BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie Energie und Rohstoffe
Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland I. Einleitung Energieforschung ist grundlegend für eine wettbewerbsorientierte Technologie- und Standortpolitik: Sie sollte aus öffentlichen und privaten Mitteln gemeinsam realisiert werden, einen sich gegenseitig gut ergänzenden Energiemix sowie die Steigerung der Energieeffizienz in allen Anwendungsfeldern zum Ziel haben und auch mit internationalen Aktivitäten abgestimmt werden.
Insbesondere in den Langfrist- und Risikoaspekten bedarf die Energieforschung der unterstützenden Begleitung durch den Staat. Es wäre eine gefährliche Wettbewerbsverzerrung zulasten deutscher Unternehmen und Forschungseinrichtungen, wenn diese Unterstützung deutlich hinter dem zurückbliebe, was in konkurrierenden Wirtschaftsräumen staatlicherseits aufgewandt wird. Dabei sind die knappen Mittel für die Forschungsförderung optimal einzusetzen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) den BDI-Unterausschuss Energieforschung und Energietechnologien gebeten, besonders förderungswürdige Forschungsthemen zur Erreichung des Ziels einer klimafreundlichen, sicheren und wirtschaftlichen Energieversorgung zu benennen. Hintergrund bilden die derzeit laufenden Arbeiten des BMWi am neuen Energieforschungsprogramm der Bundesregierung. Die Zahl der vorgeschlagenen Technologien sollte überschaubar sein, und es sollten Prioritäten gesetzt werden, welche Themen vor anderen zur Stärkung der Position der deutschen Industrie vorangebracht werden sollen.
Aus den Forschungsfeldern Konventionelle Kraftwerke, Kerntechnik, Regenerative Energien, Netze, Energiespeicher, Kraftstoffe und Mobilität, Energieeffiziente Industrieprozesse sowie Gebäudetechnik wurden 31 technologische Optionen definiert und einer Bewertung unterzogen. Die methodische Vorgehensweise ist in Kapitel IV erläutert. Im Ergebnis haben sich folgende Forschungsthemen als prioritär herauskristallisiert: • • • • • • • • • •
Energieeffiziente Industrieprozesse Hochleistungswerkstoffe für den Gebäudebereich Elektromobilität mit Batterie Photovoltaik Solarthermische Stromerzeugung Wind offshore Anpassung und Dynamisierung der Stromübertragungskapazität durch Informations- und Kommunikationstechnik Hocheffiziente und flexible Kraftwerke Großspeicher (chem./phys.) CO-Abscheidung, -transport und -speicherung.
Basis für die Auswahl der zu bewertenden Technologien bildete die umfassende Studie „Energietechnologien 2050“ eines Forschungskonsortiums, das im Auftrag des Deutschen Bundestages vom BMWi gefördert wurde:
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland Grundlagen für eine wettbewerbsorientierte Technologie- und Standortpolitik
http://goo.gl/almZ7
Dr. Stefan Mair Mitglied der Hauptgeschäftsführung, Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.
Dr. Christian Urbanke Vice President, Siemens Corporate Technology (CT EEE)
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland
www.bdi.eu
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland II. Graphische Ergebnisdarstellung
> 30 Mrd. EUR
> 10- 30 Mrd. EUR
Gesamtbewertung
Wirtschaftliche Bedeutung in 2020 für Deutschland Energieeffiziente Industrieprozesse Werkstoffe
E-Mobilität (Batterie)
1,50 Solarthermische Stromerzeugung
Wind offshore PV
Verbrennungsmotor
Hocheffiziente und flexible Kraftwerke
> 3- 10 Mrd. EUR
IKT
Gebäudetechnik
Gleichstrom HGÜ
1,00
Drehstrom
Wind onshore > 2- 5 Mrd. EUR Großspeicher (chem./phys.) Fission
Methanol
CCS
> 1- 3 Mrd. EUR
Gebäude Management Therm. Speicher Geothermie
0,50 Fusion
Kleinspeicher (lokal)
Priorisierte Projekte
E-Mobilität (Brennstoff-Zelle) Neue Reaktortechnik
Meeresenergie
Supraleitung
Biokraft- und -brennst.
