5 minute read

So schmal ist der deutsche Breitbandausbau ............Seite

Kommune

Behörden Spiegel Berlin und Bonn / Juli 2021 www.behoerdenspiegel.de

Aufgreifschwelle versus Giganetz

So schmal ist der deutsche Breitbandausbau

(BS/Malin Jacobson) Wenn in der Videokonferenz mal wieder die Bilder stehen bleiben, jede Mail mit mehr als vier PDFs im Postausgang festhängt und der WeTransfer gute 20 Minuten in Anspruch nimmt, hat man es mit deutschem Breitband-Internetzugang zu tun. Kein Wunder, dass es sich viele Firmen gut überlegen, unter welchen digitalen Infrastrukturvoraussetzungen und damit an welchem Standort sie arbeiten möchten. Dabei ist es gerade der Markt, der bremst.

Der Bericht der Bundesregierung zur Zwischenbilanz zur Umsetzung der Maßnahmen der Politik für gleichwertige Lebensverhältnisse spricht hingegen von guten Entwicklungen bei der Breitbandverfügbarkeit. Seit Mitte 2020 hätten bereits 77,1 Prozent der ländlichen Haushalte einen Breitbandanschluss mit mindestens 50 Mbit/s. Ende 2016 waren es nur 33,8 Prozent, wodurch sich ein Wachstum von 43 Prozentpunkten ergibt. Auch in städtischen Gebieten gab es eine positive Entwicklung von 89,5 Prozent Ende 2016 zu 97,8 Prozent Mitte 2020. Das StadtLand-Gefälle konnte also abgebaut werden. Mitte 2020 hatten demnach mehr als 93 Prozent aller Haushalte Breitbandanschlüsse, die Downloadraten von mindestens 50 Mbit/s ermöglichen. Allerdings: Rund drei Millionen Haushalte sind nach wie vor ohne Breitbandanschluss.

Glasfaserausbau kommt nur zögerlich voran

Die Frage bleibt, wie es mit dem Breitbandausbau weitergeht. Schließlich seien die 50 Mbit/s immer nur ein Etappenziel gewesen, sind sich Dr. Klaus Ritgen, Referent beim Deutschen Landkreistag, sowie Dr. Uda Bastians, Beigeordnete beim Deutschen Städtetag, einig. Ritgen betont sogar, es wäre besser gewesen, schon die Weiße-Flecken-Förderung direkt auf ein Glasfaser-Ziel auszurichten. Und er ergänzt, bei den noch laufenden 50-Mbit/s- Projekten handele es sich um Vorhaben aus der ersten Phase der Weißen-Flecken-Förderung. Inzwischen gebe es auch in diesem Programm nur noch für den Gigabitausbau Fördermittel. Bastians fordert, dass allen Haushalten möglichst bald ein Gigabit zur Verfügung stehen müsse.

Es gibt noch viel zu tun, bis alle Haushalte an schnelles Internet angeschlossen sind. Während manche Gegenden bereits von Gigabitnetzen träumen dürfen, befinden sich andere noch in der Warteschleife.

Foto: BS/©kirill_makarov, stock.adobe.com

Für Arbeitgeberinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice sowie Unternehmen seien die 1.000 Mbit/s des Gigabitnetzes notwendig, um reibungslos arbeiten zu können. Laut Bundesminister Andreas Scheuer will man dies flächendeckend bis 2025 ausbauen. Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten e. V. (VATM) rechnet dagegen erst für das Jahr 2030 mit flächendeckend verfügbaren Glasfaseranschlüssen, sodass Scheuers Gigabit-Ziel 2025 schwierig umzusetzen sein wird. Einen Grund für den weiter lückenhaften Ausbau nennt Bastians: “Im Rahmen der Weißen-Flecken-Förderung wurde Glasfaser bisher häufig nur bis zum Verteiler gelegt, nicht bis zum Haus. Für die letzte Meile ist es dagegen beim alten Kupferkabel geblieben.” Selbst wenn ein Haus bereits an das Glasfasernetz angeschlossen sei, bestehe eine weitere Herausforderung darin, die Glasfaser vom Hausanschluss im Keller bis in die Wohnung zu bringen, betont Ritgen. Ältere Immobilien nachträglich mit Glasfaserleitungen auszustatten, sei nur mit Einwilligung der Hauseigentümer möglich.

