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Vorteile für den militärischen Bereich

(BS/Dorothee Frank) Die Bundeswehr ist nicht nur tarngrün, sondern hat durchaus mehrere weitere “grüne” Ansätze, besonders im Bereich der Mobilität und des Feldlagerbetriebs. Dies allerdings nicht aus Zeitgeist oder Klimaschutz, sondern aus klaren militärischen Interessen. Schließlich bieten Elektromotoren gegenüber Verbrennern mehrere Vorteile. Und ein autarkes Feldlager besitzt weniger logistische Herausforderungen.

Die Versorgung mit Energie ist in jedem Auslandseinsatz eine Herausforderung und vor allen Dingen teuer. Schließlich kann nicht alles im Umland beschafft werden, weil sich sonst die einheimische Bevölkerung den Diesel gar nicht mehr leisten könnte. Diesen einzufliegen, ist allerdings nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch nicht ideal. Ein Liter Kraftstoff kann dadurch in der Spitze schon mal über 20 Euro kosten, wenn alle Kostenfaktoren mit eingerechnet werden. Es bietet sich also an, Solar-, Wind- oder Bioenergie zu nutzen, die auch im Einsatzland kostenlos zur Verfügung steht. Dementsprechendes Interesse herrscht in der Bundeswehr an Erneuerbaren Energien. So fiel bereits 2020 an der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 41 in Trier der Startschuss für das “EnergieCamp”. Hier werden seitdem Technologien zur Nutzung regenerativer Energien in Feldlagern erprobt. Die Ergebnisse fließen direkt in Beschaffungen. Die NATO arbeitet ebenfalls an der Nutzung Erneuerbarer Energien. Hier wurde 2013 ein Smart Energy Team (SENT) eingerichtet, das regelmäßige Berichte erstellt und Treffen bzw. Kongresse organisiert. Eines der Feldlager der Vereinten Nationen in Mali wird bereits seit Jahren mit Solarstrom betrieben. Weltweit wird im Bereich Feldlager “Solar” aktuell bevorzugt eingesetzt oder erforscht. Es lässt sich schnell aufbauen und integrieren, erfordert kaum extra Kapazitäten. Geothermie und Windenergie sind ebenso wie die Nutzung der Biomasse zu abhängig vom Aufbau von Extra-Anlagen und bieten sich dementsprechend nicht flächendeckend an. Während Solarzellen in Zukunft durchaus zum Standard der Feldlager gehören könnten, indem die Zellen beispielsweise direkt bei den Zelten mit enthalten sind.

Versorgung im Einsatzgebiet

Eine weitere Herausforderung des autarken Feldlagers stellt die Wasserversorgung dar. Zwar besitzt die Bundeswehr Trinkwasseraufbereitungsanlagen, diese lassen sich allerdings im Friedensbetrieb nicht überall einsetzen. Beispielsweise in Mali besteht das Risiko, dass der Grundwasserspiegel zu sehr absinkt, wenn die Bundeswehr dort das Wasser direkt vor Ort anzapft. Dann stünde die einheimische Bevölkerung ohne Wasser da. Als Alternative wurde deshalb in Mali das Trinkwasser durch einen örtlichen Händler bezogen. Als dieser allerdings ausfiel bzw. sein Wasser nicht mehr den deutschen Hygieneregeln entsprach, musste das Wasser in Flaschen aus Deutschland eingeflogen werden. Da Deutschland für die Trinkwasserversorgung aller Einheiten zuständig war, kamen hier eine ganze Menge Flaschen und Flüge zusammen. Dieses Problem wird sich allerdings kaum lösen lassen, da sich die Feldlager in den Einsatzgebieten meistens dort befinden, wo normalerweise keine Menschen leben. Dass dort keine Menschen leben, hat allerdings meistens einen Grund und diesen Grund muss die Bundeswehr dann ausgleichen.

Der Genesis von FFG besitzt einen Hybridantrieb.

Foto: BS/FFG

Elektroantrieb

Ebenfalls interessant sind Elektroantriebe für Fahrzeuge. Als Vorteile bieten sie lautloses Fahren, tatsächlich stille Silent Watch sowie die Fähigkeit, direkt beim Start über 100 Prozent Energie bzw. Geschwindigkeit zu verfügen. Ein reiner Elektroantrieb bietet sich aufgrund der Unvorhersehbarkeit der Einsätze aktuell zwar noch nicht an, Hybrid-Fahrzeugen gehört aber sicherlich die Zukunft, auch im militärischen Bereich. Das Unternehmen FFG Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft mbH (FFG) entwickelte vor wenigen Jahren den HybridPanzer “Genesis”. Der komplett eigenentwickelte 8x8-Radpanzer orientiert sich mit seinem modularen Aufbau am Boxer, bietet allerdings mehrere Vorteile. “Anders als bei Verbrennungsmotoren steht bei elektrischen Antrieben jederzeit das volle Drehmoment zur Verfügung, was in schwierigem Gelände oder für kurzfristig notwendige Beschleunigungen sehr vorteilhaft ist”, beschreibt das Unternehmen. Und ergänzt: “Im reinen E-Betrieb erlaubt das hybride, dieselelektrische Energiekonzept nahezu geräuschlose Fortbewegung oder auch den Betrieb der Bordsysteme für Aufklärung und Kommunikation, ohne dass ein Verbrennungsmotor dafür laufen muss (Silent Watch). In bestimmten Temperaturbereichen verursachen lediglich die Lüfter des Kühlsystems oder die Reifen Geräuschemissionen. Diese sind aber im Vergleich zu herkömmlichen Antrieben gering. Das Energiesystem des Genesis kann ebenfalls dazu genutzt werden, elektrische Energie im stationären Feldlagerbetrieb für andere Verbraucher bereitzustellen.” Andere Nationen forschen ebenfalls in diese Richtung, vor allem unbemannte Systeme kommen vermehrt mit Elektromotoren auf den Markt. So zeigte General Dynamics im Oktober vergangenen Jahres auf der AUSA seinen neuen “Tracked Robot 10-Ton” (TRX). Zu den genutzten Technologien dieses unbemannten Systems gehören Künstliche Intelligenz, neue leichte Materialien sowie ein Hybrid-Elektroantrieb. Großbritannien und Kanada haben bereits die unbemannten Systeme Mission Master SP von Rheinmetall Canada eingeführt. Diese besitzen die Dimension ähnlich einem Pkw, eine Payload von 600 kg, eine Reichweite bis maximal 180 km und einen Elektroantrieb.

