Wettbewerb 2015

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Wettbewerb 2015 Den Transformationsprozess des Energiesystems gestalten


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Vorwort

Berlin, August 2015 Sehr geehrte Damen und Herren, Der BDEW setzt sich seit seiner Gründung unablässig dafür ein, dass sich Wettbewerb in der Energiewirt­ schaft entfalten kann. Mit der Broschüre „Wettbewerb 2012“ konnte ich Ihnen vor drei Jahren einen deutschen Energiemarkt präsentieren, der seine Hausaufgaben gemacht hat. Und der schon damals in mancherlei Hin­ sicht im europäischen Vergleich Maßstäbe setzte.

Hildegard Müller, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung und Mitglied des Präsidiums

2015 ist es an der Zeit, erneut Bilanz zu ziehen. Einen großen Sprung nach vorne hat der Gasmarkt gemacht. Das freut mich ganz besonders. Und es freut mich auch, dass dies zunehmend Anerkennung findet, etwa durch den Präsidenten des Bundeskartellamts. 2015 wird außerdem noch deutlicher als zuvor: Deutschland ist ein Schlüssel zum Energiebinnenmarkt. Unser Land grenzt unmittelbar an neun Nachbarn an und ist mit weiteren durch Seekabel verbunden. Tatsächlich leistet Deutschland mit gut ausgebauten Verbindungen zum Ausland sowie erfolgreichen Plattformen für den Handel einen sehr positiven Beitrag beim Zusammen­ wachsen der Märkte für Strom und Gas. Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt er­ scheint uns inzwischen als eine Selbstverständlichkeit. Morgen auch? Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung, zunehmende Regulierung und Euro­ päisierung stellen große Entwicklungslinien dar, die für tiefgreifende Veränderungen des Gas- und Strom­ marktes in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren stehen. Der Bericht widmet sich deshalb absehbaren Herausforderungen für den Markt. Wettbewerb ist ein Treiber von Innovation und senkt zugleich die volkswirtschaftlichen Kosten. Ohne ihn ist die große Herausforderung der Energiewende nicht zu stemmen. Die deutsche Energiewirtschaft ist für diese Herausforderungen gut aufgestellt. Der Wettbewerb wird jedoch nur so gut funktionieren wie die Politik ihn lässt. Die Erhaltung effektiver und effizienter Rahmen­ bedingungen ist eine Daueraufgabe. Ihre

Hildegard Müller


We t t b e we r b 2015  |   3

Einleitung ....................................................................................................................................... 04 Status Quo Wettbewerb.............................................................................................................. 06 Großhandel – tragende Säule des Wettbewerbs........................................................................ 06 › Gas – weitreichende Verbesserungen........................................................................... 06 › Strom – stabil auf hohem Niveau................................................................................... 10 › Spotmarkt ........................................................................................................................ 11 › Regelenergie .................................................................................................................... 14 Endkundenmärkte – Hohe Wettbewerbsintensität ist Normalität.......................................... 20 Fazit ................................................................................................................................................ 22 Wettbewerb in der Transformation erhalten.................................................................... 23 Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren Energien – so viel Wettbewerbselemente, wie die Erreichung der Ausbauziele erlaubt.......................... 23 › Direktvermarktung........................................................................................................... 24 › Ausschreibung................................................................................................................... 26 › Systemintegration............................................................................................................ 26 Emissionszertifikatehandel – eingeleitete Reformen entschlossen vollenden...................... 27 Veränderte Märkte: smart, dezentral, arbeitsteilig................................................................... 28 › Flexibilitäten...................................................................................................................... 29 › Contracting........................................................................................................................ 30 › Sonstige Produkte / Dienstleistungen............................................................................ 31 › Standardisierung............................................................................................................... 32 Versorgungssicherheit erwirtschaften....................................................................................... 33 › Gas, inkl. Speicher, Gasbezug.......................................................................................... 33 › Systemsicherheit.............................................................................................................. 34 › Strom.................................................................................................................................. 35 Bezahlbarkeit im Blick behalten.................................................................................................. 36 Infrastruktur – Voraussetzung für den Wettbewerb................................................................. 37 › Gas, inkl. Speicher, Gasbezug ......................................................................................... 37 › Strom.................................................................................................................................. 39 › Verteilnetze....................................................................................................................... 41 Fazit und Ausblick......................................................................................................................... 43


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Einleitung

Der Wettbewerb im Gas- und im Strommarkt hat sich seit 2012 in Deutschland weiter sehr gut ent­wickelt. Wettbewerb ist zu einer Selbstverständ­lichkeit ge­worden. Deutschlandweit können die Kunden zwischen einer hohen Zahl von Gas- und Stromanbietern wählen. Die Wechselzahlen zeigen, dass diese Möglichkeit auch genutzt wird. Rückgrat des Endkundenmarktes sind liquide börs­ liche und außerbörsliche Großhandelsmärkte, die es Vertrieben ermöglichen, jederzeit die erforderlichen Strom- und Gasmengen zu beschaffen, um Kunden im Wettbewerb beliefern zu können.

Die deutsch-österreichische Preiszone (Strom) weist die höchste Liquidität in der gesamten EU auf. Der vor 2006 in 28 separate Marktgebiete gegliederte deut­ sche Gasmarkt zählt nur noch zwei Gasmarktgebiete. Im gleichen Zuge hat der Gasgroßhandel an der Börse EEX sowie an virtuellen Handelspunkten und in den benachbarten Niederlanden sprunghaft an Liquidität gewonnen. So stieg z. B. das Volumen im kurzfristigen Erdgashandel an der EEX. Das Volumen am Gas-Spot­ markt (Marktgebiete GASPOOL und NCG) stieg mit 61 TWh laut Monitoringbericht 2014 von Bundesnetz­ agentur und Bundeskartellamt 2013 auf mehr als das Doppelte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an.

Überhaupt hat sich der Wettbewerb im Gasmarkt in allen Feldern sehr vorteilhaft entwickelt:

Kartellamtspräsident Andreas Mundt: „Die Marktöffnung ging zunächst im Strombereich schneller vonstatten als im Gasbereich. Ich freue mich, dass die Liberalisierung nun auch auf den Gasmärkten vermehrt Früchte trägt. Auf der Großhandelsstufe hat die Liquidität der Märkte zugenommen. Die ehemals netzbe­ zogenen Erdgasmärkte sind zu einem bundesweiten Großhandelsmarkt zusammengewachsen. Im Bereich der Sondervertragskunden besteht inzwischen ein bundesweiter Markt mit ausge­ prägtem Wettbewerb.“ Quelle: Pressemitteilung Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt zum Monitoringbericht 2014

Wettbewerb ist ein umfassendes Prinzip zur best­ möglichen Allokation von Ressourcen. Umso wichtiger ist es, dass ein fairer, diskriminierungsfreier und tech­ no­logieoffener Wettbewerb auch in dem Transforma­ tionsprozess der Energiewende weiter ermöglicht wird. Wenn in der näheren, mittleren und ferneren Zukunft die Bereitstellung von Strom und Wärme verstärkt de­ zentral erfolgt, wenn neue Dienstleistungsangebote und Bedürfnisse entstehen, müssen sich Infrastrukturen und Marktprozesse entsprechend weiterentwickeln.


We t t b e we r b 2015  |   5

Dies verlangt auch ein politisch regulatorisches Umfeld, das ein nicht diskriminierendes Level-Playing-Field und langfristig verlässliche Rahmenbedingungen gewähr­ leistet und somit wieder mehr Vertrauen in Markt- und Wettbewerbsprozesse schafft.

die wahrscheinliche Folge sein. Zeitpunkt und Ausmaß dieser Veränderungen sind noch nicht klar erkennbar. Dennoch werden die aus diesen Entwicklungen resul­ tierenden Anforderungen an den Wettbewerb so weit als möglich mit betrachtet.

Wettbewerb schließt auch den Investitionswettbewerb ein, also den Wettbewerb um langfristige Grenzkosten. Alle Wettbewerber müssen sich den gleichen ökonomi­ schen Rahmenbedingungen gegenübersehen, die über die Rentabilität einer möglichen Investition entschei­ den. Dementsprechend sollte Politik rückwirkende Eingriffe in Investitionsbedingungen vermeiden. Aller­ dings beginnt diese Erkenntnis im politischen Raum erst zögerlich Fuß zu fassen. Wenn von Wettbewerb die Rede ist, ist oft nur die Optimierung der kurzfristigen Auswahlentscheidungen (z. B. effizienter kurzfristiger Kraftwerkseinsatz) gemeint – also ein Wettbewerb um die kurzfristigen Grenzkosten.

Dieser Bericht knüpft an die Broschüre „Wettbewerb 2012 – Wo steht der deutsche Energiemarkt“ des BDEW an, die einen eingehenden und in der Tendenz nach wie vor aktuellen Überblick über die Wettbewerbssituation in Deutschland im europäischen Kontext verschafft. Neben einem kurzen Überblick über die seither einge­ tretenen Veränderungen liegt der Schwerpunkt in die­sem Bericht auf dem Endkundenmarkt und den Rah­ men­bedingungen, die dafür erforderlich sind, dass sich der Wettbewerb auch weiterhin in allen Segmenten des Energiemarktes positiv entwickeln kann. Es geht also darum, wie Wettbewerb unter sich sukzessive verän­ dernden Bedingungen nicht nur ermöglicht, sondern auch als Motor der Veränderung genutzt werden kann.

Generell liegt eine ganz wesentliche Stärke von Wett­ bewerb darin, politisch vorgegebene oder sich faktisch vollziehende Veränderungsprozesse effizient zu bewäl­ tigen. Die dem Markt eigenen Such- und Lernprozesse können die Bedürfnisse der Marktakteure in einem sich wandelnden Umfeld wesentlich besser befriedigen, als dies durch zentrale Planung mit häufig nachfolgend nötigen Korrekturen und weiteren Eingriffen antizipiert werden kann. Dieser Eigenschaft des Wettbewerbs kommt – auf dem Weg zu einem von immer höhe­ ren Anteilen fluktuierend einspeisender Erneuerbarer Energien getragenen Energiemarkt – eine wichtige Op­ timierungsrolle zu. Damit Wettbewerb diese Funktion erfüllen kann, ist erforderlich, dass die entsprechenden Segmente in den Markt integriert werden, wie zuletzt z. B. durch die EEG-Reform in Form der verpflichtenden Direktvermarktung für Neuanlagen geschehen. Dekarbonisierung, Dezentralisierung, Digitalisierung und Europäisierung stellen große Entwicklungslinien dar, die für tiefgreifende Veränderungen des Gas- und Strommarktes in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren stehen. Tiefgreifende Änderungen der Ge­ schäftsmodelle und Strukturen der Branche werden


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Status Quo Wettbewerb

Großhandel – tragende Säule des Wettbewerbs Funktionierende Großhandelsmärkte sind von zentraler Bedeutung für den Wettbewerb. Die Groß­ handelsmärkte, sowohl im Strom- als auch im Gasbereich, haben sich seit dem Jahr 2012 (Vorla­ ge BDEW-Broschüre „Wettbewerb 2012 – Wo steht der deutsche Energiemarkt?“) weiter positiv entwickelt. Im Gasgroßhandel gibt es in den letzten Jahren konstante Zuwachsraten sowohl bei den Marktteilnehmern als auch bei der Liquidität. Sowohl im börslichen als auch im bilateralen Großhandel sind signifikante Zuwächse zu verzeich­ nen. Das Handelsvolumen an der EEX stieg um 36 Prozent seit 2013, und das an den beiden virtuellen Handelspunkten Gaspool und NCG nominierte Volumen um rund 20 Prozent. Prozentual noch höhere Anstiege sind bei den von Brokerplattformen vermittelten Handelsgeschäften zu verzeichnen. Der Stromgroßhandel ist stabil auf hohem Niveau und dabei zunehmend europäischer und durch zusätzliche Produkte gekennzeichnet. Dabei ist festzustellen, dass insbesondere der Intraday-Handel an Bedeutung gewonnen hat. Damit bestätigt sich, dass die Marktteilnehmer gerade den Markt nut­ zen, um Korrekturen aufgrund von Prognoseänderungen vorzunehmen. Dank Handelsplattformen, die in Deutschland angesiedelt sind oder unter deutscher Beteiligung betrieben werden, ist um Deutschland herum ein regionaler Großhandelsmarkt für Strom und Gas entstanden. Diese Entwicklungen stellen wichtige Meilensteine auf dem Weg zu einem europäischen Binnenmarkt dar.

Gas – weitreichende Verbesserungen Auf allen Wertschöpfungsstufen des Erd­ gas­­marktes lassen sich positive Entwick­ lungen der Wettbewerbsbedingungen feststellen. Der Wettbewerb ist am weitesten fortgeschritten auf der obersten Stufe, also der Importstufe, sowie bei der Belieferung von regionalen Ferngasgesell­ schaften und großen Weiterverteilern. Hier macht sich vor allem auch die Verringerung auf zwei Marktgebiete im Jahr 2012 be­ merkbar. Darüber hinaus sind in Deutsch­ land Kapazitätsengpässe an Grenz- und Marktübergangspunkten weitgehend beseitigt. Die Umsetzung der Network Codes in Deutschland hat zudem positive Auswirkungen auf den Erdgasmarkt. Durch die Vorgaben des Network Codes für die Bilanzierung Gas wurden eindeutige Vorga­ ben für die Beschaffung von Regelenergie in Form einer Merit Order List (MOL) fest­ gelegt. Dadurch ist vorrangig kurzfristige, börsengehandelte Regelenergie durch

die beiden Marktgebietsverantwortlichen NCG und GASPOOL zu beschaffen. Zudem können auch die Marktgebietsverantwort­ lichen qualitätsspezifische Produkte an anderen Börsen (z. B. L-Gas am TTF) kau­ fen, um den Regelenergiebedarf zu decken. Diese Entwicklung trägt zur weiteren Liqui­ dität des Gasgroßhandels bei. Getragen von den in Deutschland (EEX) und Frankreich (Powernext) angesiedelten Börsen hat mit PEGAS im Juni 2013 eine Plattform für den europäischen Gasgroß­ handel ihren Betrieb aufgenommen (http:// www.pegas-trading.com). Die Produkte für die deutschen, französischen und nieder­ ländischen Gasmarktgebiete sowie SpreadProdukte zwischen diesen Gebieten sind auf einem einheitlichen System handelbar. Dies ging einher mit einer Harmonisierung der Handels- und Abwicklungsprozesse in allen von der Kooperation erfassten Märkten.


Products & Trading PEGAS gives customers access to all products on a single trading platform and enables them to trade natural gas contracts in the GASPOOL, NCG, PEG NORD, TRS, TTF and ZTP market areas. The product range covers spot and derivatives contracts for all major European gas hubs. We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   7 PEGAS offers the opportunity not only to trade within one market area, but also to trade spread products between these market areas. Additionally, implicit prices created via those location spread products improve liquidity for outright products.

