führungsorganen

ligungsträgern befassen, die in Sachen Einhaltung der

Im März 2010 eröffnete die FINMA ein eingrei-

Bewilligungsvoraussetzungen, der organisatorischen

fendes Verfahren gegen einen Effektenhändler,

Erfordernisse, des Risikomanagements und der inter-

nachdem sie von der Prüfgesellschaft einen Bericht

nen Kontrolle ernsthafte Schwächen aufwiesen. Infolge

mit der Erwähnung zahlreicher bewilligungsrelevan-

gewisser Vorkommnisse spielte ferner mangelnde

ter Vorkommnisse erhalten hatte. Im Rahmen ihrer

Gewähr des Instituts, aber auch einzelner Akteure – sei

Abklärungen stellte die FINMA diverse Mängel orga-

es ein Verwaltungsrat, ein Geschäftsleitungsmitglied

nisatorischer Natur sowie vielfältige Verletzungen

oder ein qualifizierter Aktionär – immer wieder eine

von Aufsichtsrecht fest: Überschreitung der Organ-

Rolle. Die nachfolgenden konkreten Beispiele stehen

kreditlimite durch den CEO, Nichtfunktionieren des

stellvertretend für jeweils ähnlich gelagerte Fälle.

Zusammenspiels zwischen Verwaltungsrat und

Jahresbericht 2010 | FINMA


Geschäftsleitung, Verletzung diverser Vorschriften

Untersuchung bei der KPT: Fusion

bei der Einräumung von Beteiligungsrechten an

und Mitarbeiterbeteiligungsprogramm

Mitarbeitende und weitere Punkte. Im September

Im Mai 2010 kündigten die beiden Kranken-

2010 legte die Gesellschaft der FINMA dar, dass sie

versicherer Sanitas und KPT eine Fusion an. Das

zahlreiche Massnahmen zur Behebung der Mängel

Gesuch für den Beteiligungswechsel104 wurde der

ergriffen hatte. Daraufhin stellte die FINMA dem

FINMA im Juni 2010 eingereicht. Als Bedingung

Effektenhändler strenge, bis Ende 2010 zu erfüllende

für diesen Beteiligungswechsel stellte die Sanitas

Auflagen, unter anderem die Erneuerung des gesam-

unter anderem den Rückkauf aller Mitarbeiter­aktien

ten Verwaltungsrats sowie der Geschäftsleitung, die

durch die KPT Holding AG. Seit 2006 verfügt die

Reduktion der Aktienbeteiligung von Geschäftslei-

KPT über ein Mitarbeiteraktienprogramm, das den

tungsmitgliedern, die Erhöhung des Aktienkapitals

Kauf von Aktien der KPT Versicherungen AG durch

sowie einen nachhaltig Gewinn bringenden Busi-

Mitarbeitende, Kader, Management, Verwaltungsrat

nessplan.

und auch durch Delegierte ermöglichte. Im Zusammenhang mit der Fusion erfuhr die FINMA, dass die

Übermässige Aufgabendelegation

KPT Versicherungen AG aus besagtem Programm

im Versicherungsgeschäft

Aktienrückkäufe auslösen wollte, die auf einem

Ein ausländischer Versicherer mit Niederlassung

weitaus höheren Preis beruhten, als der Wert bei

in Genf hatte einem Versicherungsvermittler die

Aktienausgabe betragen hatte. Die FINMA stoppte

Gesamtheit der Kernaufgaben einer Versicherung

die Auszahlungen und eröffnete zur Abklärung der

– Produktion, Verwaltung der Policen und Schadens-

Vorkommnisse rund um die Mitarbeiterstiftung und

regulierung – übertragen. Diese Tätigkeit umfasste

die geplanten Aktienrückkaufe eine Untersuchung.

rund 30 Prozent seiner Schweizer Aktivität. Da er

Bei der Prüfung des Gesuchs musste die FINMA

diese Delegation, die aus Sicht der FINMA ohnehin

verschiedene aufsichtsrechtlich relevante Sachver-

als übermässig anzusehen war, der Aufsichtsbe-

halte abklären. Dies betraf beide Fusionspartner

hörde nicht angezeigt hatte, verletzte er seine Mel-

und erwies sich als sehr aufwendig. Im November

depflicht. Der Versicherer hatte sich zudem in eine

2010 wurde die Fusion im Grundsatz, jedoch mit

völlige Abhängigkeit seines Vermittlers begeben, da

Auflagen zum Schutz der Versicherten, bewilligt.105

Letzterer allein über die Versicherungsdokumenta-

Ziel dieser Auflagen war es, die versicherungstech-

tion und die Kontaktdaten der Versicherten verfügte.

nischen Rückstellungen vollständig den Versicherten

Aufgrund einer Auseinandersetzung zwischen dem

zugutekommen zu lassen und eine freie Verwendung

Versicherer und seinem Vermittler schien die Ver-

zu verhindern. Dadurch konnte der vorgesehene

waltung der Policen nicht mehr gewährleistet. Die

Aktienrückkauf nicht wie ursprünglich geplant

FINMA musste feststellen, dass die Niederlassung

durchgeführt werden. Zudem wurde das Verfahren

die Bedingungen einer Versicherungstätigkeit nicht

betreffend Mitarbeiteraktien auf drei Gewährsträger

mehr erfüllte, und verlangte daraufhin die Ersetzung

der KPT ausgeweitet.

des Generalbevollmächtigten. Ferner verbot sie der

Im Dezember 2010 teilten die Fusionspartner mit,

Niederlassung, in Zukunft über Versicherungsver-

dass der Zusammenschluss nicht mehr weiter verfolgt

mittler tätig zu sein. Sie wies die Niederlassung an,

werde, da mehrere Punkte nicht in absehbarer Frist

sich sämtlicher Versicherungsverträge zu entledigen,

abschliessend geklärt werden können – dies, obwohl

deren Erfüllung Vermittlern übertragen worden war.

die Auflagen der FINMA von beiden Fusionspartnern

Zugleich verpflichtete die FINMA die Niederlassung,

als erfüllbar betrachtet worden waren. Das Verfahren

sämtlichen Verpflichtungen den Versicherten

gegen die KPT und drei Gewährsträger zur Klärung

gegenüber bis zum ordentlichen Ablauf der Verträge

der Umstände rund um die Mitarbeiterstiftung soll so

nachzukommen.

rasch als möglich seinen Abschluss finden.

nach Art. 21 VAG vgl. Medienmitteilung der FINMA vom 19. November 2010 (http://www.finma.ch/d/aktuell/ Documents/mm-fusion-kptsanitas-20101119-d.pdf)

104 105

Jahresbericht 2010 | FINMA

87


Gesuch um Erteilung einer Bankbewilligung

Bewilligungsträger: erschwerte Durchsetzung

für einen Devisenhändler

des Bewilligungsentzugs und der Liquidation

Institute, die als Devisenhändler tätig sein wol-

Die FINMA hat die gesetzliche Pflicht, Institu-

len, müssen seit der Änderung von Art. 3a BankV,

ten, welche die Bewilligungsvoraussetzungen nicht

die am 1. April 2008 in Kraft getreten ist, über eine

mehr erfüllen oder aufsichtsrechtliche Bestim-

Bankbewilligung verfügen. Den zum Zeitpunkt

mungen schwer verletzen, die Bewilligung zu

dieser Gesetzesänderung bereits tätigen Devisen-

entziehen und – beispielsweise im Fall von Banken,

händlern wurde ab Inkrafttreten eine einjährige

Effektenhändlern oder kollektiven Kapitalanlagen

Frist eingeräumt, um den Anforderungen des

– ihre Liquidation anzuordnen. Trotz dieser Pflicht

Gesetzes zu genügen und ein Bankbewilligungs-

bleibt es für die FINMA schwierig, die genannten

gesuch zu stellen. Im März 2009 stellte ein bereits

Massnahmen effektiv durchzusetzen. Dies ist ins-

aktiver Devisenhändler ein Gesuch um Erteilung der

besondere dann der Fall, wenn die finanzielle Basis

Bankbewilligung. Die FINMA wies dieses Gesuch

der Bewilligungsträger zu keinen Beanstandungen

mit Verfügung vom 12. April 2010 ab und ordnete

Anlass gibt bzw. wenn für Anleger oder Versicherte

die Liquidation der Gesellschaft an, weil sie ohne

keine unmittelbare Gefahr besteht. Die für die

Zulassung eine bewilligungspflichtige Tätigkeit

Erhebung des Sachverhalts und für das rechtliche

ausübte. Im Rahmen der gegen diese Verfügung

Gehör erforderliche Zeit gibt den Beaufsichtigten Gelegenheit, sich kooperativ zu zeigen, ihre Organisation anzupassen und die notwendigen

Instituten, welche die Bewilligungsvoraussetzungen nicht mehr erfüllen oder aufsichtsrechtliche Bestimmungen schwer verletzen, entzieht die FINMA die Bewilligung.

Vorkehrungen für die Gewähr einer einwandfreien Geschäftstätigkeit zu treffen. Wiederholt kam es am Ende dazu, dass ein Bewilligungsentzug unter solchen zum Zeitpunkt der Verfügung geänderten Umständen unverhältnismässig wäre.

eingereichten Beschwerde ordnete das Bundes-

Bisweilen ergab sich auch im Rahmen aufwendiger

verwaltungsgericht provisorische Massnahmen an

Beschwerde­verfahren wegen neuer Tatsachen im

und gewährte dem Institut bis zur Urteilsfällung

Ergebnis Ähnliches.

das Recht, neue Kunden anzunehmen. Aufgrund der Tatsache, dass der Devisenhändler während des Beschwerdeverfahrens mit einer Bank fusionierte, wurde das Bankbewilligungsgesuch obsolet und das Beschwerdeverfahren vor Bundesverwaltungsgericht gegenstandslos.

88

Jahresbericht 2010 | FINMA


Insolvenzverfahren Ende 2010 waren acht laufende Konkursver-

gegenüber Banken, Effektenhändlern und Börsen

fahren sowie ein laufendes Liquidationsverfahren

ausgesprochen werden. Auf Einreichung eines

gegen bewilligte Institute zu verzeichnen. Im Jahr

entsprechenden Gesuchs hin wendet die FINMA

2010 wurde ein Konkursverfahren neu eröffnet.

