Stellungnahme
Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa Mitteilung der Kommission an das europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschaftsund Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen (KOM (2020) 98)
Bundesverband der Deutschen Industrie e. V.
Stand: 31.08.2020
BDI zu EU Action Plan Circular Economy
Einleitung Mit ihrem Action Plan Circular Economy (KOM (2020) 98) vom 11. März 2020 will die Europäische Kommission nach eigener Lesart eine zukunftsorientierte Agenda für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa bieten, das gemeinsam mit Wirtschaft, Verbrauchern sowie zivilgesellschaftlichen Organisationen gefördert werden soll. Der Action Plan soll die Transformation, den der europäische “Green Deal” fordert, beschleunigen und dabei an die seit 2015 umgesetzten Maßnahmen für die Circular Economy anknüpfen. Adressiert werden vor allem eine neue Politik für nachhaltige Produkte, eine Stärkung von Verbrauchern und öffentlichen Auftraggebern, das Kreislaufprinzip in Produktionsprozessen sowie zahlreiche Maßnahmen zur Überarbeitung des europäischen Abfallrechts. Der BDI unterstützt die grundsätzliche Zielrichtung des EU Actionplans Circular Economy. Eine Circular Economy ist die Grundlage für nachhaltiges Wirtschaften und bietet außerdem zahlreiche Chancen für innovative Geschäftsmodelle. Die im EU Actionplan vorgeschlagenen Instrumente müssen aber neben den ökologischen Zielen auch die ökonomischen und sozialen Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigen. Doppelte und sich widersprechende Regelungen müssen ebenfalls vermieden werden. Nur dann kann der Action Plan zum Meilenstein auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung werden. Der Action Plan schlägt zahlreiche Maßnahmen vor, die erheblich in die Gestaltung von Produkten, den Ablauf von Produktionsprozessen sowie die Ausgestaltung von Wertschöpfungsketten eingreifen werden. Dies gilt etwa für den angekündigten Rechtsrahmen für eine nachhaltige Produktpolitik, der unter anderem Fragen der Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit oder des Rezyklatanteils in Produkten regeln soll. Ebenso relevant sind verbraucherbezogene Initiativen, wie das geplante „Recht auf Reparatur“, das Auswirkungen auf das allgemeine Gewährleistungsrecht und auf langfristige Ersatzteil-Verfügbarkeit haben wird. Des Weiteren lässt das Ziel von schadstofffreien Kreisläufen noch viele Fragen offen und wird erhebliche Umstellungen in der Produktgestaltung und in Produktionsprozessen nach sich ziehen. Der Action Plan kann für Unternehmen Chancen bieten, sich mit innovativen, nachhaltigeren Produkten Wettbewerbsvorteile zu sichern. Allerdings werden viele Unternehmen auf dem Weg dahin große Herausforderungen zu bewältigen haben.
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Sie müssen zum Teil erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung tätigen, ihre Produktportfolios neu ausrichten und neue Märkte erschließen. Transformationsprozesse und technische Hochläufe brauchen Zeit. Die Ziele einer nachhaltigen Produktpolitik und der Schaffung von Märkten für Recycling- und Sekundärrohstoffe können nur erreicht werden, wenn den Unternehmen die Bewältigung dieser Herausforderungen gelingt. Die politischen Entscheidungsträger auf europäischer Ebene und in den Mitgliedstaaten sind gefordert, bei der Umsetzung des Action Plans hierbei zielgerichtete Unterstützung zu leisten. Auf EU-Ebene muss deshalb ein passgenauer Förder- und Unterstützungsrahmen entwickelt werden. Design nachhaltiger Produkte/Legislativvorschlag für eine nachhaltige Produktpolitik Die angekündigte „Rechtsetzungsinitiative für eine nachhaltige Produktpolitik“ sollte genutzt werden, um eine umweltbezogene Produktpolitik der Europäischen Union aus einem Guss, das heißt ohne das Nebeneinander von doppelten und sich widersprechenden Regelwerken für die gleichen Produkte zu ermöglichen. Die anvisierten grundlegenden Nachhaltigkeitsgrundsätze sollten dabei alle