Trading Hours Spot products: 24/7 Futures and location spreads: 8:30am – 6:00pm CET

From 1 January 2015, all PEGAS products are operated by Powernext with unchanged product specifications.

Market Areas and Location Spreads

NBP

Spot and Derivatives

Spot and Derivatives

Spot 2 and Derivatives

ZEE

TTF

ZTP

Spot and Derivatives

PEG NORD

Spot and Derivatives

TRS

GASPOOL

Spot and Derivatives 1

NCG

PSV

Derivatives Market Spot Market PEGAS im Juni 2013 – eine Plattform für den europäischen Gasgroßhandel · Within-Day Quelle: EEX 2014

(WD) · Day-Ahead (DA) · Weekend (WE) · Individual Days (ID)

1 2

· · · ·

Spot and Derivatives

Month Quarter Season Calendar Year

Aus der in Deutschland ansässigen Only month contracts Primär­knot apazitätsplattform der deutschen 24/7 trading available Fernleitungsnetzbetreiber trac-x hat sich die PRISMA European Capacity Platform entwickelt. 2013 vermarkteten zunächst 23 Fernleitungsnetzbetreiber aus sieben EU-Mitgliedstaaten bzw. dem Europäischen Wirtschaftsraum erstmals Primärka­pa­zi­ täten an europäischen Netzpunkten über die gemeinsame europäische PRISMAPlattform. Die Anzahl der teilnehmenden

Spot and Derivatives

Derivatives

Location spreads PEGAS hubs New hubs

Ferngasnetzbetreiber und der abgedeck­­ten Staaten hat sich kontinuierlich weiter­ ent­wickelt. Im April 2015 umfasste sie 35 Betreiber aus 13 Staaten. 2014 wurden 79.503 GWh/h angeboten und 43.142 GWh/h zugeschlagen. Seit dem 1. Januar 2014 fungiert PRISMA auch als Plattform für den Sekundärhandel für Transportkapazität. Die Schaffung der zentralen Vermarktungs­ plattform stellt einen wichtigen Schritt zur Verwirklichung des Gasbinnenmarktes dar.


8  |   Wettb ewerb 201 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

Ferngasnetzbetreiber/Staaten bei PRISMA · Quelle: PRISMA Webseite (2015) [www.prisma-capacity.eu]

Generell lässt sich feststellen, dass der zunehmende Wettbewerb auf den Gasmärkten aus der gestiegenen Liquidität und der Effizienz der Großhandelsmärkte resultiert. Hier ist ein deutlicher Anstieg börslicher und außerbörslicher Liquidität an den Großhandelsplattformen zu verzeichnen.

Stand: 30. April 2015

TWh 100 90 80 70 60 50 40 30 20

Spotmarkt

2015-04

2015-03

2015-02

2015-01

2014-11

2014-12

2014-10

2014-09

2014-08

2014-07

2014-06

2014-05

2014-04

2014-03

2014-02

2014-01

2013-11

2013-12

2013-10

2013-09

2013-08

2013-07

0

2013-06

10

Terminmarkt

PEGAS – Volumen seit dem Start · Quelle: EEX (Stand Februar 2015)

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We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   9

In Deutschland gibt es derzeit 51 Untertage-Speicher mit einer Kapazität (Arbeitsgasmenge) von 24,6 Milliarden Kubikmetern, womit Deutschland über die mit Abstand größten Speicherkapazitäten in der EU verfügt und weltweit die viertgrößte Untertagesspei­ cherkapazität aufweist. Weitere Speicher sind im Bau. Insgesamt liegt die Kapazität der deutschen Erdgas­ speicher schon jetzt deutlich über einem Viertel des deutschen Gesamtverbrauchs. Innerhalb der EU verfügt Deutschland mit einem Ar­ beitsgasvolumen von rund 24 Milliarden Kubikmetern vor Italien und Frankreich über die größten Speicher­ kapazitäten für Erdgas. In den Speichern kann rund ein Viertel des jährlichen Gasbedarfs gespeichert werden. Dabei sind die Speicherkapazitäten in Deutschland in den vergangenen Jahren erweitert worden und gegen­ über 2008 um 14 Prozent angestiegen.

Der Erdgasverbrauch unterliegt großen saisonalen, aber auch tageszeitlichen Veränderungen, wodurch umfangreiche Speichermengen infolge einer saiso­na­ len Transportverlagerung wie auch ggf. hohe Tages­ spitzenleistungen aus Speichern erforderlich sind. Erdgasspeicher dienen der Anpassung des Erdgasan­ gebots an die Nachfrage und der Absicherung von Lieferschwankungen beim Erdgasbezug. Sie sind ein wichtiger Faktor für die Versorgungssicherheit, die Netzstabilität und die Portfolio-Optimierung auf den Gashandelsmärkten. Sie können eingesetzt werden zur Sicherung der Belieferung der Letztverbraucher. Die Speicherung von Gas kann den Gasversorgungsunter­ nehmen helfen, ihren gesetzlichen und vertraglichen Abnahme- und Lieferverpflichtungen nachzukommen. Sie leisten einen Beitrag zur Erhöhung der Leistungs­ fähigkeit des Transportsystems. Und sie tragen zur Be­ reit­stellung benötigter Regelenergie bei, die in Zeiten eines hohen Bedarfs vornehmlich aus Erdgasspeichern angeboten wird. Dadurch spielen Erdgasspeicher heute und in Zukunft eine essentielle Rolle für den Gasmarkt.

Maximal nutzbares Arbeitsgasvolumen der UGS 2013 · Quelle: Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt, Monitoringbericht 2014


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Strom – stabil auf hohem Niveau Deutscher Strommarkt ist der liquideste in Europa Die Bundesnetzagentur hat in ihrem Monitoringbericht 2014 erneut die hohe Liquidität des Stromgroßhandels bestätigt. Neben dem OTC-Markt ist dabei die Entwicklung des börslichen Stromhandels bemerkenswert. So sind insbesondere Volumenzuwächse am Intraday-Markt der EPEX SPOT zu verzeichnen gewesen. Deutliche Volumenzuwächse sind im börslichen Terminhandel (+ 50 Prozent) und im OTC-Clearing der EEX zu verzeichnen (+ 23 Prozent). Aber auch im OTC-Handel bestätigt die Bundesnetzagentur das hohe Niveau und beziffert das Gesamtvolumen des Termin­ marktes mit 5.900 TWh, was ein Mehrfaches des börslichen Handels ausmacht. Indikativ für die Liquidität, die für das Funktionieren der Märkte notwendig ist, sind u. a. die Zahl der Markteilnehmer und die Handelsvolumina: Eine besondere Rolle spielt der Bid-Offer-Spead, der sich als die Differenz von Angebots­ preis und Nachfragepreis definiert. Je kleiner der Bid-Offer-Spread ist, umso geringer sind die Transaktionskosten und desto höher ist die Liquidität in einem Markt. Frontier Ecomics und Consentec stellten (Nov. 2013) eine vergleichsweise hohe Liquidität in Deutschland gegenüber den Nachbarmärkten Belgien und Niederlanden fest.

Bid-Ask Spreads - yearly averages OTC Spectron

Germany

Netherlands

Belgium

0,6

0,5

0,4

€ n i d0,3 a re p S 0,2

0,1

0,0

2008

2009

2010

2011

2012

2013

OTC Bid-Ask Spreads für Forwards mit einjähriger Laufzeit · Quelle: Frontier Economics/Consentec zu „Bidding Zone Configuration“ (Nov. 2013)


We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   11

Spotmarkt Die Spotmärkte der EXAA und EPEX befinden sich mit ihrem Handelsvolumen auf einem stabilen hohen Niveau und weisen einen hohen Grad an Wettbewerb auf. Im Jahr 2014 wuchs die Zahl der Börsenmitglieder an der EPEX SPOT weiter an und erreicht mittlerweile eine Gesamtzahl von 225. Die Mitgliedschaft ist hierbei sehr heterogen, was zum Beispiel Größe, Herkunftsland und Unternehmenszweck angeht. Die Liquidität des Stromgroßhandels ist ungebrochen.

[TWh] 2500

2000

1500 1570

1000 1044

500

0

1150

1165

1025

1264

1208

1075

931

517

342

338

119 31

154

203

279

382

124

346

89

339

60

86

314

49

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Spot Market

Deriv. Market

Handelsvolumina am Spot- und Terminmarkt für Strom · Quelle: EEX, EPEX SPOT (2015)

Nach der Einführung des Intraday-Handels im Jahr 2006 sind die jährlichen Handelsmengen kontinuierlich gestiegen. Im Jahr 2014 gab es im Intraday-Handel starke Gesamtergebnisse und eine kräftige Steigerung der Handelsvolumina um 33 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Intraday-Markt ist ein wichtiges Instru­ ment. Die Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) nutzen den Day-Ahead-Markt zur Optimierung der Erzeu­ gungsinfrastruktur mit Blick auf die erwartete Last. Der Intraday-Markt wird dann für die Korrekturen genutzt, die sich auf Basis der verbesserten Prognosen ergeben. Im Jahr 2014 wurde an den Day-Ahead- und

den Intraday-Märkten der EPEX SPOT ein Handelsvo­ lumen von 382 TWh umgesetzt. Die Intraday-Märkte erreichten 30,8 TWh. 18,9 Prozent des gesamten Intraday-Volumens entfielen auf grenzüberschreitende Handelsgeschäfte. Das Handelsvolumen in 15-Minu­ ten-Kontrakten auf dem deutschen und schweize­ rischen Intraday-Markt stieg auf 4,9 TWh. Dies ist ein Anstieg von 87 Prozent gegenüber 2014. Beide Werte zeigen die kontinuierliche und steigende Bedeutung von Strommärkten mit flexiblen Kontrakten und kurzer Vorlaufzeit. Auch für 2015 ist ein weiteres Wachstum im Spotmarkt (Day-ahead und Intraday) zu erwarten.


Hintergrund für diese Entwicklung ist insbesondere auch der rasant gestiegene Ausbau der Erneuerbaren Energien und damit die Reaktion der Marktteilnehmer, die die verbesserten Prognosen der Einspeisung bzw. des Verbrauchs nutzen, um ihre Portfolien auszu­gleichen. Gerade die Entwicklung bei den Wetterprognosen zeigt, dass diese in der letzten Stunde vor Erfüllung sehr genau sind, so dass Marktteilnehmer gerade in der letzten Stunde sehr aktiv werden.

Intr aday Deals für H21- H8 250

Intr aday Deals für H9- H20 500

2013

200

2014

400 Handelsvolumen [MW]

Handelsvolumen [MW]

2013

450

2014

150 100 50

350 300 250 200 150 100 50

0

0 240

210

180

150

120

90

60

30

0

Dauer bis GCT [min]

Intr aday Deals für H21- H8 250

500

2013

200

2014

400

150 100 50

Autor der Präsentation

2013

450

2014

350 300 250 200 150 100 50

0

0 240

210

180

150

120

90

Dauer bis GCT [min]

60

30

0

240

210

180

150

120

90

60

30

0

Dauer bis GCT [min]

Mittlere Intraday-Transaktionsvolumina EPEX Spot für den Handelsplatz Deutschland (2013 - 07/2014) bei unterschiedlicher Vorlaufzeit bis zur Gate Closure Time; für die stündlichen Handelsprodukte H21-H8 (oben) und H9-H20 (unten) Quelle: EnBW AG (2014), Daten: EPEX SPOT Autor der Präsentation

240

210

180

150

120

90

60

30

0

Dauer bis GCT [min]

Intr aday Deals für H9- H20

Handelsvolumen [MW]

Handelsvolumen [MW]

12  |   Wettb ewerb 2 0 1 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

01.06.2013 Seite 1

01.06.2013 Seite 1


We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   13

Des Weiteren ist am börslichen Intraday-Markt geplant, die Gate Closure Time weiter auf 30 Minuten vor Lieferzeitpunkt zu verkürzen. Derzeit sind Handelsgeschäfte letztmalig 45 Minuten vor dem Lieferzeitpunkt möglich. Im OTC-Intraday-Handel ist dies bis 15 Minuten möglich. Es ist zu erwarten, dass zukünftig die Handelsaktivitäten weiter ansteigen werden.

EPEX SPOT Intraday Handelsvolumen · Quelle: EPEX SPOT (2015)

Zudem hat die EPEX SPOT am 9. Dezember 2014 die Einführung einer Nachmittagsauktion für 15-MinutenKontrakte für die Viertelstunden des Folgetages im deutschen Marktgebiet erfolgreich gestartet. Diese Kontrakte sollen bei der Feinabstimmung von Portfolios helfen und den Handel für geplante und prognosti­ zierte innerstündliche Variationen in Erzeugung und Verbrauch vereinfachen. Sie stellt eine gute Ergänzung zum bereits bestehenden kontinuierlichen Intraday-Handel mit Viertelstundenprodukten dar. Zwischen Dezember 2014 und März 2015 wurden bereits 750 GWh gehandelt, mit Rekordtagen von über 12 GWh. Rund 70 Unternehmen sind bei der Viertelstundenauktion aktiv.

15-Minuten-Kontrakte: Volumenentwicklung · Quelle: EPEX SPOT (2015)


14  |   Wettb ewerb 2 0 1 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

Regelenergie Strom In seiner Funktion zur Gewährleistung einer sicheren Stromver­sorgung nimmt der Regelenergiemarkt eine besondere Rolle ein: Die Regel­leistung ist die letzte zu ergreifende, marktlich konstituierte Maßnahme zum Erhalt der Frequenz und des Leistungsausgleichs. Erst wenn dieses Instrument genutzt wurde, erfolgen Eingriffe und Zwangsmaßnahmen zum Erhalt der Systemsicherheit.

Seit 2001 beschaffen die deutschen Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) ihren Bedarf an Primärund Sekundär­regelleistung sowie Minutenreserve auf einem offenen, transparenten und diskri­ minierungsfreien Markt für Regelleistung entsprechend den Vorgaben des Bundeskartellamtes. Für die Abwicklung der Ausschreibungen haben die deutschen Übertragungsnetzbetreiber die gemeinsame IT-Plattform www.regelleistung.net eingerichtet und marktbasierte Lösungen ent­ wickelt, die auch den Anforderungen eines sicheren und stabilen Netzbetriebes gerecht werden. Am Regelleistungsmarkt nehmen zahlreiche Lieferanten (sowohl Kraftwerksbetreiber als auch Stromkunden) teil – insbesondere für Minutenreserve. Über Poolbildung können Kleinlieferanten an den Ausschreibungen teilnehmen. Annähernd 90 Prozent aller Erzeugungsanlagen, die in der Lage sind, Regelenergie bereitzustellen, sind bei den ÜNB zur Teilnahme qualifiziert. Der Netzregelverbund regelt in allen Netzgebieten einheitlich die Dimensionierung und die eigentliche Beschaffung sowie Einsatz und Abrechnung von Regelleistung. Für alle Regelzonen gilt der sogenannte „regelzonenüber­greifende einheitliche Bilanzausgleichsenergiepreis“ (reBAP). Damit werden Situationen vermieden, bei denen zuvor in benachbarten Regelzonen gleichzeitig positive (Energiezufuhr) und negative Regelleistung (Reduzierung der Kraftwerkseinspeisung) eingesetzt wurde.