Art. 166 ff. IPRG an. Im Mai 2009 wurden der FINMA praktisch gleichzeitig zwei Gesuche um

Aston Bank SA

Anerkennung des Konkurses der Stanford Inter-

Gestützt auf den Verdacht, dass die Aston

national Bank Ltd. mit statutarischem Sitz auf

Bank   SA in Lugano die Bewilligungsvorausset-

dem Inselstaat Antigua und Barbuda eingereicht.

zungen nicht mehr erfüllt, setzte die FINMA mit

Das erste Gesuch stammte von einem durch die

Verfügung vom 2. November 2009 eine Untersu-

amerikanischen Behörden eingesetzten Verwalter,

chungsbeauftragte ein. Diese stellte fest, dass die

der davon ausging, dass das Institut über einen

Bank über eine mangelhafte Organisation verfügte

tatsächlichen Sitz in den USA verfügte. Das zweite

und eine Überschuldung in der Höhe von mindes-

Gesuch wurde von den durch die Behörden von

tens 20  Millionen Schweizer Franken auswies. Da

Antigua und Barbuda eingesetzten Liquidatoren

keine Aussicht auf Sanierung bestand, eröffnete die

eingereicht, die sich aufgrund des statutarischen

FINMA am 22.  Dezember 2009 den Konkurs und

Sitzes der Bank als dafür zuständig erachteten.

entzog ihr die Bewilligung als Bank und Effekten-

Die FINMA sprach den Liquidatoren von Antigua

händlerin. Aufgrund des Verdachts der Begehung

und Barbuda im Wesentlichen die Zuständigkeit

von strafrechtlichen Delikten durch frühere Organe

zur Einreichung des Anerkennungsgesuches zu

war ausserdem bereits ein Strafverfahren eingeleitet

und stützte sich dabei auf den Umstand, dass das

worden. Die örtliche Staatsanwaltschaft und die

schweizerische Finanzmarktrecht – im Gegensatz

Konkursliquidatorin arbeiten im Interesse beider

zum europäischen Recht und zu weiteren Juris-

Verfahren eng zusammen. Mit Verfügung vom

diktionen – grundsätzlich auf das Kriterium des

17.  Mai 2010 wurde eine neue Konkursliquidatorin

statutarischen Sitzes der Bank abstellt und das

ernannt. Die Aston Bank war Mitglied des Vereins

Vorliegen eines allfälligen tatsächlichen Sitzes nur

Einlagensicherung der Schweizer Banken und

subsidiär berücksichtigt, wenn das erstgenannte

Effektenhändler. Bis anhin konnten die Anzahl und

Kriterium nicht erfüllt ist. Ausserdem entschied die

Höhe der privilegierten Einlagen jedoch noch nicht

FINMA in diesem Zusammenhang, gestützt auf

bestimmt werden.

ein Gutachten des Schweizerischen Instituts für Rechtsvergleichung, dass das sogenannte Gegen-

Stanford International Bank Ltd. Nach Art. 37g BankG und Art. 36a BEHG ist

rechtserfordernis zwischen Antigua und Barbuda und der Schweiz erfüllt sei. Folglich anerkannte die

ausschliesslich die FINMA für die Anerkennung

FINMA mit Verfügung vom 8. Juni 2010 den Kon-

von Konkursdekreten sowie Liquidations- und

kursentscheid des Inselstaates und eröffnete in der

Sanierungsmassnahmen zuständig, die im ­Ausland

Schweiz ein sogenanntes Hilfskonkursverfahren.

Jahresbericht 2010 | FINMA

89


Vorgehen gegen unterstellungspflichtige bzw. unerlaubte Tätigkeiten Personen,

vor illegalen Finanzintermediären und versucht, die

die ohne entsprechende Bewilligung eine in den

Gegenüber

Gesellschaften

oder

Risikosensibilität potenzieller Anleger zu erhöhen.

Aufsichtsgesetzen genannte bewilligungspflichtige

Da viele Anlageklassen seit einiger Zeit praktisch ren-

Tätigkeit ausüben, trifft die FINMA die im konkreten

ditelos sind und die weitere Entwicklung der Märkte

Fall angemessenen Anordnungen. Entsprechende

unklar ist, sehen sich die Anleger versucht, ihr Geld

Hinweise erhält die FINMA etwa von Kunden,

Anbietern anzuvertrauen, die markant höhere

von ausländischen Aufsichtsbehörden oder von

Renditen versprechen. Dabei geht bei den Anlegern

Strafbehörden. Besteht Grund zur Annahme, ein

oft vergessen, dass es bekanntlich keine Anlagen

Unternehmen oder eine Person übe eine nach den

ohne Risiken gibt und die Höhe des Risikos mit der

Finanzmarktgesetzen unerlaubte Tätigkeit aus, klärt

Höhe der in Aussicht gestellten Rendite steigt. Die

die FINMA den Sachverhalt ab, mit dem Ziel, die

FINMA empfiehlt deshalb den Anlegern dringend,

Gläubiger und Anleger zu schützen.

die Anbieter von Anlagen umso genauer zu prüfen,

Einsatz von Untersuchungsbeauftragten

stehen hinter verlockend hohen Renditen unseri-

je höher die Renditeversprechungen sind. Vielfach Im Rahmen ihrer Abklärungen hat die FINMA ins-

öse Anbieter. Die FINMA verfügt über eine grosse

besondere die Möglichkeit, eine unabhängige und

Erfahrung mit vermeintlich attraktiven Angeboten

fachkundige Person als Untersuchungsbeauftragte

und unrealistischen Renditen. Allgemein kann nicht

einzusetzen, die anstelle der Organe des Unterneh-

genug gewarnt werden vor Angeboten, die schlicht

mens handeln darf. Insgesamt wurden sechs Ver-

zu gut sind. Oft handelt es sich dabei ganz einfach

fügungen mit vorsorglichen Massnahmen erlassen

um Schneeballsysteme, bei denen zu Beginn zwar

und Untersuchungsbeauftragte eingesetzt. Steht

tatsächlich hohe Renditen bezahlt, die Gelder am

fest, dass eine Gesellschaft ohne Bewilligung der

Schluss der Anlagelaufzeit jedoch nicht mehr zurück-

FINMA eine bewilligungspflichtige Tätigkeit ausübt,

erstattet werden können und somit für die Anleger

werden die notwendigen Massnahmen getroffen.

verloren sind. Die FINMA appelliert deshalb an den

Diese können bis hin zur Liquidation betroffener

gesunden Menschenverstand der Anleger. Diese

Unternehmen führen.

sollten sich nicht von Hochglanzprospekten, schön gestalteten Internetseiten oder geschickten Telefon-

Negativliste auf der FINMA-Website

verkäufern blenden lassen, sondern eine gesunde

Bei Hinweisen auf eine bewilligungspflichtige

Skepsis und Vorsicht wahren. Es empfiehlt sich, vor

Tätigkeit von Gesellschaften oder Personen ohne

einer Investition namentlich im Internet Recherchen

tatsächliche Präsenz in der Schweiz, gegen welche

über die potenziellen Anbieter und deren Produkte

die FINMA nicht direkt vorgehen kann, erfolgt eine

zu tätigen, beispielsweise auf der Negativliste der

Veröffentlichung auf der Negativliste106 der FINMA-

FINMA, im Handelsregister oder über Newsgroups.

Website. Um den Eindruck zu verhindern, dass es sich um eine Schweizer Gesellschaft handelt, werden gegebenenfalls Internetseiten und schweizerische Telefonnummern gesperrt.

Verfahren und Verfügungen Im Zusammenhang mit dem Vorgehen gegen illegal tätige Finanzmarktaktivitäten erliess die FINMA zwölf Endverfügungen mit Massnahmen

vgl. www.finma.ch/d/sank­ tionen/unbewilligte-institute/ Seiten/default.aspx 107 vgl. http://www.finma.ch/ d/­finma/publikationen/ Documents/anlegerbericht20101124-d.pdf 106

90

Anlegerschutzbericht der FINMA

gegenüber insgesamt 45 Gesellschaften und natürli-

In ihrem Bericht «Kundenschutz – gemeinsam

chen Personen wegen illegaler Tätigkeit im Sinne des

gegen illegale Finanzintermediäre»107, der im Novem-

Banken-, Börsen-, Kollektivanlagen-, Versicherungs-

ber 2010 veröffentlicht wurde, warnt die FINMA

aufsichts- und/oder des Geldwäscherei­gesetzes.

Jahresbericht 2010 | FINMA


Zudem erstattete die FINMA gegen 22 Personen

Gold oder Silber. Bieten sie zusätzlich die Lagerung

13 Strafanzeigen wegen unerlaubter Tätigkeit.

der erworbenen Edelmetalle bei sich selbst oder

Verschiedentlich musste gleichzeitig mit der illega-

bei einem Dritten im In- oder Ausland an, muss

len Tätigkeit auch die Insolvenz festgestellt sowie

sichergestellt sein, dass sie tatsächlich physisch

gegenüber 37 Gesellschaften und natürlichen

über die Edelmetalle verfügen und dem Kunden

Personen der Konkurs eröffnet werden. Dazu ein

in einem allfälligen Konkurs des Händlers oder des

Beispiel:

Aufbewahrers ein Aussonderungsrecht zusteht.

Ein

österreichisches

Brüderpaar

nahm

im

Nur unter diesen Voraussetzungen benötigt der

Rahmen eines Schneeballsystems und mithilfe

Edelmetallhändler keine Bankenbewilligung. Nicht

verschiedener Gruppengesellschaften Gelder in

zulässig ist es demnach, sogenannte Goldkonten

der Höhe von mindestens 50 Millionen Schweizer

zu führen, bei denen das Gold nur als Referenzwert

Franken von mehreren Hundert Anlegern entgegen.

dient, ohne dass es physisch eingelagert wird. Auch

Sie versprachen diesen im Rahmen von Vermögens-

dürfen die einbezahlten Gelder nur kurz auf dem

verwaltungsverträgen jährliche Renditen von bis

Konto des Edelmetallhändlers liegen bleiben und

zu 40 Prozent. Die entgegengenommenen Gelder

müssen innerhalb weniger Tage für Goldkäufe ver-

wurden nicht, wie vereinbart, angelegt, sondern zu

wendet werden. Bewilligungspflichtig ist ebenfalls

einem Grossteil privat verwendet, oder sie flossen

das Einverlangen einer sogenannten Einrichtungsge-

an ein Modegeschäft der Ehefrau des einen Bruders.

bühr zu Beginn einer Kundenbeziehung – mit dem

Nach einem sehr aufwendigen Verfahren setzte die

Versprechen, diese den Anlegern bei Erreichen eines

FINMA im Dezember 2009 bzw. Anfang Mai 2010

bestimmten Umsatzes in Form von Gold oder eines

insgesamt zwölf Gesellschaften dieser Gruppe in

Rabatts zurückzuerstatten. In jedem Fall müssen

(Konkurs-)Liquidation, darunter eine Freizügigkeits-

Edelmetallhändler – auch jene, die keine Lagerung

stiftung, die als Vehikel benutzt wurde, um einer

anbieten – im Hinblick auf die Geldwäschereipräven-

der Gruppengesellschaften – unter dem Deckmantel

tion beaufsichtigt sein und sich dementsprechend

von Freizügigkeitsgeldern – Gelder zuzuführen. Die

einer SRO anschliessen oder sich direkt durch die

Stiftung war massiv überschuldet und – für die Gläu-

FINMA beaufsichtigen lassen.

biger besonders bitter – keinem Sicherheitsfonds angeschlossen, der den Ausfall decken könnte. Bei

Wertlose Aktien neuer Unternehmen

einer weiteren Stiftung, die auch in die Gruppenak-

Gehäuft wird die FINMA auf Fälle aufmerksam,

tivitäten involviert war, ergriff das zuständige Amt

in denen mit aggressiven Methoden (wertlose)

für berufliche Vorsorge und Stiftungen des Kantons

Aktien von Start-up-Unternehmen verkauft werden.

