Nachhaltigkeit anders denken

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POSITIONSPAPIER | FINANZPOLITIK | SUSTAINABLE FINANCE

Nachhaltigkeit anders denken

Wie weniger deutlich mehr sein könnte

17. Dezember 2024

Kernbotschaften

▪ Alle müssen für den Erfolg der ökologischen Transformation ihren Beitrag leisten: Privatpersonen, real- und finanzwirtschaftliche Unternehmen und die Politik Der Beitrag der Finanzwirtschaft sollte sich auf eine adäquate Berücksichtigung von Klima- und Umweltrisiken und die genügende Bereitstellung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen beschränken.

▪ Ein neuer politischen Ansatz wird benötigt. Die Wirksamkeit der Kapitallenkungsfunktion des Finanzsektors ist zu gering, verursacht aber hohe Kosten durch komplexe und umfangreiche Vorgaben Die ökologische Transformation muss mehr aus der Realwirtschaft heraus gestaltet werden. Dafür braucht es eine kluge wirtschafts- umwelt- und klimapolitische Flankierung und die Bereitschaft, Unternehmen wieder mehr Vertrauen zu schenken

▪ Regulatorische Instrumente sollten eine hohe Wirksamkeit aufweisen und die einhergehenden Kosten dabei kleinhalten. Sie müssen hilfreich und nicht hinderlich sein. Die Nachhaltigkeitsregulierung erfüllt diese Kriterien nicht Eine Anpassung ist daher dringend geboten Dabei muss die CSRD signifikant reduziert, die Erstellungspflicht der EU-Taxonomie in Freiwilligkeit umgemünzt, Transformationspläne lediglich als allgemeine Wegweiser verstanden und die Herausforderungen der ESG-Ratings gelöst werden

▪ Nachdem Klimathemen lange die regulatorische Agenda bestimmten, rücken naturbezogene Belange – wie der Erhalt der Biodiversität – in den Vordergrund. Einheitliche Definitionen von Metriken, vergleichbar mit dem Treibhausgasprotokoll, existieren jedoch noch nicht, sollten aber zeitnah entwickelt werden. Hinsichtlich eines möglichen Rahmenwerks gilt: die erkannten regulatorischen Fehler sollten nicht wiederholt werden Zielgenauigkeit, Proportionalität und realwirtschaftliche Ansätze müssen im Zentrum der Anforderungsentwicklung stehen.

Allgemeine Einordnung

Nachhaltige Finanzierung (englisch: Sustainable Finance) beschreibt die Integration von Nachhaltigkeitskriterien in die Bereitstellung von Kapital, ob als Kredit, Eigenkapital, Risikokapital, oder Versicherung Als nachhaltig wird dabei häufig der Dreiklang aus Klima/Umwelt, Soziales und Unternehmensführungsaspekten verstanden (englisch: Environment, Social and Governance, ESG) Ziel ist die Berücksichtigung von neuen physischen und transitorischen Risikotreibern, aber auch die Errichtung einer Kapitallenkungsfunktion, unter der Finanzmärkte ihr Kapital ausschließlich in nachhaltige Anlageformen fließen lassen sollen. Anlass dieses Ansatzes ist die dringende Notwendigkeit, unser Wirtschaftssystem ökologisch zu transformieren

Die ökologische Transformation realwirtschaftlicher begreifen

Die Umgestaltung unserer Wirtschaft muss gelingen. Ein gut funktionierender Ansatz bildet dabei das Fundament. Die deutsche Industrie zweifelt jedoch an der Wirksamkeit der aktuellen Herangehensweise im Bereich der nachhaltigen Finanzierung. Der politisch, finanzaufsichtlich und finanzwirtschaftlich forcierten Kapitallenkungsfunktion wird eine zu hohe Bedeutung und Lösungsfähigkeit zugesprochen. Wir halten diesen indirekten Steuerungsweg in der heutigen Ausgestaltung für wenig effektiv, viel zu komplex und letztlich zu aufwändig für die erwarteten Effekte. Ein Richtungswechsel ist erforderlich. Das Hauptaugenmerk muss auf klima-, umwelt- und wirtschaftspolitischen Maßnahmen liegen. Sie setzen dort an, wo die Veränderung stattfindet.

Es ist richtig, jeder muss seinen1 Beitrag leisten, die Politik, die Industrie, die Finanzwirtschaft und auch die Bevölkerung. Die realwirtschaftliche Perspektive sollte aber im Vordergrund stehen. Aufgaben der Finanzwirtschaft sehen wir vor allem in der finanzstabilisierenden Berücksichtigung neuer Nachhaltigkeitsrisiken und der Bereitstellung von ausreichenden und passgenauen Finanzierungsund Versicherungsdienstleistungen. Die Wirksamkeit einer zusätzlichen Lenkung von Kapitalströmen mittels bestehender grüner Finanzinstrumente und -regularien ist oft niedrig. Für die Finanzierungen von Investitionsvorhaben in die Transformation, deren Risiken aus Wirtschaftlichkeitsgründen derzeit noch sehr hoch sind, müssen wirtschaftspolitische Lösungen gefunden werden. Die Finanzwirtschaft kann hierbei unterstützen. Stimmen die wirtschafts- und klimapolitischen Rahmenbedingungen, trifft die Nachfrage der Unternehmen nach Finanzierung von externem Eigen-, Wagnis- und Fremdkapital auf vielfältige Finanziers, die die Mittel bereitstellen können. Zu guten Rahmenbedingungen zählt auch, geeignete Risikoteilungsinstrumente von Förderbanken auf nationaler und europäischer Ebene anzubieten, die die Risikotragfähigkeit der Unternehmen und ihrer Finanziers erhöhen.

Verwendete regulatorische Instrumente sollten eine hohe Wirksamkeit aufweisen und die einhergehenden Kosten dabei kleinhalten. Sie müssen unterstützend und nicht hinderlich sein. Das bestehende Rahmenwerk für Nachhaltigkeit im Finanzwesen erfüllt diese Kriterien leider nicht. Signifikante Anpassungen sind nötig und sollten zeitnah erarbeitet und umgesetzt werden. Dieses Papier enthält hierfür eine Reihe an Vorschlägen. Letztlich muss erkannt werden, dass die Hauptprobleme der Unternehmensfinanzierung für die ökologischen Transformation in den wirtschafts- und klimapolitischen sowie infrastrukturellen Randbedingungen liegen, die einen stärkeren Einsatz der öffentlichen Hand bei den notwendigen Infrastrukturinvestitionen (Stromnetz, Wasserstoffnetz, etc.), eine stärkere Risikoreduktion durch Wirtschaftspolitik und Förderbanken, eine gute Flankierung durch die Kreditwirtschaft und

1 Zur besseren Lesbarkeit wird in diesem Positionspapier das generische Maskulinum verwendet. Die in diesem Papier verwendeten Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter.

die Bereitstellung von mehr Eigen- und Risikokapital (Venture Capital, Private Equity) benötigen. Dies sind die Punkte, die gelöst werden müssen. Sustainable Finance dient hierfür nicht.