Die aktuellen Regelungen des Regel­energie­marktes in Deutschland stellen ein etabliertes und gut funktionierendes Verfahren dar. Regelenergie ist ein Instrument, das die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) zum Ausgleich von Frequenz- und Leistungsschwankungen einsetzen können. Diese Schwankungen entstehen durch Über- oder Unterspeisungen von Bilanzkreisen innerhalb der Regelzonen. Der Einsatz von Regelenergie hilft daher das permanente Gleichgewicht zwischen Ein- und Ausspeisung im Stromnetz zu erhalten. Die Rahmenbedingungen des Bilanzkreisvertrages und des Ausgleichs­ energiesystems bieten ebenfalls sehr gute Anreize für jeden BKV, für einen ausge­glichenen Bilanzkreis zu sorgen.


We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   15

Verteilung des deutschen Regelzonensaldos in den Jahren 2012-14 · Quelle: Eigene Darstellung, Daten von regelleistung.net

Aus gleichs ener gie [TWh]

Grundsätzlich ist festzustellen, dass in den vergangenen Jahren tendenziell weniger positive und negative Regel­ energie in Anspruch genommen wurde, wie die folgende Abbildung darstellt.

9 8 7 6 5 4 3 2 1 0

NE G POS

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

2014

Sinkende Entwicklung der Ausgleichsenergiemenge im Zeitraum 2007 – 2014 · Quelle: EnBW AG (2015), Daten: TransnetBW

Dieser Rückgang stützt die These, dass trotz des starken Ausbaus der Erneuerbaren-Kapazitäten im selben Zeitraum die systematischen Abweichungen abnahmen bzw. zunehmend besser bewirtschaftet wurden. Die Erkenntnis eines starken Rückgangs der Inanspruchnahme von Ausgleichsenergie um fast 50 Prozent in den letzten sieben Jahren geht somit

einher mit der vorläufigen Feststellung, dass die Ver­besserungen in den Bilanzkreisen schon umgesetzt wurden. Das ist eine bemerkenswerte Entwicklung, wurde doch vielfach angenommen, dass die Erneuer­ baren Energien aufgrund ihrer schwankenden Ein­spei­ sung schwieriger zu prognostizieren seien.


16   |   Wettb ewerb 201 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

• Deutschland spielt wichtige Rolle beim Zusammenwachsen der Strommärkte

Marktabdeckung Power Derivatives - December 2012 Exchange-traded EEX Power Futures EEX Trade Registration Services for Power Futures

Immer mehr Großhandelsprodukte werden in mehr als nur einem Markt angeboten. Dieses Angebot wird auch angenommen und im selben Zuge werden neue Markt­ gebiete einbezogen. Exemplarisch lässt sich dies an den Terminmarkt-, Clearingund Serviceprodukten der EEX verdeutlichen:

ECC Clearing for Partner Exchanges

Trading volume and volume shares FR 2,1%

931 TWh

DE/AT 97,9%

Marktabdeckung Power Derivatives - December 2013 Exchange-traded EEX Power Futures EEX Trade Registration Services for Power Futures ECC Clearing for Partner Exchanges Trading volume and volume shares FR other 1,6% 0,1%

1.266 TWh

DE/AT 98,3%

NL/BE: physical futures

Marktabdeckung Power Derivatives - December 2014 Exchange-traded EEX Power Futures EEX Trade Registration Services for Power Futures ECC Clearing for Partner Exchanges Trading volume and volume shares

Geografische Marktabdeckung EEX

IT other FR 6,6% 0,2% 4,6%

Quelle: EEX (2014)

1.365 TWh 30/11/14

DE/AT 88,6%

NL/BE: physical futures


We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   17

• Marktkopplung – ein gesamteuropäischer Stromgroßhandelsmarkt ist zum Greifen nah Ein weiterer wesentlicher Schritt in Richtung eines einheitlichen Strombinnenmarktes wurde am 4. Februar 2014 mit dem Start der Preiskopplung in Nordwesteuropa (NWE) unternommen. Sie erstreckt sich von Frankreich nach Finnland und von Deutschland/Österreich nach Großbritannien und deckt nun Zentralwesteuropa (CWE), Großbritannien, die nordischen und die baltischen Staaten ab. Mit der Erweiterung der Marktkopplung auf Süd­ westeuropa (SWE), also der Integration von Spanien und Portugal am 13. Mai 2014, ist bereits die erste Ausweitung erfolgt. Am 24. Februar 2015 wurden drei der fünf italienischen Grenzen gekoppelt (nach Frankreich, Österreich und Slowenien). Die Zusammenarbeit zielt auf eine noch effizientere Nutzung der limitierten Übertragungskapa­ zitäten auf den Interkonnektoren zwischen den Ländern ab, um dadurch den volkswirtschaftlichen Nutzen durch die Preiskopplung der Day-Ahead-Strommärkte in dieser Region weiter zu optimieren. Dabei werden implizite Auktionen und erstmals die Price-Coupling-of-Regions-Lösung (PCR) im täglichen Betrieb genutzt. Im Ergebnis führt diese Methode zu optimierten marktgetriebenen Lastflüssen und dadurch zu einer Preisannäherung, bzw. bei ausreichenden Grenzkapazitäten zur Preisangleichung zwischen den jeweiligen nationalen vortägigen Märkten.

Legend CWE: Central West Europe (Germany/Austria, France, Benelux) NWE: North West Europe (CWE, GB & Nordic-Baltic countries) SWE: South West Europe (Spain & Portugal) MRC: Today’s Multi-Regional Coupling encom- passing 19 countries (NWE, SWE, Italy & Slovenia) 4M MC: 4M Market Coupling encompassing Czech Republic, Slovakia, Hungary and Romania. Not yet connected to MRC. Switzerland: After CH-EU political agreement Greece: After technical readiness and further market reforms

Nov 2010: Interim Tight Volume Coupling between CWE & Nordics Feb 2014: Full Price Coupling between CWE, GB, Nordic & Baltic countries; creating NWE

Nov 2010: CWE Coupling Q2/2015: Flow-based capacity calculation

(via SwePol)

Nov 2014: 4M MC

May 2014: SWE joins NWE, creating the MRC

Feb 2015: Italian Borders IT-FR, IT-AT & IT-SI join MRC

Überblick Marktkopplung „Price Coupling of Regions“ (PCR) · Quelle: EPEX SPOT (2015)

Osteuropäische Regionen sind gleichfalls auf dem besten Wege, sich anhand der PCR-Lösung mit dem bereits gekoppelten Gebiet zu verbinden.


18   |   Wettb ewerb 2 0 1 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

Der nächste signifikante Schritt ist die Umstellung auf einen lastflussbasierten Allo­ kationsprozess, der am 20. Mai 2015 für die Region Zentralwesteuropa erfolgreich gestartet ist. Daher sollte auch bei der Implementierung der euro­päischen Netzkodizes auf eine starke europäische Harmonisierung geachtet werden.

„Die PCR-Märkte decken mittlerweile Länder ab, die für rund 85 Prozent des europäischen Stromverbrauchs stehen. PCR ist die eine Lösung, sie alle zu koppeln – und sie ist konform mit den zukünftigen Netzkodizes für Kapazitätszuteilung und Engpassmanagement. Wir sind näher denn je an der Vollendung des EU-Energiebinnenmarkts.“ (Pressemitteilung EPEX SPOT 5. Juni 2014, Zitat Jean-François Conil-Lacoste, Vorstandsvorsitzender EPEX SPOT)

• Transparenz der Großhandelsmärkte Strom und Gas Stärkung des Vertrauens in den Energiegroßhandel Aufgrund der zunehmenden Integration der Energie­han­ dels­märkte hat die Europäische Union 2011 die Verordnung „Regulation on Energy Market Integrity and Transparency – REMIT“ verabschiedet, die bereits heute direkt in allen Mitgliedstaaten anwendbar ist. Die wichtigsten Punkte der REMIT sind die Schaffung spezieller Regeln zur Vermeidung von Marktmissbrauch und zur weiteren Verbesserung von Transparenz auf dem Markt und gegenüber den Behörden und die Schaffung eines europaweiten Registers für Unternehmen, die auf dem Energiegroßhandelsmarkt tätig werden. Als zentrale Aufsichtsbehörden im Rahmen der REMIT sind die Europäische Agentur für die Zusammenarbeit der Energie­regulierungsbehörden (ACER) in Zusammenarbeit mit den nationalen Regulierungsbehörden und die Euro­ päische Kommission vorgesehen. Durch die zentrale Meldung von Handelsdaten und Daten zur Verfügbarkeit von Energieinfrastruktur an ein neues europäisches Register erhoffen sich die Aufsichtsbehörden einen besseren Einblick in den Energiegroßhandel. Neben ACER werden auch andere Behörden auf nationaler und europäischer Ebene wie Finanz- und Wettbewerbs­ behörden Zugang zu diesen Daten haben. Die vorgesehene regelmäßige elektronische Bereitstellung der Handels- und Fundamentaldaten durch die Unternehmen erleichtert den Behörden den Überblick über das tägliche Marktgeschehen.

Die bei der Bundesnetzagentur eingerichtete Markttrans­ parenzstelle (MTS Strom/Gas) ist die nationale Marktüber­ wachungsstelle für den Großhandel mit Strom und Gas gemäß Art. 7 Abs. 2 REMIT. Dabei überwacht die MTS Strom/Gas den Handel mit Energiegroßhandelsprodukten, u. a. um auf Insider-Informationen und Marktmanipulation basierenden Handel aufzudecken und zu verhindern. Die Aufgaben der MTS Strom/Gas nehmen die Bundesnetz­ agentur und das Bundeskartellamt einvernehmlich wahr. Zu den Maßnahmen zur Verbesserung der Transparenz zählt auch, dass Fundamentaldaten regelmäßig veröffent­ licht werden und für die Marktteilnehmer zugänglich sind. Entsprechendes Beispiel für Gas wäre die Transparenz­ plattform von ENTSOG (https://transparency.entsog.eu/), auf der auch die deutschen Ferngasnetzbetreiber Daten veröffentlichen. Ziel ist es, die Transparenz der täglichen TSO-Operationen in ganz Europa durch die Veröffent­ lichung von relevanten Zugangs- und die Betriebsinfor­ma­ tionen zu erhöhen. Das hohe Maß an Transparenz von Fundamentaldaten hat zur positiven Entwicklung im Strommarkt beigetragen. Es wird über verschiedene Transparenzplattformen sicher­ gestellt. In Deutschland werden die Transparenzpflichten der Stromerzeugung durch die EEX-Transparenzplattform veröffentlicht. Mit dem Start der ENTSO-E Transparenz­ plattform Anfang des Jahres 2015 ist die Transparenz der angrenzenden Strommärkte verbessert worden.


We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   19

Weitere Fundamentaldaten zum Großhandelsmarkt Strom werden auf den Webseiten der Übertragungsnetzbetreiber und Stromversorger den Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt.2

Transparenzplattform EEX · Quelle: EEX (2015)

Auswahl aktueller Transparenzplattformen in Deutschland:

2

• http://www.eex-transparency.com/ • http://www.netztransparenz.de/de/index.htm • http://www.regelleistung.net • http://www.rwe.com/web/cms/de/59968/transparenz-offensive/ • http://www.tennettso.de/site/Transparenz/veroeffentlichungen/netzkennzahlen • http://www.amprion.de/netzkennzahlen • https://www.transnetbw.de/de/kennzahlen • http://www.50hertz.com/de/Kennzahlen https://transparency.entsoe.eu


20   |   Wettb ewerb 2 0 1 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

Endkundenmärkte – Hohe Wettbewerbsintensität ist Normalität Neben dem Großhandelsmarkt entwickelten sich auch die Endkundenmärkte Strom und Gas positiv, wie die Fakten des Monitoringberichts 2014 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt verdeutlichen:

• 2013 konnten die Letztverbraucher im Schnitt aus 97 Stromanbietern in ihrem Netzgebiet

wählen. In 90 Prozent der Netzgebiete beliefern 31 oder mehr Gasanbieter die Letztverbraucher (in 70 Prozent der Netzgebiete gibt es mehr als 50 Erdgaslieferanten).

• Die Marktkonzentration der Vertriebe bleibt weiterhin auf einem sehr niedrigen Niveau. Das

Deutschland in den Endkundenmärkten für Gas und Strom auch im europäischen Vergleich mit die niedrigste Marktkonzentration aufweist, verdeutlichen auch die Daten von Eurostat.

Marktanteil 2013 des größten Gasvertriebs*

100%

100% 98% 96% 89%

85%

80% 70%

63% 62%

60%

59% 58%

50%

52% 43% 41% 39%

40%

35% 33%

30%

28% 26% 25%

20%

22% 21%

15%

Deutschland*

Ungarn

Großbritannien

Rumänien

Italien

Belgien

Griechenland

Spanien

Tschechien

Kroatien

Irland

Frankreich

Slowenien

EJR Mazedonien

Portugal

Slowakei

Finnland

Polen

Estland

0%

Litauen

10% Lettland

Marktanteil am Gasabsatz an Letztverbraucher in %

90%

* Wert 2012, 2013 hatten die drei größten Gaslieferanten gemäß BNetzA im SLPMarkt einen Anteil von 22 % und im RLM-Markt 33 %

Europäischer Vergleich, Marktanteil 2013 des größten Gasvertriebs · Quelle: BDEW, Daten von Eurostat

27.04.2015 Seite 1

• Die Lieferantenwechselrate für Strom lag im Jahr 2013 bei Industrie- und Gewerbekunden bei

12 Prozent. Die Zahl der Lieferantenwechsel von Haushaltskunden ist im Vergleich zum Vorjahr 2012 von 3,2 Millionen auf 3,6 Millionen gestiegen; das entspricht einer anzahlbezogenen Wechselquote von 7,8 Prozent. Im Gasbereich ist die Lieferantenwechselmenge bei Haushalts­ kunden im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent gestiegen. Die anzahlbezogene Wechselquote für Kunden betrug 2013 8,5 Prozent (vgl. Haushaltskunden 2012 bei 7,5 Prozent).


