

Wertschöpfung neu denken
Forderungen für einen zirkulären Industriestandort für die 21. Legislaturperiode
11. Februar 2025
1. Ausgangslage
Der Koalitionsvertrag zur 20. Legislaturperiode enthielt zahlreiche Regelungsvorhaben für die Rahmenbedingungen zur zirkuläre Wertschöpfung, die nicht umgesetzt oder nicht mehr abgeschlossen wurden. Vorarbeiten wurden zum Beispiel für eine Verordnung zur Bestimmung des Endes der Abfalleigenschaft für mineralische Ersatzbaustoffe oder für eine Novelle von § 21 des Verpackungsgesetzes erarbeitet. Zudem konnte die Novelle der Gewerbeabfallverordnung noch in das parlamentarische Verfahren eingebracht und eine Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) verabschiedet werden, zu deren Umsetzung die Einrichtung einer Stakeholder-Plattform sowie die Verwendung von weiteren Haushaltsmitteln zur Förderung der zirkulären Wertschöpfung erforderlich sein wird. Damit das zirkuläre Wirtschaften aber zu einem echten Erfolgsfaktor für den Standort Deutschland werden kann, müssen folgende grundlegende Bedingungen politisch in den Blick genommen werden:
– Die Rahmenbedingungen für den Industriestandort Deutschland inklusive wettbewerbsfähiger Energiekosten, zügiger Genehmigungsverfahren, digitaler Infrastruktur und Fachkräfteausbildung müssen so gestaltet werden, dass Unternehmen auch im globalen Standortwettbewerb in Deutschland produzieren, investieren und innovieren können.
– Unternehmen müssen in die Lage versetzt werden, dass zirkuläre Strategien auch als Geschäftsmodelle auf einem freien europäischen Binnenmarkt realisiert werden können. Hierzu bedarf es, je nach Branche, auch der Etablierung grüner Leitmärkte. Dabei müssen vergabeund zuwendungsrechtliche Fragen sowie die Finanzierung zweifelsfrei geklärt werden.
– Den angestrebten Produkt- und Materialkreisläufen muss ein kohärenter Rechtsrahmen zur Seite gestellt werden, der zum einen widerspruchsfreie Definitionen und Vorgaben macht und zum anderen die Schnittstellen zwischen Produkt-, Abfall- und Stoffrecht so definiert, dass Kreisläufeermöglicht und nicht verhindert werden. Entsprechend muss auch eine ressortübergreifende Governance mit zentraler Koordinierung in der Bundesregierung aussehen
– Das europäische Modell einer ganzheitlichen Circular Economy muss im Rahmen der internationalen Handels- und Klimaschutzpolitik sowie Normungs- und Standardisierungsarbeit verankert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken.
2. Acht Forderungen für die 21. Legislaturperiode
1) Zügig Rechts- und Planungssicherheit sicherstellen
Die neue Bundesregierung muss daher direkt zu Beginn sorgfältig prüfen, wie die initiierten Vorhaben sinnvoll fortgeführt werden können, damit die Wirtschaftsbeteiligten Planungssicherheit erhalten. Zudem muss die zirkuläre Wertschöpfung als strategisches Querschnittsthema mit zentraler Bedeutung für die Industrie- und Standortpolitik so in die Organisation und Arbeitsprozesse der Bundesregierung integriert werden, dass koordinierte und ressortübergreifende gemeinsame Arbeit auf nationaler und europäischer Ebene ermöglicht wird. Nur so wird es gelingen, die Chancen der Zirkularität in tatsächlichen Nutzen für den Industriestandort umzuwandeln.
Eine Fortführung des Konzepts des Bundesumweltministeriums zum Ende der Abfalleigenschaft für einige wenige mineralische Ersatzbaustoffe aus dem Jahr 2023 wird in dieser Form abgelehnt. Bei einer Fortführung der Initiative müssen alle Materialien und Materialklassen der Ersatzbaustoffverordnung in den Blick genommen werden. Die Notwendigkeit einer Fortentwicklung des deutschen Verpackungsrechts ergibt sich bereits aus dem Anpassungsbedarf durch die europäische Verpackungsverordnung (PPWR). Dabei muss auch die Überarbeitung des § 21 VerpackG zügig wieder aufgegriffen werden, um ein funktionierendes europarechtskonformes Anreizsystem für das recyclinggerechte Design innerhalb des bestehenden und bewährten privatwirtschaftlichen Systems für systembeteiligungspflichtige Verpackungen zu etablieren. Die Novelle der Gewerbeabfallverordnung ist zwar sinnvoll, bedarf aber einer praxisnahen Weiterentwicklung. Des Weiteren muss geprüft werden, inwiefern die Arbeiten des vom Bundeswirtschaftsministerium gegründete Strategieforum Normung, besser mit den Prozessen des High Level Forums for Standardisation - einer Initiative der EU-Kommission – verzahnt werden kann. Dieser Schritt ist wichtig, damit das Forum seine ursprüngliche und sinnvolle Mission auch für die Circular Economy erfüllen kann.
2) Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie sinnvoll im europapolitischen Kontext umsetzen
Deutschland braucht eine Kreislaufwirtschaftsstrategie, die realistische Ziele und Maßnahmen auch über Legislaturperioden hinweg verfolgt. Es sollten nun zunächst solche Ziele und Maßnahmen der 2024 verabschiedeten Strategie betrachtet werden, bei denen die Bundesregierung über einen tatsächlichen Gestaltungsspielraum verfügt. Insbesondere bei den Themen Rohstoffpolitik, Klimaschutz, Digitalisierung, Normung und Standardisierung sowie öffentliche Beschaffung sollte der Bund geeignete Prozesse zur Verknüpfung der oftmals nochunverbundenen Themenbereicheentwickeln. Zudem ist es erforderlich, dass die Umsetzung der Strategie als Aufgabe der gesamten Bundesregierung identifiziert und dass die in der Strategie angelegte Stakeholder-Plattform zur Umsetzungsbegleitung etabliert wird. Bei allen rechtlichen Rahmenbedingungen mit direktem Bezug zum Funktionieren des Wettbewerbsaufdem europäischen Binnenmarkt, wie zum Beispiel Produktdesgin,Einsatzquotenund Emissionshandel, sollten nationale Regeln vermieden und stattdessen europäische Lösungen aktiv mitgestaltet werden. Zudem ist ein Dialog zwischen Bund, Ländern und Wirtschaft für einen zukunftsfähigen Vollzug zirkulärer Rahmenbedingungen anzuregen. Im Rahmen der NKWS diskutierte pauschale und sektorübergreifende Zielgrößen zur Absenkung des Primärrohstoffeinsatzes sind nicht dazu geeignet, zielgenaue und positive Effekte für die zirkuläre Wertschöpfung in Deutschland auszulösen. Eine solche materialübergreifende Messgröße ist nicht geeignet, qualitative und quantitative Aussagenüber den Ressourcenbedarfund denEinsatz währendderangestrebten Transformationdes Industriestandorts Deutschlands zu treffen. Stattdessen sollten einzelne Stoffströme differenziert betrachtet und mit Blick auf mögliche sinnvolle Ziele als Anreizwirkung zur Stärkung einer zirkulären
Wirtschaft diskutiert werden. Dabei sollte außerdem die Aussagekraft rein gewichtsbasierter Indikatoren Berücksichtigung finden.
3) Vorgaben zum Produktdesign und Einsatzquoten in der Circular Economy nicht national, sondern auf europäischer Ebene gestalten
Das Design von Produkten ist ein Schlüssel auf dem Weg in die zirkuläre Wertschöpfung und gleichzeitig eine Chance für unternehmensgetriebene Innovationen Verbindliche Anforderungen, wie sie zum Beispiel im Rahmen der EU-Ökodesign und EU-Verpackungs-Verordnung vorgesehen sind, müssen dabei immer mit Augenmaß für den gesamten europäischen Binnenmarkt diskutiert und beschlossen werden. Nationale Anforderungen an das Produktdesgin bergen stets die Gefahr von Verzerrungen und Fragmentierungen auf dem Binnenmarkt, die letztlich zu einer Schwächung des gesamten Wirtschaftsraums führen. Dazu sind auch eine leistungsstarke Marktüberwachung und Vollzug erforderlich, um auch aus Drittstaaten eingeführte Waren auf ihre Konformität mit den europäischen Anforderungen hin zu prüfen. Produkte und Dienstleistungen, die die Vorgaben nicht erfüllen, dürfen nicht auf dem europäischen Markt bereitgestellt werden.
Einsatzquoten für bestimmte Rohstoffe der Circular Economy sind ein erheblicher Markteingriff, der, je nach Material, zur Stimulierung der Märkte genutzt werden kann. Entscheidend ist dabei immer, dass die Wahl des Instruments auch tatsächlich zu den gewünschten positiven Effekten auf den Rohstoffmärkten oder zur Einsparung von Treibhausgasemissionen führt. Verpflichtende Einsatzquoten sind auf europäischer Ebene bereits in unterschiedlicher Gesetzgebung beschlossen. So existieren Einsatzquoten in der EU-Einwegkunststoffrichtlinie, der EU-Batterie-, der EU-Verpackungsverordnung und der EU-Taxonomieverordnung. Zudem sind sowohl im EU Critical Raw Materials Act (CRMA) als auch in der EU-Ökodesign-Verordnung und im Vorschlag für eine EU-Altfahrzeugverordnung entsprechende Instrumente verankert. Wechselwirkungen mit anderen Regelungsbereichen und Umweltzielen, wie zum Beispiel aus dem Chemikalienrecht, werden bisher nicht ausreichend berücksichtigt.