Konzept der politisch forcierten Kapitallenkungsfunktion überdenken

Für die Steuerung beziehungsweise Gestaltung der ökologischen Transformation existieren verschiedene Ansätze. Die Europäische Union setzt neben der marktbasierten Komponente des Emissionshandels und einer Vielzahl von anderen energie- und klimapolitischen Instrumenten seit wenigen Jahren auch zunehmend auf detaillierte Regulatorik. Dabei legt sie zusätzlich zum European Green Deal und seiner Vielzahl an Gesetzesinitiativen ein großes Augenmerk auf die Hebelwirkung der Finanzmärkte. Die Grundidee: mittels eines dichten und komplexen Regelwerks zur Definition von Nachhaltigkeit die Mittel der Finanzierungsgeber nach und nach in ausschließlich nachhaltige Investitionen zu bewegen Zum einen ist dies gemeint als Anreizfunktion, aber auch um Unternehmen der Realwirtschaft und die Finanzwirtschaft unter Zugzwang zu setzen Die Finanzierung wird hierbei früher oder später zum Druckmittel.

In der Praxis weist dieser Ansatz einige Schwierigkeiten auf Zum einen setzt die Europäische Union auf Instrumente, die sich für die Kapitalstromlenkung in der wirtschaftlichen Breite als wenig hilfreich erwiesen haben. Besonders die EU-Taxonomie als Klassifizierungsinstrument für nachhaltige Investitionen bleibt hinsichtlich ihrer Funktionalität weit hinter den Erwartungen zurück Zum anderen hängen Investitionsentscheidungen nicht nur von der Finanzierungsmöglichkeit, sondern von weiteren Rahmenbedingungen ab, die unter anderem die Wirtschaftlichkeit definieren So hat Deutschland beispielsweise im Wettbewerb mit anderen Regionen erhebliche Kostennachteile (BDI 2024) Den Druck auf die Finanzierung zu erhöhen beziehungsweise Gelder für nachhaltige Investition anreizen zu wollen, obwohl die betriebswirtschaftlichen Gegebenheiten für eine unternehmerische Anpassung hin zu mehr Nachhaltigkeit (noch) nicht gegeben oder gar aufgrund fehlender Infrastruktur (noch) nicht möglich sind, macht wenig Sinn In vielen Fällen ist es vergleichbar mit dem zweiten Schritt, der vor dem Ersten gemacht wird.

Auch weist der Ansatz, die ökologische Transformation mittels grüner Finanzinstrumente über die Unternehmensfinanzierung steuern zu wollen, theoretische Schwachstellen auf. So wird in einer Bilanz nicht erkennbar, welche Vermögensgegenstände mit welchem Instrument finanziert wurden. Die Passivseite finanziert die Aktivseite in ihrer Gesamtheit Eine eindeutige Zuordenbarkeit ist demnach nicht gegeben. Besonders nicht, wenn es laufende Finanzierungen für bestehende nachhaltige und weniger nachhaltige Aktiva sind. Am ehesten vorstellbar wäre eine Situation, in der ein Unternehmen beispielsweise eine nachhaltige Maschine mittels eines grünen Kredits erwirbt Was in diesem Fall jedoch nicht gewährleistet werden kann, ist, ob der Maschinenkauf nicht auch ohne grünen, sondern mit einem normalen Kredit getätigt worden wäre. Das ist die zweite konzeptionelle Schwachstelle: es kann in der Breite nicht eindeutig belegt werden, dass Unternehmen nachhaltige Investitionen nur aufgrund grüner Finanzinstrumente vornehmen beziehungsweise grüne Finanzierungsinstrumente zu einer zusätzlichen Mittelaufnahme und grünen Investitionen führen (Krahnen et al. 2021)

Zu guter Letzt ist die indirekte Steuerung der Transformation ein komplexes Unterfangen Um den Effekt von ESG-Finanzierungen messen zu können, müssten Auswirkungen in der gesamten Wertschöpfungskette dargestellt werden, was nur mit überdurchschnittlich hohem Aufwand geschehen könnte (Krahnen et al. 2021). Der Ansatz birgt daher im Vergleich zu realwirtschaftlichen Maßnahmen einen hohen Komplexitätsgrad und führt darüber hinaus durch das Problem des Greenwashings zu erhöhten Rechtsrisiken

Zielkonflikte erkennen, benennen und lösen

Die avisierten Nachhaltigkeitsbestrebungen führen in der Praxis oft zu Zielkonflikten. Diese treten innerhalb des thematisch breiten Nachhaltigkeitsthemenhorizonts oder im Verhältnis zu anderen Politikfeldern auf. Bei den nach innen gerichteten Zielkonflikten steht die EU-Taxonomie im Vordergrund. Die in der Theorie vom Grundgedanken her gut gemeinte Verbindung aller sechs Nachhaltigkeitsziele führt in der Praxis zu Widersprüchen. Denn die Vorgabe, dass die Erfüllung eines Nachhaltigkeitsziels nicht die Erfüllung der übrigen Nachhaltigkeitsziele signifikant beinträchtigen darf (Do No Significant Harm, DNSH-Kriterien), verwehrt durch das hohe Anspruchsniveau manch einer sinnvollen Investition ihr Konformitätssiegel. So können gewisse Fahrzeuge mit Elektroantrieb oder viele grüne für die Transformation benötigte Technologien wie Windturbinen oder effiziente Elektromotoren nicht als nachhaltig klassifiziert werden, weil die DNSH-Kriterien nicht erfüllbar sind

Nach außen gerichtete Zielkonflikte bestehen unter anderem im Zusammenhang mit den europäischen Bestrebungen nach erhöhter Souveränität und stärkerer Resilienz. Die Herstellung beziehungsweise Wiederansiedlung moderner Pharmaprodukte und -wirkstoffe – unter anderem Zytostatika – ist nach den Vorgaben der EU-Taxonomie in Europa aktuell nicht möglich, da DNSH-Kriterien nicht eingehalten werden können. Ähnlich kontroverse Situationen zeigen sich im Zusammenspiel von Nachhaltigkeit und den Wirtschaftsbereichen Bergbau und Verteidigung.

Zielkonflikte müssen von der Politik besser erkannt, benannt und gelöst werden. Sie gehören bei den anstehenden Anpassungsbemühungen regulatorischer Rahmenwerke mitgedacht. So sollten beispielsweise die Politikziele Souveränität und Resilienz neben die ebenso notwendigen und wichtigen Nachhaltigkeitsziele gesetzt und als eigenständig anerkannt werden. Eine thematische Unterordnung wäre damit ausgeschlossen und Lösungen müssten konsistent und balanciert ausgestaltet werden.

Bisherigen Gestaltungsansatz korrigieren

Die ökologische Transformation ist eine äußerst herausfordernde Aufgabe unserer Zeit Sie muss gelöst werden, daran führt kein Weg vorbei. Die Folgen eines Scheiterns wären fatal. Zugleich gilt es jedoch anzuerkennen, dass neben der ökologischen Transformation weitere Herausforderungen existieren und richtige Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.

Eine Volkswirtschaft ist dann am leistungsfähigsten und am besten für die Bewältigung von strukturellen Anpassungsbedarfen positioniert, wenn sie wettbewerbsfähig und resilient ist Dabei benötigt die Wirtschaft ausreichend Luft und Vertrauen, um kreative Lösungen entwickeln und vermarkten zu können. Das Setzen von regulatorischen Leitplanken ist bei richtiger Ausgestaltung gewollt und hilfreich. Wirtschaftliche Entwicklungen politisch mikrosteuern und durch ein überzogenes Maß an Transparenzvorschriften Unternehmen maßregeln zu wollen, erweisen sich jedoch als ineffektiv und ineffizient.