We t t b e we r b 2 0 15 – St a t u s Q u o We t t b e wer b  |   21

• Vertragsgestaltung/Produkte: Insbesondere Haushaltskunden mit einem höheren Jahresverbrauch für Strom haben einen größeren Anreiz zu wechseln. Sie wählen vielfach Produkte mit Sonderbonifikationen wie Boni, Mindestlaufzeiten und Festpreisen, was die Vergleichbarkeit der Preise zwar erschwert, deren Vielfalt aber wettbewerbsrelevant ist. Vergleichs- und Wechselportale bieten einen breiten Überblick. Ihre Leistungen wiederum sind Gegenstand der Prüfung von Verbraucherschutzeinrichtungen. Auch der Anteil der Ökostromkunden nimmt weiter zu: Ökostromkunden machen 17 Prozent an der Gesamt­ zahl der Letztverbraucher aus. • Strompreis für Haushaltskunden: Der Vergleich der Mittelwerte der drei Kategorien (Grundversorgung, Sondertarif beim Grundversorger, Lieferantenwechsel) seit 2008 zeigt, dass Sonderverträge bei einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh für Haushaltskunden in der Regel günstiger als der jeweilige Grundversorgungstarif sind. Sonderverträge können neben dem Gesamtpreis eine Reihe weiterer Merkmale aufweisen, mithilfe derer Liefe­ ranten in Wettbewerb um den Kunden treten. Dabei kann es sich um Merkmale handeln, die dem Kunden Sicherheit bieten (z. B. Preisstabilitätsgarantie) oder aber dem Liefe­ ranten (z. B. Vorauskasse, Mindestvertragslaufzeit), wobei ein entsprechender Ausgleich zwischen den Vertragspartnern an anderer Stelle (Gesamtpreis) erfolgt. „Der über alle Tarife mengengewichtete Strompreis steigt [im Jahre 2014] leicht um 1 Prozent (+0,29 ct/kWh) und liegt damit nur geringfügig über dem Wert des Jahres 2013. Die geringe Steigerung liegt hauptsächlich daran, dass der vom Lieferanten beeinflussbare Preisbestandteil um 0,48 ct/kWh sowie die Umlage nach § 19 StromNEV um 0,24 ct/kWh gesunken sind und damit die gestiegenen Umlagen (EEG und KWKG) teilweise kompensieren.“ Quelle: Monitoringbericht 2014 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt, S. 167

Im Durchschnitt sind 2015 die Strompreise für Haushaltskunden in absoluten Zahlen gesunken. Der Nettonetzentgeltanteil beläuft sich auf etwa 20 Prozent. Umlagen, Steuern und Ab­ gaben betragen in Summe über 51 Prozent des durchschnittlichen Elektrizitätspreises für Haushaltskunden. Die EEG-Umlage hat hieran mit 21 Prozent den weitaus größten Anteil. Zum Stichtag 1. April 2014 sind insgesamt betrachtet stabile Gaspreise im Segment der Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 23.269 kWh im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Der Anteil von Steuern und Abgaben liegt mit rund 25 Prozent des Gaspreises für Haushaltskunden niedriger als beim Strom.


22  |   Wettb ewerb 201 5 – S ta tus Q uo Wettb ewer b

• Versorgungszuverlässigkeit: Die mittlere Nichtverfügbarkeit im Mittelspannungsund Niederspannungsnetz lag bei 15,32 Minuten (vgl. 2012: 15,91 Minuten) beim Strom, bei Gas lag der SAIDI (System Average Interruption Duration Index) bei 0,64 Minuten/Jahr über alle Druckstufen. Es besteht also weiter eine sehr hohe Zuverlässigkeit auch im euro­ päischen Vergleich. • Zudem wurden weitere Verbesserungen für den Verbraucher eingeführt: Der Wechsel

eines Strom- oder Gaslieferanten muss seit dem 1. April 2012 binnen drei Wochen erfolgen. Standardisierte und elektronisch automatisierte Marktprozesse tragen dazu bei, dass der Lieferantenwechsel schnell, zuverlässig und reibungslos durchgeführt werden kann. Der Kunde braucht nur einen einzigen Ansprechpartner, um seinen Energieversorger zu wechseln.

• Seit dem 1. November 2011 ist die Schlichtungsstelle Energie am Start: Kunden haben

die Möglichkeit, im Anschluss an ein Beschwerdeverfahren beim Unternehmen ein Schlichtungsverfahren durchführen zu lassen, wenn keine Einigung oder Hilfe binnen vier Wochen erfolgt. Auch die gemäß EU-Richtlinie geforderte Netzneutralität wurde im Bereich der Verteilnetzbetreiber weiter verbessert (Markendifferenzierung). Im BDEW-Kundenfokus werden Haushaltskunden nach ihrer Wahrnehmung der Energie­ branche befragt, aber auch nach der Zufriedenheit mit dem eigenen Energieversorger. Bei der letzten, bereits mehrfach erfolgten Umfrage im Oktober 2014 unter 1200 Stromund Gaskunden gab eine deutliche Mehrheit der befragten Haushaltskunden an, mit ihrem Energieversorger in höchstem Maße zufrieden bzw. sehr zufrieden zu sein (74 Prozent für Stromversorger, 71 Prozent für Erdgasanbieter). Zu den guten Imagewerten trugen vor allem die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Versorgung bei. Immerhin 40 Prozent der Stromkunden und 36 Prozent der Gaskunden schätzten das Preis-Leistungs-Verhältnis bei Strom als gut oder sehr gut ein (plus 6 Prozentpunkte bzw. plus 2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr).

Fazit Trotz der steigenden bzw. auf hohem Niveau stagnierenden Wettbewerbsindikatoren liegt Deutschland weiter über dem Durchschnitt bzw. in der Spitzengruppe beim europäischen Strompreisvergleich – insbesondere bei den Haushaltkunden: Hier belegt Deutschland im 2. Halbjahr 2013 Platz 2 und liegt mit 60 Prozent über dem EU-Durchschnitt.3 Mit durchschnittlich 29,21 ct/kWh überwiegt der Gesamtpreis um 60 Prozent den sich im Durchschnitt für alle EU-Mitgliedstaaten ergebenden Wert von 18,17 ct/kWh bei Haushaltskunden. Das Gaspreisniveau für Haushaltskunden entspricht im gleichen Zeitraum nahezu dem Durchschnitt der an der Erhebung teilnehmenden EU-Länder. Quelle: Monitoringbericht 2014 von Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt, S. 20

3


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   23

Wettbewerb in der Transformation erhalten

Das beachtliche, in Deutschland erreichte Wettbewerbsniveau im Strom- und Gasmarkt und das voranschreitende Zusammenwachsen der nationalen Großhandelsmärkte sind keine Selbstverständlichkeiten, die auch in Zukunft gegeben sind. Sie bedürfen vielmehr eines fortdauernden Bekenntnisses der Politik zum Wettbewerb.

• Zugleich bietet funktionierender Wettbewerb auf dem Strom- und Gashandelsmarkt

auch die Chance, gesellschaftlich verabredete Transformationsprozesse effizient umzusetzen: Die europäische und nationale Energiepolitik haben ehrgeizige und zugleich langfristig ange­ legte Ziele zum Schutz des Klimas gesetzt. Darüber hinaus hat sich Deutschland ehrgeizige Ziele zum Ausbau der Erneuerbaren Energien gesetzt und steht im Begriff, aus der Nutzung der Kernenergie vollständig auszusteigen. Die Erreichung dieser Ziele verlangt den Marktakteuren viel ab. Dies wird auch über einen längeren Zeitraum so bleiben.

• Andere Wirtschaftsräume, etwa die USA oder die Golfstaaten, produzieren und konsumieren

zu deutlich niedrigeren Energiekosten. Dies führt zu einem fortdauernden Wettbewerbs­ druck auf die EU und ihre Mitgliedstaaten. Wenn die EU und Deutschland an ihren ehrgeizigen energie­politischen Zielen festhalten wollen, ist Effizienz von allererster Bedeutung. Die Markt­ kräfte ermöglichen es, den als erforderlich angesehenen Transformationsprozess zu geringsten Kosten zu erreichen.

Parallel hierzu entwickeln sich neue Technologien, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle sowie politische und gesellschaftliche Trends. Diese Entwicklungslinien lassen sich grob mit den Begriffen • Dekarbonisierung • Dezentralisierung • Digitalisierung und • Europäisierung charakterisieren. Soweit nicht Aspekte des Umweltschutzes und ähnlicher Belange entgegenstehen, führt ein technologieoffener Politikansatz zu den effizientesten Ergebnissen. Auch hier erweist sich der Wettbewerb als der geeignete Rahmen für den Wandel.

Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren Energien – so viel Wettbewerbselemente, wie die Erreichung der Ausbauziele erlaubt Der Umbau des Energiesystems hin zu einer größtenteils auf Erneuerbaren Energien basierenden Energie­ versorgung erfordert eine bessere Markt- und Systemintegration der Erneuerbaren. Da sich Erneuerbare Energien an den allgemeinen Strommärkten alleine auf absehbare Zeit nicht refinanzieren können, bedarf es eines regulatorischen Rahmens, der diese Lücke schließt, Anbieter und Vermarkter Erneuerbarer Energien im Übrigen jedoch den gewöhnlichen Marktanreizen aussetzt.


24  |   Wettb ewerb 201 5 – Wettb ewer b in d er T r a nsf o r m a t i o n e r h a l t e n

Direktvermarktung Alle Betreiber von Erneuerbare-EnergienAnlagen sollen mittelfristig verpflichtet werden, abhängig von Marktpreissignalen ihren Strom zu produzieren und eigenver­ antwortlich zu vermarkten. Die Marktprämie ist ein wichtiger Schritt zur Marktintegration der Erneuerbaren Energien. Anlagenbetreiber und Ver­ markter bringen ihr Erzeugungsportfolio direkt an den Markt. Es entstehen neue Geschäftsmodelle und Vermarktungsstra­ tegien. Neben dem Nutzen für das gesamte Energiesystem, z. B. aufgrund geringerer Ausgleichsenergie und Netzausbaukosten, bessere Prognosegüte, ist ein Engagement von etablierten Energieversorgern als Di­ rektvermarkter für Dritte eine Möglichkeit, ihr allgemeines Geschäftsrisiko zu diversi­ fizieren, Kunden durch maßgeschneiderte Lösungen langfristig an sich zu binden und dadurch auch eigene Arbeitsplätze zu sichern. Für neue Dienstleister ist die Direktvermarktung ein erster Schritt auf den Energiemarkt. Durch die mit der EEG-Novelle 2014 ein­ geführte verpflichtende Direktvermarkung wird die Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen weiter wachsen. So werden mit der EEG-Novelle 2014 Betreiber von EEG-Anlagen mit einer installierten Leistung von über 500 kW zur Direktver­ marktung verpflichtet, wenn diese Anlagen bis Ende 2015 in Betrieb genommen werden. Für Anlagen mit Inbetriebnahme­ datum ab dem 1. Januar 2016 gilt die verpflichtende Direktvermarktung ab einer installierten Leistung von 100 kW.

Der Transformationsprozess, in dem sich die Energieversorgung befindet, wird auch Auswirkungen auf die Beschaffung von Regelenergie haben. Künftig wird es darum gehen, alle Erzeugungsarten auch Erneuer­ bare Energien, stärker als bisher in die Bereitstellung von Regelenergien einzubin­ den. Voraussetzung für die Integration der Erneuerbaren Energien und weiterer An­ bieter in den Regelleistungsmarkt ist aber auch, dass die Sicherheit der Versorgung auch weiterhin (auch in windschwachen Zeiten) gewährleistet bleibt. Die verstärkte Nutzung von Poolingverfahren von Win­ danlagen mit konventionellen Anbietern von Regelleistung und die Weiterentwick­ lung der Regelenergieprodukte sind dabei bedeutende Schritte. Auch durch u. a. eine bessere Fernsteuer­ barkeit können Erneuerbare Energien auch zukünftig vermehrt am Regelenergiemarkt teilnehmen und in den Wettbewerb dort eintreten. Gut funktionierende Marktprozesse leisten einen wichtigen Beitrag, die Transaktions­ kosten zu senken und den Wettbewerb zu stärken. Zudem sollte künftig die Prämie nicht mehr über einen festen Jahreszeitraum ausbezahlt werden, sondern nach einem jährlichen Mengenkontingent. Nur dadurch kann gewährleistet werden, dass die Be­ treiber von Erneuerbare-Energien-Anlagen einen Anreiz erhalten, bei negativen Preisen abzuregeln und so ihre Anlagen grenzkostenbasiert einzusetzen.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   25

Direktvermarktung nach Marktprämienmodell Betreiber von Anlagen, die gewisse technische Voraussetzungen erfüllen, können am sog. Markt­ prämienmodell teilnehmen. Betreiber verkaufen ihren Strom dann selbst oder durch Dienstleister direkt und erhalten als Vergütung den Marktpreis und eine Marktprämie, die sich aus der Differenz zwischen dem Marktpreis und der entsprechenden EEG-Vergütungshöhe errechnet. Das Marktprämienmodell setzt u. a. Anreize, die Einspeisung von EEG-Strom in Stunden mit starken negativen Börsenpreisen zu reduzieren und die Fernsteuerbarkeit von Anlagen zu erhöhen. Die EEGUmlagenentlastung durch die Vermeidung von negativen Preisen wird auf mehr als 500 Millionen Euro im Jahr 2016 geschätzt. Die für das Marktprämienmodell verpflichtende Fernsteuerbarkeit hat eine Dynamik ausgelöst, v. a. die Steuerbarkeit von Windanlagen deutlich zu erhöhen. Seit 1. April 2015 müssen alle EEG-Anlagen im Marktprämienmodell fernsteuerbar sein. Das sind derzeit 44 GW, davon 32 GW Windkraftanlagen an Land. Die Direktvermarktung umfasst Aufgaben wie das Bilanzkreismanagement sowie Rechnungsstellung inklusive Stromkennzeichnung bei Letztverbraucherbelieferung. Zentraler Aspekt der Direktvermark­ tung ist das Bilanzkreismanagement, also der Verkauf von Produktionsüberkapazitäten sowie der Zukauf von Fehlmengen bei Anlagenausfällen oder Unterproduktion der Anlage. Zusätzlich muss ein umfangreiches Vertragswesen abgedeckt werden. Da nur wenige Anlagenbe­ treiber hierzu selbst in der Lage sind, hat sich seit 2012 ein wachsender Dienstleistungsmarkt rund um das Thema Direktvermarktung gebildet. Mittlerweile sind über 70 Unternehmen als Direktvermarkter in Deutschland aktiv, wobei 50 Unternehmen vornehmlich eigene Anlagen und 20 Unternehmen auch Erzeugungsanlagen Dritter vermarkten. 66 Prozent der in der Direktvermarktung befindlichen Erzeu­ gungsleistung werden durch ca. sieben Unternehmen direkt vermarktet. Einen hohen Anteil der Di­ rektvermarkter bilden Unternehmen, die zuvor noch nicht am deutschen Erzeugungsmarkt etabliert waren. Weitere Marktakteure sind klassische nationale, regionale und kommunale Energieversorger bzw. deren jeweilig zu diesem Zweck ausgegründeten Tochterunternehmen und auch ausländische Energieversorger.


26   |   Wettb ewerb 2 0 1 5 – Wettb ewer b in d er T r a nsf o r m a t i o n e r h a l t e n

Ausschreibung

Systemintegration

Die Direktvermarktung ist ein wichtiger, aber noch kein ausreichender Schritt, um Erneuerbare Energien – unter Einhaltung der Ausbauziele – soweit wie irgend mög­ lich an den Markt heranzuführen. Wett­ bewerb bedeutet nicht nur die Reaktion auf Marktpreissignale der allgemeinen Strommärkte, sondern bedeutet auch die Bestimmung von Stromgestehungskosten (Vollkosten) im Wettbewerb. Die ab 2017 vorgesehene wettbewerbliche Ermitt­ lung der Förderhöhe ist deshalb positiv zu werten.

