EU-Altfahrzeugverordnung

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Stellungnahme

Vorschlag der Europäischen Kommission über Anforderungen an die kreislauforientierte Konstruktion von Fahrzeugen und über die Entsorgung von Altfahrzeugen (EU-Altfahrzeugverordnung)

Langtitel, Beispiel: (Arial, 20 Pt, fett) Referentenentwurf/ Regierungsentwurf Gesetz zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Stand: 24.01.2024


BDI-Stellungnahme Europäische Altfahrzeugverordnung

Inhaltsverzeichnis 1. Binnenmarkt für zirkuläre Fahrzeuge verwirklichen .................... 3 2. Gesetzgebungsverfahren für praxisnahe Korrekturen nutzen ..... 6 2.1 Anwendungsbereich (Art. 2) ........................................................ 6 2.2 Begriffsbestimmungen (Art. 3) ..................................................... 7 2.3 Wiederverwendbarkeit, Recyclingfähigkeit und Verwertbarkeit von Fahrzeugen (Art. 4, Art. 34) ........................................................ 9 2.4 Anforderungen für Stoffe in Fahrzeugen (Art. 5) ....................... 10 2.5 Mindestrezyklatanteil in Fahrzeugen (Art. 6) ............................. 11 2.6 Kreislauffähigkeitsstrategie (Art. 9)............................................ 13 2.7 Kreislaufpass für Fahrzeuge (Art. 13)........................................ 14 2.8 Erweiterte Herstellerverantwortung (Art. 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22) ....................................................... 15 2.9 Sammlung von Altfahrzeugen (Art. 23, 24, 25, 26).................... 17 2.10 Konzeption von Bauteilen und Fahrzeugen & Behandlung von Altfahrzeugen (Art. 7, Art. 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 35, 36) .......... 18 2.11 Status und Ausfuhr von Gebrauchtfahrzeugen (Art. 37 – 45); Durchsetzung (Art. 46 – 49) ............................................................ 20 Über den BDI .................................................................................. 22 Impressum ...................................................................................... 22


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1. Binnenmarkt für zirkuläre Fahrzeuge verwirklichen Die Europäische Kommission hat am 13. Juli 2023 einen Vorschlag für eine Verordnung über Anforderungen an die kreislauforientierte Konstruktion von Fahrzeugen und über die Entsorgung von Altfahrzeugen vorgelegt. Dieser neue europäische Rechtsrahmen soll zwei bestehende Richtlinien aufheben und durch einen einzigen Rechtsakt ersetzen, darunter die Richtlinie 2000/53/EG [über Altfahrzeuge] sowie die Richtlinie 2005/64/EG [über Typgenehmigung für Kraftfahrzeuge hinsichtlich ihrer Wiederverwendbarkeit, Recyclingfähigkeit und Verwertbarkeit]. Zudem soll im Rahmen des neuen Rechtsakts in zwei bestehenden Verordnungen Änderungen vorgenommen werden, darunter in der Verordnung (EU) 2018/858 [über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge] sowie in der Verordnung (EU) 2019/1020 [über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten]. Der Vorschlag einer EUAltfahrzeugverordnung ist dabei Teil des Programms zur Gewährleistung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) der Europäischen Kommission mit dem Ziel, Bürokratieabbau zu gewährleisten und vereinfachte Rechtsvorschriften zu schaffen. Ähnlich wie die am 17. August 2023 in Kraft getretene Batterieverordnung soll auch eine neue EU-Altfahrzeugverordnung den ganzen Wertschöpfungskreislauf in den Fokus nehmen. Zirkuläres Produktdesign, Stufen der Produktion, Sammlung und Verwertung sollen dabei ganzheitlich als Wertschöpfungskreislauf stärker miteinander verknüpft und anhand verschiedener Maßnahmen adressiert werden. Auch wenn die meisten Bestimmungen für Fahrzeuge der Klassen M1 (Pkw) und N1 (Transporter) vorgesehen sind, sollen einzelne Bestimmungen auch für weitere Fahrzeugtypen gelten. Gleichzeitig reiht sich der Vorschlag im Kontext vieler anderer laufender, bereits abgeschlossener oder zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht formell abgeschlossener Gesetzgebungsverfahren ein, die die Circular Economy adressieren:

Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.

Lobbyregisternummer R000534

- Verordnung über Batterien und Altbatterien (EU) 2023/1542 von Juli 2023. Mit dieser Verordnung wurde die Richtlinie 2006/66/EG [über Batterien und Akkumulatoren sowie Altbatterien und Altakkumulatoren] aufgehoben sowie die Richtlinie 2008/98/EG [über Abfälle] und die Verordnung (EU) 2019/1020 [über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten] angepasst. - Vorschlag für eine EU-Abfallverbringungsverordnung [über die Verbringung von Abfällen] von November 2021. In dessen Rahmen sollen auch die Verordnungen (EU) Nr. 1257/2013 [über das

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Recycling von Schiffen] und (EU) 2020/1056 [über elektronische Frachtbeförderungsinformationen] geändert werden. - Vorschlag für eine EU-Ökodesignverordnung [zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte] von März 2022. Diese soll die bisherige EUÖkodesignrichtlinie (RL 2009/125/EG) ablösen. - Vorschlag einer Verordnung für einen Critical Raw Materials Act [zur Schaffung eines Rahmens zur Gewährleistung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen] von März 2023. In diesem Zuge sollen die Verordnung (EU) 168/2013 [über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen], Verordnung (EU) 2018/858 [über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge], Verordnung (EU) 2018/1724 [über die Einrichtung eines einheitlichen digitalen Zugangstors zu Informationen, Verfahren, Hilfs- und Problemlösungsdiensten] und die Verordnung (EU) 2019/1020 [über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten] angepasst werden. - Vorschlag für eine Richtlinie für ein Recht auf Reparatur [über gemeinsame Vorschriften zur Förderung der Reparatur von Waren] von März 2023. Im Rahmen des Vorschlags sollen zudem die Verordnung (EU) 2017/2394 [über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden], die Richtlinien (EU) 2019/771 [über vertragsrechtliche Aspekte des Warenkaufs] und (EU) 2020/1828 [über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher] geändert werden. - Vorschlag für eine europäische Verordnung über Verpackungen und Verpackungsabfälle. Diese soll die bisherige Richtlinie 94/62/EG [über Verpackungen und Verpackungsabfälle] aufheben und zu Änderungen der Verordnung (EU) 2019/1020 [über Marktüberwachung und die Konformität von Produkten] und der Richtlinie (EU) 2019/904 [über die Verringerung der Auswirkungen bestimmter Kunststoffprodukte auf die Umwelt] führen. Der BDI begrüßt den Vorschlag für eine Verordnung über Anforderungen an die kreislauforientierte Konstruktion von Fahrzeugen und über die Entsorgung von Altfahrzeugen. Die Rechtsform einer Verordnung schafft harmonisierte Rahmenbedingungen für Fahrzeuge in allen EU-Ländern. Für den Erfolg der Verordnung sind jedoch folgende Punkte entscheidend:

