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FORDERUNGEN ZUR BTW25 | INNOVATIONS- UND DIGITALPOLITIK
FORDERUNGEN ZUR BTW25 | INNOVATIONS- UND DIGITALPOLITIK
Als Hochkostenstandort kann Deutschland nur durch kontinuierliche Innovationen seine globale Wettbewerbsfähigkeit halten und ausbauen. Es muss deutlich schneller gelingen, Innovationen an den Markt und in die Skalierung zu bringen und durch exzellente Rahmenbedingungen für „business cases“ Investitionen anzuziehen. Um im internationalen Wettbewerb weiter in der Weltspitze mitspielen zu können, muss der Transfer aus der Forschung in marktreife Lösungen signifikant verbessert werden. Hierfür sind eine stärkere Fokussierung in der Grundlagenforschung und in der angewandten Forschung, eine Beschleunigung und Konzentration von Forschungsförderprogrammen, eine Intellectual-Property-Strategie sowie der Abbau wettbewerbsrechtlicher Innovationshemmnisse zwingend erforderlich. Die nächste Bundesregierung muss sicherstellen, dass die Chancen der digitalen Transformation in Deutschland endlich gehoben werden. Hierfür müssen der Einsatz von Daten und KI regulatorisch ermöglicht, das Mikroelektronik-Ökosystem gestärkt, Schlüsseltechnologien, wie z. B. Quantentechnologien, entwickelt sowie digitale Infrastrukturen zukunftsfest gemacht werden. Innovationstreiber wie die industrielle Gesundheitswirtschaft müssen am Standort Deutschland gestärkt werden.
Innovationen sind der Kern unseres wirtschaftlichen Erfolgs, die dem Standort im geoökonomischen Wettbewerb den entscheidenden Vorteil verschaffen, auf Weltmärkten attraktiv zu bleiben und kundenorientierte Lösungen anzubieten. In dieser geoökonomischen Umbruchphase kommt es darauf an, an der Spitze transformativer und disruptiver Technologien zu stehen, denn unsere Wettbewerber holen auf, unser Innovationsvorsprung ist in den vergangenen Jahren geschrumpft. Es muss schneller gelingen, Innovationen zur Marktreife zu führen und durch exzellente Rahmenbedingungen für „business cases“ Investitionen anzuziehen. Eine starke Forschungslandschaft ist nach wie vor am Standort vorhanden, aber es mangelt an raschem Transfer und einer kohärenten politischen Unterstützung. Auf Grundlage von großer Innovationsoffenheit kann es gelingen, die globale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, gezielt Spitzentechnologien in Deutschland und Europa anzusiedeln und damit einen Beitrag zur strategischen Souveränität zu leisten.
Deutschland steht unter enormem internationalen Wettbewerbsdruck. Weltweit investieren Regierungen hohe Summen in ihre forschungs- und innovationspolitischen Maßnahmen und in Förderprogramme, um die Transformation ihrer Volkswirtschaften voranzutreiben – vielfach mit großem Erfolg. In diesem sehr dynamischen Umfeld entwickelt sich Deutschlands Innovationsfähigkeit zu langsam, um mit der Spitze mithalten zu können. Im Innovationsindikator 2024 belegen wir im internationalen Vergleich nur noch den 12. Platz – minus zwei Plätze zum Vorjahr –, punkten allerdings bei einer Reihe von Schlüsseltechnologien und der Ausrichtung der Industrie auf Nachhaltigkeit. Um Stärken auszubauen und gleichzeitig im internationalen Ranking wieder aufzuholen, ist eine Reform des Innovationssystems nötig, die den Forschungs- und Innovationsstandort umfassend stärkt und über verbesserte Rahmenbedingungen die Innovationsaktivitäten der Unternehmen massiv steigert. Auch gilt es bei der Förderung und Entwicklung von Schlüsseltechnologien das gesamte Ökosystem mit Blick auf eine höhere Wertschöpfungstiefe zu adressieren. Ziel aller Aktivitäten der nächsten Bundesregierung muss sein, Unternehmen einen Rahmen zu bieten, der es erlaubt, die Potenziale von Forschung und Innovation sowie der Transformation zu heben. Dies würde maßgeblich zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit beitragen.
