Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG)
Kommentierung Referentenentwurf
14. August 2023
Zusammenfassung
Der BDI begrüßt die Möglichkeit, Stellung zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit zum Gesetz zur verbesserten Nutzung von Gesundheitsdaten (GDNG-RefE) zu nehmen.
Der dieser Stellungnahme zugrunde liegende Referentenentwurf enthält positive Ansätze, um den Forschungsstandort Deutschland attraktiver zu gestalten und den Rückstand der datenbasierten Gesundheitsforschung gegenüber anderen Ländern aufzuholen. Insbesondere die im Referentenentwurf vorgesehene Öffnung des Forschungsdatenzentrums (FDZ) für die forschenden Industrie ist aus Sicht des BDI ein notwendiger und längst überfälliger Schritt. Der BDI begrüßt zudem die geplante Umstellung der Nutzung der elektronische Patientenakte (ePA) auf eine Widerspruchsmöglichkeit („Opt-out“) und die automatisierte Bereitstellung einzelner strukturierter Datenkategorien aus den elektronischen Patientenakten an das Forschungsdatenzentrum. Denn die Nutzung von Gesundheitsdaten ermöglicht neben einer besseren, passgenaueren Versorgung der Patientinnen und Patienten auch umfassende Möglichkeiten für Einsparungen und Effizienzgewinne sowie bisher ungenutzte Potenziale für Forschung und Entwicklung. Dieser positive Ansatz wird jedoch durch die zusätzliche zweck- und akteursbezogene „Opt-out“ deutlich gemindert. Die Datenverfügbarkeit und Nutzen der ePA für die Forschung wird stark eingeschränkt, da zu erwarten ist, dass ein fragmentierter Datensatz entsteht.
Der BDI unterstützt das Ziel der Bundesregierung, die Verfügbarkeit, Nutzung und Verknüpfung von Gesundheitsdaten sowie das Verfahren zur Abstimmung mit den Datenschutzaufsichtsbehörden zu erleichtern und begrüßt den Aufbau einer nationalen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle sowie die zentralisierte Verantwortung im Gesundheitsdatenschutz; auch mit der Verknüpfbarkeit von Gesundheitsdaten sowie den geplanten Regelungen zur Datenverarbeitung werden richtige Impulse für den Gesundheitsstandort Deutschland gesetzt. Um Potenziale von verknüpften Daten zukünftig bestmöglich zu heben, sollten jedoch zügig weitere Datenquellen mit dem geschaffenen System verbunden werden.
Insgesamt erachtet der BDI die geplanten gesetzlichen Maßnahmen als nicht weitreichend genug, um eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung in Deutschland zu sichern und die Stärkung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der industriellen Gesundheitswirtschaft entscheidend voranzubringen. Insbesondere bürokratische Hürden sowie eine heterogene Auslegung europäischer Datenschutz-Vorgaben stellen die Industrie fortwährend vor große Herausforderungen und verhindern zum Teil wichtige Forschungsvorhaben am Standort Deutschland. Zudem sollen mit dem GDNG-RefE erste Voraussetzungen für die Anbindung Deutschlands an den europäischen Gesundheitsdatenraum (EHDS) geschaffen werden. Hierfür ist eine anschlussfähige
Gesundheitsdateninfrastruktur als Basis für den Zugang und die gemeinsame Nutzung von Daten von zentraler Bedeutung. Für die Weiterentwicklung eines dynamisch lernenden, effizienten Gesundheitssystems erachtet der BDI die Nutzbarmachung der vorhandenen Gesundheitsdaten und eine weitere Förderung der Erfassung der Daten in strukturierten und interoperablen Formaten und Standards als essenziell
Um Innovation zu fördern und im internationalen Wettbewerb zu bestehen, benötigen die Unternehmen der Gesundheitsindustrie verlässliche Rahmenbedingungen und ein klares Bekenntnis zum Schutz des geistigen Eigentums. Entsprechende Schutzvorkehrungen fehlen bislang im GDNG-RefE. Bedauerlich findet der BDI, dass die Befüllung der ePA durch Leistungserbringer zunächst vor allem im aktuellen Behandlungskontext erfolgen wird. Um den Datenschatz zu nutzen und bessere Diagnose- und Therapieentscheidungen treffen zu können, müssen zügig vorhandene Gesundheitsdaten in strukturierter Form in die ePA integriert werden.
Im Folgenden nimmt der BDI zu den wesentlichen Punkten des GDNG-RefE Stellung und bittet im weiteren Bearbeitungsprozess um Berücksichtigung.
Im Einzelnen
Zu Artikel 1 – Gesetz zur Nutzung von Gesundheitsdaten (Gesundheitsdatennutzungsgesetz – GDNG)
Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten; Verordnungsermächtigung (Art. 1, § 1)
Bei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) soll eine zentrale Datenzugangsund Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten eingerichtet werden.
