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Deutscher Aufbau- und Resilienzplan gebilligt ..........Seite

Insbesondere seien Maßnahmen zur Unterstützung der Digitalisierung Öffentlicher Dienste, vor allem öffentlicher Gesundheitsdienste, sowie von Unternehmen geplant, so die Kommission in einer Mitteilung. Der Plan sehe demnach ferner Maßnahmen zur Förderung des Humankapitals sowie Investitionen in fortschrittliche digitale Technologien vor, wobei eine Komponente auf die Digitalisierung der Bildung ausgerichtet sei.

Kriterien erfüllt

Die Kommission habe den von Deutschland eingereichten Plan nach den Kriterien der ARF-Verordnung bewertet, heißt es weiter. Dabei sei insbesondere analysiert worden, ob die von Deutschland geplanten Investitionen und Reformen den ökologischen und digitalen Wandel vorantrieben, ob sie zur wirksamen Bewältigung der im Rahmen des Europäischen Semesters ermittelten Herausforderungen beitrügen und ob sie das Wachstumspotenzial, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die wirtschaftliche und soziale Resilienz stärkten. Neben der Digitalisierung soll ein weiterer großer Teil der Mittel (42 Prozent) in Maßnahmen zur Unterstützung von Klimaschutzzielen fl ießen. Ein zentraler Bestandteil des Plans seien zudem Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Projects of Common European Interests, IPCEI) in den Bereichen Wasserstoff, Mikroelektronik, Cloud-Infrastruktur und Daten verarbeitung, an denen sich alle interessierten Mitgliedsstaaten beteiligen könnten, hebt die Kommission hervor.

Viel EU-Geld für die Digitalisierung

Deutscher Aufbau-und Resilienzplan von Kommission gebilligt

(BS/Matthias Lorenz) Die Europäische Kommission hat den deutschen Aufbau- und Resilienzplan (DARP) gebilligt. Somit ist die Auszahlung von 25,6 Milliarden Euro an Zuschüssen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) der EU an Deutschland nun wahrscheinlich. Zustimmen muss noch der Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der EU (ECOFIN-Rat). Positiv hob die Kommission hervor, dass gemäß Deutschlands Plan 52 Prozent der Gesamtmittel für Maßnahmen zur Förderung des digitalen Wandels bereitgestellt werden sollen.

Lange Verhandlungen

Bis der DARP zur Billigung an die Kommission weitergeleitet wurde, waren jedoch lange Verhandlungen zwischen der obersten EU-Behörde und Deutschland notwendig. “Eine Herausforderung war, dass viele Rahmenbedingungen zu Beginn der Verhandlungen noch nicht fi xiert waren. Deswegen mussten wir im Laufe des Verhandlungsprozesses auch an einigen Stellen Änderungen vornehmen”, berichtet Werner Ebert, Projektleiter DARP beim Bundesministerium für Finanzen (BMF).

Auch der Behörden Spiegel thematisierte den DARP in einem Webinar, welches auf der Plattform Digitaler Staat Online in der Mediathek abrufbar ist. Screenshot: BS

Insgesamt solle die Mittel aus dem ARF nicht nur akut aus der CoronaKrise helfen, vielmehr müssen mit ihnen laut Ebert auch die langfristigen transformativen Aufgaben Europas angegangen werden. “Im Vergleich zu den Plänen anderer Mitgliedsstaaten ist es unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir auch IPCEI in den Plan mitaufgenommen haben.” Es sei der deutschen Seite immer auch um die europäische Perspektive gegangen.

