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Hermann Weissteiner (*1942) erhielt diesen August die Verdienstmedaille des Landes Tirol als Würdigung für seinen langjährigen Einsatz für die Dorfgemeinschaft verliehen.

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Herr Weissteiner, beginnen wir mit Ihrer Kindheit …

Ich stamme vom Dorferhof in Pfunders, der 1951 von einer Lawine zerstört wurde. Bei diesem Unglück kamen mein Vater und zwei Geschwister ums Leben. Ich wurde dann als knapp Neunjähriger auf den Hof bei der Schwester meiner Mutter aufgenommen. Meine sechs überlebenden Geschwister wuchsen verteilt in verschiedenen Familien auf. Erst 1961 hat ein Bruder, der ebenfalls von der Lawine verschüttet worden war, den elterlichen Hof wieder übernommen und bewirtschaftet, vorher war er verpachtet. Ich hingegen erhielt nach der vierten Grundschulklasse in Pfunders die Möglichkeit, die Schule im Vinzentinum in Brixen bis einschließlich Mittelschule und Gymnasium zu besuchen. Nach dem Studium an der Lehrerbildungsanstalt in Meran arbeitete ich insgesamt 27 Jahre als Lehrer, zuerst in Onach, dann in Ahornach und ab 1966 in Weitental.

Was bedeutet Ihnen die Verdienstmedaille?

Sie zeigt mir, dass die ehrenamtliche Arbeit, die ich über viele Jahrzehnte geleistet habe, anerkannt und wertgeschätzt wird. Ich möchte sie symbolisch aber an all jene weitergeben, die sich mit und vor mir

Hermann Weissteiner

aus Weitental

„Mein Lebensbild ist die Zufriedenheit und diese möglichst auch an die Mitmenschen weiterzugeben.“

ebenso ehrenamtlich eingebracht haben. Es sind derer ganz viele in unserer Dorfgemeinschaft, welche sich genauso eine Honorierung verdienen würden.

Welche waren ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten?

Als ich mich als Lehrer in Weitental niederließ, wirkte ich als Kantor in der Kirche, damals auch noch bei den täglichen Schülermessen. Im Pfarrgemeinderat war ich 30 Jahre lang als Präsident des Pfarrgemeinderats tätig, weiters als Schriftführer und insgesamt rund 50 Jahre im Gremium. Beim Kirchenchor sang ich 30 Jahre im Tenor. Bei der Theatergruppe spielte ich rund 20 Jahre aktiv mit. Die Theatergruppe hat herausragende Laiendarsteller hervorgebracht und ist heute eine der geschätztesten im Pustertal. 30 Jahre war ich auch Schriftführer in der Ortsgruppe des KVW und sechs Jahre Obmann der Musikkapelle Pfunders. Nach meiner Pensionierung war ich 30 Jahre als Obmann der Raiffeisenkasse Vintl tätig.

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Sie haben auch den Kindergarten in Weitental gegründet …

1972 entstand ein Kindergarten in Weitental, den ich leitete, bis die Grundschule saniert und dort ein neuer Kindergarten angebaut wurde. Als Mitglied des Gemeinderates war es meine Aufgabe, den Neubau zu begleiten. Im Gemeinderat war ich übrigens zwei Perioden und als Fraktionsvorsteher eine Periode tätig, während dieser die Wasserleitung potenziert und ein Wasserreservoir gebaut wurde. regelmäßig Skifahren, meistens am Gitschberg. Die Pisten selbst getrippelt und das Skifahren gelernt haben wir in den Feldern in der Nähe unseres Hauses. Meinen ersten Skilift benutzte ich 1964 in Drittelsand, wo später der Speikbodenlift entstand. Bis noch vor wenigen Jahren fuhr ich leidenschaftlich Ski. Im Sommer war ich gerne mit meiner Frau oder mit Freunden in den Pfunderer Bergen auf Wanderungen unterwegs. Auch auf einigen Dreitausendern wie Hochfeiler und Weißzint stand ich - damals, als die Gletscher noch schön und mächtig waren.

Wie sehen Sie die heutige Zeit im Vergleich zu früher?

Die Unterrichtsweise hat sich sehr stark geändert. Ich unterrichtete als Klassenlehrer und ging in Pension, als in der Schule der Teamunterricht begann. Die Entwicklung im pfarrlichen Bereich konnte ich sehr weltoffen mittragen und manches auch mitgestalten. In der Technik entwickelte sich vieles zum Positiven und ich versuchte immer, am Puls der Zeit zu sein. Als Schriftführer in verschiedenen Gremien schrieb ich früher die Protokolle händisch, dann auf der Schreibmaschine und jetzt schreibe ich am Computer. Im Bereich Umwelt merken wir, dass Schäden an der Natur immer rasanter vonstattengehen und dass es höchste Zeit ist, unsere Lebensweise zu ändern. Es gibt mir zu denken, wie lange unsere Kinder und Kindeskinder noch an den Schönheiten zehren können, die wir in vollen Zügen genießen durften. Das ist eine spannende Zukunftsfrage.

Ihr Rückblick mit 80 Jahren …

Ich blicke auf ein sehr erfülltes Leben zurück. Meiner Mutter und meiner Familie verdanke ich sehr viel, denn ich war privilegiert, eine weiterführende Schule besuchen zu dürfen. Ich blicke auf eine schwere Kindheit zurück, wurde aber vom Glück ständig begleitet. Erfreuliche und zufriedene Zeiten haben Schattenseiten in meinem Leben weitaus aufgehoben. Es war und ist für mich wirklich ein sehr glückvolles Leben. (IB)

Das Kirchlein von Tesselberg

Blickfang und Mittelpunkt von Tesselberg ist die kleine gotische Dorfkirche.

Das beschauliche Bergdorf Tesselberg ist über eine Höhenstraße von Percha oder Uttenheim aus erreichbar und liegt auf 1485 Metern. Schöne, alte Paarhöfe mit Walmdächern schmiegen sich an steile Berghänge.

SEHENSWÜRDIG

Sehenswürdig ist die kleine Kirche direkt an der Durchfahrtsstraße. Sie wurde im Jahr 1441 von Georg I., Bischof von Brixen, zu Ehren der Heiligen Chrysanthus und Daria geweiht. Diese waren frühchristliche Märtyrer und gelten als Schutzpatrone vor Viehkrankheiten und Ungerechtigkeiten. Die Kirche ist ein spätgotischer Bau mit Spitzbogenportal, Spitzbogenfenstern und polygonalem Abschluss. Das Langhaus ist mit einem Kreuzrippengewölbe versehen und der Chor mit einem Sternrippengewölbe. Der nordseitig angebaute, viereckige Glockenturm weist einen Spitzhelm auf. Der heutige Altar im Stile des Rokokos stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Er zeigt die Muttergottes mit Kind, wie sie den Kirchenpatronen die Märtyrerkrone reicht. Die wirkungsvollen Rankenmalereien am Gewölbe wurden um 1600 angebracht. An der Außenfassade können wir gemalte Kreuzwegstationen aus der Barockzeit bewundern. Die Seelsorge wurde von der Mutterpfarre Gais betreut, bis1831 die Kuratie einen eigenen Seelsorger erhielt. Damals zählte das Dorf rund 22 Häuser und 200 Einwohner. Seit 1986 gehört Tesselberg zur Pfarrei Mühlbach und ist heute dem Dekanat Taufers unterstellt.

DER NAME TESSELBERG

Die Geschichte von Tesselberg blickt auf mehr als 1.000 Jahre zurück. Der Name ist im Jahre 993 erstmals urkundlich erwähnt und scheint in mehreren Fassungen als Tessilinperch, Tesselinberch, Tessilinberg und Tessilperc mons Tassilonis auf. Er geht vermutlich auf das Patronym Tassilone zurück, einem typischen Namen aus dem altbayrischen Herrschaftshaus der Agilolfinger. In den ersten Jahrhunderten unterstand Tesselberg dem brixnerischen Oberlandesgericht Bruneck. Bis vor 111 Jahren gehörte Tesselberg zur Gemeinde Dietenheim. Von 1911 bis 1928 war der kleine Weiler sogar eine selbständige, politische Gemeinde und seit 1928 ist es eine Fraktion der Gemeinde Gais. UNRÜHMLICHE GESCHICHTE

Schmerzvolle Tage mussten die Dorfbewohner im Zuge der Sprengstoffanschläge der 1960er-Jahre erleben: Im September 1964 schlug der Arm des Gesetzes in einer scharfen Strafexpedition zu und führte wüste Hausdurchsuchungen durch. Durch Einschüchterungen und Druck auf die Bevölkerung wollte man mögliche Zusammenhänge mit den Anschlägen erfahren. Es eskalierte so weit, dass ein Mädchen einen Streifschuss am Kopf erlitt. Die Gewaltaktion war fruchtlos, man fand und erfuhr nichts. Die Verantwortlichen dieser Aktion mussten zwar einräumen, dass hier Grenzen überschritten worden waren, aber erst nach langwierigen Untersuchungen durch die Carabinieri, erhielten die Geschädigten eine geringfügige Abfindung. Das Gotteshaus in Tesselberg hätte gewiss noch mehr Leid zu erzählen, welches in den 580 Jahren seines Bestehens in dem abgeschiedenen Weiler geschehen ist - gewiss aber auch viel Schönes und Trostbringendes. Möge das Kirchlein weiterhin über die wenigen Bewohner wachen, ihnen ein sonniges Wahrzeichen sein und eine segensreiche Zeit bescheren. (IB)

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