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5. Compliance-Pflichten reduzieren und Steuerverfahren digitalisieren
Zur Stärkung der Eigenkapitalausstattung der Personenunternehmen sollte auch die Thesaurierungsbegünstigung (§ 34a EStG) nachgebessert werden und deren Zusammenspiel mit dem Optionsmodell erleichtert werden. Damit können Gewinne, die in das Unternehmen reinvestiert werden, begünstigt besteuert werden. Eine praxistaugliche Ausgestaltung der Thesaurierungsbegünstigung ist überfällig und es muss eine gesetzliche Nachbesserung dieser Vorschrift erfolgen.
Dies gilt vor allem für die Absenkung der Thesaurierungsbelastung, um die Investitionen in das Unternehmen durch einbehaltene Gewinne effizient anzureizen und auch mittelständische Unternehmen von der Thesaurierungsbegünstigung profitieren zu lassen. Darüber hinaus müssen eine Anpassung der gesetzlich bedingten Verwendungsreihenfolge, eine Beseitigung von Umstrukturierungshemmnissen und verfahrensrechtliche Erleichterung erfolgen, um diese Möglichkeit auch für KMU attraktiv auszugestalten.
Grunderwerbsteuer reformieren und Hürden für Umstrukturierungen beseitigen
Die Grunderwerbsteuer ist eine der größten Hürden für Umstrukturierungen und konzerninterne Umstrukturierungen sollten vollständig von der Konzernklausel (§ 6a GrEStG) umfasst werden. Insbesondere Anteilsverkäufe, Formwechsel und Verkäufe von Grundstücken zwischen Tochtergesellschaften sind nicht begünstigt und damit sind wirtschaftlich notwendige Umstrukturierungsmaßnahmen grunderwerbsteuerpflichtig. Eine Nachbesserung der Konzernklausel ist dringend geboten.
Darüber hinaus ist die bestehende Börsenklausel (§ 1 Abs. 2c GrEStG) nicht ausreichend, die im Zuge der Share-Deals Reform eingeführt wurde, um den Aktienhandel von an der Börse gehandelte Unternehmen von der Grunderwerbsteuerpflicht auszunehmen. Daher muss auch die Börsenklausel nachgebessert werden, um mittelständische Unternehmen sowie weitere übliche Wertpapiertransaktionen ebenfalls von der Grunderwerbsteuerpflicht bei Aktienübertragungen auszunehmen.
Gewerbesteuer modernisieren
Die Gewerbesteuer dient den Gemeinden als wichtige Einnahmequelle und kann dank der Hebesatzbefugnis von diesen auch zur Standortpolitik genutzt werden. Sie ist jedoch nicht krisenfest, wie sich in der Finanz- und Corona-Krise durch einbrechende Gewerbesteuereinnahmen gezeigt hatte. Ein Ersatz der Gewerbesteuer und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen muss als langfristiges Ziel auf der Tagesordnung bleiben.
Kurzfristig muss zumindest die Digitalisierung von Gewerbesteuerbescheiden sowie die Entbürokratisierung des Erhebungs- und Zerlegungsprozesses vorangetrieben werden. Dazu sollte eine Gewerbesteuer-Clearingstelle geschaffen werden, die die Festsetzung und Zahlungsabwicklung der Gewerbesteuer übernimmt und anschließend die entsprechenden Zerlegungsanteile an die Gemeinden weiterleitet.
5. Compliance-Pflichten reduzieren und Steuerverfahren digitalisieren
In den letzten zehn Jahren wurden zahlreiche neue Compliance-Pflichten für die Unternehmen geschaffen, die u. a. auch aus internationalen oder europäischen Vorgaben resultieren, wie zum Beispiel das CbC-Reporting oder die Mitteilungspflicht von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen. Dies sichert eine hohe Transparenz der Unternehmen, führt aber – auch gerade angesichts anderer umfangreicher krisenbedingter Herausforderungen – zu einer enormen administrativen Belastung der Unternehmen und der Finanzverwaltung.
Compliance-Pflichten evaluieren und abbauen
Bestehende steuerliche Compliance-Pflichten sollten daher evaluiert und mit dem Ziel eines Bürokratieabbaus vereinheitlicht und abgebaut werden. So sollten z. B. die Kennzeichen der Mitteilungspflicht von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf europäischer Ebene auf ihre Sinnhaftigkeit überprüft werden, insbesondere um die Mitteilung von nicht-missbräuchlichen Sachverhalten zu vermeiden.
Zudem sollten in der aktuellen Krisenzeit keine neuen Verpflichtungen, wie eine Mitteilungspflicht von nationalen Steuergestaltungen, eingeführt werden. Die Finanzverwaltung hat bereits einen umfassenden Einblick in die deutschen Unternehmen, so dass eine weitere nationale Mitteilungspflicht nicht erforderlich ist: u. a. elektronische Steuererklärung, E-Bilanz, Mitwirkungspflichten im Rahmen von Betriebsprüfungen, weitreichende Datenzugriffsbefugnisse bei der Betriebsprüfung und Verrechnungspreisdokumentationen.