Für diePraktikabilitätund Umsetzbarkeit solcher Einsatzquoten durch Unternehmenwird es insgesamt essenziel sein, dass die noch festzulegenden Kalkulations- und Berechnungsmethoden zügig und möglichst leicht umsetzbar sowie für die Verwaltung inklusive Marktüberwachung vollziehbar ausgestaltet werden. Dies umfasst auch die Entwicklung und Anerkennung von Verfahren zur Bilanzierung von Anteilen von Rohstoffen der Circular Economy in der Grundstoffindustrie durch Massenbilanzen, die durch entsprechende Zertifizierungen eindeutige Zuordnungen zum Einsatz in Produkten erlauben müssen
Auf europäischer Ebene wurde zudem bisher nicht berücksichtigt, dass Einsatzquoten aus unterschiedlicher Regulatorik mitunter dieselben Stoffströme adressieren, was zu unerwünschten Markteffekten führen kann. Die Verfügbarkeit sollte stets im Blick gehalten werden und sich auf ein regelmäßiges Monitoring der spezifischen Stoffströme, d.h. auf eine wissenschaftliche Datenbasis stützen. Eine realistische Einschätzung der Mengenpotentiale im Bereich der Rohstoffe der Circular Economy ist für die EntwicklungundWirksamkeit von Maßnahmenausschlaggebend. Für einLevel Playing Field und die Nutzung des Binnenmarkts als Hebel sind Einsatzquoten für Rohstoffe der Circular Economy grundsätzlich auf europäischer Ebene zu diskutieren. Nationale Einsatzpflichten sind aufgrund ihrer Ungleichbehandlung von Unternehmen auf dem Binnenmarkt nicht zielführend und als marktverzerrendes Hemmnis abzulehnen.
Zudem müssen Märkte für zirkuläre Produkte und Rohstoffe endlich durch wirksame Maßnahmen bei der öffentlichen Auftragsvergabe stimuliert und nicht blockiert werden.
4) Versorgungskritische und strategische Rohstoffe in den Blick nehmen
Im Rahmen des auf EU-Ebene beschlossenen CRMA soll zirkuläre Wertschöpfung gestärkt werden, um mehr Versorgungssicherheit bei kritischen und strategischen Rohstoffen gemäß dem CRMA-Verständnis zu erreichen. Bis 2030 sollen dabei mindestens 25 Prozent des Jahresgebrauchs an strategischen Rohstoffen aus dem Recycling stammen. Dazu sollen auf Ebene der Mitgliedsstaaten konkrete Maßnahmen für die Kreislaufführung geprüft und umgesetzt werden. Gleichermaßen greift die NKWS das Ziel der Versorgungssicherheit bei kritischen und strategischen Rohstoffen durch eine Circular Economy aus dem CRMA auf. Die Bundesregierung sollte daher umgehend damit beginnen, entsprechende nationale Maßnahmen mit den Wirtschaftsbeteiligten zu entwickeln. Ziel muss es sein, ein innovationsförderndes und marktbasiertes Umfeld für Lösungen der Kreislaufwirtschaft mit Blick aufkritische undstrategische Rohstoffe in Schlüsseltechnologienzu schaffen (z.B.bei Wärmepumpen, Energiespeichern, Elektromotoren, Wind- und Solaranlagen, Wasserstofftechnologien etc.). Förderungen für zirkuläre Lösungen für den gesamten Lebenszyklus, die durch Wissenschaft und Industrie entwickelt werden, müssen daher gestärkt und nicht verringert werden. Gleichzeitig müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden,die Investitionssicherheitund Investitionsanreizegerade auch für die Entstehungvon Geschäftsmodellen im genanntenBereich setzen. Ansonsten drohtder Industriestandort Deutschland das Ziel der Einnahme einer Vorreiterrolle im Bereich Zirkularität für strategische und kritische Rohstoffe für Schlüsseltechnologien zu verfehlen
Zu berücksichtigen ist zudem, dass kritische Rohstoffe oftmals in Produktionsabfällen und/oder in Produkten enthalten sind,die am Ende ihresLebenszyklus abfallrechtlich alsgefährlich eingestuft werden. Diese Einstufung hat mitunter erhebliche Auswirkungen darauf, welche Möglichkeiten für den Im- und Export solcher Abfallströme bestehen. Darüber hinaus ist ein Monitoring insbesondere mit Blick auf den Handel von Rohstoffen der Circular Economy aufzubauen und kontinuierlich zu bewerten, wobei Handelsrestriktionen in anderen Teilen der Welt mitbeobachtet werden sollten. Diese Umstände müssen zukünftig von der Bundesregierung stärker berücksichtigt werden, wenn es um die Ansiedlung und den Aufbau von Verwertungskapazitäten geht.
5) Zukunftsorientierte Regeln für das Ende der Abfalleigenschaft gestalten
Zirkuläres Wirtschaften erfordert reibungslose, unternehmensübergreifende Übergänge zwischen Abfall-, Produkt- und Stoffrechtmit der damit verbundenen Rechtssicherheit für Unternehmen. Dabei sind Unternehmen, die Abfälle als Rohstoffe transportieren, lagern und in der Produktion einsetzen wollen, mit einer Vielzahl von abfallrechtlichen und administrativen Anforderungen konfrontiert. Um Rechtssicherheit herzustellen, können Unternehmen individuell bei Behörden prüfen lassen, ob ein Material zu einem bestimmten Zeitpunkt rechtlich als Abfall, nicht Abfall oder ggf. als Nebenprodukt einzustufen ist. Verbleibt die Einstufung dabei auf einer individuellen Ebene je Prüffall, legen die jeweils zuständigen Behörden die dazu im Kreislaufwirtschaftsgesetz verankerten, abstrakten Kriterien potenziell unterschiedlich aus. Im Ergebnis führt dies zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen und potenziell hohen Hürden für die Umsetzung zirkulärer Unternehmensstrategien. Behörden müssen klare und eindeutig nachvollziehbare Entscheidungen treffen können, um eine für Unternehmen möglicherweise unbegründet nachteilige Auslegung zu vermeiden. Folglich kommt einem einheitlichen und eindeutigen Verständnis der Kriterien (u.a. bei Behörden aller Bundesländer) sowie Erfahrungsaustausch und Wissensaufbau über Positivbeispiele eine besondere Rolle zu und muss gestärkt werden. Darüber hinaus gilt es auch auf europäischer Ebene eine einheitliche Rechtsanwendung und -auslegung zu erreichen.
