Einblick in die Trendstudie 2030+
Auswirkungen politischer und gesellschaftlicher Veränderungen im Zeitraum bis 2035 auf die Energiewirtschaft
Wie sieht unsere Lebenswelt in Zukunft aus?
Diese Frage steht im Mittelpunkt der BDEW Trendstudie 2030+. Zu Beginn der Studie wurden zunächst fünf Megatrends definiert. Sie werden in dem betrachteten Zeitraum die Bereiche Gesellschaft, Technologie, Wirtschaft, Ökologie und Politik maßgeblich prägen.
Megatrends
Widersprüchliche gesellschaftliche Dynamiken
› Alterung der Gesellschaft
› Stadt-Land-Dynamik & regionale Bevölkerungsentwicklungen
› Konsummuster im Wandel
› Zunehmende Gefahr sozialer Spaltung
› Erosion der Konventionen & neue Freiheiten
Wachsender Druck auf Ökosysteme
› Anthropogener Klimawandel
› Zunehmender punktueller Druck auf Wasserressourcen
› Verlust von Biodiversität
› Akkumulierte Umweltschäden & unbeabsichtigte Konsequenzen
› Bioökonomie & Kreislaufwirtschaft
Veränderung von Wertschöpfungsmustern
› Vernetzte & flexible Produktionssysteme
› Neue Schnittstellenmärkte & Businessökosysteme
› Ausbreitung der Plattformökonomie
› Datenbasierte Geschäftsmodelle
› Sinnstiftungsökonomie & Shared Value
Digitale und biotechnische Transformation
› Digitale Vernetzung & neue Endgeräte
› Etablierung des IoT-Paradigmas
› Vertrauenswürdige Daten & intelligente Verträge
› Durchbrüche bei KI & Robotik
› Fortschritte im Bereich Bio- & Nanotechnologie
Neue politische Komplexität
› Politische Gestaltung im Nexus DigitalisierungKlima-Migration
› Zwischen Schuldenlast & Modernisierungskrise
› Neues Verhältnis von Staat & Markt
› Redefinition von Partizipation & Demokratie
› Beschleunigte Erregungszyklen in der digitalen Öffentlichkeit
Liebe Leserin, lieber Leser,
Deutschland will das Ziel einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft er reichen. Dafür sind erhebliche Investitionen in Erneuerbare Energien, in Netze, in Ladeinfrastruktur, in Wasserstofftechnologien und in H2-Ready-Gaskraftwerke erforderlich. Damit liefert die Branche wirksame wirtschaftliche Impulse.
Mit dem Krieg in der Ukraine wurde schlagartig deutlich, welche zentrale Bedeutung die sichere und günstige Versorgung mit Energie für eine Volkswirt schaft wie die unsere hat. Es hat sich gezeigt, dass die Energieversorgung nicht nur wegen des Klimawandels unter Druck steht, sondern auch wegen einseiti ger Abhängigkeiten beim Bezug von Energierohstoffen. Beide Krisen machen eine Loslösung von fossilen Energieträgern noch dringlicher. Um zukünftig die Verfügbarkeit günstiger Energie zu gewährleisten, müssen neue Wege be schritten werden. Die Energiewende leistet hierzu mittel- und langfristig einen positiven Beitrag.
Das Wirtschaften und Zusammenleben werden in den kommenden Jahren einen tiefgreifenden Wandel erfahren. Stichworte sind Sharing Economy, partizipa tives Wirtschaften und Autarkiestreben, Sinnstiftung, Plattformen, Datenöko nomie, Konnektivität und neue Mobilität. Die Energiewirtschaft ist Vorreiter und Treiber der Transformation, indem sie die technologischen und ökonomischen Chancen nutzt und Entwicklungen antizipiert. Sie wird so zum Ermöglicher dieser Transformation.
Das kommende Jahrzehnt verheißt Chancen und Risiken. Das hat der BDEW zum Anlass für einen Blick in die Energiewelt 2030+ genommen: In Kooperation mit dem Beratungsunternehmen Z_punkt The Foresight Company haben wir die Trendstudie 2030+ erstellt. Energieversorger spielen in diesem Zeitfenster eine Schlüsselrolle: Es wird nicht nur darum gehen, Strom, Gas und Wärme effizient und klimaschonend bereitzustellen, sondern auch um neue, zukunftsfähige Geschäftsmodelle, die den im Wandel begriffenen gesellschaftlichen Anforde rungen entsprechen. Wertvollen Input für diese Studie gaben die Mitgliedsunter nehmen des BDEW. Allen Beteiligten gilt dafür mein besonderer Dank.
Die Trendstudie 2030+ soll allen Mitgliedsunternehmen eine Basis bieten, Trends frühzeitig zu erkennen und Potenziale auszuschöpfen. Sie zeichnet ein ganzheitliches Zukunftsbild und leitet daraus Ermöglicher-Potenziale für sie ab. Damit ist sie eine Orientierungshilfe auf dem Weg in die Energiezukunft und zeigt Anknüpfungspunkte für die Weiterentwicklung bestehender oder die Ent wicklung neuer Geschäftsfelder auf.