Nachhaltigkeitsaspekte, das heißt ökologische, ökonomische und soziale Verantwortung, gleichermaßen berücksichtigen. Dies hat bei der Ökodesign-Richtlinie bisher gut funktioniert, da diese für die betroffenen Produktgruppen jeweils „maßgeschneidert“ umgesetzt wird. Produkte werden von Unternehmen primär nach den Bedürfnissen des Marktes produziert. Daneben müssen sie die jeweils vorgegebenen notwendigen Sicherheitsstandards erfüllen. Ökologische Vorgaben, die sich je nach Produkt vor allem auf Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Recyclingfähigkeit und Nachrüstbarkeit fokussieren, sind im Sinne nachhaltiger Produkte ebenfalls als gleichrangig zu betrachten. Dabei kommt es darauf an, den gesamten Produktlebenszyklus inklusive der Ressourcenschonung durch Multirecycling sowie auch mögliche positive Effekte durch Produktanwendung und Optimierung im Fokus zu behalten. Bei der Einschätzung der Recyclingfähigkeit von Produkten ist neben einer Bewertung der Kreislauffähigkeit anhand der bestehenden Behandlungsinfrastruktur das Innovationsprinzip zu berücksichtigen: Die intensive Innovation und Entwicklung im Bereich der Abfall- und Recyclingtechnik kann und wird dazu führen, dass auch für heute nicht recycelte Produkte neue Kreislauflösungen entwickelt werden. Dies ist von der Gesetzgebung angemessen zu berücksichtigen, beispielsweise durch eine regelmäßige Revision der Kriterien von Recyclingfähigkeit.
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Die Recyclingfähigkeit darf daher nicht nur anhand starrer Designkriterien bewertet werden. Das Ziel muss ein Mix aus innovationsgetriebenen Verbesserungen für die Circular Economy und gemeinsamen Standards für ein nachhaltiges Produktdesign sein. Verbindliche Vorgaben zur Verwendung von recycelten Materialien bei der Produktion setzen allerdings voraus, dass es entsprechende Märkte für solche Materialien in ausreichendem Maße zu wettbewerbsfähigen Preisen und in der geforderten Qualität gibt oder solche unter Einschluss aller Akteure entlang des Produktlebenszyklus geschaffen werden können. Regelungen hierzu sollten daher nicht generell, sondern zum Beispiel im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie produktspezifisch getroffen werden. Doppelregulierungen sowie widersprüchliche und gegensätzliche Regulierungen sollten künftig vermieden und gegebenenfalls ausgeräumt werden. Außerdem sollten auch Konsequenzen und Auswirkungen auf andere Regelungsbereiche, insbesondere negative, in eine ganzheitliche Betrachtung mit einbezogen werden. Die WTO-Konformität aller geplanten Maßnahmen muss ebenfalls gewährleistet sein. Mit dieser Zielrichtung sollte das gesamte produktbezogene EU-Recht auf Kohärenz überprüft werden, bevor entsprechend neue Regulierungen geschaffen werden. Das gilt auch mit Blick auf die angekündigte Ausweitung des Geltungsbereichs der Ökodesign-Richtlinie. Bei der aktuellen Umsetzung kommen ressourcenbezogene Kriterien bereits zur Anwendung. Dies hat den Vorteil, dass diese produktspezifisch und damit „punktgenau“ definiert werden können. So sind Vorgaben zur Reparierbarkeit von Produkten zum Beispiel nur dann sinnvoll, wenn diese unter Einschluss aller Akteure entlang des Produktlebenszyklus erfolgt sowie ökologisch als auch ökonomisch vertretbar sind. Außerdem kann im Rahmen der im Vorfeld durchzuführenden Vorstudien geklärt werden, ob für die jeweilige Produktgruppe nicht bereits andere Regelwerke greifen und die angestrebten Ziele durch ein „Nachschärfen“ dieser Regelwerke einfacher zu erreichen sind. Stärkung der Position von Verbrauchern Die Auszeichnung von produktspezifischen Nachhaltigkeitsleistungen kann zu einer besseren Information von Verbrauchern beitragen, sollte aber grundsätzlich auf freiwilliger Basis erfolgen. Diverse Instrumente hierfür wie staatliche Umweltzeichen (EU-Ecolabel, Blauer Engel etc.), Environmental Product Declarations (EPDs) sowie branchenspezifische Zeichen wie Oeko-Tex® Standard 100 und viele andere mehr stehen hierfür zur Verfügung.
