Vorwort
Erstens: Fußball ist ein begeisterndes Spiel, über das auch geschrieben wird. Zweitens: Argentiniens Leidenschaft für den Fußball ist vollkommen übertrieben. Dahinter steckt eine soziale Pathologie, die einen nicht zu unterschätzenden Vorteil hat: Aus Übertreibungen lernt man. Ich hielt es immer für unmöglich, dass ein Spiel wie Fußball von einem anderen Spiel wie der Literatur sinnvoll gedeutet werden kann. Ich habe mich geirrt. Die Zeit mildert unsere Obsessionen, und die Intelligenz verwandelt sie schließlich in Kunst. Selbst wenn es sich dabei um etwas so durch und durch Gefühlsseliges handelt wie Fußball. Eduardo Sacheri (wie Osvaldo Soriano, Roberto Fontanarrosa, Eduardo Galeano) schreibt wunderbar über Fußball, weil er sich nicht nur im Fußball auskennt. In seinen Erzählungen ist Fußball mehr als ein Spiel, weil darin Themen wie Stolz, Identität oder Lust an der Selbstdarstellung aufleuchten. Da kann die Schilderung eines Fußballspiels zum Mittel werden, eine Frau zu verführen; ein Boltzplatz zum Schauplatz übersinnlicher Kräfte; ein Spieler zum entlarvten Helden. Es ist nicht weiter verwunderlich, dass ein mit 9
dieser Leidenschaft infiziertes Land Persönlichkeiten hervorbringt, die ihr Würde verleihen. Reden wir von Fußball als Spiel, dann ist vor allem einer zu nennen: Diego Armando Maradona. Reden wir von Fußball als Literatur: Eduardo Sacheri. Ich habe mit Diego das WM -Finale 1986 gegen Deutschland gespielt, eine Ehre, für die ich bis an mein Lebensende dankbar sein werde. Ich habe die Aufgabe, das Vorwort zu Eduardo Sacheris erstem Buch zu schreiben, das in Deutschland erscheinen wird. Und mich beschleichen dieselben Zweifel wie damals. Werde ich dieser Herausforderung gerecht? Eines weiß ich bestimmt: Sie haben mit diesem Buch eine gute Wahl getroffen. Wenn Sie Fußball mögen, werden Sie Freude an den tiefgründigen Einsichten des Autors über die Zusammenhänge zwischen Fußball, dem Menschen und der Gesellschaft haben. Wenn Sie Literatur mögen, werden Sie fasziniert sein, wie spielend leicht Eduardo Sacheri zwischen Realismus und Poesie hin und her wechselt. Auch ich bin fasziniert von diesen Geschichten, habe sie wieder und wieder gelesen. In gewisser Weise beneide ich Sie, denn Sie haben die Lektüre dieses grandiosen Buches voller Überraschungen noch vor sich. Jorge Valdano
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