Zur dauerhaften Gewährleistung der Systemstabilität ist ferner eine System­ integration erforderlich. Konkret müs­ sen Anforderungen an Netzanbindung, Systemdienstleistungen, Beitrag zu den Netzkosten etc. so strukturiert sein, dass das System „Stromversorgung“ auch bei fortschreitendem Ausbau der Erneuerbaren Energien dauerhaft stabil bleibt. Investoren und Betreiber von Anlagen Erneuerbarer Energien müssen Anreize erhalten, sich marktdienlich und netzdienlich zu ver­ halten und die Kosten marktschädlichen Verhaltens tragen.

Auktionsverfahren sind bei ausreichend vorhandenem Wettbewerb und bei ent­ sprechender Ausgestaltung grundsätzlich geeignet, neben der Mengensteuerung auch eine hohe Kosteneffizienz bei der Förderung der Erneuerbaren Energien zu erreichen. Gleichzeitig erhöhen Auktionen durch die mit ihnen verbundene Mengen­ steuerung nicht nur die Planbarkeit des Erneuerbare-Energien-Zubaus, sondern setzen auch verlässliche Rahmenbedin­ gungen für marktgetriebene Investitionen in konventionelle Energieanlagen. Die EEG-Novelle von 2014 hat die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt. Diese sind nun bis 2017 konsequent umzusetzen.

Hierzu müssen beispielsweise die Rege­ lungen zum Netzausbau derart weiterent­ wickelt werden, dass sie einerseits den notwendigen Verteilnetzausbau gewähr­ leisten und andererseits dem Netzbetreiber eine strategische und kosteneffiziente Netzausbauplanung ermöglichen, ohne dabei die Investitionssicherheit des Betrei­ bers von Erneuerbare-Energien-Anlagen zu gefährden. Selbstverbrauchter Strom aus Eigenan­ lagen muss grundsätzlich mit den gleichen Steuern, Abgaben und Umlagen belastet werden wie der aus dem Netz der allge­ meinen Versorgung bezogene Strom. Die Wettbewerbsverzerrung für Investitionen und die darauf beruhende Fehlallokation werden damit beseitigt. Aus ordnungspo­ litischer Sicht ist allerdings die Beachtung des Bestandsschutzes erforderlich.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a lten  |   27

Emissionszertifikatehandel – eingeleitete Reformen entschlossen vollenden Klimaschutz und Wettbewerb sind enger verwoben, als auf den ersten Blick ersichtlich. Die Verwirklichung der Klimaziele lässt sich mit Hilfe der Marktkräfte volkswirtschaftlich effizienter darstellen, als wenn bestimmte Technologien etc. vorgegeben werden. Auf der anderen Seite hängt die Effizienz und ggf. auch die Funktionsfä­ higkeit des Wettbewerbs – insbesondere ein Wettbewerb um Investitionen – davon ab, dass die Rahmenbedin­ gungen – und hier auch wiederum die langfristigen Investitionsbedingungen – klar erkennbar sind und verlässlich bleiben. Der Klimawandel stellt eine globale Herausforderung dar, die Anstrengungen einer großen Anzahl von Akteuren verlangen. Deshalb ist die Einbindung deutscher Klimaziele in einen europäischen Kontext wichtig. Sie trägt auch dazu bei, dass innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums und der Energiegemeinschaft Wettbewerb zwischen Energieunternehmen auf der Grundlage gleicher Spielregeln stattfindet. Deutschland hat sich eine erhebliche Reduktion des Ausstoßes klimaschädlicher Gase vorgenommen. Aber wie sieht es unter Wettbewerbsgesichtspunkten mit dem Stand des Emissionszertifikatehandels aus? Der Handel mit Emissionszertifikaten hat aus wettbewerblicher Sicht eine kurzfristige und eine langfristige Dimension.

• Kurzfristig erlaubt der Handel eine Optimierung der Portfolien, z. B. von Kraftwerksbetreibern. Die Notwendigkeit der Beschaffung von CO2-Zertifikaten geht auch in die wirtschaftliche Entscheidung ein, welche Anlagen am Markt eingesetzt werden und welche Anlagen nicht. Dieser Funktion wird der Emissionszertifikatehandel in seiner jetzigen Fassung prinzipiell gerecht – bei dem aktuell niedrigen CO2-Preis mit dem Ergebnis eines verstärkten Einsatzes von Kohlekraftwerken. Aus Handelssicht würde man sich allerdings eine deutlich höhere Liquidität wünschen. Der Auktionsplattform der EEX wurde 2012 die Aufgabe übertragen, für 24 EU-Mitgliedstaaten Zerti­fikate für die dritte Handelsperiode zu auktionieren. Sie ist zugleich permanente Plattform zur Auktionierung der deutschen Zertifikate (Spot und Futures) und für den Sekundärhandel mit Zerti­ fikaten nationaler und ausländischer Herkunft. Stand: 30. April 2015

1000 t CO2 100.000 90.000 80.000 70.000 60.000 50.000 40.000 30.000 20.000

EUA Sekundärmarkt

CER Sekundärmarkt

EUA Primärmarktauktion

EUAA Primärmarktauktion

Volumen am EEX-Spotmarkt für Emissionsberechtigungen · Quelle: EEX, 2015

01.03.15

01.11.14

01.01.15

01.09.14

01.07.14

01.05.14

01.03.14

01.11.13

01.01.14

01.09.13

01.07.13

01.05.13

01.03.13

01.11.12

01.01.13

01.09.12

01.07.12

01.05.12

01.03.12

01.11.11

01.01.12

01.09.11

01.07.11

01.05.11

01.03.11

01.01.11

01.11.10

01.09.10

01.07.10

01.05.10

01.03.10

0

01.01.10

10.000


28   |   Wettb ewerb 201 5 – Wettb ewer b in d er T r a nsf o r m a t i o n e r h a l t e n

• Der Emissionszertifikatepreis und seine prognostizierte Entwicklung haben auch Auswirkungen auf das Investitionsverhalten der Anlagenbetreiber. Diese langfristige Funktion erfüllt der Emissionszer­ tifikatehandel derzeit nur eingeschränkt. Ohne eine Entscheidung für eine langfristige Zurückhaltung („Backloading“) der bis 2020 auflaufenden Emissionszertifikate wird es nach dem zunächst beschlos­ senen kurzfristigen Backloading zu einem erneuten extremen Preisverfall kommen. Dieser könnte das Vertrauen in den Handel mit Emissionszertifikaten nachhaltig beschädigen. Auch müssen noch die verbindlichen Ziele für 2030 konkret umgesetzt und das grundsätzliche Problem des Emissionszerti­ fikatehandels eines unelastischen Angebots bei schwankender Nachfrage geheilt werden, um die notwendige längerfristige Investitionssicherheit zu gewährleisten. Die Europäische Kommission hat den sich hieraus unter Wettbewerbsgesichtspunkten ergebenden Handlungs­ bedarf erkannt und eine entschiedene Reform des Emissionszertifikatehandels eingeleitet. Diese umfasst ein Mindestreduktionsziel von 40 Prozent bis 2030, eine Regelung zur künftigen Verteilung der Lasten zwischen dem Emissionshandelssektor und Nicht-Emissionshandelssektor, eine lineare Anhebung des Reduktionspfades und die Schaffung einer Marktstabilitätsreserve. Letztere wird aller Voraussicht nach bereits im Jahr 2019, und damit früher als geplant, in Kraft treten. Eine vorgezogene Einführung des Instruments ist auch aus Sicht der deut­ schen und europäischen Energiewirtschaft erforderlich. Ebenso wichtig ist die erfolgte politische Einigung, die im Rahmen der kurzfristigen Backloading-Entscheidung vorübergehend aus dem Markt genommenen Mengen in die Reserve aufzunehmen. Diese Reform – sollte sie in der Form realisiert werden – erscheint aus heutiger Sicht geeignet, den Markt für Emissionshandelszertifikate zu stabilisieren und langfristige Investitionssignale auszusenden. Auch künftig sollte der Emissionshandel ein reines Mengensteuerungssystem bleiben. Dagegen gefährden nationale Maßnahmen, wie z. B. die Einführung nationaler Mindestpreise für CO2, die eingeleitete Stabilisierung des Emissionszertifi­ katehandels und die langfristige Steuerungsfunktion eines europäischen Preissignals für. CO2.

Veränderte Märkte: smart, dezentral, arbeitsteilig Märkte werden zunehmend differenzierter und arbeitsteiliger im Sinne eines optimierten und interaktiven Ver­ brauchsverhaltens. Wesentliche Treiber hierfür werden eine gegenüber heute deutlich zunehmende Volatilität der Erzeugung einerseits und verstärkte Möglichkeiten der Verbrauchssteuerung andererseits sein. Auch auf die Verteilnetzbetreiber als Plattform – hier finden 98 Prozent der Einspeisung von Erneuerbaren Energien statt – kommen große Herausforderungen zu: Neben dem Netzaus- und -umbau sowie dem Einsatz von innovativen Netzbetriebsmitteln wird es auch zum Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) kommen. Des Weiteren gilt es, mit Marktmitteln ein Verbrauchsverhalten anzureizen, das Belastungsspitzen im Netz dämpft und auch zu Flexibilitätsbereitstellung auf der Verbraucherseite, aber auch anderswo, führt. Der bereits heute zu beobachtende und voraussichtlich zunehmende Trend zur Dezentralisierung wird durch teilweise lastferne Einspeisungen in Verteilnetze, zunehmenden Eigenverbrauch, Wärmeanwendungen, Energie­ speicher, Elektromobilität und dergleichen mehr ausgelöst. Wie intensiv und wie rasch sich dieser Trend weiter ausprägen wird, hängt auch wesentlich von der Entwicklung der Kosten ab, zu denen die jeweiligen Technologien zur Verfügung stehen. Intelligentes Netznutzungsverhalten und der beschriebene Trend einer wachsenden Dezentralisierung führen zu einer zunehmend arbeitsteiligen Bereitstellung von Energie und deren Verbrauchssteuerung. Dies lässt sich bereits heute an neuen Geschäftsmodellen erkennen.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   29

Für die kurz- und langfristige Effizienz, insbesondere auch für ein volkswirtschaftlich sinnvolles KostenNutzen-Verhältnis der Energieversorgung ist entscheidend, dass die mit „smart, dezentral, arbeitsteilig“ umrissenen Entwicklungen wettbewerbskonform und europakompatibel bewerkstelligt werden. Das bedeutet:

• Ein Abbau administrativer und technologischer Hemmnisse ist wünschenswert, um Bestandsanlagen im Markt zu halten sowie den Marktzutritt für neue Technologien und Geschäftsmodelle zu erleichtern.

• Staatliche Zuwendungen für einzelne Technologien greifen in den Kernbereich des Wettbewerbs ein und

sollten daher unterbleiben. Eine Ausnahme bilden Maßnahmen zur Förderung von Forschung und Entwicklung. Technologieoffenheit ist zu berücksichtigen.

• Privilegierungen oder Diskriminierung einzelner Akteursgruppen sollten aus gleichem Grunde unterbleiben. • Hilfreich kann dagegen die Beschreibung bzw. Überarbeitung von bestehenden Marktprozessen sein. Wichtig sind langfristig zuverlässige Rahmensetzungen, statt nachsteuerndem Mikromanagement.

Flexibilitäten Flexibilität bezeichnet die Anpassungsfähigkeit des elektrischen Systems, Angebot und Nachfrage von elektrischer Leistung unabhängig von der Geschwin­ digkeit der Veränderung ihres Umfangs zumindest vorübergehend zum Ausgleich zu bringen. Dies geschieht durch Steigerung oder Reduktion der augenblicklichen Erzeugung oder Speicherung von Elektrizität sowie die Reduktion oder Steigerung des augenblicklichen Verbrauchs. Flexibilitäten existieren im bestehenden energiewirtschaftlichen System, beispielsweise in Form von Kraftwerken, Speichern, Maßnahmen auf der Verbrauchsseite. Flexibilität wird insbesondere an den Spot- und Regelenergiemärkten vermarktet und vergütet. Durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien hat sich das Geschäftsfeld zur Bereitstellung von Flexibilität im System gänzlich verändert. Bei Energiespeichern tritt zunehmend das Problem auf, dass die sich verändernde Situation am Energiemarkt den Einsatz der Speicher unrentabel macht. Ferner sorgen gesetzlich festge­ legte Abgaben dafür, dass die Wirtschaftlichkeit von Energiespeichern zusätzlich belastet wird.

So kommt es heutzutage vermehrt zu Situationen, in denen bestehende Energiespeicher nicht eingesetzt werden, da die am Markt erzielbaren Erlöse ihren Einsatz nicht rechtfertigen. Mit seinen Vorschlägen zur „Definition des Begriffs ‚Energiespeicher‘“ vom 6. Juni 2014 hat der BDEW dem Gesetzgeber erste konkrete Vorschläge zum Abbau technischer und administrativer Hemmnisse für Bestandsanlagen und zur Erschließung von neuen Flexibilitätsoptionen unterbreitet. Technische und administrative Hemmnisse zur Erschließung von Flexibilitäten müssen abgebaut wer­ den. Wie viele und welche Flexibilitätsquellen letztlich zum Zuge kommen, muss jedoch der Markt entschei­ den. Aus Gründen der Systemsicherheit gilt etwas anderes für den Einsatz von Regelenergie. Er stellt eine definierte Nutzung von Flexibilität dar (vgl. hierzu Abschnitt 3.4 „Versorgungssicherheit“). Staatliche Zuwendungen für ausgewählte Technologien, Quoten etc. müssen unterbleiben.


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Contracting Beim Contracting übernimmt der Energie­ lieferant (Contractor) die Versorgung eines Objektes des Kunden mit der benötigten Nutzenergie. Dies kann die Lieferung von Kälte, Wärme, Strom, Druckluft oder andere Formen von Energie umfassen.

Marktanteile und Marktentwicklung in Deutschland Die Marktentwicklung der letzten zehn Jahre belegt die gewachsene Bedeutung des Contractings in Deutschland. So hat sich die Anzahl der Verträge von 23.200 (2004) auf 48.200 (2013) mehr als ver­ doppelt. Für den gesamten Contracting-Markt gehen Studien insgesamt aktuell von einem jährlichen Gesamtumsatz von ca. 2,3 Milliarden Euro aus. Von den in Deutschland in Frage kommenden 18 Millionen Wohngebäuden, 185.000 öffentlichen Liegen­­­schaften und 4 Millionen Unternehmen und Betrieben schätzen Gutachter 1 Prozent der Wohngebäude als gut und 16 Prozent als eingeschränkt geeignet für Energieliefer-Contracting ein. Das Potenzial bei den öffentlichen Liegenschaften liegt mittelfristig bei 10 Prozent, langfristig bei 20 Prozent. Um das darin liegende Energieeffizienzpotenzial zu heben, bedarf es entsprechender Rahmenbedin­ gungen. Z. B. sind Benachteiligungen von Contractoren gegenüber Eigeninvestitionen zu vermeiden bzw. zu beseitigen.