▪ Transfer aus der Forschung zu marktreifen Lösungen verbessern: Erfolgreicher Transfer ist ein Schlüsselfaktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie Die Transferstrukturen und -stellen an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sollten nach dem Vorbild erfolgreicher Standorte professionalisiert und mittelstandsorientierte Förder- und Transferprogramme wie die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) und das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) gestärkt werden. Wichtig ist, auch die auf Sprunginnovationen ausgerichtete SPRIND eng mit den Transferstrukturen zu vernetzen und die auf (regionale) Innovationsökosysteme abzielende DATI komplementär auszurichten. Die Förderung von Forschungs- und Transferprogrammen muss im Haushalt mit dem 3,5%-Ziel vorrangig berücksichtigt werden.
▪ Exzellenzforschung fördern und nationale Missionen strategisch planen: Das deutsche Wissenschaftssystem ist im internationalen Vergleich nicht mehr an der Spitze. Es gilt, ein Programm aufzulegen und Rahmenbedingungen zu schaffen, damit einzelne Einrichtungen tatsächlich zur Weltspitze aufschließen können. Dabei muss die auskömmliche Grundfinanzierung gewährleitet bleiben. Die aktuelle Zukunftsstrategie Forschung und Innovation verfolgt mit ihren sechs Missionen und 30 Teilmissionen gesellschaftlich relevante Ziele. Um ihnen zum Erfolg zu verhelfen, benötigen sie eine strategische Ausrichtung, davon abgeleitet künftige priorisierte Ziele, die mit Ressourcen unterlegt sind, sowie eine stringente Koordination, um Stakeholder zum Handeln zu aktivieren
▪ Nationale IP-Strategie aufsetzen: Die künftige Bundesregierung muss den Wert geistiger Eigentumsrechte für Wirtschaft und Gesellschaft ausdrücklich anerkennen durch eine ressortübergreifende kohärente IP-Strategie für Deutschland. Diese muss u. a. Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gesellschaftlichen „IP-IQ“ vorsehen, die Verankerung von IP als zentrale Komponente der Standort- und Innovationspolitik sicherstellen, den Rahmen für die Mitführung des IP-Schutzes mit dem technischen Fortschritt bieten und die optimale Nutzbarkeit geistigen Eigentums gewährleisten. Geistiges Eigentum und dessen Schutz sind das Fundament für Technologieführerschaft, Resilienz und Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland und seiner Innovationskraft. Globale Herausforderungen wie der zunehmende Wettbewerb um Technologien, die Erschließung gesellschaftsrelevanter Zukunftsfelder und Schlüsseltechnologien sowie die digitale Transformation erfordern ein umfassendes Konzept für den Schutz und die Nutzung der Rechte des geistigen Eigentums.
▪ Forschungsförderprogramme beschleunigen und Reallabore stärken: Die Effektivierung und Beschleunigung von Förderverfahren sind noch immer nicht hinreichend vorangekommen. Die nächste Bundesregierung muss zwingend die Anforderungen aus der Forschung und Technologieentwicklung der produzierenden Industrie an Genehmigungsrecht und -verfahren berücksichtigen: Rein digitalen Schriftverkehr, einschließlich elektronischer Unterschriften, akzeptieren; Förderprozesse digitalisieren und vereinfachen sowie durch definierte Bearbeitungszeiten von der Ausschreibung bis zur Förderentscheidung verlässlicher aufstellen; Projektlaufzeiten flexibilisieren, sodass, wenn erforderlich, auch ein Projektabbruch möglich ist. Auch müssen Projekte auf EU-Ebene besser mit nationalen Projekten verzahnt werden Darüber hinaus muss das Reallaborgesetz endlich in Kraft treten.