§ 1 Abs. 1 GDNG-RefE sieht den Aufbau einer nationalen Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten vor, die als zentraler Vermittler zwischen Datenhaltern und Datennutzern fungieren soll und beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) anzusiedeln ist. Dafür werden jährlich eine Million Euro für Personalkosten veranschlagt, zuzüglich 150.000 Euro beim FDZ, welches ebenfalls beim BfArM angesiedelt ist. Während das FDZ die Abrechnungsdaten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführt und aufbereitet, verfolgt die Datenzugangs- und Koordinierungsstelle die praktische Umsetzung des konkreten Datenzugriffs und die Zusammenführung der FDZ-Daten mit Daten anderer Datenquellen.
Der BDI begrüßt die Trennung der Datenzugangsstelle und des FDZ, da Forschende, die mit Gesundheitsdaten aus unterschiedlichen Quellen forschen wollen, mit der Neuregelung nur eine Anlaufstelle benötigen. Es ist entscheidend, dass diese neu zu schaffende Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten personell und finanziell so ausgestattet wird, dass sie die ihr übertragenen Aufgaben ohne Verzögerung ab Antragsstellung ausführen können. Die Entscheidungen müssen transparent dokumentiert und kommuniziert werden.
Die Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten unterstützt und berät Datennutzende beim Zugang zu Gesundheitsdaten.
Bei der Erstellung des in § 1 Abs. 2 Nr. 1 GDNG-RefE vorgesehenen Metadaten-Katalogs sollte die identische Erfassung und Struktur wie bei dem Metadaten-Katalog des EHDS genutzt werden, um Doppelarbeiten und erhöhten Administrationsaufwand bei den Datenhaltern zu vermeiden. Hier ist noch klarer zu definieren, welche Daten zukünftig im Metadatenkatalog enthalten sein werden. Dabei darf ein solcher Katalog den IP-Schutz für Unternehmen nicht einschränken, Geschäftsgeheimnisse müssen gewahrt bleiben.
Das GDNG muss eine Harmonisierung mit dem laufenden Legislativvorhaben auf EU-Ebene zum European Health Data Space (EHDS) sicherstellen, welches zu einem Paradigmenwechsel bei der Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten führen soll. Das GDNG darf dabei nicht zusätzliche Hürden schaffen, sondern möglichst einen reibungslosen Anschluss an den EHDS ermöglichen. Hierfür ist eine anschlussfähige Gesundheitsdateninfrastruktur inklusive der Erstellung und der Nutzung des o. g. Metadatenkatalogs als Basis für den Zugang und die gemeinsame Nutzung von Daten von zentraler Bedeutung. Leider fehlt es im vorliegenden Entwurf an entsprechenden Vorgaben von technischen Standards beziehungsweise Mindestanforderungen an die Datenqualität nach den FAIR-Prinzipien, die von den Datenbereitstellern sichergestellt werden müssen. Hierbei sollte auf international etablierte Standards (z.B. hl7 FHIR, SNOMDED CT, LOINC) zurückgegriffen werden.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Hinreichende finanzielle und personelle Ausstattung der Datenzugangs- und Koordinierungsstelle für Gesundheitsdaten, um Engpässe zu vermeiden.
▪ Metadatenkatalog auf nationaler und europäischer Ebene in der Datenerfassung anpassen, um Doppelstrukturen zu vermeiden. IP-Schutz und der Schutz von Geschäftsgeheimnissen darf durch einen solchen Katalog nicht gemindert werden.
▪ Vorgaben für technische Standards beziehungsweise Mindestanforderungen an die Datenqualität definieren, um europäische Anschlussfähigkeit zu gewährleisten; gegebenenfalls verpflichtende Interoperabilitätsfunktionen für KIS- und PVS-Hersteller sind hier von entscheidender Bedeutung, damit die in der ePA gespeicherten Informationen für medizinische Forschung verwendet werden können.
Verknüpfung von Daten des Forschungsdatenzentrums und der Krebsregister (Art. 1, § 2)
Die Verknüpfung und Verarbeitung von pseudonymisierten Daten des Forschungsdatenzentrums nach § 303d des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch und der klinischen Krebsregister der Länder nach § 65c des Fünften Buchs Sozialgesetzbuch ist für ein Forschungsvorhaben nach den Vorschriften in den folgenden Absätzen zulässig.
In § 2 Abs. 1 GDNG-RefE ist ein Verfahren vorgesehen, mit dem Daten des FDZ und Daten der klinischen Krebsregister anhand einer anlassbezogen erstellten Forschungskennziffer datenschutzkonform und rechtssicher verknüpft und unter Mitwirkung der beim Robert Koch-Institut angesiedelten, bereits existierenden Vertrauensstelle (§ 303c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch) pseudonymisiert zur Verfügung gestellt werden können.