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- Zirkularitätsanforderungen für Fahrzeuge sollten mit Blick auf die vielen weiteren parallel laufenden Gesetzgebungsverfahren ausschließlich über die EU-Altfahrzeugverordnung als Basisrechtsakt reguliert werden. Es bedarf dafür sauberer Schnittstellen beispielsweise zum Critical Raw Materials Act, zu einer Richtlinie für ein Recht auf Reparatur und zu einer EU-Ökodesignverordnung, um Doppelregulierung zu vermeiden. - Wir begrüßen das Ziel, den Einsatz von Rezyklaten in Fahrzeugen zu erhöhen. Maßnahmen wie Rezyklateinsatzquoten müssen jedoch in einem Prüfschema zur Folgenabschätzung für die einzelnen Stoffströme gemäß ihrer Verhältnismäßigkeit und Umsetzbarkeit sorgfältig evaluiert werden. Zieldefinitionen sollten daher auf einer Machbarkeitsstudie mit Blick auf Angebot und Nachfrage basieren. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen durch Regulatorik für andere Sektoren und Produktgruppen mitzudenken. Zudem muss ausreichend Übergangszeit mitgedacht werden, damit erforderliche Investitionen auch umgesetzt werden können. - Das Konzept der Circular Economy muss breit gedacht werden. Unter Rohstoffe der Circular Economy fallen Rezyklate und Abfall zur stofflichen Verwertung allgemein, die in den Kreislauf zurückgeführt werden, aber auch Nebenprodukte, nachwachsende Rohstoffe und aus Prozessen sowie der Luft extrahiertes CO2, bei einer Behandlung gemäß der Abfallhierarchie der Abfallrahmenrichtlinie §4. - Der Verordnungsvorschlag ist Teil des Regulatory Fitness Programme (REFIT) mit dem Ziel der „Vereinfachung und Verringerung des Verwaltungsaufwands“. Diesem Ziel widerspricht der Verordnungsvorschlag in einigen Punkten. Als Beispiel kann Artikel 29 in Verbindung mit Anhang VII, Teil B, Nummer 3 genannt werden. So soll bei der Befreiung der Altfahrzeuge von Schadstoffen die genaue Uhrzeit der Schadstoffentfrachtung angegeben werden, was eine unnötige Dokumentationspflicht darstellt. Mit Augenmaß sind auch die Meldepflichten nach Art. 49, Abs. 1 g (für die Gesamtzahl sowie des Gewichtes aller aus Altfahrzeugen ausgebauten Teile, Komponenten und Materialien) sowie Informationsanforderungen im Rahmen eines Verwertungsnachweises (Anhang IX) anzupassen. - Konzepte einer Kreislauffähigkeitsstrategie und eines Kreislaufpasses für Fahrzeuge müssen zudem untereinander sowie mit weiterer Regulatorik wie der CSRD / ESRS, der Ökodesignverordnung (Stichwort Digitaler Produktpass) und mit aktiven IT-Systemen wie IDIS auf Inkonsistenzen, Dopplungen und auf ihren jeweiligen

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spezifischen Mehrwert überprüft werden. Nur so kann der mit der Verordnung einhergehende bürokratische Aufwand minimiert werden. - Um Altfahrzeuge, ihre Teile, Bauteile und Werkstoffe in Kreisläufen zu führen sind das Produktdesign, Sammlung, Sortierung, Rücknahme und Verwertung gemäß der Abfallhierarchie entscheidende Schlüsselpunkte im Verordnungsentwurf. Dafür bedarf es jedoch harmonisierter, ineinandergreifender Regelungen innerhalb des EU-Binnenmarkts mit klaren Zuständigkeiten und Rechtssicherheit für die einzelnen Akteure. Hier besteht noch Nachbesserungsbedarf, beispielsweise im Punkt der erweiterten Herstellerverantwortung. - Im deutschen Verordnungsentwurf findet sich eine fehlerhafte Übersetzung des Herstellerbegriffs. Die in der englischen Version genutzten Begriffe „manufacturer“ und „producer“ werden beide in der deutschen Version mit dem Begriff „Hersteller“ übersetzt. Äquivalent zur Batterieverordnung (EU) 1542/2023 sollte zwischen Erzeuger (manufacturer) und Hersteller (producer) von Fahrzeugen unterschieden und beide Begriffe in Art. 3 „Begriffsbestimmungen“ definiert werden. - Die generelle Tendenz einer steigenden Anzahl von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten in der europäischen Gesetzgebung ist auch für den Entwurf einer Altfahrzeugverordnung festzustellen. Zentrale Elemente der Verordnung wie beispielsweise die Festlegung von Berechnungsmethoden werden damit dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren entzogen und sollten über den Verordnungsvorschlag selbst reguliert werden. 2. Gesetzgebungsverfahren für praxisnahe Korrekturen nutzen 2.1 Anwendungsbereich (Art. 2) Art. 2 des Vorschlags definiert den Anwendungsbereich. Die meisten Bestimmungen sollen für Fahrzeugklassen M1 und N1 (Pkw und Transporter) Anwendung finden, bestimmte Anforderungen über die Entsorgung von Altfahrzeugen und über die Ausfuhranforderungen sollen auch für bestimmte Fahrzeuge der Klasse L (Fahrzeuge der Klassen L3e, L4e, L5e, L6e und L7e), für Lastkraftwagen, Busse und Anhänger (Fahrzeuge der Klassen M2, M3, N2, N3 und O) gelten.