Halbzeit bei der OZG-Umsetzung

Eine Zwischenbilanz aus dem Bundesverwaltungsamt

(BS/Till Becker-Adam) Mit seinen 150 Aufgaben ist das Bundesverwaltungsamt (BVA) als zentraler Dienstleister des Bundes auch für einen Großteil der OZG-Leistungen im Geschäftsbereich des BMI zuständig. Wie sich das BVA bei deren Umsetzung bis Ende 2022 schlägt, ist entscheidend für die Erreichung der gesetzlich vorgegebenen Ziele innerhalb des Ressorts. Rund 18 Monate bleiben bis zum Ablauf der OZG-Umsetzungsfrist. Zeit für ein Halbzeit-Resümee.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BVA arbeiten gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) sowie der Bundesdruckerei an der Digitalisierung von Verwaltungsleistungen im Bundesportal und weiteren Systemen. Der weitaus größte Teil der Online-Leistungen des BVA wird bereits oder wird demnächst im neuen einheitlichen Bundesportal bereitgestellt. Hierfür nutzt das BVA die sogenannte “Fertigungsstraße” von Bundesdruckerei und BMI. Diese gibt eine standardisierte Vorgehensweise zur Spezifi kation von Leistungen vor und stellt passende Werkzeuge und Vorlagen zur Verfügung. Die nutzenden Behörden können sich voll und ganz auf die fachlichen Aspekte der Umsetzung konzentrieren. Das BVA hat die Entwicklung des Bundesportals von Anfang an begleitet und konnte als “Early Adopter” aktiv beim Aufbau der wie z. B. den digitalen Rückkanal zum Nutzerkonto Bund angereichert. Andere Dienste, wie etwa die Corona-Hilfen für Profi sportvereine, kamen erst im vergangenen Jahr dazu. Eine weitere Herausforderung bei der OZG-Umsetzung besteht in Leistungen, die in gemischter Bund-, Länder- oder kommunaler Zuständigkeit wahrgenommen werden, beispielsweise waffenrechtliche Erlaubnisse. Während die Formulare nahezu identisch aufgebaut sein können, fi ndet die Bearbeitung je nach Antragsteller bei unterschiedlichen Behörden statt. Hier ist eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten nötig.

Enge Einbindung von Fachexperten

Plattform und deren Features mitwirken. Ein technisches Highlight des Bundesportals ist die gelungene mobile Webseite des Bundesportals, die in Verbindung mit der Ausweis-App die Authentifi zierung per eID und den Zugriff auf das Nutzerkonto Bund erheblich vereinfacht. Ausprobieren empfohlen! Bereits seit vielen Jahren – schon vor Inkrafttreten des Onlinezugangsgesetzes – stellt das BVA Online-Services bereit. Bafög-Online, das Portal für die Rückzahlungen der BAföG-Darlehen, zählt zu den etabliertesten Beispielen. Den Zielvorgaben des OZG folgend, werden diese Lösungen künftig um Features

Bei der Umsetzung der Leistungen setzt das BVA auf interdisziplinäre, abteilungsübergreifende Kooperation und die Methoden des hauseigenen Digitalisierungslabors: In verschiedenen Workshop-Formaten werden fachliche Prozesse modelliert, FIM-BeschreiTill Becker-Adam ist Leiter bungen erstellt, des OZG-Umsetzungspro- Vertrauensnijektes im Bundesverwal- veaus festgestellt tungsamt. Foto: BS/BVA und Formulare spezifiziert. Der Formular-Workshop ist dabei ein regelmäßiges Highlight für die Teilnehmenden. Parallel dazu erstellt eine Kollegin dabei ein Mock-up im Look-and-Feel des Bundesportals, sodass am Ende alle ein greifbares Ergebnis betrachten können. Die Vor-Ort-Workshops sind stark geprägt von haptischen Arbeitsmitteln wie Stiften, Papierschnipseln und Gruppenarbeit an einer Werkbank – im Stehen. Das verleiht der Gruppe Dynamik und Agilität. Die Räumlichkeiten des Labors wurden bewusst so eingerichtet, dass Teilnehmende ihrem gewohnten Arbeitsumfeld entfl iehen und sich wohlfühlen können. Das Labor wurde im Spätsommer 2019 eröffnet und bis zum Beginn der CoronaPandemie intensiv genutzt. Die Pandemie hat die Arbeitskultur rasant und nachhaltig verändert. In vielen Bereichen wurde das Homeoffi ce über Nacht zum Quasi-Standard. Videokonferenz-Systeme wurden im Schnellverfahren aus dem Boden gestampft. Da Treffen im Digitalisierungslabor nicht mehr möglich waren, mussten die WorkshopFormate angepasst werden: In den Videokonferenzen wurden Schere und Papier durch Paint (funktioniert tatsächlich), digitale Whiteboards, Offi ce und andere Tools ersetzt. Die vor Corona langen, teils ganztägigen Veranstaltungen wurden durch kürzere Treffen in höherer Schlagzahl abgelöst, da diese dem OnlineFormat besser gerecht werden. Schon nach kurzer Zeit stellte sich heraus, dass keine Kompromisse bei der Umsetzungsgeschwindigkeit in Kauf genommen werden mussten. Im Gegenteil: Im Homeoffi ce ist es sogar einfacher geworden, gemeinsame Termine zu fi nden, da Anreisezeiten wegfallen und generell mehr Flexibilität vorhanden ist. Durch Corona konnte das Homeoffi ce in diesem Bereich auf breiter Ebene seine Alltagstauglichkeit unter Beweis stellen. Deshalb möchte das BVA künftig auf einen Mix aus Vorort- und Online-Veranstaltungen setzen und situativ die Vorteile beider Varianten nutzen. Trotz der Einschränkungen und zusätzlicher Aufgaben im Rahmen der Pandemie ist das BVA gut aufgestellt, um die Digitalisierung der OZG-Leistungen bis zum Ende des Jahres 2022 abzuschließen. Klar ist schon heute, dass damit zwar ein wichtiger, aber nur ein erster Schritt erfolgt ist. In Zukunft erwarten Bürger, Unternehmen und Organisationen einen sukzessiven Ausbau der Funktionalitäten: “Once Only”, vollständig digitale Abwicklung der Kommunikation mit den entsprechenden Behörden, neue Formen der Authentifi zierung – z. B. die Smartphone-ID – und viele weitere Features müssen sich dazugesellen. Auf in die zweite Halbzeit! Mittel bieten historische Chance

