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Nicht für alle Missstände verantwortlich

Die pauschalen Vorwürfe an den Tourismus hat der Hoteliers- und Gastwirteverband (HGV) zum Anlass genommen, um im Rahmen einer Medienkonferenz dazu Stellung zu nehmen und aufzuzeigen, was der Verband und die Branche in puncto nachhaltigeres Handeln unternimmt.

Schon vor der Corona-Pandemie hat auch in Südtirol eine Diskussion über Grenzen im Tourismus eingesetzt. „Dieser öffentlichen Diskussion stellt sich der HGV gerne, wenn die Debatte objektiv und sachlich geführt wird. Diese von uns gewünschte Art der Debatte vermissen wir dann, wenn suggeriert wird, dass der Tourismus in Südtirol pauschal für quasi alle Missstände und strukturellen Mängel im Land verantwortlich wäre“, unterstrich HGV-Präsident Manfred Pinzger.

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VERKEHR VERURSACHEN ALLE

Ein immer wieder geäußerter Vorwurf ist die hohe Verkehrsbelastung durch den Tourismus in Südtirol. Pinzger: „Der Tourismus allein kann aber nicht für die Verkehrsbelastung insgesamt verantwortlich gemacht werden. Es gibt viele weitere Verkehrsverursacher. Alle sind angehalten, das eigene Mobilitätsverhalten zu hinterfragen und zu optimieren.“

CO2-EMISSIONEN

Immer wieder wird behauptet, dass der Tourismus in Südtirol mit 18 Pro-

Quelle: HGV

HGV-Direktor Thomas Gruber, IDM-Präsident Hansi Pichler, Brigitte Zelger, Präsidentin der Vitalpina Hotels Südtirol, Prof. Dr. Thomas Bausch und HGV-Präsident Manfred Pinzger (v.l.).

zent zu den CO2-Emissionen beiträgt. Bei dieser Zahl wird stets auf die Eurac-Research-Studie Tourismus 2030 verwiesen. „Weder in der Studie von Eurac Research noch im Klimareport der Eurac steht geschrieben, dass der Tourismus für 18 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich sei. Hier wird reine Stimmungsmache betrieben“, kritisierte Pinzger und verwies auf Zahlen des Umweltbundesamtes Deutschland. Demnach entfallen zwischen fünf und acht Prozent aller klimaschädlichen Emissionen weltweit auf den Tourismus. Das Terra Institute in Brixen geht ebenso von ähnlichen Werten aus. Der HGV fordert nun klare und belegbare Daten. Dies betrifft die CO2-Emissionen genauso wie die Verkehrsbelastung, den Ressourcenverbrauch usw. „Der HGV ist bereit, diese Zahlen zusammen mit der KlimaHaus Agentur und Eurac Research zu erheben, um ein umfassendes Südtirol spezifisches Bild zu erhalten“, kündigte Pinzger an.