Bioenergie H Hydro
CCU
0,00 Vorfeld
Technikum
Demo
Feldstudie
Kommerzialisierung
Nähe zum Markt Quelle: BDI
BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie Energie und Rohstoffe
BDI – Bundesverband der Deutschen Industrie Energie und Rohstoffe
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland III. Erläuterungen zur Ergebnisdarstellung
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland IV. Methodik
Erläuterung der Technik
Wesentliche Punkte zur Bewertung
Konv. Kraftwerke Hocheffiziente und flexible Kraftwerke
Fossil befeuerte Kraftwerke mit gesteigertem Wirkungs- Hohes Geschäftspotential weltweit, auch nach 2020; grad und flexibler Regelfähigkeit hoher Beitrag zur Netzstabilität; verfügbare und wirtschaftliche Option zur CO²-Reduzierung
CCS
CO²-Abscheidung, -transport und -speicherung
CCU
CO -Nutzung und -verwertung
Hohes Potenzial zur CO²-Reduzierung, geringe Akzeptanz Frühes Entwicklungsstadium; industrielle Umsetzung bis 2020 gering; Thema für BMBF
Kerntechnik
Folgende Kriterien wurden zur Bewertung der technologischen Optionen zur staatlichen Energieforschungsförderung herangezogen: 1. Nutzen der Technologie
3. Technologiereife
Auswirkungen eines erfolgreichen Einsatzes der Technologie (bzw. des durch F&E bewirkten Fortschritts) in plausiblem zukünftigem Umfang in den definierten wesentlichen Nutzendimensionen (die in etwa die Seiten des „Dreiecks“ der Energieversorgung – Ökonomie, Ökologie, Versorgungssicherheit – widerspiegeln). Die Beurteilung sollte unabhängig vom Land des Einsatzes erfolgen (im Gegensatz zur vierten Überschrift, wo aus der Sicht deutscher Unternehmen bzw. der deutschen Volkswirtschaft geurteilt wird).
Diese Dimension beschreibt den Entwicklungsstand der Technologie und der F&E-Effektivität.
Fission
Herkömmliche Reaktortechnik
Hoher Nutzen in allen Kategorien, geringe Akzeptanz in D; mittleres Geschäftspotenzial für deutsche Unternehmen
Neue Reaktortechnik
Hochtemperaturreaktor, Brutreaktoren
Hoher Nutzen in allen Kategorien, geringere Akzeptanz in D; geringes Geschäftspotenzial für deutsche Unternehmen
Fusion
Energie aus Kernverschmelzung, ITER
Frühes Entwicklungsstadium; industrielle Umsetzung bis 2020 gering; Thema für BMBF
Hydro
Wasserkraftwerkstechnik
Hoher Nutzen, ausgereifte Technik, geringes Geschäftspotenzial
PV
Photovoltaik - heutige und nächste Generation
Hohes Geschäftspotenzial; hohe F&E-Effizienz für nächste Generation
Wind onshore
Windenergieanlagen an Land
Reife Technologie; hohes Geschäftspotenzial weltweit
1.1. Klima- und Umweltschutz:
Wind offshore
Windenergieanlagen auf See
Herausforderungen bei Installation und Betrieb; hohes Geschäftspotenzial weltweit
Meeresenergie
Wellen-, Gezeiten- und Strömungsenergie
Frühes Entwicklungsstadium; industrielle Umsetzung bis 2020 gering; Thema für BMBF
Bioenergie
Umwandlung von Biomasse in feste oder gasförmige Energieträger
Geringes Geschäftspotenzial für deutsche Unternehmen
Kann CO vermieden werden, möglichst nachhaltig? Gibt es andere Emissionen bzw. weitere Umweltauswirkungen, wie Abgase, Lärmbelastung etc. (separat auszuweisen; Vergleich mit Stand der Technik)?