Weltweite Entwicklung

Wie diese Beispiele zeigen, bewegt sich die Bundeswehr Richtung Green Energy. Der Diesel ist zwar noch der meistgenutzte Energieträger, dies wandelt sich allerdings aufgrund der besseren Nutzbarkeit Erneuerbarer Energien. In der Mobilität bieten hybride Antriebe zudem Vorteile, reine Elektromotoren sind allerdings in naher Zukunft nur bei der BwFuhrpark und kaum im Einsatz denkbar. Allerdings macht auch hier die Entwicklung rasante Fortschritte, sodass die nächste Generation Kampfpanzer durchaus ein E im Namen tragen könnte.

Nukleare Teilhabe und bewaffnete Drohnen

Entscheidung soll bald fallen

(BS/df) Bundeskanzler Olaf Scholz und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht haben sich Berichten zufolge über das weitere Vorgehen bei den beiden Rüstungsprojekten zur Tornado-Nachfolge und der Bewaffnung von Drohnen geeinigt. Die Tornado-Nachfolge soll dabei auf jeden Fall amerikanischen Ursprungs sein.

In ihrem ersten Interview mit der Bild-Zeitung hatte Ministerin Lambrecht zur Tornado-Nachfolge noch gesagt: “Ich werde alle Optionen abwägen. Beim Eurofighter müssen wir klären, ob und wie schnell ihn die USA für atomare Waffen zertifizieren würden. Wir tun gut daran, auch eine europäische Lösung ganz konsequent zu prüfen.” Diese Prüfung fiel anscheinend negativ aus, was wenig erstaunt, da die USA größten Wert auf die Sicherheit aller mit ihren Atomwaffen verbundenen Systeme legen.

Bedingungen für amerikanische Integration

Ohne eine komplette Offenlegung und Prüfung jedes einzelnen Elements, Software wie Hardware, der Eurofighter sowie den anschließenden Einbau der weiteren notwendigen Technologien durch die oder in Begleitung der USA wird kein Flugzeug zu einem Atomwaffenträger. Selbst wenn die Bereitschaft zur Offenlegung des gesamten Eurofighters bestanden hätte, wäre eine solche Anpassung sehr teuer geworden. Von Experten aus Bundeswehrkreisen war von einem Betrag um eine Milliarde Euro zu hören, nur um die Eurofighter für die nukleare Teilhabe zu befähigen. Es soll allerdings geprüft werden, ob der Eurofighter die Rolle des Elektronischen Kampfes vom Tornado übernehmen kann. Dies ließe sich sogar in Kooperation mit den anderen europäischen Eurofighter-Nutzern realisieren. Bewaffnung der Drohnen

Das zweite heiße Eisen, das anscheinend bald über die Zielgerade gebracht werden soll, ist die Bewaffnung von Drohnen. Die ersten beiden Beschaffungsversuche von bewaffneten Drohnen waren 2017 und 2021 am Widerstand der SPD gescheitert. Nun gibt ein SPD-Kanzler die Zustimmung. Es handelt sich um die Drohne Heron TP, die als Waffenträger vorgesehen ist. Ursprünglich hatte die Luftwaffe die amerikanische Drohne Predator gefordert, die von den USA bereits mehrfach erfolgreich bewaffnet zum Einsatz kam. Sie wurde für den Kampf konzipiert, mit entsprechenden Flugeigenschaften. Die israelischen Heron-Drohnen sind hingegen Aufklärungsflugzeuge, mit ebenfalls den entsprechenden Flugeigenschaften. Selbstverständlich kann man als Payload unter jedes Flugzeug oder fliegende System Waffen oder Bomben packen, auch unter Segelflieger oder Aufklärungsdrohnen. Nur besser wären natürlich Kampfflugzeuge. Das bessere System?

Dass von dem Predator zugunsten der Heron abgewichen wurde, war bereits 2017 ein Zugeständnis an die politischen Zweifler. Schließlich haben die USA ihre Predators mehrfach erfolgreich eingesetzt, unter anderem gegen Osama bin Laden. Ob diese Einsätze völkerrechtswidrig waren, mag diskutiert werden. Dass die Amerikaner hierbei die am besten geeignete Technologie einsetzten und der Predator seine militärischen Fähigkeiten erfolgreich beweisen konnte, steht hingegen außer Frage. So wird die Bundeswehr mit der bewaffneten Heron TP zwar ein sehr gutes, aber nicht das am besten geeignete System erhalten. Aus politischen Gründen.

MELDUNGEN Brennstoffzellen-Versuchsschiff Sea Change

(BS/df) Eines der ersten emissionsfreien Schiffe fährt aktuell in der San Francisco Bay Area: die Sea Change. Möglich wird dies durch eine Wasserstoff-Brennstoffzelle. Das Projekt Sea Change wird von SWITCH Maritime finanziert, einer Investmentfirma, welche aktuell die erste Flotte von emissionsfreien Schiffen mit Elektroantrieb aufbaut. Hinzu kam ein Zuschuss in Höhe von drei Millionen Dollar durch die kalifornische Luftreinhaltungsbehörde (CARB). Das Antriebssystem HybriGen von BAE Systems wurde mit einem Wasserstoff- und Brennstoffzellensystem von Zero Emission Industries und LithiumIonen-Batterien verbunden, um das Schiff ohne einen herkömmlichen Verbrennungsmotor anzutreiben. Das vollelektrische System macht den Einsatz von Dieselkraftstoff überflüssig, was in Zeiten steigender Preise für fossile Brennstoffe auch finanziell interessant ist. Zudem soll sich die Wartung des Motors mit dieser Lösung reduzieren lassen. “Wir sind bestrebt, unsere Kunden mit äußerst zuverlässigen und flexiblen Systemen, die sich an Land und im Wasser bewährt haben, ihrem Ziel der Zero-Emissionen näher zu bringen”, sagte Steve Trichka, Vice President und General Manager Power & Propulsion Solutions bei BAE Systems. “Dieser historische Meilenstein ist der nächste Schritt auf diesem Weg.”