Der Digitalverband Bitkom bewertet die Mittelausgabe positiv. “Der deutsche Aufbau- und Resilienzplan ist ein echter Digitalisierungsplan, mehr als die Hälfte der Mittel sollen für Maßnahmen verwendet werden, die zum digitalen Wandel beitragen. Der von der EU vorgegebene Zielwert liegt mit 20 Prozent Digitalisierungsanteil deutlich niedriger”, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Die Mittel böten eine historische Chance, die Digitalisierung auch in Deutschland zu beschleunigen. Dass die Digitalisierung in Deutschland gleichermaßen schnell wie nachhaltig vorangetrieben werden müsse, hätten die Erfahrungen in der Pandemie deutlich vor Augen geführt. Damit auch die Umsetzung nun ein Erfolg werde, dürfe man jetzt zum einen nicht einfach bestehende, analoge Abläufe eins zu eins in die digitale Welt überführen, fordert Berg weiter. Digitalisierung sei mehr als Hard- und Software, sondern vor allem auch ein Mindset. Zum anderen solle man darauf achten, bei der Verwaltungsdigitalisierung wirklich nach vorne zu denken. Dies bedeute, auch Start-ups und innovative Mittelständler mit ins Boot zu holen und sie bei der Umsetzung zum Zug kommen zu lassen.