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Allgemeine Methoden zur Erfassung von produktspezifischen Nachhaltigkeitsleistungen, die flexibel, widerspruchsfrei, leicht anwendbar und auch für kleine und mittlere Unternehmen bezahlbar sind, müssen jedoch noch entwickelt beziehungs-weise stark verbessert werden. Das gilt auch hinsichtlich der von der Europäischen Kommission initiierten Methodik zur Erfassung von Product Environmental Footprints (PEF). Hier sollten beispielsweise die Category Rules vollständig ISO-konform gestaltet werden. Zur Förderung von nachhaltigen Produkten kann die transparente, zuverlässige und sachdienliche Information des Verbrauchers über die Recyclingfähigkeit und den Einsatz von Recyclingrohstoffen an der Verkaufsstelle ebenfalls einen wichtigen Schritt darstellen, damit er sich für nachhaltige und auf die Kreislaufwirtschaft orientierte Produkte entscheiden kann. Dabei kann nicht nur die Kennzeichnung der Produkte, sondern auch die Information über die adäquate Trennung und Sammlung von Abfällen eine wichtige Rolle spielen. Die Einführung eines einheitlichen Recyclinglabels mit Kriterien zur Recyclingfähigkeit und zum Einsatz von Recyclingrohstoffen für Produkte, bei denen dies nicht ohnehin schon spezifisch geregelt ist, insbesondere für die Nutzung im Bereich der öffentlichen Beschaffung, sollte auf EU-Ebene geprüft werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass jede Kennzeichnung einer Produkteigenschaft deren genaue und nachvollziehbare Bestimmbarkeit beziehungsweise Messbarkeit zwingend voraussetzt. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Marktüberwachung ausreichende Ressourcen hat, um wirksam die Richtigkeit der Kennzeichnung zu überprüfen und gegebenenfalls Verstöße zu sanktionieren. Eine Wettbewerbsverzerrung wäre ansonsten die Folge. Eine Kennzeichnung muss außerdem einfach und verständlich sowie produktspezifisch und EU-weit ausgestaltet werden. Schon heute sind allerdings viele Verbraucher mit der Vielfalt von Umwelt- und Produktkennzeichnungen überfordert. Stärkung der Position von öffentlichen Auftraggebern Die Kommission plant, in sektorspezifischen Rechtsvorschriften verbindliche Mindestkriterien und Zielvorgaben für die umweltorientierte öffentliche Beschaffung (GPP) vorzuschlagen. Flankiert werden sollen diese Maßnahme zudem durch die Förderung des Austauschs zwischen öffentlichen Beschaffungsstellen in der EU sowie die Entwicklung von Leitfäden für das GPP. Vorstellbar wären zum Beispiel Regelungen für verbindliche umweltorientierte Mindestkriterien für die Beschaffung von Produkten und Leistungen in bestimmten Beschaffungsbereichen.
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Um eine Instrumentalisierung des GPP im Sinne einer unzulässigen Begünstigung eines einzelnen Bieters bzw. einer Diskriminierung von Bietern zu vermeiden, muss weiterhin gelten, dass bei einer öffentlichen Vergabe Umweltvorgaben stets auf den konkreten Auftrag bezogen sein müssen und nicht unzulässig „selektiv“ oder willkürlich erfolgen dürfen. Die öffentliche Beschaffung kann so entscheidend zur Förderung von Innovationen bei ökologischen Produkten und Dienstleistungen beitragen. Um die nötige Rechtssicherheit zu gewährleisten, kommt es bei der Umsetzung von Zielen im Rahmen des GPP wesentlich darauf an, dass sowohl die Vergabestellen als auch die Anbieter Klarheit darüber haben, nach welchen rechtlich bindenden Kriterien eine Vergabe ausgeschrieben und vorgenommen wird. Zudem müssen bei Vergaben ab den Schwellenwerten der EU-Richtlinien für öffentliche Aufträge sowie bei kleineren Vergaben von grenzüberschreitendem Interesse alle Regelungen mit dem EUVergaberecht im Einklang stehen. Da das im Interesse der Transparenz und Gleichbehandlung nötige Vergaberecht ohnehin komplex ist, muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Komplexität von Vergabefahren handhabbar bleibt und zum Beispiel nicht durch unnötige regionale Sonderbestimmungen überfrachtet wird. Kreislaufprinzip in Produktionsprozessen Um die Kreislaufwirtschaft innerhalb der industriellen Produktion zu fördern, schlägt die Kommission vor, im Rahmen des Reviews der EURichtlinie über Industrieemissionen zu prüfen, ob in Zukunft Kriterien mit Bezug zur Kreislaufwirtschaft und BVT-Merkblättern ein stärkeres Gewicht erhalten sollten. Nach Auffassung des BDI besteht zum jetzigen Zeitpunkt keine Notwendigkeit für eine Änderung der EU-Richtlinie über Industrieemissionen. Die Ziele der Richtlinie – Verbesserung der Umweltqualität und Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen – werden erreicht. Durch den in der Richtlinie angelegten BVT-Prozess und die Kriterien für die Einstufung eines Prozesses als BVT (Anhang III der Richtlinie) ist schon jetzt gewährleistet, dass die besten verfügbaren Techniken für Industrieanlagen auch im Sinne einer Kreislaufwirtschaft stetig überprüft und weiterentwickelt werden. Eine zusätzliche Festlegung der bereits äußerst komplexen BVT-Prozesse auf enger gefasste Kriterien der Kreislaufwirtschaft birgt zudem die Gefahr, dass es zu Doppelregulierungen in Emissions- und Abfallrecht kommt.