STELLUNGNAHME VON PROFESSOR THOMAS BAUSCH

Im Rahmen der Medienkonferenz nahm Prof. Dr. Thomas Bausch, Direktor des Kompetenzzentrums Tourismus und Mobilität an der Freien Universität Bozen, zur Verkehrsbelastung in Südtirol Stellung und stellte die Frage, ob an allem nur der Tourismus schuld sei. Mit Daten und Fakten, die sich aus diversen Verkehrszählungen ergeben, zeigte Bausch auf, dass die Grundlast im Südtiroler Verkehrsnetz und dessen Auslastung seit 2002 erheblich gewachsen ist. Der Monat November weist fast keinen Tourismus in Südtirol auf (1,75 % der Übernachtungen). Im November ist das Verkehrsaufkommen seit 2002 auf der Pustertaler Straße um 46 Prozent bei St. Lorenzen, um 42 Prozent bei Bruneck Ost sowie auf der MEBO um 22 Prozent bei Vilpian gestiegen. Im verkehrsreichsten Monat August ist das Verkehrsaufkommen seit 2002 ähnlich gestiegen. Das Verkehrswachstum entspricht dabei dem Wachstum der Grundlast. „Die zusätzliche Belastung durch den Tourismus ist dagegen konstant geblieben oder nur geringfügig gestiegen“, folgerte Prof. Dr. Bausch. Somit lässt sich statistisch kein Zusammenhang zwischen dem Zuwachs der Übernachtungen im August und der touristisch erklärbaren Zusatzlast des Verkehrs im August im Pustertal oder der MEBO nachweisen. Bausch: „Dagegen ist er an touristischen Hotspots (z. B. Sellajoch) oder Zufahrtsrouten zu abseits gelegenen Tourismuszentren (z. B. Corvara via Gröden) überdeutlich.“ Bausch stellte bei der Medienkonferenz nüchtern fest: „Schreitet das Wachstum der durch die einheimische Wirtschaft und Bevölkerung generierten Grundlast im Verkehrssystem Südtirols wie bisher fort, so kommt das System schon bald auch ohne Tourismus an seine Belastungsgrenze. Selbst wenn der Tourismussektor seinen Anteil am Verkehr deutlich reduziert, wird es ohne eine Verkehrswende der Südtiroler Wirtschaft und Bevölkerung keine langfristig nachhaltige Lösung geben.“

NACHHALTIGER LEBENSRAUM HGV BERATUNGSPAKET

IDM-Präsident Hansi Pichler stellte Initiativen in puncto Nachhaltigkeit vor. Er berichtete von der Intensivierung der Kooperation mit den Bahnbetreibern und erwähnte die Südtiroler Hotspots, wo es um eine effiziente Besucherstromlenkung geht. Um Gastbetriebe auf ihrem Weg hin zu einem nachhaltigeren Handeln begleiten und beraten zu können, hat der HGV zusammen mit dem Partner Terra Institute ein Beratungspaket zum Thema Nachhaltigkeit erstellt. (PM/red)

„Meine Zeugung verlief nicht bei Kerzenschein und Kuschelmusik, sondern in einer sterilen Umgebung durch eine Biologin. Ich bin das Ergebnis einer künstlichen Befruchtung“, schrieb Nora Nicolussi Moz kürzlich in einem sozialen Medium. Ihre Offenheit macht die 20-Jährige so sympathisch – und zwar zu einem Thema, das für viele in Südtirol immer noch nicht leicht über die Lippen geht.

Frau Nicolussi Moz, warum war es für Sie ein Bedürfnis, das Thema In-vitro-Fertilisation anzusprechen?

Eigentlich habe ich darüber bereits vor zwei Jahren in der Schülerzeitung geschrieben, damals besuchte ich die 5. Klasse des Sprachengymnasiums in Bruneck. Anlass war, als im Religionsunterricht das Thema der In-vitro-Fertilisation zur Sprache kam und der Religionslehrer diesem ablehnend gegenüberstand. Das nervte mich und darüber wollte ich schreiben. Es war bei mir daheim nämlich nie ein Tabuthema, meine Eltern erklärten mir mit zehn Jahren den Sachverhalt und es war und ist für mich das Selbstverständlichste der Welt. Im Fall meiner Eltern hieß es, aller guter Dinge sind zehn, denn ich bin der zehnte Versuch, bis es klappte. Umso mehr befremdet es mich, dass Retortenbabys für viele etwas sind, über die man nicht offen spricht. In der Schule hatte ich auch keinen einzigen Genossen kennengelernt, dabei sitzt laut Statistik in jeder Klasse Südtirols ein durch künstliche Befruchtung gezeugter Schüler. Nur wissen es die meisten nicht, da es ihnen von ihren Eltern verheimlicht wird. Übrigens habe ich eine fünf Jahre jüngere Schwester, die auf „natürliche Weise“ zur Welt kam. (schmunzelt)

Sie studieren Medizin, war das Thema Anlass zu diesem Entschluss?