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Kerstin Andreae
VORWORT
©BDEW 3Vorwort
Energiewirtschaftliche Szenarien 2030–35: Übersicht der Szenariothemen
Widersprüchliche gesellschaftliche Dynamiken
Wachsender Druck auf Ökosysteme
Veränderung von Wertschöpfungsmustern
Neue politische Komplexität
Digitale und biotechnische Transformation
Schlaglicht 2: Das digitale Energiesystem orchestrieren
Schlaglicht 1: Der Energiewende den Weg bereiten
Schlaglicht 5: Smarte Städte und Gemeinden gestalten Schlaglicht 6: Die Klimawende vermitteln HEUTE
Schlaglicht 3: Nachhaltige Gebäude und Quartiere gestalten Schlaglicht 4: Industrie und Gewerbe in die Zukunft begleiten
AUSGANGSLAGE
Ein Jahrzehnt fundamentaler Herausforderungen steht bevor:
› Abkehr von der fossilen und linearen Wirtschaftsweise hin zu einem klimaneutralen und kreislauforientieren Wirtschaftssystem
› Bekämpfung des Klimawandels und Beherrschung seiner unausweichlichen Auswirkungen
› Nachhaltige Gestaltung der Digitalisierung von Verwaltung und Wirtschaft
› Bewältigung von Strukturproblemen des ländlichen Raums
› Geopolitische Fragestellungen: Veränderung der Rolle Deutschlands und Europas im internationalen Kontext
ERSTE HÄLFTE
DER 2030ER JAHRE
SZENARIEN
Die Studie definiert Szenarien für 2030–35 in den folgenden Feldern:
› Erzeugung
› Netzinfrastrukturen und Speicher
› Märkte und Akteurinnen und Akteure
› Antriebe der Zukunft
› Dekarbonisierung von Wärme
› Dekarbonisierung der Industrie
H₂
4 5Energiewirtschaftliche Szenarien 2030–35: Übersicht der Szenariothemen
Megatrends
Bedürfnisfelder Hypothesen
ErmöglicherPrototypen
Szenarien
Zukunftsbild 2035
Schlaglichter 2035
Die Energiewende stellt Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vor große Herausforderungen. Welche Rolle die Energiewirtschaft in den kom menden zehn bis 15 Jahren einnehmen und welchen Beitrag sie leisten kann, damit die Ziele verwirklicht werden, untersucht die Trendstudie 2030+, die in Zusammenarbeit mit Z_punkt The Foresight Company entstanden ist.
Zentrales Ergebnis der Trendstudie 2030+ ist: Die Energie wirtschaft setzt die Energiewende um und gestaltet damit aktiv die Zukunft. Sie kann Vorreiter, Ermöglicher und Trei ber der Transformation sein. Oberste Priorität hat dabei die sichere und wirtschaftliche Energieversorgung unter den Bedingungen der Klimaneutralität.
Die Energiewirtschaft nimmt beim Erreichen dieses Ziels eine herausgehobene Rolle ein. Einerseits muss sie den sich wandelnden Anforderungen der Politik und Gesellschaft gerecht werden, andererseits wirtschaftliche Entwicklung
und das gesellschaftliche Zusammenleben ermöglichen. Sie muss Trends und Entwicklungen frühzeitig erkennen, neue technologische, ökonomische und konzeptionelle Potenziale erschließen sowie die Transformation beschleu nigen und im Sinne des Gemeinwohls gestalten. Große Investitionen in den Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Netze, in die Ladeinfrastruktur und in Wasserstofftech nologien sind erforderlich.
Die Studie ist in drei Module aufgeteilt
Kooperationspartner für die Trendstudie 2030+ war Z_punkt The Foresight Company, ein Beratungsunter nehmen für strategische Zukunftsfragen. Die Studie ist in drei Module aufgeteilt: Umfeldanalyse, Trendanalyse Energie und Ermöglicher-Potenziale. Inhaltlich beruht die Untersuchung auf dem Austausch mit Z_punkt, bestehenden Studien und den Workshops des ResearchTeams mit Vertreterinnen und Vertretern von BDEWMitgliedsunternehmen.
Modul 1: Umfeldanalyse
Im ersten Modul entstand ein Zukunftsbild 2035. Darin ist die Energiewirtschaft eingebettet. Treiber für Veränderun gen der Lebenswelten sind Megatrends. Z_punkt definierte zu Beginn der Arbeiten an der Studie die für das Umfeld der Energiewirtschaft relevantesten Megatrends: Sie wirken sich auf Gesellschaft, Technologie und Innovation, Wirtschaft und Arbeitswelt, Ökologie sowie Politik aus. Bedürfnisfelder dienten als Strukturhilfe, um das Zukunfts bild zu beschreiben. Das geschah in Form von Paradigmen wechseln, die etwa die Mobilität, die Arbeitswelt und die Kommunikation betreffen.
Modul 2: Trendanalyse Energie
Im zweiten Modul entwickelte Z_punkt Hypothesen zur Zukunft der Energiewirtschaft. Die Basis dafür waren einschlägige Studien und politische Ziele. Mit Vertrete rinnen und Vertretern der Mitgliedsunternehmen wurden die Hypothesen diskutiert und verfeinert sowie durch einen externen Blick auf die Branche ergänzt. Dazu sind jeweils einstündige Telefoninterviews mit zehn Expertin nen und Experten aus Fachgebieten mit Schnittstellen zur Energiewirtschaft sowie aus dem politischen Umfeld geführt worden. Daraus leitete Z_punkt 21 Szenarien in den Segmenten Erzeugung, Netze, Marktakteurinnen und -akteure, Mobilität, Wärmemarkt und Wasserstoff ab – mit jeweils drei Ausprägungen (konservative Entwicklung, ambitioniert-realistisch, progressiv). Potenzielle Hebel und Barrieren für die Realisierung wurden in einem Workshop-Szenario analysiert und mit dem Zukunftsbild konsistente Alternativszenarien entwickelt. Damit liegt eine Kurzbeschreibung der Energielandschaft 2035 vor. Potenziale und Unsicherheiten sind dabei berücksichtigt, sodass sich ein Möglichkeitsraum aufspannt. Mit Blick auf die Ermöglicher-Rollen der Energiewirtschaft wurden Themenfelder von besonderem Interesse bestimmt.
Modul 3: Ermöglicher-Potenziale
Im dritten Modul identifizierte Z_punkt Prototypen für Ermöglicher-Rollen der Energiewirtschaft. Diese Prototy pen wurden in einem Workshop durch das Research-Team erweitert und verfeinert sowie in drei Transformationskategorien (Energiesystem, Wirtschaften, Lebensstile) eingeordnet. Aus achtzehn Prototypen entwickelte Z_punkt schließlich sechs Schlaglichter. Diese benennen wesentliche Veränderungsprozesse und Handlungsoptio nen bei den Unternehmen. Sie illustrieren die Rolle der Energiewirtschaft als Wegbereiterin einer wünschens werten Zukunft im Kontext von Zukunftsbild und Energie landschaft 2035. Die Schlaglichter repräsentieren auch die abgestimmten Themenfelder und Wertschöpfungs stufen. Um sie anschaulich und verständlich zu machen, wurden sie mithilfe eines Storytelling-Ansatzes zu einem Zukunftsnarrativ verdichtet. Zu jedem Schlaglicht liegt eine „Geschichte aus der Zukunft“ vor, die im Reportagestil die Energiewelt 2035+ beschreibt.