Regenerative Energien
Solarthermische Stromerzeugung Sonnenenergienutzung mittels thermischer Kraftwerks- Großes Geschäftspotenzial; hohe Akzeptanz; technik großes Potenzial zur CO²-Reduktion Geothermie
Tiefe Erdwärmenutzung mittels thermischer Kraftwerkstechnik Geringes Geschäftspotenzial
Netze Drehstrom
Klassische Stromübertragungstechnik
Reife Technologie;
Gleichstrom
Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ)
Reife Technologie;
Supraleitung
Widerstandslose Stromleitung bei niedrigen Temperaturen
Geringes Potenzial zur CO -Reduktion; geringes Geschäftspotenzial
IKT
Anpassung und Dynamisierung der Übertragungskapazi- In allen Bewertungskriterien gut tät durch Informations- und Kommunikationstechnik
Energiespeicher Großspeicher (chem./phys.)
Druckluft-, Pump- und Wasserstoffspeicher
Großer Nutzen für Versorgungssicherheit im Zusammenspiel mit fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen
Kleinspeicher (lokal)
Elektrische Speicher unter 100 kWh
Geringes Geschäftspotenzial für deutsche Unternehmen
üssigen Medien
Hoher Nutzen; geringes Geschäftspotenzial
Kraftstoffe
1.3. Versorgungssicherheit:
Sind Materialien und Betriebsstoffe leicht und auch in Zukunft wirtschaftlich zu bekommen, aus gesicherter Versorgung? Beitrag zur Sicherstellung einer verlässlichen Energieversorgung (Black-out-Vermeidung). Schätzung der Verfügbarkeit der Ressourcen unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit aus heutiger Sicht.
Geringes Geschäftspotenzial bis 2020
Methanol
Methanol als Kraftstoff und Energiespeicher
Große Anwendungsbreite; begrenzter Nutzen
E-Mobilität (Batterie)
Elektroauto mit Batterie
Großes Geschäftspotenzial; hohe Akzeptanz; hoher Nutzen
E-Mobilität (Brennstoffzelle)
Elektroauto mit Brennstoffzelle
Geringes Geschäftspotenzial bis 2020
2. Anwendungsbreite
Höchster Nutzen; großes Geschäftspotenzial; hohe Akzeptanz
Die Verwendbarkeit der Technologie in einer Vielzahl möglicher Szenarien.
Gebäude Werkstoffe
Hochleistungswerkstoffe für den Gebäudebereich (Dämmung, Verglasung)
Höchster Nutzen; großes Geschäftspotenzial; hohe Akzeptanz
Gebäudetechnik
Technik zur optimalen Verteilung und Nutzung von Licht, Wärme und Luft
Mittlerer Nutzen; hohe Akzeptanz; große Anwendungsbreite
Gebäude-Management
Steuerungstechnik zur Energieeinsparung
Hoher Nutzen; geringes Geschäftspotenzial
Kann man mit relativ wenig Forschungsgeld spürbare Verbesserungen entwickeln? (Position in der Lernkurve.)
Der Effekt von öffentlichen F&E-Aufwendungen für die nationale Volkswirtschaft wird mit dieser Kategorie bewertet. Ein positiver Effekt kann auch dadurch entstehen, dass Produktion, Wertschöpfung und Forschungsinfrastruktur in Deutschland gestärkt werden. Potenzielle Weltmarktanteile für deutsche Unternehmen.
Wasserstoff als Kraftstoff
Energieeffiziente Industrieprozesse Industrieprozesse mit geringerem Energieverbrauch (Studie BMWi 2050)
3.2. F&E-Effektivität:
4. Wirtschaftliche Bedeutung
H
Reife Technik; großes Geschäftspotenzial
Kategorien: Grundlagenforschung, Technikumsmaßstab, Demonstrationsphase, Feldtests (kurz vor Kommerzialisierung), kommerzieller Einsatz. Stand der Forschung und Zeithorizont für Umsetzung von Forschungsergebnissen in Produkte.