Der bisherige politische Gestaltungsansatz für die ökologische Transformation muss korrigiert werden. Wir benötigen weniger politisch forcierte und kleinteilige Steuerungsversuche über die Finanzmärkte und mehr realwirtschaftliche, marktbasierte Lösungen, die eine Anreizfunktion beinhalten und wirtschafts-, umwelt- und klimapolitisch klug flankiert werden. Dabei gilt der Grundsatz, Unternehmen wieder mehr Vertrauen entgegenzubringen. Gerade jenen, die eine überschaubare Größe aufweisen, fest in ländlichen Strukturen verankert sind und neben ihren Geschäftsaktivitäten auch gesellschaftliche Beiträge für die kommunale Entwicklung leisten. Unternehmen haben verstanden, dass sie ohne eine ökologische Ausrichtung ihres Geschäftsmodells die Zukunftsfähigkeit gefährdet ist

Finanzmärkte sollten sich vor allem auf neue Risikotreiber fokussieren, regulatorisch und aufsichtlich begleitet. Dabei gilt es nur jene Daten abzufragen, die für eine adäquate Risikobeurteilung auch vonnöten sind. Die Ausgestaltung der gesetzlichen Anforderungen jeglicher Art im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsinformationen muss mit einem gesunden Augenmaß vorgenommen werden. Dabei ist ein enger Austausch mit der Wirtschaft und eine noch engere Absprache aller beteiligter Regulatoren (finanz- und realwirtschaftlich) für ein gut funktionierendes und schlankes Regelwerk unabdingbar.

Unternehmensfinanzierung

Die für die ökologische Umgestaltung nötigen Investitionsbedarfe wurden in einer Reihe von Studien errechnet und bewegen sich jährlich für den öffentlichen und privaten Bereich zusammen im oberen zweistelligen Milliardenbereich. Trotz dieser hohen Beträge gilt es hinsichtlich der Finanzierungsausgestaltung genau hinzuschauen. So sehen wir Finanzierungsherausforderungen vor allem da, wo Geschäftsmodelle aufgrund von signifikanten Rentabilitätseinbußen an die Grenzen ihrer Machbarkeit stoßen. Dies geschieht unter anderem durch politisch bedingte Preisanstiege wichtiger Inputfaktoren, die Nutzung neuer, noch nicht marktreifer Technologien oder verhältnismäßig hoher Anfangsinvestitionen. Betreffende Geschäftsmodelle büßen hierdurch häufig ihre Bankfinanzierungsfähigkeit (englisch: Bankability) ein und werden damit für traditionelle Finanzierungsgeber zu riskant. Für alle übrigen Unternehmen und deren ökologischer Investitionen dürfte eine grundsätzliche Finanzierbarkeit, vor allem über die Innenfinanzierung und durch Darlehen ergänzt, gegeben sein. Durch mitwachsende Bankbilanzen sollte ein zukünftiger Anstieg des Bedarfs an Finanzierungsmitteln gut vom Finanzsektor abgebildet werden können. Die Gewinnthesaurierung, Mittelaufnahme am Markt oder auch Instrumente wie Verbriefungen dürften dabei mögliche Vorgehensweisen darstellen.

Nachhaltigkeit im Finanzsystem angekommen

Nachhaltigkeitsaspekte sind bei der Bereitstellung von Unternehmensfinanzierungen mittlerweile fest etabliert. Haupttreiber für diese Entwicklung dürfte allen voran die Regulatorik sein, gefolgt von geschäftspolitischen Entscheidungen und der Vermeidung möglicher Reputationsrisiken. In der EU spielen Bankaufseher durch Vorgaben zur Anpassung der internen Risikomanagementsysteme und Errichtung von speziellen Stresstests eine entscheidende Rolle Während in der Finanzmarktregulierung zu Beginn der Fokus vor allem auf bereits nachhaltigen Investitionen lag, rückte spätestens Mitte 2023 mit der Mitteilung der Europäischen Kommission der Fokus auf die Transformationsvorhaben (Europäische Kommission, 2023)

Bislang wird Nachhaltigkeit von Banken und Versicherungen unterschiedlich gelebt. Die EU-Taxonomie spielt dabei eine stark untergeordnete Rolle. Oft werden eigene Methoden genutzt oder auf andere Tools abgestellt (Science Based Target Initiative - SBTi, Paris Agreement Capital Transition Assessment - PACTA, Carbon Disclosure Project – CDP, etc.) Die allgemeine strategische Ausrichtung der Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit steht dabei im Mittelpunkt. Dabei gewinnen Transformationspläne an Bedeutung. Hinsichtlich der an Kunden gerichteten ESG-Abfragen gibt es erste Branchenversuche, diese zu vereinheitlichen. Das Vorgehen ist grundsätzlich unterstützenswert, der Erfolg bemisst sich jedoch an der Anzahl an Banken und Versicherungen, die den Branchenansatz letztlich nutzen. Zudem kann dies nur eine vorübergehende Lösung sein. Mittelfristig muss eine Reduktion der Anforderungen gelten.

Viele der bisher getätigten Klimainvestitionen waren eher kleinerer Natur und wurden aus dem eigenen Cashflow finanziert. Hierunter fallen Maßnahmen wie die Stärkung der Gebäudeenergieeffizienz, CO2-

reduzierende Anpassungen im Fuhrpark oder die Elektrifizierung von Produktionsabschnitten. Größere Leuchtturmprojekte wurden bevorzugt bankfinanziert, mit der Einschränkung, dass sich die Wahl der Finanzierungsform nicht nur an den benötigten Finanzierungsvolumina, sondern auch am bestehenden Finanzierungsmix und der Unternehmensgröße ausrichtet. Finanzierungsvorteile für nachhaltige Investitionen halten sich aktuell in Grenzen. Während im Bereich der Bankfinanzierung Zinsvorteile von wenigen Basispunkten möglich sind, abhängig von der Bank und vom Produkt (beispielsweise höherer Vorteile sichtbar bei Darlehen des Durchleitgeschäfts – Förderdarlehen), ist das Greenium –finanzieller Vorteil von grünen Kapitalmarktprodukten – kaum noch sichtbar

Die Wahl der Corporate Treasurer fällt hinsichtlich grüner Finanzprodukte eher auf Use of ProceedsProdukte, bei denen die aufgenommenen Finanzmittel ausschließlich für nachhaltige Investitionen verwendet werden dürfen Sustainability Linked-Produkte dagegen werden aufgrund von Herausforderungen in der Kennzahlenbestimmung immer weniger genutzt Betreffende Kennzahlen werden eingesetzt, um die mit dem Produkt verbundene Erfüllungsleistung von Nachhaltigkeitszielen zu definieren. Bei grünen Unternehmensanleihen gilt der Marktstandard der International Capital Market Association (ICMA) mit Abstand als führend. Auch hier spielt der an die EU-Taxonomie angelehnte EU Green Bond Standard nur eine stark untergeordnete Rolle. Der Vertrieb von grünen Kapitalmarktprodukten wurde durch überregulierendes Vorgehen im Rahmen der zweiten europäische Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID II) und der EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (Insurance Distribution Directive, IDD) sehr komplex gestaltet und dürfte die Vertriebstätigkeit damit erschwert haben

Fehler mit Transition Finance nicht wiederholen

Die Neuausrichtung des Ansatzes von Sustainable Finance auf Aktivitäten, die erst noch nachhaltig werden müssen (Übergangsfinanzierung, englisch: Transition Finance), geht grundsätzlich in die richtige Richtung, setzt aber auf dem gleichen Konzept der Transformationssteuerung von Sustainable Finance auf. Es gelten daher weiterhin die zu Beginn des Papiers genannten Herausforderungen im Zusammenhang mit der Lenkungsfunktion Zugleich besteht die Sorge, dass die Re-Fokussierung neue Standards und Berichtspflichten generiert Ziel muss sein, Unternehmen bei der Transformationsgestaltung ausreichend Freiraum und die passenden wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen bereitzustellen. Dabei kann eine auf steuerungsrelevante KPIs reduzierte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) bei der Darstellung und Umsetzung betreffender Transformationsvorhaben unterstützend wirken, ein gesundes Maß an Transparenz herstellen und eine gewisse Vergleichbarkeit schaffen Im Hinblick auf die Nutzung von Finanzierungsinstrumenten sollte es Unternehmen freigestellt sein, Produkte mit Nachhaltigkeitsmerkmalen zu nutzen oder auf die üblichen Instrumente abzustellen.