▪ „Dual Use“-Forschungsförderung stärken: Die Fähigkeit, Güter mit doppeltem Verwendungszweck zu entwickeln, ist zentral für die wirtschaftliche Sicherheit und Wettbewerbsfähigkeit Europas. Eine enge Verzahnung zwischen Zivil- und Verteidigungsforschung kann Synergien optimal nutzen und Innovationen vorantreiben. Ziel muss es sein, die Spill-OverEffekte aus der Verteidigungs- und Dual-Use-Forschung für den zivilen Bereich und wechselseitig die aus der zivilen Forschung für die Verteidigung zu generieren und zu stärken. Um den grundsätzlichen Rückstand in der Entwicklung von wettbewerbsfähiger Technologie mit potenziell doppeltem Verwendungszweck wettzumachen, müssen Weichen im Innovationsökosystem neu gestellt werden. Es braucht entschiedene Investitionen der EU und der EU-Mitgliedstaaten in die Forschung, insbesondere in Schlüsseltechnologien. Die hohe Komplexität und Bürokratie der Forschungsprogramme müssen gezielt reduziert werden. Ferner sollte ein stärkerer Fokus auf das gewünschte Ziel und weniger auf den gewünschten Pfad dorthin gelegt werden. Dabei muss die Unterstützung über den gesamten Entwicklungszyklus hinweg bis hin zur Marktreife erfolgen.
…Schlüsseltechnologie made in Germany halten
▪ Die Chancen von KI ausschöpfen: Der AI Act besteht aus zahlreichen nachgelagerten Rechtsakten und unbestimmten Rechtsbegriffen, die Planungssicherheit in der Industrie erschweren. Die Bundesregierung sollte sich auf europäischer und internationaler Ebene für einheitliche, bürokratiearme und innovationsfördernde KI-Regelungen und gegen eine Fragmentierung der AI Act Umsetzung zwischen den EU-Mitgliedstaaten einsetzen. Potenziale von KI-Robotik und dem Industrial Metaverse müssen angemessen berücksichtigt und gehoben werden, indem Mittelstand, Familienunternehmen und Start-ups der Zugang zu Investitionen, Fachkräften und Daten- sowie Recheninfrastruktur erleichtert wird.
▪ Halbleiterökosystem resilient aufstellen: Das europäische Halbleiterökosystem ist zentral für den Wohlstandserhalt in Deutschland und Europa. Geprägt durch fragile Lieferketten sowie lange und kostspielige Entwicklungszyklen droht Europa hier den Anschluss zu verlieren. Daher ist es erforderlich, in der Förderkulisse die Anwenderbedarfe zu antizipieren und die gesamte Wertschöpfungskette zu berücksichtigen, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Technologietrends nicht zu verpassen. Europa muss sich durch besondere HighEnd-Produkte im internationalen Ökosystem unverzichtbar machen. Zudem sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten einen ausgewogenen Ansatz bei der Umsetzung von Exportkontrollen verfolgen, der sowohl die Sicherheitsinteressen als auch die Bedürfnisse der Unternehmen berücksichtigt.
▪ DeepTech Start-ups fördern: Deutschland weist Schwächen bei Unternehmensgründungen und ihrer Finanzierung auf. Viele der industriellen Innovationen benötigen höhere Finanzierungsvolumina über einen langen Zeitraum. Gründungen im Deep-Tech-Bereich, vor allem in Schlüsseltechnologien und in industriellen Transformationsfeldern, brauchen eine gezieltere Finanzierung. Deutschland sollte einen Wachstums- und Investitionsfonds für diese Schlüsseltechnologien schaffen, der über die bisherigen Instrumente hinausgeht. Dabei sollten Co-Finanzierungen über den gewohnten Rahmen hinaus ausgeweitet werden können. Mit Blick auf die Gesundheitswirtschaft müssen regulatorische Anforderungen bei den längeren Marktzugangsprozessen, Zulassungsverfahren und klinischen Studien berücksichtigt und Finanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden, die diese Zeit überbrücken.
▪ Forschungssicherheit ausbauen: In der Forschungs-, Technologie- und Innovationspolitik muss eine Balance zwischen Förderung und Schutz vor Risiken gefunden werden, sodass sich Forschungsprozesse und Innovation weiterhin frei von Grenzen und Organisationen entfalten können. Es braucht auf der einen Seite eine Sensibilisierung der gesamten Forschungsgemeinschaft für ein Verständnis der Risiken zu Technologieabfluss. Gleichzeitig muss die Offenheit der Forschung erhalten bleiben, denn internationale Kooperationen sind wesentlich, um exzellente Forschungsergebnisse zu erzielen Daher ist es essenziell, dass die Bundesregierung bei allen Maßnahmen zur Stärkung der Forschungssicherheit mögliche negative Auswirkungen auf in der EU ansässige Unternehmen sorgfältig abwägt und jeglichen zusätzlichen administrativen oder bürokratischen Aufwand ausschließt.