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Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Eine schrittweise Ausweitung des Anwendungsbereichs über die Fahrzeugklassen M1 und N1 hinweg ist ein wichtiger Schritt hin zu einer flächendeckenden Skalierung der Circular Economy und dient zur Gewährleistung fairer Wettbewerbsbedingungen. Diese werden jedoch nur dann erreicht, wenn Anforderungen konsistent gestaltet werden. 2.2 Begriffsbestimmungen (Art. 3) In Artikel 3 des Verordnungsvorschlags werden zahlreiche Begriffsbestimmungen gelistet. Einige der aufgelisteten Begriffe sind ebenso Diskussionsgegenstand in parallel laufenden, teilweise noch nicht abgeschlossenen Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene. Begriff

Querverweis

Abs. 1, Nr. 10

„kritische Rohstoffe“

Ein Querverweis auf die Definition im Critical Raw Materials Act im Entwurfsstatus liegt vor.

Abs. 2, e

„besorgniserregender Stoff“

Ein Querverweis auf die EUÖkodesignverordnung im Entwurfsstatus liegt vor.

Abs. 1, Nr. 11

„Verbraucherabfälle“

Ein Querverweis liegt nicht vor.

Der Begriff wird auch im Vorschlag für einen Critical Raw Materials Act genannt, dort unter Art. 2 jedoch nicht definiert. Im Vorschlag über Verpackungen und Verpackungsabfälle wird der Begriff spezifisch für den Stoffstrom unter „Verbraucher-Kunststoffabfälle“ (Art. 3 (39)) definiert. In anderen Verordnungsvorschlägen wie z. B. einer Ökodesignverordnung oder einer Abfallverbringungsverordnung ist der Begriff nicht gelistet.

Abs. 1, Nr. 29

„Überholung“

Ein Querverweis liegt nicht vor.

Im Vorschlag einer Ökodesignverordnung ist in Art. 2 (18) ein Definitionsvorschlag gegeben. Der Begriff ist ebenso im Vorschlag für ein Recht auf Reparatur gelistet (Art. 2 (9)), in welchem ein Querverweis auf die Ökodesignverordnung vorliegt.

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Diskussion in weiteren Gesetzgebungsverfahren

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Abs. 1, Nr. 9

„Kunststoff“

Ein Querverweis auf eine bestehende Verordnung liegt vor (Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer europäischen Chemikalienagentur.

Im Vorschlag für eine Verpackungsverordnung wird der Begriff „Kunststoff“ ebenso definiert und ein Querverweis auf die Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 durchgeführt.

Abs. 1, Nr. 25

„Sekundärrohstoff“

Ein Querverweis liegt nicht vor.

Im Vorschlag für eine Verpackungsverordnung ist der Begriff ebenso definiert. Der Begriff wird im Vorschlag für eine Ökodesignverordnung sowie im Vorschlag für einen Critical Raw Materials Act nicht definiert.

Tabelle 1: Eigene Darstellung. Beispielhafte Übersicht zu Begriffen im Bereich Circular Economy in aktueller europäischer Gesetzgebung.

Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Ziel der Begriffsdefinitionen sollte sein, klare, rechtssichere und harmonisierte Rahmenbedingungen für die Circular Economy Transformation zu schaffen. Inkonsistenzen und Dopplungen sind zu vermeiden. - Der Definitionsvorschlag für „besorgniserregende Stoffe“ steht o. g. Ziel entgegen. Mit Blick auf Art. 2 (28 c) im Vorschlag einer Ökodesignverordnung ist der Begriff unklar definiert, sodass viele vollständig recycelbare Stoffe in die Kategorie fallen könnten. Anstelle der Einführung eines neuen Begriffs sollte auf den in REACH bereits definierten Begriff „substances of very high concern“ zurückgegriffen werden. Für alle Substanzen müssen standardisierte Analysemethoden für die Probenvorbereitung und -analyse existieren. Andernfalls kann diese Voraussetzung nicht erfüllt werden. - Neu eingeführte, zentrale Begriffe wie „Verbraucherabfälle“, „Wiederaufbereitung“. „Entfernung“, „Überholung“ oder „Sekundärrohstoff“ sollten einheitlich an zentraler Stelle, beispielsweise über die EU-Ökodesignverordnung, für Stoffe und Produktgruppen übergreifend definiert werden, sofern fachlich oder im Anwendungsbereich nicht anders begründbar. Die Begriffe

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werden aktuell teilweise ohne Bezug aufeinander in unterschiedlichen Gesetzgebungsvorschlägen genannt oder definiert. Bei den vielen parallel laufenden Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene erhöht dies das Risiko nicht ineinandergreifender Rahmenbedingungen maßgeblich. - Um die Kreislauffähigkeit von Kunststoffen in Fahrzeugen zu erhöhen, muss die zugrunde liegende Definition für „Kunststoffe“ spezifische für den Anwendungsbereich der jeweiligen Verordnung ausgelegt sein und mit Blick auf geplante Recyclingziele recycelbare Kunststoffe umfassen. So sollte die Definition in einer EUAltfahrzeugverordnung alle recycelbaren Polymere sowie wesentliche Kunststoffarten eines Fahrzeugs wie z. B. Duromere (Sitzschäume) und thermoplastische Elastomere umfassen. Ein möglicher Definitionsansatz für den Anwendungsbereich der EUAltfahrzeugverordnung könnte sich an der Verordnung (EU) Nr. 10/2011 [über Materialien und Gegenstände aus Kunststoff, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen] orientieren. - Positiv hervorzuheben ist die Überarbeitung des Begriffs „Altfahrzeug“ sowie eine definitorische Unterscheidung zwischen „Altfahrzeugen“ und „Gebrauchtfahrzeugen“ anhand differenzierter technischer und wirtschaftlicher Bewertungskriterien. So wird im Anhang I Teil a Nummern 1 und 2 festgelegt, wann ein Fahrzeug als irreparabel und damit als „Altfahrzeug“ gilt. 2.3 Wiederverwendbarkeit, Recyclingfähigkeit und Verwertbarkeit von Fahrzeugen (Art. 4, Art. 34) In Art. 4 werden für jedes typgenehmigte Fahrzeug eines Fahrzeugtyps Ziele zur Wiederverwendung, Recyclingfähigkeit und Verwertbarkeit gesetzt (Abs. 1). So sollen Erzeuger ihre Fahrzeuge so herstellen, dass mind. 85 Prozent der Masse „wiederverwendbar oder recyclingfähig“ und mind. 95 Prozent „wiederverwendbar oder verwertbar“ sind. Neben diesen Zielvorgaben für Erzeuger sind parallel laufende Zielvorgaben für Abfallbewirtschafter in den Mitgliedstaaten in Art. 34 (Abs. 1) gelistet. Mindestens 95 Prozent des durchschnittlichen Fahrzeuggewichts pro Jahr (ohne Batterien) sollen von Abfallbewirtschaftern zusammen berechnet wiederverwendet und verwertet, und mindestens 85 Prozent des durchschnittlichen Fahrzeuggewichts pro Jahr (ohne Batterien)

