
7 minute read
AUSEINANDERSETZUNG MIT DER EIGENEN (politischen IMPERFEKTION
AUSEINANDERSETZUNG
mit der eigenen (politischen) Imperfektion
Advertisement
In BDP Kreisen habe ich schon viele Gespräche miterlebt, die sich auf „Blasen“ beziehen. Doch was bedeutet es, in einer „Blase“ zu leben? potentiell Selbstzweifel und dauert. Und zwar lang. Sehr lang!
Oftmals, wenn von diesen oder auch von „Kreisen“ und „Kontexten“ die Rede ist, geht es um etwas, das sich nach außen hin abgeschlossen anfühlt. Ein Wohlfühlraum, in dem sich Menschen mit ähnlichen Interessen und Weltbildern bewegen. Es gibt wenige Streitpunkte; außer vielleicht Diskussionen über die nächste gemeinsame Aktion.
Aber es gibt sie sehr wohl, die Konflikte – meist sind sie größer sieren, zu denen ich aufblicke und mir ab und zu einzugestehen,
als wir annehmen.
Hinzu kommt ein weiteres Problem: Es wird sich außerhalb unserer Blasen nichts ändern, wenn wir unsere internen Diskussionen nicht auch in die Welt da draußen tragen und unsere Gespräche derungen angestoßen habe. Trotzdem tun sich bei jedem Schritt
weiterhin exklusiv gestalten (z.B. durch Sprache).
Ich habe das Gefühl, dass wir uns gegenüber Kritik verschließen. Wir leisten in unserer Freizeit wertvolle Arbeit, sitzen in Plena, gefallen sind, kann ich dir versichern: es geht allen Menschen so,
engagieren uns in der Geflüchtetenhilfe oder in queeren Projekten. Dass dadurch internalisierter Rassismus und geschlechtliche Normvorstellungen nicht einfach verschwinden ist schmerzhaft. Wir müssen uns eingestehen, dass wir nicht perfekt sind. Weder in unserer Sprache, noch in unserem Handeln.
Es ist wichtig, zu verstehen und zu benennen, dass es auch in linnierungsformen gibt. Wenn du jetzt denkst: Ja, ich kenne da wen…
...kann ich dir sagen: Ja! Dich zum Beispiel! Tut weh zu lesen? Tut auch weh zu schreiben! Denn ich schließe mich nicht aus. Ich konfrontiere mich. Tagtäglich. Denn genau so und nur so kann ich etwas daran ändern. Ich lasse es zu, dass Menschen mich auf meine Sprache aufmerksam machen und führe weiterhin Diskurse, die mir zu den Ohren raus hängen. Es kostet mich Kraft, schürt
Es geht darum, Gewohnheiten umzuwerfen, Menschen zu kritidass Gedanken, die mir in den Kopf schießen, manchmal nicht mit meinen Utopien zusammenpassen.
Das Spannende: ich weiß, dass ich mittlerweile wichtige Veränin die Richtung, die ich für richtig halte, weitere Baustellen auf.
Mein Ansatz: Höre Betroffenen zu, schaffe ihnen Rederäume, nehme sie ernst und ihre Kritik an. Außerdem: Höre aufmerksam deinen Gedanken zu. Schäme dich nicht, sondern sei froh, dass du Probleme erkennst! Und dann steh dazu und frag andere nach Hilfe. Denn nach etlichen Gesprächen, die mir echt nicht leicht ken Kreisen Sexismus, Rassismus, Ableismus und andere Diskrimi
die sich auf diesen immens wichtigen Prozess einlassen!
Lass uns doch hier beginnen: Wir alle sind (politisch) imperfekt und werden es vermutlich auch bleiben. Ist das schlimm? Nein! So lange wir das nicht vergessen, bereit sind zu Lernen und das Beste aus uns machen.