▪ Quantentechnologie entwickeln: Die Quantentechnologien entwickeln sich nach wie vor rasant und die Industrie sieht darin eine strategische Schlüsseltechnologie. Wissenschaft und Wirtschaft in Deutschland verfügen über starke technische Expertise, es gibt aber auch große Herausforderungen, wie beispielsweise beim Technologietransfer. Das vorhandene theoretische Wissen muss durch industrielle Anwendungsfälle ergänzt werden, was die Zusammenarbeit des gesamten Ökosystems erfordert. Eine bessere Koordination der beteiligten Akteure, insbesondere durch Public-Private Partnerships, sollten im Rahmen eines agilen Handlungskonzepts ermöglicht werden. Auch eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene wird entscheidend sein. Für die Weiterentwicklung des Ökosystems ist Planungssicherheit unerlässlich. Dazu sollten die Maßnahmen des nun auslaufenden „Handlungskonzept Quantentechnologien“ zumindest in gleicher Intensität weitergeführt werden und neben der Hardware- auch die Softwareentwicklung sowie Anwendungsfälle berücksichtigen.
…Potenziale der Datenökonomie und von KI heben
▪ Bürokratiearme und innovationsfördernde Durchführung von AI Act und Data Act: Die Implementierung der neuen gesetzlichen EU-Vorgaben zum AI Act und Data Act stellen die deutsche Industrie vor enorme Herausforderungen, da große Rechtsunsicherheiten mit Blick auf den Anwendungsbereich und das Verhältnis zu anderen gesetzlichen Regelungen, insbesondere zur EU-DSGVO, bestehen. Deshalb bedarf es sehr zeitnah einer bürokratiearmen und innovationsfördernden Durchführung, die eine klare Kompetenzverteilung mit ausreichender personeller Ausstattung der Bundesnetzagentur als zentraler Behörde und im Falle des Data Acts einen moderaten Sanktionsrahmen vorsieht. Für die Durchführung des AI Acts ist es dringend erforderlich, eine handlungsfähige Behörde zu benennen, die angesichts der umfangreichen nachgelagerten Rechtsakte die Interessen der deutschen Industrie auf europäischer und internationaler Ebene kompetent vertritt.
▪ Datenschutz und Datennutzung harmonisieren: Um ein hohes Datenschutzniveau und gleichzeitig eine rechtssichere Datennutzung sicherzustellen, ist eine stärkere Vereinheitlichung der Auslegung und Anwendung der Datenschutzregeln durch die Datenschutzaufsichtsbehörden auf europäischer Ebene und bei nationalen Sachverhalten ebenso erforderlich wie eine stärkere Einbindung der Industrie im Vorfeld der Erstellung von Leitlinien. Zugleich bedarf es praktikabler und rechtssicherer Orientierungshilfen und Standards zur Anonymisierung personenbezogener Daten. Mit Blick auf den wichtigen Bereich Gesundheitsdaten wäre eine Überführung von Aufsichtskompetenzen rund um das Thema weg von den Ländern, hin zum Bund empfehlenswert
▪ Aufbau von Datenräumen forcieren: Die Implementierung übergreifender und sektorspezifischer Datenräume ist für einen souveränen Datenaustausch im B2B-Bereich weiterhin von großer Bedeutung. Beim Aufbau und der Skalierung industrieller Datenräume kommt Initiativen wie Manufacturing-X, die Wissenschaft, Politik und Wirtschaft zusammenbringen, eine besondere Bedeutung zu. In der kommenden Legislaturperiode geht es vor allem darum, dass eine nachhaltige Finanzierung der bereits begonnenen sektoralen Datenraumprojekte (Factory-X, HealthTrack-X etc.) sichergestellt und ein interoperabler, sicherer und zugänglicher horizontaler Datenraum (d. h. Manufacturing-X) in die Umsetzung kommt. Dabei sind stets die parallel laufenden Projekte auf europäischer Ebene mit zu berücksichtigen, um eine technische Anschlussfähigkeit, insbesondere in Form gemeinsamer Datenstandards, sicherzustellen.