Studiendesign Methodik Umfeldanalyse Trendanalyse Energie Ermöglicher-Potentiale Modul 1 Modul 2 Modul 3 6 7Studiendesign/Methodik
Paradigmenwechsel
Bedürfnisfeld Wohnen
Aus dem analogen Heim wird 2035 die smarte Wohnwelt. Geräte sind untereinander vernetzt und werden digital gesteuert. Das Internet der Dinge sorgt zum Beispiel dafür, dass das E-Auto zur richtigen Zeit optimal geladen, das Raumklima angepasst wird oder die Einkaufsliste immer aktuell ist. Dahinter steckt ein komplexes Ökosystem, das die Vorlieben und Gewohnheiten der Bewohner und Bewohnerinnen berücksichtigt. Bei den Baumaterialien wird darauf geachtet, dass sie nachhaltig sind und die Umwelt nicht belasten. Auch das Thema Kreislaufwirt schaft spielt eine große Rolle, um Ressourcen zu scho nen. Dazu gehört auch Wasser. Grundrisse sind flexibel, damit sie sich der veränderten Lebenssituation anpassen können. Außerdem ziehen wieder mehr Menschen raus aufs Land. Für junge, in der Stadt wohnende Menschen ist das Umland urbaner Zentren attraktiv. Die einen suchen dort mehr Grün und Freiraum für ihre Kinder, die anderen wollen die Kosten für Wohnen und Lebensunterhalt re duzieren. Mit digitalen und servicestarken Angeboten der Daseinsfürsorge, mit schnellem Internet sowie einer guten Anbindung an die Stadt kann der ländliche Raum wieder punkten. Und das Leben auf dem Land wird vielfältiger.
Bedürfnisfeld Mobilität/Transport
In Städten gibt es 2035 immer mehr autofreie Bereiche, um die Lebensqualität zu verbessern. Das eigene Fahr zeug hat dort an Bedeutung verloren. Schließlich gibt es gute Alternativen: den ÖPNV, das Fahrrad, Sharing-Mo delle und das Buchen von Fahrten über eine App oder smarte Plattform. Auf dem Land geht diese Entwicklung langsamer voran, weil der ÖPNV nicht so gut ausgebaut ist. Doch der Verzicht auf das eigene Auto wird auch dort immer attraktiver: durch die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten, online einzukaufen, digitale Freizeitangebote zu nutzen und (autonome) Sammelfahrzeuge zu buchen. Das autonome Fahren leistet 2035 einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und zur Mobilität in der Stadt und auf dem Land. Da niemand mehr am Lenkrad sitzen muss, sind die Innenräume der Fahrzeuge zu Lebens- und Arbeits räumen umgestaltet. Ein anderer wichtiger Bereich betrifft die Logistik und den Transport von Waren und Paketen. Auch hier gibt es 2035 eine entsprechende Infrastruktur mit innovativen Lösungen. Dazu gehören Micro-Hubs, also Umschlagstationen, mobile Abholstationen, E-Cargo bikes und der Einsatz autonomer Pods. Der Erfolg hängt allerdings von der lokalen und regionalen Kaufkraft ab.
Bedürfnisfeld Arbeit
Arbeiten ist 2035 zu jeder Zeit und von jedem Ort möglich und nicht mehr an einen festen Büroarbeitsplatz gebun den. Insbesondere Menschen, die hochqualifiziert sind und gut verdienen, profitieren vom „work anywhere“. Dadurch können sie Berufliches und Privates besser mit einander vereinbaren. Sie legen Wert auf Selbstverwirk lichung, Wertschätzung und eine sinnstiftende Tätigkeit. Die neue Flexibilität wird dazu beitragen, dass bestimmte Gruppen, etwa Alleinerziehende, besser ins Erwerbsleben eingebunden werden. Das heißt, die Anforderungen an eine verantwortliche Personalführung werden steigen. „Remote Work“ bietet auch für Unternehmen – insbeson dere auf dem Land – viele Vorteile. Wegen ihres Stand ortes hatten sie in der Vergangenheit Probleme, Arbeits kräfte zu finden. Nun spielt der Firmensitz eine immer geringere Rolle. Auch die Arbeit an sich wird sich bis 2035 verändern. Moderne Roboter und smarte Algorithmen werden in fast allen Branchen eingesetzt. Künstliche Intelligenz unterstützt Arbeitnehmerinnen und -nehmer bei organisatorischen Fragen, bei körperlichen Tätigkeiten helfen sogenannte „Cobots“. Allerdings besteht die Gefahr, dass Menschen, die nur mangelnde digitale Kompetenzen haben, in geringerwertige Tätigkeiten abrutschen.
Bedürfnisfeld Kommunikation
Die reale und die digitale Welt sind 2035 immer mehr ver schmolzen. Maschinen unterstützen die Kommunikation. Dafür sind leistungsfähige KI-Anwendungen erforderlich. Digitale Assistenten sind ortsunabhängig als Helfer und Ansprechpartner verfügbar. Sie nehmen häufig sogar den ersten Kontakt zu einem Unternehmen oder Dienstleister auf. Da sie häufig über das Smartphone laufen, sind sie einer breiten Bevölkerung zugänglich. Fortschritte im Datenschutz sorgen dafür, dass ihre Akzeptanz deutlich ge stiegen ist. Die Menschen vertrauen den Kontrollsystemen der Anbieter. Trotzdem sind sie viel stärker für die Risiken digitaler und virtueller Welten sensibilisiert als früher. Eine Gefahr besteht zum Beispiel darin, dass Algorithmen Kundinnen und Kunden aufgrund von bestimmten Infor mationen ablehnen und sie von gewissen Dienstleistungen
ausschließen. Arbeitnehmerinnen und -nehmer beanspru chen 2035 viel stärker für sich das Recht, „to disconnect“, also offline zu sein. Jüngere nutzen neue Filtermöglich keiten, damit nicht alle Informationen auf sie einprasseln, während Ältere sich von der Reizdichte überfordert fühlen.