Von Carla
WILDWÜXIG UNTERWEGS

Eine Parkwiese in Bremerhaven, ein großer Zirkuswagen, eine improvisierte Bar, zwei Hocker. So sieht heute die Theaterbühne aus. Beide Schwestern müssen sich dazu durchringen, ihre Verletzlich
Lisa und Fine laufen sich in in dieser Kulisse, nämlich einer Kneipe, über den Weg. Die beiden sind Schwestern und haben sich schon ein paar Jahre lang nicht mehr gesehen.
„Willst du was trinken?“ „Ich hätte gern ein alkoholfreies Bier, bitte.“ ner Seenotrettungscrew, die Unterstützung gebrauchen können.
„Oh. Das hätte ich von dir nicht erwartet...“
Und schon wird klar: Beide haben viel erlebt und sich verändert. Zu Beginn noch ganz vorsichtig kommt die Unterhaltung ins Rollen. Gemeinsame Erlebnisse werden in Erinnerung gerufen und... die Angst vor der Veränderung. Und Veränderungen gibt es halt
„erinnerst du dich noch an die Zuckerwatte, damals auf dem Herbstmarkt?“ Aber schon bald geht es um Zukunftspläne, um Träume und Ängste.
Lisa ist viel gereist, hat bei Projekten mitgeholfen und Musik gemacht. Sie ist ruhelos und will „raus aus dem deutschen Kaltland“. Und Fine kann das mittlerweile nachvollziehen. Auch wenn sie sich nicht so mutig fühlt wie ihre Schwester Lisa. Die erzählt ganz bedort in der Kneipe, die das Gespräch der Schwestern aufschnappt.
geistert davon, wie sie vor Kurzem zum ersten Mal Stage Diving ausprobiert hat und dabei einen richtigen Klickmoment hatte.
Wir alle haben manchmal solche Klickmomente. Wenn wir erkennen, dass Wut eine produktive Kraft ist oder wir nicht immer aus kreuzweise einzuschneiden, damit er nicht bitter wird.
Fine geht’s nicht gut. Das haben wir – da draußen im Publikum – bereits gespürt. Sie hat sich von ihrer Freundin getrennt und irgendwie ist gerade ‚eh alles anders‘. Nachdem sie das ausspricht, herrscht bedrücktes Schweigen. keit zu zeigen, aber nach einem Zögern nehmen sie sich in den Arm.
Lisa will raus aufs Mittelmeer. Sie kennt da ein paar Leute in eiNach kurzem Zögern sagt sie: „Aber, wenn ich ganz ehrlich bin... hab ich Angst.“
Natürlich, Angst ist kein Grund dafür, sich von Menschen abzugrenzen. Und ganz bestimmt ist sie auch kein Grund dafür, nicht einfach mal etwas durchzuziehen. Aber vielleicht ist es auch eher immer, ganz besonders wenn wir in Gemeinschaft leben.
Dann fragt Fine: „Wie geht es dir eigentlich?“
Und plötzlich fasst Lisa all meine wirren Gedanken in Worte und ich sitze im Park auf der Wiese, und fühle mich wie eine Sitznachbarin Prinzip handeln wollen. Oder wenn wir lernen, Rosenkohl unten
„Keine Ahnung, ganz unterschiedlich.“
Das Gespräch am Tresen hält immer wieder inne und wird dann untermalt von Performances der Theatercrew, einer Zuckerwattemaschine, dem Klimawandel, Stage Diving, Selbsthilfegruppen und herzerwärmenden Punksongs.
Das Chamäleon im Spiegelkabinett. So heißt das Stück, das die Menschen der WildwuX Theatergruppe dieses Jahr gemeinsam geschrieben und geprobt haben. Jeden Sommer fahren sie, nach ausgiebigem Schreiben und Proben, mit den BDP-eigenen Zirkuswägen durch Niedersachsen und treten in Parks und an anderen öffentlichen Plätzen auf. Meist dient einer der Wägen als Kulisse, der Rest der Requisite muss gut verstaubar sein. Denn in den Wägen wird auch gekocht, geschlafen und natürlich von A nach B gefahren. Mit 20 Stundenkilometern wohlgemerkt, denn mehr geht mit den Treckern einfach nicht.
Es gibt ein paar Leute, die jetzt schon seit einigen Jahren immer wieder bei den Proben und der Tour dabei sind. Nicht nur auf der Bühne, sondern natürlich auch dahinter. Zum Kochen, Rangieren oder zur moralischen Unterstützung. Manchmal kommt Besuch vorbei und bringt Kuchen mit. Im Publikum sitzen fast immer auch Freund*innen und die sieht man besonders gern Lachen und Staunen.
Jedes Jahr ist die Gruppe anders. So ergeben sich aufregende Zusammenarbeiten, wie etwa 2018 mit den zwei Bands „Hörzu!“ und „Zerreißprobe“, die Teil der Rotzfrechen Asphaltkultur (RAK) sind.
Manche können turnen, manche Songs schreiben, manche besonders gut Chamäleon sein –alles wird eingebaut. So ist das Theaterstück jedes Jahr anders und neu.
WildwuX ist ein Projekt im BDP Niedersachsen, das es schon seit fast 40 Jahren gibt.
Für diesen Sommer (2020) werden bereits seit einigen Monaten ganz besondere Pläne geschmiedet. Denn dieses Jahr zieht WildwuX deutlich größere Kreise. Getourt wird durch Niedersachen, Thüringen, Nordhessen und Nordrhein-Westfalen. Das Ganze wird etwa drei Monate dauern (Treckergeschwindigkeit…) und darin sind die ausgiebigen Proben noch nicht inbegriffen. Die Gruppe will sich mehr Zeit nehmen und länger an den Orten verweilen, die sie besucht. Die Zeit soll dann auch dazu da sein, sich mit anderen Projekten und Menschen auszutauschen und Ideen für die Zukunft zu spinnen. Um dem Ganzen die Zipfelmütze aufzusetzen, hat WildwuX auf der großen Tour gleich zwei Theaterstücke, sowie jede Menge Workshops im Gepäck. Von Showkampf über Backen und Wagenbau bis zur theoretischen Auseinandersetzung mit Wut & Gender gibt es da Einiges zur Auswahl. All das geschieht aus keinem anderen Grund, als dem, dass es da ein paar Leute gibt, die richtig Bock haben. So, wie ich das eben vom BDP kenne.
Der Alltag auf Tour scheint auf den ersten Blick eine ganz schön romantische Angelegenheit zu sein. Viel frische Luft, jeden Tag gemeinsam Essen, in der Sonne rumliegen und auf der Bühne austoben und Zuschauer*innen verzaubern. Allerdings braucht es auch eine ganze Menge Kommunikation, Arbeit und Geduld, damit alles funktioniert. So einen zehn Meter langen Wagen mit einem Trecker zu rangieren kann eine echt haarige Angelegenheit werden. Und die Einkäufe, die Wasserbeschaffung, das Kochen und das Abwaschen wollen auch koordiniert werden. Eigentlich gibt es immer viel zu tun und die Momente des Durchatmens sind dann besonders wertvoll. Zwischen Besprechungen und Aufbau/Abbau gibt es zum Glück immer auch ein bisschen Zeit zum Zusammensitzen und Quatschen, Briefchen schreiben, oder für Wattwanderungen. Und selbst als Besucherin wird ein bisschen handgemachte Utopie spürbar.
31.03.2020 Ein Update aus der Crew: Nach kurzer Corona-Schockstarre versuchen wir nun alternative kreative (Theater-)Formate zu entwickeln. Denn gerade jetzt ist es wichtig, öffentliche Diskurse auch auf künstlerischer und emanzipatorischer Ebene zu führen. Es bleibt also spannend.
von Tabea und Neele
aktuelle infos findet ihr auf unserer website
www.wildwux.org
oder auf Instagram @wildwux_theater