Neues, integriertes Visier

(BS/df) Thales stellte im Dezember sein neues Visier mit Zielenttarnungsfähigkeiten sowohl für Tag- als auch NachtEinsätze namens XTRAIM vor. Dieses erfüllt in einem System mehrere Funktionen, die vorher nur unter Einsatz mehrerer separater Ausrüstungsteile realisiert werden konnten. XTRAIM soll mit allen schultergestützten Sturmgewehren (z. B. HK416) sowie leichten Maschinengewehren (FN Minimi) kompatibel sein und über eine sehr gute Präzisions-Nachtschussfähigkeit verfügen. Das System wurde in enger Zusammenarbeit mit den Anwendern entwickelt, um sicherzustellen, dass Design und Funktion den operativen Anforderungen entsprechen. Das neue Visier bietet entscheidende Vorteile in konventionellen und asymmetrisch geprägten Gefechtssituationen: Es wiegt weniger als 530 g (einschließlich der Batterien) und ist mindestens 70 mm kürzer als die üblichen alternativen Lösungen. Es entlastet und verbessert somit die Beweglichkeit und Ausdauer der Soldaten. XTRAIM ist ein vollständig integriertes Visier, das ein Leuchtpunkt-Reflexvisier mit Wärmebildtechnik vereint, um Ziele vor einem Hintergrund hervorzuheben (Enttarnungsfunktion). Das sehr helle Fadenkreuz im Visier ermöglicht die Identifizierung und Bekämpfung von Zielen auch in sehr hellen Umgebungen (zum Beispiel bei direktem Sonnenlicht). Für Einsätze bei Nacht ist XTRAIM mit allen Arten von Nachtsichtbrillen kompatibel. Bei dieser Konstellation werden Bilder aus der Nachtsichtbrille mit den Infrarotbildern des Waffenvisiers übereinandergelegt. Infolgedessen entsteht ein Fusionsbild, dass optisch getarnte Personen oder Gegenstände, die mit Restlichtverstärkertechnik oft erst auf kurze Distanz erkannt werden, sofort sichtbar macht. Ziele können so auch bei schlechten Licht- und Sichtverhältnissen frühzeitig enttarnt und bekämpft werden. Christophe Salomon, Executive Vice President, Land and Air Systems, Thales, sagte: “Die herausragende Kompetenz in den Bereichen Optik, Elektronik und Mechanik der Teams aus SaintHéand, Thales‘ globalem Kompetenzzentrum für den Bereich Optronik für Soldaten, hat die Entwicklung einer Lösung mit allen heutzutage verfügbaren operativen Möglichkeiten ermöglicht – mit unseren Kunden, für unsere Kunden. XTRAIM ist nichts Geringeres als eine Revolution für die Streitkräfte.”

Der “Tesla Tender”

(BS/df) Eine besondere Idee aus der Bundeswehr für die Bundeswehr wird aktuell bei der Deutschen Marine umgesetzt: Der Tesla Tender. Fregattenkapitän Volker Voß hatte die Idee von Software, die ein vollständiges taktisch-operatives Lagebild digital darstellen kann. Knapp zehn Jahre trieb er seine Idee voran, die nun mithilfe der Marine und des Cyber Innovation Hubs der Bundeswehr (CIHBw) in die Umsetzung geht. “Das System von Voß nennt sich MESE (Militärische erweiterbare Software-Entwicklung). Die Brücke wird dadurch digital. Ein großer Fortschritt für die TenderBesatzung. Denn der Tender ist nicht mit allen Systemen, die unter anderem auf einer Fregatte integriert sind, ausgestattet. So fehlt diesem Schiff ein Führungs- und Waffeneinsatzsystem. Ein vollständiges taktisch-operatives Lagebild gibt es somit nicht”, erläutert die Bundeswehr. Der erste der sechs Tender der ElbeKlasse wurde 1993 in Dienst gestellt, also in jenem Jahr, in dem der erste grafikfähige Webbrowser (Mosaic) veröffentlicht wurde und das Internet wirklich nutzbar machte. Analoge Folien, Karten und Stifte sowie großvolumige und komplex zu nutzende Bedienkonsolen gehörten dementsprechend zum Standard auf den Schiffen. “Vom ersten Kennenlernen zwischen Voß und dem CIHBw bis zum Einbau auf dem Tender Mosel dauerte es knapp ein Jahr. Vorher wurde das System bereits auf anderen Schiffen getestet”, beschreibt die Bundeswehr. Dabei seien die Systeme aber immer nur temporär im Einsatz gewesen. Auf dem Tender Mosel soll das System dauerhaft bleiben. “Der Einbau im Dezember war der Startschuss. Die Software ist installiert, Kabel und Anschlüsse sind angepasst”, berichtet die Bundeswehr. “Für die Crew gab es mittels einer Simulationssoftware einen ersten Eindruck, was mit dem System möglich ist. Anfangs ist die Besatzung skeptisch gewesen. Nach den ersten Demonstrationen ist die Begeisterung dafür umso größer gewesen.” Auf einem Laptop oder ähnlichem kann nun das Lagebild digital dargestellt werden, inklusive aller Daten von den Sensoren des Schiffes. Die Übertragung findet per WLAN oder Kabel statt, je nachdem, welche Sicherheitsanforderungen gestellt werden. Das von einem Soldaten für die Bundeswehr entwickelte System ist also reif genug, um zum Standard für die gesamte Marine werden zu können. Aktuell findet die Nutzeranpassung auf dem Einsatzgruppenversorger Berlin statt. Prinzipiell soll die Software in allen Bereichen der Bundeswehr einsetzbar sein, auch in den fliegenden und den Landsystemen.

MELDUNGEN Start der FAMOUS-Finanzierung

(BS/df) Patria hat nun als industrieller Koordinator des Konsortiums FAMOUS (European Future Highly Mobile Augmented Armoured Systems) die Finanzhilfevereinbarung (GA) mit der Europäischen Kommission unterzeichnet. FAMOUS soll die Standardisierung und Interoperabilität von geschützten und gepanzerten Fahrzeugen in Europa verbessern. Im Fokus stehen dabei mehrere Fahrzeugtypen, wie z. B. zukünftige All-Terrain Vehicles (ATV), Light Armoured Vehicles (LAV) und Kampfpanzer. Die im Dezember 2021 geschlossene Finanzierungsvereinbarung beläuft sich auf neun Millionen Euro und ermöglicht es dem Konsortium, dem 19 europäische Verteidigungsunternehmen angehören, mit der Entwicklung der nächsten Generation gepanzerter Fahrzeuge zu beginnen. Der Kick-off-Tag des FAMOUSKonsortiums war am 14. Dezember 2021, als das Programm mit Vertretern aus Industrie und EU offiziell gestartet wurde.