Transformationspläne als allgemeinen Wegweiser verstehen

Neben den Erstellungspflichten von qualitativen und quantitativen Nachhaltigkeitsinformationen trat in vergangener Zeit vermehrt ein weiteres regulatorisches Produkt in Erscheinung: der Transformationsplan. Mittlerweile in verschiedenen Regelwerken als Anforderung verankert, soll er Aussagen über den unternehmenseigenen Transformationspfad machen. Was grundsätzlich als Ansatz zu begrüßen ist, da es den Unternehmen eine individuelle Darstellungsmöglichkeit ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen überlässt, wird von der Regulatorik unnötig komplex gehandhabt. Denn die Anforderung findet sich sowohl in der CSRD, der europäischen Lieferkettenrichtlinie (englisch: Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD), der Industrieemissionsrichtlinie (englisch: Industrial Emissions Directive, IED), der Kapitaladäquanzrichtlinie (englisch: Capital Requirements Directive, CRD) als auch in den

Vorgaben des EU-Emissionshandels wieder. Dabei sind die inhaltlichen Anforderungen nicht deckungsgleich und nicht aufeinander abgestimmt. Auch gibt es Unterschiede im Anwendungsbereich.

Bei der Ausgestaltung der regulatorischen Anforderungen ist eine Vereinheitlichung dringend erforderlich Dabei ist auch ein grundsätzlich engeres Abstimmen der Regulatoren von Finanz- und Realwirtschaft vonnöten, denn die Anforderungen betreffen nicht nur realwirtschaftliche Unternehmen, sondern auch Banken. Die Anforderung der IED sollte dabei abgeschafft werden, da sie gerade für mittelständische Unternehmen einen immensen bürokratischen Aufwand bedeutet. Es müssen Pläne mit Informationen darüber, wie die Industrieanlage bis 2050 zum Entstehen einer nachhaltigen, sauberen, kreislauforientierten und klimaneutralen Wirtschaft beiträgt, für jede IED-Anlage in Deutschland erstellt werden (circa 9000 Industrieanlagen) Anforderungen an Transformationspläne dürfen nicht so ausgestaltet werden, dass Unternehmen gezwungen wären, wettbewerbsrelevante Informationen preisgeben zu müssen. Hierunter fällt beispielsweise eine ausführliche Darstellung der Projektpipeline, von denen nur ein gewisser Teil realisiert wird. Ein Blick auf die Vorgaben relevanter Wirtschaftsräume hilft bei der Erarbeitung eines adäquaten Ansatzes Zugleich sollte die Aktualisierung der Transformationspläne nur bei signifikanten Änderungen der Rahmenbedingungen oder im strategischen Zyklus (drei bis fünf Jahre) erfolgen. Eine jährliche Überarbeitung, wie sie teilweise aus der Finanzwirtschaft gefordert wird, ist für die Realwirtschaft nicht umsetzbar. Ganz grundsätzlich stellen Transformationspläne eher Wegweisungen zur Orientierung als eine verbindliche Detailplanung dar. Die Flexibilität bei planerischen und strategischen Entscheidungen muss erhalten bleiben. Nachträgliche Anpassungen aus verschiedenen Gründen dürfen nicht zu zusätzlichen Klagerisiken führen. Dies gilt auch für die finanziellen Strategien.

Die Realisierung von geplanten Transformationsinvestitionen scheitert in der Praxis in der Regel nicht an fehlenden Mitteln der Innen- und Außenfinanzierung, sondern häufig an den mangelnden Voraussetzungen, neue Energieträger und deren Infrastrukturen verfügbar zu haben beziehungsweise kosteneffizient einsetzen zu können. Der Hochlauf alternativer Wirtschaftskreisläufe leidet oft an der „Henne-Ei-Problematik“, dass vorlaufende Infrastrukturinvestitionen der öffentlichen Hand oder der privaten Unternehmen notwendig sind, um überhaupt Produkte und Energieträger nutzen zu können. Diese rechnen sich aber häufig nur bei starker potenzieller Nachfrage, die unsicher ist. Wie bei jedem Hochlauf sind dabei hohe Investitionsrisiken zu schultern, insbesondere dann, wenn die Risikoreduktion über unterschiedliche Fördermaßnahmen nicht ausreichend sein sollte. Die Realisierung von Transformationsplänen hängt insofern in der Regel stark davon ab, ob das Investitionsgeschehen insgesamt diese Voraussetzungen schafft.

Herausforderungen mit ESG-Ratings lösen

ESG-Ratings gewinnen zunehmend an Bedeutung. Dabei sind sie aufgrund der hohen Komplexität, Breite und Vergleichbarkeitsherausforderungen von Nachhaltigkeitsinformationen nicht unkritisch. Die ESG-Verordnung versucht einige der bekannten Probleme zu adressieren. So sollen die verwendeten Methoden der Ratinganbieter transparenter werden. Die Rating-Methode der Agenturen bleibt jedoch frei wählbar, wird aber systematisch, unabhängig, kontinuierlich und validierungsfähig sein. Es besteht jedoch die Befürchtung, dass diese Anpassungen nicht zum gewünschten Zielbild führen werden, denn die methodischen Unterschiede sind teilweise so groß, dass eine Vergleichbarkeit teilweise unmöglich ist. So gibt es Ratingagenturen, die das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit nicht anwenden. Auch bei der Materialitätsanalyse werden unterschiedliche Ergebnisse produziert, die mit den Analyseergebnissen der Unternehmen nicht unbedingt im Einklang stehen müssen. Ein weiteres Problem liegt im Bereich der genutzten Daten. Nur ein gewisser Prozentsatz wird von der CSRD und ihren Auslegungsstandards genommen werden. Den Rest sammelt sich die Ratingagentur eigenständig

zusammen oder fragt ihn ab. Auch hier existiert kein einheitliches Vorgehen. Zu guter Letzt äußern sich Unternehmen oft negativ über die genutzten Bewertungsregeln und deren Transparenz und Nachvollziehbarkeit.

Da die Bedeutung von ESG-Risiken weiter zunehmen wird, muss eine Diskussion darüber stattfinden, wie die derzeitigen Missstände behoben werden können. Es macht den Anschein, als ließe sich der regulatorische Ansatz der Kreditratings nicht auf ESG-Ratings übertragen. Bei Kreditratings wurden keine methodischen Vorgaben gemacht. Sie wurden auch nicht eingegrenzt. Hauptziel war die Herstellung von Transparenz, sodass die angewandte Methodik nachvollziehbar wird. Da die Beurteilung der Kreditfähigkeit eines Unternehmens deutlich weniger Komplexitäten zu unterliegen scheint als eine Beurteilung des Nachhaltigkeitsprofils, könnte ein anderer regulatorischer Ansatz vonnöten sein, der den Ratingagenturen striktere Vorgaben macht.