Abschätzung der eingesparten Ressourcen (Rohstoffe, Wasser, Boden, Luft) in Produktionsprozess/Nutzung über Lebensdauer. Abschätzung der Reichweite der zur Umsetzung benötigten Rohstoffe, Abschätzung der benötigten Infrastruktur und Managementkapazität.
Nutzen fraglich
Verbrennungsmotor
Ist die Technik großflächig erprobt, zuverlässig und weit verbreitet?
1.2. Ressourcenschonung:
üssige Energieträger, Schwerpunkt nächste Generation
Mobilität
3.1. Entwicklungsstand:
5. Sonstiges 5.1. Akzeptanz:
Stehen der Nutzung des Produktes Vorbehalte, Ängste, gesetzliche Regelungen oder moralische Bedenken entgegen? 5.2. Attraktivität:
1.4. Kundennutzen:
Gibt es wirtschaftliche Vorteile? Kommen über den reinen Nutzen der Energieversorgung weitere Formen des Kundennutzens zum Zuge (Komfort, zusätzliche Funktionen)?
Ist die Nutzung des Produktes durch den einzelnen und in der öffentlichen Darstellung positiv besetzt (Lifestyle, Prestige, u. a.)? 5.3. Politische Relevanz:
Besteht politischer Handlungsbedarf? (Begleitende und gesetzliche Regelungen, usw.) Unterstützt die Technologie politisch vorgegebene Zielsetzungen?
Prioritäten für die Energieforschung in Deutschland
Die intensive Diskussion der Bewertungen im BDI-Unterausschuss Energieforschung und Energietechnologien mündete in drei wesentlichen Erkenntnissen: •
Die Anwendungsbreite, also Nutzung der Forschungsergebnisse auf verschiedenen Gebieten, ist nur sehr schwer vorherzusagen und daher als Bewertungskriterium ohne Gewicht.
•
Der Entwicklungsstand der Technologie beschreibt Zeithorizonte der Anwendung, sagt aber nichts über die Förderungswürdigkeit aus. Es wurde beschlossen, die Technologien in 5 Gruppen nach den Zeithorizonten bis zur Markteinführung zu gruppieren und für jede Gruppe Förderempfehlungen auszusprechen.
•
Die wirtschaftliche Bedeutung sollte nach dem möglichen Umsatzvolumen der deutschen Industrie auf dem Weltmarkt im Jahr 2020 bei positiver Entwicklung des geförderten Themas gemessen werden.
Abgeleitet aus diesen Erkenntnissen erfolgte die Gewichtung der Kriterien: •
•
20 % für „F&E-Effektivität“ unter „Technologiereife“,
•
30 % für „Wirtschaftliche Bedeutung“, gemessen am potenziellen Umsatzvolumen 2020, und
•
10 % für „Sonstiges“ aus den gemittelten Bewertungen für Akzeptanz, Attraktivität und politische Relevanz.
Nach Durchführung der Bewertung durch die Mitglieder des Ausschusses wurde deutlich, dass Technologien der ferneren Zukunft in der Bewertung durchschnittlich schlechter abschneiden als solche der Gegenwart oder der unmittelbaren Zukunft. Dies ist u.a. in dem geringeren wirtschaftlichen Nutzen für die deutsche Wirtschaft bis 2020 begründet, einem für die Industrie wichtigen Kriterium. Der Unterausschuss hat deshalb zehn Themen aus den Zeithorizonten Gegenwart, nähere Zukunft und mittlere Zukunft zur vorrangigen Förderung für das BMWi ausgewählt, während die Themen der weiteren Zukunft dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zur Bewertung im Rahmen der Wissenschaftsförderung nahegebracht werden sollen.
10 % für jedes der vier Kriterien unter „Nutzen der Technologie“ (Klima- und Umweltschutz; Ressourcenschonung; Versorgungssicherheit; Kundennutzen),
Impressum Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. ∙ Breite Straße 29, D-10178 Berlin Redaktion: Wolfgang Mülkens ∙ Email: w.muelkens@bdi.eu ∙ Telefon: 030 2028-0