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Weniger Abfall, mehr Wert Neben der Fokussierung der Produktpolitik im neuen Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft der Europäischen Kommission werden im Aktionsplan erneut zahlreiche Maßnahmen zur Überarbeitung des europäischen Abfallrechts angekündigt. Dabei handelt es sich unter anderem um vertikale Maßnahmen wie eine Überarbeitung der EU-Rechtsvorschriften für Batterien, Verpackungen, Altfahrzeuge, Elektronikgeräte, Bauprodukte, Textilien und die Regelungen zur Abfallverbringung. Neben diesen spezifischen Vorhaben definiert die Kommission aber auch weitere horizontale Aktionsfelder: I. Die Kommission verfolgt das ausdrückliche Ziel, die Märkte für Recyclingund Sekundärrohstoffe zu stärken. Dieses Ziel wird ausdrücklich unterstützt. Dabei soll auf allgemeine Instrumente wie die Normung, ein verbesserter Datenaustausch, die Prüfung zur Schaffung von praktikablen Kriterien zum Abfallende und für die Einstufung von Nebenprodukten sowie Vorgaben zum Produktdesign zurückgegriffen werden. Parallel wird angekündigt, dass in zahlreichen Rechtsakten ein verpflichtender Einsatz von Recyclingrohstoffen geprüft werden soll. Im Fokus stehen hier Batterien und Komponenten von Fahrzeugen, Verpackungen, Textilien sowie Bauprodukte. Als Werkstoffe sind entsprechend des Aktionsplans damit potenziell Kunststoffe, Metalle und Stahl sowie mineralische Werkstoffe betroffen. Die angestrebte Stärkung der Absatzmärkte für Recycling- und Sekundärrohstoffe in der EU ist dabei ausdrücklich zu begrüßen. Es wird jedoch darauf ankommen, anhand der Kriterien Qualität und Quantität der Recycling- und Sekundärrohstoffe und differenziert nach Werkstoffen und Produkten die richtigen Instrumente zur Förderung des Einsatzes von Recycling- und Sekundärrohstoffen zu identifizieren und anzuwenden. Auch ist zu berücksichtigen, dass sich Materialien unterschiedlich verhalten, sich ihre Recyclingfähigkeit unterscheidet und es damit nicht eine Lösung für alle gibt bzw. vielfach schon Lösungen in der Praxis mit bestehenden Kreisläufen funktionieren. Es muss darauf ankommen, dass Leistungs- und Innovationsfähigkeit, Sicherheit und Nutzeranforderungen an Produkte im Einklang mit der Verwendung von Recycling- und Sekundärrohstoffen stehen. Der Einsatz von mineralischen Recycling- und Sekundärrohstoffen leistet zum Beispiel bereits einen wichtigen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft, indem er zur Ressourcenschonung beiträgt.