Corporate Sustainability Reporting Directive

Die Bereitstellung von Nachhaltigkeitsinformationen ist im Rahmen der Transformationsgestaltung ein sinnvolles Vorgehen Es hilft Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen abzubilden und umzusetzen. Zugleich liefert es wichtige Informationen für die Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken. Entscheidend ist jedoch, dass die Vorgaben praxistauglich, der Umfang verhältnismäßig, der Inhalt relevant und alles proportional ist Bei der Ausgestaltung der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) – Berichtsstandards der CSRD – sind diese Eckpunkte einer guten Regulierung kaum berücksichtigt worden Bis zu 1100 Datenpunkten müssen berichtet werden. Dabei sind knapp 70 Prozent narrative Angaben, die aufwendiger zu erstellen und weniger vergleichbar sind. Die umfangreichen Berichtspflichten lassen sowohl bei direkt als auch indirekt betroffenen kleineren Unternehmen (Trickle-down Effekt) hohe Kosten entstehen Hinsichtlich der zu berichtenden Informationen bezweifeln wir, dass diese nach Entscheidungsrelevanz der Akteure aus der Real- und Finanzwirtschaft ausgewählt wurden Es entsteht vielmehr der Eindruck, dass einer eher akademischen Ausrichtung gefolgt wurde

Datenpunkte und Komplexität deutlich reduzieren

Um eine vereinfachte, übersichtlichere und demnach verständlichere Darstellung von Nachhaltigkeitsinformationen zu erzielen, muss der Berichtsumfang deutlich reduziert werden, insbesondere bei den vielen, sehr aufwändig zu erstellenden narrativen Kennzahlen Der Anwendungsbereich sollte erst für Unternehmen ab 500 Mitarbeitern greifen. Dass Unternehmen mit 250 Mitarbeitern bereits nach dem großen Set 1 der ESRS berichten müssen, ist nicht praxistauglich. Auch sollte von sektorspezifischen Standards abgerückt werden. Der Fokus muss alleinig auf entscheidungsrelevanten und aussagekräftigen Informationen liegen, die von Unternehmen in der Praxis auch tatsächlich aktiv genutzt und verwaltet werden können. Dafür braucht es einen anderen Ansatz (Top-Down-Ansatz) bei der Bestimmung von Auswirkungen, Risiken und Chancen (englisch: Impact, Risk, Opportunities – IROs) und der Ableitung von Maßnahmen, Zielen und Policies: auf hoher Flughöhe sollten unternehmensindividuell übergreifende Unternehmensstrategien sowie IROs für die großen themenbezogenen Standards unter Einbeziehung der Stakeholder ermittelt werden. Darauf aufbauend wären themenübergreifende Ziele und Maßnahmen zu formulieren. Kleinteiligere IROs und Maßnahmen sollten nur in Ausnahmefällen bei besonderer Relevanz berichtet werden. Zudem muss es eine klarere Zuordnung der Datenpunkte zu den jeweiligen ESRS-Themen geben. Die Datenpunkte können den Untergruppen der ESRS nicht sofort zugeordnet werden Der dadurch entstehende hohe Auslegungsspielraum kreiert Unsicherheit, eine mangelhafte Vergleichbarkeit und erschwert die Handhabung in der Praxis

massiv. Der Mehrwert für die Nutzer der Nachhaltigkeitsberichte wird dadurch erheblich eingeschränkt, bei gleichzeitig sehr hohem Aufwand für die Ersteller.

Das Prinzip der Wesentlichkeitsanalyse, unwesentliche Themen auslassen zu dürfen, ist richtig und schützenswert Es bewahrt den Nachhaltigkeitsbericht vor einer Verwässerung durch unwesentliche Themen. Jedoch werden hierbei nach wie vor tiefe Kenntnisse hinsichtlich der Konkretisierung der Auswirkungen auf tiefe Wertschöpfungsstufen vorausgesetzt. Dieser Ansatz stellt viele Unternehmen vor unlösbare Herausforderungen, da die erforderlichen Informationen nicht beschafft werden können. Der Wertschöpfungskettenansatz muss daher deutlich zurückgefahren werden. Selbst für größere Unternehmen ist die umfassende Wesentlichkeitsanalyse über die gesamte Wertschöpfungskette ein enormer Aufwand. Es sollten außerhalb der eigenen Geschäftstätigkeit nur direkte Lieferanten (Tier 1) betrachtet werden müssen. Darüber hinaus muss die Wesentlichkeitsanalyse vereinfacht und für eine stärkere Konzentration auf steuerungsrelevante Kennziffern weiter fokussiert werden Als Ergebnis wären nur die wirklich maßgeblichen Treiber von ESG-Effekten im Unternehmen zu identifizieren, was auch eine bessere aktive Verwaltung ermöglichen würde Nachhaltigkeitsberichte würden dadurch weniger verwässert und Unternehmen könnten sich auf die für sie wesentlichen Bereiche konzentrieren, die gleichzeitig den größten individuellen Wirkhebel darstellten

Um Komplexität weiter zu reduzieren, sollten die Konsolidierungskreise der Finanz- und Nachhaltigkeitsberichterstattung vereinheitlicht werden. Unternehmen werden oft von Wirtschaftsprüfern aufgefordert, Beteiligungen, die nicht im Lagebericht konsolidiert sind, im Nachhaltigkeitsbericht zu berücksichtigen. Da keine Daten zu diesen Unternehmen vorliegen, können diese nur vollständig abgefragt oder geschätzt werden. Das Kosten/ Nutzen-Verhältnis dieses Ansatzes berechtigt jedoch deren Durchführung nicht Der Konsolidierungskreis der Nachhaltigkeitsberichterstattung muss daher dem der Finanzberichterstattung entsprechen Damit würde ein Ausschluss von unwesentlichen Tochterunternehmen möglich sein und Konsolidierungskreise kongruent Weiterhin sollte die Konzernausnahmeregelung in der CSRD dahingehend erweitert werden, dass zukünftig ausnahmslos alle konzernweiten Tochtergesellschaften unabhängig von Größe und Kapitalmarktorientierung über die Konzernberichterstattung von einer eigenständigen Berichtspflicht ausgenommen sind, sofern die Konzernmutter einen CSRD-konformen Nachhaltigkeitsbericht erstellt. Große kapitalmarktorientiere Tochtergesellschaften sind momentan separat berichtspflichtig, auch bei einem sehr begrenzten Unternehmenszwecks wie beispielsweise Verbriefungs-Zweckgesellschaften (englisch Special Purpose Vehicles, SPV) für die Begabe von Anleihen in der EU. Dadurch ergeben sich unnötige Mehraufwände für EU-Unternehmen, ohne dass die Nutzer der Nachhaltigkeitsberichterstattung einen Mehrwert hätten. Ein weiterer Anpassungsbedarf besteht bei der Wahl der Sprache. Je nach Berichtsebene muss der Bericht in deutscher oder englischer Sprache verfasst werden. Wann welche Sprache genutzt werden sollte, muss im Ermessen der Unternehmen liegen. Sie können den hiermit verbunden Aufwand und die Sinnhaftigkeit der Sprachwahl am besten einschätzen.