Zürich die notwendigen Massnahmen. Die Staatsan-

Es handelt sich meistens um Gesellschaften, die in

waltschaft des Kantons St. Gallen führt gegen die

zurzeit als attraktiv geltenden Bereichen wie dem

Hauptakteure ein Strafverfahren wegen Betrugs und

Rohstoff-, dem Alternativenergie- oder dem Medi-

Veruntreuung.

zinalbereich tätig sind. Häufig werden diese Aktien vor allem bei deutschen Anlegern stark vermarktet,

Weitere Problemkreise In Sachen unbewilligte Institute setzte sich die

vielfach sind sie auch im Freiverkehr an deutschen Börsen gelistet. Einige dieser Unternehmen werden

FINMA 2010 unter anderem mit nachfolgend darge-

in der Folge gar nie operativ tätig, das Geld wird aus

legten Problemkreisen auseinander.

der Gesellschaft abgezogen und diese schliesslich liquidiert, wodurch das investierte Kapital verloren

Goldhandel

ist. Zahlreiche Hinweise und Anfragen aus dem Pub-

Edelmetallhändler verkaufen Anlegern physi-

likum und das Interesse der Medien weisen auf eine

sches Edelmetall wie Barren oder Münzen, vorab in

relativ grosse Verbreitung dieses Phänomens hin. Die

Jahresbericht 2010 | FINMA

91


FINMA verfügt in solchen Fällen allerdings häufig nur

che Merkmale des Versicherungsbegriffs als erfüllt

über sehr begrenzte Eingriffsmöglichkeiten. Weder

und bestätigte damit die Praxis der FINMA. Der

der Verkauf eigener Aktien noch die reine Vermitt-

Entscheid wurde angefochten und ist derzeit vor

lung von Aktienkäufen sind bewilligungspflichtig.

Bundesgericht hängig.

Die FINMA kann hingegen eingreifen, wenn Aktien

Nicht in allen Fällen führt die Feststellung einer

beispielsweise im Rahmen einer Kapitalerhöhung

unerlaubten Tätigkeit zur umgehenden Auflösung

durch Dritte verkauft werden (bewilligungspflich-

des fehlbaren Finanzdienstleisters. Die FINMA prüft

tige Emissionshaustätigkeit) oder wenn der Zweck

im Einzelfall, ob eine mildere Massnahme geeignet

des Start-up-Unternehmens reine Finanzanlagen

ist, den rechtmässigen Zustand wiederherzustellen.

sind. In letztgenanntem Fall handelt es sich um eine bewilligungspflichtige Investmentgesellschaft.

Ausschluss des Rechtsanspruchs

In allen anderen Fällen liegt die Zuständigkeit bei

auf Unfalldeckung

den Strafverfolgungsbehörden.

Eine Stiftung ermöglicht den Mitgliedern der ihr angeschlossenen Gönnervereinigung den Bezug

Mietkautionsversicherungen

einer Versicherungsleistung, die unter gewissen

Wer in der Schweiz eine Mietkautionsversiche-

Bedingungen bei einem Unfall erbracht wird. Diese

rung anbietet, übt nach ständiger Praxis der FINMA

Leistung wird zu einem Teil aus dem Mitgliederbei-

eine bewilligungspflichtige Versicherungstätigkeit

trag für die Vereinigung finanziert, womit sich die

aus. Das Geschäft der Mietkautionsversicherungen

Erfüllung der oben beschriebenen Merkmale des

beinhaltet die Verpflichtung des Anbieters gegen-

Versicherungsbegriffs grundsätzlich in Betracht zie-

über einem Mieter zu einer Geldleistung an seinen

hen lässt. Mit den Vertretern der Vereinigung konnte

Vermieter bis zu einem vertraglich festgelegten

jedoch eine Vereinbarung erzielt werden, wonach

Betrag, wenn dessen Vermögen aufgrund des Miet-

künftig klarer hervorgehoben wird, dass auf die frag-

verhältnisses geschädigt wird. Auf der Gegenseite

liche Unfalldeckung kein Rechtsanspruch besteht,

schuldet der Mieter dem Anbieter eine Prämie. Die

diese also freiwillig erbracht wird. Insofern entfällt auch das Begriffselement der Versicherungsleistung, und der Versicherungsbegriff ist nicht erfüllt.

Die Merkmale des Versicherungsbegriffs – Risiko

Krankenversicherer ohne Bewilligung

– Leistung des Versicherungsnehmers (Prämie)

Eine Krankenkasse, die der institutionellen

– Leistung des Versicherers

Aufsicht des BAG untersteht, betrieb neben der

– Selbstständigkeit der Operation und Kompensation der Risiken nach

Grundversicherung nach Bundesgesetz über die

den Gesetzen der Statistik, das heisst planmässiger Geschäftsbetrieb

Krankenversicherung, für die sie ordnungsgemäss zugelassen war, zusätzlich noch eine Zusatzversicherung nach Versicherungsvertragsgesetz. Für diese Zusatzversicherung hätte sie eine Bewilligung der

Mietzins-, Bargeld oder Bankdepot genannt 109 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. März 2010, B-2808/2009 108

92

Mietkautionsversicherung stellt eine Alternative für

FINMA benötigt, um die sie jedoch nie nachgesucht

die in Art. 257e OR vorgesehene Hinterlegung eines

hatte. Die FINMA bzw. bereits das BPV als deren

Geldbetrags bei einer Bank108 dar, zu welcher der

Vorgängerbehörde wies die Krankenkasse an, ihren

Mieter durch den Vermieter kraft der genannten

Bestand auf einen für den Betrieb des Zusatzversi-

Bestimmung verpflichtet werden kann. Die Praxis

cherungsgeschäfts bewilligten Krankenversicherer

der FINMA in diesem Bereich war 2010 Gegenstand

zu übertragen. Diese Bestandesübertragung ist zwi-

eines Entscheides des Bundesverwaltungsgerichts.109

schenzeitlich erfolgt. Mit Verfügung vom 29.   März

Dieses erachtete beim vorliegenden Produkt sämtli-

2010, die inzwischen rechtskräftig geworden ist,

Jahresbericht 2010 | FINMA


stellte die FINMA überdies fest, dass die Kranken-

wiesen, zur Finanzierung allfälliger Altschäden eine

kasse ohne Bewilligung eine Versicherungstätigkeit

Bareinlage auf ein Sperrkonto zu hinterlegen. Weiter

ausgeübt und damit gegen das Versicherungs-

reichte die FINMA gegen die Krankenkasse beim EFD

aufsichtsgesetz verstossen hatte. Mit derselben

eine Strafanzeige wegen unbewilligter Geschäftstä-

Verfügung wurde die Krankenkasse zudem ange-

tigkeit ein.110

Konkurse und Liquidationen bei unbewilligten Instituten Konkurs- und Liquidationsverfahren (2010 neu

Aufgrund der geltenden Rechtslage sind diese aber

angeordnet: 37) gegen unbewilligte Institute sind

in jeweils separaten Verfahren abzuwickeln, was

bei einer Anfechtung der FINMA-Verfügung häufig

aufwendige Rekonstruktionen der gegenseitigen

langwierig. Bei Anfechtungen können zunächst nur

Ausgleichsforderungen zur Folge hat. Letztlich

sichernde und werterhaltende Verwertungshand-

sind – insbesondere bei Betrugsszenarien – zum

lungen vorgenommen werden. Die Erwahrung der

Zeitpunkt, in dem der Fall den Behörden bekannt

Aktiv- und Passivmasse wird in zahlreichen Fällen

wird, häufig kaum mehr Vermögenswerte vorhan-

durch eine nicht ordnungsgemässe Buchhaltung

den, sodass am Ende der Konkurs mangels Aktiven

massgeblich erschwert. Dies umso mehr, als oft

eingestellt werden muss. Es ist dann jeweils Sache

mehrere Gesellschaften aufgrund ihres Zusammen-

der Strafbehörden, nach Möglichkeit mindestens die

wirkens in finanzmarktrechtlich relevanter Hinsicht

Verantwortlichen noch strafrechtlich zu belangen.

als Gruppe zu qualifizieren und aufzulösen wären.

Enforcement im Bereich Marktaufsicht sowie Offenlegungs- und Übernahmerecht

Abklärungen und Verfahren

der Aufsicht unterstellten Instituts tätig oder war

in der Marktaufsicht

qualifizierter Aktionär eines Beaufsichtigten.

Seit Jahren überprüft die FINMA (bzw. ihre Vor-

Die FINMA ist überdies – wie vormals die EBK112

gängerbehörde EBK) gemeinsam mit den Überwa-

– zuständige Behörde zur Feststellung, ob die bör-

chungsstellen der Börsen den Handel in Effekten von

sengesetzlichen Meldepflichten verletzt wurden.113

Schweizer Emittenten mit Blick auf mögliche Börsen-

Diese Zuständigkeit gilt sowohl für Beaufsichtigte,

delikte, Marktmissbräuche und Verstösse gegen das

deren Organe, Angestellte und Eigner als auch

FINMA-Rundschreiben

«Marktverhaltens-

für Investoren, die der Aufsicht der FINMA nicht

regeln»111. 2010 wurden dies­bezüglich 17  grössere

unterstehen. Zuständig für die strafrechtliche Ver-

Vorabklärungen aufgenommen. Insgesamt erstat-

folgung von Verletzungen der börsengesetzlichen

tete die FINMA bei den zuständigen kantonalen

Meldepflichten ist der Strafrechtsdienst des EFD.

08/38

Strafverfolgungsbehörden vier Strafanzeigen, in den meisten Fällen wegen Verdachts auf strafbare

nach Art. 44 FINMAG vgl. http://www.finma.ch/ d/regulierung/Documents/ finma-rs-2008-38.pdf 112 vgl. «Laxey Partners und Implenia», S. 94 113 vgl. «Sulzer», S. 93 f. 114 vgl. FINMA-Jahresbericht 2009, S. 70 110 111

Sulzer

Insidergeschäfte. Die Anzeigen und Notifikationen

Die FINMA schloss am 30. Oktober 2009 den

betrafen insgesamt sieben Personen. Keine dieser

Fall Sulzer ab.114 Ausgangspunkt war eine Meldung

Personen war als Organ oder Mitarbeitender eines

im April 2007, in der die Everest Beteiligungs GmbH

Jahresbericht 2010 | FINMA

93


überraschend eine Beteiligung von über 31 Prozent

Implenia-Aktien lautenden Contracts for Difference

an der Sulzer AG offenlegte. Im Rahmen jenes

(CFD).115 Mit Urteil vom 18. Dezember 2008116 bzw.

Verwaltungsverfahrens, das die FINMA gegen die

11.  März    2010117 wiesen das Bundesverwaltungs-

involvierten Investoren führte, wurde namentlich

gericht bzw. das Bundesgericht die Beschwerde

festgestellt, dass die hinter Everest stehenden zwei

von Laxey Partners ab. Somit wurde unter anderem

Investoren R.P. und G.S. gesetzliche Offenlegungs-

bestätigt, dass die offenlegungsrechtlichen Bestim-

pflichten verletzt hatten. Beim dritten Investor, V.V.,

mungen der Markttransparenz dienen, das heisst die

kam die FINMA demgegenüber zum Schluss, dass

Verhinderung heimlicher Erwerbe sowie verdeckter

nicht genügend Beweise für die Feststellung einer

Veräusserungen

Verletzung der Offenlegungspflichten vorliegen.

bezwecken. Nachdem die vier Angeschuldigten

massgeblicher

Beteiligungen

Die Verfügung der FINMA wurde in der Folge durch

eine Wiedergutmachung von insgesamt einer Mil-

R.P. und G.S. angefochten. Das Bundesverwal-

lion Schweizer Franken geleistet hatten, stellte das

tungsgericht bestätigte den Entscheid der FINMA,

EFD das Strafverfahren im Dezember 2010 ein.

mit der einzigen Einschränkung, dass G.S. erst zu einem späteren als von der FINMA angenommenen

Übernahmerecht – Urteil des

Zeitpunkt Offenlegungsrecht verletzte. Mit dem

Bundesverwaltungsgerichts in Sachen

Entscheid bestätigte das Bundesverwaltungsgericht

Quadrant

insbesondere auch die Kompetenz der FINMA, als

Im Übernahmebereich war es auch im Jahr 2010

Aufsichtsbehörde in solchen Fällen gegen Investo-

sehr ruhig, sodass die per 1. Januar 2009 einge-

ren vorgehen und verfügen zu können.

führte neue Kompetenzenordnung zwischen der

Die FINMA hatte in diesem Fall zudem Strafanzeige beim EFD gegen die für die Verletzung der

neu verfügenden UEK und der FINMA als Beschwerdeinstanz bislang noch kaum getestet wurde.

Offenlegungspflicht verantwortlichen Investoren

Mit Entscheid vom 30. November 2010118 trat

erstattet. Nach ergangenem Bundesstrafgerichts-

das Bundesverwaltungsgericht teilweise auf die

urteil in Sachen OC Oerlikon, deren Ursache

Beschwerde der Sarasin Investmentfonds AG ein. Die

ebenfalls eine Strafanzeige wegen einer möglichen

Minderheitsaktionärin hatte den von der Anbieterin,

meldepflichtigen Gruppe war, stellte das EFD das

der Aquamit B.V., für die Beteiligungspapiere der

Strafverfahren wegen mutmasslicher Verletzung

Zielgesellschaft, der Quadrant AG, gebotenen Preis

des Börsenrechts im Fall Sulzer ein. Grundlage

angefochten. Als Begründung führte Sarasin an,

für diese Einstellung war die Bereitschaft der drei

dass die durch das Kontrollorgan vorgenommene

Beschuldigten, allfälliges beim Beteiligungsaufbau

Bewertung des Preises des vorausgegangenen

an Sulzer geschehenes strafrechtliches Unrecht mit

Erwerbs (insbesondere der Zusatzleistungen, die der

einer Wiedergutmachungsleistung im Umfang von

beherrschenden Aktionärsgruppe von der Anbieterin

zehn Millionen Schweizer Franken auszugleichen.

ausbezahlt worden sind) nicht korrekt sei. Das Bun-

Laxey Partners und Implenia

Entscheid der FINMA vom 8.  Juli 2009 und in Teilen

desverwaltungsgericht hob in dieser Hinsicht den

vgl. EBK-Jahresbericht 2007, S. 66 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2008, B-2775/2008 117 Urteil des Bundesgerichts vom 11. März 2010, 2C_77/2009, 2C_78/2009 118 Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. November 2010, B-5272/2009 119 Art. 48 Abs. 1 VwVG 115

116

94

Die EBK stellte mit Verfügung vom 7. März 2008

die Entscheide der UEK vom 29.  Mai und vom 16. Juni

fest, dass Laxey Partners Ltd et alii im Rahmen

2009 auf und wies die Sache zur Neubeurteilung im

ihres Beteiligungsaufbaus an der Implenia AG ihre

Sinne der Erwägungen an die UEK zurück. Das Bun-

Offenlegungspflichten nach Art. 20 BEHG verletzt

desverwaltungsgericht kam im Wesentlichen zum

hatten. Die Meldepflichtverletzungen erfolgten im

Schluss, dass Sarasin auf der Grundlage des Verwal-

Rahmen des insbesondere im ersten Quartal 2007

tungsverfahrensgesetzes119 zur Beschwerde berech-

realisierten Beteiligungsaufbaus und namentlich

tigt sei sowie ein aktuelles praktisches Interesse daran

im Zusammenhang mit dem Erwerb von auf

habe, auch wenn sie nur noch 0,0036 Prozent der

Jahresbericht 2010 | FINMA


Stimmrechte an Quadrant halte. Vor der UEK und

FINMA einzeln zu prüfen und darf sich nicht auf

der FINMA haben im Einklang mit Art. 33b Abs. 3

eine Prüfung der Leistungen als Ganzes beschrän-

und 33c Abs. 3 BEHG nur Aktionäre Parteistellung,

ken. Das Bundesverwaltungsgericht anerkennt,

die mindestens zwei Prozent der Stimmrechte der

dass bestimmte Leistungen schwierig zu bewerten

Zielgesellschaft halten. Diese Bestimmung ist rest-

sind. Je schwieriger die Bewertung einer Leistung

riktiver als jene, die das Bundesverwaltungsgericht

ist, desto grösser ist daher der Bewertungsspiel-

bei Verfahren im Zusammenhang mit öffentlichen

raum der Prüfstelle, die indes gleichwohl auf eine

Kaufangeboten anwendet. Zudem hat das Bundes-

verständliche Analyse abzustellen hat. Auf der

verwaltungsgericht entschieden, dass der Bericht

Grundlage dieser Feststellungen wies das Bundes-

der Prüfstelle weder transparent, verständlich

verwaltungsgericht die Sache zur Neubeurteilung

noch plausibel und zudem unvollständig sei: Nach

an die UEK zurück. Die UEK hat also die Angemes-

Bundesverwaltungsgericht hat die Prüfstelle jede

senheit des von Aquamit angebotenen Preises neu

im Rahmen eines voraus­gegangenen Erwerbs

zu prüfen oder prüfen zu lassen.

erbrachte Zusatzleistung nach Art. 41 Abs. 4 BEHV-

Jahresbericht 2010 | FINMA

95



DIE FINMA ALS BEHÖRDE


VERWALTUNGSRAT UND GESCHÄFTSLEITUNG

PD Dr. Sabine Kilgus

Mitglied

Paul Müller

Mitglied

Charles Pictet

Mitglied

Dr. Bruno Porro122

Mitglied

Prof. Dr. Jean-Baptiste Zufferey

Mitglied

Verwaltungsratsausschüsse Übernahmeausschuss

Dr. Eugen Haltiner tritt Ende Dezember 2010 als Präsident des Verwaltungsrats der FINMA zurück. Seine Nachfolgerin ab 1. Januar 2011 für den Rest der laufenden Amtsperiode ist Prof. Dr. Anne Héritier Lachat. 121 ab 1. Januar 2011 Präsidentin des Verwaltungsrats der FINMA 122 Dr. Bruno Porro tritt Ende Dezember 2010 als Mitglied des Verwaltungsrats der FINMA zurück. Sein Nachfolger für den Rest der laufenden Amtsperiode ist Dr. Eugenio Brianti. 120

98

Nominations- und Entschädigungsausschuss Prüfungsausschuss

Jahresbericht 2010 | FINMA

Dr. B. Porro

Mitglied

Ch. Pictet

Prof. Dr. Anne Héritier Lachat121

P. Müller

Vizepräsident

PD Dr. S. Kilgus

Daniel Zuberbühler

Prof. Dr. A. Héritier Lachat

Vizepräsidentin

D. Zuberbühler

Dr. Monica Mächler

Dr. M. Mächler

Präsident

Dr. E. Haltiner

Dr. Eugen Haltiner120

Vorsitz

Vorsitz

Vorsitz

Prof. Dr. J.-B. Zufferey

Verwaltungsrat


Geschäftsleitung Dr. Patrick Raaflaub

Direktor

Dr. Urs Zulauf

Stellvertretender Direktor, Leiter Geschäftsbereich Strategische Grundlagen und Zentrale Dienste

Mark Branson

Leiter Geschäftsbereich Banken

Dr. René Schnieper

Leiter Geschäftsbereich Versicherungen

Franz Stirnimann

Leiter Geschäftsbereich Märkte

Erweiterte Geschäftsleitung Dr. Urs Bischof

Leiter Abteilung Risikomanagement

Kurt Bucher

Leiter Abteilung Accounting, Prüfgesellschaften und Ratingagenturen

Hans-Peter Gschwind

Leiter Abteilung Aufsicht Schadenversicherung, Leiter Gruppe Aufsichtsrecht Versicherungen

Dr. Urs Karlen

Leiter Abteilung Qualitatives Risikomanagement

Daniel Sigrist

Leiter Abteilung Aufsicht Lebensversicherung

Yann Wermeille

Leiter Abteilung Kollektive Kapitalanlagen

Andreas Wortmann

Leiter Abteilung Zentrale Dienste

Dr. David Wyss

Leiter Abteilung Enforcement und Marktaufsicht

Enforcementausschuss Der Enforcementausschuss (ENA) entscheidet über Enforcementgeschäfte oder bereitet entsprechende Geschäfte zuhanden des Verwaltungsrats vor. Ständige ENA-Mitglieder sind:

Dr. Patrick Raaflaub

Dr. Urs Zulauf

Franz Stirnimann

Dr. David Wyss Ist ein beaufsichtigtes Institut von einem Enforcementgeschäft betroffen, ist

das für die Aufsicht zuständige Geschäftsleitungsmitglied für dieses Geschäft Mitglied des ENA. Der für die internationale Amtshilfe Verantwortliche ist überdies permanenter Beisitzer mit Stimmberechtigung bei Amtshilfegeschäften.