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wiederverwendet und recycelt werden.1 Die Kommission soll die Methode zur Berechnung und Überprüfung dieser Ziele dabei über einen Durchführungsrechtsakt bis 35 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung festlegen (Art. 4, Abs. 3). Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Mit Blick auf die gesetzten Ziele in Art. 4 und Art. 34 sollten der gleiche Bewertungsmaßstab / die gleiche Berechnungsmethode herangezogen werden. So sind Batterien beispielsweise in Art. 34 von der Massenbezugsgröße ausgeschlossen, nicht jedoch in Art. 4. Batterien sollten in die Bezugsgröße und Berechnung in beiden Artikeln aufgenommen werden, um sowohl Konsistenz in der Berechnung als auch die Erreichbarkeit der Ziele zu gewährleisten. - Die Formulierung von Art. 34 und Art. 4 sollte einheitlich angepasst werden. So sollten 85 Prozent der Masse eines Fahrzeugs „zusammen berechnet wiederverwendbar und recyclingfähig“ sein. Gleichsam sollten auch 95 Prozent der Masse eines Fahrzeugs „zusammen berechnet wiederverwendbar und verwertbar sein“. - Die neue Verordnung soll u. a. Richtlinie 2005/64/EG [über Typgenehmigung für Kraftfahrzeuge hinsichtlich ihrer Wiederverwendbarkeit, Recyclingfähigkeit und Verwertbarkeit] ersetzen. Es ist zu erwarten, dass dadurch Inkonsistenzen mit globalen harmonisierten Gesetzgebungen wie beispielsweise der UNRegelung Nr. 133 (UN / ECE R 133-Tests) entstehen werden. Nach aktueller Gesetzeslage nutzen die meisten Erzeuger die UN R 133 für die Typgenehmigung Recycling, da so doppelte Aufwände und Kosten eingespart werden können. 2.4 Anforderungen für Stoffe in Fahrzeugen (Art. 5) Die Kommission setzt in Art. 1 (Abs. 1) eine Minimierungspflicht „besorgniserregender Stoffe“.

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Bereits in der bisherigen Altfahrzeugrichtlinie (RL 2000/53/EG) hat die Kommission Ziele zur Wiederverwendung und Verwertung (95 Prozent) sowie Wiederverwendung und Recycling (85 Prozent) des durchschnittlichen Fahrzeuggewichts pro Jahr aufgenommen, die von den „Wirtschaftsbeteiligten“ zu erfüllen sind (Art. 7, Abs. 2).

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Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Eine pauschale Minimierungspflicht von „besorgniserregenden Stoffen“ ist mit Blick auf die in Kapitel 2.2. (Begriffsbestimmungen) dargelegten Aspekte zu überprüfen. Neue Stoffbeschränkungen sollten zentral über REACH-Vorgaben geregelt werden und nur in begründeten Ausnahmefällen über die EU-Altfahrzeugverordnung erfolgen. 2.5 Mindestrezyklatanteil in Fahrzeugen (Art. 6) In Art. 6 werden konkrete Vorgaben für einen Mindestrezyklatanteil für Kunststoffe festgelegt. So soll für Kunststoffe in jedem Fahrzeug eines typgenehmigten Fahrzeugtyps 72 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung mindestens 25 Gewichtsprozent recycelter Kunststoff aus „VerbraucherKunststoffabfällen“ enthalten. Von diesen 25 Gewichtsprozent sollen wiederum 25 Prozent aus recycelten Kunststoffen aus Altfahrzeugen bestehen. Bei der Quelle für Recyclingrohstoffe wird allein auf sog. PostConsumer-Rezyklate abgestellt. Der Kommission soll zudem die Möglichkeit eingeräumt werden, über delegierte Rechtsakte nicht nur die Methode zur Berechnung und Überprüfung des Rezyklatanteils festzulegen, sondern auch nachträglich Rezyklateinsatzquoten für Stahl, Aluminium und seine Legierungen, Magnesium und seine Legierungen und seltenen Erden einzuführen. Für die Evaluierung von Rezyklateinsatzquoten bei Stahl soll dabei eine Machbarkeitsstudie bis zu 23 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung durchgeführt werden, für die anderen genannten Materialien 35 Monate nach Inkrafttreten. Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Das Ziel, den Einsatz und die Angebotsseite von Rezyklaten in Fahrzeugen zu verbessern, wird ausdrücklich unterstützt. Maßnahmen wie Rezyklateinsatzquoten müssen jedoch in einem Prüfschema zur Folgenabschätzung für die einzelnen Stoffströme gemäß ihrer Verhältnismäßigkeit und Umsetzbarkeit sorgfältig evaluiert werden. Zieldefinitionen sollten daher auf einer Machbarkeitsstudie mit Blick auf Angebot und Nachfrage basieren. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen u. a. bedingt durch Regulatorik für andere Sektoren und Produktgruppen mitzudenken (Einsatzquoten in PPWR, Critical Raw Materials Act, Bauproduktenverordnung usw.). Das Zielbild sollte eine