Ein Kernproblem im Bereich Sustainable Finance ist die Vielzahl an verschiedenen Berichterstattungspflichten, oft unklaren oder missverständlichen Definitionen sowie nicht-rechtssichere Abgrenzungen. Daher sollte eine Zusammenlegung aller nachhaltigkeitsbezogener Berichterstattungspflichten in nur einen Bericht angestrebt werden. Dieses Vorgehen würde eine Vereinfachung schaffen und doppelte oder gleichgelagerte Berichtspflichten eliminieren (Once Only-Prinzip). Der Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD mit seinem Wesentlichkeitsgrundsatz wäre hierfür am besten geeignet

Alle großen Kapitalgesellschaften müssen ihren Lagebericht zukünftig nicht nur um einen CSRD-Bericht erweitern, sondern auch die Formatvorgaben des European Single Electronic Format (ESEF) einhalten. Eine große Kapitalgesellschaft, die ihren Jahresabschluss nicht nach IFRS, sondern nach den

nationalen Bilanzvorschriften im Handelsgesetzbuch (HGB) erstellt, steht vor einer technischen Herausforderung: der CSRD-Bericht folgt der sich in Entwicklung befindlichen ESRS-Taxonomie. Im CSRD-Bericht wird aber auch auf Größen aus dem Jahresabschluss nach HGB referenziert (beispielsweise Jahresergebnis oder Umsatzerlöse), die auf Basis einer anderen Taxonomie, der HGB-Taxonomie, in der XBRL-Sprache (englisch: Extensible Business Reporting Language) vorliegen. Bislang wird durch die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) nur das Interkonnektivitätsproblem für IFRS- und ESRS-Taxonomien in Form von Überleitungstabellen bearbeitet. Die Interkonnektivität zwischen der ESRS-Taxonomie und Taxonomien der nationalen Bilanzvorschriften bleibt bislang ungeklärt Hier ist eine zeitnahe Lösungserarbeitung dringend geboten.

Ein weiterer technischer Aspekt, den es im Sinne einer verbesserten Anwendbarkeit anzupassen gilt, betrifft die aktuell in Deutschland vorgesehene und aus unserer Sicht abzuschaffende „Aufstellungslösung“ Nach dieser ist bereits im Prozess der Aufstellung des Lageberichts das elektronische Berichtsformat anzuwenden, sodass die elektronische Datei das rechtlich bindende Dokument wäre. Dies würde erhebliche Rechtsfolgen und einen hohen Zusatzaufwand für die Unternehmen nach sich ziehen, welchem kein vergleichbarer Nutzen für die Adressaten gegenüberstünde. Die Lesbarkeit, Verfügbarkeit und Einheitlichkeit auf verschiedenen Geräten sowie Akzeptanz von elektronischen ESEFDateien erreicht nicht die von PDF-Dokumenten. Auch können technische Fehler häufiger auftreten Außerdem unterscheidet sich die Praxis der Umsetzung der „Aufstellungslösung“ in Deutschland vermutlich gegenüber anderen Ländern, sodass Wettbewerbsnachteile entstehen. Das deutsche dualistische System der Aufstellung des Lageberichts in Verbindung mit der „Aufstellungslösung“ ist nicht praxistauglich. Es sollte daher die für die Nutzer identische „Offenlegungslösung“ möglich gemacht und interne Prozesse zur Erarbeitung des Lageberichts den Unternehmen überlassen werden.

Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) besonders berücksichtigen

Die Nachhaltigkeitsberichtspflichten eines Unternehmens beziehen sich nicht nur auf die eigene Geschäftstätigkeit, sondern umfassen auch Informationen in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Dabei ist die Identifikation und Bewertung von Risiken, Chancen und Auswirkungen mit erheblichen Umsetzungsschwierigkeiten verbunden Die Durchsicht entlang der gesamten Wertschöpfungskette – gegebenenfalls bis zum letzten Zulieferer oder Endverbraucher – stellt Unternehmen unter anderem vor Probleme der Datenverfügbarkeit. Denn die eigentlich nicht berichtspflichtigen kleineren und mittelgroßen Unternehmen können die vielen verschiedenen Berichtsanforderungen oft nicht leisten. Um diesem nicht akzeptablen Begleiteffekt der Berichtspflichten Herr zu werden, braucht es in der CSRD einen deutlich enger definierten Value Chain Cap, der den „Trickle-Down“-Effekt signifikant reduziert

In der aktuellen Version der CSRD ist als Obergrenze für Abfragen in der Wertschöpfungskette der Standard für kapitalmarktorientierte KMU (englisch: Listed Small and Medium-sized Enterprises, LSME) vorgesehen. Allerdings ist der LSME kaum weniger umfangreich als das bereits veröffentlichte Pendant (ESRS Set 1) für große Unternehmen. Da nicht gelistete KMU in der Regel nicht über vergleichbare Kapazitäten verfügen, ist der LSME nicht das passende Abgrenzungsinstrument Sinnvoller wäre das Basismodul des freiwilligen und praxistauglicheren europaweiten Standards für nicht gelistete KMU (englisch: Voluntary SME-Standard, VSME) als verbindliche Obergrenze für Abfragen entlang der Wertschöpfungskette festzulegen. Der VSME könnte den Trickle-Down-Effekt durch Standardisierung und Vereinfachung verringern. Dafür muss er so ausgestaltet werden, dass der Kern der üblichen Datenanfragen abgedeckt wird Mittels dieser Begrenzung dürfen von großen Unternehmen keine Daten mehr gefordert werden, die über die Informationsbereitstellung des VSME

hinausgehen. Zugleich muss für eine breite Akzeptanz des Standards geworben werden, beispielsweise durch eine Konsultation vor Veröffentlichung durch die Europäische Kommission.

Ersteinführung erleichtern

Da die Ersteinführung eines solch umfangreichen Regelwerks mit vielen Herausforderungen einhergeht sollten verschiedene erleichternde Maßnahmen die Einführung begleiten. Ein für deutsche Industrieunternehmen wichtiger Aspekt ist die umfangreiche Berücksichtigung der Wertschöpfungskette. In den ersten drei Jahren der Nachhaltigkeitsberichterstattung kann auf Angaben zur vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette eines Unternehmens verzichtet werden, wenn die Informationen mit vertretbarem Aufwand nicht beschafft werden können. Ohne Vorliegen eines durch die Europäische Kommission veröffentlichten VSME ist davon auszugehen, dass Informationen aus der Wertschöpfungskette nicht mit vertretbarem Aufwand beschafft werden können Als logische Konsequenz sollten für die Berichtsjahre 2024 und 2025 und mindestens bis zu einer Veröffentlichung des VSME keine Informationen aus der Wertschöpfungskette abgefragt werden können. Dies würde Rechtsunsicherheiten verhindern und den Aufwand der nicht unmittelbar berichtspflichtigen Unternehmen reduzieren. Nach der Veröffentlichung des VSME-Standards sollten berichtspflichtige Unternehmen, welche Informationen in ihren Wertschöpfungsketten anfragen, durch einen Verweis auf die Begrenzung von Auskunftspflichten ihrer Geschäftspartner durch den VSME, fehlende Informationen durch diesen ersetzen oder auf Grundlage transparenter Annahmen schätzen können. Die Verabschiedung des VSME sollte aus Gründen der Rechtssicherheit zeitnah erfolgen Zugleich wird eine Klarstellung in der CSRD benötigt.

Eine weitere notwendige Übergangsentlastung wäre die Berichtspflichten des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) bis zur Umsetzung der CSDDD freiwillig zu stellen Darüber hinaus sollten die Berichtspflichten nach dem LkSG für alle Unternehmen durch ihre ersten CSRD-Berichte ersetzt werden können. Für nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen ab 1000 Mitarbeitern sollte die Berichtspflicht ausgesetzt werden, bis diese unter die CSDDD fallen. Das LkSG muss bis zur Einführung der CSDDD-Regeln so angepasst werden, dass Unternehmen und Zulieferer sich bürokratiearm und mit ausreichendem Planungshorizont auf die neuen Regelungen vorbereiten können. Insbesondere sollte die risikobasierten Lieferkettenansätze der CSDDD und der CSRD frühzeitig harmonisiert werden. Es ist wenig verständlich, dass nicht kapitalmarktorientierte Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern einmalig einen LkSG-Bericht für das Berichtsjahr 2024 anfertigen müssen. Sie müssen genau wie die kapitalmarktorientieren großen Unternehmen befreit werden.