Für die Skalierung zirkulärer Strategien in Unternehmen muss sich neben dem Ziel des Schutzes von Umweltund Gesundheit in der Regulatorik auch das Ziel einer zirkulären Wertschöpfung als tragendes Wertschöpfungsmodell im Abfall- und Kreislaufwirtschaftsrecht widerspiegeln. Es ist daher darauf zu achten, dass bei Strategien der zirkulären Wertschöpfung, die in der Abfallhierarchie oberhalb des Recyclings angesiedelt sind (Wiederverwendung, Weiterverwendung, Reparatur etc.), nicht durch zu frühes Eintreten der Abfalleigenschaft von Produkten und Materialien eine Kreislaufführung erschwert oder verhindert wird.
Je nach Stoffstrom wird die Sinnhaftigkeit möglicher nationaler Kriterien für eine Produktanerkennung unterschiedlich bewertet. Bei Kunststoffen könnten nationale Kriterien beispielsweise zu einer Zersplitterung im europäischen Binnenmarkt führen. Bei mineralischen Ersatzbaustoffen können nationale Kriterien hingegen dann sinnvoll sein, wenn sie alle Materialien und Materialklassen der Ersatzbaustoffverordnung adressieren.
6) Strategische Circular Economy Normung auf europäischer und internationaler Ebene fördern
Mit Blick auf die Rechtssetzungsprozesse auf europäischer Ebene und den damit vermehrt einhergehenden Aktivitäten in der Normung, besteht ein erheblicher Bedarf bei der gezielten Förderung der unternehmerischenBeteiligung an Normungsaktivitäten.Beider Ausgestaltungderbereits verabschiedeten Basisrechtsakte wie der EU-Ökodesignverordnung oder EU-Batterieverordnung wird es entscheidend sein, dass die noch zu schaffenden untergesetzlichen Regeln eine erfolgreiche Entwicklung zu einem harmonisierten zirkulären Binnenmarkt in der EU erlauben. Hier benötigt es konkrete Förderung für Expertinnen und Experten, um diese wichtige Ausgestaltungsarbeit weiter und vermehrt zu übernehmen.
Diese Forderung zielt nicht per seauf mehr Normungsaktivitäten, sondern schließtdie gezielte Prüfung mit ein, wo und ob es noch Bedarfe gibt, die bei der Umsetzung und Gestaltung von Circular Economy Rechtssetzung nützlich sind. Beispiele sind Methoden zur Messbarkeit von Recyclingfähigkeit, -effizienz oder des Anteils von Rohstoffen der Circular Economy und standardisierte Datenparameter für Digitale Produktpässe (DPP). Dieses Vorgehen dient dazu, die Lücken in der Gesetzgebung mithilfe von Normen zu schließen und damit für die Industrie anwendbar und vergleichbar zu machen.
Dafür muss die strategische Rolle der Normung, wie in der NKWS im Grundsatz angelegt, auch für die EU-Rechtssetzung und ihren Implikationen für die deutsche Industrie von der Bundesregierung besser verstanden und anerkannt werden. Die Initiative des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz ein Strategieforums für Normung aufzubauen, ist ein Weg, die Ziele für denWirtschaftsstandort Deutschland auf EU-Ebene zu vertreten. Hierfür muss die ursprüngliche Mission des Forums aufgegriffen und tatsächlich umgesetzt werden, damit Circular Economy Normung auf europäischer Ebene präsenter gesetzt wird.
Zudem müssen die Kompetenzen im Bereich Normung zwischen den Ministerien ressortübergreifend besser gebündelt und koordiniert werden. Normung ist als Querschnittsthema ressortübergreifend relevant und sollte deshalb über das Bundeswirtschaftsministerium hinaus aufgegriffen und vor allem in die koordinierte Arbeit der Bundesregierung im Bereich Circular Economy integriert werden.
7) Digitale Technologien und Infrastrukturen gestalten
Die Bundesregierungmuss die Weichen für ein dezentrales und ganzheitliches Informationssystem für Daten aus der Circular Economy stellen, das es auch kleinen und mittleren Unternehmen ermöglicht,
Daten bereit zu stellen, zu teilen und für zirkuläre Strategien zu nutzen. Dafür bedarf es einer klaren Roadmap mit verlässlichen Zwischenzielen, wie dieses System auch hinsichtlich der Anschlussfähigkeit an internationale Datenstandards in Deutschland aufgebaut werden kann Hier kann erneut die Stakeholder Plattform der NKWS zur Umsetzungsbegleitung eine wichtige Aufgabe übernehmen, um ein dynamisches Monitoring der Entwicklung von Rechtssetzungsprozessen und kommenden Anforderungen auf EU-Ebene zu gewährleisten und diese mit in das Informationssystem rückzuführen.