Jahresbericht 2010 | FINMA

99


PERSONAL

Rechtsgrundlagen Die Personalpolitik der FINMA ist in Art. 13

Das Personal der FINMA ist nach der gesetz­

FINMAG und in der vom Bundesrat genehmigten

lichen Vorgabe öffentlich-rechtlich angestellt. Die

FINMA-Personalverordnung verankert. Diese legt

rechtlichen Grundlagen und die Arbeitsverträge

Grundsätze fest zur Begründung und Beendi-

liegen jedoch sehr nahe beim Obligationenrecht.

gung der Anstellung, zur Lohngestaltung, zu den

Unterschiede gibt es in den Modalitäten allfälliger

Ansprüchen auf Lohnfortzahlung, zu Arbeitszeit

Kündigungen und vor allem im öffentlich-rechtlichen

und Ferien, zur beruflichen Vorsorge, zu Neben­

Rechtsweg bei personalrechtlichen Auseinander­

beschäftigung und öffentlichen Ämtern, Treue-

setzungen. Zuständig wäre das Bundesverwaltungs-

und Verhaltenspflichten sowie zum Rechtsweg im

gericht und nicht das Arbeitsgericht. Die FINMA

Streitfall. Das FINMA-Personalreglement und der

hatte 2010 keine personalrechtlichen Auseinander-

Verhaltenskodex präzisieren die personalrechtlichen

setzungen vor Gericht.

Rahmenbedingungen.

Personal- und Lohnpolitik Die FINMA verfolgt eine leistungs- und markt-

notwendig, da die FINMA mit ihren Mitarbeitenden

orientierte Personalpolitik. Leistungsträger sollen

auf dem Arbeitsmarkt vorwiegend mit privaten

gefördert und überdurchschnittliche Leistungen

Arbeitgebern und nicht mit der zentralen Bundes-

honoriert werden. Die Personalstatuten der FINMA

verwaltung konkurriert.

ermöglichen eine grössere Flexibilität bei der

Ein Basislohn von über 300 000 Schweizer

Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen. Dies ist

Franken bedarf der Zustimmung des Vorstehers des

Lohnband

Minimalbetrag

Maximalbetrag

1

215 000

300 000

2

170 000

260 000

3

130 000

210 000

4

100 000

160 000

5

70 000

120 000

6

50 000

90 000

Die Basis des Lohnsystems der FINMA bilden sechs sich überlappende Lohnbänder.

100

Jahresbericht 2010 | FINMA


EFD. Die Höchstsumme von Basislohn und variabler

lohns. Wenigen Mitarbeitenden wurde in diesem

Lohnkomponente wird für den Direktor oder die

Prozess der Lohn gesenkt, weil sich die Funktion

Direktorin anlässlich der Anstellung festgelegt und

geändert hatte oder deutliche und lang andau-

unterliegt der Genehmigung durch den Bundesrat.

ernde Leistungsmängel festgestellt wurden.

Der FINMA gelang es, 2010 zusätzliche qualifi-

Ausserordentliche Leistungen können durch

zierte Spezialisten mit Erfahrung im Finanzbereich

eine variable Lohnkomponente honoriert werden.123

für die Aufsicht zu gewinnen. Dies ist letztlich auch

Die FINMA nutzte diese Möglichkeit und gewährte

den gegenwärtigen günstigen Arbeitsmarktbedin-

2010 123 Mitarbeitenden (31 Prozent) eine

gungen zuzuschreiben.

­«Prämie» (variable Lohnkomponente) von 7,5  Pro-

Anders als in der zentralen Bundesverwaltung

zent, 15  Prozent oder (für Geschäftsleitungsmit­

glich die FINMA ihren Mitarbeitenden 2010 keine

glieder) 20 Prozent des Basislohnes. Entsprechend

Teuerung aus, da sich der für die FINMA massge-

der Vorgabe in der FINMA-Personalverordnung

bende Landesindex der Konsumentenpreise kumu-

wurden nur Personen mit einer Prämie ausgezeich-

liert um nicht mehr als ein Prozent erhöhte.

net, welche die vereinbarten Ziele übertrafen.

Per April 2010 erhielten 44 Prozent der Mit-

Im Laufe des Jahres 2010 wurde das Karriere-

arbeitenden eine Lohnerhöhung in der Höhe von

und Entwicklungsmodell der FINMA erarbeitet,

insgesamt 2,45 Prozent der Lohnsumme. Im Einzel-

das per 1. April 2011 wirksam wird. Mit dem

nen unterschieden sich die gewährten Lohnerhö-

Fachkarriere­modell der FINMA wird den Mitarbei-

hungen erheblich: Die höchste betrug 36,5 Prozent,

tenden als Alternative zur Führungskarriere eine

die niedrigste 1,2 Prozent. Die Löhne wurden dort

gleichwertige Laufbahnmöglichkeit geboten. Die

angepasst, wo dies aufgrund von erweiterten Auf-

Beförderung in der Fachlaufbahn ist an strenge

gaben bzw. einer höheren Verantwortung oder von

fachliche Kriterien gebunden und bedingt einen

Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt angezeigt

markanten Zuwachs an fachlicher Expertise. Die-

war. Die Lohnanpassungen sind von der jährlichen

ses Modell trägt dazu bei, auf dem Arbeitsmarkt

Leistungsbeurteilung abgekoppelt. Es gibt keinen

die Attraktivität der FINMA als Arbeitgeberin zu

jährlichen Automatismus zur Anpassung des Basis-

erhöhen.

Personalbestand und -struktur Das durch den Verwaltungsrat genehmigte

Das Durchschnittsalter der Mitarbeitenden

Stellendach für 2010 lag bei 380 Vollzeitstellen.

betrug 41 Jahre. Die Sprachanteile setzten sich wie

Die FINMA beschäftigte 2010 durchschnittlich

folgt zusammen: 82 Prozent Deutsch, 14  Prozent

405  Mitarbeitende auf 371 Vollzeitstellen. Rund

Französisch, 3 Prozent Italienisch, 1 Prozent Eng-

22 Prozent des Personals arbeiten Teilzeit. Für das

lisch. Der Frauenanteil lag bei 39  Prozent. Die Fluk-

Jahr 2011 genehmigte der Verwaltungsrat einen

tuation (ohne Pensionierungen) betrug 10 Prozent.

Personalbestand von 400 Vollzeitstellen.

123

Art. 22 FINMA-Personal­ verordnung

Jahresbericht 2010 | FINMA

101


ORGANIGRAMM (per 31. Dezember 2010)

Geschäftsbereich Verwaltungsrat Dr. Eugen Haltiner Präsident

Abteilung Gruppe

Interne Revision Philippe Jurt

* Mitglied der Geschäftsleitung ** Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung

Direktor Dr. Patrick Raaflaub*

Banken Mark Branson*

Versicherungen Dr. René Schnieper*

Märkte Franz Stirnimann*

Strategische Grundlagen und Zentrale Dienste Dr. Urs Zulauf*

Aufsicht UBS Thomas Hirschi

Aufsicht Lebensversicherung Daniel Sigrist**

Kollektive Kapitalanlagen Yann Wermeille**

Strategische Grundlagen und Internationales Dr. Oliver Wünsch

Aufsicht CS Group Eva Aigner a.i.

Aufsicht Schadenversicherung Hans-Peter Gschwind**

Enforcement und Marktaufsicht Dr. David Wyss**

Zentrale Dienste Andreas Wortmann**

Aufsicht Vermögensverwaltungsbanken und Effektenhändler François Tinguely

Aufsicht Rückversicherung Stefan Senn

Geldwäscherei und Finanzintermediäre Léonard Bôle

Human Resources Agnes Keller

Aufsicht Retail- und Universalbanken Mark Branson a.i.*

Aufsicht Krankenversicherung Markus Geissbühler

Accounting, Prüfgesellschaften und Ratingagenturen Kurt Bucher**

Kommunikation Dr. Alain Bichsel

Risikomanagement Dr. Urs Bischof**

Aufsicht Gruppen Alain Kupferschmid

Aufsicht Börsen Dr. Marcel Aellen

Generalsekretariat Dr. Nina Arquint

Bewilligungen Hansueli Geiger

Qualitatives Risikomanagement Dr. Urs Karlen**

Solvenz und Kapital Dr. Reto Schiltknecht

Quantitatives Risikomanagement Dr. Hansjörg Furrer

Aufsichtsrecht Versicherungen Hans-Peter Gschwind**

102

Jahresbericht 2010 | FINMA

Recht und Compliance Kathrin Tanner / Renate Scherrer-Jost


Verhaltenskodex Die FINMA legt grössten Wert darauf, dass sich

Im Kodex finden sich unter anderem Regelun-

die für sie tätigen Personen integer verhalten. Zu

gen zu Nebenbeschäftigungen und öffentlichen

diesem Zweck erliess die FINMA einen Verhaltens-

Ämtern, zum Halten von Effekten von Beaufsichtig-

kodex. Der Kodex bezweckt die Sicherstellung der

ten, zur Annahme von Geschenken, zum Ausstand

Integrität der Mitglieder des Verwaltungsrats sowie

sowie zum Amtsgeheimnis. Alle neu eintretenden

der Mitarbeitenden der FINMA und regelt insbeson-

Mitarbeitenden werden in den wichtigsten Fragen

dere den Umgang mit Interessenkonflikten.

des Verhaltenskodex geschult.

Jahresbericht 2010 | FINMA

103


FINANZMARKTREGULIERUNG 2010  – RÜCKBLICK UND PLANUNG (per 31. Dezember 2010)

Projekt

Kontakt und Information

Sektorübergreifend Abgaben Im November 2010 erliess der Bundesrat eine Änderung der Gebühren- und Abgabenverordnung. Neu wurde die Bemessungsgrundlage der Aufsichtsabgabe geändert. Zudem sollen die Kosten der Aufsicht für die beiden Grossbanken künftig diesen beiden Instituten direkt in Rechnung gestellt werden, um Quersubventionierungen zu korrigieren. Auch im Börsenbereich soll der Aufwand vollständig und verursachergerecht auf die entsprechenden Institute überwälzt werden.