Mit der Einführung der CSRD in Deutschland treten auch weitere Sanktionsmöglichkeiten in Kraft. Daraus entstehende Sanktionsrisiken können unter anderem in den ersten Jahren im Rahmen der Wesentlichkeitsanalyse entstehen. Denn die ungenügende Datenlage bei der Chancen- und Risikobewertung führt dazu, dass die Wesentlichkeitsanalyse nicht objektiv durchgeführt werden kann und Diskrepanzen zwischen der Sammlung und Bewertung der Chancen und Risiken durch das Unternehmen und durch Dritte entstehen können. Daher sollten in den ersten Jahren der Berichterstattung bis zur eindeutigen Formulierung der ESRS Verfolgungs- und Sanktionsmöglichkeiten geringgehalten werden Unternehmen müssen aufgrund des hohen Berichtumfangs und Komplexitätsgrads eine Phase des Sammelns von Erfahrung zugestanden werden, in der von den Sanktionsmöglichkeiten weniger stark Gebrauch gemacht wird. Dies gilt auch für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, da diese momentan dazu neigen, tiefer zu prüfen, um Rechtsrisiken klein zu halten. Bis zum Erlass von Prüfungsstandards durch die Europäische Kommission und eine rechtssichere Regelauslegung auch für die Ersteller sollten es auch gegenüber Wirtschaftsprüfern keine strengeren Anforderungen oder höhere Verfolgungs- und Sanktionsmöglichkeiten geben.

EU-Taxonomie

Ein weiterer Baustein der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird durch die EU-Taxonomie repräsentiert. Sie ist als Klassifizierungsinstrument für ökologisch nachhaltige Investitionen auf Basis von Wirtschaftsaktivitäten konzipiert worden und soll neben der EU-Offenlegungsverordnung (englisch: Sustainable Finance Disclosure Regulation, SFDR) eine wesentliche Rolle bei der Kanalisierung von Kapitalflüssen einnehmen Neben der Nutzung von Wirtschaftsaktivitäten stellt die EU-Taxonomie auf eine weitere konzeptionelle Besonderheit ab: sie verbindet alle sechs Nachhaltigkeitsziele miteinander. Diese sind der Klimaschutz, die Anpassung an den Klimawandel, die nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, der Übergang zur Kreislaufwirtschaft, die Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, und der Schutz und die Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme. Über die sogenannten DNSH-Kriterien soll verhindert werden, dass die Erreichung eines Ziels nicht auf Kosten der übrigen fünf Ziele erfolgt. Dies ist ein in der Theorie gut klingender und nachvollziehbarer Ansatz, der in der Praxis zu hoher Komplexität und nicht nachvollziehbaren Fällen führt, in denen ökologisch sinnvollen Aktivitäten die Taxonomiekonformität versagt wird

Die EU-Taxonomie führt bei Industrieunternehmen zu einer Vielzahl an größeren Herausforderungen. Die sehr streng angelegten und komplexen Regelungen sorgen für einen hohen Umsetzungsaufwand, dem in der Breite kein rechtfertigender Nutzen gegenübersteht. Ursprünglich sollte die EU-Taxonomie für Klarheit im Dschungel der Nachhaltigkeit sorgen und Unternehmen ein Hilfsmittel sein Zwar gibt es Unternehmen, die die EU-Taxonomie als unterstützendes Instrument für die Entwicklung, Darstellung und Anwendung ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen nutzen. Die weit überwiegende Mehrheit kann dem Instrument jedoch nur wenig abgewinnen Das Hilfsmittel wurde zur Last.

Anwendungspflicht in Freiwilligkeit umwandeln

Eine Schwierigkeit stellt der gut gemeinte Ansatz dar, Nachhaltigkeitskriterien lediglich für eine priorisierte Auswahl an Wirtschaftsaktivitäten zu entwickeln Die damit entstandene Unvollständigkeit führt in der Praxis jedoch dazu, dass nur wenige Unternehmen den Hauptteil ihres wirtschaftlichen Tuns mittels der EU-Taxonomie abbilden können Für alle weiteren Unternehmen sinkt der Nutzen deutlich, die Umsetzungskosten bleiben aber hoch, da sie angehalten sind, ihre übrigen Geschäftsaktivitäten ohne Anwendung des Wesentlichkeitsprinzips nach Taxonomie-Relevanz zu durchleuchten. Die Unvollständigkeit mindert die strategische Relevanz der EU-Taxonomie maßgeblich Ein Effekt, der auch in der Finanzwirtschaft sichtbar ist und durch die binäre konzeptionelle Ausgestaltung (konform versus nicht konform), den hohen Anspruch der Kriterien, die geringe Aussagekraft und Vergleichbarkeit der Taxonomie-Kennzahlen, den ungenügenden Umgang mit Anlagen und Unternehmenseinheiten außerhalb der EU und methodischen Schwächen, wie die Verlinkung von Berechnungsmethoden mit dem nationalen Energiemix, verstärkt wird Um mit dem Missstand aufzuräumen, von Unternehmen die Anwendung eines Hilfsmittels zu verlangen, dass in Wahrheit nur für wenige eines ist, ist die Erstellungspflicht aufzuheben und in eine freiwillige Berichtsmöglichkeit umzuwandeln. Damit steht es jedem Unternehmen frei, die EU-Taxonomie für die Darstellung und Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsbestrebungen zu nutzen oder anderen, passenderen Instrumenten den Vorzug zu geben

Um die Anwendungsfreundlichkeit für Unternehmen zu verbessern, die die EU-Taxonomie nutzen wollen, sollten Anpassungen vorgenommen werden Zum einen sollten die Lesbarkeit und Komplexität der Meldebögen im Allgemeinen verbessert beziehungsweise reduziert und die zusätzlichen Meldebögen für Gas- und Nukleartätigkeiten aufgrund eines mangelnden zusätzlichen Mehrwerts abgeschafft werden. Zugleich sollte ein Wesentlichkeitsprinzip etabliert, ungeklärte Rechtsbegriffe definiert, Unklarheiten in den Anforderungen aufgelöst und die DNHS-Kritierien vereinfacht werden. Auch die

Kennzifferausweispflicht bezüglich der Betriebsausgaben (englisch: Operational Expenses, OpEx) sollte zurückgenommen werden. Die EU-Taxonomie gilt es erst dann um Wirtschaftsaktivitäten zu erweitern, wenn aller Anpassungsbedarf behoben wurde

Vom Prinzip der Ausschlüsse abrücken

Die Nachhaltigkeitsdiskussion führt an bestimmten Stellen zu Ausschlussansätzen, die mitunter auch ideologisch besetzt sein können oder einen Sachverhalt stark generalisieren, obwohl eine differenzierte Betrachtung sachgerechter wäre. Grundsätzlich sollten alle Wirtschaftsakteure die Möglichkeit erhalten, ihr geschäftliches Tun nachhaltiger ausgestalten zu können Eine braune Taxonomie beziehungsweise Brown-Listings oder generelle Ausschlüsse sollte vermieden werden, insbesondere wenn betreffende Produkte und Verfahren durch eine nationale oder europäische Behörde zugelassen wurden