Bedürfnisfeld Konsum
Der stationäre Handel und der Onlinehandel sind zu einem Einkaufserlebnis verwoben. Das persönliche und physische Shoppen im Ladenlokal ist nach wie vor wichtig für die Menschen. Marken und Handel werden deshalb ihre Filialen zu Showrooms entwickeln. Das macht jedoch nur dort Sinn, wo es eine höhere Bevölkerungsdichte gibt. Auf dem Land, wo vorwiegend digital konsumiert wird, spielen sie keine Rolle. Beim Einkauf im Laden unterstüt zen digitale Assistenten bei der Kaufentscheidung oder nehmen diese sogar komplett ab. Waren des täglichen Bedarfs können 2035 vollautomatisch beschafft werden. Damit reduzieren sich die Kosten. In den Städten setzen immer mehr junge Kundinnen und Kunden und solche aus besser gestellten Milieus auf Nachhaltigkeit. Sie stellen auch bestimmte Käufe infrage. Statt vormals großer Investitionen, z. B. in ein Auto, setzen sie nun auf gemein samen Besitz oder Sharing-Modelle. Allerdings wird das nicht konsequent durchgehalten. Ein Teil der Bevölkerung positioniert sich aus Protest gegen „bewussten Konsum“ und gegen den Mainstream. Dennoch wird das Empö rungspotenzial gegenüber der Missachtung von Nachhal tigkeitsgrundsätzen steigen.
8 9Paradigmenwechsel
Der Energiewende den Weg bereiten
Ohne die Unternehmen der Energiewirtschaft ist die Energiewende undenkbar, denn sie stellt und betreibt die wesentlichen Anlagen. Dieser zentralen Rolle geht in der Studie Schlaglicht Nummer 1 auf den Grund: „Die Energie wende meistern: Erneuerbare Energien und Netze ausbauen“.
Welche Rolle spielt die Energiewirtschaft?
Die Energiewirtschaft macht die Dezentralisierung des Energiesystems möglich: Sie ist es, die Anlagen zur Gewinnung Erneuerbarer Energie und die dazugehö rigen Infrastrukturen und Netze ausbaut – und das zügig und effizient. Schon in frühen Projektphasen erkennt die Energiewirtschaft Konflikte zwischen Infra strukturausbau und Umweltschutz und spielt eine zentrale Rolle dabei, diese zu lösen. Damit ebnet sie Genehmigungsverfahren den Weg und leistet einen entscheidenden Beitrag zur künftigen Versorgungssicherheit.
Warum ist diese Rolle zentral?
Der Ausbau Erneuerbarer Energien ist der Schlüsselfaktor dafür, dass die Klima wende gelingt. Auch jenseits des Stromsektors lässt sich CO₂ einsparen, wenn ausreichend Energie aus regenerativen Quellen zur Verfügung steht – Stichwort Sektorkopplung. Durch diese wird der Stromverbrauch ansteigen und weiterer Netzausbau unumgänglich. Ein dezentrales Energiesystem, in dem die Verfüg barkeit des Stroms dargebotsabhängig ist, muss zunehmend flexibel sein. Das schafft gleichzeitig neue Möglichkeiten. Beim Ausbau von Anlagen und Netzen kommt es nicht zuletzt zu Eingriffen in Ökosysteme, die im Konflikt zu Umweltund Naturschutzzielen stehen können. In diesem Spannungsfeld ist die Energiewirtschaft gefragt, die Folgen der Eingriffe durch innovative Konzepte zu minimieren: KI-basierte Kamerasysteme an Windrädern für den Vogelschutz oder Floating-PV auf Tagebauseen sind Beispiel dafür.
”Kernkompetenz der Energiewirtschaft ist die Transformation des Energie systems. Der Ausbau der Erneuerbaren Energien steht dabei im Mittelpunkt.“
› Vor allem die jüngere Generation weist deutlich auf die Notwendigkeit der Energiewende hin. Dadurch wächst in der Gesellschaft und in der Politik das Problembewusstsein.
› Der Druck auf die Ökosysteme nimmt zu, weil landwirtschaftliche Flächen auf neue Weise genutzt werden und der Infrastrukturausbau sich auf die Tier- und Pflanzenwelt auswirkt.
STÄRKEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT
› Kernkompetenz der Energiewirtschaft: Planung, Errichtung und Betrieb der für die Energiewende nötigen Infrastrukturen, insbesondere Erneuerbare-Energien-Anlagen und Netze
› Gewährleistung von Versorgungssicherheit
› Schnittstellenfunktion zu anderen Sektoren (Mobilität, Industrie, Gebäude)
› Stärken regionaler EVU: Kenntnisse der lokalen Rahmenbedingungen und der Bevölkerung, Orchestrierung vor Ort
› Fähigkeit zur Skalierung von Innovationen und Konzepten, z. B. im Prosuming-Kontext
› Kompetenzen im Umwelt- und Naturschutz
WELCHE KONKRETEN BEITRÄGE KANN DIE ENERGIEWIRTSCHAFT LEISTEN?
› Mit Mut vorangehen und investieren, Pilotprojekte umsetzen
› Machbarkeit und Mehrwert neuer Konzepte und Technologien aufzeigen und marktfähig machen
› Erfahrungsaustausch innerhalb der Energiewirtschaft
› Best-Practice-Beispiele identifizieren und bekannt machen, sodass sie als Impulse dienen
RELEVANTE MEGATRENDS UND PARADIGMENWECHSEL
Der Energiewende den Weg bereiten
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Das digitale Energiesystem orchestrieren
Erneuerbare, Prosumer, Sektorkopplung: Die Energie wende verändert alles. Energieversorger stehen im Zentrum eines digitalen Systems – und damit vor der Aufgabe, dieses zu steuern.
