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Ergebnisse im Überblick
Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in China und chinesischer Unternehmen in Deutschland bilden einen wesentlichen Pfeiler der Wirtschaftsbeziehungen zwischen beiden Ländern. In der vorliegenden Analyse haben sich die Autor:innen mit den Investitionen in Richtung China beschäftigt. Zur Einordnung und Bewertung der Ergebnisse ist hervorzuheben, dass Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in China und daraus resultierende Gewinne nur einen Teilaspekt in den komplexen und engen Wirtschaftsverflechtungen zwischen Deutschland und China darstellen. Weitere wichtige Bestandteile wie der Waren- und Dienstleistungshandel, der Austausch im Bereich Forschung und Entwicklung, der Handel mit Vorleistungen in Form von Zulieferungen und vorverarbeiteten Rohstoffen, die Effekte chinesischer Direktinvestitionen in Deutschland oder die Verflechtungen aus der deutsch-chinesischen Kooperation mit Drittländern sind nicht Gegenstand dieser Untersuchung. Auch Wohlfahrtseffekte durch höhere Auslastungen, zum Beispiel in F&E-Abteilungen in den Firmen in Deutschland, sowie höhere Skaleneffekte durch technologische Synergien wurden in dieser Studie nicht untersucht. Die Ergebnisse bilden damit nur einen von mehreren Indikatoren für die Frage, ob und inwiefern die deutsche Wirtschaft vom Engagement mit China profitiert oder wie stark kritische Abhängigkeiten sind. Zu der bislang eher dürftig erforschten gesamtwirtschaftlichen Bedeutung von Gewinnen, die aus Direktinvestitionen in China erwirtschaftet werden, liefert die Studie wichtige neue Erkenntnisse:
• China ist wichtiges Investitionsziel: China ist in der letzten Dekade als Investitions- und Produktionsstandort für deutsche Unternehmen deutlich wichtiger geworden. Die deutschen Direktinvestitionsbestände in China haben sich laut Angaben der Deutschen Bundesbank von
29 Milliarden Euro im Jahr 2010 auf knapp 90 Milliarden Euro im Jahr 2020 mehr als verdreifacht.
• Industrie ist Treiber der Investitionen: Das Verarbeitende Gewerbe ist mit Abstand der wichtigste Wirtschaftszweig für deutsche Investoren in China. Besonders für die Automobilindustrie ist China ein herausragender Investitionsstandort. Auf sie entfallen knapp 30 Prozent aller deutschen Direktinvestitionsbestände in China. Mit deutlichem Abstand folgen die Chemiebranche mit etwa 9 Prozent und der Maschinenbau mit rund 7 Prozent.
• Keine volkswirtschaftliche Abhängigkeit von Direktinvestitionen in China: Auf China entfielen mit 90 Milliarden Euro im Jahr 2020 6,8 Prozent der gesamten deutschen Direktinvestitionsbestände im Ausland, die sich auf 1.315 Milliarden Euro belaufen. Im Vergleich zur EU (34 Prozent) und zu den USA (27 Prozent) ist Chinas Bedeutung als Investitionsstandort für deutsche Unternehmen vergleichsweise geringer. Gleiches gilt für die Kennzahlen zur Anzahl der Unternehmen und deren Mitarbeiter:innen sowie zum erwirtschafteten Jahresumsatz. Für den Zeitraum 2016 bis 2020 belegt auch der Anteil der in China erzielten und nach Deutschland überwiesenen Gewinne an den gesamten von deutschen Firmen (auch in Deutschland) erzielten jährlichen Gewinnen im Durchschnitt keine markante China-Abhängigkeit. Der Anteil lässt sich auf der Grundlage der vorliegenden Analyse nur schätzen und dürfte im Durchschnitt unter 4 Prozent liegen. Für einzelne Sektoren und Firmen dürfte er jedoch deutlich darüber liegen.
Gewinne deutscher Investoren in China – eine erste empirische Bestandsaufnahme
• Direktinvestitionen sind wichtigste Kapitalanlageform für deutsche Investoren in China: Sie machen einer Sonderauswertung von Bundesbankdaten zufolge knapp drei Viertel des deutschen Auslandsvermögens in China aus.