Einige kritische Punkte und Herausforderungen

Der DARP wird jedoch nicht restlos positiv gesehen. “Wir hätten uns gewünscht, dass es keine Querfi nanzierung von Projekten gibt, die eigentlich schon beschlossen wurden”, berichtet Benjamin Ledwon, Büroleiter der Bitkom-Niederlassung in Brüssel. Nun tauchten im DARP aber auch Projekte auf, die bereits in deutschen Konjunkturprogrammen genannt würden. DARPProjektleiter Ebert begründet dies mit der Notwendigkeit, in Konjunkturprogrammen verankerte Projektideen zu konkretisieren. Des Weiteren hebt Ledwon hervor, im Zusammenhang mit dem ARF gebe es nun ein Konstrukt vieler nationaler Reformpläne. Nun müsse es gelingen, die einzelnen Projekte zu koordinieren und so auszugestalten, dass möglichst viele auch einen grenzüberschreitenden, europäischen Nutzen entwickelten. Gerade aus der digitalen Sicht gebe es in den nationalen Plänen bis jetzt viele Unterschiede. So investiere Finnland 72 Prozent in digitale Technologien, andere Staaten einen geringeren Anteil. Weiter führt Ledwon aus, Litauen wolle wie Deutschland viel in Cloud-Technologien investieren, während Polen sich stark auf den Breitbandausbau im ländlichen Raum fokussiere. Florian Siekmann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender und europapolitischer Sprecher der Grünen im bayerischen Landtag, sieht noch ein anderes Problem im Zusammenhang mit dem deutschen Aufbauplan: “Nur mehr Geld ist nicht immer hilfreich, man muss gerade im Digitalsektor auch mehr Kompetenz beim Personal schaffen”, sagt Siekmann und verweist im speziellen auf die Digitalisierung des Bildungssektors und die OZG-Umsetzung. An fehlender Kompetenz, so seine Sorge, könnten letztendlich viele Projekte scheitern. Auch kritisiert der Landespolitiker, sowohl die Landes- als auch die Kommunalebene hätten bei der Erstellung des DARP stärker miteingebunden werden müssen. Diese Einbeziehung könnte in Zukunft sicherlich noch weiter gestärkt werden, gesteht auch Ebert ein. Allerdings habe es, was die Entstehung des Aufbauplans angehe, auch enorme Restriktionen von europäischer Ebene aus gegeben. Dies liege aber unter anderem daran, dass der ARF ein ganz neuer Plan sei. “Da haben alle Beteiligten viel Lehrgeld bezahlt”, bilanziert der DARP-Projektleiter.

Lessons learned?

Fit für das digitale Jahrzehnt?

(BS/Wilfried Kruse*) Im November, zu “e-nrw 2021”, werden gut 18 Monate Corona-Pandemie mit vielen schmerzlichen menschlichen und organisatorischen Erfahrungen im föderalen Staat hinter uns liegen. Bekommt die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung nun endlich den Stellenwert, von dem seit langen Jahren immer wieder die (Sonntags-)Rede ist? Haben alle Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen aus vielen teuren und zu wenig geplanten, hektischen und unkoordinierten Entscheidungen endlich notwendig Schlüsse gezogen, die – und das ist entscheidend – zügig in die Tat umgesetzt werden?

Bei “e-nrw 2020” wollte Stefan Pusch, Landrat des Kreises Heinsberg, über die ominöse Karnevalssitzung der Session 2020 in der Gemeinde Gangelt in seinem Kreis und dem damit verbundenen ersten Corona-Ausbruch in Deutschland berichten (Schließung von Schulen und Kitas, Einschränkung von Feierlichkeiten pp.). Seinen Vortrag musste er aber wegen akuter Vorfälle in seinem Kreis als Leiter des Krisenstabes in der zweiten Pandemiewelle Anfang November 2020 kurzfristig absagen. Als einer der in Pandemiezeiten profi liertesten verantwortlichen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens hat er für seine mutigen Entscheidungen und schnellen Aktionen viel Lob und Anerkennung erfahren. Bei der Kommunalwahl im September 2020 ist er mit beeindruckenden 80 Prozent der Wählerstimmen wiedergewählt worden. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier hat ihn zwischenzeitlich mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. In einem Interview in der Rheinischen Post vom Februar hat er sein persönliches Erfolgsrezept, beruhend auch auf täglichen Videos in den Sozialen Netzwerken für Bürgerinnen und Bürger, wie folgt beschrieben: “Ich sage darin, was Sache ist und was mich bewegt … Man muss brutal ehrlich sein, der Bürger ist nicht blöd …” Die Idee zu dieser Kommunikation hatte seine Frau und rückblickend sagt er, sie hatte Recht und es hat funktioniert. Am 10. November wird Landrat Stefan Pusch nun bei “e-nrw 2021” über seine dann 18-monatigen Erfahrungen an der Spitze der Katastrophenbekämpfung berichten. Er tut dies gemeinsam mit einem führenden Vertreter des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn, dessen Thema die “Krisenbewältigung im Kontext Kritischer Infrastrukturen – neue Methoden und Instrumente des “Baukastens KRITIS” ist. Beide werden in einem Fachforum zum Thema “Die Konsequenzen der Covid19 Pandemie – digitaler Entwicklungsschub für Krisen-, Gesundheits- und Katastrophenmanagement in NRW?” zu erleben sein. Es steht zu hoffen, dass aus der zurückliegenden Extremsituation der Pandemie neue stringente und wirksame Steuerungsinstrumente, digitales Equipment, digitale Modernisierung und Komponenten für die digitale Verwaltung 4.0 erwachsen sind, vor Ort und “oben in Bund und Ländern” in neuen Produkten, Standards, Interoperabilitäten und ganz besonders für die verantwortlich arbeitenden Menschen in der Verwaltung, die unser demokratisches Gemeinwesen in der nächsten Katastrophe dann besser und konsequenter schützen können.

