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Kapitel 9: „Sankt Nikolaus“

Nikolausi war davon überzeugt, dass keines der Kinder, die das Spielzeug am Morgen auf ihren Betten fanden, jemals erfahren würde, woher die Geschenke stammten.

Doch gute Taten sprechen sich herum und finden vielfältige Wege, um sich übers Land auszubreiten. Und so kam es, dass landauf und landab über Nikolausi und seine wunderschönen Spielsachen, die er den Kindern schenkte, gesprochen wurde.

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Die uneigennützige Selbstlosigkeit seines Handelns veranlasste zwar einige engstirnige Leute, die Nase zu rümpfen, aber selbst sie konnten nicht umhin, diesem sanftmütigen Mann ihren Respekt zu zollen. Ein ungewöhnlicher Mann, der sich dazu entschlossen hatte, sein Leben den Kleinsten und Hilflosesten unter den Menschen zu widmen, um ihnen Freude zu bereiten.

Deshalb warteten die Bewohner der Dörfer und Städte voller Spannung darauf, wann Nikolausi das nächste Mal bei ihnen vorbeikäme und begannen zugleich, ihren Kindern bemerkenswerte Geschichte über die Staunen erregenden Dinge zu erzählen, die er dann dabei haben würde, um ihnen die Wartezeit, mit der sie seinem nächsten Besuch entgegenfieberten, zu verkürzen.

Als die Kinder an jenem Morgen, der auf die erste nächtliche Reise folgte, die Nikolausi mit seinen Rentieren unternommen hatte, ihren Eltern die neuen Spielsachen zeigten, die sie gefunden hatten und fragten, woher sie wohl kämen, gab es nur eine einzige Antwort:

„Der gute Nikolaus muss hier gewesen sein, meine Lieben; denn von ihm stammt jedes Spielzeug auf dieser Welt!“

„Aber wie ist er denn hier reingekommen?“, fragten die Kinder.

An dieser Stelle schüttelten die Väter ratlos die Köpfe, weil sie selbst nicht verstanden, wie sich Nikolausi Zugang zu ihrem Haus verschafft hatte.

Doch die Mütter, die in die glücklichen Gesichter ihrer Kinder sahen, flüsterten leise, dass der gute Nikolausi kein Sterblicher sei, sondern ein Heiliger. Und voller Frömmigkeit segneten sie seinen Namen aus Dankbarkeit für die Freude, die er unter ihren Kindern verbreitet hatte.

„Ein Heiliger“, sagte eine von ihnen mit einem großen runden Hut, „braucht keine offenen Türen, falls es ihm beliebt, in irgendein Haus einzutreten.“

Und nur wenig später, wenn ein Kind ungezogen oder trotzköpfig war, erwiderte die Mutter:

„Jetzt musst du zu Sankt Nikolaus beten, damit er dir verzeiht. Denn er mag keine ungezogenen Kinder. Und falls du weiter trotzig bist, wird er dir keine schönen, neuen Spielsachen mehr bringen.“

Sankt Nikolaus aber hätte solchen Reden niemals zugestimmt. Er brachte den Kindern Geschenke, weil sie klein und hilflos waren und er sie allesamt liebte. Er wusste sehr gut, dass auch die bravsten unter den Kindern manchmal ungehorsam waren, und dass die ganz besonders ungehorsamen Kinder oftmals die mit den besten Herzen waren. Das ist so bei allen Kindern rund um die Welt, und er würde niemals ihre Art und ihren Charakter ändern wollen, selbst wenn er die Macht hätte, das zu tun.

Und so wurde aus Nikolausi der Heilige Nikolaus. Jedem ist es möglich durch gute Taten, zu einem Heiligen zu werden in den Herzen der Menschen.

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