Schlaglicht 2: „Das digital transformierte Energiesystem zuverlässig orchestrieren“.
Welche Rolle spielt die Energiewirtschaft?
Von der Erzeugung bis hin zu den Kundinnen und Kunden setzt die Energiewirt schaft eine Vielzahl von digitalen Technologien ein. Mit deren Hilfe kann sie die Potenziale der Energiewende optimal heben, Versorgungssicherheit garantieren und gleichzeitig das Gesamtsystem erheblich optimieren. Als zentrale Instanz des Daten- und Energiemanagements nimmt die Energiewirtschaft eine Schlüssel position an der Schnittstelle zu Mobilität, Industrie und Gebäuden ein.
Warum ist diese Rolle zentral?
Das Energiesystem wird immer komplexer: Strom aus Erneuerbaren Energien wird dezentral durch viele und vielfältige Akteurinnen und Akteure erzeugt, von denen nicht wenige „Prosumer“, also gleichzeitig Energie erzeugen und ver brauchen. Auch die Sektorkopplung stellt neue Anforderungen. Deshalb muss die Infrastruktur umfassend angepasst werden, vor allem auf der Ebene der Verteil netze. Dabei sollten intelligente Messtechnik, digitale Vernetzung und Kommuni kation sowie die erforderliche Rechenleistung ebenso von Anfang an mitgedacht werden wie Datenschnittstellen zu anderen Sektoren und Akteurinnen und Akteuren. Die Steuerung immer komplexerer Systeme, Effizienzsteigerungen und der kostenoptimale Systemaus- und -umbau erfordert die Übertragung und Verarbeitung einer Vielzahl von Daten – und dies teilweise in Echtzeit. Damit wird die Energiewirtschaft zum „Orchestrator“ des Energiesystems. Außerdem können innerhalb der Branche neue datenbasierte und -getriebene Geschäfts modelle entstehen, Simulationen die Entscheidungsfindung unterstützen und Effizienzgewinne realisiert werden, etwa im P2P-Handel.
RELEVANTE MEGATRENDS UND PARADIGMENWECHSEL
› Technischer Fortschritt steigert die Intelligenz und Vernetzung von Infrastrukturen und Dingen, wobei Hardwarelösungen zunehmend weniger Raum einnehmen.
› Datenverknüpfung, -analyse und -Forecasting spielen für Managemententscheidungen eine zunehmend wichtige Rolle.
› Neue Technologien wie die Blockchain gewährleisten vertrauenswürdige Daten und ermöglichen intelligente Verträge.
STÄRKEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT
› Rolle als zentraler Manager von Infrastrukturen aufgrund von Marktfunktion und Leistungsportfolio
› Vertrauen durch erwiesene Kompetenz im Betrieb kritischer Infrastrukturen und im Management cyberphysischer Systeme
› Kompetenz im Umgang mit sensiblen Daten
› Verantwortungsbewusstsein für Versorgungssicherheit
› Erfahrung mit komplexen rechtlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen
› Kenntnis der Kundinnen- und Kundenbedürfnisse und Erfahrung darin, passende Lösungen zu schaffen
”Digitale Vernetzung und Kommunikation, smarte Prozesse und Datenerfassung in Echtzeit sind die Voraussetzung für Sektorenkopplung.“
WELCHE KONKRETEN BEITRÄGE KANN DIE ENERGIEWIRTSCHAFT LEISTEN?
› Schnittstellen innerhalb des Energiesystems der Zukunft entwickeln und betreiben
› Energieversorgungsunternehmen können vielfältige Produkte, Dienstleistungen und digitale Lösungen entwickeln und anbieten.
digitale Energiesystem
Das
orchestrieren
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Nachhaltige Gebäude und Quartiere gestalten
Wie wollen wir leben? Welche Ansprüche stellen wir künftig an Wohnungen und Häuser, aber auch an Wohnviertel?
Schlaglicht 3, „Gebäude und Quartiere nachhaltiger denken und gestalten“, legt den Fokus auf die Antworten der Energieversorger.
Welche Rolle spielt die Energiewirtschaft?
Die Energiewirtschaft wirkt auf vielfältige Weise dabei mit, nachhaltige Gebäude und ganze Quartiere zu gestalten. Unter anderem zeigt sie Optionen zur klimafreundlichen Wärmeversorgung auf, die auf die örtlichen Gegebenhei ten zugeschnitten sind. Gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren außerhalb der Energiewirtschaft, etwa der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, arbeitet sie daran, Neubauten und Bestandsgebäude fit für die Zukunft zu machen.
Warum ist diese Rolle zentral?
Der Wärmesektor muss in deutlich höherem Maß als bisher zur Reduktion von CO₂-Emissionen beitragen. Dabei gilt es, lokale Faktoren wie etwa vorhandene Quartiers- und Eigenversorgungskonzepte oder eine mögliche Nähe zu einem Wärme- oder Wasserstoffnetz zu berücksichtigen. Viele Kundinnen und Kunden und die Wohnungswirtschaft sind dabei von der Vielzahl von Fördermöglich keiten und Bestimmungen überfordert – sie brauchen Rat und Hilfe. Dasselbe gilt auch für Themen wie die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in und an Wohngebäuden. Nachhaltiges Sanieren und Bauen fördert Energieeffizienz, und Erneuerbare Energien im Gebäudebereich eröffnen daneben weitere Chancen: Durch die intelligente Vernetzung von verschiedenen Bereichen wie etwa Heizung, Wasser und Mobilität lassen sich die Wohnqualität steigern und der Energieverbrauch vermindern.
RELEVANTE MEGATRENDS UND PARADIGMENWECHSEL
› Grenzen zwischen Branchen und Sektoren verlieren an Bedeutung, stattdessen wird integriert gedacht.