Zudem ist es von entscheidender Bedeutung, dass Vollzugsbehörden weiter digitalisiert werden und das Personal dementsprechend geschult wird. Über die kommenden Anforderungen aus digitalenProduktpässen (DPP) werden in den nächsten Jahren mehr Daten über zirkuläre Produktaspekte in der EU zur Verfügung gestellt werden müssen. Dadurch wird eine wichtige neue Möglichkeit entstehen, diese Daten auch für die Verbesserung des Vollzugs von zirkulären Produkten zu nutzen.
8) Transparenz bei Meinungsbildung zu untergesetzlichem EU-Recht
In der Rahmengesetzgebung zur Circular Economy aus dem Green Deal wurde die Erarbeitung und Verabschiedung zahlreicher delegierter- und Durchführungsrechtsakte beschlossen. Die Regelungen in diesen Rechtsakten werden für das Gelingen unternehmerischer Zirkularität auch in Deutschland entscheidend sein. Die Bundesregierung und die Ressorts sollten daher bei den Erarbeitungsprozessen des untergesetzlichen EU-Rechts größtmögliche Transparenz sicherstellen und eine breite Beteiligung der Stakeholder vorsehen. Auf nationaler Ebene ist es dazu sinnvoll, die bereits mehrfach erwähnte Stakeholder Plattform zur Umsetzungsbegleitung eng mit einzubeziehen. Nur so wird es gelingen, optimale Investitionsbedingungen für Unternehmen in zirkuläre Lösungen zu erreichen, mitzugestalten und kalkulierbar zu halten.
3. Fünf zentrale Handlungsfelder
Die Mitglieder der BDI-Initiative Circular Economy verfolgen das gemeinsame Ziel, die zirkuläre Wirtschaft zur tragenden Säule einer nachhaltigen, defossilisierten industriellen Wertschöpfung auszubauen. Sie stellen fest, dass unser Wirtschaften dazu prioritär auch auf die möglichst lange Nutzung sowie Rückführung und Wiedernutzung von qualitativ hochwertigen Produkten und Rohstoffen in Kreisläufen ausgerichtet werden muss. Zugleich wird es erforderlich sein, dieser Ambition neue und innovative Technologien und Geschäftsmodelle und zirkuläre Dienstleistungen zur Seite zu stellen. Unstrittig ist zudem, dass für die Rohstoffversorgung der Industrie angesichts ihrer Transformationsherausforderungen auch ein stabiler Zugang zu nachhaltig gewonnenen Primärrohstoffen gewährleistet werden muss. Nur so wird es gelingen, eine insgesamt sichere Rohstoffversorgung in Deutschland zu gewährleisten. Die Mitglieder der BDI-Initiative Circular Economy verstehen sich als Gestalter der Entwicklung hin zu einer zirkulären Wirtschaft und stehen für Wettbewerb, Technologieoffenheit und Innovationen. Unter Berücksichtigung dieser Prinzipien bedarf der Übergang in ein zirkuläres Wirtschaftsmodell einer ganzheitlichen und ambitionierten Politik, die einen sicheren Rahmen für das Schließen von Kreisläufen schafft und Zirkularität nicht als Selbstzweck betrachtet. Grundlage dafür ist die Erkenntnis, dass es sich bei Politiken zur zirkulären Wertschöpfung um einen Teil der Industrieund Standortpolitik handeln muss. Entsprechend muss auch eine Governance-Struktur innerhalb der Bundesregierung und den Bundesressorts gestaltet sein. Damit Circular Economy eine Chance auf den nationalen, europäischen und internationalen Märkten werden kann, muss dies auch mit entsprechendem Sachverstand unterlegt und in Politik und Wirtschaft als strategische Querschnittsaufgabe verstanden werden. Folgende fünf Handlungsfelder sind dabei zentral:
1) Zirkuläre Produkte und Dienstleistungen als Ausgangspunkt
Die deutsche Industrie ist auf einen funktionierenden und freien europäischen Binnenmarkt angewiesen. Zukünftig soll insbesondere im Rahmen der Umsetzung der EU-Ökodesign-Verordnung sowie weiterer produktspezifischer Regelungen (zum Beispiel EU-Batterie- und EU-Verpackungsverordnung und einer möglichen neuen EU-Regelung für Altfahrzeuge) das Produktdesign auch an Kriterien wie Langlebigkeit, Wiederverwendbarkeit, Reparierbarkeit sowie Recyclingfähigkeit und am Einsatz von Rohstoffen der Circular Economy ausgerichtet werden. Die Erfüllung solcher zirkulären Kriterien soll auch darüber entscheiden, ob Produkte auf dem europäischen Binnenmarkt in Verkehr gebracht werden dürfen. Sie wirken somit für in der EU hergestellte als auch für importierte Produkte und haben das Potenzial, neue zirkuläre Geschäftsmodelle wettbewerbsfähig zu machen. DerFokus auf das Produktdesign bietet dabei die Chance, Zirkularität in der unternehmerischen Praxis und in der Nutzungsphase zu etablieren. Die vorgesehenen Anforderungen sollen in den kommenden Jahren unter anderem durch die Entwicklung von einer Vielzahl delegierter und Durchführungsrechtsakte sowie durch die Erarbeitung von harmonisierten Normen und Standards geschaffen werden. Dabei muss zwingend die richtige Balance zwischen sinnvoller Rahmensetzung und Freiheitsgraden für Unternehmen gefunden werden, damit sich die Kreativität und Innovationskraft von Unternehmen unter Wahrung fairer Wettbewerbsbedingungen im gesamten Wertschöpfungskreislauf entfalten kann.