Besondere Herausforderungen sozialer Aspekte anerkennen und adressieren

Soziale Kriterien sind Bestandteil des ESG-Horizonts und werden aktuell im Rahmen der EU-Taxonomie durch die Minimum Safeguards und der CSRD durch ihre Umsetzungsstandards abgefragt. Im Bereich der Finanzmarktaktivitäten sind es vor allem die Social Bond Principles der ICMA die bei nachhaltigen Finanzinstrumente mit sozialer Ausrichtung für Standardisierung sorgen. Obwohl das „S“ in ESG seine Berechtigung findet, sollte von weiteren regulatorischen Berücksichtigungsvorhaben abgesehen werden. Es ist wichtig, sich auf wesentliche Aspekte zu konzentrieren. Hierbei sollten aus Gründen der Dringlichkeit besonders klimabezogene Themen im Vordergrund stehen. Zugleich gilt es zu berücksichtigen, was die Erfahrungen aus der Umsetzung mit den Minimum Safeguards gezeigt haben: soziale Aspekte sind nur schwer inhaltlich zu umreißen und durch objektive Kriterien bewertbar zu machen. Nicht nur gehen soziale Kriterien per se mit einer schwierigen Messbarkeit einher, auch spielen unterschiedliche Wertvorstellungen und kulturelle Hintergründe eine zentrale Rolle in der stets subjektiven Bewertung Bereits in den sozialen Komponenten der EU-Taxonomie ist es dem Gesetzgeber nicht gelungen, die unscharfen Anforderungen nachträglich zu präzisieren. Die verbliebenen Unsicherheiten aufseiten von Unternehmen und Wirtschaftsprüfern haben zu einer heterogenen Auslegung und Umsetzung geführt, was der Zielsetzung einer Taxonomie zuwiderläuft.

Wirtschaftsprüfer

Die regulatorische Einführung von Nachhaltigkeitsaspekten stärkt die Rolle der Wirtschaftsprüfer. Durch die neuen prüfungsrelevanten Berichtspflichten, die an vielen Stellen unscharf formuliert sind und daher Interpretationsspielraum schaffen, fällt den Wirtschaftsprüfern eine Interpretationsrolle zu. Diese Rolle wird jedoch nicht immer so gelebt, wie es aus Industriesicht wünschenswert wäre. Oft ist ein einheitliches Vorgehen unter den Prüfungsgesellschaften innerhalb Deutschlands als auch im europäischen Vergleich nicht gegeben. Ein europäischer Prüfungsstandard könnte diesem Problem entgegenwirken. Hinzu kommen scheinbare Unterschiede in der Prüfungsgenauigkeit zum Vorschein, bei denen deutsche Prüfungsgesellschaften nicht selten den Eindruck einer Übergründlichkeit vermitteln. Grundsätzlich ist richtig, dass Wirtschaftsprüfer besonders strengen Anforderungen unterliegen und diese auch an sich selbst stellen Jedoch bedarf es einer Diskussion darüber, welches Maß an Genauigkeit vonnöten ist, um unser Wirtschaftssystem entschlacken und einfacher gestalten zu können Das Prüfungswesen stellt hierbei einen wesentlichen Faktor dar

Die Prüfung der CSRD ist zumindest für die anfänglichen Jahre aufgrund ihrer Größe und Komplexität eine besondere Herausforderung. Das in der CSRD enthaltene Wahlrecht ermöglicht daher auch die

Einbindung unabhängiger Prüfungsdienstleister, wodurch Kapazitätsengpässe und hohe Kosten bei der externen Prüfung vermieden werden können. Die Unternehmen sollten daher auch in Deutschland aus allen drei von der EU vorgesehenen Optionen von Abschlussprüfern, Wirtschaftsprüfern und unabhängigen Erbringern von Prüfdienstleitern frei wählen können, wen sie mit der Prüfung beauftragen.

Biodiversität

Nachdem für lange Zeit klimapolitische Themen im Mittelpunkt standen, traten in den vergangenen Jahren vermehrt auch Umweltthemen in den Fokus. Hierbei gilt die Biodiversität häufig als Kernstück Ihr Erhalt stellt eines der sechs EU-Taxonomie-Ziele dar und neben verschiedenster Biodiversitätsstrategien und -programme auf deutscher, europäischer und internationaler Ebene befasst sich auch die CSRD und Verordnung über die Wiederherstellung der Natur (englisch: EU Nature Restauration Law) mit ihr Hinzu kommen eine Vielzahl an freiwilligen Rahmenwerken, wie die Taskforce on NatureRelated Financial Disclosure Recommendations (TFND) oder die Umweltstandards des Science Based Targets Networks (SBTN). Von Unternehmen wird mittlerweile erwartet, dass sie ein gutes Verständnis über die Auswirkungen und Abhängigkeiten von Ökosystemleistungen und die Effekte auf die eigenen Geschäftsaktivitäten inklusive ihrer Wertschöpfungskette haben. Auch im Finanzwesen werden Umweltrisiken und deren Transmissionskanäle stärker berücksichtigt Durch die Entwicklung von Szenarioanalysen und Methodiken zur Risikomessung wird versucht, mögliche Auswirkungen von Naturrisiken auf Finanzrisiken, wie das Kreditrisiko, zu quantifizieren.

Einheitliche Metriken erarbeiten

Die qualitative Einschätzung und quantitative Messung möglicher Auswirkungen von Umweltrisiken auf ein Geschäftsmodell ist ein hochkomplexes Unterfangen. Dabei stellt die sinnvollste Betrachtungsebene oft nicht der Konzern, sondern einzelne Standorte dar. Dies führt zu einer großen Menge an zu berichtenden Daten und Informationen, die nur schlecht aggregiert bewertet werden können. Dabei ist die aktuelle Datenqualität in diesem Bereich noch suboptimal. Viele der benötigten Daten sind bislang schwer verfügbar. Zudem existieren keine einheitlichen Metriken, was die Beurteilung und deren Ergebnisvergleiche fast unmöglich macht. Eine einheitliche Entwicklung von Metriken, vergleichbar mit dem Treibhausgasprotokoll, ist daher unabdingbar und sollte in den Mittelpunkt gerückt und von der Bundesregierung und der Europäischen Kommission unterstützt beziehungsweise forciert werden. Aus Fehlern lernen

Die Betrachtung der Umweltrisiken inklusive des möglichen Biodiversitätsverlusts steckt im Vergleich zu Klimarisken noch in den Kinderschuhen. Zudem ist die Thematik deutlich komplexer, da Zusammenhänge weniger direkt und deutlich vielfältiger sind. All das, zusammen mit den Erkenntnissen der bisherigen Berichtserstattungspflichten im Bereich Sustainable Finance, muss bei der Entwicklung des zukünftigen regulatorischen Umgangs mit dieser Thematik berücksichtigt werden. Dabei sollten neben der Effektivität möglicher Regelungen dem Proportionalitätsprinzip besondere Achtung zuteilwerden

Quellenverzeichnis

BDI: in Auftrag gegebene Studie an BCG und IW (2024). Transformationspfade für das Industrieland Deutschland | Eckpunkte für eine neue industriepolitische Agenda (Langfassung) September.

Europäische Kommission (2023). Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the regions. “A sustainable finance framework that works on the ground” Strasburg 13. Juni.

Leibnitz Institute for Financial Research (SAFE) (2021). A primer on green finance: From wishful thinking to marginal impact. SAFE White Paper No. 87. Oktober.

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