› Die Anforderungen an das Wohnen verändern sich: Wichtig sind Wohngesundheit, vernetzte Endgeräte, Erneuerbare Energien und Barrierefreiheit.
› Der Klimawandel wird Anpassungen von Gebäuden erfordern und den Wärme- und Kältebedarf verändern.
› Kreislaufwirtschaft wird immer wichtiger, etwa hinsichtlich der Materialeffizienz und geschlossener Stoffströme (z. B. Wasser, Abwärme).
STÄRKEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT
› Lösungsangebote aus einer Hand, bei Bedarf gestützt durch Kooperationen innerhalb und außerhalb der Energiewirtschaft
› Gesamtperspektive auf lokale, kommunale oder regionale Versorgungsstrukturen und -möglichkeiten
› Kompetenz in Energieberatung und -management
› Bestehende Beziehungen zum örtlichen Handwerk und zur Wohnungswirtschaft
› Besonders bei regionalen Energieversorgern: Die Nähe zur jeweiligen Kommune und Wohnungsunternehmen ermöglicht die Durchführung von Pilotprojekten.
WELCHE KONKRETEN BEITRÄGE KANN DIE ENERGIEWIRTSCHAFT LEISTEN?
› Umfassende Energieberatung anbieten, die das Gesamtsystem „Haus“ in den Blick nimmt
› Bei Neubau und Sanierung energiespezifische Bestandteile und Dienstleistungen anbieten (z. B. Mobilität, Heizung/Klima, Smart Home etc.)
› Sich als Planungs- und Technikpartner mit Kontakt zum lokalen Handwerk positionieren
› Organisation der Schnittstellen
› Netze wie ein Low Range Wide Area Network (LoRaWAN) aufbauen und betreiben
› Datenmanagement
”Bei der Umstellung auf eine klimafreundliche Wärmeversorgung können die Energieversorger vor Ort ihre spezifischen Stärken ausspielen.“
Nachhaltige Gebäude und Quartiere gestalten
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Industrie und Gewerbe in die Zukunft begleiten
Die Zielrichtung ist klar: In Industrie und Gewerbe muss CO₂ eingespart werden. Doch wo liegen Potenziale und welcher Weg führt zum Erfolg? Die Energiewirtschaft hilft. Ihre Aufgabe lautet: „Die umfassende Dekarbonisierung von Industrie und Logistik vorantreiben“ (Schlaglicht 4).
Welche Rolle spielt die Energiewirtschaft?
Die Energiewirtschaft erarbeitet gemeinsam mit Unternehmen aus Industrie und Gewerbe Lösungen, um deren direkte und indirekte CO₂-Emissionen zu senken. Chancen liegen in Effizienzsteigerungen, der technischen Vermeidung von Emissionen und in der Abscheidung und Speicherung von CO₂.
Warum ist diese Rolle zentral?
Derzeit verursacht die Industrie rund ein Fünftel aller CO₂-Emissionen in Deutschland. Die Dekarbonisierung erfordert oft enorme Investitionen in neue Produktionstechnologien – vor allem von Unternehmen, die viel Energie benötigen. Es dauert, bis sich diese Investitionen amortisieren. Deshalb brau chen die Unternehmen Planungs- und langfristige Versorgungssicherheit. Aufgrund der Standortbedingungen für Erneuerbare Energien in Deutsch land ist jedoch unklar, ob mittel- und langfristig klimaneutrale Energieträger zu international wettbewerbsfähigen Preisen zur Verfügung stehen werden. Abwanderung der Unternehmen oder für den Klimaschutz ungünstige langfristige Investitionsentscheidungen sind mögliche Folgen dieser Unge wissheit. Die Energiewirtschaft muss Konzepte entwickeln, mit denen eine wettbewerbsfähige und klimaneutrale Versorgung möglich wird. Ebenso sind die Unternehmen aus dem Gewerbe auf dem Weg in die klimaneutrale Zukunft auf die Versorgung mit Strom und Energieträgern wie grünes Gas, E-Fuels und Wasserstoff zu bezahlbaren Preisen angewiesen. Und nicht zuletzt gilt es, den Fokus der weniger energieintensiven Unternehmen, bei denen Energie nicht im Mittelpunkt steht, gezielt auf die Themen der Energiewende zu richten.
› Langfristige und tiefgreifende Strukturwandelprozesse sind in Deutschland regional differenziert ausgeprägt.
› Der Druck auf Ökosysteme wächst: Das Potenzial für Biomasse als Energie- und Kohlenstoffquelle ist begrenzt und mit Umweltrisiken behaftet.
STÄRKEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT
› Ganzheitliche Sicht aufs Energiesystem und mögliche Synergien
› Kompetenz im Anlagenmanagement und in der Versorgung mit Ökostrom und (grünen) Gasen
› „Energiemanager vor Ort“: Kenntnis lokaler Gegebenheiten, auf deren Grundlage passgenaue Lösungen angeboten werden können
› Umfangreiche Erfahrungen aus eigenen Dekarbonisierungsprozessen
› Fähigkeit zu Planung, Umsetzung und Betrieb von Versorgungslösungen für Betriebe, Gewerbegebiete und -cluster
”Mit ihrem Know-how ist die Energiewirtschaft der ideale Partner der Industrie, um die Dekarbonisierung der Produktion voranzutreiben.“
WELCHE KONKRETEN BEITRÄGE KANN DIE ENERGIEWIRTSCHAFT LEISTEN?
› Branchenintern Wissenstransfer und -management auf nationaler und internationaler Ebene sowie in Unternehmensnetzwerken organisieren
› Klimaneutrale gasförmige und flüssige Energieträger und die dafür notwendige Infrastruktur bedarfsgerecht anbieten
› Grünes Gas für die Speicherung und den Transport von Energie aus Sonne und Wind nutzen
› Verlässliche Rahmenbedingungen für Unternehmen durch langfristige Lieferverträge (PPA – Power Purchase Agreements) schaffen
› Kompetenter Dienstleister für Betriebe aus Industrie und Gewerbe sein, für die Energie nicht Teil des Kerngeschäfts ist
CO₂ H₂ Industrie und Gewerbe in die Zukunft begleiten
RELEVANTE MEGATRENDS UND PARADIGMENWECHSEL
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Smarte Städte und Gemeinden gestalten
Damit Menschen nachhaltiger leben können, müssen sich Städte und Dörfer verändern. Auch dabei spielen Energie versorger eine tragende Rolle – Schlaglicht Nummer 5 umreißt diese so: „Als Partner der Kommunen die Grund lagen einer modernen Gesell schaft mitgestalten“.