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Daneben werden Primärrohstoffe auch zukünftig zur Deckung des Rohstoffbedarfs benötigt werden. II. Sowohl die Mitteilung zum European Green Deal als auch der neue Circular Economy Action Plan formulieren das Ziel einer Überarbeitung der europäischen Regeln für die Verbringung von Abfällen. Dabei wird vorgeschlagen, die Bedingungen für den grenzüberschreitenden Handel mit Abfällen deutlich restriktiver auszugestalten. Recycling-Produkte bzw. auch Recycling-Baustoffe müssen wie neue bzw. ungebrauchte Produkte grundsätzlich frei auf den Weltmärkten gehandelt werden können. Nur so können sie fair mit Primärrohstoffen und -produkten konkurrieren. Das wird aber nur gelingen, wenn gleichzeitig weltweit ein hoher Schutz für die menschliche Gesundheit und für die Umwelt erreicht wird. Dazu ist ein gemeinsames Verständnis für die hochwertige Behandlung und den Transport von Recyclingmaterialien unerlässlich. Dafür gibt es unter anderem das Basler Übereinkommen mit weltweit über 180 Vertragsstaaten und die europäische Abfallverbringungsverordnung. Hierbei muss in Zukunft noch besser darauf geachtet werden, dass gefährliche Abfälle nicht illegal in Drittstaaten gelangen und dort große Gefahren erzeugen. Dies erfordert insbesondere eine konsequente Implementierung der existierenden Regelungen in allen Staaten wie auch eine verlässliche und einheitliche Anwendung der entsprechenden Regelungen zur Abfallverbringung. So sind unter anderem auch die Einstufung als Abfall, die Definition des Abfalls sowie die Einstufung als nicht gefährlich oder gefährlich zentral. Andererseits ist aber auch ein gemeinsames Verständnis darüber, welche Qualitäts- und Verwertungsstandards für nicht gefährliche Abfälle erforderlich sind, sicherzustellen, damit nicht gefährliche Abfälle auch weiterhin weltweit frei dort als Recyclingrohstoff einsetzt werden können, wo eine Nachfrage nach diesen besteht. Effizientere Kontrollen von Abfalltransporten, eine verlässliche Qualitätssicherung von Recyclingrohstoffen und internationale und vollziehbare Regeln sind unerlässlich, um eine globale Circular Economy zu etablieren. Zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft gehören schließlich nicht nur Abfälle zur Vorbereitung zur Wiederverwendung oder zum Recycling, sondern auch zur sonstigen Verwertung und Beseitigung in geeigneten und spezialisierten Anlagen. Hierbei hat auch die effiziente thermische Verwertung ihren Platz. Deshalb darf das Ziel der Kommission, die negativen Auswirkungen von Abfallexporten zu vermeiden, nicht gleichzeitig dazu führen, dass die für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft notwendige Verbringung zur thermischen Verwertung innerhalb der EU erschwert wird. www.bdi.eu
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III. Um Bürger, Unternehmen und Behörden zukünftig bei der Abfalltrennung zu unterstützen, plant die Kommission, die Systeme der Getrenntsammlung von Abfällen in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Übergeordnetes Ziel ist es, die Umsetzung der Pflichten zur Getrenntsammlung aus dem europäischen Abfallrecht besser umzusetzen. Dabei wird es zentral sein, erfolgreiche und etablierte Systeme in den Mitgliedstaaten nicht zu Lasten von reinen Harmonisierungsbestrebungen zu gefährden. Gerade die Getrennthaltung von Abfällen basiert bei Bürgern und in Unternehmen auf Routinen, die – sofern ökonomisch, ökologisch und technisch sinnvoll – nicht verändert werden sollten. IV. Die Kommission plant des Weiteren, die Vorgaben zu Systemen der erweiterten Herstellerverantwortung aus der Abfallrahmenrichtlinie weiter zu konkretisieren. Zudem erwägt die Kommission eine Vereinheitlichung der Rücknahmesysteme für Mobiltelefone, Tablets und Laptops in der EU. Der BDI wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass die Systeme der Herstellerverantwortung differenziert und zweckmäßig ausgestaltet werden können. Im Vordergrund stehen dabei Funktionalität und Zweckmäßigkeit sowie ökonomische und ökologische Tragfähigkeit. Ziel ist es, über die privatwirtschaftliche Verantwortung für Stoffkreisläufe effiziente Systeme auszugestalten. Dabei sollte auf bereits bestehende Erfahrungen der Wirtschaft mit von Herstellern getragenen und seit