▪ Keinen gesonderten KI-Haftungsrahmen einführen: Ein europäischer KI-Haftungsrahmen ist neben der neuen Produkthaftungsrichtlinie, die zunächst vernünftig umgesetzt werden muss, und den geltenden nationalen Haftungsvorschriften nicht erforderlich. Daher sollte sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Verhandlungen zum Entwurf einer europäischen KI-Haftungsrichtlinie nicht fortgeführt werden. Durch neue Rechtskonzepte, wie Offenlegungsverfahren auf Antrag potenzieller Kläger und erhebliche Änderungen der Beweisgrundsätze, würde die KI-Haftungsrichtlinie zu deutlichen Einschnitten im allgemeinen Delikts- und Zivilprozessrecht der Mitgliedstaaten führen. Ein überschießender Haftungsrahmen könnte viele KI-Anbieter und -Nutzer zu einer eigentlich nicht erforderlichen Over-Compliance mit dem AI Act treiben, die sich negativ auf Innovation und KI-Entwicklung in Europa auswirken kann und die Kosten weiter erhöht.
…Digitale Infrastruktur zukunftssicher aufstellen
▪ Infrastrukturwettbewerb sicherstellen: Die deutsche Industrie ist auf eine funktionierende und möglichst ausfallsichere digitale Infrastruktur angewiesen. Ein funktionierender Infrastrukturwettbewerb verbessert zudem ihre Resilienz erheblich. Dieser Wettbewerb führt zu parallelen digitalen Infrastrukturen verschiedener Betreiber, wodurch im Falle eines Ausfalls oder Angriffs auf eine Infrastruktur eine alternative digitale Infrastruktur zur Verfügung steht. Die Bundesregierung muss gute Rahmenbedingungen für Investitionen in digitale Infrastruktur und einen Infrastrukturwettbewerb schaffen, die das Koexistieren verschiedener Infrastrukturanbieter ermöglicht, gleichzeitig aber auch etwaige neue Monopole verhindert. Zusätzlich trägt der Infrastrukturwettbewerb maßgeblich zu einem schnellen Netzausbau bei und muss deswegen unbedingt weiterhin ermöglicht und forciert werden.
▪ Bürokratische Hürden abbauen: Bund und Länder haben zuletzt verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung bürokratischer Hürden angekündigt und teilweise bereits eingeleitet. Offen ist vor allem die flächendeckende Einführung einer Genehmigungsfiktion sowie einer Vollständigkeitsfiktion für Mobilfunkmasten. Dennoch bleiben gesetzliche Verbesserungen auf Bundesebene zur Beschleunigung des Netzausbaus erforderlich. Insbesondere ist es wichtig, dass dem TK-Netzausbau das „überragende öffentliche Interesse“ uneingeschränkt bescheinigt wird – sowohl im Mobilfunk als auch im Festnetz. Für den Mobilfunkbereich ist diese Einstufung vor dem Hintergrund der kommenden sehr ambitionierten Versorgungsauflagen der Bundesnetzagentur unerlässlich. Neue Berichtspflichten müssen im Sinne des Bürokratieabbaus vermieden werden.
▪ Regulatorischen Rahmen weiterentwickeln: Die hohen Kosten für den Erwerb von Spektrumlizenzen durch Auktionen haben in der Vergangenheit den Telekommunikationssektor erheblich belastet. Sie haben Unternehmen die notwendigen Investitionsmittel entzogen, die für den Ausbau von Gigabit-Netzen und die Bewältigung aktueller technologischer Herausforderungen erforderlich sind. Daher sind alternative Mechanismen, die teure Auktionen umgehen, wünschenswert. Ein Schritt in die richtige Richtung war die Ankündigung der Bundesnetzagentur, 2025 auslaufende Frequenznutzungsrechte erstmals zu verlängern und nicht erneut zu versteigern Zudem muss die Förderung grüner Investitionen in elektronische Kommunikationsnetze in den Verhandlungen zum EU-Digital Networks Act unterstützt werden.