Übersicht zu steuerlichen Compliance-Pflichten der Unternehmen aus EU-Vorgaben
Seit 2011: Hohe Anzahl neuer bürokratischer Hürden im Steuerrecht
2011 Elektronische Übermittlung der Unternehmensbilanz
2014 Austausch von Finanzkonteninformationen in Steuersachen
2015/16 Bericht über länderbezogene Ertragsteuern (CbCR)
2016 Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung (ATAD I)
2016 Maßnahmen gegen Gewinnkürzung und -verlagerung (MLI)
2017 Hybride Gestaltungen mit Drittländern (ATAD II)
2018 Anzeigepflicht von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen (DAC 6)
2021 Offenlegung von Ertragsteuerinformationen (pCbCR)
geplant Identifikation von Briefkastenfirmen (ATAD III)
geplant Mindeststeuer für Unternehmensgewinne
geplant Anzeigepflicht von nationalen Steuergestaltungen
Quelle: BDI/eigene Darstellung
Steuerliche Betriebsprüfung weiter beschleunigen
Steuerliche Betriebsprüfungen dauern in Deutschland immer noch zu lange und eine Beschleunigung der Betriebsprüfung mit dem Ziel eines Bürokratieabbaus ist ein wichtiger Standortfaktor für die Unternehmen in Deutschland. Mit den gesetzlichen Neuregelungen des „DAC7-Umsetzungsgesetzes“ werden erste wichtige Schritte zur Beschleunigung und Digitalisierung der steuerlichen Betriebsprüfung unternommen (z. B. Teilabschlussbescheid, digitale Kommunikation, Beschleunigung durch Begrenzung der Ablaufhemmung).
Weitere große Schritte zur Beschleunigung von Betriebsprüfungen sind notwendig, zum Beispiel: Antragsrecht für zeitnahe BP in § 4a BpO einführen, Festsetzungsfrist verkürzen, Ablaufhemmung weiter begrenzen, Kooperation verstärken, Digitalisierung vorantreiben, innerbetriebliche Kontrollsysteme dauerhaft und rechtssicher in die Prüfungen einbeziehen. Andere Länder in Europa zeigen, dass eine kooperative und zeitnahe Betriebsprüfung durch effiziente Verfahren wie eine „Begleitende Kontrolle“ in Österreich oder ein „Horizontal monitoring“ in den Niederlanden möglich ist.
Dauer der steuerlichen Betriebsprüfung
Anteil in % Diagrammtitel
mehr als 10 Jahre
3 %
zwischen 5 und 10 Jahren
zwischen 3 und 5 Jahren
zwischen 1 und 3 Jahren
13 %
40 %
37 %
bis zu einem Jahr
7 %
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45
Quelle: BDI Unternehmensumfrage, Juni 2019
Besteuerungsverfahren vollständig digitalisieren
Die Digitalisierung des Besteuerungsverfahrens muss weiter vorangetrieben werden. Für alle Steuerarten muss ein rein digitales, maschinenlesbares Verfahren geschaffen werden, so dass auf Papierbelege und -bescheide verzichtet werden kann.
Digitale Einbahnstraßen müssen beseitigt werden. Dazu gehören der maschinenlesbare, digitale Steuerbescheid und die elektronische Rückübermittlung von E-Bilanz-Datensätzen von der Finanzverwaltung an die Steuerpflichtigen (z. B. nach einer Betriebsprüfung). Der digitale
Datenaustausch zwischen Steuerpflichtigen und Finanzverwaltung muss weiter ausgebaut und standardisiert werden (z. B. mittels einheitlicher Schnittstellen und cloudbasierter Datenaustauschräumen).
Auch das Quellensteuerverfahren muss umfassend digitalisiert werden und unter stärkerer Mitwirkung der inländischen Unternehmen erfolgen. Nachweispflichten müssen reduziert werden und doppelte Antragsprozesse bei gleichen Vertragspartnern durch smarte digitale Schnittstellen und dem Datenaustausch auch innerhalb des Bundeszentralamts für Steuern vermieden werden.
Elektronisches Meldesystem für Rechnungen nach EU-Standard einführen
Zur Missbrauchsbekämpfung bei der Umsatzsteuer plant die Politik die Einführung eines elektronischen Meldesystems für Rechnungen. Die Einführung eines elektronischen Meldesystems darf nur in enger Abstimmung mit einer europäischen Lösung kommen, um doppelte Meldesysteme und -pflichten zu vermeiden. Das Meldesystem sollte auf einem europäischen Rechnungsstandard aufbauen. Die Meldepflichten sollten sich auf mehrwertsteuerliche Pflichtbestandteile beschränken, um den Schutz sensibler Daten zu gewährleisten. Neben der Missbrauchsbekämpfung müssen Rechtsicherheit und Effizienzgewinne für die Unternehmen mit einem Meldesystems erreicht werden. Die Beibehaltung bestehender Rechnungssysteme und -standards wie auch die besondere Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen sind hierfür notwendig.
Mobiles Arbeiten im Ausland erleichtern
Die moderne Arbeitswelt erfordert neue steuerliche Rahmenbedingungen: Unternehmen und Beschäftigte benötigen Rechtssicherheit und unbürokratische Lösungen für grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten. Von zentraler Bedeutung ist die Festlegung nachvollziehbarer Kriterien für die Frage, ob durch grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten Betriebsstätten begründet werden. Deutsche Regelungen sind dazu allein nicht ausreichend, stattdessen ist ein international abgestimmtes Vorgehen innerhalb der Europäischen Union, idealerweise zwischen den OECD-Mitgliedstaaten erforderlich.
Um die Flexibilität der Unternehmen zu erhalten und den Bürokratieaufwand zu begrenzen, sollten im Ergebnis keine ungewollten Betriebsstätten oder Lohnsteuerverpflichtungen des Arbeitgebers in anderen Staaten entstehen, solange eine bestimmte Anzahl an mobilen Arbeitstagen im Ausland nicht überschritten wird.