Baubeginn der bulgarischen MMPV

(BS/df) Das deutsche Unternehmen NVL Group, das früher unter dem Namen Lürssen Defence firmierte, hat am 3. Dezember 2021 gemeinsam mit seinem lokalen Werftpartner MTG Dolphin den Bau des ersten von zwei modularen Mehrzweck-Patrouillenschiffen (MMPV) für die bulgarische Marine begonnen. Der Höhepunkt dieser traditionellen Zeremonie des Stahlschneidens war das Einschalten der Plasmaschneidanlage für den ersten Stahlschnitt. Beide Schiffe werden bei MTG Dolphin in Varna, Bulgarien, unter der Leitung der NVL Group und unter Mitwirkung zahlreicher bulgarischer Zulieferer gebaut. Die rund 90 Meter langen Schiffe mit einer Verdrängung von rund 2.300 Tonnen basieren auf einem bewährten Design von Lürssen und verfügen über ein erprobtes integriertes Combat-Management System von Saab. Das MMPVProjekt ist mit einem Gesamtvolumen von rund 420 Millionen Euro das derzeit größte Neubauprojekt der bulgarischen Marine. Die Auslieferung des ersten Schiffes ist für das dritte Quartal 2025 geplant, die des zweiten Schiffes ein Jahr später.

Mensch-Maschine-Interaktion

(BS/df) Die Israelische Innovationsagentur hat die Gründung eines Konsortiums unter der Leitung von Elbit Systems genehmigt, das sich der Entwicklung von Technologien für die MenschRoboter-Interaktion widmen soll. Das Ziel ist, dass Robotersysteme auf die natürliche Kommunikation des Menschen – Sprache und Gesten – reagieren. Heutzutage arbeiten autonome Roboterplattformen meistens in einer “sterilen”, menschenfreien Umgebung, wie z. B. in Logistikzentren und automatisierten Produktions- und Montagelinien. Die Integration von Robotern in ein gemeinsames Arbeitsumfeld mit menschlichen Teams wird es hingegen ermöglichen, Routineaufgaben auf Roboter zu übertragen und somit die Arbeitsbelastung der menschlichen Mitarbeitenden zu verringern, wodurch die Produktivität erhöht und ihre Rotation verringert werden kann. Eine solche Integration wird allerdings nur möglich sein, wenn die menschlichen Teammitglieder sich sicher damit fühlen und in der Lage sind, mit den Robotern in ihrer unmittelbaren Umgebung auf natürliche Weise zu kommunizieren.

EW-Systeme für die F-35

(BS/df) Die Electronic-Warfare (EW)-Systeme der F-35 Lightning II erhalten ein Upgrade von BAE Systems, damit das Kampfflugzeug neue elektromagnetische Bedrohungen schnell erkennen und bekämpfen kann. Der entsprechende Auftrag im Wert von 493 Millionen U.S. Dollar wurde von Lockheed Martin an BAE Systems vergeben. Im Rahmen des Vertrags wird BAE Systems eine verbesserte und hochleistungsfähige Kernhardware für das EW-Missionssystem der F-35 (AN/ASQ-239) liefern und technische Unterstützungsleistungen sowie eine Testinfrastruktur bereitstellen. Das aufgerüstete System soll mit neuen Sensoren und einer leistungsfähigeren Signalverarbeitung das Situationsbewusstsein und die elektromagnetischen Angriffs- und Gegenmaßnahmenfähigkeiten verbessern. Die modulare Architektur des Systems erlaubt zudem zyklengerechte, planbare Hard- und Software-Upgrades. Das System umfasst zudem auch die NIEWTS-Funktionen (Non-Intrusive Electronic Warfare Test Solution) zur Fehlereingrenzung und -diagnose, die eine präzise Fehlersuche ermöglichen und die Wartungskosten weiter senken sollen.

Modernisierung des Torpedos 62

(BS/df) Saab erhielt im Dezember 2021 von der schwedischen Organisation für Verteidigungsmaterial (FMV) einen Auftrag für die nächste Phase des Programms zur Verlängerung der Lebensdauer des Torpedos 62. Der Auftrag umfasst Vorstudien und Konstruktionsarbeiten, welche die Prototypen von Teilsystemen zur Verbesserung des aktuellen Torpedos einschließen. Das Programm zur Verlängerung der Lebensdauer des Schwergewichtstorpedos der schwedischen Marine wurde erst 2020 unterzeichnet. Der Torpedo 62 ist ein schweres Torpedosystem zur Bekämpfung von Über- und Unterwasserzielen. Er besitzt einen eigens für die schwedische Marine entwickelten Suchkopf sowie ein Antriebssystem mit hoher Kapazität und langer Ausdauer. Der Auftragswert beläuft sich auf 145 Millionen Schwedische Kronen mit Lieferung bis Ende 2023.

Zusammenarbeit für die Drohnenabwehr

(BS/df) Mitte Dezember unterzeichneten Thales und MARSS ein Kooperationsabkommen zur gemeinsamen Entwicklung einer gemeinsamen Luftverteidigungslösung zum Schutz Kritischer Infrastrukturen, wobei besonders die Drohnenabwehr ein Hauptmerkmal sein soll. Die Zusammenarbeit wird sich auf die Integration der NiDAR-C2Sicherheitsplattform von MARSS und des Drohnenbekämpfungssystems von Thales konzentrieren. Die daraus entstehende Thales-MARSS-Plattform soll ein besseres Lagebild schaffen und Bedrohungen, einschließlich neuer Bedrohungen, sicher bekämpfen.

App statt Zettelwirtschaft

Digitale Transformation initiiert aus den eigenen Reihen der Luftwaffe

(BS/Dr. Stephanie Khadjavi*) Ein weiterer, bis dato noch in Papierform durchgeführter Prozessschritt steht vor dem Aus: Das Innovationsvorhaben MilAIS Preflight Manager App des Cyber Innovation Hubs der Bundeswehr (CIHBw) dient der Digitalisierung der “letzten Meile” der Flugvorbereitung zwischen Flugberaterinnen und Flugberatern sowie Pilotinnen und Piloten in der Luftwaffe. Gleichzeitig ist die App ein gutes Beispiel dafür, wie die BWI auch Intrapreneurship in der Bundeswehr fördert: aus der Truppe für die Truppe.