Beim Energieliefer-Contracting, das für 84 Prozent der Projekte steht, plant, baut, finanziert und unterhält der Contractor eine Anlage zur Bereitstellung von Nutz­ energie. Der Kunde bezieht die Energie zu festgelegten Konditionen. Der Fokus des Contractors richtet sich daher auf die Optimierung der Anlage selbst (z. B. Betriebsoptimierung der Heizungsanlage, Erzeugung von Strom aus Kraft-WärmeKopplungsanlage) und die Beschaffung der Endenergie. Die meisten Contractingprojekte wur­ den 2013 in der Wohnungswirtschaft (57 Prozent) realisiert, gefolgt von Gewerbe/ Industrie (14 Prozent) und öffentlichen Auftraggebern (14 Prozent).

Contractingprojekte werden zu 55 bis 60 Prozent von Energieversorgern, zu 30 bis 35 Prozent von Energiedienstleistern und zu 10 Prozent von sonstigen Unternehmen durchgeführt. Gerade in den letzten Jahren erschließen auch immer mehr kleine und mittlere Energieversorger Contracting als neues Geschäftsfeld. Zur weiteren Entfaltung des Contracting­ marktes ist ein Level-Playing-Field not­wendig. Eine Benachteiligung von Con­tracting gegenüber Eigeninvestitionen muss vermieden werden. Außerdem muss der Rechtsrahmen für Contracting weiter stabilisiert werden (Stichwort Vertrags­ laufzeiten).


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   31

Sonstige Produkte / Dienstleistungen Ein wachsender Trend, der das Energieversorgungssystem in nahezu allen Bereichen tiefgreifend verändern wird, ist der Trend zur Dezentralisierung. Der Anteil der dezentralen Energieversorgung lag 2010 bei etwa 10 Prozent. Einer im Auftrag des BDEW bei Unternehmen der Branche von KPMG/CTG vorgenommenen Be­ fragung zufolge könnte sich dieser Anteil bis 2025 verdoppeln. Absehbar sind u. a. folgende Entwicklungen.

• Der Endkunde wird sich künftig immer mehr vom „consumer“ zum „prosumer“ wandeln. Er wird damit regelmäßig unabhängiger von Energielieferungen, wird aber im gleichen Zug verstärkt auf Angebote für eine energiewirtschaftliche Betreuung zurückgreifen. Der künftige Energievertrieb unterscheidet sich in seiner Struktur und seinen Angeboten für Kunden wesentlich vom heute noch vorherrschenden klassischen Energievertrieb. Neben den Comodity-Produkten wie Wärme, Strom und Gas wird der Verkauf von Dienstleistungen zum Energiemanagement (u. a. Flexibilitäten) einen wesentlichen Teil der Wertschöpfung ausmachen. Basis dieser Wertschöpfung sind ein intelli­ gentes und automatisiertes Datenmanagement und die dazugehörige Datenanalyse. Ein wesentlicher Aspekt ist, dass die Kundengruppen sich in Zukunft verändern werden: Endenergiekunden:

• „Klassische“ oder nicht smarte Kunden, die weiterhin ihren Stromverbrauch unbeeinflusst lassen wollen bzw. aus verschiedenen Gründen kein Interesse an Flexibilisierungsmaßnahmen haben.

• „Smarte“ Kunden, die ihre vorhandene Flexibilität selber, bspw. im Rahmen von Eigenverbrauchs­

lösungen, nutzen oder die bereit sind, diese Dritten anzubieten. Dabei verkauft der Kunde die von ihm bereitgestellte Flexibilität an einen Vertrieb oder einen dritten Dienstleister. Dieser nutzt die angebotene Flexibilität z. B. zur Beschaffungsoptimierung oder verkauft sie weiter an einen „Flexibi­ litätsanforderer“. » Diese Betreuung kann z. B. in der Abnahme von Überschussenergie, der Installation, Betriebsführung und Wartung dezentraler Anlagen sowie in Finanzierungskonzepten oder auch aus einer Kombination dieser Elemente bestehen.

» Parallel wird der klassische Energieabsatz an Letztkunden zurückgehen.

» Das Wärmenutzungsverhalten von Haushalten, Gewerbe- Industriebetrieben wird sich schrittweise wandeln, wobei dezentrale Wärmekonzepte an Attraktivität gewinnen werden. » Vertriebe und dritte Dienstleister werden dem Endkunden Angebote machen, ihr Abnahmeverhalten an den Preissignalen am Spotmarkt und am Bedarf an System- dienstleistungen auszurichten In welcher Geschwindigkeit diese Prozesse ablaufen, hängt neben Akzeptanzfragen in erster Linie von der Entwicklung der Energiepreise und fast noch mehr von ihrer Volatilität ab. Letztere wird durch den vorgesehenen weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien beträchtlich zunehmen. Auch wird es zwischen den Kundengruppen große Unterschiede geben.


32  |   Wettb ewerb 2 0 1 5 – Wettb ewer b in d er T r a nsf o r m a t i o n e r h a l t e n

Diese Entwicklung wird wiederum dazu führen, dass eine Fülle neuer Geschäftsmodelle erprobt werden wird. Welche Modelle sich letztendlich durchsetzen und welche Modelle wieder verschwinden, sollte der Markt entscheiden. Allerdings kann es erforderlich werden, dass die Schnittstellen zwischen einzelnen Marktrollen im Licht des sich vollziehenden Wandels näher beschrieben werden müssen, um faire Wettbewerbsbedingungen und einen sicheren Netzbetrieb zu gewährleisten. Der BDEW wird diesen Strukturwandel konstruktiv mit eigenen Vorschlägen begleiten. Für die Schnittstelle Strom­ verteilnetz/Markt hat er das sog. Ampelmodell4 entwickelt. KPMG/CTG nehmen an, dass im Jahre 2025 in 27 Prozent der Jahresstunden (oder 2.284 h) Ener­gie­über­schüsse zur Verfügung stehen (negative Residuallast). Mit der Zunahme des temporären Über­angebots von Strom aus Erneuerbaren Energien werden zusätzliche zentrale und dezentrale Speicherlösungen an Attraktivität gewinnen. BDEW, Smart Grids Ampelkonzept – Funktionales Zusammenspiel zwischen Markt und reguliertem Bereich,

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Zwischenbericht, Berlin, 27. Mai 2014

Standardisierung Strukturwandel im Endkundenmarkt braucht eine mas­ sengeschäftstaugliche, standardisierte und automati­ sierte Marktkommunikation. Der BDEW koordiniert und erarbeitet dafür standardisierte Marktprozesse und verbindliche Datenformate für die Energiewirtschaft. Durch Festlegungen der Bundesnetzagentur oder durch die Regelungen zur Kooperationsvereinbarung Gas werden diese Marktprozesse verbindlich für alle Marktteilnehmer. Diese Marktprozesse und Datenfor­ mate haben sich bewährt und bilden den Grundstein für weite Teile des Marktgeschehens. Die veränderte Energieproduktion und -nachfrage, die Digitalisierung der Energiewirtschaft und der Aufbau eines neuen Energieinformationsnetzes sowie euro­ päische Entwicklungen stellen die bisherigen Markt­ prozesse vor neue Herausforderungen. Neben einer

effizienten und reibungslosen Gestaltung der Markt­ prozesse zum Zweck der Belieferung und Abrechnung von Energie steht auch verstärkt ein Informations- und Datenaustausch zur Wahrung der Systemsicherheit im Blickpunkt, und erfordert teilweise neue Vertrags- und Kommunikationsbeziehungen. Der BDEW unterstützt die Energiebranche mit der Ent­ wicklung und Weiterentwicklung von Marktprozessen und Datenformaten, damit die Marktteilnehmer eine kostengünstige Umsetzung gesetzlicher Vorgaben oder neue Geschäftsmodelle bewerkstelligen können. Auch aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist der Beitrag einer verbindlichen, automatisierbaren und massen­ geschäftstauglichen Marktkommunikation bedeu­ tungsvoll, da diese eine Grundvoraussetzung für einen funktionierenden und effizienten Wettbewerb bildet.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   33

Versorgungssicherheit erwirtschaften Versorgungssicherheit ist in den vergangenen fünfzehn Jahren sowohl im Hinblick auf Gas als auch auf Strom im Wesentlichen als selbstverständlich gegeben angesehen worden. Dementsprechend ist dieser Teil des energie­ wirtschaftlichen Zieldreiecks in der öffentlichen Wahrnehmung in der Vergangenheit weitgehend in den Hin­ tergrund getreten. Neuere Entwicklungen zeigen die Notwendigkeit eines Umdenkens. In dem hier erörterten Zusammenhang ist es entscheidend, dass Maßnahmen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit wettbe­ werblich und europakompatibel ausgestaltet sind.

Gas, inkl. Speicher, Gasbezug Eine sichere Erdgasversorgung gewährleistet im Grundsatz ein offener und liquider europäischer Erdgasbinnenmarkt. Diversifizierte Importquellen und grenzüberschreitende Transportwege, hohe Speicherkapazitäten sowie ein Sockel an heimischer Förderung und die Beteiligung deutscher Unternehmen an ErdgasExplorationsprojekten sind wesentliche Bausteine einer sicheren Versorgung mit Erdgas – hier ist Deutschland aktuell gut positioniert. Insbesondere für Spitzen in der Nachfrage sind Speicher von herausragender Bedeutung für eine sichere Gasversorgung. Das derzeitige Marktumfeld jedoch birgt für Gasspeicher die Gefahr, künftig nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden zu können, da der Ausbau und die zunehmende Diversi­ fikation der Importinfrastruktur auch zu einem strukturellen Überangebot von Flexibilitätsoptionen führen. Eine signifikante Schließung von Speicherkapazitäten würde allerdings die Versorgungssi­ cherheit bei Nachfragespitzen gefährden. Neben dieser Situation für den Betrieb von Speichern als wichtige Elemente zeichnet sich im heutigen Marktumfeld auch eine weitere Herausforderung für die Gewährleistung von Versorgungssicherheit ab: Durch die Entflechtung zwischen Netz und Handel bzw. Vertrieb wurde die Wettbewerbsintensi­ tät und dadurch die Effizienz in der Bereitstellung des Produktes Gas wesentlich gesteigert. Gleich­ zeitig jedoch vollzog sich auch eine Neuverteilung in der Zuordnung von Verantwortlichkeiten zu den einzelnen Marktakteuren in der Gewährleistung von Versorgungssicherheit. Primär sind sowohl die Gasversorgungsunternehmen als auch die Netzbetreiber für die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung einer sicheren Erdgasversorgung verantwortlich: Die Gewährleis­ tung der Stabilität des Transportsystems auf lokaler, wie auch auf regionaler Ebene ist Aufgabe der Netzbetreiber. Händler und Vertriebe jedoch sind auch in Situationen eines erhöhten Verbrauchs, beispielsweise bei längeren Kälteperioden, in der Verantwortung, die erforderlichen Gasmengen zur vertragsgemäßen Versorgung ihrer Kunden bereitzustellen. In der Weiterentwicklung des Marktrah­ mens, insbesondere im Zuge der zunehmenden Integration des EU-Binnenmarktes, muss daher der gesetzliche und regulatorische Rahmen Verantwortlichkeiten klar zuweisen, um Versorgungssicher­ heit auf marktlicher Basis nachhaltig und volkswirtschaftlich effizient zu gewährleisten. Um Versorgungssicherheit in einem zunehmend integrierten, europäischen Binnenmarkt nachhal­ tig zu gewährleisten und gleichzeitig maximal von der zunehmenden Liquidität eines wachsenden Marktes zu profitieren, ist es wichtig, EU-weit in den Mitgliedstaaten einheitliche Versorgungs- und Infrastrukturstandards zu erreichen. Die staatenübergreifende Verknüpfung von Gasversorgungsnet­ zen und -marktgebieten stärkt die Versorgungssicherheit dabei weiter. Die Erdgas-Versorgungssi­


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cherheits-Verordnung bietet für die Erreichung einheitlicher Standards einen adäquaten Rahmen so­ wie ein breites Instrumentarium. Da jedoch die Gewährleistung der sicheren Gasversorgung nach wie vor in der Verantwortung der Marktakteure liegt, sollten diesen die entsprechenden Kompetenzen zur Entscheidungsfindung in der Erreichung einheitlicher Standards auch weiterhin primär gewährt blei­ ben. Erst an zweiter Stelle sollten die Mitgliedstaaten nationalstaatlich sowie an dritter Stelle die EUMaßnahmen zur Vereinheitlichung und Standardisierung einleiten. Während Unternehmen somit auch in Zukunft eigenverantwortlich in Verträgen mit internationalen Partnern die sichere Versorgung ihrer Kunden zu gewährleisten haben, kommt der Politik in ihrer unterstützenden Funktion, z. B. durch den Ausbau von Kooperationen der EU mit Dritt-Produktionsländern, eine wichtige Rolle zu.