Jahrzehnten erfolgreichen Rücknahmesystemen der Chemischen Industrie, der Mineralölwirtschaft und der Stahlindustrie aufgebaut werden. Zukünftige gesetzgeberische Regelwerke sollten aufgrund dessen so gestaltet werden, dass die bereits existierenden und seit über zwei Jahrzehnten erfolgreich arbeitenden herstellergetragenen Rücknahmesysteme der Wirtschaft in ihrem Bestand nicht gefährdet sondern abgesichert werden. V. Um den eingeschlagenen Weg hin zu einer europäischen Circular Economy konsequent weiter gehen zu können, werden die EU und ihre Mitgliedstaaten ihre Politiken in Zukunft fortlaufend an der Abfallhierarchie aus Artikel 4 der Abfallrahmenrichtlinie ausrichten müssen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass die Menge der direkt deponierten Siedlungsabfälle (Stufe 5 der Abfallhierarchie) in mehreren Mitgliedstaaten der EU immer noch hoch ist. Das liegt unter anderem daran, dass die direkte Ablagerung von Siedlungsabfällen auf einer Deponie überhaupt noch zulässig und somit die günstigste Form der Beseitigung ist. Die Kommission sollte im Sinne eines einheitlichen Binnenmarkts Vorschläge dazu vorlegen, wie die direkte Deponierung von Siedlungsabfällen zügig beendet werden kann. Nur so wird www.bdi.eu
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die Schaffung einer Circular Economy für Siedlungsabfälle in Europa gelingen. VI. Eine wesentliche Voraussetzung für die Qualität von Recyclingrohstoffen sind deren Marktbedingungen. Das Wissen um das Vorhandensein besorgniserregender Stoffe in Abfällen sowie der angemessene Umgang mit diesen Stoffen im Recycling- bzw. Verwertungsprozess können wichtige Elemente zur Erreichung des Qualitätsziels sein. Die Kommission hat im Rahmen des ersten Aktionsplans Kreislaufwirtschaft die Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht thematisiert und dabei den Versuch unternommen, für den Umgang mit besorgniserregenden Stoffen in Abfällen Lösungen zu entwickeln. Dieser Diskussionsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Der BDI begrüßt daher die Tatsache, dass die Kommission den Prozess fortsetzt. Hierbei ist an bestehendes Recht anzuknüpfen. Ein neuer übergeordneter Rechtsbereich wäre kontraproduktiv, da Widersprüche und Doppelregelung im Verhältnis zu bestehendem Recht unvermeidbar wären. Abschließend zu klären ist zudem die Definition von „Substances of Concern“. Bei der angekündigten weiteren Anpassung der Einstufung gefährlicher Abfälle an die CLP-Verordnung ist darauf zu achten, dass es hier nicht zu Behinderungen bei der Verwertung und zur massiven Ausweitung der Menge an gefährlichen Abfällen kommt. Klar muss zudem sein, dass ein theoretisches Gefahrenpotential allein nicht ausreichend ist, um einem Stoff die Kreislauffähigkeit abzusprechen oder seine Verwendung grundsätzlich in Frage zu stellen. Können Risiken gehandhabt und durch geeignete Maßnahmen reduziert werden, ist auch die Verwendung unbedenklich. Es kommt also auf die reale Gefahr an. Insgesamt muss es Ziel sein, gegebenenfalls differenziert nach Werkstoffen, Produktgruppen bzw. Abfallströmen effektive Instrumente zur Handhabung von besorgniserregenden Stoffen in Recyclingrohstoffen zu identifizieren und anzuwenden. Auch in diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass sich Materialien unterschiedlich verhalten, sich ihre Recyclingfähigkeit unterscheidet und es damit nicht eine Lösung für alle gibt beziehungsweise vielfach schon Lösungen in der Praxis funktionieren. Unklar ist, warum die Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht im Rahmen der angekündigten Nachhaltigkeitsstrategie für Chemikalien fortgeführt werden soll. Die Kommission spricht auch die geplante ECHA-Datenbank für Erzeugnisse („SCIP“) an. Diese Datenbank wurde vom europäischen Gesetzgeber ohne Gesetzesfolgenabschätzung in Art. 9 der Abfallrahmenrichtlinie aufgenommen. Der laufende Diskussionsprozess um www.bdi.eu