Die zeitnahe, einfache sowie vorgabekonforme Bereitstellung von aktuellen bedarfs- und nutzerorientierten aeronautischen Informationen für den militärischen Flugbetrieb stellt eine besondere Herausforderung dar. Hierzu zählen sowohl die durch das Zentrum Luftoperationen veröffentlichten Informationen als auch internationale Luftfahrtveröffentlichungen. Konkret geht es um Themen wie Auskünfte zu Flughäfen, Anflugverfahren oder Überflugverbote. Aktuell werden bei der Vorbereitung militärischer Flugvorhaben (Preflight-Phase) Luftfahrtveröffentlichungen manuell als Informationspakete durch Flugberaterinnen und Flugberater im – auch zivil nutzbaren – Portal für Luftfahrtveröffentlichungen zusammengestellt (Portal MilAIS, die Kurzform von Militäry Aeronautical Service). Alsdann werden die individualisierten Informationspakete entweder direkt durch die Flugberater ausgedruckt und in Papierform übergeben oder als PDF-Datei per E-Mail an die Piloten gesendet. Spätestens sie drucken die Informationen aus und bereiten damit ihre Flüge vor. Änderungen und Aktualisierungen nach dem Ausdruck erfolgen regelmäßig handschriftlich. Ergebnis: eine lose “Zettelwirtschaft” mit eigenhändigen Ergänzungen und Streichungen. Dass ein solches Vorgehen weder effizient noch zeitgemäß ist, bedarf keiner weiteren Erläuterung. MilAIS stellt bereits seit 2012 Flugberatern und Piloten die zur Flugvorbereitung notwendigen aeronautischen Luftfahrtinformationen in geprüfter und vorgabekonformer Qualität bereit. Damit unterstützt es den schnellen und einfachen Zugriff auf Veröffentlichungen aus mehr als 70 Ländern, gesammelt in einer einheitlich strukturierten Quelle. Das Portal wurde entlang der EU-Vorgaben zur Bereitstellung von Luftfahrtdaten entwickelt.

Intrapreneurship in der Luftwaffe

Die Idee, den aktuellen Prozess zur Flugvorbereitung mittels einer App durchgängig zu digitalisieren, existierte laut Hauptmann Michael Frick vom Zentrum Luftoperationen Nationale Führung Dezernat III C bereits seit Langem. Es mangelte an der Umsetzung. 2019 erfuhr Hauptmann Frick bei einer Veranstaltung mit der Verteidigungsministerin vom CIHBw, einer durch das Bundesministerium der Verteidigung initiierten Innovationseinheit der BWI GmbH. Es kam Bewegung in die Sache. Hauptmann Frick kontaktierte den CIHBw und stellte die Idee zur App vor. In der ersten Jahreshälfte 2020 wurden dann der “Use Case” (Anwendungsfall) schrittweise geschärft, die Funktionsweise der App aus Anwendersicht genau bestimmt und das Innovationsvorhaben entstand. Bereits vier Wochen, nachdem man einen Dienstleister zur Programmierung der App gefunden hatte, stand der erste Prototyp. Die Testnutzer waren dabei in den Entwicklungsprozess stets eingebunden.

Die Innovation in der praktischen Nutzung im Cockpit eines Sea Lions.

Foto: BS/Bundeswehr, Michael Frick

Weniger Aufwand, mehr Sicherheit

Ziel des Innovationsvorhabens ist es, aeronautische Daten und Informationsprodukte zur Nutzung in der Flugvorbereitung vorgabenkonform und nutzerorientiert aus dem Portal MilAIS via App direkt auf Tablets zu übertragen. Dieses Vorgehen soll die aktuell gelebte “Zettelwirtschaft” ersetzen. Gleichzeitig lassen sich so Preflight-Daten schneller bereitstellen und die Zusammenarbeit zwischen Flugberater und Piloten verbessert sich beträchtlich. Auch wird die Informationssicherheit höher. In Summe liegt der erwartete Mehrwert dieses Innovationsvorhabens sowohl in zeitlicher als auch personeller Sicht in einem erheblich geringeren Aufwand in der Flugvorbereitung sowie einer geringeren Fehleranfälligkeit. Die Dringlichkeit der Bedarfsdeckung durch eine solche App spiegelt sich gleichsam in den Zahlen wider: Derzeit sind 2.423 Benutzerkonten im Portal MilAIS registriert, das insgesamt Informationen aus 70 Ländern bereitstellt; der Datenbestand umfasst über 100 GB. Allein im Zeitraum April 2019 bis März 2020 wurden mehr als 300.000 Dokumente an die Nutzer ausgeliefert, ca. 78 Prozent davon entfallen auf die eigenen militärischen Luftfahrtveröffentlichungen.

Technisches Zusammenspiel

Die “Preflight Manager App” wurde in Zusammenarbeit des Zentrums Luftoperationen (ZLO), der BWI GmbH und des Auftragnehmers MVPFactory entwickelt und zum Test auf 20 mobilen Geräten ausgerollt. Dabei kommen drei Testprodukte zum Einsatz: ein Klon des Portals MilAIS (bezeichnet als Portal MilAIS Demonstrator), die neu entwickelte Preflight Manager App sowie das Elektronische Kniebrett (EKB).

Portal MilAIS Demonstrator

Um den Nutzertest im Live-Betrieb durchführen zu können, ohne in Systeme des sicherheitssensiblen Bereichs der militärischen Luftfahrt einzugreifen, war es nötig, einen Demonstrator des Portals MilAIS aufzulegen. In diesem Portal werden durch das ZLO aeronautische Informationsdokumente für die PreflightPhase bereitgestellt. Das Portal MilAIS nimmt entsprechend eine Schlüsselfunktion im Informationsfluss zwischen den zuständigen Flugberatern im ZLO sowie den Flugberatern und Pilotinnen in den fliegenden Einheiten ein.

Preflight Manager App

Mit der Preflight Manager App wurde eine Software für mobile Endgeräte entwickelt, welche auf 20 EKBs aufgespielt wurde. Diese verteilen sich auf einen diversen Nutzerkreis, um eine Erprobung unter realen Einsatzbedingungen durchführen zu können. Das Zentrum Luftoperationen Nationale Führung, das Marinefliegergeschwader 3, das Taktische Luftwaffengeschwader 31, das Luftfahrtamt der Bundeswehr 3 II b sowie die U5.4-Flugsicherung im BAAINBw wurden bisher mit Lizenzen ausgestattet.

Elektronisches Kniebrett

Das EKB ist ein Tablet, welches die Luftfahrzeugführerinnen und Flugzeugführern im Cockpit zur Anzeige von Luftfahrtinformationen nutzen. Über dieses können Informationen, die für den Einsatz wesentlich sind, digital hinterlegt und abgerufen werden. Im Rahmen des Innovationsvorhabens stellt das EKB das mobile Endgerät dar, über welches die Preflight Manager App genutzt wird. Für die Nutzertests wurde in Abstimmung mit den jeweiligen bevollmächtigten Vertretern und der Projektleitung im BAAINBw auf bereits an Luftfahrzeugführer ausgegebene EKB zurückgegriffen. Vonseiten der BWI wurden LTE-SIM-Karten beschafft, um eine permanente Anbindung der Tablets an das Internet zu ermöglichen und somit auch zum Demonstrator des Portals MilAIS. Momentan wird die App mit 20 Testnutzerinnen und Testnutzern erprobt und sukzessive optimiert. Bei der Evaluation wird die Nutzerzufriedenheit kontinuierlich anhand einer monatlichen Umfrage ermittelt. Diese neue digitale Verknüpfung zwischen Flugberatern und Pilotinnen bzw. Piloten, wodurch sich auch deren Kommunikation verbesserte, erfährt eindeutig positive Resonanz.