Geldwäscherei: Konsolidierung der drei FINMA-Verordnungen Die drei Verordnungen von EBK, BPV und Kst GwG wurden in einer Verordnung zusammengeführt. Neben vereinzelten materiellen Neuerungen zwecks Harmonisierung oder Anpassung an die gegenwärtigen internationalen Entwicklungen handelt es sich in erster Linie um eine technische Zusammenführung mit Vereinfachungen im Verordnungstext. Die neue Verordnung trat am 1. Januar 2011 in Kraft. Sie sieht Übergangsfristen vor.

Prüfwesen: Konsolidierung der elf FINMA-Rundschreiben Die elf Rundschreiben von EBK, BPV und Kst GwG wurden unverändert in die FINMA überführt. Sie sollen überarbeitet und konsolidiert werden. Dabei wird beim Einsatz der Prüfgesellschaften eine weitgehende Standardisierung zwischen den einzelnen Aufsichtsbereichen innerhalb der FINMA und eine verstärkte Risikoorientierung angestrebt.

Corporate Governance Auch die Rundschreiben der EBK und des BPV zur Corporate Governance wurden für die FINMA unverändert übernommen. Eine Überprüfung soll Überarbeitungsbedarf offenlegen und aufzeigen, in welchen Bereichen ein harmonisierter Ansatz sinnvoll ist.

Insolvenz und Sanierung Die Vorlage zum Einlegerschutz bei Banken enthält auch eine Revision des Sanierungsverfahrens für Banken. Analog zu den Bestimmungen zum Bankenkonkurs wird die FINMA nunmehr auch zum Erlass einer Bankensanierungsverordnung berechtigt. Neu sind zudem Insolvenzregeln für Versicherungsunternehmen und kollektive Kapital­ anlagen vorgesehen.

Datenbearbeitung durch die FINMA Nach Art. 23 Abs. 1 FINMAG hat die FINMA die Einzelheiten ihrer Datenbearbeitung zu regeln. Dazu ist die Ausarbeitung einer Verordnung geplant.

SIF www.sif.admin.ch

FINMA www.finma.ch

FINMA www.finma.ch

FINMA www.finma.ch

SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch

FINMA www.finma.ch

Banken Einlagen bei Genossenschaften, Vereinen und Stiftungen Die FINMA passte im Januar 2010 das Rundschreiben 08/3 «Publikumseinlagen bei Nichtbanken» an die im Oktober 2009 durch den Bundesrat erfolgte Änderung der Bankenverordnung an. Danach dürfen Genossenschaften, Vereine und Stiftungen Einlagen aus dem Publikum künftig nur noch entgegennehmen, wenn sie diese für den gemeinschaftlichen Zweck der Organisation verwenden.

104

Jahresbericht 2010 | FINMA

FINMA www.finma.ch


Regulierungsstufe

Stand und nächste Schritte Ausarbeitung

Vernehmlassung / Anhörung

Überarbeitung

Verabschiedung

Verordnung

Verordnung

Rundschreiben

im Gang

offen

Rundschreiben

im Gang

offen

Gesetz bzw. Verordnung

im Gang

offen

(Gesetz)

(Gesetz)

(Gesetz)

(Gesetz)

Verordnung

in Planung

Rundschreiben

-----

-----

Jahresbericht 2010 | FINMA

105


Projekt

Kontakt und Information

Basel II – Säule 1 («Basel 2.5»)

SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch

Im Nachgang zur Finanzkrise wurden die Basel-II-Standards der Säule 1 im Bereich Marktrisiken und Verbriefungen sowie die EU-Standards zu den Risikoverteilungsvorschriften, vor allem hinsichtlich des Interbankengeschäfts, verschärft. Im November 2010 erfolgten Anpassungen in den Eigenmittel- und Risikoverteilungsvorschriften der Eigenmittelverordnung sowie von vier FINMA-Rundschreiben, sodass die schweizerischen Vorschriften wieder den einschlägigen internationalen Referenzstandards entsprechen. Namentlich wurde das FINMA-Rundschreiben 08/20 «Marktrisiken Banken» an die «Revisions to the Basel II Market Risk Framework and Guidelines for Computing Capital for Incremental Risk in the Trading Book» angepasst.

Basel II – Säule 2 Unter Säule 2 der Basel-II-Mindeststandards müssen alle für das betreffende Institut wesentlichen Risikoarten mit nach bankinternen Messmethoden zu bestimmendem Kapital unterlegt werden. Dabei geht die unter Säule 2 erforderliche Unterlegung mit Eigenmitteln über die Mindeststandards der Säule 1 hinaus. Diese Sicherheitsmarge soll gewährleisten, dass die Mindestanforderungen nach Säule 1 selbst in schweren Krisen eingehalten und darüber hinaus die durch die Mindestanforderungen nicht oder nur unzureichend erfassten Risiken ausreichend gedeckt werden. Die in Art. 34 ERV zur Säule  2 festgehaltenen Grundsätze müssen in einem Rundschreiben konkretisiert werden.

Basel III Beruhend auf den Erfahrungen mit Basel II sowie den Erkenntnissen aus der ­Finanz­krise, überarbeitete das BCBS sein Regelwerk betreffend Kapital und Liquidität. Die Umsetzung des Regelwerks in Schweizer Recht mit Inkrafttreten auf Anfang 2013 ist in Planung. Dazu soll die bereits mit der Umsetzung von Basel II befasste nationale Arbeitsgruppe betraut werden. Zusätzlich zu Basel III werden auch die Risikoverteilungsvorschriften für den Schweizer Ansatz überarbeitet.

Systemische Risiken («Too big to fail») Gestützt auf Vorschläge der von ihm eingesetzten Expertenkommission, will der Bundesrat auf dem Gesetzesweg rasch und wirksam die Risiken für die Volkswirtschaft einschränken, die von grossen, systemrelevanten Banken ausgehen. Systemrelevante Banken sollen höhere Eigenmittel halten, strengere Liquiditätsvorschriften erfüllen und ihre Risiken besser verteilen. Sie sollen so organisiert sein, dass auch bei drohender Insolvenz systemwichtige Funktionen für die Volkswirtschaft gewährleistet sind. Um die Ausgabe von neuem Vorrats- und Wandlungskapital in der Schweiz zu fördern, schlägt der Bundesrat zudem steuerliche Massnahmen vor.

Einlegerschutz Nach einer ersten Verstärkung des Einlegerschutzes im Dezember 2008 durch das Parlament soll in einem zweiten Schritt das Einlagensicherungssystem grundlegend revidiert werden. Einzelne Vorschläge des Bundesrates stiessen aber während der Vernehmlassung überwiegend auf Ablehnung, sodass gemäss der im April 2010 veröffentlichten Botschaft einzig die befristeten Sofortmassnahmen ins Dauerrecht überführt sowie die in der Vernehmlassung unbestritten gebliebenen Bestimmungen übernommen werden sollen. Es handelt sich dabei um die Regelung über die Weiterführung von Bankdienstleistungen, die Verkürzung der Frist zur Auszahlung aus der Einlagensicherung, die Anerkennung ausländischer Insolvenzmassnahmen sowie die Regelung nachrichtenloser Vermögenswerte. Bis zur endgültigen Verabschiedung der Gesetzesvorlage wurden die Sofortmassnahmen im Dezember 2010 um zwei weitere Jahre bis Ende 2012 verlängert.

106

Jahresbericht 2010 | FINMA

FINMA www.finma.ch

SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch

SIF www.sif.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch

SIF www.sif.admin.ch


Regulierungsstufe

Stand und nächste Schritte Ausarbeitung

Vernehmlassung / Anhörung

Überarbeitung

Verabschiedung

Verordnung bzw. Rundschreiben

Rundschreiben

im Gang

geplant für Q1/11

geplant für Q2/11

geplant für Q3/11

Verordnung bzw. Rundschreiben

in Planung

Gesetz und Verordnung bzw. Rundschreiben

bis 23. März 2011

(Gesetz)

(Gesetz)

Gesetz

im Gang

offen

Jahresbericht 2010 | FINMA

107


Projekt

Kontakt und Information

Nachrichtenlose Vermögenswerte

SIF www.sif.admin.ch

Mit Änderungen des Obligationenrechts, des Zivilgesetzbuches und der Zivilprozessordnung sollte der Umgang mit nachrichtenlosen Vermögenswerten geregelt werden. Darauf wurde angesichts der kontroversen Vernehmlassungsergebnisse verzichtet. Jedoch soll mit einer einfachen Bestimmung den Banken die Möglichkeit in die Hand gegeben werden, solche Vermögenswerte nach vorgängiger Publikation zu liquidieren. Der Liquidationserlös fiele an den Bund, wobei die Ansprüche von Berechtigten, die sich auch auf die Publikation hin nicht gemeldet haben, erlöschen würden. Eine entsprechende, in einer Verordnung zu konkretisierende Zusatzvorlage wurde an die Vorlage zum Einlegerschutz angehängt (Zusatzbotschaft von Oktober 2010).

Rechnungslegung Die hängige Revision des Aktien- und Rechnungslegungsrechts sieht auch Bestimmungen zur Rechnungslegung bei Banken und Effektenhändlern (sowie Versicherungsunternehmen) vor. Diese wird zurzeit gemeinsam mit der Volksinitiative «gegen die Abzockerei» im Parlament diskutiert. Darüber hinaus plant die FINMA eine weitergehende Revision der Rechnungslegungsvorschriften für Banken und Effektenhändler auf Stufe Rundschreiben. Dabei gilt es, zu berücksichtigen, dass aus Sicht der Investoren und der prudenziellen Aufsicht unterschiedliche Anforderungen an die Rechnungslegungsvorschriften für Finanzinstitute bestehen. Die Unterschiede müssen analysiert und gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen für die prudenzielle Aufsicht formuliert werden.

BJ www.bj.admin.ch bzw. FINMA www.finma.ch

Versicherungen Zusatzversicherung zur sozialen Krankenversicherung Das im März 2010 verabschiedete Rundschreiben 10/3 «Krankenversicherung nach VVG» konkretisiert die aufsichtsrechtlichen Vorgaben für die Tarifierung und versicherungstechnischen Rückstellungen im Bereich der Krankenzusatzversicherungen. Es definiert insbesondere den Auftrag der FINMA, durch ein präventives Tarifgenehmigungsverfahren sicherzustellen, dass die erhobenen Prämien weder solvenzgefährdend tief noch missbräuchlich hoch sind.

Versicherungsverträge Grundanliegen der Totalrevision des Versicherungsvertragsrechts sind die Anpassung des Versicherungsvertragsrechts an die veränderten Gegebenheiten und Bedürfnisse sowie die Sicherstellung eines vernünftigen und realisierbaren Versichertenschutzes. Ein Gesetzesentwurf will für eine Ausgewogenheit zwischen den Verpflichtungen der Versicherungsnehmer einerseits und jenen der Versicherungsunternehmen andererseits sorgen. Ein überarbeiteter Entwurf soll samt entsprechender Botschaft dem Parlament im Laufe des Jahres 2011 unterbreitet werden.

