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Wir sind die deutsche Wirtschaft
Foto: shutterstock | The Corgi
Fachkräfte, die wichtigste Ressource unserer Zeit
Der Mangel an Fachkräften hat sich weiter verschärft, ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen. Doch es gibt Ansätze und Projekte, die hoffnungsvoll stimmen.
OLkw-Fahrer und Techniker? Dringend gesucht! Handwerker, Vertriebsund Marketingspezialisten? Händeringend gesucht! IT-Experten und Pflegefachkräfte? Verzweifelt gesucht! Der Fachkräftemangel in Deutschland hat im letzten Jahr ein Rekordhoch erreicht. Wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) des Instituts der deutschen Wirtschaft berichtet, konnten 2022 bundesweit mehr als 630.000 offene Stellen für Fachkräfte nicht besetzt werden. Besonders stark spürbar waren die Engpässe in den Bereichen Gesundheit, Soziales, Lehre und Erziehung. Qualifizierte Arbeitskräfte mit Hochschulabschluss in den Bereichen Informatik und Elektrotechnik, kaufmännische Dienstleistungen, Warenhandel, Vertrieb, Handwerk sowie Tourismus waren und sind ebenfalls Mangelware. Dass die Entwicklung weiter fortschreitet, untermauert das Arbeitsmarktbarometer Q2-2023 der ManpowerGroup. Danach breitet sich der Fachkräftemangel in Firmen jeder Größe und in fast allen Branchen aus: Immerhin 86 Prozent der deutschen Unternehmen haben Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen. Betroffen sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Längst haben aber auch große Konzerne Schwierigkeiten, passende Mitarbeitende zu finden.
Vor allem Stellen mit hohen Anforderungen sind hier schwer zu besetzen.
Gründe für den Fachkräftemangel gibt es viele. „Verantwortlich“ dafür sind im Wesentlichen zwei Entwicklungen, allen voran die Demografie. Denn die deutsche Gesellschaft wird immer älter und es gehen mehr Erwerbstätige in Rente, als junge Menschen nachrücken. Dass sich das Problem in den nächsten Jahren weiter verschärfen wird, steht außer Frage. Die zweite Entwicklung, die den Fachkräftemangel begünstigt, ist die Digitalisierung. Durch sie wandeln sich nicht nur Arbeitsplätze, sondern ganze Branchen – und die mit den „neuen“ Jobs verbundenen Qualifikationen erfüllen viel zu wenige Bewerber.
Apropos Bewerber: Aktuelle Studien zeigen, dass mit der sogenannten „Generation Z“ – also junge Menschen, die um den Jahrtausendwechsel geboren sind – derzeit junge Menschen auf den Arbeitsmarkt kommen, die andere Werte und Erwartungen als vorherige Generationen haben. Für sie steht vielfach nicht die Höhe des Gehalts oder der Jobstatus an erster Stelle. Stattdessen wünschen sie sich Selbstverwirklichung, Spaß am Beruf, einen gesunden Mix aus „Work“ und „Life“ sowie ein gutes Arbeitsklima. Dies impliziert jedoch nicht, dass die Generation weniger leistungsbereit ist. Sie muss nur anders motiviert werden – und das wird eine Aufgabe sein, die Personaler zunehmend ernst nehmen müssen. Die damit verbundenen Herausforderungen bergen aber auch neue Chancen und Möglichkeiten, zum Beispiel wenn es um (familienfreundliche) Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung wie Homeoffice, Jobrad, Gesundheit am Arbeitsplatz oder flexible Arbeitszeitmodelle geht. Darüber hinaus kann es Sinn ergeben, Quereinsteigern oder Studienabbrechern eine Chance zu geben, ältere Mitarbeitende länger in der Firma zu halten und für Fachkräfte mit Handicap die Schwellen niedriger zu machen.
Noch mehr Bevölkerungsgruppen stärker ins Arbeitsleben einzubinden, zum Beispiel durch Aus- oder Weiterbildung auch an- und ungelernter Arbeitsloser, eine verstärkte Einwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland und Förderprogramme für kleine wie große Unternehmen: Das sind Maßnahmen, mit der die Bundesregierung dem Fachkräftemangel begegnen will. Und was planen die Arbeitgeber? Diese Frage hat auch die ManpowerGroup gestellt und so herausgefunden, dass 41 Prozent der deutschen Unternehmen zukünftig auf flexiblere Arbeitszeitmodelle setzen werden. Und immerhin 33 Prozent wollen mehr Flexibilität in Bezug auf den Arbeitsort anbieten. Das sind doch gute Aussichten für Bewerber.
Einigkeit besteht schließlich auch darin, dass die breite Anwendung von künstlicher Intelligenz ebenfalls dabei helfen könnte, den akuten Mangel an Fachkräften zu lindern. Mit dem Ziel, dass Beschäftigte KI als Unterstützung sehen und Vertrauen in die Systeme gewinnen, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gemeinsam mit Partnern Mitte September das Projekt "KI-Studios" gestartet. Interessierte Betriebe können sich unter der Adresse ki-studios@iao.fraunhofer.de melden, um individuelle Bedarfe zu klären und einen Workshop-Termin vorzumerken. Ein Ansatz von vielen, der aufhorchen lässt!