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die Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht blieb unberücksichtigt. Die Industrie hat wiederholt deutlich gemacht, dass die Einrichtung der Datenbank unter sehr hohem Aufwand zu einer exorbitant großen Datenmenge führt, ohne dass hinreichend klar ist, ob und wie Entsorgungs/Recyclingunternehmen diese Daten sinnvoll nutzen können. Zudem bestehen Bedenken im Hinblick auf den ungeklärten Schutz vor Datenmissbrauch sowie das Problem des Informationsverlustes während der Nutzungsphase eines Produkts oder der Änderung seiner Zusammensetzung aufgrund von Modifikationen, Reparaturen, Wiederaufarbeitungen etc. Die aktuellen Schwierigkeiten bei den Vorbereitungen zur Aktivierung der Datenbank machen deutlich, dass der Verzicht auf die Durchführung einer Gesetzesfolgenabschätzung ein Versäumnis war. Die Kommission sollte im Rahmen der Umsetzung des Aktionsplans Kreislaufwirtschaft eine KostenNutzen-Analyse der Datenbank im Hinblick auf die angestrebte Zielerreichung durchführen. Darüber hinaus darf die Einrichtung der Datenbank den oben skizzierten Prozess der Identifizierung von effektiven Instrumenten zur Handhabung von besorgniserregenden Stoffen in Recyclingrohstoffen im Rahmen der Diskussion der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht nicht vorwegnehmen oder sonst beeinträchtigen. Nachhaltiges Produktdesign zentral Die Rezyklierbarkeit von Produkten fängt initial bei ihrer Gestaltung durch ein nachhaltiges Produktdesign an. Eine weitere wichtige Stellschraube ist der ordnungsgemäße Rücklauf in die Systeme der Sammlung und Sortierung. Dazu sind weitere Maßnahmen zur Kennzeichnung von Produkten und zielgerichteten Informationen von Verbrauchern und Unternehmen notwendig, um Fehlwürfe zu vermeiden und höhere Recyclingquoten zu erreichen. Neues Klassifikationssystem für Finanzprodukte Durch die Einführung der Taxonomie-Verordnung und damit eines Klassifikationssystems für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten soll die Transparenz von Finanzprodukten und Unternehmen in Bezug auf ihre Nachhaltigkeit erhöht und das sogenannte “Greenwashing” verhindert werden. Relevante Marktteilnehmer wie die Europäische Investmentbank sowie die Europäische Zentralbank haben bereits angekündigt, die Taxonomie in ihre eigene Portfoliostrukturierung einfließen zu lassen. Bis auf den Ausschluss der Einstufung von Kohleverstromung als nachhaltig ist die Taxonomie-Verordnung grundsätzlich technologieneutral. Sie sieht unter anderem vor, dass technische Bewertungskriterien zu verschiedenen www.bdi.eu
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Umweltzielen erarbeitet werden. Diese sollen in Form delegierter Rechtsakte bis zum 31. Dezember 2020 von der Kommission angenommen und ab dem 31. Dezember 2021 angewendet werden. In diesem Zuge sollen auch Kriterien festgelegt werden, um zu bestimmen, wann eine Wirtschaftstätigkeit einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Kreislaufwirtschaft leistet. Die verschiedenen Industriebranchen leisten bereits heute wesentliche Beiträge zur Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz und damit zu einer nachhaltigen Entwicklung. Die Erarbeitung der delegierten Rechtsakte im Bereich der Kreislaufwirtschaft muss daher entlang streng wissenschaftlicher Kriterien und technologieneutral erfolgen. So muss unter anderem das Potenzial von Technologien der Kreislaufwirtschaft bei der Herstellung von langlebigen Produkten, Recyclingrohstoffen, dem Beitrag zum Klimaschutz, der Energiegewinnung und der Schadstoffentfrachtung mit betrachtet werden. Führende Rolle bei den Bemühungen auf globaler Ebene Der BDI unterstützt die Bemühungen der Kommission, auch auf globaler Ebene den Übergang zu einer gerechten, klimaneutralen, ressourceneffizienten und kreislauforientierten Wirtschaft voranzubringen. Der Aufbau einer Globalen Allianz für die Kreislaufwirtschaft und einer engeren Partnerschaft mit Afrika wird ausdrücklich begrüßt. Der Ansatz der Kommission, bei Verhandlungen von Freihandelsabkommen die erweiterten Ziele einer kreislauforientierten Ökonomie einzubeziehen, weist ebenfalls in die richtige Richtung.
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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 36 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund 8 Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene. Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Ansprechpartner Franz-Josef von Kempis T: +49 30-2028-1509 Dr. Claas Oehlmann T: +49 30-2028-1606 BDI Dokumentennummer: D 1186
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