Aus Sicht des BDI ist die Zusammenführung der Daten der Landeskrebsregister mit den Daten des FDZ ein erster wichtiger Schritt, um Datensilos aufzulösen und Gesundheitsdaten für die wissenschaftliche und industrielle Forschung nutzbar zu machen. Unklar bleibt jedoch, ob das Genehmigungsverfahren zum Zusammenführen von Krebsregisterdaten und Daten aus dem FDZ um die Bewilligung durch die Datennutzungs- und Koordinierungsstelle erweitert worden ist oder der Prozess künftig nur über die Datennutzungs- und Koordinierungsstelle läuft. Im Sinne eines schlanken Verfahrens und dem Ziel der Entbürokratisierung regt der BDI an, klarer zu definieren, dass keine Mehrfachgenehmigungen bei den Landeskrebsregistern, dem FDZ und der Datennutzungs- und Koordinierungsstelle nötig sind.
Um eine bestmögliche Datengrundlage für Diagnose- und Therapieentscheidungen aufzubauen, ist es darüber hinaus zwingend notwendig, die Zurverfügungstellung des Datenpanels stufenweise auszubauen. Schließlich sind im deutschen Gesundheitswesen noch mehr Daten vorhanden, die in Verbindung mit dem FDZ genutzt werden können, um Krankheiten besser diagnostizieren und heilen zu können. Der Gesetzgeber sollte bereits mit dem GDNG die Chance nutzen, weitere Datenpunkte, wie zum Beispiel Register zu anderen Volkskrankheiten und Daten des Implantateregisters, mit dem FDZ zu verknüpfen und den Nutzungsberechtigten zur Verfügung zu stellen. Auch die Bereitstellung von bereits verfügbaren Abrechnungsdaten der GKV nach § 3 Datentransparenzverordnung für Zugriffsberechtigte nach § 303e Abs 1 SGB V (idF des GDNG-RefE) sollte zeitnah möglich sein.
Damit Anträge beim FDZ zügig bearbeiten werden können, muss das Zentrum mit entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden. Aktuell befindet sich des FDZ ausweislich des BfArM noch im Aufbau und es ist auch fast vier Jahre nach Schaffung der gesetzlichen Rahmenbedingungen noch immer nicht möglich, Anträge beim FDZ zu stellen.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Es müssen zügig weitere Datenquellen mit dem FDZ verknüpft werden, um das Potenzial von Daten für die Diagnose von Krankheiten und für Forschung und Innovation ausschöpfen zu können (In Deutschland gibt es ca. 300 Register, von denen nur drei Register gesetzlich geregelt sind. Hier ist eine Abstimmung mit den Registerträgern erforderlich, um den Zugang und die Verknüpfbarkeit dieser Registerdaten herzustellen).
▪ Im Sinne eines schlanken Verfahrens und dem Ziel der Entbürokratisierung sollten Mehrfachgenehmigung bei den Landeskrebsregistern, dem FDZ und DKS vermieden werden.
▪ Auch dem FDZ müssen ausreichende finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung stehen, um Anträge zügig bearbeiten zu können, andernfalls dort hier ein „bottleneck“.
▪ Es muss sichergestellt werden, dass Anträge beim FDZ in der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet werden. Eine Priorisierung der Anträge in Abhängigkeit, beispielsweise von der Rechtsstellung des Antragsstellenden (z. B. private vs. öffentliche Forschung) darf nicht stattfinden, denn dies würde zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führen und dem Grundgedanken des GDNG widersprechen, dass die Zurverfügungstellung von Daten allein vom Antragszweck abhängen sein soll.
Federführende Datenschutzaufsicht in der Versorgungs- und Gesundheitsforschung (Art. 1, § 3)
Die federführend zuständige Aufsichtsbehörde hat die Aufgabe, die Tätigkeiten und Aufsichtsmaßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörden zu koordinieren. Sie fördert eine Zusammenarbeit der zuständigen Aufsichtsbehörden beim Vorhaben nach Absatz 1 und wirkt auf ein abgestimmtes Vorgehen und auf einheitliche Einschätzungen hin.
§ 3 GDNG-RefE sieht die zentralisierte Verantwortung im Gesundheitsdatenschutz vor. Dem Bundesdatenschutzbeauftragten (BfDI) sollen mehr Kompetenzen übertragen werden – nicht zuletzt als Voraussetzung für die Teilnahme Deutschlands am Europäischen Gesundheitsdatenraum. Demnach soll künftig allein der BfDI über jene Stellen Aufsicht führen, die Sozialdaten verarbeiten, die als Gesundheitsdaten gelten. Auch soll er Aufsicht über Kranken- und Pflegekassen, GKV-Spitzenverband, Kassenärztliche Vereinigungen sowie Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) und die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sowie die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) ausüben; daneben soll der BfDI auch die Datenschutzaufsicht im Bereich der klinischen Prüfungen übernehmen. Damit will der Gesetzgeber für eine einheitliche Datenschutzpraxis sorgen.