Nein. In der 4. Klasse zeichnete sich mein Entschluss für das Medizinstudium ab, da mich Krankheiten und Heilungsmethoden immer schon interessierten. Seit zwei Jahren studiere ich Medizin in Innsbruck und momentan ist mein Ziel, mich in Pädiatrie zu spezialisieren. Tipps für Uni-Praktika. Ich mag das Kreative am Schreiben und als schöne Abwechslung zu meinem Studium, als Berufsziel aber nicht.

Wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

Zur Entspannung lese ich gern Romane und schaue Serien im TV, generell eher leichte Kost. Auch spiele ich Gitarre. In Innsbruck bin ich oft mit meinen Kommilitonen unterwegs oder daheim mit meinem Freundeskreis. Früher kletterte ich auch, das geht sich zeitlich leider kaum mehr aus; zum Ausgleich gehe ich ins Fitnessstudio.

Nora Nicolussi Moz

aus Bruneck

„Prinzipien sind keine Prinzipien, wenn man sie auswählt und wählt, wann man sie befolgt.“ (aus der Serie The Good Place).

Sie erhielten auch den Gabriel-Grüner-Preis …

Ja, gemeinsam mit der Mitschülerin Verena Pfeifhofer. Unsere Deutschlehrerin animierte uns, am Reportage-Wettbewerb 2019 für den Schülerpreis teilzunehmen. Hierzu recherchierten wir zum Projekt „Hond in Hond“, wobei es darum ging, dass Oberschüler mit Kindern und Jugendlichen mit Beeinträchtigung oder mit Migrationshintergrund ihre Freizeit verbringen und Erfahrungen sammeln. Bewertet wurde die Reportage in Bezug auf Inhalt, Stil und Bilddokumentation. Es war eine langwierige Recherche und zog sich über mehrere Monate. Die Freude und Überraschung für uns, den Gabriel-Grüner-Preis zu erhalten, waren natürlich groß! Der Preis beinhaltete ein zehntägiges Praktikum beim Stern-Magazin in Hamburg. Wir durften bei der Wissenschaftsabteilung des Stern an Redaktionssitzungen teilnehmen und einige Recherchen betreiben, z. B. informierten wir uns undercover bei Tattoo-Studios über die Farben, die sie verwenden. Es ergab sich sogar, dass wir beim Musical „König der Löwen“ backstage Eindrücke erhielten. Die Zeit in Hamburg war volle cool!

Warum haben Sie das Schreiben nicht zum Beruf gemacht?

Schreiben ist meine Leidenschaft, das stimmt. Derzeit schreibe ich auch für die Uni-Studentenzeitung Medicus. Ich verfasste eine Rezension zum pathologischen Museum Wien, weiters schrieb ich über Catcalling, über das Anti-Homophobie-Gesetz „Legge Zan“, über einen Youtube-Kanal über Kinder mit Beeinträchtigung oder über

Wie würden Sie sich charakterisieren?

Ich bin offen und habe einen guten Umgang zu Mitmenschen, das zeichnet vielleicht auch meine Berufswahl aus. Weiters bin ich zielstrebig und immer neugierig auf Neues. Worin ich mich manchmal zügeln sollte, ist meine Redseligkeit, und an mir arbeiten muss ich außerdem an einer strukturierten Organisation meines Tagesablaufs, da ich manchmal etwas schusselig bin.

Was bereitet Ihnen besondere Freude im Leben?

Meine Familie und meine Freunde. Auch mein Studium, vor allem das Ziel, das ich vor Augen habe. Ich bin sehr motiviert und freue mich jetzt schon auf meinen Beruf.

Ihr Wunsch an die Fee?

Dass ich meine derzeitige große Zufriedenheit und Freude im Privatleben und Beruf behalten darf. (IB)

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