*Wilfried Kruse, Geschäftsführender Gesellschafter IVM², ist fachlicher Leiter und Moderator des Verwaltungskongresses “enrw”, den der Behörden Spiegel am 10. November 2021 in Neuss veranstaltet. Weitere Informationen und Anmeldung unter: www.e-nrw.info

Zukünftige IT-Strategien in Nordrhein-Westfalen

10. November 2021 Düsseldorf/Neuss www.e-nrw.info

“Es war nicht unsere Ambition, die Gesellschaft neu zu ordnen”, meint Prabhat Agarwal, Referatsleiter GD Connect der EU-Kommission und in dieser Funktion verantwortlich für die beiden Gesetzesvorschläge. Auf Einladung der EuropaUnion Mecklenburg-Vorpommern sprach er im Rahmen der OnlineKonferenz “Gesetz über digitale Dienste und Märkte – digitale Maßnahmenpakete der EU ordnen das Netz“ über die Gesetzesvorhaben der EU-Kommission und ihre potenzielle Reichweite. Seine Einschätzung: Nicht aller Hass, alle Gesetzesverstöße und Verbrechen werden sich durch bloße Regulierung aus der Welt schaffen lassen. Auf lange Sicht komme man auch in Europa nicht umhin, einen breiten gesellschaftlichen Dialog über den künftigen Umgang mit der Digitalisierung zu führen. Einstweilen habe man jedoch mit DMA und DSA einen rechtlichen Rahmen geschaffen, der Europa und seine Mitgliedsstaaten in den Stand setze, große internationale Online-Plattformen – wo geboten – zur Verantwortung zu ziehen. Doch zunächst zum Inhaltlichen: Was sind eigentlich Digital Services Act und Digital Markets Act konkret und an welcher Stelle setzen sie an? Beide Gesetzesvorhaben wurden seitens der EU-Kommission im Dezember vergangenen Jahres eingebracht und liegen aktuell dem Europäischen Parlament und Rat zur weiteren Erörterung vor. Ziel hier wie dort: Harmonisierung der gesetzlichen Grundlagen in den europäischen Mitgliedsstaaten. Angesichts der raschen Entwicklung digitaler Technologien soll Rechtsklarheit für Plattformen und deren Nutzerinnen und Nutzer geschaffen werden. Kurzum: Es geht um Verbraucherschutz – und das europaweit. Danach gehen die Vorhaben allerdings auseinander: Während der Digital Markets Act – zu Deutsch “Gesetz über digitale Märkte” – auf fairen Wettbewerb und bessere Konditionen für europäische Unternehmen und Start-ups setzt, geht es dem Digital Service Act oder “Gesetz über digitale Dienste” insbesondere um mehr Fairness, Transparenz und Rechenschaftspflichtn sogenannter Intermediärer mit Blick auf die Moderation digitaler Inhalte.

Ein Kampf wie David gegen Goliath

Wie die EU-Kommission das Netz bändigen will

(BS/pet) Hass und Hetze im Netz einschränken, Wettbewerbsfähigkeit, Kultur und Meinungspluralität in Europa fördern: Es ist ein umfassender und nicht eben leichter Komplex, den die EU-Kommission mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) anzupacken versucht. Nicht von ungefähr stammen denn auch die Vergleiche, welche die Regulierungsmaßnahmen der Kommission als einen Kampf wie David gegen Goliath apostrophieren. Und doch: Ob bei der Auseinandersetzung mit übermächtigen Hyperscalern wie Google bzw. Alphabet und Amazon oder bei Straftaten auf Social-Media-Plattformen – die Schritte waren längst überfällig.

Fortschreiben der E-Commerce-Richtlinie

Letztere beruht bis heute weitestgehend auf der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr aus dem Jahr 2000, auch bekannt als E-Commerce-Richtlinie. Doch ist die technologische Gemengelage heute eine andere als noch vor rund 20 Jahren, als die Sozialen Medien noch in den Kinderschuhen steckten. Zwar gab es – darauf weist Agarwal hin – sektorspezifische Eingriffe wie im Fall terroristischer Inhalte, jedoch keinen allgemeinen Rahmen, der auf gesamteuropäischer Ebene Verbindlichkeiten schafft. Insofern kann der Gesetzesvorschlag durchaus als Update gelten. Trotzdem bedeutet der DSA keine Absage an die ECommerce-Richtlinie, sondern schreibt deren Agenda konsequent fort. Dabei sieht der Digital Services Act vor, dass auf allen Plattformen, auf denen Inhalte Dritter, also von Nutzenden, moderiert werden, entsprechende Moderationsregeln bzw. Maßnahmen zu deren Durchsetzung in den Geschäftsbedingungen angezeigt werden müssen. Grundsätzlich können die Plattformbetreiber für illegale Inhalte nur eingeschränkt zur Verantwortung gezogen werden; es gilt der sogenannte Haftungsausschluss. Sofern ein Plattformdienst aber nicht kenntlich macht, dass abrufbare Inhalte von Anbietern und nicht vom Plattformbetreiber angeboten werden, muss auch der Betreiber gegenüber Verbrauchern haften. Um Transparenz geht es auch beim Abschalten suspendierter Accounts samt Angabe von Gründen für deren Sperrung. Darüber hinausgehende Sorgfaltspflichten sind im DSA asymmetrisch angelegt, d. h. sie gelten für eine operative Nutzerschwelle von 45 Millionen Usern. Ferner sichert sich die EU diesmal auch direkte Durchsetzungsbefugnisse gegenüber Anbietern, wenn nicht entsprechend agiert wird. Dafür müssen Anbieter, die über keine Niederlassung in der EU verfügen, einen rechtlichen Vertreter benennen. In diesen beiden Punkten unterscheidet sich der DSA von einem anderen europäischen Regulierungsvorhaben: der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die, wie Agarwal betont, auch als Erfahrungshorizont für den DSA fungiert hat.

Übergang zur Ordnung: Vornehmliches Ziel der von der EU-Kommission vorgeschlagenen Gesetze über digitale Dienste bzw. Märkte ist es, rechtliche Orientierung zu geben, die ein sicheres und faires Bewegen im Netz ermöglicht.

Foto: BS/chaos_geralt, pixabay.com

Deutlich gestiegene Erwartungen

Neun von zehn Befragten wollen umfassende digitale Bürgerservices

(BS/gg) Nach über einem Jahr Covid-19-Pandemie sind die Erwartungen an digitale Angebote in Deutschland deutlich gestiegen. Dies ist auch das Ergebnis einer Umfrage von Civey im Auftrag des Unternehmens ServiceNow. Die Erfahrungen aus dem Online-Shopping sowie die nahtlosen und einfachen Prozesse gelten als Maßstab für digitale Angebote wie z. B. Bürgerservices. Gegen die Macht der Gatekeeper

Mehr wirtschaftliche Interessen – der Name kündigt es an – verfolgt der DMA, dessen Fokus darauf ruht, die datenbasierte Marktmacht der Hyperscaler zu durchbrechen. Ein wohl jedermann bekanntes Beispiel für solch ein Szenario sind AppStores von Anbietern wie Google oder Apple. Aber auch OnlineMärkte, wie Amazon soll durch den DMA untersagt werden, eigene Produkte gegenüber den Waren Dritter zu bevorzugen, indem sie in der Übersicht weiter oben angezeigt werden. Weitere Maßnahmen des DMA betreffen das Schalten von Werbung, die transparenter mit Blick auf Preispolitik und Performance, also tatsächliche Klickzahlen, gestaltet werden soll. Um Wettbewerbsprobleme auf den digitalen Märkten nicht nur zu identifizieren, sondern auch zu beseitigen, setzt der DMA auf Geldbußen von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. In extremen Fällen hat die EU-Kommission sogar eingebracht, eine sogenannte strukturelle Trennung vorzunehmen; mit anderen Worten einen Geschäftsbereich zu zerschlagen. “Wie bei einem Rockkonzert”

Ob und in welcher Gestalt beide Gesetzesvorhaben letzten Endes in geltendes EU-Recht überführt werden, steht derzeit noch in den Sternen. Die Endposition des Parlaments etwa wird für Dezember dieses Jahres erwartet. Fest steht aber schon jetzt, dass sowohl DSA als auch DMA ein starkes Plädoyer gegen Lobbyarbeit und für ein freies Internet sind, wenngleich es sich nur um einen Schritt in der Evolution des Netzes handelt. So zumindest sieht es Agarwal und bemüht schließlich folgende Analogie: “Es ist wie bei einem Rockkonzert. Wir sagen nicht, wer was singen darf oder nicht. Das ist nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist aber sehr wohl, dass, wenn etwas schief geht, Notausgänge oder ein Feuerlöscher bereitstehen.”

“Die Menschen haben während der Pandemie live erlebt, was ihnen die Digitalisierung bieten kann. Integrierte, reibungsfreie Services überzeugen schon seit Längerem im Online-Handel – mit einem Klick alles erledigen. Alle anderen Angebote werden sich spätestens jetzt daran messen lassen müssen, egal ob es um Bürgerservices, mobiles oder hybrides Arbeiten, Firmen-interne Serviceangebote oder das zurzeit äußerst schlecht bewertete Homeschooling geht”, so Detlef Krause, Vice President EMEA Central und DeutschlandChef von ServiceNow.

Auf hybride Arbeitswelt einstellen

Auch Behörden müssen sich zukünftig auf eine hybride Arbeitswelt einstellen. Die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Mitarbeiter haben während der Covid-19-Pandemie viele neue technologische Möglichkeiten kennengelernt. Reibungslose Prozesse und die hohe Flexibilität, die sie beispielsweise beim OnlineShopping gewohnt sind, werden nun auch in anderen Lebensbereichen erwartet. So ist es nicht verwunderlich, dass bei 60 Prozent der Befragten die Erwartungen an digitale Services während der Covid-19-Pandemie gestiegen sind. Besonders anspruchsvolle Gruppen sind hier die 18- bis 29-Jährigen sowie Haushalte mit Kindern. Immerhin 20 Prozent der Befragten kommen aber auch mit einer deutlichen Digitalernüchterung aus dem Pandemie-bedingten Realitätscheck für digitale Angebote. Bei der überwiegenden Mehrheit haben sich jedoch klare Vorstellungen herausgebildet, wie Angebote digital funktionieren sollten.

Luft nach oben bei digitalen Bürgerservices

Im Schnitt will nur jeder Dritte (35,6 Prozent) in Zukunft häufiger digitale Bürgerservices nutzen. Differenziert nach Altersgruppen ergeben sich allerdings auch hier große Unterschiede. So wollen 80,2 Prozent der Studierenden zukünftig Online-Services der Verwaltung vermehrt nutzen. Bei den Auszubildenden sind es immerhin 60 Prozent. Auf die Frage nach einzelnen Bürgerservices antworteten rund 67 Prozent der Befragten, dass sie ihren Personalausweis, die Kfz-Zulassung, die An- oder Ummeldung ihres Wohnsitzes oder den Reisepass zukünftig gerne digital beantragen würden. Spitzenreiter sind hier Anträge zum Personalausweis. 80 Prozent der Studierenden würden das gern zukünftig digital erledigen. Bei den 30- bis 39-Jährigen sind es sogar 88,9 Prozent.

Reibungsloser Alltag

Grundsätzlich, dies zeigt die Umfrage, erwarten die Deutschen, unabhängig davon, ob sie im privaten oder im öffentlichen Sektor beschäftigt sind, in Zukunft einen Alltag, der als rundum reibungsloser, hybrider Prozess organisiert ist. “Angefangen beim Homeoffice oder Homeschooling über Online-Shopping bis hin zu digitalen Bürgerservices wollen die Deutschen einen hybriden Ansatz verfolgen und flexibel entscheiden können, ob sie Online- und Offline-Angebote in Anspruch nehmen – und das alles ohne Reibungsverluste”, unterstreicht auch Detlef Krause. “Die Arbeit der Zukunft ist nicht mehr an einen bestimmten Ort gebunden, das haben uns die letzten Monate gelehrt. Unverbundene Teams, SiloSysteme sowie manuelle Prozesse gehören der Vergangenheit an. Damit befinden wir uns mitten in der Workflow-Revolution, die den Weg für eine hybride Welt ebnet.”

Sicheres Homeoffice

Wie die Pandemie die IT-Arbeitswelt verändert

(BS/df) Vor der Pandemie war Präsenzpflicht in eigentlich allen deutschen Ämtern, Behörden und Unternehmen die indiskutable Regel. Oftmals existierte keine entsprechende Infrastruktur, um die Beschäftigten überhaupt von ihrem Zuhause sicher an die betriebliche IT anzuschließen. Die hierfür notwendigen Investitionen waren nicht zeitkritisch und daher entbehrlich.

Die BWI, IT-Systemhaus und Digitalisierungspartner der Bundeswehr, besaß zwar das notwendige Know-how und auch die Technologien, allerdings zu Beginn der Pandemie noch nicht in der notwendigen Stückzahl. Dennoch schickte sie zum Schutz ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor der Pandemie über 80 Prozent der Beschäftigten ins Homeoffice. Um dies zu leisten, war allerdings durchaus Improvisationstalent gefragt. So konnten beispielsweise die für sichere Verbindungen notwendigen genucards nicht von heute auf morgen bereit stehen, da die Nachfrage nach der BSI-zugelassenen Lösung in Deutschland quasi innerhalb von Tagen explodierte, mitten in der Pandemie mit unklaren Arbeitsplatzregeln, die natürlich auch für den Hersteller der genucard galten. Zudem schickte auch die Bundeswehr ihre Soldatinnen und Soldaten in das Homeoffice und meldete bei der BWI einen entsprechenden “Sofortbedarf” an sicheren Assets für das heimische Arbeiten an. Die BWI zeigte sich in dieser angespannten Situation als in der Lage, zeitgerecht Lösungen sowohl für die Bundeswehr als auch die eigenen Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, abgestuft nach Notwendigkeit, Sicherheitsanforderungen und weiteren Roll-out Kriterien.

Planen für Post-Corona

Die Zeit der Improvisation ist längst vorbei, die Mitarbeiter der BWI können effizient aus dem Homeoffice arbeiten. Nun zeigen

Die BWI musste zu Beginn der Pandemie nicht nur ihre eigenen Mitarbeiter für das Homeoffice ausrüsten, sondern auch die Soldaten der Bundeswehr.

Foto: BS/Bundeswehr, Weber

sich die Vorteile und bewegen die Führung der BWI dazu, über neue Wege nachzudenken. “Wir nehmen unsere Erfahrungen aus der Corona-Zeit zum Anlass, unser Arbeitsmodell neu aufzustellen”, sagte Katrin Hahn, Chief Resources Officer bei der BWI. “Wir möchten als eines der ersten Unternehmen des öffentlichen Sektors zeigen, wie moderne und flexible Arbeitsformen in der Praxis noch stärker und konsequenter gelebt werden können: zum Wohle der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und unserer Kunden.” So sollen auch in der Zeit nach der Pandemie nur noch jene Mitarbeiter zurück in die Büros gehen, bei denen es das Tätigkeitsprofil zwingend erforderlich mache. “Neu geschlossene Arbeitsverträge sehen regelmäßiges Homeoffice von vornherein vor”, beschreibt die BWI und prognostiziert, dass “rund 75 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter künftig in weiten Teilen überwiegend von daheim aus arbeiten können”.

Erwartbare Vorteile

Das künftige Arbeitsmodell wurde dabei für die Umsetzung ganzheitlich betrachtet, das daraus entstandene Konzept gibt die Richtung für die Umsetzung vor. Vorteile ergeben sich nicht nur für die Mitarbeiter. Ein Vorteil liegt beispielsweise in der Personalwerbung. Gerade im IT-Bereich sind Fachkräfte schließlich überaus knapp. Mit dem neuen Homeoffice-Konzept können neue Mitarbeiter an ihren Wohnorten bleiben, egal wo diese in Deutschland die liegen. Beim Kampf um die besten Köpfe ein durchaus wichtiger Aspekt.

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