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selbsttragende, innovationsfördernde und offene Kreislaufwirtschaft sein. - Eine Methode zur Berechnung und Überprüfung des Rezyklatanteils muss frühzeitiger zur Verfügung stehen und die Übergangsfrist von 72 Monaten für die Erreichung der geforderten Ziele erst nach Veröffentlichung der Methode beginnen. Nur damit wird der Industrie die notwendige Sicherheit für die Implementierung und notwendige Investitionen gegeben. - Die Circular Economy erfordert einen systemischen Ansatz. Daher ist der Vorschlag einer Closed-Loop-Rezyklateinsatzquote in ihrer Umsetzbarkeit in der Praxis sowie mit Blick auf wertschöpfungsübergreifende und cross-sektorale Potenziale auf ihre Sinnhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit neu zu evaluieren. In jedem Falle ist die konkrete Ausgestaltung der verpflichtenden Quote – mit zwei Nachkommastellen – abzulehnen. - Flankierend und zusätzlich zu Mindesterezyklateinsatzquoten sollte eine Zielquote für nicht-fossile Einsatzstoffe (nachwachsende Rohstoffe und CO2) in den Verordnungsentwurf und die Folgenabschätzung integriert werden. - Bei Rezyklateinsatzquoten mit dem Ziel, die Nachfrage zu erhöhen („Pull-Maßnahme“), muss sichergestellt werden, dass die Verfügbarkeit von einsetzbaren Rezyklaten in der Material- und Güterproduktion auch nachweislich sowie in absehbarer Zeit in erforderlicher Qualität sichergestellt werden kann und aus ökologischen Gründen mit Blick auf Klima- und Ressourcenschutz ganzheitlich vorteilhaft ist. Dabei ist mit Blick auf die Ziele im Verordnungsentwurf neben der Priorisierung des mechanischen Recyclings auch eine Akzeptanz des chemischen Recyclings einschließlich Massenbilanzierungsansätzen („fuel use exempt“) erforderlich, um die notwendigen Investitionen in Europa und Deutschland anzustoßen. Um die Priorität des mechanischen Recyclings zu garantieren, ist es erforderlich, dass sich das Design for Recycling von Kunststoffen am mechanischen Recycling ausrichtet. Das Produktdesign kann neben der Recyclingfähigkeit und Reparierbarkeit auch die Qualität von Rezyklaten maßgeblich beeinflussen und ist damit von zentraler Bedeutung für die

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Verbesserung des Angebots von Rezyklaten und für die Kreislaufführung der Stoffströme allgemein. - Äquivalent zur Batterieverordnung (EU) 2023/1542 und zum Vorschlag einer Verordnung für Verpackungen und Verpackungsabfälle ist ein Vorbehalt im Ausnahmefall der mangelnden Verfügbarkeit von Rezyklaten für die tatsächliche Pflicht zum Rezyklateinsatz zu priorisieren, insbesondere mit Blick auf einen verpflichtenden Rezyklateinsatz aus einem Closed-LoopRecycling (Art. 6, Abs. 1, Unterabsatz 1). Es wird eine Regelung formuliert werden müssen, die die nötige Investitionssicherheit in die Recyclinginfrastruktur sichert und die gleichzeitig Marktverzerrungen entgegenwirken kann. 2.6 Kreislauffähigkeitsstrategie (Art. 9) Gemäß Art. 9 (Abs. 1) müssen Erzeuger 36 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung für jeden typgenehmigten Fahrzeugtyp eine Kreislaufwirtschaftsstrategie vorlegen. Dabei soll der Erzeuger innerhalb von 30 Tagen nach Erteilung der Typgenehmigung für jeden Fahrzeugtyp eine Kopie der Strategie an die Kommission übermitteln. Diese Strategie soll der Erzeuger im Weiteren alle fünf Jahre aktualisieren und in angepasster Version der Typgenehmigungsbehörde und der Kommission vorlegen. In Anhang IV Teil A werden verpflichtende Elemente einer solchen Strategie gelistet, darunter eine nichttechnische Beschreibung von Maßnahmen und Verfahren sowie Informationspflichten, u. a. zu Rezyklatanteilen in Fahrzeugen im Einklang mit Art. 6 und 10. Der Kommission soll gemäß Art. 9 zudem die Befugnis übertragen werden, die Strategie und ihre Aktualisierungen zu veröffentlichen, wovon vertrauliche Informationen ausgeschlossen sein sollen. Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Kreislaufwirtschaft ist in Unternehmen gesamtstrategisch zu verankern und bedarf einer übergreifenden Sichtweise innerhalb des Unternehmens sowie neuer Wertschöpfungsmodelle, die auch Handelsbeziehungen mit Lieferanten- und Kunden neu definieren. Eine typspezifische Kreislauffähigkeitsstrategie steht einem solchen übergreifenden Denken und Ansatz im Wege. Vielmehr ist eine ganzheitliche Kreislaufwirtschaftsstrategie für Erzeuger auf Unternehmensebene zu priorisieren.

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- Ausdrücklich zu begrüßen ist, dass vertrauliche Informationen einer Kreislauffähigkeitsstrategie laut Vorschlag nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit der Akteure gewährleistet werden. Im Dialog mit den betroffenen Akteuren sollte der Zugang und die Art der erfassten Information festgelegt werden. - Hinsichtlich der im Anhang IV Teil A gelisteten verpflichtenden Elemente einer Kreislauffähigkeitsstrategie liegt bei Punkt 6 (Bericht über Maßnahmen wie Investitionen in Forschung und Entwicklung, Investitionen in die Entwicklung von Recyclingtechnologien oder infrastrukturen) der maßgebliche Handlungsspielraum bei Abfallbewirtschaftern (Recyclern). Der Handlungsspielraum der Erzeuger liegt vielmehr im Produktdesign (Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparaturfähigkeit, Recyclingfähigkeit etc.)., im Einklang mit den Zielen in Art. 4. Bewertungskriterien für „Recyclingfähigkeit“ sind hier beispielsweise über die Verordnung selbst über Art. 4 festzulegen. Ein klarer Handlungsspielraum, der für die jeweiligen Akteure realistisch umsetzbare Anforderungen erhält, muss im Dialog mit Erzeugern und Abfallbewirtschaftern / Recyclern definiert werden. - Die Anforderungen in Anhang IV beziehen sich zum Teil auf das Fahrzeug selbst und zum Teil auf die Strategie des OEM. Anhang IV Teil A und B enthalten mehrere Anforderungen, die von OEMs nicht kontrolliert oder von OEMs nicht "gemessen" oder "bewertet" werden können (z. B. Anforderungen in Teil A, 5.c oder Teil A, 7). - Dopplungen und Inkonsistenzen einer Kreislauffähigkeitsstrategie (Art. 9), eines Kreislaufpasses für Fahrzeuge (Art. 13) und weiterer Regulatorik wie CSRD / ESRS sollten vermieden und der spezifische jeweilige Mehrwert überprüft werden. 2.7 Kreislaufpass für Fahrzeuge (Art. 13) 84 Monate nach Inkrafttreten soll zudem jedes in Verkehr gebrachte Fahrzeug über einen Kreislaufpass verfügen (Art. 13), der digital und kostenlos Informationen gemäß Art. 11 (Informationen über das Entfernen und die Ersetzung von Teilen, Bauteilen und Werkstoffen in Fahrzeugen) zur Verfügung stellt. Dabei soll der Erzeuger die Verantwortung über die