Neben diesen neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ist die Überarbeitung des europäischen Stoffrechts (REACH-Verordnung) zu erwarten. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, dass bei der Beschränkung beziehungsweise dem Verbot von Stoffen konsequent ein wissenschaftsbasierter Ansatz mit einer umfassenden Risikobewertung zugrunde gelegt wird, damit Produkt- und Materialkreisläufe von Unternehmen geplant und etabliert werden können. Bei all diesen Aufgaben wird es darauf ankommen, dass Deutschland auf europäischer Ebene eine gestaltende und proaktive Rolle einnimmt. Nur so wird es möglich sein, die großen Potenziale der zirkulären Wertschöpfung für das Industrieland Deutschland zu heben und Zielkonflikte im Kontext weiterer Nachhaltigkeitsanforderungen transparent zu machen. Dazu können auch regelmäßige Konsultationen relevanter Stakeholder auf nationaler Ebene, zum Beispiel über die in der NKWS vorgesehene nationale Circular Economy Plattform, dienen. Ziel muss es sein, gemeinsame Expertise und Wissen auf die europäische Ebene zu transportieren, um praxisgerechte Regeln für den Binnenmarkt zu schaffen.
2) Funktionierende Märkte für Rohstoffe der Circular Economy
Neben der Versorgung mit heimischen und importierten Primärrohstoffen muss die Nutzung von Rohstoffen der Circular Economy generell und materialspezifisch gesteigert werden, wenn durch Zirkularität mehr Versorgungssicherheit, Klimaschutz, Umweltschutz und Resilienz erreicht werden soll. Die Marktakzeptanz beim Einsatz von Rohstoffen der Circular Economy muss dazu erhöht werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Menge der anfallenden Abfälle und Nebenprodukte das theoretische Potenzial für daraus erzeugte Rohstoffe und Energie absolut begrenzt.
Um die Potenziale von Rohstoffen der Circular Economy heben zu können, muss sichergestellt werden, dass das Recht zur Verbringung von Abfällen auch im Sinne einer Circular Economy ausgelegt und weiterentwickelt wird. Rohstoffe der Circular Economy müssen auch im Hinblick auf den administrativen Aufwand in Unternehmen fair mit Primärrohstoffen konkurrieren können. Ferner wird es in den kommenden Jahrendaraufankommen, Investitionen in neue,flächendeckende undzuverlässige Sammel-, Sortier- und Verwertungsstrukturen im Einklang mit der Abfallhierarchie abzusichern und gleichzeitig die vorhandene Infrastruktur (auch mit Blick auf Verkehr und Transport), inklusive privatwirtschaftlich von Herstellern getragener Systeme zur Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung
zu etablieren bzw. im Bestand zu sichern und fortzuentwickeln. Dabei müssen die Potenziale, Ziele und Maßnahmen zur Steigerung der Nutzung von zirkulären Rohstoffen auch weiterhin materialspezifisch betrachtet werden. Instrumente, die zur Förderung des Einsatzes von Rohstoffen der Circular Economy rechtlich auf nationaler Ebene verankert werden (“Push”- und “Pull”-Maßnahmen), müssen im Hinblick auf die Kriterien „Auswirkungen auf das Ziel eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts“ – (1), „Auswirkungen auf die Quantität – Verfügbarkeit und Nachfrage“ - (2), „Sicherstellung der am Markt erforderlichen Qualität“ (3) und „erwartete Preisentwicklung“ (4) abgewogen werden. Nur so kann die jeweils intendierte Lenkungswirkung in einer Marktwirtschaft sichergestellt werden.
Kennzahlen für das Recycling und den Rezyklateinsatz von kritischen Rohstoffen gemäß dem Verständnis des EU Critical Raw Materials Act variieren, sofern sie vorliegen, stark nach Metallart. Dabei sind kritische Rohstoffe meist diffus und in geringen Konzentrationen in Produkten verteilt und damit mit hohen operativen sowie Transaktionskosten zum Erwerb des Rezyklats verbunden. Mit Blick auf die mitunter lange Gebundenheit von kritischen Rohstoffen in Produkten sowie das Ziel einer Förderung von Zweit- und Weiternutzungen ist neben der zeitlichen Verfügbarkeit von Rezyklaten auch die Verbringung von Abfallströmen mit Anteilen an kritischen Rohstoffen in den Blick zu nehmen, um ausreichend Mengen für den wirtschaftlichen Betrieb von Recyclinganlagen verfügbar zu machen.
