BDP BLATT 01/2020

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THEMA

AUSEINANDERSETZUNG mit der eigenen (politischen) Imperfektion

In BDP Kreisen habe ich schon viele Gespräche miterlebt, die sich auf „Blasen“ beziehen. Doch was bedeutet es, in einer „Blase“ zu leben?

Oftmals, wenn von diesen oder auch von „Kreisen“ und „Kontexten“ die Rede ist, geht es um etwas, das sich nach außen hin abgeschlossen anfühlt. Ein Wohlfühlraum, in dem sich Menschen mit ähnlichen Interessen und Weltbildern bewegen. Es gibt wenige Streitpunkte; außer vielleicht Diskussionen über die nächste gemeinsame Aktion.

Tut weh zu lesen? Tut auch weh zu schreiben! Denn ich schließe mich nicht aus. Ich konfrontiere mich. Tagtäglich. Denn genau so und nur so kann ich etwas daran ändern. Ich lasse es zu, dass Menschen mich auf meine Sprache aufmerksam machen und führe weiterhin Diskurse, die mir zu den Ohren raus hängen. Es kostet mich Kraft, schürt potentiell Selbstzweifel und dauert. Und zwar lang. Sehr lang!

Aber es gibt sie sehr wohl, die Konflikte – meist sind sie größer als wir annehmen.

Es geht darum, Gewohnheiten umzuwerfen, Menschen zu kritisieren, zu denen ich aufblicke und mir ab und zu einzugestehen, Hinzu kommt ein weiteres Problem: Es wird sich außerhalb unse- dass Gedanken, die mir in den Kopf schießen, manchmal nicht mit rer Blasen nichts ändern, wenn wir unsere internen Diskussionen meinen Utopien zusammenpassen. nicht auch in die Welt da draußen tragen und unsere Gespräche Das Spannende: ich weiß, dass ich mittlerweile wichtige Veränweiterhin exklusiv gestalten (z.B. durch Sprache). derungen angestoßen habe. Trotzdem tun sich bei jedem Schritt Ich habe das Gefühl, dass wir uns gegenüber Kritik verschließen. in die Richtung, die ich für richtig halte, weitere Baustellen auf. Wir leisten in unserer Freizeit wertvolle Arbeit, sitzen in Plena, engagieren uns in der Geflüchtetenhilfe oder in queeren Projek- Mein Ansatz: Höre Betroffenen zu, schaffe ihnen Rederäume, ten. Dass dadurch internalisierter Rassismus und geschlechtliche nehme sie ernst und ihre Kritik an. Außerdem: Höre aufmerksam Normvorstellungen nicht einfach verschwinden ist schmerzhaft. deinen Gedanken zu. Schäme dich nicht, sondern sei froh, dass Wir müssen uns eingestehen, dass wir nicht perfekt sind. Weder du Probleme erkennst! Und dann steh dazu und frag andere nach Hilfe. Denn nach etlichen Gesprächen, die mir echt nicht leicht in unserer Sprache, noch in unserem Handeln. gefallen sind, kann ich dir versichern: es geht allen Menschen so, Es ist wichtig, zu verstehen und zu benennen, dass es auch in lin- die sich auf diesen immens wichtigen Prozess einlassen! ken Kreisen Sexismus, Rassismus, Ableismus und andere Diskriminierungsformen gibt. Wenn du jetzt denkst: Ja, ich kenne da wen… Lass uns doch hier beginnen: Wir alle sind (politisch) imperfekt und werden es vermutlich auch bleiben. Ist das schlimm? Nein! So lange wir das nicht vergessen, bereit sind zu Lernen und das ...kann ich dir sagen: Ja! Dich zum Beispiel! Beste aus uns machen. Von Carla

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