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Vollständigkeit, Richtigkeit der Informationen tragen und die Informationen aktuell halten (Abs. 3). Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Die Kongruenz zu anderen Rechtsakten wie ESPR für einen digitalen Produktpass, dem digitalen Batteriepass im Rahmen der Batterieverordnung (EU) 2023/1542 und zu bereits aktiven ITSystemen wie beispielsweise dem öffentlich zugänglichen IT-System IDIS (International Dismantling Information System) muss sichergestellt werden. Bestehende Datenbanken sollten genutzt und Daten nicht doppelt abgelegt werden. - Erzeuger können die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Informationen nur zum Produktionszeitpunkt gewährleisten, nicht aber darüber hinaus. Akteure des weiteren Wertschöpfungskreislaufs haben im weiteren Verlauf maßgeblich Einfluss auf die Daten, beispielsweise mit Blick auf Wartung und Reparatur. - Einen sinnvoll und entlang der Lieferketten nutzbaren digitalen Kreislaufpass für Fahrzeuge zu erstellen, wird eine große Herausforderung sein. Unabhängig von der finalen Lösung muss zu jedem Zeitpunkt sichergestellt werden, dass vertrauliche Informationen zum Beispiel über Inhaltsstoffe etc. als solche gehandhabt werden. Die Informationspreisgabe darf somit nur auf Basis des Prinzips „Need-to-know“ erfolgen. Das gilt auch für Metadaten zu Lieferketten. Informationen hierzu können Wertschöpfungsnetzwerke offenlegen und von Wettbewerbern oder staatlichen Akteuren missbräuchlich verwendet werden. Deshalb ist erforderlich, dass technisch sichere, dezentrale Lösungen zum Datenmanagement gewählt werden. 2.8 Erweiterte Herstellerverantwortung (Art. 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22) 36 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung sollen Hersteller eine erweiterte Herstellerverantwortung für erstmals auf den Markt gebrachte Fahrzeuge bereitstellen (Art. 16), um Sammlung und Behandlung von Altfahrzeugen zu gewährleisten. Darüber hinaus sollen Hersteller sicherstellen, dass die Abfallbewirtschafter Zielvorgaben nach Art. 34 erfüllen (Art. 16 b). Hersteller sollen sich dafür in ein nationales

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Herstellerregister eintragen, das bis 35 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung von den Mitgliedsstaaten errichtet werden soll (Art. 17). Dabei können Hersteller für die Wahrnehmung der Pflichten im Rahmen einer erweiterten Herstellerverantwortung eine Organisation als Bevollmächtigten benennen (Art. 18, Abs. 1). Hersteller sollen sich im Rahmen der erweiterten Herstellerverantwortung u. a. an den Kosten für Sammlung von Altfahrzeugen und für Sensibilisierungskampagnen beteiligen (Art. 20), im Falle der individuellen Pflichterfüllung im Rahmen einer Garantie beispielsweise anhand einer Recycling-Versicherung. Bei einer kollektiven Pflichterfüllung müssen die jeweiligen benannten Organisationen die Finanzbeiträge der Hersteller unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien anpassen (Art. 21). Art. 22 regelt zudem einen Kostenzuweisungsmechanismus für Fahrzeuge, die in einem anderen Mitgliedstaat zum Altfahrzeug werden. Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Eine erweiterte Herstellerverantwortung ist bei richtiger Ausgestaltung ein wirksames und richtiges Mittel, um die Rückführung von Fahrzeugen, ihren Komponenten und Teilen in den Wertschöpfungskreislauf zu gewährleisten. Hierfür braucht es eine rechtssichere (vertragliche) Grundlage zwischen Herstellern und Abfallbewirtschaftern. Rücknahme und Behandlung von Altfahrzeugen eines Herstellers sollte daher über jene Abfallbewirtschafter erfolgen, die dafür von den jeweiligen Herstellern vertraglich benannt wurden. Dabei muss die Einbeziehung kleinerer Unternehmen gewährleistet werden. Mit Blick auf Art. 20 (Abs. 1, a) sollte sich die finanzielle Verantwortung der Hersteller in Konsequenz ausschließlich auch nur auf vertraglich festgelegte Abfallbewirtschafter beziehen und ein möglicher Defizitausgleich sollte zwischen den Vertragspartnern verhandelt werden. - Erzeuger haben mit Blick auf Art. 4 (Zielvorgaben) durch das Produktdesign eine Teilverantwortung darauf, dass Abfallbewirtschafter nach Art. 34 ihre Pflichten erfüllen können. Über das Produktdesign betreffende Ziele hinausgehend liegt die Verantwortung zur Pflichterfüllung jedoch bei den Abfallbewirtschaftern (Art. 16, b).

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Mögliche Hemmnisse für hochwertiges Recycling und Demontage wie in Art. 21 (Abs. 1, e), Anhang IV (Teil A, Nr. 5, d) sowie Anhang IX (Teil B, Nr. 3, c) sollten anhand verschiedener Kriterien wie Sicherheits- und Nachhaltigkeitsaspekten überprüft und begründet festgelegt werden (im angemessenen Verhältnis zur Recyclingfähigkeit). So können Fügetechnologien wie Klebstoffe beispielsweise im Leichtbau und in der E-Mobilität in Sicherheitsund Nachhaltigkeitsaspekte positiv einspielen. Zudem ist das technologische Recycling von Verbundkunststoffen durch verschiedene Optionen bereits möglich, beispielsweise bei Gehäusen zur Umhüllung von Elektrofahrzeugbatterien. Sie haben sich bisher am Markt aber (noch) nicht etabliert, da einerseits nur verhältnismäßig wenig Material anfällt (fehlender wirtschaftlicher Anreiz) und andererseits eine nicht stattfindende Demontage der Komponenten vor dem Schreddern das Recycling verhindern kann. Der Begriff „hochwertiges Recycling“ ist darüber hinaus nicht definiert.