Technische Rückstellungen für Rückversicherer Die Aufsichtsverordnung enthält keine spezifische Regelung zu den Rückstellungen für Rückversicherer. Erforderliche Konkretisierungen müssen auf der Stufe Rundschreiben erfolgen. Ein in die Anhörung gegebener Entwurf legt Minimalanforderungen fest, die sicherstellen sollen, dass die Versicherungsunternehmen aus aktuarieller Sicht ausreichende versicherungstechnische Rückstellungen vornehmen. Vorgesehen sind Grundsätze zur Bewertung, Dokumentation und Information sowie zum Prozess und zur Kontrolle der versicherungstechnischen Rückstellungen.

108

Jahresbericht 2010 | FINMA

FINMA www.finma.ch

SIF www.sif.admin.ch

FINMA www.finma.ch


Regulierungsstufe

Stand und nächste Schritte Ausarbeitung

Vernehmlassung / Anhörung

Überarbeitung

Verabschiedung

Gesetz und Verordnung

im Gang

offen

(Gesetz)

(Gesetz)

(Gesetz)

(Gesetz)

Gesetz bzw. Rundschreiben

im Gang

offen

(Gesetz)

(Gesetz)

(Gesetz)

(Gesetz)

Rundschreiben

Gesetz

im Gang

offen

Rundschreiben

im Gang

offen

Jahresbericht 2010 | FINMA

109


Projekt

Kontakt und Information

Risikosituation bei Versicherern

FINMA www.finma.ch

Die FINMA bezweckt mittels Rundschreiben die Konkretisierung der aufsichtsrechtlichen Bestimmungen über das Risikomanagement bei Versicherern. Geplant sind Prinzipien zur Erfassung, insbesondere zur Erstellung und Einschätzung der Risikosituation. Weiter sollen Mindestanforderungen an Art, Inhalt und Gestaltung der Berichterstattung festgelegt werden.

Betriebsrechnung berufliche Vorsorge Das FINMA-Rundschreiben 08/36 «Betriebsrechnung berufliche Vorsorge» enthält neben der grundsätzlichen Komponente, welche die gesetzlichen Bestimmungen zur Betriebsrechnung berufliche Vorsorge konkretisiert und präzisiert, auch eine technische Komponente, welche die einzelnen Positionen im elektronischen Formularsatz zur Erhebung der Rechnungsabschluss- und Bestandesdaten durch die FINMA erläutert. Bei der grundsätzlichen Komponente wird eine Überarbeitung geprüft, bei der technischen Komponente die Ausgliederung in eine Wegleitung (zwecks besserer Flexibilität).

FINMA www.finma.ch

Märkte Finanzintermediation nach Geldwäschereigesetz Die Verordnung über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation (VBF) legt fest, wann eine nicht prudenziell beaufsichtigte Person oder Unternehmung als Finanzintermediärin des Nichtbankensektors gilt. Das im November 2010 verabschiedete FINMA-Rundschreiben 11/1 «Finanzintermediation nach GwG» definiert die Bestimmungen der VBF näher und legt die Unterstellungspraxis der FINMA in diesem Bereich dar. Diese lehnt sich weitgehend an die Praxis der ehemaligen Kst GwG an.

Börsendelikte und Marktmissbrauch Die Wirksamkeit der Regulierung soll durch eine Revision der strafrechtlichen Verfolgung von Börsendelikten erhöht werden. Inhaltlich soll der strafrechtliche Tatbestand des Insiderhandels neu geregelt werden. Zudem will man qualifizierte Tatbestände des Insiderhandels und der Kursmanipulation schaffen. Der strafrechtliche Instanzenzug soll gestrafft werden, indem die Kompetenz zur Verfolgung und Beurteilung der Börsendelikte der Bundesanwaltschaft und dem Bundesstrafgericht übertragen würde. Eine Überarbeitung der Vernehmlassungsvorlage einschliesslich entsprechender Botschaft ist für Frühjahr 2011 geplant.

110

Jahresbericht 2010 | FINMA

FINMA www.finma.ch

SIF www.sif.admin.ch


Regulierungsstufe

Stand und nächste Schritte Ausarbeitung

Vernehmlassung / Anhörung

Überarbeitung

Verabschiedung

Rundschreiben

im Gang

offen

Rundschreiben

offen

Rundschreiben

Gesetz

im Gang

offen

Jahresbericht 2010 | FINMA

111


STATISTIKEN (per 31. Dezember 2010)

Ausländische kollektive

Unterstellte Institute

124

Kapitalanlagen

(2009) 2010

Total ausländische kollektive Unterstellte Banken

(2009) 2010

Kapitalanlagen, wovon

(5159) 5791

Banken, wovon

(330)

326

– eurokompatibel (UCITS)

(4761) 5439

– ausländisch beherrscht

(123)

121

– nicht eurokompatibel

– Zweigniederlassungen

(Non-UCITS)

ausländischer Banken

Raiffeisenbanken

(398)

(35)

36

(350)

339

Unterstellte Vermögensverwalter (Asset

(52)

48

Manager) und Vertriebsträger nach KAG

Vertretungen ausländischer Banken

352

Vermögensverwalter Unterstellte Effektenhändler

(Asset Manager)

Effektenhändler, wovon

(68)

72

– ausländisch beherrscht

(18)

19

– Zweigniederlassungen

ausländischer Effektenhändler

(12)

15

83 420

und Krankenkassen Lebensversicherer, wovon

Effektenhändler

(40)

40

Anerkannte ausländische Börsenteilnehmer

(136)

139

Unterstellte Börsen

– in der Schweiz domizilierte

Versicherungsunternehmen

– Niederlassungen ausländischer

Versicherungsunternehmen

Schadenversicherer, wovon

Inländische Börsen

(3)

3

(2)

2

(41)

45

Inländische börsenähnliche Einrichtungen Anerkannte ausländische Börsen Anerkannte ausländische börsenähnliche Einrichtungen

(3)

4

(25)

25

(21)

21

(4)

4

(124)

126

– in der Schweiz domizilierte

Versicherungsunternehmen

(inkl. 20 Krankenzusatzversicherungen

[2009: 18])

– Niederlassungen ausländischer

Versicherungsunternehmen

(78)

79

(46)

47

Rückversicherer total

(69)

62

Unterstellte kollektive Kapitalanlagen

– Rückversicherer

(26)

27

Schweizerische kollektive Kapitalanlagen

– Rückversicherungscaptives

(42)

35

Total schweizerische kollektive

Krankenkassen, welche die Krankenzusatzversicherung betreiben (40)

35

Kapitalanlagen, wovon

(1343) 1400

– offene kollektive Kapital-

anlagen (nach Art. 8 KAG)

– vertragliche Anlagefonds

und SICAV

Total beaufsichtigte Versicherungs- unternehmen und Krankenkassen (1336) 1387

– davon nur für qualifizierte

Anleger bestimmt

– geschlossene kollektive

Der Begriff «unterstellt» bedeutet nicht zwingend, dass die Institute durch die FINMA beaufsichtigt werden.

112

(70) (425)

Unterstellte Versicherungsunternehmen

Vertretungen ausländischer

124

Vertriebsträger

Jahresbericht 2010 | FINMA

627

Total DUFI

(11)

11

(441)

412

Total registrierte Versicherungs-

Kapitalanlagen (nach Art. 9 KAG) – KGK und SICAF

248

Unterstellte Finanzintermediäre Total unterstellte SRO

(566)

(258)

vermittler (7)

13

(12 650) 12 854


Anerkannte Prüfgesellschaften und Ratingagenturen

(2009) 2010

Total anerkannte Prüfgesellschaften

– davon nur für direkt

unterstellte Finanzintermediäre

Total anerkannte Ratingagenturen

Versicherungen

(2009) 2010

(118)

115

– in der Schweiz domizilierte

(97)

99

Versicherungsunternehmen

(5)

5

– Niederlassungen ausländischer

Versicherungsunternehmen

Lebensversicherer, wovon

Schadenversicherer, wovon

Bewilligungen Banken und Effektenhändler Banken Bankbewilligungen (Art. 3 BankG)

– in der Schweiz domizilierte

Versicherungsunternehmen

– Niederlassungen ausländischer

Versicherungsunternehmen

(0)

1

Total

(8)

9

(633)

550

(26)

23

2

Krankenzusatzversicherung

10

Effektenhändler

Finanzintermediäre

Effektenhändlerbewilligungen

Versicherungsvermittler 5

Vertretungen (Art. 49 BEHV)

(3)

5

Zusatzbewilligungen (Art. 10 Abs. 6

DUFI

Prüfgesellschaften und Ratingagenturen Total Verfügungen für Wechsel

BEHG und Art. 56 Abs. 3 BEHV)

(1)

3

Prüfgesellschaften,

Aufhebung der Unterstellung

(0)

2

– davon bei direkt unterstellten

Finanzintermediären

(20)

17

Anerkennung ausländischer Börsenteilnehmer

3

betreiben

(1)

4

(2)

1

Zusatzbewilligungen (Art. 3ter BankG) (28)

(1)

5

(3)

Vertretungen (Art. 14 ABV-FINMA)

(0)

(5)

Rückversicherungscaptives Krankenkassen, welche die

Zweigniederlassungen (Art. 41 BEHV)

0

2

1

(Art. 10 BEHG)

(0)

2

(2)

2

0

(3)

(Art. 4 ABV-FINMA)

(4)

(0)

(0)

8

Aufhebung der Unterstellung

0

Rückversicherer

(9)

Zweigniederlassungen

(0)

Börsen

(43)

66

(12)

20

Anerkennungen von Prüfgesellschaften (5)

5

Löschungen von Prüfgesellschaften

(3)

8

Anerkennung von Ratingagenturen

(0)

0

(69)

51

Anerkennung ausländischer Börsen (inkl. börsenähnlicher Einrichtungen)

(4)

4

Verfügungen Kollektive Kapitalanlagen Verfügungen des ENA

Schweizerische kollektive Kapitalanlagen

(152)

189

Ausländische kollektive Kapitalanlagen

(984) 1184

Beschwerden und Strafanzeigen

Vermögensverwalter (Asset Manager)

Eingereichte Beschwerden

und Vertriebsträger nach KAG

Erledigte Beschwerden

24

Anzeigen an Strafverfolgungsbehörden –

32

Vermögensverwalter (Asset Manager) (19)

15

Vertriebsträger

14

(12)

27

Jahresbericht 2010 | FINMA

113



ANHANG


VERTRETUNG DER FINMA IN INTERNATIONALEN ARBEITSGRUPPEN Internationale Organisationen und Gremien

