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Wir sind die deutsche Wirtschaft
„Unternehmen haben ein stärkeres Bewusstsein für ihre Finanzstruktur entwickelt“
Wie widerstandsfähig Mittelständler durch die Krisen kommen, hängt auch von der Zusammensetzung ihrer Bilanz ab.
BayBG-Geschäftsführer Peter Pauli spricht über die gestiegene Bedeutung von Eigenkapital in wirtschaftlichen Schwächeund Krisensituationen, die aktuelle konjunkturelle Entwicklung und die Stimmung im Mittelstand.
Das ifo-Mittelstandsbarometer von Juli 2023 spricht von einer großen Skepsis der Unternehmen beim Blick in die Zukunft. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen, die Sie als Beteiligungskapitalgeber mit Regionalschwerpunkt Bayern machen?
„Wir sehen bei vielen Unternehmen Auftragsrückgänge und -verschiebungen sowie rezessive Tendenzen. Langfristig betrachtet kommt es entlang der Konjunkturzyklen aber immer wieder einmal zu rezessiven Phasen, das ist vollkommen normal. Grundsätzlich hat Deutschland gute Voraussetzungen, diese zu überwinden. Wir verfügen hierzulande über sehr viel Know-how und Technologien, um auch zukünftig wieder vorwärtszukommen. Dennoch ist der Optimismus für die kurzfristige Entwicklung bei den Unternehmen nicht hoch. Dafür gibt es Gründe: die angespannte Weltkonjunkturlage und die in Teilen schlechten strukturellen Rahmenbedingungen in Deutschland.“
Wo liegen aus Ihrer Sicht aktuell die größten Probleme von mittelständischen Unternehmern?
„Wir haben insgesamt sechs Punkte identifiziert, die für den Mittelstand herausfordernd sind: die schwächelnde Konjunktur, der Fachkräftemangel, die hohen Energiekosten und die Unsicherheit bezüglich langfristig gesicherter und bezahlbarer Energie, teilweise irrwitzige bürokratische Hürden und die aktuell fehlende Stabilität der Rahmenbedingungen für ein wirtschaftliches Agieren am Markt. Unternehmerisches Handeln heißt Probleme zu lösen. Allerdings ist ein erheblicher Teil der aufgezählten Probleme auf einzelwirtschaftlicher Ebene nicht lösbar. Es handelt sich um exogene Rahmenbedingungen, für deren Verbesserung beispielsweise auch die Politik gefordert ist. Ein Industrieunternehmen, das den Bau eines neuen Werkes plant oder neue Technologien entwickelt, muss viel Kapital investieren, der Return on Invest dauert Jahre. Wenn Sie als mittelständischer Unternehmer dann vor langwierigen und aufwendigen Genehmigungsverfahren stehen, von nicht wettbewerbsfähigen Energiepreisen ausgehen müssen, nicht wissen, ob auch in fünf Jahren Energiesicherheit gegeben ist und ob sie mittelfristig die benötigten Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt finden, so ist das – jenseits aller anderen Vor- und Nachteile des Standortes Deutschland – nicht investitionsfördernd.
Führt die aktuelle Krisensituation zu einer verstärkten Nachfrage nach Beteiligungskapital?
„Ja! Wir haben in den letzten drei Jahren beobachtet, dass die Nachfrage nach Beteiligungskapital gestiegen ist. Unternehmer haben ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickelt, dass eine gesunde Finanzstruktur mit einer guten Eigenkapitalquote zu mehr Resilienz führt. Darüber hinaus haben viele Unternehmen ihre Kreditspielräume bereits ausgereizt, um die Pandemie- und Ukainekrisenfolgen zu kompensieren.“
Welche Beteiligungsanlässe stehen derzeit im Vordergrund? Sind es Wachstumsinvestitionen?
„Unser Angebot deckt weite Bereiche des Mittelstands ab. Die Anlässe für eine Beteiligungsanfrage sind vielseitig. So gehört der Bedarf an Wachstumskapital mit rund rd. 50 Prozent zu den häufigsten Finanzierungsanlässen. Gleichwohl haben wir in den vergangenen Wochen diesbezüglich ein Nachlassen des Deal Flows verzeichnet, was wir uns mit einer unternehmensseitigen Verlagerung notwendiger Investitionen in die Zukunft erklären. Wir investieren ca. 20 Prozent unseres Kapitals in Nachfolgelösungen. Beteiligungskapital wird häufig bei außerfamiliären Nachfolgeregelungen in mittelständischen Unternehmen eingesetzt. Und der Bedarf ist da: Zahlen des Bayerischen Wirtschaftsministeriums zeigen, dass bis zum Jahr 2026 bei rund 36.500 Unternehmen mit 618.000 Mitarbeitern ein Generationswechsel ansteht. Weitere 20 Prozent fließen in die Finanzierung von Start-ups, zur Bewältigung von Krisensituationen in Unternehmen setzen wir rund 10 Prozent unseres Kapitals ein.“
Wie zeigt sich diese Entwicklung im aktuellen Beteiligungsvolumen der BayBG?
„Das Beteiligungsvolumen der BayBG hat sich in den vergangenen 36 Monaten von 300 Millionen auf 400 Millionen erhöht. Und die Nachfrage nach Beteiligungskapital ist auch aktuell nach wie vor hoch.“
Peter Pauli, Geschäftsführer BayBG
» info » fakten
Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH
> mehr als 50 Jahre Beteiligungserfahrung
> meh r als 4.000 realisierte Beteiligungen
> EUR 400 Mio. investiertes Kapital
> EUR 67 Mio. Neuinvestments 2021/22
> Kein Mehrheitsstreben, Mezzanine und Minderheitsbeteiligungen
> Bis zu EUR 10 Mio. offene und stille Beteiligungen
> Evergreen-Struktur, kein Fonds, kein Exitdruck
> Fairer, berechenbarer Partner mit erfahrenem Team
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