Strom Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht vor, die Erneuerbaren Energien so auszubauen, dass sie bis 2050 einen Anteil von 60 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch bzw. 80 Prozent am Bruttostromverbrauch einnehmen. In einem sich solchermaßen verändernden Marktumfeld, in dem konventionelle Kraftwerke mehr und mehr eine absichernde Funktion übernehmen, finanzieren sich Investitionen in Bestands- und Neuanlagen nicht mehr selbstverständlich ausschließlich über seltene Preisspitzen am Energy-Only-Markt (EOM). Gleichwohl kann die Vorhaltung ausreichender Anlagen­ kapazitäten am effizientesten in einem wettbewerblichen Rahmen erfolgen. Dem Anspruch, der in Deutschland an die Versorgungssicherheit – im Sinne eines Leistungsbilanzgleichgewichts – gestellt wird, steht zurzeit weder eine explizite Verantwortlichkeit der Stromerzeuger noch der Stromliefe­ ranten gegenüber. Zugleich verdichtet sich die Erkenntnis, dass der EOM zumindest in seiner jetzigen Ausprägung unter den spezifischen Bedingungen des deutschen Strommarktes (starker Ausbau fluk­ tuierender Erneuerbarer Energien, keine öffentliche Aufhebung des Mark-Up-Verbots) Versorgungs­ sicherheit nicht vollumfänglich garantieren kann. Daher ist es notwendig, in einem ersten Schritt den EOM zu optimieren und zu einem EOM 2.0. weiterzuentwickeln. Dies schließt eine marktlich ausge­ staltete Reserve ein. Parallel ist eine Verständigung erforderlich, wie ein Kapazitätsmarkt ausgestaltet sein muss, falls sich die Maßnahmen zur Optimierung des EOM als unzureichend erweisen. Auch der künftige Einfluss von Kapazitätsmärkten aus anderen EU-Mitgliedstaaten ist mit zu bedenken. Dieser müsste die nachfolgenden Kriterien erfüllen: A Ziel eines Kapazitätsmarktes ist es ausschließlich, Versorgungssicherheit zu gewährleisten. B Politische Rahmensetzungen müssen langfristige Planungssicherheit bieten. Der Mechanismus muss hinreichend robust gegenüber Änderungen des Marktumfelds sein. C Fortentwicklungen der marktlichen Rahmenbedingungen sollen einen technologieoffenen Wettbewerb anreizen und die volkswirtschaftlichen Kosten minimieren. D Dazu bedarf es eines marktbreiten (d. h. alle Kapazitäten umfassenden) und transparenten Mechanismus mit geringem administrativen Aufwand bei der Umsetzung. E Der zukünftige Kapazitätsmechanismus muss sich in die Weiterentwicklung des europäischen Energiebinnenmarktes integrieren.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   35

Als einen Beitrag zur Sicherstellung der Versorgungssicherheit in einem von der Energiewende geprägten Strommarkt hat der BDEW gemeinsam mit dem VKU das Konzept für einen Dezentralen Leistungsmarkt5 entwickelt und ausgearbeitet. Quelle: BDEW-Positionspapier „Ausgestaltung eines dezentralen Leistungsmarktes“ von Juni 2014

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(https://www.bdew.de/internet.nsf/id/marktdesign-de)

Systemsicherheit Eine zusätzliche Problematik stellt die Gewähr­ leistung der Systemstabilität dar. Verantwortlich für die Systemsicherheit sind die Übertragungs­ netzbetreiber. Vor dem Hintergrund der schritt­ weisen Abschaltung der vor allem im Süden Deutschlands lokalisierten Kernkraftwerke und des noch nicht abgeschlossenen innerdeutschen Netzausbaus (v. a. von Norden nach Süden) werden seit dem Winter 2011/2012 im Rahmen der Reservekraftwerksverordnung Kapazitäten zur Aufrechterhaltung der System­stabilität in Süd­ deutschland außerhalb des EOM beschafft. Die so beschaffte aktuelle Netzreserve ist seit ihrer Einführung beständig angewachsen.

Nur der fristgerechte Netzausbau kann mittelund langfristig zur Reduzierung dieses netzspe­ zifischen Bedarfes führen. Darüber hinaus bedarf es für die Systemstabilität des deut­ schen Übertragungsnetzes aber auch weiterhin ausreichend lokaler Systemdienstleistungen an netztechnisch günstigen Standorten. Diese kön­ nen durch die Weiterentwicklung der aktuellen Netzreserve sichergestellt werden und würden sowohl den EOM 2.0 als auch ggf. einen Kapa­ zitätsmarkt ergänzen. Es muss sichergestellt werden, dass diese Systemdienst­leistungen an­ gemessen vergütet werden und nicht zu Lasten der betroffenen Kraftwerksbetreiber erfolgen.


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Bezahlbarkeit im Blick behalten Weniger als 30 Prozent der Industrieendkundenpreise für Strom sind wettbewerblich beeinflussbar. Zusammen mit den Netzentgelten gehen nur gut 40 Prozent der Endkundenpreise auf Erzeugung, Fortleitung, Handel, Vertrieb, Messung und Abrechnung zurück. Bei den übrigen annähernd 60 Prozent handelt es sich um Steuern und Umlagen. Im Haushaltskundensektor sieht es ähnlich aus (51-Prozent Steuern und Abgaben im Jahr 2014).

Aufteilung des Einzelhandelspreisniveaus für Haushaltskunden für den Abnahmefall 3.500 kWh im Jahr zum 1. April 2014 (über alle Tarife mengengewichteter Mittelwert) in Prozent Umsatzsteuer 16,0

Stromsteuer 6,9

Umlage nach EEG 21,1

Konzessionsabgabe 5,4

Energiebeschaffung, Vertrieb, sonstige Kosten und Marge 26,6

weitere Umlagen 1,8

Nettonetzentgelt 19,9 Entgelte für Abrechnung, Messung und Messstellenbetrieb 2,3

Umlage nach KWKG 0,6

Umlage nach § 19 StromNEV 0,3 Umlage Offshore-Haftung 0,9 Umlage für abschaltbare Lasten 0,03

Aufteilung des Einzelhandelspreisniveaus für Haushaltskunden für den Abnahmefall 3.500 kWh im Jahr zum 1. April 2014 (über alle Tarife mengengewichteter Mittelwert) · Quelle: Bundesnetzagentur/Bundeskartellamt, Monitoringbericht 2014

Die Europäische Union hatte in der Liberalisierung der Märkte für Gas und Strom einen wichtigen Baustein auf dem Weg zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in Europa gesehen. In Wirklichkeit hat sich eine ganz andere Entwicklung vollzogen: Die Mitgliedstaaten haben die mit der Einfüh­ rung von Wettbewerb einhergehenden Wohlfahrtsgewinne abgeschöpft und durch Einführung oder Ausweitung staatlicher oder staatlich induzierter Lasten mehr als überkompensiert. Die Strom- und Gaspreise Europas haben sich zuletzt von denen in den USA deutlich abgekoppelt. Außerdem wird der Preiswettbewerb zunehmend schwer. Insbesondere die von Vertrieben be­ einflussbaren Bestandteile machen nur einen kleinen Prozentsatz der Endkundenpreise aus. Und schließlich gibt es monetäre Fehlanreize, die durch die Umlagebestandteile selbst generiert werden. Inzwischen beginnt auch das Bundeswirtschaftministerium die von dem Missverhältnis von staatlich induzierten Lasten und wettbewerblich beeinflussbaren Preiskomponenten ausgehenden Marktver­ zerrungen kritisch zu betrachten.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   37

„Aufgrund verschiedener Hemmnisse im Energiemarktdesign erreicht das Preis­ signal des Strommarkts derzeit jedoch einige Stromerzeuger und -verbraucher teilweise verzerrt; z. B. innerhalb des Stromsektors durch die Struktur der festen Bestandteile der Strompreise... Diese Flexibilitätshemmnisse müssen überprüft und adressiert werden, damit das Marktpreissignal gestärkt wird.“ Quelle: Ein Strommarkt für die Energiewende Diskussionspapier des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (Grünbuch), November 2014, S.18

Infrastruktur – Voraussetzung für den Wettbewerb Die Struktur des Energiemarktes befindet sich durch die Perspektive einer Vertiefung des Binnenmarktes und durch den raschen Aufwuchs Erneuerbarer Energien in einem intensiven Umbruch. Dies hat Auswirkungen auf den Bedarf an Infrastrukturen und auf die Art und Weise ihrer Nutzung. Zwischen den Ferngas- bzw. Über­ tragungsnetzbetreibern abgestimmte Netzentwicklungspläne sollen gewährleisten, dass der Ausbau der Transportnetze unter langfristigen Gesichtspunkten gesamtwirtschaftlich sinnvoll ausgerichtet ist und mit der nötigen Vorausschau erfolgt.

Gas, inkl. Speicher, Gasbezug Erdgas nimmt mit einem Anteil von ca. 22 Prozent weiterhin einen sehr hohen Anteil am Primärener­ gieverbrauch in Deutschland ein. Trotz des zunehmenden Aufkommens Erneuerbarer Energien und politisch angestrengter Energieeffizienzsteigerungen ist insbesondere auch vor dem Hintergrund des Ausstiegs aus der Kernenergie davon auszugehen, dass Erdgas auch auf Sicht vieler Jahrzehnte noch eine wichtige Rolle für die Energieversorgung in Deutschland spielen wird. Das deutsche Erdgaslei­ tungsnetz mit einer Gesamtlänge von mehr als 500.000 Kilometern und einem jährlichen Energie­ durchsatz von ca. 1.000 TWh gliedert sich aufgrund der derzeitigen Versorgungssituation in ein HGas- und ein L-Gas-Gebiet. Die beiden unterschiedlichen Gasqualitäten müssen aus technischen und eichrechtlichen Gründen in definierten Grenzen in getrennten Systemen transportiert werden. Dieser Umstand führt dazu, dass Kunden, die an einem L-Gas-Leitungsnetz angeschlossen sind, unabhängig vom Lieferanten physikalisch mit L-Gas versorgt werden müssen. Die Aufkommenssituation für die H- und L-Gas-Gebiete und somit auch die Wettbewerbsintensität auf den jeweiligen Großhandels­ märkten unterscheiden sich dabei strukturell: Ein großer Teil des deutschen Gasmarktes (ca. 30 Prozent) wird derzeit mit niederkalorischem Erdgas (L-Gas) versorgt. L-Gas stammt allein aus Aufkommen der deutschen bzw. der niederländischen Produktion. Die übrigen in Deutschland verfügbaren Aufkommen (Gas aus Dänemark, Norwegen/ Nordsee, Russland bzw. von LNG-Terminals) liefern höher kalorisches Erdgas (H-Gas).


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Der Umgang mit der zukünftig reduzierten Ver­ fügbarkeit von L-Gas für den deutschen Markt ist ein zentraler Punkt des Netzentwicklungsplans (NEP). Um eine weitere sichere Versorgung der mit L-Gas belieferten Letztverbraucher gewähr­ leisten zu können, ist eine frühzeitige Planung und Durchführung von Umstellungsmaßnahmen erforderlich. Auf diese Weise soll den rückläu­ figen Importkapazitäten von L-Gas aus den Niederlanden und der rückläufigen inländischen Produktion von L-Gas begegnet werden. Die niederländische Regierung sichert zu, dass auch nach den jüngsten Entwicklungen hinsichtlich der Erdgasförderung in den Nie­ derlanden die zugesagten L-Gas-Kapazitäten weiterhin bereitgestellt werden können. Der Entwurf des Netzentwicklungsplans (NEP) Gas 2015 enthält mehr als 70 Maßnahmen zum Ausbau der nationalen Gasinfrastruktur in den nächsten zehn Jahren. Die sich aus dem ge­ planten Ausbau ergebenden Investitionen um­ fassen bis 2020 rund 2,8 Mrd. Euro und steigen bis 2025 auf insgesamt 3,5 Mrd. Euro an. Hierbei steht die zusätzlich benötigte H-Gas Leistung entsprechend der prognostizierten Verteilung der H-Gas-Quellen im Vordergrund. Durch die zunehmende Erschöpfung verbrauchs­ naher Produktionsstandorte wird der Antransport aus anderen, weiter entfernten Regionen (z. B. aus Russland oder über LNG-Anlandeterminals im Westen und Süden Europas) erforderlich. Hierfür sind Erweiterungen und technische Anpassungen in den überregionalen Fernlei­ tungsnetzen und Verteilnetzen in Deutschland erforderlich, da bisherige Antransportrouten entfallen und neue notwendig werden. Zusätzlicher Anpassungsbedarf resultiert für Fernleitungs- und Verteilnetze aus der Not­ wendigkeit, dezentral erzeugte Biogasmengen aufzunehmen. Im Rahmen einer koordinierten Ausbauplanung ist zudem darauf zu achten, dass durch das Zusammentreffen verschiedener Gasaufkommen die Voraussetzungen für echten

Wettbewerb auf den Großhandelsmärkten in Deutschland erhalten bleiben. Abhilfe kann hier die Erhöhung der Austauschkapazitäten zu an­ deren großen Erdgashandelsplätzen in Westeur­ opa, wie beispw. TTF und NBP, schaffen. Vor dem Hintergrund des gleichlaufenden Rückgangs der deutschen und niederländischen L-Gas-Produktion hat die deutsche Gaswirt­ schaft die Planungen für die Umstellung von Markträumen in Deutschland von L-Gas auf H-Gas aufgenommen, um einerseits die Versor­ gungssicherheit in den betroffenen Markträumen sicherstellen und andererseits einer weiteren Verknappung auf der Angebotsseite mit den entsprechenden nachteiligen wettbewerblichen Auswirkungen entgegenwirken zu können. Aufgrund des Umfangs und der Komplexität der anstehenden Umstellungsaufgabe wird sich die­ se in Deutschland über einen Zeitraum von mehr als 15 Jahren erstrecken und ca. 30 Prozent des heutigen Erdgasmarktes umfassen. Die Power-to-Gas-Technologie stellt eine Möglichkeit dar, die Erneuerbaren Energien zu speichern und für vielfältige Nutzungen zugäng­ lich zu machen und gleichzeitig die Potenziale der deutschen Gasinfrastruktur hinsichtlich Energietransport und Energiespeicherung für die Erneuerbaren Energien zu erschließen. Unter heutigen Rahmenbedingungen sind Powerto-Gas-Anlagen als Stand-Alone-Technologie jedoch noch nicht wirtschaftlich zu betreiben. Um Power-to-Gas zu einer Systemlösung zu entwickeln, die einen nennenswerten Beitrag zur CO2-Minderungsstrategie leisten kann, ist ein Abbau bestehender regulatorischer Hemmnisse erforderlich. Der BDEW hat im Rahmen seiner Vorschläge zur „Definition des Begriffs ‚Ener­ giespeicher‘“ vom 6. Juni 2014 dem Gesetzgeber hierzu erste konkrete Vorschläge unterbreitet.


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   39

Strom Netzausbau in Deutschland Der innerdeutsche Netzausbau ist Voraussetzung für die Einbindung und den Transport von Erneuerbaren, dezentral sowie verbrauchsfern erzeugten Energien, und er schafft die Voraussetzung für einen funktionierenden, freien Strommarkt in Deutschland und Europa. Seit dem Jahr 2012 wird der Netzausbaubedarf auf der Übertragungsnetzebene über den Netzentwicklungsplan (NEP) ermittelt. Der NEP wiederum ist die Planungsbasis und Grundlage für den Bundesbedarfsplan (Verabschiedung durch Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat). Der Netzentwicklungsplan wird regelmäßig fortgeschrieben und an neue gesetzliche Regelungen oder neue Erkenntnisse bezüglich der Erzeugungsszenarien angepasst. Er wird von der Bundesnetz­ agentur bestätigt. Nach einem aktuellen, vom Bundeskabinett bereits verabschiedeten Gesetzent­ wurf 6 soll der Zyklus zur Erstellung des Netzentwicklungsplans von jährlich auf zweijährlich verlängert werden. Zudem sieht der Gesetzentwurf vor, die Möglichkeiten zur Teilerdverkabelung von Höchst­ spannungsleitungen unter Berücksichtigung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes zu erweitern. Trotz umfangreicher Maßnahmen zur Einbindung der Bevölkerung in die Planungsphase der Projekte erweist sich die Umsetzung des notwendigen Netzausbaus nach wie vor als schwierig.  Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Bestimmungen des Rechts des Energieleitungsbaus,

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vom Bundeskabinett verabschiedet am 25.03.2015

Der Netzentwicklungsplan Strom enthält alle wirksamen Maßnahmen zur bedarfsgerechten Optimierung, Verstärkung und zum Ausbau des Übertragungsnetzes, die in den nächsten zehn bzw. zwanzig Jahren für einen sicheren und zuverlässigen Netzbetrieb erforderlich sind. Der Investitions­bedarf in den Ausbau der Übertragungsnetze für die kommenden zehn Jahre in Deutschland liegt bei über 20 Milliarden Euro. Je nach Szenario werden ca. 22 bis 26 Mrd. € veranschlagt. Ausbaubedarf gemäß NEP 2014 (zweiter Entwurf) Szenario B2024: » DC/AC-Netz Verstärkung (Umbeseilung oder Stromkreisauflagen, Neubau einer leistungsfähigeren Leitung in bestehenden Trassen): 5.300 km » Neue Leitungstrassen: 3.800 km • Davon Gleichstromkorridore (HGÜ): ca. 2.300 km (Übertragungskapazität: 12 GW) und der deutsche Anteil der HGÜ-Grenzkuppelleitung nach Belgien, Dänemark und Norwegen mit einer Länge von 200 km


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n Fri May 29 2015 09:53:56 AM.