• Deutsche Unternehmen investieren überwiegend auf direktem Weg in China: Weit über 90 Prozent der deutschen Direktinvestitionen sind im Jahr 2020 unmittelbar und damit nicht über andere Länder oder Regionen (z. B. Hongkong oder Singapur) in China investiert.
• Ordentliche Gewinne und Rückflüsse aus den Investitionen: Die Sonderauswertung der Bundesbank zu den Primäreinkommen zeigt zudem, dass deutsche Unternehmen mit ihren Direktinvestitionen in China zwischen 2017 und 2021 jährlich Gewinne in Höhe von 11 bis 15 Milliarden Euro erwirtschafteten. Davon wurden 2 bis 7 Milliarden Euro in China reinvestiert. 7 bis 11 Milliarden Euro bzw. zwischen 53 und 80 Prozent an in China erzielten Gewinnen flossen zwischen 2017 und 2021 nach Deutschland zurück. Dies entspricht 12 bis 16 Prozent aller von deutschen Direktinvestitionen im Ausland erzielten und nach Deutschland ausgeschütteten Gewinne.
• EU bleibt für deutsche Direktinvestitionen mit Abstand größte Gewinnquelle, aber Gewinnmarge in China besonders hoch: Absolut betrachtet liegen die Gewinne aus Direktinvestitionen in China in ähnlicher Größenordnung wie Gewinne aus Direktinvestitionen in den USA, sind aber deutlich geringer als die Gewinne aus Direktinvestitionen deutscher Unternehmen in der EU. Allerdings erweisen sich Direktinvestitionen in China als relativ lukrativ.
• Investitionen in China finanzieren sich aus reinvestierten Gewinnen: Die jährlich zusätzlich nach China fließenden deutschen Direktinvestitionen (Direktinvestitionsströme) finanzieren sich im längerfristigen Vergleich – wenngleich unter deutlichen Schwankungen – zu einem tendenziell steigenden Anteil aus in China erzielten Gewinnen. Zwischen 2018 und 2021 wurden in Summe sogar die gesamten Direktinvestitionen aus reinvestierten Gewinnen finanziert.
• Chinas Relevanz für deutsche Investoren könnte weiter zunehmen: Dafür sprechen die Ergebnisse der vorliegenden nicht repräsentativen Befragung unter rund drei Dutzend deutschen Unternehmen. Die Ergebnisse deuten auf eine zunehmende Lokalisierung von Wirtschaftsaktivitäten deutscher Unternehmen in China hin.
• Chinas Politik verstärkt Zugriff auf Wirtschaft: Für die dritte Amtsperiode Xi Jinpings ist mit einer noch höheren Politisierung der Wirtschaft in China zu rechnen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen werden noch stärker von Bemühungen geprägt sein, Chinas Resilienz weiter zu stärken. Dadurch wird sich die Erwartungshaltung der Pekinger Führung an alle Unternehmen in China, zu strategischen Zielen beizutragen, nochmals steigern.
• Schlechtere Exportperspektiven: Wenn deutsche Unternehmen stärker in China lokalisieren, besteht das Risiko, dass sich dies negativ auf den deutschen Export nach China auswirkt. Deutsche Exporte in die Volksrepublik könnten dann deutlich abnehmen, wenn der chinesische Markt zunehmend durch Produktion vor Ort bedient wird. Tatsächlich will das Gros der befragten deutschen Firmen in den nächsten Jahren zunehmend Exporte aus Deutschland durch Produktion vor Ort ersetzen und China auch als Produktionsstandort für Exporte nach Asien nutzen.
• Mehr Forschung & Entwicklung in China: Die große Mehrheit der Firmen plant auch, neueste Technik sowie Forschung und Entwicklung stärker in China anzusiedeln. Vor dem Hintergrund eines zunehmend von nationalen Sicherheitsinteressen geprägten regulatorischen Umfelds in China wirft dieser Trend Fragen rund um den Zugriff auf in China generierte Daten und Innovationen auf.