3) Circular Economy als Voraussetzung für den Klimaschutz
Die Etablierung einer zirkulären Wirtschaft bietet für viele Sektoren die Chance, einen wichtigen und notwendigenBeitrag zum Klimaschutz zu leisten. Die Verlängerung der Nutzungsdauer von Produkten und Materialien, der Einsatz von in Kreisläufen geführten Rohstoffen wie recycelte Rohstoffe oder Nebenprodukte und die energetische Nutzung nicht recycelbarer Abfälle leisten schon heute einen wichtigen Beitrag zur Verringerung der Treibhausgasemissionen. Gleiches gilt für Rohstoffe aus Biomasse und perspektivisch auch für die Nutzung von weiteren alternativen Rohstoffen wie CO2, die für die erforderliche Etablierung von Kohlenstoffkreisläufen unabdingbar sein werden. Maßnahmen zur zirkulären Wertschöpfung greifen dabei auf unterschiedlichen Stufen von Design-, Verarbeitungs-, Produktions-, Distributions-, Nutzungs- und Verwertungsprozessen. So entfalten beispielsweise Langlebigkeit, Wiederverwendung, Reparatur und Recycling jeweils Effekte zur Verringerung von Treibhausgasemissionen von Produkten an verschiedenen Stellen des Wertschöpfungskreislaufs. Dabei sollte das Produkt sowie sein Lebenszyklus inklusive Transportemissionen ganzheitlich betrachtet werden.
Ein international einheitliches Verständnis dazu, wie Auswirkungen von zirkulären Maßnahmen systematisch in die Klimabilanzen von Staaten und Unternehmen integriert werden können, besteht bisher allerdings nicht. Dies betrifft auf Unternehmensebene vor allem Emissionen, die im Scope 3 Bereich anfallen.
Gleichzeitig werden auch in vielen Mitgliedstaaten der EU immer noch große Mengen an Siedlungsabfällen deponiert, die weder stofflich noch energetisch genutzt werden. Durch ein Ende der Deponierung von recyclingfähigen und organischen Abfällen können gleichzeitig mehr Rohstoffe für den Kreislauf zurückgewonnen werden und mit der Nutzung des Energiegehaltes von nicht mehr recyclingfähigen Abfällen der lokalen Energieversorgung mit Strom und Wärme ein Baustein hinzugefügt werden. Nationale Emissionshandelssysteme, zum Beispiel für die thermische Abfallbehandlung, die parallel zum europäischen Emissionshandel betrieben werden, bergen immer die Gefahr, dass Unternehmen am Standort Deutschland im europäischen Wettbewerb Benachteiligungen erfahren oder dass Abfallströme Gegenstand von grenzüberschreitenden Verbringungen zur vermeintlichgünstigerenaber ökologisch nachteiligen Entsorgung werden. Ziel muss hier ein europäisch einheitliches Bepreisungssystem für Treibhausgasemissionen aus allen relevanten Entsorgungsverfahren sein, das geeignet ist,
die Dekarbonisierung wirtschaftlich, ohne Carbon-Leakage und Marktverzerrungen, und unter Einhaltung der Abfallhierarchie, zu fördern.
4) Zirkuläre Wertschöpfung digital
Die digitale Durchdringung von Produktion, Produkten, und Dienstleistungen vollzieht sich weltweit. Die positive Verbindung von digitalen Technologien und die Nutzung von Daten mit der Fortentwicklung des zirkulären Wirtschaftens ist daher Voraussetzung, wenn der Industriestandort Deutschland im globalen Wettbewerbbestehen soll. Digitalisierung ist dabei keine parallele Entwicklung zur Circular Economy, sondern deren integraler Bestandteil in allen Wertschöpfungsphasen.
In der deutschen Industrie und der Verwaltung gibt es – gerade im Vergleich zu anderen Wirtschaftsräumen – noch viele „blind spots“ und offene Fragen:
– Was passiert mit Produkten und Materialien über den gesamten Lebenszyklus?
– Wie sind Material- und Abfallströme zusammengesetzt und wie können sie sinnvoll und effizient überwacht werden?
– Welche Unternehmen – insbesondere KMU – brauchen noch Unterstützung bei der Digitalisierung ihrer Produktions- und produktbezogenen Daten?
– Wie kann eine einheitliche digitale Infrastruktur bei Behörden für einen verbesserten Vollzug aussehen?
– Wie kann sichergestellt werden, dass Waren und Rohstoffe über den gesamten Kreislauf in üblichen Transport- und Logistikströmen bewegt und somit dem Kreislauf zur Verfügung gestellt werden können?
Folgende digitale Technologien können Lösungsgeber sein:
– Digitale Zwillinge, die Abfallströme antizipier-, mess- und steuerbar machen und damit neue Möglichkeiten der Sortierung und des Recyclings schaffen.
– Handelsplattformen und durch künstliche Intelligenz (KI) gestützte Datenbanken, die Angebot und Nachfrage nach Produkten, Produktkomponenten und Rohstoffen der Circular Economy zusammenführen.
