9 minute read

Nachhaltiger Katastrophenschutz in Berlin geplant ........................................ Seite

Auf keinen Fall sinnvoll sei ein zivilrechtliches Überlassungsverbot derartiger Kraftfahrzeuge an Fahranfänger, wie es das Land Berlin im Rahmen einer Bundesratsentschließung vorgeschlagen hatte. Das Ansinnen fand in der Vertretung der Bundesländer auf Bundesebene nach einer entsprechenden Empfehlung des Rechtsausschusses auch keine Mehrheit und wurde nicht angenommen (Bundesratsdrucksache 540/21). Denn ein solcher Ansatz, der derartige Rechtsgeschäfte über das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) verboten hätte, sei eine “Panikreaktion”, meint Prof. Dr. Dieter Müller von der Hochschule der Sächsischen Polizei in Rothenburg/Oberlausitz. Außerdem sei sie nicht mit der Vertragsfreiheit vereinbar. Für zielführender hält der Jurist eine Regelung durch das Öffentliche Recht beziehungsweise das Gefahrenabwehrrecht.

Fahrprobe wäre rechtlich zulässig

Er plädiert für eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung und spezielle Einträge in die Führerscheine. Dann sollte es Fahranfängern auf diesem Wege nicht mehr erlaubt sein, hochmotorisierte Fahrzeuge zu mieten und zu führen. Eine solche Regelung, wonach in den ersten Jahren nach dem Führerscheinerwerb nur gedrosselte Maschinen mit weniger Motorenleistung gefahren werden dürfen, existiert bereits für Motorradfahrer. Für Fahrer von Autos mit sehr hohen PS-Zahlen gibt es für die Polizei, sofern keine Ordnungswidrigkeiten oder gar Straftaten begangen wurden, aus Müllers Sicht bislang vor allem eine Möglichkeit. Die Beamtinnen und Beamten könnten die Fahrbefähigung des jungen Menschen am Steuer hinterfragen und anzweifeln. Dann bestünde nach einer entsprechenden Meldung für die Fahrerlaubnisbehörde die Möglichkeit, nach einer Anhörung des Betroffenen diesem eine Fahrprobe aufzuerlegen. “Bei dieser müsste er dann vor Prüfern nachweisen, dass er tatsächlich in der Lage ist, ein solch hochmotorisiertes Fahrzeug sicher zu führen”, erläutert der Verkehrsrechtsexperte. Zu diesem Instrument werde derzeit allerdings noch zu selten gegriffen. “Auch weil das Fahreignungsrecht bei den Polizeien, sowohl in der Aus- als auch in der Fortbildung, kaum bekannt ist”, bemängelt Müller.

Eher gefahrenabwehrrechtlich vorgehen?

Zivilrechtliches Überlassungsverbot von Fahrzeugen schwierig

(BS/Marco Feldmann) Inzwischen kommt es immer öfter zu Unfällen mit hochmotorisierten Fahrzeugen, an deren Steuer junge Menschen und Fahranfänger sitzen. Dabei werden in den letzten Jahren zunehmend Menschen gefährdet oder sogar verletzt. Auch ermittelt die Polizei vermehrt wegen verbotener Kraftfahrzeugrennen. Dieses Problems lässt sich jedoch kaum Herr werden.

Hochmotorisierte Fahrzeuge stellen immer wieder ein Problem für die Verkehrssicherheit dar, zumal wenn sie durch junge Fahranfänger gesteuert werden.

Foto: BS/Pexels, pixabay.com Polizeikontrollen würden erleichtert

Auch Marco Schäler, Mitglied der Verkehrskommission der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), hält eine Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung für den besseren Weg als ein zivilrechtliches Überlassungsverbot. Zwar sei Ersteres einschneidender als Letzteres. Aber: Eine novellierte Verordnung würde polizeiliche Kontrollen massiv erleichtern. Außerdem prognostiziert er, dass ein zivilrechtliches Überlassungsverbot nur schwer kontrollierbar sein dürfte und es immer schwarze Schafe unter den Autovermietern geben werde. “Außerdem hätte die BGB-Änderung wenig praktische Durchsetzungskraft, weil die Fahrzeuge derzeit oft innerhalb von Familien weitergegeben werden”, so Schäler. Auch er sieht noch Verbesserungspotenzial bei der Vermittlung des Fahreignungsrechts bei den Polizeien, insbesondere in der Fortbildung. Schäler wünscht sich aber auch mehr Konsequenz aufseiten der Fahrerlaubnisbehörden. Die dortigen Verantwortlichen seien oftmals noch sehr vorsichtig, etwa wenn Polizeien Aggressionsdelikte meldeten. Hier sei ein gemeinsames Handeln gefragt. Denn: “Die Polizei kann gegen hochmotorisierte Fahrzeuge, an deren Steuer Fahranfänger sitzen, nur begrenzt vorgehen.” Einschreiten sei nur nach Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten oder aufgrund polizeilichen Gefahrenabwehrrechts möglich, etwa wenn ein durchgerosteter Auspuff abzufallen drohe.