Der BDI begrüßt, dass die heterogene Auslegung europäischer Datenschutzvorgaben als Herausforderung für Unternehmen der industriellen Gesundheitswirtschaft erkannt wird. Der BDI befürchtet jedoch, dass mit der geplanten Neuregelung nur eine Problemverlagerung stattfindet, da es an der notwendigen Durchgriffsbefugnis der federführenden Aufsichtsbehörde weiterhin fehlt. Hier ist die Überführung des § 287a SGB V in § 3 GDNG nur teilweise gelungen. Denn die bloße Förderung der Zusammenarbeit der zuständigen Aufsichtsbehörden und das Hinwirken auf ein abgestimmtes Vorgehen und auf einheitliche Einschätzungen erscheint im Hinblick auf die Ziele des Gesetzesvorhabens nicht ausreichend. Widersprüchliche Einschätzungen, die auch in Zukunft nicht auszuschließen sind, gehen zu Lasten der betroffenen nicht-öffentlichen Stellen und führen zum nationalen Forumshopping. Die bestehende Fragmentierung in Deutschland wird insofern nicht überwunden.
Einen echten Mehrwert würde die Neuregelung aus Sicht des BDI dann bringen, wenn mit dem GDNG die Befugnisse und Entscheidungsfähigkeit der federführend zuständigen Aufsichtsbehörde gestärkt wird. Dazu gehört eine Durchgriffsbefugnis der federführenden Aufsichtsbehörde, soweit die
Aufsichtsbehörde Bundesrecht oder sonstig einheitliches Recht anwendet und sofern nicht Unterschiede dem in den gegebenenfalls anwendbaren Landesgesetzen Entgegenstehen
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Die federführende Datenschutzaufsicht soll nicht nur die Koordination zwischen den beteiligten Stellen übernehmen und die Zusammenarbeit fördern, sondern in Abstimmung mit den beteiligten Stellen die Entscheidung vorgeben.
▪ Damit Abstimmungen über einheitliche Regelungen in der Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen und das Ziel des Gesetzgebers verfehlt wird, schlägt der BDI vor, § 3 Abs. 4 GDNG-RefE wie folgt zu ändern: „Die federführend zuständige Aufsichtsbehörde hat die Aufgabe, die Tätigkeiten und Aufsichtsmaßnahmen der zuständigen Aufsichtsbehörden zu koordinieren. Sie koordiniert bei dem Vorhaben die Zusammenarbeit im Benehmen mit den zuständigen Aufsichtsbehörden nach Absatz 1 und stellt ein abgestimmtes Vorgehen und eine einheitliche Bewertung sicher.“
Weiterverarbeitung von Versorgungsdaten zur Qualitätssicherung, Patientensicherheit und zu Forschungszwecken (Art. 1, § 4)
Leistungserbringer der Gesundheitsversorgung dürfen die bei ihnen im Rahmen der Gesundheitsversorgung rechtmäßig gespeicherten Gesundheitsdaten weiterverarbeiten, soweit dies erforderlich ist […]; die Weitergabe der personenbezogenen Daten an Dritte ist im Rahmen der Verarbeiten nach Absatz 1 grundsätzlich untersagt.
Die Neuregelung in § 4 GDNG-RefE sieht eine Erlaubnis zur Erforschung und Weiterverarbeitung von Patientendaten vor, die Leistungserbringer im Behandlungskontext generieren und rechtmäßig speichern. Dabei ist die Weiterverarbeitung zu anderen als den in Absatz 1 genannten Zwecken verboten; auch die Möglichkeiten zur Datenweitergabe an Dritte im Rahmen der Verarbeitung nach Absatz 1 wird grundsätzlich untersagt. Folglich können beispielsweise Universitätskliniken bei der Erforschung von seltenen Erkrankungen keinerlei Patientendaten an ein anderes Universitätsklinikum weitergeben, um etwa ausreichend Daten für die Erforschung einer seltenen Erkrankung zur Verfügung zu haben
Der BDI weist darauf hin, dass mit § 4 GDNG-RefE eine Verschärfung des aktuellen Regelungsrahmens geplant ist, die folglich am Standort Deutschland beispielsweise KI-Entwicklungen oder die Entwicklung von externen Dienstleistungen mit personenbezogenen Daten, die zur Verbesserung der Produkte dient, verhindert.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Um insbesondere seltene Erkrankungen zu erforschen, empfiehlt der BDI, eine transparente Regelung für die Möglichkeit zur Datenweitergabe unter Forschenden zu ergänzen, um zu verhindern, dass Forschungsprojekte aufgrund einer uneinheitlichen Auslegung zur Regelung der Datenweitergabe scheitern.
Publikationspflicht bei Verarbeitung im öffentlichen Interesse (Art. 1, § 5)
Ab dem Jahr 2024 unterliegen auch die von der Bundesverwaltung oder in ihrem Auftrag erhobenen Forschungsdaten der Veröffentlichungspflicht ihrer Ergebnisse in anonymisierter Form als Open Data. § 5 sieht vor, dass die Ergebnisse von Forschungsprojekten, die auf Grundlage gesetzlicher Verarbeitungsvorschriften ohne Einwilligung betroffener Personen gemäß § 4 dieses Gesetzes zu
Forschungszwecken berechtigt verarbeitet werden, binnen 12 Monaten nach Abschluss des Forschungsvorhabens zu veröffentlichen sind.