▪ Take-up Rate erhöhen: Weniger als 25% der Haushalte nutzt aktuell verfügbare GlasfaserAnschlüsse. Die Information über Ausbauvorhaben vor Ort darf daher nicht erschwert werden, etwa durch eine Einschränkung des Haustürvertriebs. Stattdessen müssen kommunikative Maßnahmen idealerweise durch Entscheidungsträger vor Ort unterstützt werden. Die nächste Bundesregierung sollte die bereits angekündigte Imagekampagne für Glasfaser fortsetzen, um die Bürgerinnen und Bürger von einem Glasfaseranschluss zu überzeugen. Die konsequente Erhöhung der Take-up-Rate ist notwendig, damit sich der privatwirtschaftliche Ausbau refinanziert. Zudem sollte die nächste Bundesregierung gemeinsam mit den Wirtschaftsverbänden und den Betreibern von Kommunikations- und Telekommunikationsinfrastrukturen die Möglichkeit zur Errichtung von Campusnetzen bewerben.
▪ 6G-Entwicklung fördern: Die nächste Generation von Mobilfunknetzen, 6G, wird über die klassische Kommunikation hinaus neue Anwendungsfelder erschließen. Um frühzeitig Technologieführerschaft zu erlangen, ist die Zusammenarbeit mit relevanten internationalen Partnern und Organisationen fortzusetzen. So sollte die transatlantische Kooperation zu 6G intensiviert und das Europäische Institut für Telekommunikationsnormen ausgebaut werden. Die internationale Zusammenarbeit muss sicherstellen, dass 6G, wie schon 5G, im Rahmen internationaler Standardisierungsaktivitäten als globaler Standard etabliert wird, um die Interessen der deutschen Industrie global zu wahren und die Voraussetzungen für skalierbare Anwendungen zu schaffen. Deutschland sollte sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, Bürokratie in Förderprogrammen abzubauen und die Fördermittel insgesamt zu erhöhen.
▪ iGW-Strategie als Zukunftsanker ausarbeiten: Um den Wirtschafts- und Innovationsstandort in Deutschland und Europa zu stärken, braucht es eine Strategie der Bundesregierung, die alle Sektoren der industriellen Gesundheitswirtschaft (iGW) umfasst. Mit der Pharmastrategie und dem Medizinforschungsgesetz hat die Bundesregierung bereits ein wichtiges politisches Signal gesetzt und gezielt Maßnahmen auf den Weg gebracht, die die Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung insbesondere von Arzneimitteln, aber auch im Bereich der Medizintechnik verbessern sollen – allerdings ist und darf das nur ein erster Schritt sein. Daher ist es wichtig, nun parallel zur konsequenten Umsetzung der Pharmastrategie auch eine Strategie für alle Sektoren der iGW zu entwickeln und die iGW mit ihren Innovationen am Standort Deutschland zu stärken.
▪ Austausch mit politischen iGW-Akteuren institutionalisieren: Die iGW braucht eine klare Zuständigkeit und politische Führung im BMWK. Ein institutionalisierter Austausch zwischen den Ressorts der Bundesregierung und der Gesundheitsindustrie zu den wirtschaftspolitischen Anliegen der iGW, beispielsweise über die Fortführung des BMWK Round Table Gesundheitswirtschaft, sollte auch weiterhin angestrebt werden. Die Erweiterung des Dialogformats mit den Länderregierungen würde für eine verbesserte Koordination zwischen Bund und Ländern sorgen.