Deutscher Beitrag zu einem europäisch koordinierten Netzausbau Aufgrund der geografischen Gegebenheiten (Deutschland hat neun unmittelbare Nachbarstaaten und weist eine Nähe zu Skandinavien auf) kommt der Einbindung Deutschlands in europäische Netzstrukturen und deren effizienter Nutzung eine Schlüsselrolle zu. Die Vollendung des europä­ ischen Strombinnenmarktes, der Aufwuchs Erneuerbarer Energien sowie die Gewährleistung der System­sicherheit lassen einen weiteren Ausbau der Grenzkuppelstellen angezeigt sein. Entscheidend für den grenzüberschreitenden Austausch von Strom sind die maximalen Kapazi­täts­ werte, die sogenannten NTC (Net Transfer Capacities). NTC beschreiben die bestmöglich abgeschätzte Grenze für den physikalischen Leistungsfluss zwischen zwei Regelzonen. Nach Angaben von ENTSO-E konnten im Jahr 2013 durchschnittlich 14,2 GW für den Export und 16,9 GW für den Import von Strom zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern genutzt werden. Auf Basis der im Ten Year Network Development Plan (TYNDP) vorgesehenen Netzausbauten rechnen die deutschen Übertragungsnetzbetreiber bis 2024 mit einem Anstieg der NTC auf 23,5 GW für den Export und 25,6 GW für den Import. Bis 2034 veranschlagen sie einen Anstieg auf 34 GW an Exportund Importkapazitäten.7 Der deutsche Netzentwicklungsplan und der europäische Netzentwicklungsplan (TYNDP) sind eng miteinander verzahnt. So sind beispielsweise alle drei im NEP bestätigten Gleichstromkorridore in Deutschland im TYNDP definierte PCI-Projekte (Projects of Common Interest), die von der EU speziell unterstützt werden (Erleichterung und Beschleunigung bei der Umsetzung). Gleiches gilt für die neun geplanten Grenzkuppelstellen zwischen Deutschland und seinen Nachbarländern.  Quelle: 2014: Connect Energy Economics GmbH im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie:

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Leitstudie Strommarkt, S. 63f.

Geplante Grenzkuppelstellen mit PCI-Status: Kasso (DK) – (DE) Audorf Endrup (DK) – (DE) Niebüll Lixhe (BE) – (DE) Oberzier Doetichem (NL) – (DE) Niederrhein Tonstad (NO) – (DE) Wilster Plewiska (PL) – (DE) Eisenhüttenstadt Krajnik (PL) – (DE) Vierraden St. Peter (AT) – (DE) Isar Rüthi (CH) – (DE) Meitingen

Quelle: EU Interaktive PCI-Karte


We t t b e we r b 2 0 15 – We t t b e we r b i n d e r T r a n s f o r m a t i o n e r h a l ten  |   4 1

Über den TYNDP hinaus wird derzeit in dem EU-Projekt „E-Highways 2050“ ein modularer Netzentwick­ lungsplan für das europäische Stromnetz 2050 erarbeitet. Dabei soll eine langfristige Planungsmethodik für den notwendigen Aus- und Umbau der europäischen Stromübertragungsnetze entwickelt werden. Dazu untersucht das Projektkonsortium Rahmenbedingungen und entwickelt anhand verschiedener Szenarien Lösungsansätze für die Planung des europäischen Stromnetzausbaus jeweils bis 2020, 2030, 2040 und 2050. Ein Projektbereich konzentriert sich dabei auf die Entwicklung von Overlay-Strukturen und großräumige Transportbedarfe im Jahr 2050 zwischen regionalen Netzclustern.

Verteilnetze Auch der Verteilnetzbereich steht vor großen Herausforderungen: Die Energiewende findet vorwiegend in den Verteilnetzen statt. Hier sind 98 Prozent der Erneuerbare-Energien-Anlagen in Deutschland angeschlossen. Um die Integration dieser Anlagen in das Gesamtsystem zu bewerk­ stelligen sind Netzaus-, Netzum- und Netz­ neubauten sowie Investitionen in intelligente Kommunikationstechnik (IKT) nötig, wie mehrere Studien belegen. Verfehlt wäre es, hieraus eine Konkurrenz mit dem erforderlichen Ausbau auf der Übertragungsnetzebene abzuleiten. Um die Herausforderungen der Energiewende und deren marktwirtschaftliche Ausgestaltung zu bewäl­ tigen, kann weder auf den Ausbau der Übertra­ gungs- noch der Verteilnetze verzichtet werden. Dies wird auch in der für das Bundeswirtschafts­ ministerium erstellten Studie „Moderne Verteil­ netze für Deutschland“ bestätigt – deutlicher Ausbaubedarf besteht sowohl für den Hoch- als auch für den Mittel- und Niederspannungsbe­ reich bis 2032. Die Studie kommt u. a. zu dem Ergebnis, dass eine Kombination von innova­ tiven Planungskonzepten (Berücksichtigung des Erzeugungsmanagements bei der Netzplanung, nicht die letzte kWh einspeisen) mit intelligenten Technologien, z. B. Einsatz von regelbaren Ortsnetztrafos, den Investitionsbedarf halbieren und die durchschnittlichen jährlichen Zusatzko­ sten um 20 Prozent senken kann. Es wird weiter festgestellt, dass der Netzausbaubedarf der einzelnen Verteilnetzbetreiber sehr unterschied­ lich ausfällt. Aus diesen Erkenntnissen werden entsprechende regulatorische und politische Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Diesem Investitions- und Innovationsbedarf muss die vom Bundeswirtschaftsministerium für Sommer 2015 angekündigte Novellierung der Anreizregulierungsverordnung Rechnung tragen. Hierzu liegen ein Eckpunkte-Papier des Bundes­ wirtschaftsministeriums und der Evaluierungs­ bericht der Bundenetzagentur vor. Letzterer gibt, neben dem Input aus der o. g. Verteilnetzstudie, auch Empfehlungen für die Novellierung bzw. Weiterentwicklung der Anreizregulierungsver­ ordnung für die Bundesregierung. Zudem hat das Bundeswirtschaftsministerium Forderungen bzw. Überlegungen aus der Studie z. B. nach der sog. Spitzenkappung bei der Netz­ planung in sein Grünbuch zum Strommarktdesign aufgenommen. Ebenso werden Änderungen der Netzentgeltsystematik sowie von reduzierten Netzentgelten, z. B. für unterbrechbare, steuer­ bare Verbraucher auf der Niederspannungsebe­ ne, diskutiert bzw. stehen auf der Tagesordnung. Mit Letzterer sollen insbesondere Flexibilitätsop­ tionen künftig auch auf der Nachfrageseite angereizt werden. Auch steht das Verordnungspaket zur Imple­ mentierung von intelligenten Messsystemen aus. Erste Eckpunkte hierzu wurden vom Bundes­ wirtschaftsministerium vorgelegt. Hier kommen ebenfalls zusätzliche Aufgaben auf die Verteil­ netzbetreiber zu. All diese Themen sind zügig auf dem Weg zu bringen, damit alle Marktakteure Planungssicherheit für Investitionen und Innova­ tionen bekommen und sich neue Geschäftsmo­ delle entwickeln können.


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Auf europäischer Ebene wird zunehmend dis­ kutiert, welche Rolle die Verteilnetzbetreiber in einem sich verändernden Endkundenmarkt einnehmen sollen. Sowohl die Europäische Kommission als auch die Regulierungsbehörden befassen sich mit der Frage, welche Akteure in einem sich verändernden Retailmarkt welche Aufgaben übernehmen sollten, und ob hier­ zu weitergehende regulatorische Maßnahmen erforderlich sind. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Verwaltung umfangreicher Daten, die für ein Energiesystem mit DSM-Anwendungen erforderlich ist (Stichwort „smartness of distri­ bution grids“). Einen Überblick über die voraus­ sichtliche Entwicklung der Energiemärkte und mögliche Implikationen für weiteren Regulie­ rungsbedarf beschreibt die Agentur der Euro­ päischen Energieregulierer (ACER) gemeinsam mit dem Rat der Europäischen Energieregulierer

(CEER) im Strategiepapier „Energy Regulation: A Bridge to 2025“ vom 18. September 2014. Die fünf Hauptziele des Papiers „Bridge to 2025“ sind zu unterstützen: Dazu gehören neben einem liquiden wettbewerblich orientierten und integ­ rierten Großhandelsmarkt und der Stärkung der Versorgungssicherheit auch die Stärkung der Er­ neuerbaren Energien und von DSM-Maßnahmen. Gerade beim letzten Punkt spielen die Verteil­ netzbetreiber (Distribution System Operators, DSOs) eine wichtige Rolle. Wichtiger als ggf. neue, zusätzliche Unbundling-Anforderungen sind daher die klare Darstellung von Marktrollen und Verantwortlichkeiten der einzelnen Akteure sowie die Vorgabe von verbindlichen Marktpro­ zessen. Diese sollten auf bewährten Prozessen aufsetzen. Zudem ist die Forderung von ACER nach einer stärkeren Kooperation von TSO und DSO zu unterstützen.

Quelle: „Moderne Verteilernetze für Deutschland“ (Verteilernetzstudie),

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Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), September 2014  Quelle: Ein Strommarkt für die Energiewende Diskussionspapier

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des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (Grünbuch), Oktober 2014


We t t b e we r b 2 0 15 – Fa zi t u n d A u s b l ick  |   4 3

Fazit und Ausblick

Der Wettbewerb hat sich in Deutschland im Strom- und Gassektor gut entwickelt. Die Energiewirtschaft befindet sich derzeit insbesondere in Deutschland in einer Transformationsphase. Aber auch in anderen Mitgliedstaaten sind Umbrüche und Veränderungen in der Marktgestaltung auszumachen. Gerade in dieser Situation gilt es, einer sich abzeichnenden Stagnation bzw. eines Investitionsattentismus aufgrund von Verunsicherung durch langfristige politische Rahmenbedingungen entgegenzutreten – in Europa wie in Deutschland. Die oftmals wiederholten Bekenntnisse » zur Vollendung des europäischen Energiebinnenmarktes » zum Wettbewerb als zentrales Optimierungsinstrument zur Zielerreichung » für ein Level-Playing-Field (Investitionswettbewerb, Abbau von Hemmnissen etc.) müssen sich auch in konkretem gesetzgeberischen Handeln widerspiegeln, im Alltag messen und bei Irrtum auch revidieren lassen. Dies ist jedoch nicht immer der Fall: Der Anteil der Energiewirtschaft, der im Wettbewerb steht, wird immer wei­ ter eingeschränkt. Eine Regulierung bedingt eine nächste – oftmals als Korrekturmaßnahme. Durch kleinteiliges Mikromanagement gerät die Systembetrachtung in den Hintergrund, Betrachtungen zum Kosten-NutzenVerhältnis bleiben auf der Strecke, aufwändigere Bürokratie und Abwicklung/Verwaltung sind oftmals die Folge, statt Wettbewerb um Innovationen und Investitionen. Politisches Handeln sollte sich daher an folgenden Maximen orientieren: » Europäische bzw. regionale Lösungen sind vielen verschiedenen einzelstaatlichen Lösungen vorzuziehen – bilaterale Projekte als Testphase. » Statt technologiespezifischer Vorgaben sollte Wettbewerb als geeignetes Instrument auch zur Erreichung des Zieldreiecks wirken können; damit wird auch ein besseres Kosten-Nutzen-Verhältnis erzielt. » Anpassung des Marktdesigns, das Versorgungssicherheit Rechnung trägt » Systemdienlichkeit und zunehmend Marktintegration der Erneuerbaren Energien. Der deutsche Gesetzgeber hat mit dem EEG 2014 richtige und mutige Schritte getan. Er darf jetzt nicht nachlassen und muss die im Gesetz schon angelegte Reformagenda entschlossen abarbeiten. Insbesondere müssen nun mit der gebotenen Sorgfalt die tech­ nologiespezifischen Ausschreibungsmodelle für die weiteren relevanten Technologien entwickelt werden. Die Möglichkeiten grenzüberschreitender Ausschrei­ bungen (Stichwort 5-Prozent-Klausel) sollten nicht zerredet, sondern entschlossen erprobt werden. Pilotabkommen mit Nachbarstaaten bieten die Perspek­tive einer schrittweisen Regionalisierung. Wettbewerb muss auch für Erneuerbare Energien zur Normalität werden – unter voller Beachtung des Ausbaupfads. Auf europäischer Ebene hat die Politik die Kraft zu einer Festlegung ambitionierter und verbindlicher CO2-Ziele für 2030 bewiesen. Auch hier darf sie nicht nachlassen und muss die begonnenen Reformen mit aller Entschiedenheit zu Ende führen, damit der europäische Emissionshandel auch die entscheidende

Lenkungswirkung entfalten kann. Allerdings muss auch die EU-Kommission ihrem Wächteramt gerecht werden. Nationale Alleingänge (Stichwort Carbon Floor Tax) verzerren das Preissignal in der gesamten EU und wirken der weiteren Integration des europäischen Bin­ nenmarktes entgegen. Nur langfristige, zieladäquate und europaweite Signale ermöglichen eine effiziente wettbewerbliche Erreichung der langfristigen Klima­ schutzziele. In dieser Broschüre wurden deshalb nicht nur Erfolge des Wettbewerbs, sondern auch gegenläufige Tenden­ zen aufgezeigt. Hier sind Politik und Administration mit Korrekturmaßnahmen gefragt, um einer sich ab­zeichnenden Stagnation zuvorzukommen. Es darf allerdings nicht der Eindruck entstehen, dass es mit der einmaligen Korrektur von Fehlentwicklungen getan ist. Die Erhaltung effektiver und effizienter Rah­men­ bedingungen ist eine Daueraufgabe. Der BDEW wird seinen Teil dazu auch künftig beitragen. Aber vor allem die Politik ist gefordert.


Herausgeber BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V.

Ansprechpartner: Dr. Stephan Krieger Gesch채ftsbereich Strategie und Politik Telefon: +49. 30. 30 01 99 -1060 stephan.krieger@bdew.de

Gestalterische Umsetzung Q7 media GmbH & Co. KG www.q-7.de


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