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Wir sind die deutsche Wirtschaft
Was so sperrig daherkommt und vom Gesetzgeber seit 1. Januar 2023 vorgeschrieben ist, bedeutet für Menschen in Drittländern Hoffnung
Millionen von Menschen leben weltweit im Elend, weil soziale Mindeststandards wie das Verbot von Zwangsarbeit ignoriert werden. Allein 79 Millionen Kinder werden in Textilfabriken, Steinbrüchen oder auf Plantagen ausgebeutet. Hinzu kommt die rücksichtslose Plünderung von Rohstoffen sowie die Zerstörung der Umwelt. Die Bundesregierung hat mit dem Lieferkettengesetz (LkSG) die Sorgfaltspflichten von Unternehmen innerhalb ihrer Wertschöpfungsketten – und dazu gehören auch deren Lieferanten – festgeschrieben. Nun gilt es also für Konzerne, die ihre Hauptverwaltung in Deutschland haben und mindestens 3.000 Mitarbeiter beschäftigen – ab Januar 2024 gilt diese Regelung dann bereits ab 1.000 Beschäftigten – Transparenz zu schaffen und die vorgeschriebenen Standards einzuhalten.
Prof. Dr. Julia Hartmann ist Professorin für Management und Nachhaltigkeit an der EBS Universität für Wirtschaft und Recht und beschäftigt sich seit zwei Jahrzehnten intensiv mit globalen Wertschöpfungsketten. „Der Verzicht auf Sicherheitsmaßnahmen in der Produktion, die Ausbeutung von Menschen oder der Raubbau von Ressourcen erlauben es einigen Unternehmen, ihre Produkte zu extrem günstigen Preisen am Markt anzubieten. Das Ergebnis ist eine zumindest illegitime, meist sogar illegale Wettbewerbsverzerrung.“ Sprich: Unternehmen, die bei der Gestaltung ihrer Lieferketten auf Menschenrechte und Umweltschutz achten, haben höhere Kosten, können diese aber aufgrund dieser Wettbewerbsverzerrung nicht oder nur eingeschränkt an ihre Kunden weitergeben.
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„Scope-3-Emissionen umfassen alle indirekten Treibhausgas-Emissionen aus Quellen, die das bilanzierende Unternehmen nicht besitzt beziehungsweise kontrolliert.“
Komponenten und Vorprodukte gerade in der Lieferkette befinden. Das ist strategisches Know-how, das nicht nur für den Schutz von Menschenrechten genutzt werden kann. „In Zukunft werden Rohstoffzugang und robuste Lieferketten entscheidend sein.“ Gut aufgestellt ist, wer sich heute bereits darauf vorbereitet.
Reduktion von Scope-3-Emissionen
Prof. Dr. Julia Hartmann berichtet, dass sie und ihr Team „die Scope-3-Emissionen von 260 Unternehmen über einen Zeitraum von zwölf Jahren untersucht haben. Dabei wurde herausgefunden, dass Unternehmen mit einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Strategie des Lieferkettenmanagements im Schnitt eine Reduktion des CO2-Ausstoßes um 17 Prozent pro Jahr im Vergleich zu Unternehmen ohne eine solche Strategie erzielen.“ Da auf Scope-3-Emissionen kein CO2Preis zu entrichten ist, kann man daraus nicht unmittelbar eine Kostenreduktion ableiten. Wenn die Lieferanten aber selbst einen Preis für Emissionen entrichten müssen, dann sind emissionsärmere Lieferanten durchaus in der Lage, ihren Kunden Produkte entsprechend günstiger anzubieten. Sprich, der Einkaufspreis ist geringer.
Hinzu kommt aber ein weitaus wichtigerer Hebel über Emissionen in der Lieferkette: Über alle Industrien hinweg liegt die Wertschöpfung in der Lieferkette im Durchschnitt bei 80 %. Dementsprechend fällt ein Großteil der Treibhausgasemissionen ebenfalls in der Lieferkette und nicht beim Unternehmen selbst an. Um dem Klimawandel zu begegnen, ist die Fähigkeit, Scope-3-Emissionen verringern zu können, also eine strategische Kernkompetenz.
Diese Ergebnisse weisen außerdem darauf hin, dass einkaufende Unternehmen ihre Lieferketten durchaus zum Wohle der Umwelt und der Gesellschaft gestalten können: Wir können klar feststellen, dass einkaufende Unternehmen mit ihrem Verhalten durchaus den Umweltschutz in ihren Lieferketten verbessern können. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass eine entsprechende Einkaufsstrategie eine ähnlich positive Wirkung auf den Schutz von Menschenrechten haben wird.