Nur einzelfallbezogen

Es gibt aber auch Stimmen, die den Weg über das öffentliche Recht und das Instrument der Anordnung einer Fahrprobe kritisch sehen. So hält zum Beispiel Siegfried Brockmann, Leiter Unfallforschung beim GDV – Die Deutschen Versicherer, die Grenzziehung anhand der PSZahl für schwierig. Nur daran lasse sich keine erhöhte Unfallgefahr kausal nachweisen. Ein Stufenführerschein, wie beim Motorrad, sei daher nicht ausreichend zu begründen. Zudem sei eine Fahrprobe immer nur ein einzelfallbezogenes Instrument. Aus Brockmanns Sicht lässt sich das Problem derzeit nicht lösen. Timm Fuchs, Beigeordneter für Grundsätze der Verkehrspolitik beim Deutschen Städte- und Gemeindebund (DStGB), sieht zunächst weiteren Aufklärungsbedarf. Vor einer Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung oder einem Überlassungsverbot sollte das Problem genau analysiert werden. Hierfür wünscht er sich eine bundesweite Untersuchung, um zu ermitteln, ob die Problematik auch außerhalb von Berlin relevant ist und was es für Handlungsmöglichkeiten gibt, etwa bei der personellen Ausstattung der Polizei. “Zumal das Phänomen auch viel mit Kontrollen und Kontrolldichten zu tun hat”, meint Fuchs. Ob es tatsächlich zu einem solchen Überlassungsverbot oder anderen Maßnahmen kommt, ist ungewiss. Das Land Berlin verfolgt die Initiative vorerst nicht weiter. Ob sich das im Zuge des jüngsten Regierungswechsels ändert, bleibt abzuwarten.

Der Markt gibt es noch nicht her

Nachhaltiger Katastrophenschutz in Berlin geplant

(BS/bk) Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde. Auch in der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr gibt es erste Bestrebungen, das Thema voranzutreiben. Berlin will dabei ein Vorreiter sein. Doch stehen Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgabe (BOS) gerade bei der Umstellung der Fahrzeugflotte vor Hindernissen.