Welche Rolle spielt die Energiewirtschaft?
Die Energiewirtschaft steht Städten und Kommunen als kompetenter und verlässlicher Partner zur Seite. Sie hilft ihnen dabei, die Grundlage für moder ne und nachhaltige Lebensstile zu schaffen: Damit ist die Energiewirtschaft daran beteiligt, Lebensqualität zu schaffen und zu sichern und so Elemente der Daseinsvorsorge bereitzustellen.
Warum ist diese Rolle zentral?
Soll die Klimawende gelingen, muss sich die Art, wie wir leben, tiefgreifend ändern. Der Erfolg dieses Vorhabens hängt entscheidend davon ab, dass die Menschen den Wandel als bequem und niedrigschwellig erleben: Beson ders deutlich wird das bei den Themen Mobilität und Transport, vor allem in ländlichen Räumen und Regionen. Ebenfalls zentral sind Ausbau und Betrieb von Kommunikationsinfrastrukturen. Die Vision von Smart-City- bzw. SmartVillage-Lösungen muss Wirklichkeit werden: Sie ermöglicht eine moderne und nachhaltige Daseinsvorsorge. Um den Modernisierungsstau aufzulösen, brauchen Städte und Kommunen leistungsfähige Partnerinnen und Partner mit technischer wie administrativer Kompetenz, die Konzepte entwickeln und umsetzen und den Weg zu Fördermitteln ebnen.
RELEVANTE MEGATRENDS UND PARADIGMENWECHSEL
› Die fortschreitende Digitalisierung aller Lebensbereiche erfordert umfassende digitale Infrastrukturen, die fit für die Anforderungen von morgen sind.
› Modernes Landleben gewinnt: Dank digitalisierter Arbeitsmodelle ziehen Menschen aus den Städten aufs Land. Besonders attraktiv sind Kommunen, die in puncto Infrastruktur städtische Standards bieten.
› Neue Mobilitätssysteme und E-Mobilität sind die zentralen Bereiche und Handlungsfelder der Verkehrswende.
STÄRKEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT
› Enge administrative und operationelle Beziehungen zwischen Stadtwerken und Kommunen –Energieversorger sind ein zentraler Ansprechpartner für Politik und Verwaltung.
› Kenntnis der örtlichen Infrastrukturen und Versorgungsbedingungen sowie Betrieb der entsprechenden Netze und Infrastrukturen
› Wissen über Um- und Ausbaubedarfe der Netze
› Umfassende Denk- und Sichtweise hinsichtlich der Infrastrukturen
› Bestehende Aktivitäten im Bereich von ÖPNV, E-Mobilität und Breitband
”Modernes Landleben gewinnt: Schnelles Internet, innovative Mobilitätskonzepte und digitale Arbeitsmodelle sorgen für mehr Lebensqualität.“
WELCHE KONKRETEN BEITRÄGE KANN DIE ENERGIEWIRTSCHAFT LEISTEN?
› Aktive Rolle bei der Transformation der Mobilitätssysteme übernehmen: etwa durch die Bereitstellung eines klimaneutralen ÖPNV oder den Aufbau zukunftsfähiger Elektromobilitätsinfrastrukturen
› Leistungsfähige digitale Infrastrukturen weiter ausbauen
Smarte Städte und Gemeinden gestalten
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Die Klimawende vermitteln
Einschnitte in das Leben, wie wir es kennen, wirken polari sierend. Bei der Klimawende ist die Energiewirtschaft des halb auch als Moderatorin ge fragt. Schlaglicht 6 fällt auf die folgende Rolle: „Die Akzeptanz für die Klimawende stärken“.
Welche Rolle spielt die Energiewirtschaft?
Die Energiewirtschaft arbeitet gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Stakeholdern wie etwa Politik, Verwaltung, Institutionen und Verbänden so wie Akteurinnen und Akteuren der Bürgergesellschaft daran, die Akzeptanz für die Klimawende zu schaffen und zu stärken. Dazu fördert sie einerseits einen transparenten und unvoreingenommenen öffentlichen Diskurs und beteiligt Kommunen mit ihren Bürgerinnen und Bürgern andererseits an den Renditen der Transformation – zum Beispiel an den Erlösen, die durch ErneuerbareEnergien-Anlagen erwirtschaftet werden.
Warum ist diese Rolle zentral?
Die Klimawende ist ein komplexer Prozess. Er sorgt für tiefgreifende Verände rungen quer durch alle Ebenen und Facetten der Gesellschaft und birgt damit ein hohes Konfliktpotenzial. Die Energiewirtschaft gewinnt gesellschaftliche Akzeptanz sowie Glaubwürdigkeit und stärkt ihre Licence to operate, indem sie zwischen verschiedenen Standpunkten neutral und fachlich fundiert vermittelt. Ein weiterer Erfolgsfaktor dabei ist es, im Dialog mit Politik und Gesellschaft eigene Interessen klar und transparent zu kommunizieren. Auch unkompli zierte Beteiligungsprozesse und die finanzielle Beteiligung von Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürgern sind Hebel, um die Akzeptanz für das Vorhaben „Klimawende“ zu steigern.
› Soziale Gerechtigkeit und Zusammenhalt werden immer wichtiger, um Gemeinsinn zu stiften und gesellschaftliche Spannungen zu vermeiden.
› In der digitalen Sphäre eskalieren Diskussion schnell. Es gilt, differenzierte und sachliche Dialoge aktiv zu fördern und zu führen.