* Dr. Stephanie Khadjavi, Communications & Strategic Partnerships beim Cyber Innovation Hub der Bundeswehr

Umwidmung für die Sicherheit

Kultur schlägt BOS bei der Frequenzvergabe

(BS/Dr. Barbara Held) Die Schlacht um das Spektrum der sogenannten dritten digitalen Dividende ist eröffnet. Im sonst eher unauffälligen MedienKapitel des Koalitionsvertrags haben die Ampel-Parteien einen potenziell folgenschweren Satz untergebracht: “Wir wollen das UHF-Band dauerhaft für Kultur und Rundfunk sichern.” Gemeint ist das Spektrum zwischen 470 und 694 Megahertz (MHz), dessen Lizenzen in diesem Jahrzehnt zur Neuzuteilung anstehen. Auf Großteile dieser Frequenzen erheben aber bereits die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) Anspruch.

Diese Frequenzen gehören aktuell bereits dem Bereich “Kultur und Medien”, der sich grob unterteilen lässt in a) Broadcasting – das als DVBT 2 bekannte terrestrische Fernsehen – und b) Firmen und Nutzer von Veranstaltungstechnik. Die Vertreter von “Kultur und Medien” bezeichnen diese Frequenzen nun als einzige Möglichkeit für die weniger gut gestellten Teile der Bevölkerung, an Kultur – wobei Kultur mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gleichgesetzt wird – teilzuhaben. Allerdings konnte bisher niemand erklären, warum die deutschen Bürger im Jahr 2030 noch terrestrisches TV benötigen sollten. Zudem brauchen die Streitkräfte, Polizeien und Katastrophenschützer Funkfrequenzen zur Nutzung, die über bestimmte technische Voraussetzungen verfügen. BOS und Bundeswehr haben für den Aufbau der Infrastruktur bereits eine gemeinsame Frequenzstrategie formuliert und abgestimmt. BDBOS-Präsident Andreas Gegenfurtner stellte erst kürzlich das Entwicklungskonzept von Bund und Ländern für die einsatzkritische BOS-Kommunikation der Zukunft vor und betonte dabei, dass diese Planungen ohne Zuteilung entsprechender Frequenzen nicht realisierbar seien. Die Umwidmung der Frequenzen von 470 bis 694 MHz sei hierfür zwingend. Diese Umwidmung müsste auf der nächsten World Radio Conference, die 2023 stattfindet, geschehen. Diese Weltkonferenz tagt in regelmäßigen Abständen und legt Frequenznutzungen fest, für alle Länder. Deutschland hat eine starke Stimme in der Konferenz und wird sich zudem mit am striktesten an die Beschlüsse halten. Die Freigabe zur Nutzung der Frequenzen für Mobilfunk wäre also wünschenswert. Auf der Seite von “Kultur und Medien” stehen allerdings einschlägige Lobby-Organisationen, die publikumswirksam ihr Recht auf die “Kulturfrequenzen” gegenüber einer angeblich militärisch dominierten Nutzung im Sicherheitsbereich behaupten. Dass es bei BOS-Funk und Bundeswehr gegebenenfalls um lebensrettende Kommunikation in Katastrophenlagen geht, scheint dabei vernachlässigt betrachtet zu werden.

“Deshalb finden Kontrollen und Befragungen teilweise an den Abfluggates oder sogar kurz vor dem Einsteigen in das Flugzeug statt”, so Rademacher. Und das zumeist in Zivilkleidung. Dabei werde sowohl vor als auch hinter der Bordkartenkontrolle und im Abflugbereich agiert, erläutert der Beamte der Besoldungsgruppe A 11, der seit Februar 2019 an der Spitze der Einheit steht. “Dabei stehen wir oft unter Zeitdruck”, berichtet der gebürtige Hesse. Denn die Fluggesellschaften würden pünktlich abheben wollen. Hinzu komme, dass auch das aufgegebene Gepäck kontrolliert werde. Auch das könne zu Verzögerungen im Flugbetrieb führen. Um diese zu vermeiden oder zumindest möglichst gering zu halten, kooperiere man eng mit dem Flughafenbetreiber, der Fraport AG. Rademacher, der 1998 in die Zollverwaltung eintrat und bis zum Jahr 2000 die Laufbahnausbildung im mittleren Grenzzolldienst durchlief, erklärt die rechtliche Lage bezüglich der Ein- und Ausfuhr von Barmitteln. “Barmittel von mehr als 10.000 Euro müssen bei der Ausreise in Drittstaaten oder bei der Einreise aus solchen Ländern in die Bundesrepublik angemeldet werden. Dies hat bei der Ausreise vor Betreten des Luftsicherheitsbereiches mithilfe eines auszufüllenden Vordrucks zu erfolgen.” Dabei seien die Herkunft und der Verwendungszweck offenzulegen. Die Reisenden hätten diesbezüglich eine “weitgehende Mitwirkungspflicht”. Momentan sei eine Barmittelanmeldung elektronisch noch nicht möglich. Mittelfristig sei dies allerdings geplant. Barmittel umfassen bei Weitem nicht nur Bargeld