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Art. 21 (Abs. 1, e) nennt Demontagezeit als weiteres Kriterium für eine Modellierung der Gebühr. Es ist dabei jedoch festzulegen, wie angesichts sehr unterschiedlich ausgestatteter Demontagebetriebe diese Demontagezeit objektiv festgestellt werden soll.

2.9 Sammlung von Altfahrzeugen (Art. 23, 24, 25, 26) Art. 23 verpflichtet Hersteller gegebenenfalls auch über benannte Herstellerorganisationen für Fahrzeuge ihrer Fahrzeugklassen Sammelsysteme inklusive Sammelstellen zu errichten (Abs. 1). Dabei sollen Hersteller einige Punkte sicherstellen (Abs. 2, a – e), u. a. dass eine „angemessene Verfügbarkeit“ von zugelassenen Verwertungsanlagen in den gesamten Mitgliedstaaten vorliegen. Gemäß Art. 24 ist eine Abgabe von Altfahrzeugen für den letzten Eigner an zugelassenen Verwertungsanlagen kostenlos, insofern nicht wesentliche Teile und Komponenten des Fahrzeugs fehlen, wovon die Elektrofahrzeugbatterie ausgenommen sein soll. Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten der Hersteller und Abfallbewirtschafter müssen klar voneinander abgegrenzt sein. Im Sinne einer erweiterten Herstellerverantwortung (siehe Punkte zu

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Kapitel 2.7) sollte der Hersteller Sammelsysteme mit vertraglich festgelegten Abfallbewirtschaftern selbstständig festlegen können. - Analog zu anderen Gesetzgebungen zur erweiterten Herstellerverantwortung sollten Hersteller auch die Möglichkeit haben, ihren Abfall über ihre Handelsbetriebe zurückzunehmen, wenn diese sich als Sammelstellen zertifizieren lassen. Voraussetzung muss hier eine ordnungsgemäße Registrierung als Sammelstelle gemäß Art. 26 Abs. 1 Buchstabe a) sein. Art. 23 Absatz 4 sollte entsprechend geändert werden und Anforderungen an Sammelstellen in einem gesonderten Artikel formuliert werden. - Altelektrofahrzeuge und ihre Traktionsbatterien sind ein typzugelassenes System und sollten u. a. mit Blick auf Sicherheitsaspekte stets als Einheit an umweltzertifizierten Sammelstellen oder Demontagebetrieben abgegeben werden. Eine Akzeptanz des Handels mit gebrauchten Traktionsbatterien durch nicht gewerbsmäßige Akteure würde auch den Weg für illegale Akteure ebnen. - Einen wichtigen Schritt zu mehr Transparenz und Circular Economy bietet Art. 25 mit einer Einführung eines Verwertungsnachweises in elektronischer Form. Mit Blick auf Art. 26 kann ergänzt werden, dass Eigner auch einen Anreiz haben müssen, um ihr Altfahrzeug auch tatsächlich abzugeben. Nur so können Altfahrzeuge, ihre Teile, Bauteile und Stoffe letztendlich einer Verwertung zugeführt und ein Verwertungsnachweis ausgestellt werden. Verpflichtende fortlaufende Versicherungszahlungen für nicht abgegebene irreparable Altfahrzeuge und temporär begrenzte Abmeldungen sind als mögliche Anreizmaßnahmen zu evaluieren. 2.10 Konzeption von Bauteilen und Fahrzeugen & Behandlung von Altfahrzeugen (Art. 7, Art. 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33, 35, 36) Art. 7 in Verbindung mit Anhang VII Teil C legt bestimmte Konstruktionsanforderungen für die Entfernung und Ersetzung bestimmter Teile und Bauteile in Fahrzeugen fest. Gemäß Art. 27 sollen zugelassene Verwertungsanlagen Anforderungen bzgl. Techniken, Lagerung und Verwertung von Altfahrzeugen, deren Teile, Bauteile und Werkstoffe erfüllen. So müssen beispielsweise im Anhang VII (Teil C) gelisteten Teile und Bauteile durch grundsätzlich manuelle Demontage oder (halb-)

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automatische Zerlegung vor dem Schreddern oder der Verdichtung aus dem Altfahrzeug entfernt und für eine mögliche Wiederverwendung, Wiederaufbereitung oder Überholung geprüft werden (Art. 27, c; Art. 30). Dabei sollen gemäß Art. 33 Mitgliedstaaten bis 36 Monate nach Inkrafttreten der Verordnung durch Anreizsysteme die Wiederverwendung, Wiederaufbereitung und Überholung von Teilen und Bauteilen fördern, beispielsweise über wirtschaftliche Anreize wie ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz für „gebrauchte, wiederaufgearbeitete oder überholte Ersatzteile und -bauteile“. Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Maßnahmen gemäß Art. 27 – 36 können die Angebotsseite von Rezyklaten mit Blick auf Menge und Qualität maßgeblich verbessern. Beispielsweise ist das Vermischungsverbot von Verpackungsabfällen, Elektro- und Elektronik-Altgeräten mit Altfahrzeugen sowie ihren Teilen, Bauteilen und Werkstoffen (Art. 28, Abs. 3), aber auch das Deponierungsverbot von NichtInertabfällen (Art. 35) positiv hervorzuheben. - Die Liste der in Anhang VII Teil C aufgeführten Teile und Bauteile sollte nach ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten entlang der gesamten Wertschöpfungskette überarbeitet werden (u. a. Wiederaufbereiter, Logistik, Rohmaterialindustrie, Automobilhersteller und Lieferanten). Ausbaupflichten von Bauteilen müssen grundsätzlich technisch machbar sein und sollten vom Aufwand sinnvoll und verhältnismäßig sein. - Elektrofahrzeugbatterien sind für einen verpflichtenden Ausbau in Anhang C bereits enthalten. Darüber hinaus sollten Strukturen oder Gehäuse zur Umhüllung von Elektrofahrzeugbatterien der Liste separat hinzugefügt werden. Die Strukturen und Gehäuse der Umhüllung sollten zum Zeitpunkt der Demontage der Batterie oder in der Batterierecyclinganlage von der restlichen Batterie entfernt werden. Dadurch kann das Recycling von Verbundkunststoffen gesteigert werden. - Bereits nach aktueller Rechtslage besteht das Problem, dass Benzintanks häufig anstatt vollständig entfernt, lediglich neutralisiert werden. Der Verordnungsvorschlag sollte mit Blick auf Anhang VII Teil B sowie Anhang VII Teil C im Wortlaut so angepasst werden,