– Digitale Produktpässe (DPP), die Daten für die zirkuläre Wertschöpfung transparent und interoperabel machen und eine Vernetzung der am Kreislauf beteiligten Akteure (Unternehmen, Behörden, Konsumentinnen und Konsumenten) ermöglichen.
Im Rahmen deseuropäischen Green Deal wurde in zahlreichen kreislaufwirtschaftspolitischen Rechtsakten die Grundlagen zur Schaffung von DPP gelegt. Als Rahmen gilt hierbei die Verankerung des DPP in der Ökodesign-Verordnung. In den kommenden Jahren wird es darauf ankommen, branchenübergreifend kompatible Infrastrukturen zum Datenaustausch zu etablierenund zielgerichtete Informationen auf Material- beziehungsweise Produktebene zu aggregieren, die darüber hinaus anschlussfähig an Industrie 4.0 Applikationen sind. Neben allgemeinen regulatorischen Anforderungen zur Datentransparenz sollten ebenfalls Anreize geschaffen werden, neue und datengetriebene Geschäftsmodelle zu entwickeln. Hier benötigt es ein flexibles und ganzheitliches Informationssystem, dass einen
international anschlussfähigen Datenraum für die deutsche Wirtschaft schafft, der die Anwendung digitaler Technologien begünstigt und neue Wege zirkulärer Wertschöpfung ermöglicht.
In diesem Zusammenhang sollten außerdem folgende wesentliche Aspekte berücksichtigt werden: die Datensicherheit, die von großer Bedeutung ist und gleichzeitig Chancen für digitale Entwicklungen in Deutschland bietet; dieWahrung von Geschäftsgeheimnissen, wobei der DPP so viele Daten wienötig und so wenige wie möglich offenbaren sollte; sowie die Harmonisierung von Gesetzgebungen, da der DPP bspw. mit bestehenden (analogen) Vorschriften zur Produktkennzeichnung synchronisiert werden sollte.
5) Governance und Stakeholdereinbindung für
gute Regelsetzung
Das Wertschöpfungsmodell der Circular Economy basiert auf einer Systemperspektive des Wirtschaftens, die den maximalen Werterhalt von Produkten, Materialien und Ressourcen im gesamten Wertschöpfungskreislauf umfasst. Zentrale Säulen der Circular Economy sind daher das auf die Kreislauffähigkeit ausgerichtete Produktdesign, die Verfügbarkeit von erneuerbarer Energie für Produktionsund Verwertungsprozesse und die Existenz von am Kreislaufgedanken ausgerichteten Geschäftsmodellen. Ziel der Circular Economy ist die Schonung von Rohstoffvorkommen, die Verringerung von CO2-Emissionen und die Verringerung der Eingriffe in Ökosysteme und somit die Entkoppelung des Wachstums von der Belastung des Naturkapitals. Damit wird deutlich, dass eine diesem Konzept entsprechende politische Governance-Struktur ressortübergreifend gestaltet und stringent koordiniert werden muss. Die Umsetzung der zirkulären Wertschöpfung muss als Industrie- und standortpolitische Aufgabe angenommen und Teil ganz unterschiedlicher Politikfelder werden, um existierenden Zielkonflikte zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitszielen herauszuarbeiten und zu adressieren
Die neue Rahmengesetzgebung für zirkuläre Wertschöpfung auf dem europäischen Binnenmarkt adressiert vornehmlich Produkteigenschaften und damit auch Rohstoffeinsatz, Produktionsprozesse sowie Berichts- und Deklarationspflichten. Damit einher geht die Erkenntnis, dass zirkuläre Märkte ein empirisches Verständnis zur zirkulären Performance während des gesamten Lebenszyklus, zur Recyclingfähigkeit und der Messbarkeit von Anteilen an Rohstoffen der Circular Economy, zur Bilanzierung von Effekten für den Klimaschutz, zur digitalen Architektur und den Datentransfer für digitale Produktpässe und zur Berichterstattung von Kennzahlen zur zirkulären Leistungsfähigkeit von Unternehmen erfordern.
Um diese marktbestimmenden Parameter auszugestalten, ist in der europäischen Rahmengesetzgebung die Schaffung einer Vielzahl von delegierten- und Durchführungsrechtsakten angelegt. Zudem sollen über Normungsaufträge auf EU-Ebene Standardisierungen vorgenommen werden. Die Bewältigung dieser Aufgaben erscheint angesichts ihrer großen Bedeutung für das Gelingen der zirkulären Wertschöpfung, knapper personeller Ressourcen und der benötigten technischen Expertise herausfordernd, aber unerlässlich. Die Einbindung der betroffenen Stakeholder über transparente und schlanke Prozesse in die Gestaltung der Marktbedingungen für zirkuläre Produktion, Produkte und Dienstleistungen wird darüber entscheiden, ob die mit der Transformation zur Circular Economy verbundenen ZielederEU realisierbar sind.Gesetzgebung sowie Normung undStandardisierungmüssen so ineinandergreifen, dass für Unternehmen Rechtssicherheit entsteht und gleichzeitig ausreichend Raum für die Entstehung und Gestaltung neuer und international anschlussfähiger Märkte gewährleistet wird.
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