Laut Rademacher, der ab dem Jahr 2000 in verschiedenen “Kontrolleinheiten Flughafen Reiseverkehr” (KEFR) des Hauptzollamtes Frankfurt am Main eingesetzt war, zählen unter anderem Bargeld in allen Währungen, sogar noch Deutsche Mark, Reiseschecks und übertragbare Inhaberpapiere zu den Barmitteln. Gleiches gelte für Goldbarren ab einem Reinheitsgehalt von 99,5 Prozent, Münzen mit einem Goldgehalt von mindestens 90 Prozent und gleichgestellte Zahlungsmittel wie Silber, Edelsteine und Platin. Letztere seien im innergemeinschaftlichen Verkehr zwischen den Staaten der Europäischen Union sowie bei Verbindungen in Drittstaaten jedoch nur auf Befragen anzugeben. “Gleiches gilt im innergemeinschaftlichen Verkehr für Barmittel im Gesamtwert von mehr als 10.000 Euro”, unterstreicht der Zollbeamte, der 2015 das Aufstiegsverfahren in den gehobenen Zolldienst begann und dieses 2017 erfolgreich abschloss. Rademacher erklärt die rechtliche Lage. “Die Nicht-Anmeldung von Barmitteln in Höhe von mehr als 10.000 Euro stellt eine Ordnungswidrigkeit dar. Zudem prüfen wir bei Aufgriffen, ob Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorliegen.” Dies geschehe auch bei Flügen des innergemeinschaftlichen Verkehrs und bei Beträgen, die unter der Grenze von 10.000 Euro lägen. Ergebe sich hier ein Verdacht, könnten die Barmittel für 30 Tage sichergestellt werden. Und dafür brauche es noch nicht einmal den Anfangsverdacht einer Straftat. “Dann findet ein Clearing-Verfahren außerhalb der Strafprozessordnung statt”, so der Kontrolleinheitsleiter. Nach Ablauf der Frist könne die dann zuständige Zollfahndung beim jeweiligen Amtsgericht eine Verlängerung der Sicherstellung um insgesamt 90 Tage beantragen. Bei seiner Arbeit gebe es zahlreiche Schnittmengen mit anderen Behörden, erklärt Rademacher, der Mitglied in verschiedenen bundes- und europaweiten Arbeitsgruppen mit dem Themenschwerpunkt risikoorientierte Barmittelkontrollen ist. “Wir haben enge Kontakte zur Bundespolizei. Ganz besonders stark sind wir mit der Zollfahndung und der “Gemeinsamen Finanzermittlungsgruppe Hessen” verzahnt. Über die Kriminellen und ihre Arbeitsweise sagt der Zollamtmann: “Teilweise nutzen sie Verstecke wie im Rauschgiftbereich.” Dabei würden unter anderem Kakaopulververpackungen, doppelte Böden und Lebensmittel sowie Getränke genutzt. “Wir haben Barmittel bereits in Schinken, in Kinderüberraschungseiern und sogar in Portwein entdeckt”, erzählt der 40-Jährige. Dem versucht Rademachers Kontrolleinheit mit einem risikoorientierten Ansatz zu begegnen. Dazu erläutert der Zöllner: “Unseren Dienstplan bestimmt das Risiko eines jeweiligen Fluges.” Die Kontrollen fußten immer auf einer Risikoanalyse und umfassten grundsätzlich die Passagiere und deren (aufgegebenes) Gepäck. Dabei seien seine Kräfte sehr dynamisch und flexibel einsetzbar. “Das ist auch dringend notwendig. Denn die Verstecke der Täter wandeln sich kontinuierlich.” Stillstand würde hier Rückstand bedeuten.

“Wir stehen auch an den Abfluggates”

Jan Rademacher leitet eine Zolleinheit für Barmittelkontrollen

(BS/Marco Feldmann) Der Zoll hat einen vollumfänglichen Kontrollansatz. Dazu gehören neben Überprüfungen bei der Einreise auch solche bei der Ausreise. Und hier kommen Jan Rademacher sowie seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Spiel. Denn der 40-jährige Zollamtmann steht an der Spitze einer Einheit für Barmittelkontrollen am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main. Im Gegensatz zu anderen Zöllnerinnen und Zöllnern liegt sein Fokus auf abfliegenden Passagieren.

Jan Rademacher und seine Kollegen von der Kontrolleinheit Barmittel am Frankfurter Flughafen kontrollieren auch von Reisenden aufgegebenes Gepäck. Dabei nutzen sie stationäre und mobile Röntgenanlagen. Foto: BS/Feldmann

Teilweise erhalten die Kräfte der Kontrolleinheit auch tierische Unterstützung von Bargeldspürhunden. Foto: BS/Feldmann Barmittel werden in verschiedenen Behältnissen geschmuggelt und vom Zoll entdeckt. Aufgriffe gab es auch schon in Kakaopulververpackungen (Foto).

Foto: BS/Hauptzollamt Frankfurt am Main

Teilweise waren Maschinen schon abflugbereit

Es sei sogar schon vorgekommen, dass Kräfte der Kontrolleinheit Barmittel Reisende aus abflugbereiten Maschinen wieder herausgeholt und dann einer Kontrolle unterzogen hätten. Hierzu sagt Rademacher: “Wir dürfen Flugzeuge betreten und darin befindliche Passagiere kontrollieren, solange die Türen des Fliegers noch geöffnet sind.” Auch Flughafenmitarbeiter und Crewmitglieder würden stichprobenartig kontrolliert. Dabei werde immer mindestens im Vier-Augen-Prinzip gearbeitet. “Sobald es Bargeldaufgriffe, deren Erfassung und Bearbeitung sehr zeit- und arbeitsintensiv ist, gibt, werden noch mehr Kolleginnen und Kollegen hinzugezogen.” Denn dann gehe es – zumindest wenn Anhaltspunkte für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung vorlägen – neben der Befragung der Reisenden zur Herkunft und zum Verwendungszweck der Barmittel auch um die Dokumentation des Auffindens sowie der vorgelegten Dokumente und um die Bargeldsicherstellung beziehungsweise -inverwahrnahme. Bestünden solche Verdachtsmomente nicht, werde schlicht eine Ordnungswidrigkeitsanzeige gefertigt. Hierbei seien Bußgelder bis zu einer Million Euro möglich. Neben dem Personaleinsatz gebe es am Frankfurter Flughafen auch eine Diensthundestaffel mit aktiven und passiven Barmittelspürhunden. Während die aktiven Vierbeiner Barmittelfunde durch Anbellen und ähnliche Handlungen anzeigten, setzten sich passive Barmittelspürhunde nur vor die betreffende Person und ließen diese nicht mehr passieren. “Außerdem greifen wir auf Röntgengeräte zurück. Dabei verwenden wir sowohl stationäre als auch mobile Lösungen”, berichtet Rademacher. Viel hänge allerdings auch vom Gespür und den interkulturellen Kompetenzen seiner Kolleginnen und Kollegen ab, die viel mit den Reisenden interagierten, sich von diesen unter anderem den Reisepass zeigen ließen und nach dem Grund der Reise fragten. Zu Übergriffen komme es glücklicherweise nur äußerst selten. Es werde aber regelmäßig das sogenannte “smurfing” festgestellt. Unter diesem “Schlumpfen” verstehe man das Mitführen von Barmitteln knapp unterhalb der 10.000-Euro-Grenze, erklärt der Zollbeamte, der 2016 einen einwöchigen Workshop “Control of cross-border money transfer” für die montenegrinische Zollverwaltung im Auftrag der Weltzollorganisation in Podgorica durchführte. Rademacher, dessen Kontrolleinheit derzeit 26 Dienstposten umfasst, berichtet zudem: “Während der CoronaPandemie haben wir keinen Rückgang bei den Sicherstellungen verzeichnen können. Bei den Anmeldungen und Verstößen gegen die Anmeldepflicht jedoch gab es zurückgehende Zahlen.” Highlight war 8,5-MillionenSicherstellung