Bei einer Datenverarbeitung im öffentlichen Interesse ist gem. § 5 GDNG-RefE eine Publikationspflicht der Forschungsergebnisse in anonymisierter Form vorgesehen – auch, um auf Seiten der Leistungserbringer bezüglich Art, Umfang und konkreten Zweck der Datenverarbeitung informieren zu können, wenn eine von der Verarbeitung betroffene Person Auskunft verlangt
Der BDI unterstützt diesen Ansatz grundsätzlich, warnt jedoch vor den weitreichenden Folgen einer solchen Regelung. So bleibt beispielsweise offen, wie der Schutz des geistigen Eigentums sichergestellt wird und Geschäftsgeheimnisse gewahrt bleiben. Eine Klarstellung ist hier aus Sicht des BDI von zentraler Bedeutung, um weiterhin Investitionen in die Entwicklung neuer Technologien und Therapien am Standort Deutschland zu ermöglichen.
Zudem muss sichergestellt werden, dass die angedachte Regelung nicht in Widerspruch zu bestehenden europarechtliche Regelungen steht, insbesondere zur VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln. Die deutschen beziehungsweise europäischen forschenden Pharma-Unternehmen leisten bereits heute einen umfangreichen Beitrag im Rahmen von Transparenzinitiativen und der Bereitstellung von Studiendaten.
Aus Sicht des BDI ist die in § 5 GDNG-RefE vorgesehene Publikationspflicht innerhalb von zwölf Monaten für die Unternehmen der Gesundheitsindustrie kaum darstellbar, da der Prozess für die Erstellung einer Studie allein sehr zeitaufwendig ist.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Sicherstellung des Schutzes von geistigem Eigentum und Geschäftsgeheimnissen (z. B. Veröffentlichung der Forschungsergebnisse innerhalb eines Jahres nach Publikation der zugrundeliegenden Patentanmeldungen).
▪ Doppelregulierung vermeiden; Sicherstellung von widerspruchsfreien Regelungen, insbesondere zur VO (EU) Nr. 536/2014.
▪ § 5 GDNG-RefE sollte wie folgt gefasst werden: „Soweit in einem Forschungsvorhaben personenbezogene Gesundheitsdaten auf Grundlage gesetzlicher Verarbeitungsvorschriften ohne Einwilligung betroffener Personen zu Forschungszwecken berechtigt verarbeitet werden oder das Forschungsvorhaben mit öffentlichen Mitteln gefördert wurde, sind die für das Forschungsvorhaben Verantwortlichen verpflichtet die Forschungsergebnisse binnen zwölf Monaten nach Abschluss des Forschungsvorhabens in anonymisierter Form wissenschaftlich zu veröffentlichen. In begründeten Ausnahmefällen, insbesondere wenn der Schutz geistigen Eigentums oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen dem entgegensteht, kann die Zentrale Datenzugangs- und Koordinierungsstelle nach § 1 vorsehen, dass eine Veröffentlichung nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen muss.“
Zu Artikel 3 – Änderungen des Fünften Buches Sozialgesetzbuch
§ 287a Absatz 1 SGB V Automatisierte Verarbeitung zu Zwecken des Gesundheitsschutzes (Art. 3, Nr. 3)
Im neuen § 287a wird den Kranken- und Pflegekassen nun die Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten ihrer Versicherten gestattet.
Kranken- und Pflegekassen erhalten mehr Befugnisse, Daten ihrer Versicherten zu nutzen. Die automatisierte Verarbeitung von Patientendaten für die Kranken- und Pflegekassen stellt aus Sicht des BDI jedoch eine einseitige und nicht kontrollierbare Möglichkeit für die Krankenkassen dar, auch produktbezogene Auswertungen vorzunehmen. Denkbar sind Szenarien, dass bestimmte Arzneimittel oder Medizinprodukte in den Daten als auffällig für unerwünschte Wirkungen oder Produktschäden erkannt werden.
Der BDI empfiehlt auch die Hersteller in Kenntnis zu setzen, um die angestrebte Qualität im Sinne einer verbesserten Gesundheitsversorgung und Sicherheit sicherstellen zu können. Darüber hinaus sollte ein transparentes Qualitätsmanagement zu den eingesetzten technischen Lösungen bestehen, um sicherzustellen, dass die von den Krankenkassen eingesetzten Technologien zu definierenden Qualitäts- und Sicherheitsmerkmalen entsprechen. Beispielsweise könnte am BfArM eine entsprechende ClearingStelle eingerichtet werden, in der auch Patientenvertreter und Verbraucherschützer eingebunden sind.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Neuregelung des § 287a muss mit Aufklärungsmaßnahmen begleitet werden, um die Akzeptanz der Patientinnen und Patienten über die Weiterverarbeitung ihrer Gesundheitsdaten nicht zu gefährden. Aus Sicht des BDI sollte die Weiterverarbeitung von Gesundheitsdaten durch Kranken- und Pflegekassen spezifiziert werden Der BDI schlägt vor, die Ausgestaltung in einer Rechtsverordnung zu regeln.
▪ Einrichtung einer Clearing-Stelle beim BfArM zum Qualitätsmanagement der von den Kassen eingesetzten Technologien.
§ 295b Absatz 1 SGB V Vorabübermittlung von vorläufigen Daten zur Abrechnung bei ärztlichen Leistungen (Art. 3, Nr. 4)
Ergänzend zu der Verpflichtung zur Datenübermittlung zu Abrechnungszwecken nach § 295 Absatz 2 sind die dort benannten Daten gemäß den nachfolgenden Absätzen schon vorab an die Krankenkassen zur Weiterleitung nach § 303b zu übermitteln, ohne dass eine Bereinigung der Daten im Zuge der Abrechnungsprüfung vorzunehmen ist.
Durch die Nutzung von nicht bereinigten Daten ergeben sich Herausforderungen hinsichtlich der Datenqualität und der Aussagekraft der Forschungsergebnisse, da innerhalb des FDZ unbereinigte und bereinigte Daten in Forschungsdatensätze zusammengeführt werden sollen. Daher empfiehlt der BDI, Forschungsdatensätze, welche unbereinigte Daten beinhalten, zu kennzeichnen; alternativ wäre der Verzicht auf unbereinigte Daten eine Option, wenn eine quartalsweise Übermittlung den Anforderungen genügt.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Kennzeichnung von unbereinigten Datensätzen
§ 303d Absatz 2 Satz 3 SGB V Besetzung Arbeitskreis zur Sekundärnutzung von Versorgungsdaten (Art. 3, Nr. 8b)
Am Arbeitskreis sind die maßgeblichen Verbände der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen und in der Pflege, Institutionen der Gesundheitsversorgungsforschung, Bundes- und Landesbehörden, maßgebliche Bundesorganisationen für die Wahrnehmung der Interessen von Patientinnen und Patienten und der Selbsthilfe chronisch kranker Menschen sowie von Menschen mit Behinderung und die auf
Bundesebene maßgeblichen Organisationen für die Wahrnehmung der Interessen und der Selbsthilfe pflegebedürftiger und behinderter Menschen nach § 118 zu beteiligen
Der RefE GDNG sieht Anpassungen am Arbeitskreis zur Sekundärnutzung vor, der beratend an der Ausgestaltung, Weiterentwicklung und Evaluation des Datenzugangs beim FDZ mitwirkt. Der Arbeitskreis kann u. a. einen Kriterienkatalog zur Priorisierung und Prozessoptimierung der Antragsprüfung erarbeiten.
In dem nach § 303d Absatz 2 Satz 3 GDNG-RefE neu einzurichtenden Arbeitskreis wird ein konkreter Beraterkreis benannt, der die Interessensvertretung der öffentlichen oder privaten Forschung unberücksichtigt lässt. Deren Vertretung ist jedoch aufgrund der zu erwartenden Antragstellungsverfahren an das FDZ und der Förderung des Forschungsstandorts Deutschland aus Sicht des BDI wichtig, um deren Perspektive für die Weiterentwicklung beziehungsweise Prozessoptimierung der Antragsstellung einzubringen, beispielsweise, wenn über De-Personalisierung diskutiert wird.
Der Referentenentwurf benennt einen konkreten Beraterkreis, der jedoch nicht die Interessensvertretung der öffentlichen oder privaten Forschung vorsieht, sodass deren Perspektive bei der Weiterentwicklung beziehungsweise Prozessoptimierung der Antragsstellung außen vor bleibt. Die Entwicklung eines beständig lernenden und leistungsfähigen Antragssystem ist auf diese Weise massiv beeinträchtigt.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Teilhabe der öffentlichen und privaten Forschung am Arbeitskreis.
▪ Industrieverbände, inklusive Vertreter der Gesundheitswirtschaft wie Biotechnologie, Pharma und Medizintechnik müssen beim Arbeitskreis (§ 303d), der beratend an der Ausgestaltung, Weiterentwicklung und Evaluation des Datenzugangs mitwirkt, einbezogen werden und auch als Nutzungsberechtigte gelten.
§ 303e Absatz 1, u. a. Verfügbare Daten (Art. 3, Nr. 9a)
Das Forschungsdatenzentrum macht die ihm vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen und von der Vertrauensstelle übermittelten Daten nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6 Nutzungsberechtigten auf Antrag zugänglich.