Im kürzlich geschlossenen Koalitionsvertrag der Berliner Regierungsparteien heißt es: “Die Koalition unterstützt die Berliner Polizei, Feuerwehr und Justiz beim Erreichen der Klimaziele. Wir werden alle Beschaffungen, insbesondere bei der notwendigen Erneuerung der Fahrzeugflotte und des Gebäudebestands, möglichst klimaneutral gestalten und verbindliche Klimaschutzkonzepte entwickeln.” Doch gerade eine klimaneutrale bzw. CO²-neutrale Beschaffung von Einsatzfahrzeugen ist derzeit noch schwierig. Der einfache Grund: Es gibt für die überwiegende Zahl der Einsatzfahrzeuge noch kein passendes Angebot auf dem Markt. Dies sagt selbst die Senatsverwaltung für Inneres in Berlin. Zwar werden schon momentan mehrere Einsatzfahrzeuge mit unterschiedlichen Kraftstoffen und Energiespeichern, wie vier wasserstoffelektrische Einsatzleitwagen, fünf batterieelektrische Wirtschaftsfahrzeuge oder das elektrische Löschhilfeleistungsfahrzeug (eLHF), bei der Berliner Feuerwehr getestet, doch stellen diese noch einen sehr kleinen Anteil dar. Die komplette Fahrzeugflotte umfasst in Berlin 865 Fahrzeuge. Vor allem Großfahrzeuge stellen eine Hürde bei der Flottenerneuerung auf CO ²-neutrale Fahrzeuge dar. Das eLHF ist als Großfahrzeug in der Bundesrepublik eine Ausnahme. Es wird seit 2020 im Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung getestet. Es hat einen batteriebetriebenen Antrieb mit einem Range-Extender, also einem Dieselmotor. Doch auch wenn das eLHF im Einsatzbetrieb vielversprechende Ergebnisse vorweisen kann, werden nur die wenigsten Feuerwehren sich ein solches Fahrzeug leisten können. Das Projekt hat ein stolzes Gesamtbudget von 1,8 Millionen Euro. Die Kosten des Projekts werden zu 90 Prozent von der EU und vom Umweltsenat Berlin gefördert. Trotz hoher Kosten und eingeschränkter Produktauswahl plant das Land Berlin, bei zukünftigen Beschaffungen Fahrzeuge mit alternativen Antriebskonzepten in Dienst zustellen. Schließlich hat das Land nach dem Berliner Klimaschutz- Energiewendegesetz das Ziel, die öffentlichen Fahrzeugflotten bis 2030 vollständig auf CO²-freie Fahrzeuge umzustellen. Ausgenommen sind dabei Fahrzeuge mit besonderen Anforderungen, für die es kein Angebot auf dem Markt gibt. Dennoch sollen durch den Probebetrieb der Antriebsarten Erfahrungen gesammelt und die Umstellung schrittweise vollzogen werden. Der Vorstoß wird von der Berliner Feuerwehr trotzdem begrüßt Abseits der Angebots- und Kostenproblematik steht in diesem Zusammenhang auch immer die Frage nach der Katastrophenfestigkeit. “Die Fahrzeuge der Berliner Feuerwehr, die auch für den Einsatz in Katastrophenschutzlagen vorgesehen sind, werden aktuell mit Dieselkraftstoff betrieben. Dies ist nach heutigem Stand des Katstrophenschutzsystems unabdingbar, weil Dieselkraftstoff den Energieträger des Systems darstellt”, erklärt Karsten Göwecke, Ständiger Vertreter des Berliner Landesbranddirektors. Gerade die Flutkatastrophe im vergangenen Jahr habe gezeigt, dass ein Großteil des Energienachschubs der Fahrzeuge durch mobile Tankstellen gewährleistet werden müsse. Göwecke sieht als Übergang zu emissionsärmeren Fahrzeugen hybride Antriebe als zielführend, die im Regelbetrieb weniger Emissionen durch andere Antriebe ausstoßen und in Katastrophenlagen mit Diesel betankt werden können. Als Alternative werden auch andere Kraftstoffe diskutiert. So könne eine Umstellung auf biologische oder synthetische Kraftstoffe sinnstiftend sein. Den Vorteil sieht Göwecke darin, dass Bestandssysteme für den Katastrophenschutz, wie z.B. Einsatzfahrzeuge oder Notstromgeneratoren, weiter genutzt werden könnten. Schließlich würden die jetzt beschafften Geräte rund 25 Jahre in Betrieb sein. Wasserstoff als Energieträger erteilt der Berliner zunächst eine Absage, da die aktuell verfügbare Wasserstoffinfrastruktur wie z.B. Tankstellen, Transporteinheiten, Lagerbestände oder die Erzeugung nach heutigen Maßstäben noch nicht katastrophenschutzfest sei. Hier gebe es noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf.

MELDUNG Fehlende Impfpläne für BOS kritisiert

(BS/bk) Die Deutsche Feuerwehr-Gewerkschaft (DFeuG) kritisiert die unzureichenden Impfpläne für Beschäftigte in Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS). Konkret fordert die Gewerkschaft Aufklärung über eine eventuelle Impfpflicht für Feuerwehr- und Rettungsdienstkräfte. So seien Fragen nach dem Impfschutz oder der geforderten Anzahl an Impfungen unklar. Hier brauche es dringend mehr Transparenz. Die Gewerkschaft fordert deshalb ein bundeseinheitliches Konzept sowie eine detaillierte Aufklärung an den Standorten. Ohne diese Planungen könne eine Impfpflicht nur abgelehnt werden, heißt es in einer Stellungnahme. DFeuGBundesvorsitzender Siegfried Maier erklärte dazu: “Uns erreichen derzeit täglich Anfragen von verunsicherten Kolleginnen und Kollegen.”

Ängste als ständiger Begleiter

Praxisbezogene Deeskalation als Selbstschutz

(BS/Ronald Mikkeleitis) Die Gewalt gerade jetzt in Corona-Zeiten gegen Mitarbeitende des Öffentlichen Dienstes nimmt enorm zu. Beschäftigte der Ordnungsämter, der Polizei, Feuerwehr, Bahnpersonal, im Pflegebereich, in den Sozialämtern und mehr klagen über Verhaltensweisen von Kunden, die kaum noch zu ertragen sind. Angst vor Übergriffen, egal ob psychischer und/oder physischer Art, wird immer mehr zum alltäglichen Wegbegleiter im Dienst. Dies hat natürlich Folgen.

