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Wir sind die deutsche Wirtschaft
Foto: Die Hoffotografen
Fr. Ulrike Hinrichs, BVK Geschäftsführerin
Die Private-Equity-Branche verändert sich. Nachhaltigkeit und ESG-Faktoren werden wichtiger, Wachstum um jeden Preis verliert an Bedeutung
Deutschland entwickelt sich positiv
Die Private-Equity-Branche wächst. Unternehmen sollten vor dem Einstieg einer Beteiligungsgesellschaft aber einige Voraussetzungen beachten, erklärt BVK-Geschäftsführerin Ulrike Hinrichs.
Wie groß ist derzeit die Bereitschaft von Beteiligungsgesellschaften, in deutsche Wirtschaftsunternehmen zu investieren?
Sie hängt von vielen Faktoren ab, darunter allgemeinwirtschaftliche wie die wirtschaftliche Lage, die Branchenaussichten, politische Rahmenbedingungen und mehr. Aber grundlegend kommt es auch auf die potenziellen Zielunternehmen selbst an.
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten neigen einige Beteiligungsgesellschaften dazu, vorsichtiger zu agieren und Neuinvestitionen zu überdenken, während andere Gesellschaften wiederum Chancen sehen, in Unternehmen mit Potenzial zu investieren, weil die Bewertungen niedriger sind. Zum Jahresbeginn hatten sich die größten Konjunktursorgen vorerst zerstreut und die wirtschaftliche Entwicklung (potenzieller) Portfoliounternehmen wurden somit wieder planbarer. Das ließ die Stimmung der Private-EquityInvestoren maßgeblich steigen.
Mittlerweile hat sich das Geschäftsklima in der deutschen Wirtschaft nach einer Reihe enttäuschender Konjunkturdaten und weiter steigender Leitzinsen wieder eingetrübt, was auch auf die Stimmung der PrivateEquity-Investoren durchschlägt.
Woher stammen die Gelder?
Das Kapital, welches Beteiligungsgesellschaften investieren, kommt von Pensionsfonds, Stiftungen, Versicherungsgesellschaften, Familiengesellschaften und vermögenden Einzelpersonen, aber auch von staatlichen Fonds.
Und wie hat sich in jüngster Zeit Private Equity entwickelt?
In Deutschland gibt es eine wachsende Präsenz und eine positive Entwicklung. Die Private-Equity-Aktivitäten hierzulande haben zugenommen, sowohl in Bezug auf die Zahl der hier ansässigen Gesellschaften, auf Investitionen als auch auf Exits, also Verkäufe von Beteiligungen. Es gab eine steigende Anzahl von Transaktionen und Investitionen in deutsche Familienunternehmen. Investitionen in Technologieunternehmen und Start-ups haben ebenfalls zugenommen, da die Technologiebranche in Deutschland wächst und an Bedeutung gewinnt.
Welche Vorteile hat der Einstieg einer Beteiligungsgesellschaft für ein Unternehmen?
Er bringt vielfältige Vorteile für Unternehmen mit sich. Die direkte Kapitalzufuhr ermöglicht die Finanzierung von Expansion, Transformation, Forschung und Entwicklung. Zudem bringen Beteiligungsgesellschaften Fachkenntnisse und ein weitreichendes Netzwerk ein, um bewährte Praktiken umzusetzen und strategische Chancen zu nutzen. Gemeinsam mit dem Unternehmen erarbeitet man langfristige Visionen und fördert operatives Wachstum und Effizienz.
Worauf sollten Unternehmen denn achten, wenn sie nach einer Beteiligungsgesellschaft Ausschau halten?
Da gibt es mehrere Schlüsselfaktoren. Die strategische Übereinstimmung zwischen den Unternehmenszielen und der Beteiligungsstrategie ist essenziell.
Fachwissen in der relevanten Branche, nachweisbare Erfolge und eine langfristige Ausrichtung sowie die Fähigkeit der Beteiligungsgesellschaft, operative Unterstützung zu bieten, und klare Kommunikation sind ebenfalls entscheidend. Eine gemeinsame Ausstiegsstrategie und die Gewissheit, dass die Partnerschaft langfristig Wert schaffen soll, runden das Bild ab.
Bei den Start-ups ist ein starker Rückgang von Kapitalgebern zu erkennen. Woran liegt das und was könnten die Folgen sein?
Der Rückgang ist auf wirtschaftliche Unsicherheit, verändertes Investorenverhalten, gestiegene Risiken und Liquiditätsengpässe bei vielen jungen Unternehmen zurückzuführen. Vor allem internationale Investoren haben Investments in Deutschland zum Teil deutlich reduziert. Dies kann perspektivisch zu einer Finanzierungslücke führen, die das Wachstum und die Innovation von Start-ups behindert, die Marktdurchdringung erschwert, Forschung und Entwicklung verzögert und die Wettbewerbsfähigkeit von Technologieunternehmen aus Deutschland beeinträchtigt.
In welche Richtung wird sich Ihrer Ansicht nach der Markt entwickeln?
Die genaue Entwicklung des Private-Equity-Marktes ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig und wird stark von makroökonomischen Entwicklungen, geopolitischen Ereignissen und anderen Einflüssen geprägt sein. Wir erwarten weiteres Wachstum im Technologiebereich, da Technologie eine treibende Kraft für Innovation und Wachstum in verschiedenen Branchen Deutschlands bleibt.
Die Themen Nachhaltigkeit und ESG-Faktoren werden eine größere Rolle spielen und der Fokus wird weg von Wachstum um jeden Preis gehen und sich hin zum verantwortungsvollen, risikobewussten Wachstum verlagern. Private-Equity-Gesellschaften können nicht nur Eigenkapital bereitstellen, sondern auch aktive Unterstützung und Expertise anbieten, um den Wert der von ihnen finanzierten Unternehmen zu steigern. Diese Form der Zusammenarbeit wird weiter an Bedeutung gewinnen.