Der § 303e SGB V sieht vor, dass das FDZ die ihm vom GKV-Spitzenverband und von der Vertrauensstelle übermittelten Daten nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6 Nutzungsberechtigten auf Antrag zugänglich macht. Hier stellt sich die Frage, warum nicht alle verfügbaren Datenquellen des FDZ den Nutzungsberechtigten zur Verfügung gestellt werden. Aus Sicht des BDI ist diese Einschränkung nicht notwendig.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Vorschlag für Änderung des § 303e Absatz 1 SGB V: (1) „Die Daten aus dem FDZ werden nach Maßgabe der Absätze 3 bis 6 den Nutzungsberechtigten auf Antrag zugänglich gemacht.“
▪ Einfache „Opt-out“-Regelung für die Forschung, z. B. durch Listung der definierten Nutzungszwecke in § 303e Abs. 2 SGB V.
§ 303e Absatz 2 Nr. 9 SGB V u. a. Nutzenbewertung als Nutzungszweck (Art. 3, Nr. 9b)
Die dem Forschungsdatenzentrum übermittelten Daten dürfen von den Nutzungsberechtigten verarbeitet werden, soweit dies für die definierten Zwecke erforderlich ist.
§ 303e Abs. 2 Nr. 9b SGB V definiert die Nutzungszwecke nach denen die Nutzungsberechtigten Datenzugang zum FDZ erhalten. Der BDI begrüßt die Änderung der Antragsberechtigung beim FDZ hin zu einer Zweckbindung sowie die explizite Nennung der Forschungszwecke.
Die Nutzungszwecke sollten aus Sicht des BDI konkreter gefasst werden, da die Formulierung zur Möglichkeit der Antragsablehnung durch das FDZ für den Fall, dass „die Bearbeitung eines oder mehrerer Anträge des gleichen Nutzungsberechtigten die Kapazitäten des FDZ unverhältnismäßig bindet und die Arbeitsfähigkeit des FDZ gefährdet“ zu viel Auslegungsspielraum zu Lasten der Nutzungsberechtigten zulässt. Dass ausweislich der Begründung der Arbeitskreis zur Sekundärnutzung von Versorgungsdaten nur im Einzelfall beratend einbezogen werden und nur bei Bedarf einen Kriterienkatalog zur Priorisierung und Prozessoptimierung der Antragsprüfung erarbeiten soll, ist nicht ausreichend. Der Regelung sollten mindestens konkrete Regelbeispiele beigefügt werden, ohne das Stellen eines „unverhältnismäßig komplexen Antrages“ aufzunehmen
Zudem sieht der RefE GDNG bei den Nutzungszwecken auch die Nutzenbewertung von innovativen Arzneimitteln vor – Arzneimittelhersteller können mit den epidemiologischen Daten wie beispielsweise der Prävalenz einer Erkrankung oder der Größe der Patientenpopulation die Aussagekraft von Dossiers schärfen. Allerdings ist der Hinweis in der Erläuterung irreführend, dass mit dem Einbezug der Daten in die Nutzenbewertung eine "faire Preissetzung" angestrebt werde und stellt die Grundprinzipien des etablierten AMNOG-Verfahrens ohne ersichtlichen Grund in Frage.
Aus Sicht des BDI bedarf es einer Klarstellung, welche konkreten Verwendungsmöglichkeiten im Bereich der AMNOG-Nutzenbewertung angestrebt werden sollen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die im AMNOG verhandelten Erstattungspreise von den beteiligten Parteien als fair anerkannt werden. Die vorgesehene Regelung, dass die Nutzung von Daten des FDZ nur auf Antrag möglich ist, darf in der Praxis nicht zu weiteren Informationsasymmetrien zwischen den Akteuren führen. Insgesamt sollten die einbezogenen Datenquellen auf ihre Eignung zum vorgesehenen Zweck der AMNOG-Nutzenbewertung geprüft werden.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Weitere Konkretisierung der Nutzungszwecke mit Regelbeispielen.
▪ Konkretisierung des Zwecks „Nutzenbewertung“ aus dem § 303e Abs. 2 Nr. 9 und Bekenntnis zum verhandelten AMNOG-Preis als „fairem Preis“
▪ Die einbezogenen Datenquellen sollten auf ihre Eignung für den Nutzungszweck „Nutzenbewertung“ geprüft werden.
§ 363 Absatz 1 SGB V u. a. Opt-out für Datenfreigabe aus der ePA (Art. 3, Nr. 11a)
Die Daten der elektronischen Patientenakte werden für die in § 303e Absatz 2 aufgeführten Zwecke zugänglich gemacht, soweit Versicherte nicht der Datenübermittlung nach Absatz 5 widersprochen haben.
Der BDI begrüßt die automatisierte Datenübermittlung aus der ePA in das FDZ und das damit verbundene „Opt-out“-Verfahren für die Datenfreigabe. Wenn Daten aus der ePA für die in § 303e Abs. 2 genannten Zwecke zur Verfügung gestellt werden (siehe Änderung § 363 Abs. 1 SGB V), müssen diese Daten strukturiert und in einem interoperablen Format vorliegen. Dies ist eine Grundvoraussetzung, um mit den Daten forschen und Produkte und Anwendungen entwickeln zu können. Der BDI teilt die Sorge, dass viele Daten nicht in interoperabler Form (sondern z. B. als PDF) vorliegen werden und die Datenqualität damit nicht ausreicht, diese Daten zu verwerten.