Dazu gehören unter anderem Traumatisierungen, undefinierte Ängste sowie unterschiedliche Erkrankungen. Fürsorgliche Vorgesetzte machen sich Gedanken, wie man diese Gemengelage für die Mitarbeitenden entschärfen kann. Die Überlegungen sind dabei vielschichtig. Mehr an Bewaffnung, Ausrüstung, Einsatztraining und Begleitung durch Polizei wird reflexhaft gefordert. Es gibt aber etwas, das häufig übersehen wird: Alle Mitarbeitenden verfügen längst über einen großen Fächer an Möglichkeiten, Gewalt im Dienst zu begegnen, den Angriff schon im Vorgriff zu verhindern, ohne selbst Gewalt anwenden zu müssen, das Gegenüber entsprechend sanft zu manipulieren, von Gewalt abzusehen usw. Hierzu existiert ein Fünf-Säulen-Modell. Bei den Säulen handelt es sich um Körpersprache, das Reden, die optische Darstellung, die Nachsorge und Abwehrtechniken. Körpersprache hat einen großen Anteil an der gesamten Kommunikation und kann beim Gegenüber bereits aggressionsauslösend wirken. Bereits kleinste Fehler können ungewollt sehr negative Kräfte freisetzen und zu einem plötzlichen Angriff führen. Umgedreht kann man seine eigene Körpersprache positiv manipulierend einsetzen. Oftmals besteht das Geheimisnicht darin, gut zu reden, sondern gut zuzuhören. Besonders aggressives und lautes Verhalten des Gegenübers bringt häufig nur sichtbar/hörbar den Wunsch hervor, eben selbst gehört zu werden. Wer hier empathisch agiert oder spätestens reagiert, wird viel Schärfe herausnehmen können. Manchmal ist aber auch eine ganz gezielt eingesetzte und kurzfristige Eskalation die beste Art der Deeskalation. Auch hierfür ist ein Einfühlen in die Denkweise unseres Gesprächspartners unbedingte Voraussetzung für

Ronald Mikkeleitis ist ausgebildeter und langjährig tätiger Polizeivollzugsbeamter. Inzwischen arbeitet er als leitender Mitarbeiter in einem Berliner Ordnungsamt. Foto: BS/privat

ein konfliktfreies Miteinander. Mehr zum Thema Deeskalation auch auf einem Führungskräfte Forum des Behörden Spiegel am 7. und 8. April in Berlin.

Weitere Informationen und Anmeldemöglichkeiten unter www. fuehrungskraefte-forum.de; Suchbegriff: Deeskalation

Waffenverbotszonen in NRW

Temporäre Schaffung in Düsseldorf und Köln

(BS/mfe) In Nordrhein-Westfalen sind drei Waffenverbotszonen eingerichtet worden: zwei in Köln und eine in Düsseldorf. Eine entsprechende Befugnis hat die Landesregierung dem Innenministerium erteilt. Eingerichtet wurden die Verbotszonen vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD) in Abstimmung mit den zuständigen Kreispolizeibehörden.

Die Zonen befinden sich in der Düsseldorfer Altstadt sowie an den Kölner Ringen und an einer besonders belasteten Straße der Domstadt. Die Bereiche werden temporär an Wochenenden sowie vor und an Feiertagen (einschließlich Karneval) eingerichtet. Dort ist in den Abend- und Nachtstunden dann das Mitführen von Waffen sowie Messern mit einer feststehenden oder feststellbaren Klingenlänge von mehr als vier Zentimetern untersagt. Verstöße werden als Ordnungswidrigkeit geahndet und können ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro zur Folge haben. Die Zonen sind mit Schildern gekennzeichnet. Ausgenommen von dem Verbot sind Anwohner, Mitarbeiter aus gastronomischen Betrieben sowie Handwerker. Das LZPD, das hier vor allem eine koordinierende Funktion wahrnimmt und die Umsetzung überprüft, soll dann gemeinsam mit den Kreispolizeibehörden fortwährend prüfen, ob vorhandene Waffenverbotszonen beibehalten werden. Außerdem soll geprüft werden, ob neue Zonen eingerichtet werden müssen. Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte: “Mit den Waffenverbotszonen machen wir die Straßen ein Stück weit sicherer. Vor allem an Orten und Plätzen, an denen es immer wieder zu Straftaten kommt und an denen sich viele Menschen aufhalten, sollen sich die Bürgerinnen und Bürger wohlfühlen können.” Für die Polizei werde es künftig deutlich einfacher sein, präventiv einzuschreiten, zu kontrollieren und Verstöße zu sanktionieren, so der Ressortchef weiter.

Auf Seite 32 findet sich ein Interview mit Innenminister Reul zu weiteren Maßnahmen in Nordrhein-Westfalen.

This article is from: