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BIM Entwicklung 2021
Die Universität Siegen setzt neue Maßstäbe bei der Ressourceneinsparung
Aus der Spätmoderne in die Zukunft gerettet
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Die Universität Siegen war in ihrem Erscheinungsbild ein typisches Kind der 1970er-Jahre. Nach dem Vorbild einer Gesamthochschule angelegt, ist damals ein Ensemble entstanden, das beim 2017 in Angriff genommenen Umbau nicht abgerissen, sondern behutsam neu interpretiert wurde. Im Mittelpunkt stand die energetische Sanierung.
Es ist nicht immer leicht, eine Entscheidung zwischen Sanierung oder Neubau zu fällen. Die Kosten spielen eine Rolle, die Effizienz und die Nachhaltigkeit jedweder Vorgehensweise. Mit BIM werden solche Entscheidungen und vor allem die Planung/Ausführung erleichtert, bleiben aber doch eine zentrale Fragestellung für jeden Architekten und Bauherrn. Als man im Oktober 2017 mit dem Bau eines der umfangreichsten Hochschul- Modernisierungsprojekte in Nordrhein-Westfalen begann, hatte man darüber lange nachdenken müssen.
Insbesondere der Adolf-Reichwein- Campus auf dem Haardter Berg der Uni Siegen war in seiner auf die 1970er-Jahre zurückgreifenden Ästhetik ein Knackpunkt. Es galt ja schließlich auch, den Charakter dieses Ensembles mit seiner Terrassenanlage und zugegebenermaßen etwas aus der Zeit gefallenen Gebäudekomplexen nicht zu zerstören und damit einen Bruch mit der Baugeschichte der Uni und ihres Campus zu riskieren.
Wäre ein Neubau aber nicht am Ende kostengünstiger gewesen als eine Sanierung? Für den Umbau sprachen gleich mehrere Argumente. Zum einen wusste man im Voraus, dass man beim Umbau der Universität Siegen im Vergleich zu einem Neubau nur knapp ein Drittel der Emissionen -Äquivalent) verursachen würde. Zum anderen galt es, Historisches zu bewahren, denn die Uni Siegen war einst aus einem neuen Typus einer Gesamthochschule hervorgegangen, die der damalige nordrhein-westfälische Wissenschaftsminister Johannes Rau 1972 ins Leben gerufen hatte.
Für den Neubau der Universität in den 70er-Jahren war damals die Zentrale Planungsstelle zur Rationalisierung von Landesbauten des Landes Nordrhein-Westfalen zuständig. Grundlage des dort propagierten modularen Planungssystems „NRW 75“ war es, den Bestand vorhandener Gebäude durch Sonderbauten zu ergänzen.
Mit alldem sollte beim 2017 beginnenden Umbau auch nicht gebrochen werden. Das Planungsteam ist behutsam mit dem Bestand umgegangen. Neben Asbestsanierungen, Entkernungsmaßnahmen und natürlich dem Austausch technischer Anlagen, um dem aus 40 Jahre alten Gebäuden bestehenden Komplex eine neue Erscheinung zu geben. Dem Gebäudekomplex wurde ein weitaus freundlicheres Antlitz verliehen. Schwerer Beton wich einer gestrafften Architektur und helle Farben halfen, die Anlagen aufzulockern.
Ohne das Modeling in BIM wären die Planungen eines derart großen Baukomplexes während des laufenden Betriebs einer Universität undenkbar gewesen. „Die Herausforderung bestand hier […] auf bautechnischer Seite“, so Abteilungsleiter beim BLB NRW, Wolfgang Feldmann. „Die größte Anforderung lag in der Koordination. Mit einer normalen Planung hätten wir diese übergreifenden Anforderungen nicht abbilden können.“ Es galt dabei, das Wissen der Bautechniker und -informatiker mit Logistikspezialisten so früh wie möglich zu vernetzen.
Bei der Siegener Großbaustelle nutzte man dafür auch ein besonderes Vergabe- und Vertragsmodell, das Vorbildcharakter für ähnliche Projekte haben kann.
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Heinz Georg Guth (li.) und Thomas Höxtermann
„Die BIM-Methode zu Ende denken“
Die Inhaber des Architekturbüros Nattler Architekten in Essen sind überzeugt davon, dass jedes neue Gebäude eine Chance ist, Lage, Umfeld und Situationen zu analysieren und Lösungen neu zu denken.
Nattler Architekten waren eines der ersten Architekturbüros in der BIM-Nutzung. Heute sprechen wir von 7-D-Architektur. Was verbirgt sich hinter diesem Schlagwort?
Heinz-Georg Guth (Nattler Architekten): 7-D beschreibt den gesamten Prozess der Erstellung des digitalen Gebäudemodells von der Modellierung (3-D) über die Terminplanung (4-D), die Kosten (5-D), die Nachhaltigkeit und Effizienz (6-D) bis zum Betrieb des Gebäudes (7-D). 3-D als digitale räumliche Darstellung des Gebäudes ist in vielen Planungsbüros heutzutage sicherlich schon Standard und seit Jahren geübte Praxis. Die Verknüpfung des Faktors Zeit mit dem Modell bei 4-D und Kosten bei 5-D wird ebenfalls in den letzten Jahren zunehmend angewandt. Nachholbedarf gegenüber anderen Industrien besteht sicherlich bei 6-D und 7-D. Hier liegen in unseren Augen auch die größten Wertschöpfungspotenziale für Bauherren und Eigentümer, wenn man sich verdeutlicht, dass der Betrieb des Gebäudes die 3- bis 4-fachen Kosten des Neubaus erzeugt.
Mit der in der Vergangenheit eingeübten Praxis richten viele Auftraggeber ihr Augenmerk nahezu ausschließlich auf Planung und Bau und verschenken so große finanzielle Potenziale.
Inwieweit fördert BIM auch die Entscheidung, lieber um- statt neu zu bauen?
Thomas Höxtermann (Nattler Architekten): BIM lässt sich bei Bestandsprojekten sehr gut nutzen und ist Grundlage dafür, den Bestand detailliert zu erfassen. Wir tun das jeweils am Start eines jeden Projektes. Dadurch sind wir im zweiten Schritt schneller mit der Planung und können sehr gut beurteilen, welche Ressourcen und Möglichkeiten der Bestand bietet.
Denkt man die BIM-Methode zu Ende, ergeben sich umfängliche Informationen zu den wiederverwertbaren Ressourcen aller Gebäude.
» info
www. nattlerarchitekten.de
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