Financial Stability Board (FSB)

International Association of Insurance Supervisors

– Standing Committee on Supervisory and

(IAIS)

Regulatory Cooperation

– Executive Committee

– Steering Group on Resolution

– ComFrame Task Force

– Cross-Border Crisis Management Group

– Financial Stability Committee

– Peer Review Group on Compensation

– Technical Committee – Implementation Committee – Budget Committee

Joint Forum

– Internal Review Task Force

– Plenum (Vertretung Banken und Versicherungen)

– Solvency Subcommittee

– Task Force on the Differentiated Nature

– Accounting Subcommittee

– Insurance Contracts Subcommittee

and Scope of Regulation

– Working Group on Risk Assessment and

– Reinsurance Subcommittee

– Insurance Groups and Cross Sectoral Issues

Capital Standing

– Working Group on Revising the Principles

on Supervision of Financial Conglomerates

Committee – Governance and Compliance Subcommittee – Market Conduct Subcommittee – Insurance Core Principles Coordination Task

Basel Committee on Banking Supervision (BCBS)

Force

– Governors and Heads of Supervision – International Conference of Banking

Supervisors

Commissions (IOSCO)

– Policy Development Group

– Technical Committee

– Macroprudential Group

– Presidents’ Committee

– Working Group on Liquidity

– European Regional Committee

– Trading Book Group

– Technical Committee Task Force on Audit

– Definition of Capital Subgroup

Services

– Basel II Capital Monitoring Group

– Chairs’ Committee and Auditing

– Risk Management and Modelling Group

– Standing Committee 2

– Capital Interpretation Group – Cross-Border Banking Resolution Group – Standards Implementation Group – Standards Implementation Group on

Operational Risk

– Standards Implementation Group on Validation – Accounting Task Force – Anti-Money-Laundering / Combating the Financing of Terrorism Expert Group

116

International Organization of Securities

– Basler Hauptausschuss

– Standing Committee 3

(Regulation of Market Intermediaries) – Standing Committee 4

(Enforcement and Exchange of Information) – Standing Committee 5

(Investment Management) – Standing Committee 6 (Credit Rating Agencies)

– Governance Task Force

– Screening Group

– Top-down Calibration Group

– MMoU Verification Team 6

Jahresbericht 2010 | FINMA

(Regulation of Secondary Markets)


Internationale Foren

– Task Force on Unregulated Entities

– Futures and Options Markets Regulators‘

– Task Force on Commodity Futures Markets – Task Force on Derivatives Regulation

Meeting («Bürgenstock-Meeting») – Futures Industry Association / International Futures Industry Conference («Boca-RatonMeeting»)

Financial Action Task Force (FATF)

– Enlarged Contact Group (Treffen der Anlage-

– Plenum

fondsaufsichtsbehörden)

– Expert Group A / Expert Group B

– Wilton Park Securities Supervision Conference /

– Working Group on Typologies

International Cooperation and Enforcement

in the Securities Sector

– Senior Supervisors Group – OTC Derivatives Regulators Forum – Deutschsprachiges Vierländertreffen mit

Organisation for Economic Co-operation and

Deutschland, Österreich, Liechtenstein und der

Development (OECD) – OECD Insurance and Private Pensions

Schweiz (Banken- und Versicherungsbereich) – Conférence Francophone (Versicherungsbe-

Committee (IPPC)

reich) mit Frankreich, Luxemburg, Belgien

– IPPC Private Sector Advisory Group

– IPPC Task Force on Corporate Governance

– Groupe des Superviseurs Francophones

– IPPC Task Force on Insurance Statistics

und der Schweiz (Bankenbereich)

– OECD Committee on Financial Markets – OECD Economic Survey

International Monetary Fund (IMF) – Financial Sector Assessment Program (FSAP) – Article IV Consultation

Die Aufzählung beschränkt sich auf internationale Komitees mit aktiver Beteiligung der Schweiz.

Jahresbericht 2010 | FINMA

117


ABKÜRZUNGEN

ABV-FINMA

Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 21. Oktober 1996 über die ausländischen Banken in der Schweiz (AuslandbankenverordnungFINMA; SR 952.111)

DUFI

Direkt unterstellte Finanzintermediäre

EBA

European Banking Authority

EBK

Eidgenössische Bankenkommission (Vorgängerbehörde der FINMA)

AIFM

Alternative Investment Fund Managers (Verwalter alternativer Investmentfonds)

EFD

Eidgenössisches Finanzdepartement

EFV

Eidgenössische Finanzverwaltung

AVO

Verordnung vom 9. November 2005 über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung; SR 961.011)

EIOPA

European Insurance and Occupational Pensions Authority

ElCom

Eidgenössische Elektrizitätskommission

BAG

Bundesamt für Gesundheit

ENA

Enforcementausschuss

BankG

Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz; SR 952.0)

ERV

BankV

Verordnung vom 17. Mai 1972 über die Banken und Sparkassen (Bankenverordnung; SR 952.02)

Verordnung vom 29. September 2006 über die Eigenmittel und Risikoverteilung für Banken und Effektenhändler (Eigenmittelverordnung; SR 952.03)

ESMA

European Securities and Markets Authority

BBl

Bundesblatt

ETP

Exchange-Traded Products

BCBS

Basel Committee on Banking Supervision (Basler Ausschuss für Bankenaufsicht)

FATCA

U.S. Foreign Account Tax Compliance Act

FATF

Financial Action Task Force on Money Laundering

FINMA

Eidgenössische Finanzmarktaufsicht

FINMAG

Bundesgesetz vom 22. Juni 2007 über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz; SR 956.1)

FIRST

FINMA Insurance Reporting and Supervising Tool

FSA

Financial Services Authority (Grossbritannien)

BEHG

BEHV

Bundesgesetz vom 24. März 1995 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsengesetz; SR 954.1) Verordnung vom 2. Dezember 1996 über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung; SR 954.11)

BEHV-FINMA Verordnung vom 25. Oktober 2008 der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Börsen und den Effektenhandel (Börsenverordnung-FINMA; SR 954.193) BFE

Bundesamt für Energie

BIS

Bank for International Settlements

BPV

Bundesamt für Privatversicherungen (Vorgängerbehörde der FINMA)

BVG

118

Bundesgesetz vom 25. Juni 1982 über die berufliche Alters-, Hinterlassenenund Invalidenvorsorge (SR 831.40)

BVGer

Bundesverwaltungsgericht

CCP

Central Counterparty (Zentrale Gegenpartei)

CEBS

Committee of European Banking Supervisors

CEIOPS

Committee of European Insurance and Occupational Pensions Supervisors

CESR

Committee of European Securities Regulators

CFD

Contracts for Difference

CoCos

Contingent Convertible Bonds

ComFrame

Common Framework for the Supervision of Internationally Active Insurance Groups

Jahresbericht 2010 | FINMA

FSB

Financial Stability Board

GHOS

Governors and Heads of Supervision (Führungsorgan des BCBS)

GPK

Geschäftsprüfungskommissionen

GS EFD

Generalsekretariat des Eidgenössischen Finanzdepartements

GwG

Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 über die Bekämpfung der Geldwäscherei und der Terrorismusfinanzierung im Finanzsektor (Geldwäschereigesetz; SR 955.0)

GwV-FINMA Verordnung vom 8. Dezember 2010 der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung (Geldwäschereiverordnung-FINMA; SR 955.033.0) GwV-FINMA 1 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 18. Dezember 2002 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Banken-, Effektenhändler- und Kollektivanlagenbereich (Geldwäschereiverordnung-FINMA 1; AS 2003 554, 2008 2017 5613 Ziff. I 4)


GwV-FINMA 2 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 24. Oktober 2006 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im Privatversicherungsbereich (Geldwäschereiverordnung-FINMA 2; AS 2006 4413, 2008 5613 Ziff. I 5)

RAB

Eidgenössische Revisionsaufsichts- behörde

RAG

Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Zulassung und Beaufsichtigung der Revisorinnen und Revisoren (Revisionsaufsichtsgesetz; SR 221.302)

RRP

Recovery and Resolution Plan

SBVg

Schweizerische Bankiervereinigung

GwV-FINMA 3 Verordnung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht vom 6. November 2008 über die Verhinderung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung im übrigen Finanzsektor (GeldwäschereiverordnungFINMA 3; AS 2008 5313)

SFA

Swiss Funds Association

SICAF

Investmentgesellschaft mit festem Kapital

IAIS

International Association of Insurance Supervisors

SICAV

Investmentgesellschaft mit variablem Kapital

IFRS

International Financial Reporting Standards

SIF

Staatssekretariat für internationale Finanzfragen

IMF

International Monetary Fund

SNB

Schweizerische Nationalbank

IOSCO

International Organization of Securities Commissions

SQA

Swiss Qualitative Assessment

SRO

Selbstregulierungsorganisation

IPRG

Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987 über das Internationale Privatrecht (SR 291)

SRO-SVV

Selbstregulierungsorganisation des Schweizerischen Versicherungsverbandes

ISDA

International Swaps and Derivatives Association

SST

Schweizer Solvenztest

StGB

KAG

Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz; SR 951.31)

Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311.0)

SVV

Schweizerischer Versicherungsverband

TK

Treuhand-Kammer

KGK

Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen

UCITS

Undertakings for Collective Investments in Transferable Securities

KKV

Verordnung vom 22. November 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagenverordnung; SR 951.311)

UEK

Übernahmekommission

US GAAP

US Generally Accepted Accounting Principles

VAG

Bundesgesetz vom 17. Dezember 2004 betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz; SR 961.01)

Kst GwG

Kontrollstelle für die Bekämpfung der Geldwäscherei (Vorgängerbehörde der FINMA)

MiFID

Markets in Financial Instruments Directive

VAS

MMoU

Multilateral Memorandum of Understanding

Verband der Auslandbanken in der Schweiz

VBF

MoU

Memorandum of Understanding

Verordnung vom 18. November 2009 über die berufsmässige Ausübung der Finanzintermediation (VBF; SR 955.071)

MTF

Multilateral Trading Facilities

VSB

NYSE

New York Stock Exchange

Vereinbarung über die Standesregeln zur Sorgfaltspflicht der Banken

OECD

Organisation for Economic Co-operation and Development

VSKB

Verband Schweizerischer Kantonalbanken

OR

Bundesgesetz vom 30. März 1911 betreffend die Ergänzung des Schweize­ rischen Zivilgesetzbuches (fünfter Teil: Obligationenrecht; SR 220)

VVG

Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz; SR 221.229.1)

VwVG

Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz; SR 172.021)

WAK-N

Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Nationalrates

OTC

Over the Counter

PCAOB

Public Company Accounting Oversight Board

QIA

Qualified Intermediary Agreement

Jahresbericht 2010 | FINMA

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