▪ Translation in die Industrie fördern: Innovationen und Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung müssen effektiver kommerzialisiert und in die klinische Anwendung gebracht werden, beispielsweise durch die Stärkung von Technologie-Transfer-Programmen, Förderung von Partnerschaften von Gesundheitseinrichtungen und iGW-Unternehmen und frühe Einbindung klinischer Partner. Dazu braucht es bessere Rahmenbedingungen zur frühen Erkennung und Umsetzung des innovativen Potenzials von wissenschaftlichen Ergebnissen. Dabei sind die personelle und finanzielle Stärkung der Cluster-Arbeit und eine stärkere Förderung und Ausbau von Kompetenzzentren für die medizinische Translation nach internationalen und nationalen Best-Practice Beispielen notwendig. Ziel muss eine lückenlose Begleitung der gesamten Wertschöpfungskette von Innovationen sein
▪ Gesundheitsdatenzugang und -nutzung als Basis für Innovation: Strukturierte und hochwertige Gesundheitsdaten sind der Schlüssel zu Innovationen, die die Versorgung verbessern und Effizienzpotenziale heben. Die Möglichkeit der Sekundärdatennutzung ist mittlerweile zentral für die Standortwahl von iGW-Unternehmen – jedoch hat Deutschland gerade beider Verfügbarkeit von hochwertigen Datensätzen enormen Aufholbedarf. Klare Rahmenbedingungen wie eine datengetriebene Forschungsinfrastruktur, Anreize für die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Daten und ein effizienter Datenzugang sowie die Einbindung der iGW in die Entwicklung von Standards sind essenziell, um den Digitalisierungsrückstand im Gesundheitswesen aufzuholen und Fortschritte zum Patientenwohl zu erzielen.
▪ Gesundheitsdatenökosystem: Ein interoperables Gesundheitsdatenökosystem ist zentral, um die Fragmentierung des Gesundheitssystems zu überwinden In einem solchen System spielt die iGW mit ihren qualitativ hochwertigen Daten eine wichtige Rolle. Sie sollte bei der Festlegung von verbindlichen Standards zur Förderung der Interoperabilität unbedingt an den Diskussionen beteiligt werden. Neben Routine- und Abrechnungsdaten aus der Versorgung, die in Zukunft im Forschungsdatenzentrum liegen, sollten alle in unterschiedlichen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung vorhandenen forschungsrelevanten Datensätze nutzbar gemacht werden. Für den Austausch von Gesundheitsdaten auf europäischer Ebene im Rahmen des European Health Data Spaces (EHDS) sollten öffentliche und private Stakeholder gemeinsam Zielarchitektur und Datenstruktur abstimmen
…wettbewerbsrechtliche Innovationshemmnisse abbauen
▪ Wettbewerbspolitik auf Dynamik und Effizienz ausrichten: Die Wettbewerbspolitik sollte künftig von einer proaktiveren Politik im Interesse der Industrie geprägt sein, um die Transformationsziele umzusetzen und europäischen Unternehmen effektive Chancen im globalen Wettbewerb zu geben. Dabei ist ein ausgewogener Ansatz wichtig, der die globale Wettbewerbsfähigkeit und das Wachstum europäischer Unternehmen fördert und gleichzeitig einen fairen Wettbewerb im Binnenmarkt gewährleistet. In der Fusionskontrolle wird eine zukunftsgerichtete Marktbetrachtung benötigt, die auch die globale Wettbewerbssituation und eine dynamische Marktentwicklung stärker einbezieht. Außerdem sollten mögliche Effizienzgewinne, wie die längerfristigen positiven Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf Innovation, Qualität, Nachhaltigkeit und Standortinvestitionen, berücksichtigt werden. Unternehmenskooperationen, etwa in Form von Datenkooperationen oder Kooperationen im Nachhaltigkeitsbereich, benötigen ebenfalls bessere Rahmenbedingungen, um Innovationen zu fördern.
▪ Beihilferecht beschleunigen und vereinfachen: Gezielte öffentliche Fördermaßnahmen können wichtige Anreize für private Investitionen und Innovation bieten. Die beihilferechtlichen Verfahren müssen beschleunigt und vereinfacht werden, die beihilferechtlichen Regelwerke übersichtlicher und verständlicher gestaltet und bürokratische Hürden bei der Antragstellung abgebaut werden. Dies gilt in besonderem Maße für die hochkomplexen IPCEI-Genehmigungsverfahren sowie für Beihilfemaßnahmen im Forschungs- und Innovationsbereich, in denen Zeit ein wichtiger Wettbewerbsfaktor ist. IPCEI können einen sehr wichtigen Beitrag zu einem nachhaltigen Wirtschaftswachstum, technologischer Souveränität und der globalen Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie leisten und sollten die Industrie in die Lage versetzen, die Lücke zwischen F&E&I und wirtschaftlich tragfähiger Produktion zu schließen.
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