Zudem besteht durch den dreifachen Opt-out“ (ePA, Akteur, Zweck) die Gefahr, dass Datensätze zerstückelt und unbrauchbar für die Forschung werden. Besonders durch ein „Opt-out“ nach Akteursgruppen würde es dazu kommen, dass verschiedene forschende Institutionen bei Auswertung der Daten aus dem FDZ zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, weil nicht ersichtlich ist, wer der Forschung für die entsprechende Akteursgruppe widersprochen hat und der „Bias“ somit unmöglich bereinigt werden kann.
Auch insbesondere vor dem Hintergrund der klar definierten Nutzungszwecke in § 303e SGB V und den bislang nicht klar definierten „Akteursgruppen“ erscheint das nicht zielführend und kann Verwirrung auslösen. Folglich könnte es dazu führen, dass Deutschland in den EHDS nur Daten minderer Qualität einspeist. Darüber hinaus ist eine solche Trennung der Nutzung verschiedener Akteure in der Praxis nicht umsetzbar: RWE-Studien (Real-World Evidence) beispielsweise werden heute in der Vielzahl in Zusammenarbeit unterschiedlicher Akteure durchgeführt – unter maßgeblicher Finanzierung oder sonstiger Beteiligung forschender Konzerne. Hier wäre aus Sicht des BDI ein einfaches „Opt-out“ für die Forschung zielführender, da klar definierte Forschungszwecke in § 303e SGB V ein sehr hohes Maß an Selbstbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger gewährleisten würde
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Die ePA muss mit strukturierten, interoperablen Daten befüllt werden, um Datenqualität sicherzustellen, auch als Basis für den Anschluss an den EHDS.
Neufassung eines Absatz 5 in § 363 zur Verarbeitung von Daten der ePA zu Forschungszwecken (Art. 4, Nr. 11e)
Versicherte können der Übermittlung von Daten nach Absatz 1 und Absatz 2 gegenüber den nach § 341 Absatz 4 für die Datenverarbeitung in der elektronischen Patientenakte Verantwortlichen widersprechen […]. Der Widerspruch kann dabei auf bestimmte Zwecke nach § 303e Absatz 2 und auf bestimmte Gruppen von Akteuren beschränkt werden.
Der BDI begrüßt die Zweckbindung als Kriterium der Antragsberechtigung, sieht in der in § 363 Abs. 5 SGB V eingeräumten Widerspruchslösung für bestimmte Gruppen jedoch einen eklatanten Widerspruch zur übergeordneten Regelung des GDNG und zur Handhabe in anderen europäischen Ländern, zwecks Anbindung an den EHDS. Wenn ein „Opt-out“ nach Akteursgruppen implementiert wird, kann dies dazu führen, dass eine Gruppe von Forschenden von der Datennutzung ausgeschlossen wird. Öffentlichprivate Kooperationsprojekte, wie sie in der Medizin häufig vorkommen, werden dadurch erschwert oder sogar verhindert, was den Gesundheitswirtschafts- und Studienstandort Deutschland weiter erodieren lässt.
Aus Sicht des BDI weichen die Systematiken und Granularitäten der „Opt-out“-Möglichkeiten hinsichtlich der Befüllung der ePA beziehungsweise der Primärnutzung und der im GDNG geregelten Sekundärnutzung zu sehr voneinander ab und sind teils unklar formuliert. Insbesondere muss klarer definiert werden, inwiefern die „bestimmten Gruppen von Akteuren“ bei der Sekundärnutzung gebildet werden – so bietet sich z. B. die Unterscheidung nach an der Behandlung beteiligten Gesundheitseinrichtungen oder Unternehmen und anderen Akteuren an. Insgesamt fehlt ein besser aufeinander abgestimmtes Gesamtkonzept, welches die Akzeptanz in der Bevölkerung fördern würde. Hierzu zählt auch die fehlende technische Spezifikation. Insofern ist es wichtig, dass das BMG zügig von der in § 363 Abs. 8 Satz 2 GDNG eingeführten Verordnungsermächtigung Gebrauch macht.
BDI-Handlungsempfehlung:
▪ Verzicht auf den Akteurs-„Opt-out“
▪ Es fehlt eine Konkretisierung der Möglichkeit, dass Patientinnen und Patienten – über nicht personenbezogenen Daten hinaus, wie in § 363 Abs. 8 SGB V vorgesehen – ihre klinischen und strukturierten Daten für die Durchführung einer Längsschnittstudie (Longitudinaldaten), besonders bei chronischen oder seltenen Erkrankungen, freigeben können Diese Möglichkeit sollte in einfacher Form in das Datencockpit aufgenommen werden.