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dass Gas- und Benzintanks in eindeutiger Auslegung verpflichtend zu entfernen sind, um Explosionsgefahren beim Schreddern vorzubeugen. - Bei Verbrennungsmotoren und dem Getriebe sollte im Einzelfall überprüfbar sein, ob eine Demontage vor dem Schreddern sinnvoll ist oder nicht. Im Hinblick auf bereits bestehende Post-SchredderTechnologien sollte für Verbrennungsmotoren, Getriebe und Glas die Möglichkeit der Ausnahme von Art. 30 (2) anwendbar sein. - Mit Blick auf Art. 7 ist der Ausbau des gesamten Kabelbaums angesichts seiner Länge und Verbindung mit diversen Komponenten technisch nicht möglich. Hier wäre eine klare Spezifizierung eines auszubauenden (ausbaubaren) Teils erforderlich. Es bedarf weiterhin einer klaren Definition von Monomaterial-Bauteilen. Zudem sollte die Formulierung der Anforderung in Art. 7 (1), dass eine Entfernung von Teilen und Bauteilen in Anhang VII Teil C durch ihre Konzipierung „nicht verhindert wird“, präzisiert werden. - Der Zeitplan für die Anforderungen an die in Anhang VII Teil C aufgeführten Komponenten in Art. 7, Art. 27 und Art. 30 muss aufeinander abgestimmt werden. - Mit Blick auf einen freien Wettbewerb sollte sich Art. 27 (Abs. 5) nicht auf ausgewählte Umweltmanagementsysteme beschränken, sondern alle anerkannten und etablierten Umweltmanagementsysteme zulassen. 2.11 Status und Ausfuhr von Gebrauchtfahrzeugen (Art. 37 – 45); Durchsetzung (Art. 46 – 49) Neben einer Unterscheidung von „Gebrauchtfahrzeugen“ und „Altfahrzeugen“ ist eine Ausfuhr von Gebrauchtfahrzeugen 36 Monate nach dem Inkrafttreten der Verordnung nur erlaubt, wenn Fahrzeuge nicht die Kriterien für Altfahrzeuge erfüllen (Art. 38, Abs. 3, a) und als verkehrssicher gelten (Art. 38, Abs. 3, b). Zur Evaluierung des Fahrzeug- und Zulassungsstatus sollen Zollbehörden auf elektronische und automatische Systeme zurückgreifen können (Art. 39, Art. 45). Zur Evaluierung sowie zur Durchsetzung von Maßnahmen soll zudem die Zusammenarbeit zwischen Behörden auf nationaler Ebene, auf Ebene der Mitgliedsstaaten sowie auch mit Drittländern gefördert werden (Art. 44; Art. 47). Die Mitgliedsstaaten

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sollen zudem nicht nur Sanktionen umsetzen (Art. 48), sondern sind auch zur Berichterstattung an die Kommission verpflichtet (Art. 49). Anforderungen an praxisgerechte Vorgaben: - Eine Unterscheidung zwischen „Gebrauchtfahrzeugen“ und „Altfahrzeugen“ (Art. 3 und Art. 37), Regelungen zu Kontrollen und über Anforderungen zur Ausfuhr von Gebrauchtfahrzeugen (Art. 38) sowie die Möglichkeit einer Aussetzung der Ausfuhr bestimmter Gebrauchtfahrzeuge (Art. 41) sind richtige Maßnahmen für eine erfolgreiche Kreislaufführung von Fahrzeugen und können zu einer Verbesserung der Rohstoffversorgung des deutschen und europäischen Industriestandorts und nicht zuletzt zu mehr Straßenverkehrssicherheit in Drittstaaten beitragen. Die Prüfung auf Straßentauglichkeit sollte auch bei der innereuropäischen Verbringung von Gebrauchtfahrzeugen erfolgen. - Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen Behörden auf nationaler Ebene sowie EU-Mitgliedsstaaten ist unabdingbar, um eine Rückführung von Altfahrzeugen, ihren Teilen, Bauteilen und Stoffen in den Kreislauf zu ermöglichen. Art. 39, 44, 45 und 47 können auf diesen Aspekt u. a. durch mehr Datentransparenz und digitaler Datenerfassung positiv einspielen. Der zugehörige Verwaltungsaufwand ist dabei jedoch zu minimieren.

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Über den BDI Der BDI transportiert die Interessen der deutschen Industrie an die politisch Verantwortlichen. Damit unterstützt er die Unternehmen im globalen Wettbewerb. Er verfügt über ein weit verzweigtes Netzwerk in Deutschland und Europa, auf allen wichtigen Märkten und in internationalen Organisationen. Der BDI sorgt für die politische Flankierung internationaler Markterschließung. Und er bietet Informationen und wirtschaftspolitische Beratung für alle industrierelevanten Themen. Der BDI ist die Spitzenorganisation der deutschen Industrie und der industrienahen Dienstleister. Er spricht für 39 Branchenverbände und mehr als 100.000 Unternehmen mit rund acht Mio. Beschäftigten. Die Mitgliedschaft ist freiwillig. 15 Landesvertretungen vertreten die Interessen der Wirtschaft auf regionaler Ebene. Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) Breite Straße 29, 10178 Berlin www.bdi.eu T: +49 30 2028-0 Lobbyregisternummer: R000534 Transparenzregisternummer: 1771817758-48

Ansprechpartnerin Inken Carina Sittler Projektreferentin BDI-Initiative Circular Economy T: +493020281725 i.sittler@ice.bdi.eu BDI Dokumentennummer: D1877

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