STÄRKEN DER ENERGIEWIRTSCHAFT
› Das Vertrauen der Kundinnen und Kunden und die Nähe zu ihnen
› Regionale und lokale Verankerung und Vernetzung mit Politik und Gesellschaft, insbesondere bei den Regionalversorgern und Stadtwerken
› Ganzheitliche Perspektive auf Versorgungsinfrastrukturen und Netze als Grundlage für Information und Diskurs
› Erfahrungen in Moderation und Kommunikation aus früheren Beteiligungsprozessen mit Bürgerinnen und Bürgern
› Glaubwürdigkeit durch bereits erreichte Transformationserfolge
› Erfahrung in sektorenübergreifender Zusammenarbeit
WELCHE KONKRETEN BEITRÄGE KANN DIE ENERGIEWIRTSCHAFT LEISTEN?
› Neutral über Sachverhalte, Wirkmechanismen und Zusammenhänge informieren und daraus Handlungsoptionen ableiten
› Öffentliche Diskurse moderieren
› Den kommunikativen Fokus auf das Gemeinwohl richten anstatt auf einzelne Technologien
› Politik und Verwaltung beraten und unterstützen, wenn es um die Schaffung und Anpassung von Rahmenbedingungen für die Klimawende geht
› Aktiv daran mitwirken, Auswirkungen der Energiewende auszugleichen und zu kompensieren
”Transparenz und Beteiligungsmodelle sind entscheidend für die Akzeptanz der Energiewende.“
Die Klimawende vermitteln
RELEVANTE MEGATRENDS UND PARADIGMENWECHSEL
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Fazit und Ausblick
Die Trendstudie 2030+ hat die künftige Rolle der Energie wirtschaft im Kontext der Anforderungen von Klimaschutz und gesellschaftlich-politischen Bedürfnissen heraus gearbeitet. Der Krieg in der Ukraine führt deutlich die massiven Risiken in den Versorgungsstrukturen vor Augen, die zum einen die Transformation zu einer klimaneutralen Wirtschaft gefährden können, zum anderen allerdings weiteren Antrieb zur Loslösung von fossilen Rohstoffen geschaffen haben. Das Ziel einer klimaneutralen, sicheren und wirtschaftlichen Energieversorgung bleibt bestehen.
Auf dem vor uns liegenden Weg kann und darf die Energie wirtschaft nicht nur auf die sich ändernden Ansprüche aus nationaler und internationaler Politik und der Gesellschaft reagieren – sie kann, muss und wird die aktive Rolle eines Ermöglichers einnehmen. Wie diese in den kommenden zehn bis fünfzehn Jahren ausgefüllt werden kann, ist das zentrale Ergebnis der Trendstudie.
Die Energiewirtschaft arbeitet konsequent an einer immer sauberer werdenden Energieversorgung.
Sie forciert den Ausbau Erneuerbarer Energien und von Netzen. Diese Aktivitäten müssen mit Umwelt- und Natur schutzzielen in Einklang gebracht werden.
Die Energiewirtschaft nutzt Innovationen und bringt die Digitalisierung voran, um das künftige komplexere Energiesystem zu managen.
Das Energiesystem wird durch die Energiewende immer komplexer. Als Antwort schafft die Energiewirtschaft inte grierte Infrastrukturen und antizipiert künftige (digitale) Schnittstellen zu anderen Sektoren.
Die Energieversorger bringen ihre Kompetenzen in die Wärmewende ein und sorgen für den Ausbau klimaneu traler Wärmesysteme.
Klimafreundliche Gebäude sind ein zentraler Dekarboni sierungshebel. Die Energiewirtschaft kann gemeinsam mit anderen Akteurinnen und Akteuren Optionen zur nachhal tigen Versorgung aufzeigen und Neu- und Bestandsbauten zukunftsfähig machen.
Die Energieversorger suchen Allianzen mit Wirtschaft und Industrie und ermöglichen die klimaneutrale Pro duktion.
Unternehmen sind in Zukunft gefordert, ihre direkten und indirekten Emissionen zu reduzieren. Die Energie wirtschaft entwickelt mit ihnen gemeinsam energienahe Lösungen, gestaltet Ökosysteme mit und zeigt Best Practices auf.
Die Energiewirtschaft tätigt Investitionen und leistet einen Beitrag zu modernem Leben auf dem Land.
Sie ist für Kommunen ein starker Partner, der mit tech nischer Expertise und operationaler Exzellenz tragfähige Konzepte – etwa für Mobilität und Infrastrukturen – ent wickeln, kommunale Resilienz stärken und beim Förder mittelabruf unterstützen kann.
Die Energieversorger schaffen in Wirtschaft und Gesell schaft Akzeptanz und Vertrauen in die Energiewende.
Die Klimawende ist ein hochkomplexer Prozess, der alle betrifft und ein hohes Konfliktpotenzial aufweist. Die Ener giewirtschaft gewinnt an Glaubwürdigkeit und Akzeptanz, wenn sie unterschiedliche Standpunkte im öffentlichen Diskurs fachlich fundiert und neutral moderiert und dabei eigene Interessen klar benennt.
IMPRESSUM
Herausgeber
BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. Reinhardtstraße 32 10117 Berlin
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Ansprechpartner
BDEW-Geschäftsbereich Strategie und Politik - Abteilung Volkswirtschaft Christian Bantle, christian.bantle@bdew.de Michael Nickel, michael.nickel@bdew.de
Stand: August 2022
Energie macht Zukunft – Handlungsempfehlungen der Energiewirtschaft: https://www.bdew.de/media/original_images/bdew_wahl-broschure_energie_2021-06-02_web_YY2rAh6.pdf
Was jetzt für einen schnellen PV-Ausbau zu tun ist: https://www.bdew.de/media/documents/220316_BDEW-Papier_30_Vorschl%C3%A4ge_f%C3%BCr_einen_PV_Turbo.pdf
Dekarbonisierung, Versorgungssicherheit und Flexibilität mit klimaneutralen Gasen: https://www.bdew.de/media/documents/Pub_20200702_Roadmap_Gas_V3.pdf
22 Fazit und Ausblick