Und noch etwas hat der Zollamtmann, der im Rahmen des Erfahrungsaustausches im Bereich der risikoorientierten Barmittelkontrollen schon mehrfach ausländische Flughafendienststellen besucht hat, festgestellt: “Seit der Abschaffung der 500-EuroBanknoten brauchen die Kriminellen wieder mehr Platz für ihr Schmuggelgut. Für uns vom Zoll bedeutet das wegen der dann kleineren Stückelung noch mehr Aufwand als ohnehin schon.” Kryptowährungen wie Bitcoins spielten hingegen noch eine untergeordnete Rolle, zumal sie auch nicht der Anmeldepflicht unterlägen. Relevant sei jedoch das sogenannte “Hawala-Banking”. Dieses System basiert auf persönlichem Vertrauen. Es ist in muslimischen Ländern als kostengünstige Überweisungsmethode seit Jahrhunderten verbreitet. So kann ein Kunde Bargeld über einen Händler an einen Partner am Zielort auszahlen lassen. Hawala wird auch zur Geldwäsche missbraucht und ist deshalb in Deutschland verboten, sofern keine Genehmigung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) vorliegt. Als sein persönliches Highlight sieht Rademacher unterdessen die Sicherstellung von 8,5 Millionen Euro in Koffern, die in Richtung Libanon gehen sollten. “Das Geld kam aus dem Handel mit Betäubungsmitteln und hier gab es dann eine rechtskräftige Verurteilung wegen Geldwäsche”, berichtet er.

So oft wie möglich selbst im Einsatz

Regulär dauern die Schichten von Rademacher, der auch Fachvorträge zum Thema Barmittelkontrollen hält und sich in der Ausbildung von Nachwuchskräften engagiert, und seinen Mitarbeitern acht Stunden. “Teilweise kommt es wegen der dynamischen Lage nach Sicherstellungen jedoch zu längeren Arbeitszeiten.” Dabei lobt er, der gebürtig aus der Nähe von Wiesbaden stammt und laut eigener Aussage schon immer am Flughafen arbeiten wollte, sein Team: “Mein ganzes Team ist sehr engagiert. Hier kann sich jeder auf jeden verlassen.” Er begrüßt die Streichung des Vortatenkatalogs im Geldwäsche-Paragrafen des Strafgesetzbuches. Der neue, sogenannte “All-Crimes-Ansatz” helfe bei seiner Arbeit sehr. Danach kann jetzt leichter wegen Geldwäscheverdachts ermittelt werden. Rademacher selbst, der in seiner Freizeit gerne reist, versucht, noch so oft wie möglich selbst mit in den Einsatz zu gehen. “Das finde ich wichtig, um zu wissen, was draußen los ist.” Allerdings sei ihm das früher öfter gelungen. Denn inzwischen sei er stark auf der administrativen Ebene gefordert. “Ich muss viele Absprachen treffen, etwa mit anderen Behörden oder dem Flughafenbetreiber”, sagt er. Aber genau das sei so spannend, unterstreicht Rademacher, der 1998 schon mit 17 Jahren beim Zoll eingestellt wurde. “Die Arbeit am Flughafen reizt mich besonders, weil kein Tag wie der andere ist”, erläutert der begeisterte Hobbykoch. Zudem sagt er: “Barmittel waren schon immer mein Steckenpferd.”

Das Hauptzollamt Frankfurt am Main

(BS/mfe) Das Hauptzollamt Frankfurt am Main ist eines von bundesweit 41 Hauptzollämtern. Hinzu kommen acht Zollfahndungsämter. Die Hauptzollämter als Ortsbehörden sind erste Ansprechpartner für die Wirt- Die Kräfte des Hauptzollamtes Frankfurt am Main schaft sowie für die sind unter anderem auch für den Flughafen der Bürgerinnen und Bankenmetropole zuständig. Foto: BS/Feldmann Bürger. Sie sind zuständig für die zollamtliche Behandlung von Waren und für die Bewilligung sowie Überwachung zollspezifischer Fachverfahren. Dabei prüfen sie auch die Möglichkeit von Verfahrensvereinfachungen für die Wirtschaftsbeteiligten. Das Hauptzollamt Frankfurt am Main, in dem das ehemals eigenständige Hauptzollamt Frankfurt am Main – Flughafen 2013 aufgegangen ist, ist für das gesamte Stadtgebiet der Mainmetropole und für den größten deutschen Verkehrsflughafen zuständig. Es verfügt über verschiedene Kontrolleinheiten, unter anderem zum Auffinden von Barmitteln. Dabei kümmert sich eine Kontrolleinheit um die Überprüfung der Reisenden und von deren Gepäck. Die Kräfte einer zweiten Kontrolleinheit Barmittel überwachen den Frachtverkehr. Am Frankfurter Flughafen wurden in der Vergangenheit die meisten und höchsten Barmittelaufgriffe deutschlandweit verzeichnet. Im Rahmen von kürzlich durchgeführten Schwerpunktkontrollen wurden innerhalb von drei Tagen insgesamt 5.287 Passagiere und 8.503 Gepäckstücke kontrolliert. Es waren fast 90 Beamte im Einsatz. Die Kontrollen ergaben insgesamt 31 Beanstandungen. In 23 Fällen wurde wegen eines Verstoßes gegen die Barmittelanmeldepflicht ein Bußgeldverfahren eingeleitet. Weiterhin wurden fünf kombinierte Bußgeld- und Clearing-Verfahren sowie zwei Clearing-Verfahren zur weiteren Sachverhaltsaufklärung eingeleitet, da in diesen Fällen Annahmegründe für Geldwäsche bestanden. Die Höhe der nicht angemeldeten Barmittel beläuft sich auf rund 629.200 Euro. Im Rahmen der Clearing-Verfahren wurden 228.480 Euro sichergestellt. Zudem wurden bei Reisenden ohne Wohnsitz in Deutschland 70.550 Euro an Sicherheitsleistungen für die zu erwartenden Bußgelder erhoben. Außerdem gibt es beim Hauptzollamt Frankfurt am Main, das unter der Leitung von Markus Tönsgerlemann steht, weitere Kontrolleinheiten, zum Beispiel für den Kampf gegen den Handel mit Betäubungsmitteln.

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