Trenching

Hoffnung könnte das 2020 gestartete DIN-Normverfahren zur Trenching-Technologie geben, mit der sich schnell große Entfernungen überwinden lasse: Trenching ist, so die Bundesregierung, ein alternatives Verlegeverfahren, bei dem anstelle eines in Handschachtung oder mit dem Bagger erstellten Grabens ein schmaler Schlitz in die Oberfläche gefräst wird, um Leerrohre und Glasfaserkabel verlegen zu können. Allerdings erklärt Ritgen: “Dieses Verfahren bietet für den ländlichen Raum kaum Vorteile. Hier ist es viel schneller und kostengünstiger, die Kabel im Straßengraben zu verlegen und dann mit einem ausreichenden Schutz zu versehen.” Auch für den städtischen Raum sei das Verfahren eher ungeeignet, ergänzt Bastians. Denn in den Städten lägen bereits viele Kabel und Rohre in den Straßen und der Bodenbelag könne daher nicht ohne Weiteres aufgefräst werden. Spätere Sanierungsarbeiten an den Leitungen unter der Straße würden sonst viel zu schwierig und teuer. Hinzu kommt die Sorge vor Langzeitschäden. Denn noch gibt es keine Erfahrungen dazu, wie sich ein solcher Schlitz auf den Zustand des Straßenbelages auswirkt. Sollten Straßen als Folge von Trenching nach zehn Jahren ausgetauscht werden müssen, wäre das eine nicht tragbare finanzielle Mehrbelastung für die Kommunen, sind sich Bastians und Ritgen einig. Zudem sind laut dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) Bundesautobahnen und autobahnähnlich ausgebauten, Bundesfernstraßen von Trenching nach wie vor ausgenommen. Nur Landes- und Kommunalstraßen kämen infrage.

Aufgreifschwelle

Der Referent des Deutschen Landkreistages sieht auch ohne Trenching viel Pozential in den ländlichen Gebieten. Da in ländlichen Gegenden die Infrastruktur generell weniger ausgebaut sei als in urbanen, sei dort die Bereitschaft für große Sprünge, beispielsweise von 30 auf 1.000 Mbit/s – und die damit einhergehenden Kosten – vergleichsweise hoch. Dem steht jedoch nach wie vor die Aufgreifschwelle entgegen. Sie ist bis 2023 bei 100 Mbit/s angesetzt und verhindert überall dort, wo Vectoring mit 100 oder 200 Mbit/s zum Einsatz kommt, die flächendeckende Förderungen des Breitbandausbaus – zum Schutz des freien Marktes. Ritgen fordert daher: “Die Aufgreifschwelle muss fallen. Sofort!” Er gibt zudem zu bedenken, dass nicht absehbar sei, wie viel Geld für die zweite und dritte Förderstufe vorhanden sein werde, da in NachpandemieZeiten das Geld wohl anderweitig investiert werde. Und Bastians fordert: “Es muss möglich sein, auch dort, wo schon Kabelnetze vorhanden sind, Glasfasernetze mit Förderung auszubauen. Nur so können wir Druck auf die Netzbetreiber aufbauen und sie zum Glasfaserausbau motivieren.”

KNAPP Geld für Krankenhäuser

(BS/mj) “Kommunale Krankenhäuser sind zusammen mit den Universitätskliniken das Rückgrat einer hochwertigen Gesundheitsversorgung”, erklärt Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages. Allerdings seien diese chronisch unterfinanziert, sodass die kommunalen Träger zum Ausfallbürgen würden, um die Krankenhäuser erhalten zu können. Hier sieht Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt den Bund in der Pflicht und fordert schnelle und unbürokratische Hilfen. Michael Cerny, Oberbürgermeister der Stadt Amberg, ergänzt: “Die zunehmende Verlagerung der Kosten im Gesundheitswesen auf die Kommunen nimmt uns die finanziellen Spielräume zur Umsetzung wichtiger Aufgaben wie beispielsweise im Bildungsbereich oder bei der Verkehrswende.” Jung fordert: “Die Länder müssen endlich ihrer Investitionspflicht nachkommen und den Investitionsstau von 30 Milliarden Euro auflösen.”

245 Kilometer Gleis reaktiviert

(BS/mj) Im Sinne des Klimaschutzes will die Deutsche Bahn (DB) 20 stillgelegte Strecken reaktivieren und damit mehr Nahverkehr in die Fläche bringen. “Wir wollen mehr Menschen für die Bahn gewinnen, mehr Güter auf die Schiene bringen”, erklärt Jens Bergmann, Vorstand Infrastrukturplanung und -projekte der DB Netz. Mit dieser Entwicklung gehen aber auch Forderungen für zukünftige Entwicklungen einher. “Die nächste Bundesregierung ist gefordert, die Hürden für weitere Reaktivierungen zu senken. Die bisherigen Bewertungskriterien ignorieren die sozialen Aspekte einer Schienenanbindung und berücksichtigen zu wenig die Umweltvorteile des Schienenverkehrs,” meint Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.

Forum für Kämmerei und Kassenwesen, Beteiligungen, Personal, Organisation und Rechnungsprüfung Kommunaler Finanzgipfel

31. August – 1. September 2021, GOP Varieté-Theater, Bundesstadt Bonn

Je nach Pandemielage wird die Tagung virtuell durchgeführt.

Referent*innen, u. a.:

Prof. Dr. Dörte Diemert, Stadtkämmerin, Stadt Köln Uwe Zimmermann, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer, Deutscher Städte- und Gemeindebund

Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.fi nanz-gipfel.de

Dr. Ute Jasper, Rechtsanwältin & Partnerin der Sozietät HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK Manfred Uhlig, Kämmerer, Hansestadt Lübeck

Unterstützung

WeiterbildungWeiterbildung Erfahrungsaustausch

This article is from: